I- 2 U 77/23 – Spendergehäuse

Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3417

Oberlandesgericht Düsseldorf

Urteil vom 14. November 2024, I- 2 U 77/23

Vorinstanz: 4a O 102/17

  1. A.
    Auf die Berufung der Klägerin wird das am 14.12.2023 verkündete Urteil der 4a Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf abgeändert und wie folgt neu gefasst:
    I. Die Beklagte wird verurteilt,
    1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlungen bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an ihren gesetzlichen Vertretern zu vollstrecken ist, zu unterlassen,
    Spendergehäuse mit einem Spenderteil, wobei der Spenderteil mindestens zwei Komponententeile aufweist, die jeweils durch eine Fuge verbunden sind, jedes Spenderteil ein erstes spritzgegossenes Kunststoffkomponententeil mit einer zugehörigen ersten Verbindungsfläche und ein zweites spritzgegossenes Kunststoffkomponententeil mit einer zugehörigen zweiten Verbindungsfläche aufweist, wobei durch die erste Verbindungsfläche und die zweite Verbindungsfläche während des Spritzgießens zum Verbinden des ersten Komponententeils und des zweiten Komponententeils eine Fuge ausgebildet wird, um das Spenderteil zu definieren, wobei jedes Komponententeil eine vordere Fläche aufweist, wobei eine erste und eine zweite Seitenfläche jeweils eine von der vorderen Fläche abgewandte Kante aufweisen, wobei sich die resultierende Fuge von einer Seitenkante einer ersten Seitenfläche des Spenderteils zu einer Seitenkante einer zweiten Seitenfläche des Spenderteils erstreckt,
    in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen
    oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
    wobei das Spenderteil lösbar mit einem hinteren Spenderabschnitt verbunden ist, um das Spendergehäuse auszubilden, wobei der hintere Spenderabschnitt eingerichtet ist, um an einer vertikalen Wand montiert zu sein, und das Spendergehäuse für einen Spender ist, der für einen Stapel von Papiertüchern oder eine Papierrolle vorgesehen ist;
    2. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagte die zu Ziffer 1. bezeichneten Handlungen seit dem 07.01.2017 begangen hat und zwar unter Angabe
    a. der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer;
    b. der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren;
    c. der Menge der ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden;
    wobei zum Nachweis der Angaben entsprechende Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
    3. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte die zu Ziffer 1. bezeichneten Handlungen seit dem 07.01.2017 begangen hat und zwar unter Angabe:
    a. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen,
    -zeiten und -preisen und der jeweiligen Typenbezeichnungen,
    sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
    b. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen
    -zeiten und -preisen und der jeweiligen Typenbezeichnungen,
    sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
    c. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internet-Werbung der Domain, der Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume,
    d. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
    wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten, in Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
    4. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte Verbrauchsmaterialien zur Verwendung in Vorrichtungen nach Ziffer 1. an die unter Ziffer 2.b) genannten gewerblichen Abnehmer seit dem 07.01.2017 geliefert hat, und zwar unter Angabe
    a. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen,  zeiten und -preisen und der jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
    b. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
    wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten, in Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer in der Aufstellung enthalten ist;
    5. die unter 1. bezeichneten, seit dem 07.12.2016 in Verkehr gebrachten Erzeugnisse gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf den gerichtlich (Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 14.11.2024) festgestellten patentverletzenden Zustand der Sache und mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen und die erfolgreich zurückgerufenen Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen.
    II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I.1. bezeichneten und seit dem 07.01.2017 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
  2. B.
    Der Antrag der Beklagten auf Anordnung von Geheimhaltungsmaßnahmen wird zurückgewiesen.
  3. C.
    Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz. Die Kosten der Nebenintervention haben die Streithelferinnen der Beklagten jeweils selbst zu tragen.
  4. D.
    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
    Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 500.000,00 EUR abzuwenden, falls nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
  5. E.
    Die Revision wird nicht zugelassen.
  6. F.
    Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 500.000 Euro festgesetzt.
  7. Gründe:
  8. A.
    Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten und in englischer Verfahrenssprache veröffentlichten europäischen Patents 2 313 XXX XX (nachfolgend: Klagepatent, vorgelegt als Anlage K1, in deutscher Übersetzung als Anlage K1a). Aus diesem Schutzrecht nimmt sie die Beklagte auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung und Rückruf der angegriffenen Gegenstände sowie Feststellung ihrer Verpflichtung zum Schadensersatz in Anspruch.
    Das Klagepatent wurde am 14.05.2009 unter Inanspruchnahme einer schwedischen Priorität vom 16.05.2008 angemeldet. Der Hinweis auf die Patenterteilung wurde am 07.12.2016 im Patentblatt bekannt gemacht.
    Auf eine von der Beklagten erhobene Nichtigkeitsklage hat das Bundespatentgericht (nachfolgend: BPatG) den deutschen Teil des Klagepatents durch Urteil vom 15.10.2019 (Az.: 5 Ni 2/18 (EP); Anlage K14; nachfolgend: BPatGU) für nichtig erklärt. Auf die Berufung der Klägerin hat der Bundesgerichtshof (nachfolgend: BGH) durch Urteil vom 07.12.2021 (Az.: X ZR 111/19; Anlage K13; nachfolgend: BGHU) das Urteil des BPatG abgeändert und die Nichtigkeitsklage abgewiesen.
    Das Klagepatent betrifft einen Spender für Papiertücher oder Papierrollen mit einem durch Spritzgießen hergestellten Spenderteil. Sein in diesem Rechtsstreit geltend gemachter Patentanspruch 1 lautet in der Verfahrenssprache wie folgt:
    „Dispenser housing comprising a dispenser part (20, 90, 100, 110), the dispenser part comprising at least two component parts (17, 18; 31, 32; 41 a, 42a; 41 b, 42b; 41 c, 42c; 41 d, 42d, 51, 61, 71; 91, 92; 101, 102; 111, 112a, 112b; 121 a, 121 b, 122) each joined by a seam (21; 33; 43a, 43b, 43c, 43d, 93, 103, 113a, 113b, 123a, 123b), said dispenser part (20, 90, 100, 110) comprising a first injection moulded plastic component part (17; 31; 41 a, 41 b, 41 c, 41 d, 51, 61, 71, 91, 101, 111, 121 a, 121 b) with an associated first mating surface; a second injection moulded plastic component part (18; 32; 42a, 42b, 42c, 42d, 92, 102, 112a, 112b, 122) having an associated second mating surface; a seam (21; 43a, 43b, 43c, 43d, 93, 103, 113a, 113b, 123a, 123b) is formed by said first mating surface and said second mating surface during injection moulding for joining said first component part (17; 31; 41 a, 41b, 41c, 41d, 51, 61, 71, 91, 101, 111, 121 a, 121 b) and said second component part (18; 32; 42a, 42b, 42c, 42d, 92, 102, 112a, 112b, 122) to define the dispenser part (20, 90, 100, 110), each component part (17, 18; 31, 32; 41 a, 42a; 41 b, 42b; 41 c, 42c; 41d, 42d, 51, 61, 71; 91, 92; 101, 102; 111, 112a, 112b; 121 a, 121 b, 122) comprising a front surface, a first and a second side surface each having an edge facing away from the front surface, wherein the resulting seam (21; 33; 43a, 43b, 43c, 43d, 93, 103, 113a, 113b, 123a, 123b) extends from a side edge of a first side surface of the dispenser part to a side edge of a second side surface of the dispenser part,
    characterised in that the dispenser part (20;90;100;110) is detachably joined to a rear dispenser section (96; 106; 116), in order to form the dispenser housing (97; 107; 117), wherein the rear dispenser section (96, 106, 116) is arranged to be mounted on a vertical wall, and wherein the dispenser housing (97, 107, 117) is for a dispenser for a stack of paper towels or a roll of paper.“
  9. Die in der Klagepatentschrift angegebene deutsche Übersetzung dieses Patentanspruchs lautet wie folgt:
    „Spendergehäuse mit einem Spenderteil (20, 90, 100, 110), wobei der Spenderteil mindestens zwei Komponententeile (17, 18; 31, 32; 41a, 42a; 41b, 42b; 41c, 42c; 41d, 42d, 51, 61, 71; 91, 92; 101, 102; 111, 112a, 112b; 121a, 121b, 122) aufweist, die jeweils durch eine Fuge (21; 33; 43a, 43b, 43c, 43d, 93, 103, 113a, 113b, 123a, 123b) verbunden sind, jedes Spenderteil (20, 90, 100, 110) ein erstes spritzgegossenes Kunststoffkomponententeil (17; 31; 41a, 41b, 41c, 41d, 51, 61, 71, 91, 101, 111, 121a, 121b) mit einer zugehörigen ersten Verbindungsfläche und ein zweites spritzgegossenes Kunststoffkomponententeil (18; 32; 42a, 42b, 42c, 42d, 92, 102, 112a, 112b, 122) mit einer zugehörigen zweiten Verbindungsfläche aufweist, wobei durch die erste Verbindungsfläche und die zweite Verbindungsfläche während des Spritzgießens zum Verbinden des ersten Komponententeils (17; 31; 41a, 41b, 41c, 41d, 51, 61, 71, 91, 101, 111, 121a, 121b) und des zweiten Komponententeils (18; 32; 42a, 42b, 42c, 42d, 92, 102, 112a, 112b, 122) eine Fuge (21; 43a, 43b, 43c, 43d, 93, 103, 113a, 113b, 123a, 123b) ausgebildet wird, um das Spenderteil (20, 90, 100, 110) zu definieren, wobei jedes Komponententeil (17, 18; 31, 32; 41a, 42a; 41b, 42b; 41c, 42c; 41d, 42d, 51, 61, 71; 91, 92; 101, 102; 111, 112a, 112b; 121a, 121b, 122) eine vordere Fläche aufweist, wobei eine erste und eine zweite Seitenfläche jeweils eine von der vorderen Fläche abgewandte Kante aufweisen, wobei sich die resultierende Fuge (21; 33; 43a, 43b, 43c, 43d, 93, 103, 113a, 113b, 123a, 123b) von einer Seitenkante einer ersten Seitenfläche des Spenderteils zu einer Seitenkante einer zweiten Seitenfläche des Spenderteils erstreckt,
    dadurch gekennzeichnet, dass das Spenderteil (20; 90; 100; 110) abnehmbar mit einem hinteren Spenderabschnitt (96; 106; 116) verbunden ist, um das Spendergehäuse (97; 107; 117) auszubilden, wobei der hintere Spenderabschnitt (96, 106, 116) eingerichtet ist, um an einer vertikalen Wand montiert zu sein, und das Spendergehäuse (97, 107, 117) für einen Spender ist, der für einen Stapel von Papiertüchern oder eine Papierrolle vorgesehen ist.“
  10. Zur Veranschaulichung der beanspruchten Lehre wird nachfolgend Figur 13 des Klagepatents eingeblendet:
  11. Diese zeigt ein Spendergehäuse (97), das ein erfindungsgemäßes Spenderteil (90) umfasst. Das Spenderteil (90) ist mit einem hinteren Spenderabschnitt (96) lösbar verbunden. Der hintere Spenderabschnitt (96) ist vorgesehen, um an einer vertikalen Fläche montiert zu werden. Das Spenderteil (90) wird von einem transparenten ersten Komponententeil (91) und einem opaken zweiten Komponententeil (92) gebildet. Die beiden Komponententeile (91, 92) sind durch eine Fuge (93) verbunden.
    Bei der Klägerin handelt es sich um ein in Schweden ansässiges Unternehmen, das weltweit u.a. Hygienepapierprodukte und -spender vertreibt.
    Die Beklagte ist eine italienische Wettbewerberin der Klägerin auf diesem Markt. Sie vertreibt nach den Feststellungen des Landgerichts im Tatbestand des angefochtenen Urteils in Deutschland unter der Marke „A“ unter anderem folgende Spender für Toilettenpapier und Papierhandtücher:
     Toilettenpapierspender (A – Autocut toilet dispenser) weiß – Produkt-Nr. 892XXX (angegriffene Ausführungsform 1, Muster vorgelegt als Anlage K7.1),
     Handtuchrollenspender (A – Autocut towel dispenser) weiß – Produkt-Nr. 892XXX (angegriffene Ausführungsform 2, Muster vorgelegt als Anlage K7.2 und B45),
     Handtuchspender (A – Fold Handtowels) weiß – Produkt-Nr. 892XXX (angegriffene Ausführungsform 3, Muster vorgelegt als Anlage K7.3 und B46),
     Toilettenpapierspender (A – Autocut toilet dispenser) schwarz – Produkt-Nr. 892XXX (angegriffene Ausführungsform 4a, bis auf die Farbgebung identisch zur angegriffenen Ausführungsform 1, Muster vorgelegt als Anlage B44),
     Handtuchrollenspender (A – Autocut towel dispenser) schwarz – Produkt-Nr. 892XXX (angegriffene Ausführungsform 5a, bis auf die Farbgebung identisch zur angegriffenen Ausführungsform 2, Muster vorgelegt als Anlage HRM 12),
     Handtuchspender (A – Fold Handtowels) schwarz – Produkt-Nr. 892XXX (angegriffene Ausführungsform 6a, bis auf die Farbgebung identisch zur angegriffenen Ausführungsform 3, Muster vorgelegt als Anlage HRM 13),
     Toilettenpapierspender (A – Bulk pack toilet paper) weiß – Produkt-Nr. 892XXX (angegriffene Ausführungsform 7a, Muster vorgelegt als Anlage B 47),
     Toilettenpapierspender (A – Bulk pack toilet paper) schwarz – Produkt-Nr. 892XXX (angegriffene Ausführungsform 8a, bis auf die Farbgebung identisch zur angegriffenen Ausführungsform 7a, Muster vorgelegt als Anlage HRM 14),
     Toilettenpapierspender (A – Maxi Jumbo) weiß – Produkt-Nr. 892XXX (angegriffene Ausführungsform 9a, Muster vorgelegt als Anlage B 48),
     Toilettenpapierspender (A – Maxi Jumbo) schwarz – Produkt-Nr. 892XXX (angegriffene Ausführungsform 10a, bis auf die Farbgebung identisch zur angegriffenen Ausführungsform 9a, Muster vorgelegt als Anlage HRM 15),
     Toilettenpapierspender (A – Mini Jumbo) weiß – Produkt-Nr. 892XXX (angegriffene Ausführungsform 11a, Muster vorgelegt als Anlage HRM 16),
     Toilettenpapierspender (A – Mini Jumbo) schwarz – Produkt-Nr. 892XXX (angegriffene Ausführungsform 12a, bis auf die Farbgebung identisch zur angegriffenen Ausführungsform 11a; Muster vorgelegt als Anlage B 49),
    (nachfolgend zusammenfassend: angegriffene Ausführungsformen).
    Die Klägerin hat Muster der angegriffenen Ausführungsformen 1 bis 3 als Anlagen K 7.1, K 7.2 und K 7.3 zur Akte gereicht. Die angegriffenen Ausführungsformen 4a bis 6a sind – bis auf die unterschiedliche Farbgebung – jeweils identisch zu den angegriffenen Ausführungsformen 1 bis 3. Ebenso entsprechen sich bis auf die Farbgebung die angegriffenen Ausführungsformen 7a und 8a, 9a und 10a sowie 11a und 12a. Die Beklagte hat Muster der angegriffenen Ausführungsformen 4a, 2, 3, 7a, 9a und 12a als Anlagen B 44 bis B 49 vorgelegt. Muster der angegriffenen Ausführungsformen 5a, 6a, 8a, 10a und 11a wurden im Parallelverfahren XXX als Anlagen HRM 12 bis HRM 16 zur dortigen Akte gereicht. Darüber hinaus hat die Beklagte mit den Anlagen BB 2 und B 45 Abbildungen der angegriffenen Ausführungsformen vorgelegt. Beispielhaft werden nachfolgend Abbildungen der angegriffenen Ausführungsform 1 aus der Anlage BB 2 wiedergegeben:
  12. Bei sämtlichen angegriffenen Ausführungsformen kann das vordere Spenderteil nach vorne zum Nutzer hin aufgeklappt werden, wobei es am Gehäuse mit zwei Scharnieren verbunden ist und um diese verschwenkt wird. Das Spenderteil weist jeweils zwei Komponententeile auf, die durch eine Fuge miteinander verbunden sind.
    Die Beklagte stellte die angegriffenen Ausführungsformen auf der Messe CMS 2017 in Berlin aus und bewarb diese in ihrem Online-Katalog (Anlage K 15). Die angegriffenen Ausführungsformen 1 und 2 bezieht die Beklagte von der Streithelferin zu 1), die angegriffene Ausführungsform 3 von der Streithelferin zu 2).
    Auf ihrer Webseite https://www.B.com/de/deutschland/C-export/home/ bietet die Beklagte Papierutensilien an, die zur Benutzung in den angegriffenen Ausführungsformen geeignet sind. Eine Übersicht der entsprechenden Toilettenpapiere und Handtücher findet sich auf den Seiten 7 bis 9 des Schriftsatzes der Klägerin vom 16.03.2022 (Bl. 410-412 GA-LG). Screenshots von den Angebotsseiten hat die Klägerin als Anlagen K 14.1 bis K 14.12 zur Akte gereicht. Auch im Produktkatalog der Beklagten (vorgelegt als Anlage K 15) findet eine Zuordnung zwischen bestimmten Papiermaterialien und den hierzu kompatiblen Spendern statt. Auf den Verpackungen der angegriffenen Ausführungsformen 1 bis 6 ist zudem der Hinweis aufgedruckt, den jeweiligen Spender ausschließlich mit den hierzu kompatiblen Papierutensilien der Beklagten zu benutzen.
    Die Klägerin sieht im Angebot und Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen eine wortsinngemäße Verletzung des Klagepatents. Sie hat vor dem Landgericht geltend gemacht:
    Soweit das Klagepatent verlange, dass sich die Fuge von einer Seitenkante einer ersten Seitenfläche des Spenderteils zu einer Seitenkante einer zweiten Seitenfläche des Spenderteils erstrecke, sei der Begriff der „Seitenfläche“ erfindungsgemäß nicht auf die rechte oder linke Seitenfläche (ausgehend von der Frontalansicht) beschränkt. Vielmehr erfasse er ohne weiteres auch die – ausgehend von der Frontalansicht – obere und untere Seitenfläche, womit auch ein senkrechter Verlauf der Fuge von der Lehre des Klagepatents umfasst sei. Der Begriff der „Seitenfläche“ sei insofern lediglich als Abgrenzung gegenüber dem Begriff der „vorderen Fläche“ zu verstehen.
    Die Vorgabe, dass das Spenderteil „abnehmbar“ mit einem hinteren Spenderabschnitt verbunden ist, verstehe der Fachmann dahin, dass die Verbindung der beiden Teile miteinander nicht permanent, sondern lösbar sein solle. Dies indiziere aber nicht, dass das Spenderteil vollständig abnehmbar sein müsse. Funktional diene das Merkmal dazu, die Befüllbarkeit des Spenders zu gewährleisten. Diese Funktion werde auch dann erfüllt, wenn das Spenderteil nicht vollständig abnehmbar, sondern lediglich schwenkbar mit dem hinteren Spenderabschnitt verbunden sei. Die angegriffenen Ausführungsformen seien alle dahingehend aufklappbar, dass das Spenderteil und der hintere Spenderabschnitt nicht mehr so aneinander liegen, dass sie ein Gehäuse bilden. Im Übrigen sei auch eine „Abnehmbarkeit“ im engeren Sinne gegeben. Unter Zuhilfenahme von Werkzeug sei es ohne Beschädigung des Spendergehäuses möglich, den das Scharnier zusammenhaltenden Pin herauszuziehen und das Spenderteil vollständig abzunehmen.
    Auf der Rechtsfolgenseite stünden ihr auch Ansprüche auf Auskunft, Rechnungslegung und Schadensersatz hinsichtlich Verbrauchsmaterialien zu, deren Vertrieb ursächlich auf den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen zurückzuführen sei. Für die insofern erforderliche Kausalität genüge es, dass durch den Verkauf der angegriffenen Ausführungsformen eine Nachfrage nach den Verbrauchsmaterialien geschaffen werde. Dies sei jedenfalls für Verbrauchsmaterialien anzunehmen, die speziell für den Gebrauch in den angegriffenen Ausführungsformen vorgesehen seien. Die Beklagte bewerbe solche Papierutensilien explizit als kompatibel für den Gebrauch in den angegriffenen Ausführungsformen und stelle diese Kompatibilität durch spezifische Steck- und Haltemechanismen sicher. Insbesondere durch eine spezielle Ausgestaltung der Halterung („Plug“) in den angegriffenen Ausführungsformen werde sichergestellt, dass der jeweilige Spender nur mit dem passenden Papiermaterial der Beklagten befüllt werden könne. Die Beklagte nutze die angegriffenen Ausführungsformen solchermaßen als Einstieg in das Geschäft mit den Verbrauchsmaterialien.
    Die Beklagte, die erstinstanzlich Klageabweisung und hilfsweise Aussetzung des Rechtsstreits bis zum rechtskräftigen Abschluss des gegen das Klagepatent gerichteten Nichtigkeitsverfahrens beantragt hat, hat eine Verletzung des Klagepatents in Abrede gestellt und geltend gemacht:
    Der Begriff der „Seitenfläche“ im Klagepatent beziehe sich ausschließlich auf die linke und rechte Seite des Spenderteils. Insoweit sei auf den Betrachtungswinkel des Nutzers abzustellen. Von den „Seitenflächen“ seien die untere und obere Fläche zu unterscheiden; diese spielten nach dem Klagepatent keine Rolle. Die in den angegriffenen Ausführungsformen vorhandene Fuge zwischen der Seitenkante der Oberfläche und der Seitenkante der Unterfläche sei daher nicht anspruchsgemäß.
    Im Übrigen sei das Spenderteil bei den angegriffenen Ausführungsformen auch nicht „abnehmbar“ mit dem hinteren Spenderabschnitt verbunden. Das Klagepatent differenziere zwischen den Begriffen „Abnehmbarkeit“ („detachability“) und „Schwenkbarkeit“ („pivotability“) und habe sich für die Abnehmbarkeit entschieden. Hierdurch grenze es sich von der in der Patentbeschreibung erwähnten US 2007234XXX ab. Funktional biete die vollständige Abnehmbarkeit des Spenderteils gerade in engen Toiletten oder Waschräumen den Vorteil, dass das Spenderteil nicht nach vorne verschwenkt werden müsse, sondern vollständig gelöst und beiseitegestellt werden könne. Bei den angegriffenen Ausführungsformen könne das Spenderteil nicht vollständig vom hinteren Spenderabschnitt gelöst werden, ohne die Scharniere dauerhaft zu beschädigen. Der vom Klagepatent angesprochene Nutzer verfüge weder über spezielle Werkzeuge noch über das entsprechende handwerkliche Geschick, um das Spenderteil ohne Beschädigung der Scharniere einfach vom hinteren Spenderabschnitt lösen zu können.
    Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüche der Klägerin in Bezug auf Verbrauchsmaterialien bestünden nicht. Insofern fehle es an der erforderlichen Kausalität der mit den Verbrauchsmaterialien erzielten Gewinne zu dem Verkauf der angegriffenen Ausführungsformen. Diese sei nur anzunehmen, wenn keine weiteren Ursachen neben dem Verkauf der patentverletzenden Vorrichtungen die Kaufentscheidung des Kunden beeinflusst hätten. Die Käufer der Papiermaterialien würden mitnichten sämtlich über einen Dispenser aus dem Unternehmen der Beklagten verfügen. Umgekehrt verwende nicht jeder Abnehmer eines Dispensers aus dem Hause der Beklagten diesen mit den von ihr angebotenen Papiermaterialien. Die Spender der Beklagten seien auch mit Papierutensilien von Wettbewerbern betreibbar. Gleiches gelte umgekehrt für die Verbrauchsmaterialien der Beklagten, die in Spendern von Wettbewerbern einsetzbar seien. Die Erfindung des Klagepatents betreffe ausschließlich die Abdeckung und habe keinerlei Bezug zu den einzulegenden Verbrauchsmaterialien. Sie, die Beklagte, sei vordringlich für ihre Papiermaterialien bekannt; die Ausgestaltung der Spender sei demgegenüber nachrangig. Der Vertrieb der Dispenser folge daher aufgrund ihres überragenden Rufs für Papiermaterial dessen Verkauf.
    Die Formulierung der Anträge der Klägerin auf Auskunft und Rechnungslegung sei im Übrigen unbestimmt. Es sei nicht erkennbar, ob der Antrag nur solche Verbrauchsmaterialien umfassen solle, die an Kunden geliefert worden seien, die bereits über eine angegriffene Ausführungsform verfügen, oder ob sich der Antrag grundsätzlich auf alle Verbrauchsmaterialien erstrecke, die für die Verwendung in einer der angegriffenen Ausführungsformen geeignet seien.
    Sofern der Klägerin ein Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung zuerkannt werde, müsse ihr – der Beklagten – Geheimnisschutz gewährt werden. Denn es müssten Geschäftsinterna offenbart werde, die nicht jedermann bekannt seien und einen erheblichen wirtschaftlichen Wert hätten.
    Mit Urteil vom 14.12.2023 hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
    Soweit das Klagepatent fordere, dass das Spenderteil mit dem hinteren Spenderabschnitt „abnehmbar verbunden“ („detachably joined“) sei, müsse das Spenderteil ohne den Einsatz von Werkzeug oder von erheblichem Aufwand oder Geschick vollständig von dem hinteren Spenderabschnitt zu trennen sein. Die Möglichkeit des Verschwenkens des Spenderteils gegenüber dem hinteren Spenderabschnitt im Sinne eines Aufklappens an nur einer Seite genüge nach der erfindungsgemäßen Lehre nicht. Hierauf deute nicht nur der Wortlaut hin, sondern dies ergebe sich für den Fachmann auch aus der Darstellung des Standes der Technik in der Klagepatentschrift. Denn die Begriffe „lösbar verbunden“ („detachably joined“) und „verschwenkbar verbunden“ („pivotably joined“) würden dort voneinander unterschieden und ihnen werde eine unterschiedliche Bedeutung zugemessen. In funktionaler Hinsicht sei es für den Fachmann durchaus plausibel, dass der durch die Abnehmbarkeit des Spenderteils bezweckte Nachfüllvorgang in einem beengten Raum stattzufinden habe, in dem sich die Toilette zu nah am Spender befinde, um dessen Spenderteil vollständig nach vorne zu verschwenken bzw. aufzuklappen. Unter Zugrundelegung dieser Auslegung werde die klagepatentgemäße Lehre von keiner der angegriffenen Ausführungsformen wortsinngemäß verwirklicht, da sich das Spenderteil in keinem Fall ohne größeren Aufwand und ohne Werkzeug oder den Einsatz von technischem Geschick oder Kraft abnehmen lasse.
    Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt, mit der sie ihr vor dem Landgericht erfolglos gebliebenes Klagebegehren weiterverfolgt. Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens macht sie geltend:
    Das Landgericht habe eine zu enge Auslegung des Patentanspruchs 1 vorgenommen, soweit es angenommen habe, eine „abnehmbare“ Verbindung des Spenderteils mit dem hinteren Spenderabschnitt setze zwingend die Möglichkeit der vollständigen Trennung beider Bauteile voraus. Die in der englischen Originalfassung gewählte Formulierung „detachably joined“ sei in erster Linie dahin zu verstehen, dass das Spenderteil und der hintere Spenderabschnitt miteinander verbunden seien, um das Spendergehäuse zu bilden. Diese Verbindung sei durch das Adverb „detachably“ konkretisiert. Die Verbindung beider Bauteile sei also nicht dauerhaft, sondern lösbar ausgestaltet. Dass die Verbindung vollständig lösbar sein müsse im Sinne eines Entfernens des Spenderteils von dem hinteren Spenderabschnitt, besage die im Klagepatentanspruch 1 gewählte Formulierung nicht. Die konkrete Ausgestaltung der Lösbarkeit sei vielmehr in das Belieben der Fachperson gestellt.
    Soweit das Landgericht aus Abs. [0005] der Patentbeschreibung eine Unterscheidung zwischen „lösbar verbunden“ (detachably joined“) und „verschwenkbar verbunden“ („pivotably joined“) abgeleitet habe, gehe dies fehl. In dem vorgenannten Absatz würden lediglich zwei Beispiele für aus dem Stand der Technik bekannte Spender benannt, die zur Anbringung an einer vertikalen Wand ausgestaltet seien. Ersichtlich gehe es an dieser Stelle um die bessere Benutzerfreundlichkeit bei der Handhabe durch Anbringung der Spender an einer vertikalen Wand, nicht jedoch um eine Unterscheidung zwischen einer „abnehmbaren“ und einer „verschwenkbaren“ Verbindung.
    Für eine solche Unterscheidung gebe es auch in funktionaler Hinsicht kein Erfordernis. Es gehe aus der Beschreibung des Klagepatents nicht hervor und sei auch ansonsten technisch nicht nachvollziehbar, dass ein (Toiletten-) Papierspender in einer öffentlichen Toilettenkabine nicht in einem für das Nachfüllen erforderlichen Maß aufgeklappt werden könne. Die Fachperson erkenne, dass eine verschwenkbare Ausgestaltung gerade in beengten Räumen deutlich praktischer sei, weil das abgeklappte Spenderteil am hinteren Spenderabschnitt befestigt bleibe und daher weder festgehalten noch irgendwo abgelegt werden müsse. Auf diese Weise könne das Spendersystem mit einer Hand geöffnet werden und mit der anderen Hand könne Papier nachgefüllt werden. Aus diesem Grund würden Toilettenpapierspendersysteme seit langem typischerweise so ausgestaltet, dass das Spenderteil zum Nachfüllen des Papiers lediglich aufgeklappt und nicht vollständig abgenommen werde.
    Die Urteile des BPatG und des BGH im Rechtsbestandsverfahren stünden einer entsprechenden Auslegung des Begriffs „detachably joined“ nicht entgegen. Beide Gerichte hätten sich nicht abschließend mit der Frage beschäftigt, ob für eine „lösbare Verbindung“ im Sinne des Klagepatents zwingend eine vollständige Lösbarkeit erforderlich sei. Gegenstand beider Urteile sei vielmehr die konkrete Frage gewesen, ob die „lösbare Verbindung“ von Spenderteil und hinterem Spenderabschnitt in der Entgegenhaltung Ni 3 (WO 2006/054XXX XX) offenbart werde.
    Bei richtiger Auslegung des Klagepatentanspruchs 1 werde dieser von allen angegriffenen Ausführungsformen wortsinngemäß benutzt. Die jeweiligen Spenderteile könnten aufgeklappt und zumindest partiell vom hinteren Spenderabschnitt gelöst werden, um ein Nachfüllen zu ermöglichen.
    Der Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung bestehe auch im Hinblick auf Verbrauchsmaterialien, soweit diese an gewerbliche Abnehmer geliefert würden, die einen anspruchsgemäßen Papierspender von der Beklagten oder deren Abnehmern erworben hätten. Der Rechnungslegungsanspruch diene der Ermittlung, Bezifferung und Durchsetzung des darauf aufbauenden Schadensersatzanspruchs. Grundsätzlich sei daher über Gewinne aus Zusatzgeschäften Auskunft zu erteilen. Eine Ausnahme sei nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nur dann vorzusehen, wenn zwar ein ursächlicher Zusammenhang der Zusatzgeschäfte mit der Veräußerung einer geschützten Vorrichtung bestehe, dieser Zusammenhang aber auf Umständen beruhe, die mit den technischen Eigenschaften der geschützten Erfindung nichts zu tun hätten. Dies sei etwa für Gewinne anzunehmen, die durch Reinvestition von erzielten Gewinnen aus einer Patentverletzung in anderen Bereichen erzielt habe oder die der Verletzer nur deshalb erlangt habe, weil er durch patentverletzende Vertriebshandlungen seinen Bekanntheitsgrad und damit den Vertrieb anderer Produkte steigern konnte. Derartiges sei im vorliegenden Fall im Hinblick auf die Geschäfte mit für die angegriffenen Papierspender bestimmten Papiermaterialien offensichtlich nicht anzunehmen.
  13. Die Klägerin beantragt nach teilweiser Klagerücknahme (vgl. Bl. 544 eA-OLG),
    zu erkennen wie geschehen.
  14. Die Beklagte und ihre Streithelferinnen beantragen,
    die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Düsseldorf (Az. 4a O 102/17) vom 14.07.2023 zurückzuweisen, ebenso wie die Klageanträge der Klägerin in der Fassung ihres Schriftsatzes vom 15.04.2024,
    hilfsweise
    zum Antrag auf Abweisung der Berufungsanträge B.II., B.II.1., B.III. und B.III.1. aus der Berufungsbegründung der Klägerin vom 15.04.2024:
    I. Die von den Anträgen B II, B II 1, B III und B III 1 aus der Berufungsbegründung der Klägerin vom 15.04.2024
    umfassten Auskünfte und Rechnungslegungen über die Vorrichtungen gemäß Antrag B.I. aus der Berufungsbegründung vom 15.04.2024 und über Verbrauchsmaterialen zur Verwendung in Vorrichtungen nach Antrag B.I. inklusive der entsprechenden geforderten Belege werden als geheimhaltungsbedürftig eingestuft, also die in den genannten Anträgen geforderten Auskünfte und Rechnungslegungen über
    a) die Namen und Anschriften der Hersteller, der Lieferanten und anderer Vorbesitzer;
    b) die Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer, sowie die Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
    c) die Menge der ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, sowie die Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden,
    d) die einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und  preisen und den jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie die Namen und Anschriften der Abnehmer,
    e) die einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und  preisen und die jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
    f) die betriebene Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeit und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internetwerbung die Domain, die Zugriffszeiten und die Schaltungszeiträume, g) die nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und den erzielten Gewinnen.
    II. Die Beteiligten werden darauf hingewiesen, dass die Einstufung als geheimhaltungsbedürftig zur Folge hat, dass die Parteien, ihre Prozessvertreter, Zeugen, Sachverständige, sonstige Vertreter und alle sonstigen Personen, die an dem Verfahren beteiligt sind oder Zugang zu Dokumenten aus dem Verfahren haben, die als geheimhaltungsbedürftig eingestuften, in das Verfahren eingeführten Informationen vertraulich behandeln müssen und diese außerhalb etwaiger Vollstreckungsverfahren zu dem Verfahren Az.: 4a O 102/17, I-2 U 77/23, außerhalb der Bemessung einer eventuell dort festgelegten Verpflichtung der Beklagten zur Leistung von Schadensersatz und außerhalb eines sich gegebenenfalls anschließenden Betragsverfahrens nicht nutzen oder offenlegen dürfen, es sei denn, dass sie nachweislich von diesen außerhalb des hiesigen Verfahrens und eines möglichen Zwangsmittelverfahrens rechtmäßig Kenntnis erlangt haben und sich im Rahmen der gegebenenfalls mit dieser anderen Kenntniserlangung verbundenen Beschränkungen halten. Diese Verpflichtung besteht auch nach Abschluss des Verfahrens und eines etwaigen Zwangsmittelverfahrens fort. Dies gilt nicht, wenn und soweit das Vorliegen eines Geschäftsgeheimnisses hinsichtlich der Informationen aus vorstehender Ziff. I durch rechtskräftiges Urteil verneint wird oder sobald die betroffenen Informationen für Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit solchen Informationen umgehen, bekannt wurden oder ohne weiteres zugänglich werden, ohne dass dies auf einem Verstoß gegen die Geheimhaltungsverpflichtungen beruht. Bei schuldhaften Zuwiderhandlungen gegen die vorstehenden Verpflichtungen kann das Gericht auf Antrag einer Partei ein Ordnungsgeld bis zu 100.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monate festsetzen und sofort vollstrecken.
    III. Der Zugang zu den unter Ziff. I genannten Informationen, soweit sie im Verfahren vorgelegt werden, wird auf Seiten der Klägerin beschränkt auf
    den Präsidenten Magnus Groth und den Vizepräsidenten Frederic Rüstet;
    die innerhalb des erteilten Mandats mitwirkenden anwaltlichen, patentanwaltlichen und sonstigen Vertreter der Klagepartei, inklusive Sekretariatsmitarbeiter, Rechtsreferendare, Patentanwaltskandidaten und Werkstudenten, soweit sie innerhalb des erteilten Mandats mitwirken und vergleichbar einem Rechtsanwalt verpflichtet sind, werden von dieser Beschränkung nicht erfasst. Für sie gelten die in Ziff. II klargestellten Rechtsfolgen der Einstufung als geheimhaltungsbedürftig gemäß § 16 I Geschäftsgeheimnisgesetz.
  15. Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil als zutreffend und macht unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens geltend:
    Zu Recht habe das Landgericht den Begriff „detachability“ als vollständige Separierung bzw. Abnehmbarkeit des Spenderteils vom hinteren Spenderabschnitt interpretiert. Das Klagepatent unterscheide klar zwischen den Begriffen „pivotably joined“ und „detachably joined“ und entscheide sich dann auch in seinem Anspruch für „detachably joined“, mithin für abnehmbar und damit vollständig lösbar vom hinteren Spenderabschnitt. Das Klagepatent beschreibe zwei „Zustände“, nämlich einen zusammengesetzten Zustand, bei dem das Spenderteil und der hintere Spenderabschnitt miteinander verbunden seien, um das Spendergehäuse zu bilden, und einen nichtverbundenen Zustand, in welchem das Spenderteil vom hinteren Spenderabschnitt abgenommen sei und zwar im Sinne einer vollständigen Trennung.
    Die Beschreibung des Standes der Technik offenbare mehrere Möglichkeiten einer Verbindung zwischen dem Spenderteil und dem hinteren Spenderabschnitt. Die Anspruchsformulierung nehme sodann eine bewusste Beschränkung auf ein bestimmtes Mittel vor, nämlich die „abnehmbare“ Verbindung im Gegensatz zu der „verschwenkbaren“ Verbindung.
    Die funktionale Betrachtung dürfe bei einem räumlich-körperlichen Merkmal nicht dazu führen, dass der Inhalt auf die bloße Funktion reduziert werde, und das Merkmal in einem Sinne interpretiert werde, der mit der räumlich-körperlichen Ausgestaltung, wie sie dem Merkmal eigen ist, nicht mehr in Übereinstimmung stehe. Insofern gebe das Klagepatent mit der „Abnehmbarkeit“ eine bestimmte räumlich-körperliche Ausgestaltung vor; funktionale Erwägungen dürften nicht zu einer Auslegung „gegen“ die Begriffe des Klagepatents führen.
    Im Übrigen seien die Einsatzorte für Papierspender der patentgemäßen Art zwar recht unterschiedlich, eines sei ihnen aber gemein, nämlich die räumliche Enge und schlechte Ausleuchtung. Bei einer Verschwenkung des Spenderteils um beispielsweise 90 Grad werde der Befüllvorgang erschwert, weil die aufgeklappte Frontseite dann in den Raum hineinrage. In vielen Situationen sei es deshalb von Vorteil, wenn die Frontseite komplett abgenommen werden könne, so dass sich das Reinigungspersonal auch frontal zum Papierspender drehen, die große Papierrolle in ihre Halterung korrekt einlegen und den Dispenser dann wieder verschließen könne. Dem Fachmann seien zum Prioritätstag des Klagepatents nicht nur Papierspender mit verschwenkbaren Fronten, sondern auch solche mit komplett abnehmbaren Fronten bekannt gewesen.
    Sowohl das BPatG als auch der BGH seien in ihren Urteilen im Nichtigkeitsverfahren davon ausgegangen, dass nicht jede verschwenkbare Verbindung auch „abnehmbar“ im Sinne des Klagepatents sei.
    Eine vollständige Trennung des Spenderteils vom hinteren Spenderabschnitt sei bei keiner der angegriffenen Ausführungsformen möglich, weshalb die Lehre des Klagepatentanspruchs 1 nicht verwirklicht sei.
  16. Die Klägerin beantragt,
    den Antrag der Beklagten auf Geheimnisschutz zurückzuweisen,
    hilfsweise
    den von der Beklagten im Schriftsatz vom 09.09.2024 hilfsweise geltend gemachten Antrag zu III. dahingehend zu erweitern, dass zusätzlich zu den dort genannten Personen den folgenden Mitarbeitern der Klägerin Zugang zu den unter Hilfsantrag I. genannten Informationen gewährt wird: D, E.
  17. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen. Die Akte des Parallelverfahrens XXX (LG Düsseldorf 4a O 102/17) war zu Informationszwecken beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
  18. B.
    Die Berufung der Klägerin ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
    Die angegriffenen Ausführungsformen machen von der technischen Lehre des Patentanspruchs 1 des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch. Der Klägerin stehen daher gegen die Beklagte die nunmehr zuerkannten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung und Rückruf der angegriffenen Gegenstände sowie Feststellung ihrer Schadenersatzpflicht aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. §§ 139 Abs. 1 und 2, 140a Abs. 3, 140b Abs. 1 und 3 PatG, §§ 242, 259 BGB zu, wobei ein Anspruch auf Rechnungslegung im tenorierten Umfang auch in Bezug auf Verbrauchsmaterialien besteht.

  19. I.
    Das Klagepatent betrifft ein Spendergehäuse für einen Spender, der für einen Stapel von Papiertüchern oder eine Papierrolle vorgesehen ist (Anlage K1a, Abs. [0001], [0008]; die nachfolgenden Bezugnahmen betreffen jeweils die deutsche Übersetzung der Klagepatentschrift gemäß Anlage K1a). Solche Spender werden etwa in Restaurants oder öffentlichen Toiletten verwendet (Abs. 0008]).
    Um die Benutzerfreundlichkeit während der Handhabung zu verbessern, können die Spender an einer Wand angebracht werden. Die Klagepatentschrift verweist in diesem Zusammenhang auf die US 2007/0234XXX XX (vorgelegt als Anlage B4), die ein Spendergehäuse für einen Stapel von Papiertüchern oder eine Papierrolle offenbart, bei dem das Spenderteil verschwenkbar mit einem hinteren Spenderabschnitt verbunden ist (Abs. [0005]). Außerdem erwähnt die Klagepatentschrift in diesem Zusammenhang ein aus der US 2007/011XXX XX (vorgelegt als Anlage B3) bekanntes Spendergehäuse, das dem Ausgeben eines Fluids zur Verwendung in einer Dusche dient und bei dem das Spenderteil vollständig von dem hinteren Spenderabschnitt abgenommen werden kann (Abs. [0005]).
    Nach den einleitenden Ausführungen der Klagepatentschrift kann es aus unterschiedlichen Gründen wünschenswert sein, ein Spenderteil vorzusehen, bei dem zumindest die Außenfläche, die Schale oder ein vergleichbarer Teil aus zwei ähnlichen oder unterschiedlichen Kunststoffen gefertigt sind. So kann es etwa vorteilhaft sein, einen Teil der Frontfläche transparent zu gestalten, um die Überprüfung des Füllstandes ohne das Öffnen des Gehäuses zu ermöglichen. Zugleich kann es gewünscht sein, den Ausgabemechanismus, z.B. aus ästhetischen Gründen, zu verbergen und die Frontfläche deshalb in diesem Bereich opak auszugestalten (Abs. [0002]).
    Bei der Herstellung eines solchen, zwei Komponenten umfassenden Spenderteils wird die erste Komponente in der Regel in einer ersten Form spritzgegossen und in eine zweite Form überführt, in der sodann die zweite Komponente gegossen wird. Hierbei kann es zu einem Verzug mindestens der ersten Komponente und der Fuge kommen, insbesondere in oder nahe den Bereichen der Seitenkanten. Werden die Komponenten sodann miteinander verbunden, kann es der Verbindungsnaht – selbst mit lokalen Verstärkungen – an ausreichender Stabilität fehlen, um den zu erwartenden Kräften – beispielsweise durch einen Stoß – standzuhalten. Eine schwache Naht kann dazu führen, dass das Spenderteil entlang mindestens eines Teils der vorderen Fläche reißt, was einen Austausch des Spenderteils erforderlich macht (Abs. [0003]).
    In der weiteren Beschreibung (Abs. [0066]) geht das Klagepatent auf eine Naht aus dem Stand der Technik ein und illustriert diese anhand der nachfolgend wiedergegebenen Figur 3:
  20. Die Klagepatentschrift nimmt auf verschiedene aus dem Stand der Technik bekannte Verfahren zum Herstellen von spritzgegossenen Produkten Bezug. So ist etwa aus der WO 98/02361 bekannt, das Material der zweiten Komponente über den die erste Komponente bildenden Vorformling zu spritzen und die Materialien entlang einer kontinuierlichen, kreisförmigen Fuge zu verbinden. Die JP 03-120022 offenbart ein Verfahren, bei dem die zwei Komponenten in einer Form platziert und sodann durch Spritzgießen eines zusätzlichen Materials in einen Spalt zwischen den Komponenten verbunden werden (Abs. [0004]).
    Dem Klagepatent liegt vor diesem Hintergrund die Aufgabe zugrunde, ein verbessertes Spendergehäuse bereitzustellen, das geeignet ist, die dargestellten Probleme hinsichtlich eines Verzugs des Spenderteils und der Festigkeit der Naht zu lösen (Abs. [0006]).
    Zur Lösung dieser Problemstellung schlägt Patentanspruch 1 des Klagepatents ein Spendergehäuse mit folgenden Merkmalen vor:
    1. Das Spendergehäuse (97)
    1.1 ist bestimmt für einen Spender, der für einen Stapel von Papiertüchern oder eine Papierrolle vorgesehen ist,
    1.2 weist ein Spenderteil (20) mit mindestens zwei Komponententeile (17, 18) auf, nämlich einem ersten spritzgegossenen Kunststoffkomponententeil (17) und einem zweiten spritzgegossenen Kunststoffkomponententeil (18).
    2. Die beiden Komponententeile (17, 18)
    2.1 weisen jeweils auf
    2.1.1 eine Verbindungsfläche,
    2.1.2 eine vordere Fläche,
    2.1.3 eine erste und zweite Seitenfläche, die jeweils eine von der vorderen Fläche abgewandte Kante aufweisen;
    2.2 sind durch eine Fuge (21) verbunden, die
    2.2.1 durch die erste Verbindungsfläche und die zweite Verbindungsfläche während des Spritzgießens zum Verbinden des ersten Komponententeils (17) und des zweiten Komponententeils (18) ausgebildet wird, um das Spenderteil (20) zu definieren, und
    2.2.2 erstreckt sich von einer Seitenkante einer ersten Seitenfläche des Spenderteils (20) zu einer Seitenkante einer zweiten Seitenfläche des Spenderteils (20).
    3. Das Spenderteil (20) ist mit dem hinteren Spenderabschnitt (96) abnehmbar (lösbar) verbunden, um das Spendergehäuse (97) auszubilden.
    4. Der hintere Spenderabschnitt (96) ist für die Montage an einer vertikalen Wand eingerichtet.
  21. Die vorstehend wiedergegebene Merkmalsgliederung entspricht im Wesentlichen der Merkmalsgliederung des Bundesgerichtshofs in seinem das Klagepatent betreffenden Nichtigkeitsberufungsurteil. Die Gliederung beinhaltet aus Gründen der Übersichtlichkeit lediglich Bezugszeichen von jeweils einem entsprechenden Ausführungsbeispiel. Der – im vorliegenden Rechtsstreit keine entscheidende Rolle spielende – Begriff „seam“ (Merkmal 2.2) wird in der Merkmalsgliederung entsprechend der in der Klagepatentschrift wiedergegebenen deutschen Übersetzung des Patentanspruchs 1 mit „Fuge“ übersetzt. Er kann aber auch – wie in den Merkmalsgliederungen des Bundesgerichtshofs und des Bundespatentgerichts – mit „Naht“ übersetzt werden, da hiermit die „Nahtstelle“ der beiden aufeinandertreffenden, spritzgegossenen Kunststoff-Materialien gemeint ist (vgl. BPatGU, S. 8).
    Die beiden Komponententeile des Spenderteils weisen jeweils eine Verbindungsfläche auf (Merkmal 2.1.1), wobei diese beiden Verbindungsflächen patentgemäß während des Spritzgießens zusammengefügt werden, um eine erfindungsgemäße Fuge zu bilden (Merkmal 2.2.1). Auf diese Weise sollen die beiden Komponententeile ausreichend fest verbunden werden, um das Beschädigungsrisiko, beispielsweise im Falle eines Stoßes gegen den Spender, zu verringern.
    Zum besseren Verständnis wird nachfolgend Figur 5 der Klagepatentschrift wiedergegeben, die ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel einer erfindungsgemäßen Fuge (43a) zeigt. Die dortigen Verbindungsflächen sind entsprechend Unteranspruch 2 des Klagepatents nicht planar ausgebildet, sondern weisen mehrere Stufen (44, 45, 46) auf:
  22. II.
    Dies vorausgeschickt, bedürfen im Hinblick auf den Streit der Parteien die Merkmale 2.1.3, 2.2.2 und 3 der vorstehenden Merkmalsgliederung näherer Erläuterung.
  23. 1.
    Gemäß Merkmal 2.1.3 weisen die beiden Komponententeile des Spenderteils eine erste und eine zweite Seitenfläche auf, die wiederum jeweils eine von der vorderen Fläche abgewandte Kante aufweisen. Nach Merkmal 2.2.2 erstreckt sich die erfindungsgemäße Fuge von einer Seitenkante einer ersten Seitenfläche des Spenderteils zu einer Seitenkante einer zweiten Seitenfläche des Spenderteils und verbindet solchermaßen die beiden Komponententeile (vgl. Abs. [0010], [0028], [0030], [0034], [0035], [0054]).
    Der angesprochene Fachmann – als solcher kann im Anschluss an die von den Parteien hingenommene Definition des Bundespatentgerichts (BPatGU S. 6) ein Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau bzw. Kunststofftechnik mit Fachhochschul- oder entsprechendem Abschluss, der mehrere Jahre Berufserfahrung in der Produktentwicklung von Aufnahmebehältern aufweist, angesehen werden – erkennt, dass das Klagepatent unter einer anspruchsgemäßen „Seitenfläche“ im vorgenannten Sinne eine Fläche versteht, die zumindest in wesentlichen Teilen in einer Ebene verläuft, die von der hauptsächlichen Ebene der vorderen Fläche abweicht. Das erfindungsgemäße Spendergehäuse kann beliebig viele Seitenflächen aufweisen; insbesondere ist die erfindungsgemäße Lehre nicht auf (nur) zwei Seitenflächen beschränkt, die sich – aus der Sicht eines vor dem Dispenser stehenden Nutzers – links und rechts von der Frontfläche befinden.
  24. a)
    Die Klagepatentschrift enthält keine Definition des Begriffs der „Seitenfläche“. Dem Fachmann erschließt sich aber bereits anhand des Wortlauts des Patentanspruchs 1, dass die „Seitenflächen“ insbesondere von der „vorderen Fläche“ zu unterscheiden sind. Die „vordere Fläche“ und die „Seitenflächen“ bilden zusammen die Komponententeile, aus denen das erfindungsgemäße Spenderteil zusammengesetzt ist, wobei die Komponententeile an den „Verbindungsflächen“ zusammengefügt werden (vgl. Merkmal 1.2, Merkmalsgruppe 2.1 und Merkmal 2.2.1). Da die erfindungsgemäßen Seitenflächen nach Merkmal 2.1.3 jeweils eine von der vorderen Fläche abgewandte Kante aufweisen, erstrecken sie sich zumindest in wesentlichen Teilen in einer Ebene, die von der hauptsächlichen Ebene der vorderen Fläche abweicht (vgl. auch: BGHU Rn.22). Mit anderen Worten erstrecken sie sich von der vorderen Fläche in Richtung der Rückseite des Spendergehäuses, um dieses als dreidimensionales Gebilde zu formen.
  25. b)
    Soweit in Merkmal 2.1.3 von einer „ersten“ und einer „zweiten“ Seitenfläche die Rede ist, liegt hierin keine Beschränkung auf (nur) zwei Seitenflächen. Vielmehr sind an dieser Stelle eben jene zwei Seitenflächen des Spenderteils bezeichnet, zwischen deren Seitenkanten sich die erfindungsgemäße Fuge im Sinne von Merkmal 2.2.2 erstreckt. Dies schließt es nicht aus, dass der anspruchsgemäße Dispenser mehr als zwei Seitenflächen, insbesondere also vier Seitenflächen, aufweist.
  26. c)
    Soweit die Beklagte die erfindungsgemäßen „Seitenflächen“ von einer „oberen und unteren Deckfläche“ abgrenzen will, entspricht dies nicht dem Wortsinn des Anspruchs. Zwar gibt die Klagepatentschrift in ihrem Abs. [0009] an, dass „Begriffe wie etwa vorne, hinten, innen und außen in Bezug auf eine sichtbare äußere Vorder- oder Seitenfläche des Spenders oder ggf. in Bezug auf eine dem Nutzer zugewandte Fläche eines in einem Spender befindlichen Spenderteils definiert“ werden. Der Fachmann erkennt aber, dass es dem Klagepatent in Merkmal 2.1.3 auf eine Abgrenzung der Ebenen der „Seitenflächen“ von der Ebene einer „vorderen Fläche“ ankommt, nicht hingegen auf eine Unterscheidung zwischen „Seitenflächen“, „Oberfläche“ und „Unterfläche“ eines Spendergehäuses. Die beiden letztgenannten Begriffe verwendet die Klagepatentschrift weder im Anspruch noch in dem zuvor angesprochenen Abs. [0009] der Patentbeschreibung. Auf die „untere Fläche des Spenders“ („lower surface of the dispenser“) nimmt die Klagepatentschrift erst in Abs. [0084] Bezug und zwar nur, um zu beschreiben, dass dort die Spenderöffnung angeordnet ist, um – aufgrund der Schwerkraft – ein „Nachrutschen“ des Papiers zu gewährleisten und dem Nutzer einen einfachen Zugang zu dem im Spender befindlichen Papiermaterial zu ermöglichen. Bei der so bezeichneten „unteren Fläche des Spenders“ handelt es sich zugleich um eine „Seitenfläche“ im Sinne von Merkmal 2.1.3.
    Ob die „Seitenflächen“ sich aus der Sicht des vor dem Dispenser stehenden Benutzers unten, oben, links oder rechts von der Frontseite befinden, ist für die erfindungsgemäße Lehre ohne Belang und findet im Anspruch keine Erwähnung. Es ist auch weder dargetan noch sonst ersichtlich, dass die Festigkeit der Fuge dadurch beeinflusst wird, ob diese in horizontaler oder in vertikaler Richtung über das Spenderteil verläuft. Auch für die spritztechnische Herstellung ist die Positionierung der jeweiligen „Seitenfläche“ im eingebauten Endzustand ohne Relevanz (vgl. hierzu auch: BPatGU S. 12).
  27. d)
    Dass die in der Klagepatentschrift aufgeführten Ausführungsbeispiele, insbesondere also die Figuren 13 bis 15, sämtlich eine Ausgestaltung des Spendergehäuses zeigen, bei der die beiden Komponententeile übereinander angeordnet sind und die Fuge deshalb horizontal über das Spenderteil verläuft, führt nicht zu einem anderen Verständnis. Denn die in der Klagepatentschrift wiedergegebenen Ausführungsbeispiele dienen lediglich der Beschreibung von Möglichkeiten zur Verwirklichung des Erfindungsgedankens und erlauben daher grundsätzlich keine einschränkende Auslegung des die Erfindung allgemein kennzeichnenden Patentanspruchs (BGH, GRUR 2004, 1023, 1024 – Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung; GRUR 2007 Rn. 21 – Ziehmaschinenzug-einheit; GRUR 2008, 779 Rn. 34 – Mehrgangnabe; Senat, Urt. v. 08.04.2021 – I-2 U 3/20, GRUR-RS 2021, 8024 Rn. 49 – Halterahmen). Weder der Wortlaut des Anspruchs noch funktionale Aspekte erfordern eine einschränkende Auslegung des Anspruchs auf lediglich zwei „Seitenflächen“, die aus der Sicht des Benutzers links und rechts von der „vorderen Fläche“ angeordnet sind.
    Die Klagepatentschrift stellt dies in Abs. [0102] auch ausdrücklich klar. Dort heißt es:
    „The invention is not limited to the above examples, but may be varied freely within the scope of the appendes claims. (…) Also, the examples describe a single seam extending horizontally or at an angle across the front surface of the dispenser part. Alternative solutions may comprise one or more seams arranged vertically or to enclose a single corner. The seam need not only be located along a straight line, as described above, but can also be given a curved, way or an irregularly shaped line.“
  28. In deutscher Übersetzung:
    „Die Erfindung ist nicht auf die obigen Beispiele beschränkt, sondern ist im Rahmen der angehängten Ansprüche frei veränderbar. (…) Auch beschreiben die Beispiele eine einzige Fuge, die sich horizontal oder im rechten Winkel über die vordere Fläche des Spenderteils erstreckt. Alternative Lösungen können eine oder mehrere Fugen umfassen, die vertikal oder so angeordnet sind, dass sie eine einzelne Ecke umschließen. Die Fuge braucht nicht nur entlang einer geraden Linie angeordnet zu sein, wie oben beschrieben, sondern ihr kann auch eine gekrümmte, gewellte oder unregelmäßig geformte Linie zugewiesen werden.“
  29. Um die erstrebte verbesserte Festigkeit der Fuge zu erreichen, muss diese sich erfindungsgemäß von einer Seitenkante einer ersten Seitenfläche des Spenderteils zu einer Seitenkante einer zweiten Seitenfläche des Spenderteils erstrecken; in welcher Form und in welcher Richtung – insbesondere also horizontal oder vertikal – sie zwischen den beiden Seitenkanten verläuft, ist demgegenüber unerheblich.
  30. e)
    Aus den im Nichtigkeitsverfahren ergangenen Urteilen des BPatG und des BGH ergibt sich kein anderes Verständnis des Merkmals 2.1.3 . Soweit das BPatG in seinem Urteil vom 15.10.2019 die „vordere Fläche“ und „zwei Seitenflächen“ in Bezug nimmt (BPatGU S. 9), ist dem nicht zu entnehmen, dass das anspruchsgemäße Spenderteil nach Auffassung des BPatG nur zwei Seitenflächen aufweist. Vielmehr geht es dem BPatG an dieser Stelle erkennbar um die Abgrenzung der Ebene der „Front-Oberfläche“ zu den Ebenen der „Seitenflächen“. Das BPatG bezeichnet dies als „relative Positionsbeziehung“. In ganz ähnlicher Weise nähert sich auch der BGH in seinem Urteil vom 07.12.2021 dem Begriff der „Seitenflächen“. In Rn. 22 seines Urteils formuliert er, dass die „Seitenflächen zumindest in wesentlichen Teilen in einer Ebene verlaufen [müssen], die von der hauptsächlichen Ebene der vorderen Fläche abweicht“. Wenn an anderer Stelle (BGHU Rn. 27) festgestellt wird, „dass die Komponententeile auch weitere Flächen aufweisen können, etwa eine obere Fläche, wie sie in allen drei Ausführungsbeispielen für das obere Komponententeil dargestellt ist“, schließt dies nicht aus, dass die „obere Fläche“ zugleich eine anspruchsgemäße „Seitenfläche“ im Sinne des Merkmals 2.1.3 ist. Die Klagepatentschrift selbst verwendet den Begriff der „oberen Fläche“ in der Beschreibung der Figuren 13 bis 15 gerade nicht (vgl. Abs. [0083] bis [0085]).
  31. f)
    Einen Widerspruch zu den Äußerungen der Klägerin im Erteilungsverfahren vermag der Senat ebenfalls nicht zu erkennen. Soweit die Beklagte sich auf eine Eingabe der Klägerin vom 27.02.2015 (vorgelegt als Anlage B 9) bezieht, stellt die Klägerin dort lediglich fest, dass die „ersten und zweiten Seitenkanten des Komponententeils die Seitenkanten des Spenderteils sind, die die Komponententeile verbinden“. Wenn die Klägerin in diesem Zusammenhang auf die Figuren der Klagepatentschrift Bezug nimmt, grenzt sie nicht etwa „Ober- und Unterflächen“ von den „Seitenflächen“ ab, sondern macht sie deutlich, dass Front-, Seiten- und Verbindungsflächen voneinander zu unterscheiden sind. Eben dies findet sich im Wortlaut des Patentanspruchs 1 des Klagepatents wieder (Merkmalsgruppe 2.1).
  32. 2.
    Gemäß Merkmal 3 ist das Spenderteil abnehmbar (lösbar) mit einem hinteren Spenderabschnitt verbunden, um das Spendergehäuse auszubilden. Dieses Merkmal erfasst nicht nur Ausgestaltungen, bei denen das Spenderteil vollständig von dem hinteren Spenderabschnitt entfernt werden kann, sondern auch solche, bei denen die Verbindung zwischen dem Spenderteil und dem hinteren Spenderabschnitt zumindest soweit gelöst werden kann, dass ein (Nach-) Befüllen des Spenders ermöglicht wird.
  33. a)
    In der gem. Art. 70 Abs. 1 EPÜ maßgeblichen Verfahrenssprache lautet Merkmal 3 wie folgt: “..the dispenser part is detachably joined to a rear dispenser section, in order to form the dispenser housing“.
    Das Spenderteil ist hiernach mit dem hinteren Spenderabschnitt verbunden („joined“), um das Spenderhäuse auszubilden. Das Spendergehäuse besteht neben dem Spenderteil aus dem hinteren Spenderabschnitt, der gemäß Merkmal 4 so ausgestaltet ist, dass er an einer vertikalen Wand montiert werden kann. Die Verbindung zwischen dem Spenderteil und dem hinteren Spenderabschnitt wird im Patentanspruch als „detachably” beschrieben. In der in der Klagepatentschrift wiedergegeben deutschen Übersetzung des Patentanspruchs 1 ist die englische Formulierung „detachably joined“ mit „abnehmbar verbunden“ ins Deutsche übersetzt. Die Wortkombination „detachably joined“ lässt sich allerdings auch mit „lösbar verbunden“ ins Deutsche übersetzen. Dementsprechend wird die englische Wendung „detachably joined“ in der von der Klägerin als Anlage K 1a vorgelegten deutschen Übersetzung der Klagepatentschrift im Beschreibungsteil auch mit „lösbar verbunden“ übersetzt. Welche Übersetzung im vorliegenden Fall die passende bzw. exakteste ist, bedarf keiner abschließenden Klärung. Denn es ist nicht erkennbar, dass sich aus der einen oder anderen Übersetzung ein anderer sachlicher Gehalt des Merkmals 3 ergibt. Nachfolgend werden deshalb die Begriffe bzw. Formulierungen „abnehmbar verbunden“ und „lösbar verbunden“ synonym verwendet.
    Der in Rede stehende Begriff „detachably” bzw. „detachably joined“ wird in der Patentschrift nicht ausdrücklich definiert. In den Absätzen [0083], [0084] und [0085] der besonderen Patentbeschreibung heißt es jeweils nur, dass das Spenderteil „abnehmbar“ bzw. „lösbar“ („detachably“) mit einem hinteren Spenderabschnitt (96) verbunden ist, um ein Spendergehäuse zu bilden. Dort wird damit nur der Wortlaut des Merkmals 3 wiederholt.
    Nach dem allgemeinen Sprachverständnis deutet der Begriff „abnehmbar“ darauf hin, dass das Spenderteil von dem hinteren Spenderabschnitt „abgenommen“ werden kann, was auf den ersten Blick nahelegen könnte, dass das Spenderteil von dem hinteren Spenderabschnitt entfernt bzw. abgetrennt werden kann. Eindeutig ergibt sich dies indes aus dem Anspruchswortlaut nicht. Denn dieser trifft keine Aussage dazu, ob die „Abnahme“ auch voraussetzt, dass das Spenderteil von dem hinteren Spenderabschnitt vollständig „abgenommen“ werden kann.
  34. b)
    Darüber hinaus bleibt der Fachmann an diesem Punkt nicht stehen. Selbst dann, wenn der Wortlaut des Patentanspruchs nach dem allgemeinen Sprachgebrauch oder dem Fachverständnis eindeutig zu sein scheint, ist stets eine Auslegung des Patentanspruchs geboten, in der es den technischen Sinngehalt des Patentanspruchs zu ermitteln gilt.
    Maßgeblich für den Wortsinn eines Anspruchs ist nämlich der technische Sinn der verwendeten Begriffe, der unter Berücksichtigung von Aufgabe und Lösung, wie sie sich objektiv aus dem Patent ergeben, zu bestimmen ist (vgl. BGH, GRUR 1999, 909 – Spannschraube; GRUR 2016, 169 Rn. 16 – Luftkappensystem; GRUR 2009, 655 – Trägerplatte; GRUR 2020, 159 Rn. 18 – Lenkergetriebe; OLG Düsseldorf, Urt. v. 29.04.2021 – I-15 U 4/20, GRUR-RS 2021, 16129 Rn. 70 – Endoskopievorrichtung, m.w.N.). Bei der Auslegung eines patentgemäßen Begriffs kommt es deshalb nicht auf das allgemeine Sprachverständnis an (vgl. z.B. OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.12.2019 – I-15 U 97/16, GRUR-RS 2019, 54492 Rn. 39 – Einrichtung zum Installieren von Versorgungsleitungen; Urt. v. 29.04.2021 – I-15 U 4/20, GRUR-RS 2021, 16129 Rn. 70 – Endoskopievorrichtung; Urt. v. 24.05.2024 – I-2 U 67/23, GRUR-RS 2024, 16189 Rn. 63 – Kinderreisesitz). Es stellt vielmehr einen festen Grundsatz der Patentauslegung dar, dass jede Patentschrift ihr eigenes Lexikon für die in ihr gebrauchten Begrifflichkeiten darstellt und deswegen nur unter Heranziehung der Beschreibung und Zeichnungen Aufschluss darüber gewonnen werden kann, was der Anspruch mit einer bestimmten Formulierung meint. Das Auslegungsgebot gilt dabei generell und somit auch für Begriffe, die von der Formulierung her scheinbar eindeutig sind (BGH, GRUR 2015, 875 Rn. 16 – Rotorelemente, m.w.N.; GRUR 2021, 942 Rn. 21 – Anhängerkupplung II). In Anbetracht der lexikalischen Bedeutung jeder Patentschrift verbietet es sich, die Merkmale eines Patentanspruchs anhand der Definition in Fachbüchern oder nach dem allgemeinen Sprachverständnis auszulegen; vielmehr müssen sie aus der Patentschrift selbst heraus verstanden werden (BGH, GRUR 1999, 909 – Spannschraube; GRUR 2005, 754 – werkstoffeinstückig; GRUR 2015, 868 Rn. 26 – Polymerschaum II; GRUR 2015, 875 Rn. 16 – Rotorelemente; GRUR 2015, 972 Rn. 22 – Kreuzgestänge; GRUR 2015, 1095 Rn. 13 – Bitdatenreduktion; GRUR 2016, 1031 Rn. 13 – Wärmetauscher; GRUR 2016, 361 Rn. 14 – Fugenband; GRUR 2021, 942 Rn. 22 – Anhängerkupplung II; Senat, Urt. v. 29.02.2024 – I-2 U 6/20, GRUR-RS 2024, 7537 Rn. 55 – Rohrbearbeitungsvorrichtung; Urt. v. 16.05.2024 – 2 U 70/23, GRUR-RS 2024, 12508 Rn. 73 – Rotorelemente). Handelt es sich bei dem in Rede stehenden Begriff um einen Begriff oder Ausdruck, der in dem betreffenden Fachgebiet gebräuchlich und mit einem bestimmten Inhalt versehen ist, darf deshalb nicht unbesehen dieser nach dem allgemeinen oder üblichen fachlichen Sprachgebrauch gegebene Inhalt zugrunde gelegt werden. Es ist vielmehr stets die Möglichkeit in Rechnung zu stellen, dass das Patent den Ausdruck gerade nicht in diesem geläufigen, sondern in einem davon abweichenden (z.B. weitergehenden) Sinne verwendet (Senat, Urt. v. 24.05.2024 – I-2 U 67/23, GRUR-RS 2024, 16189 Rn. 63 – Kinderreisesitz, m.w.N.). Ein eigenes Begriffsverständnis kommt hierbei nicht nur dann in Betracht, wenn der Beschreibungstext (z.B. durch eine Legaldefinition) explizit deutlich macht, dass ein bestimmter Begriff des Patentanspruchs in einem ganz bestimmten, sich vom Üblichen unterscheidenden Sinne verstanden wird, sondern auch dann, wenn sich ein solches Verständnis aus der grundsätzlich gebotenen funktionsorientierten Auslegung ergibt (OLG Düsseldorf, Urt. v. 27.10.2011 – I-2 U 3/11, GRUR-RS 2011, 26945 Rn. 16 – Wärmedämmelement; Urt. v. 14.01.2016 – I-2 U 77/14, GRUR-RS 2016, 03043 Rn. 44 – Kontrollsystem; Urt. v. 17.08.2023 – I-15 U 39/22, GRUR-RS 2023, 42708 Rn. 75 – Unterbauleiste; Urt. v. 24.05.2024 – I-2 U 67/23, GRUR-RS 2024, 16189 Rn. 64 – Kinderreisesitz). So kann es beispielsweise verfehlt sein, für die Deutung des Patentanspruchs an einem hergebrachten Begriffsverständnis zu haften, wenn dieses zu einer Differenzierung zwischen vom Anspruch erfassten und außerhalb des Patentanspruchs liegenden Ausführungsformen führt, die angesichts des technischen Inhalts der Erfindung unangebracht ist (OLG Düsseldorf, Urt. v. 14.01.2016 – I-2 U 77/14, GRUR-RS 2016, 03043 Rn. 44 – Kontrollsystem; Urt. v. 17.08.2023 – I-15 U 39/22, GRUR-RS 2023, 42708 Rn. 75 – Unterbauleiste; Urt. v. 24.05.2024 – I-2 U 67/23, GRUR-RS 2024, 16189 Rn. 63 – Kinderreisesitz).
    In Anwendung dieser Grundsätze ist dem Wortsinn von Merkmal 3 nicht das Erfordernis einer vollständigen Abtrennbarkeit des Spenderteils von dem hinteren Spenderabschnitt zu entnehmen.
    Die Funktion bzw. der Zweck der abnehmbaren Verbindung besteht offensichtlich darin, ein (regelmäßiges) Nachfüllen des Spenderinhalts zu ermöglichen (vgl. auch BPatGU, S. 13; ebenso: BPatG, Urt. v. 12.11.2020 – 5 Ni 22/18, S. 21, zum EP 2 310 XXX). Darauf weist die Klagepatentschrift zwar nicht ausdrücklich hin. Diese Funktion liegt für den Fachmann aber auf der Hand, weshalb sie keiner Erwähnung in der Patentschrift bedarf. Denn gemäß Merkmal 1.1 ist das anspruchsgemäße Spendergehäuse bestimmt für einen Spender, der für einen Stapel von Papiertüchern oder eine Papierrolle vorgesehen ist. Bei der Angabe „für einen Spender …, der für einen Stapel von Papiertüchern oder eine Papierrolle vorgesehen ist“ handelt es sich um eine Zweckangabe. Zweck- und Funktionsangaben in einem Sachanspruch definieren den durch das Patent geschützten Gegenstand regelmäßig dahin, neben der Erfüllung der weiteren räumlich-körperlichen Merkmale auch so ausgebildet zu sein, dass er für den im Patentanspruch angegebenen Zweck verwendet werden oder die angegebene Funktion erfüllen kann (st. Rspr., vgl. nur BGH, GRUR 2018, 1128 Rn. 12 – Gurtstraffer; GRUR 2020, 961 Rn. 31 – FRAND-Einwand; GRUR 2021, 462 Rn. 49 – Fensterflügel; Urt. v. 07.09.2021 – X ZR 77/19, GRUR-RS 2021, 30741 Rn. 13 – Laserablationsvorrichtung; GRUR 2022, 982 Rn. 51 – SRS-Zuordnung; GRUR 2023, 246 Rn. 29 – Verbindungsleitung; Urt. v. 12.12.2023 – X ZR 127/21, GRUR-RS 2023, 46125 Rn. 27 – Trägerelement). Dies bedeutet im Streitfall, dass das Spendergehäuse so ausgebildet sein muss, dass es einen Stapel von Papiertüchern oder eine Papierrolle aufnehmen und ein in dem Gehäuse bevorratetes Papiertuch/Papier von einem Nutzer entnommen werden kann. Im Hinblick auf die übliche Verwendung eines Papierspenders, der z.B. in Toiletten oder Restaurants zum Einsatz kommt (vgl. Abs. [0006]), muss das Spendergehäuse darüber hinaus so ausgebildet sein, dass ein regelmäßiges Nachfüllen von Papiertüchern oder Papierrollen, z.B. durch eine Reinigungskraft, möglich ist.
    Um ein regelmäßiges Nachfüllen des Spenders mit solchem Verbrauchsmaterial zu ermöglichen, ist es „nur“ erforderlich, die im Patentanspruch vorgesehene Verbindung zwischen dem Spenderteil und dem hinteren Spenderabschnitt, durch die das Spendergehäuse ausgebildet wird, soweit (partiell) zu „lösen“, dass das Gehäuse zum Zwecke einer Beschickung des Spenders mit Papiermaterial geöffnet werden kann. Dies kann, wie der Fachmann unschwer erkennt, sowohl  durch eine vollständige Abnahme des Spenderteils von dem hinteren Spenderabschnitt als auch durch ein Verschwenken des Spenderteils gegenüber dem hinteren Spenderabschnitt um 90 bis 180° nach vorne – zum Nutzer hin – bewerkstelligt werden. Einer vollständigen Abnahme des Spenderteils von dem hinteren Spenderabschnitt bedarf es zur Erfüllung der der „abnehmbaren Verbindung“ zugedachten Funktion mithin nicht.
    Dass es dem Klagepatent zur Erfüllung der vorgenannten Funktion gerade auf eine vollständige Abtrennbarkeit des Spenderteils von dem hinteren Spenderabschnitt ankommt, lässt sich der Klagepatentschrift nicht entnehmen.
    Aus der Beschreibung und Darstellung bevorzugter Ausführungsformen der Erfindung ergibt sich in dieser Hinsicht nichts. So kann der Fachmann insbesondere den Figuren 13 bis 15, die das patentgemäße Spendergehäuse im Ganzen zeigen, nicht entnehmen, wie die „abnehmbare“ Verbindung des Spenderteils mit dem hinteren Spenderabschnitt bei den in diesen Figuren gezeigten Ausführungsbeispielen konstruktiv bewerkstelligt ist. Die genannten Figuren, die nachfolgend eingeblendet werden, lassen allesamt konstruktive Einzelheiten der gewählten Verbindung von Spenderteil und hinterem Spenderabschnitt nicht erkennen.
  35. Auch in den zugehörigen Beschreibungsstellen (Abs. [0083] bis [0085]) wird die „lösbare Verbindung“ in konstruktiver Hinsicht nicht genauer beschrieben. Dass das Spenderteil von dem hinteren Spenderabschnitt vollständig abnehmbar sein muss, lässt sich mithin weder den Zeichnungen noch den diese betreffenden Beschreibungspassagen entnehmen.
    Soweit das Landgericht auf eine Verwendung der Spendergehäuse in engen Toilettenkabinen abstellt und argumentiert, dass es in solchen beengten Verhältnissen vorteilhaft sein könne, das Spenderteil vollständig abnehmen und zur Seite legen zu können, kann es unter bestimmten Umständen ebenso als vorteilhaft erachtet werden, wenn das Spenderteil im geöffneten Zustand des Spendergehäuses am hinteren Spenderabschnitt gehalten wird, weil dann keine Ablagemöglichkeit für das Spenderteil gesucht werden muss und mit der freien Hand unmittelbar das Papiermaterial nachgefüllt werden kann. Das Klagepatent geht auf solche Aspekte nicht ein. In der Klagepatentschrift, in der nicht einmal die Zielsetzung der von Merkmal 3 gelehrten „abnehmbaren Verbindung“ des Spenderteils mit dem hinteren Spenderabschnitt (Nachfüllbarkeit von Papiermaterial) thematisiert wird, werden keine Vor-
    oder Nachteile in Bezug auf die Verbindung des Spenderteils und des hinteren Spenderabschnitts zur Ausbildung des Spendergehäuses erwähnt. Es fehlt vielmehr jegliche Auseinandersetzung mit dieser Thematik, weshalb der Klagepatentschrift auch nicht entnommen werden kann, dass sich das Klagepatent – aus bestimmten funktionalen Gründen – für eine bestimmte Verbindungsmöglichkeit, nämlich eine solche, die eine vollständige Trennung des Spenderteils vom hinteren Spenderabschnitt ermöglicht, entschieden hat.
  36. c)
    Die gebotene funktionale Betrachtung (vgl. BGH, GRUR 2024, 1523 – Waage; GRUR 2024, 1515 Rn. 35 – Stereofotogrammetrie; Senat, Urt. v. 24.05.2024 – I-2 U 67/23, GRUR-RS 2024, 16189 Rn. 64 – Kinderreisesitzbasis, m.w.N.) darf zwar bei räumlich-körperlich definierten Merkmalen nicht dazu führen, dass ihr Inhalt auf die bloße Funktion reduziert und das Merkmal in einem Sinne interpretiert wird, der mit der räumlich-körperlichen Ausgestaltung, wie sie dem Merkmal eigen ist, nicht mehr in Übereinstimmung steht (BGH, GRUR 2016, 921 Rn. 30 ff. – Pemetrexed; Senat, Urt. v. 26.11.2020 – I-2 U 65/19, GRUR-RS 2020, 37856 Rn. 69 – Trägerplatte; Urt. v. 04.04.2024 – I-2 U 72/23, GRUR-RS 2024, 7750 Rn. 58 – Spanabhebendes Werkzeug). Dies setzt allerdings voraus, dass einem Begriff, der im Patentanspruch zur Beschreibung der räumlich-körperlichen Ausgestaltung des Erfindungsgegenstandes verwendet wird, eine so eindeutige Bedeutung bzw. ein so eindeutiger Inhalt zukommt, dass jegliche Ausgestaltung, die hiervon abweicht – auch dann, wenn sie ebenfalls zur Erfüllung der technischen Funktion des Merkmals geeignet ist – als nicht dem Wortsinn entsprechend anzusehen ist.
    Dies ist hier im Hinblick auf Merkmal 3 nicht der Fall. Die dort geforderte „Abnehmbarkeit“ („Lösbarkeit“) betrifft nicht das Spenderteil und den hinteren Spenderabschnitt als solche. Vielmehr wird allein die Verbindung der beiden Bauteile als „abnehmbar“ bzw. „lösbar“ („detachably“) bezeichnet, ohne dabei ausdrücklich auszusprechen, dass hierdurch die Verbindung beider Bauteile miteinander vollständig aufhebbar sein soll. Aus dem Anspruchswortlaut ergeben sich vielmehr zwei Zustände: In dem einen Zustand soll die Verbindung bestehen, um das geschlossene Spendergehäuse auszubilden, in dem anderen Zustand soll die Verbindung „abgenommen“ bzw. „gelöst“ werden, um das Spendergehäuse zu öffnen. Letzteres schließt die Möglichkeit ein, dass die Verbindung nur partiell „abgenommen“ bzw. „gelöst“ wird. Dies kann z.B. durch das Lösen einer Verrastung erfolgen, die in der Folge das Verschwenken des Spenderteils um ein Scharnier zum Öffnen des Gehäuses ermöglicht. Auch auf diese Weise wird die zuvor bei geschlossenem Gehäuse bestehende vollständige Verbindung zwischen dem Spenderteil und dem hinteren Spenderabschnitt „gelöst“ und in eine nur noch partielle Verbindung beider Bauteile überführt, die ein Öffnen des Spendergehäuses ermöglicht.
  37. d)
    Aus den Angaben in Abs. [0005] der Patentschrift lässt sich entgegen der Auffassung der Beklagten und des Landgerichts nicht ableiten, dass die „abnehmbare“ Verbindung gemäß Merkmal 3 eine vollständige Abtrennbarkeit des Spenderteils von dem hinterem Spenderabschnitt verlangt.
    Die Klagepatentschrift führt in Abs. [0005] aus, dass aus der US 2007/0234XXX XX (Anlage B 4) ein Spender bekannt ist, bei dem das Spenderteil verschwenkbar mit einem hinteren Spenderteil verbunden ist. Außerdem erwähnt sie die US 2007/011XXX XX (Anlage B 3), bei der das Spenderteil vollständig von dem hinteren Spenderabschnitt entfernt werden kann. Zum Verdeutlichung dieses Standes der Technik werden nachfolgend die Figuren 1 der USʼ 868 und der USʼ 246 wiedergegeben:
  38. Im Hinblick auf die in der USʼ 868 gezeigte (verschwenkbare) Verbindung zwischen dem Spenderteil und dem hinteren Spenderabschnitt verwendet die Klagepatentschrift den Begriff „pivotably joined“, betreffend die in der USʼ 246 gezeigten Verbindung zwischen dem Spenderteil und der Aufhängung, die eine vollständige Trennung beider Bauteile voneinander ermöglicht, spricht sie von „detachably joined“. In Abs. [0005] heißt es insoweit:
    „Additionally, such dispensers may be attached to a wall in order to improve user friendliness during handling. US2007234XXX XX relates to a dispenser housing for a stack of paper towels or a roll of paper, wherein a dispenser part is pivotably joined to a rear dispenser section, in order to form the dispenser housing, wherein the rear dispenser section is arranged to be mounted on a vertical wall. On the other hand US200711XXX XX relates to a dispenser housing for dispensing a fluid for use in a shower, wherein a dispenser part is detachably joined to a rear dispenser section, in order to form the dispenser housing, wherein the rear dispenser section is arranged to be mounted on a vertical wall.“
    In deutscher Übersetzung:
    „Die US 2007234XXX XX betrifft ein Spendergehäuse für einen Stapel Papierhandtücher oder eine Papierrolle, wobei ein Spenderteil verschwenkbar mit einem hinteren Spenderabschnitt verbunden ist, um das Spendergehäuse auszubilden, wobei der hintere Spenderabschnitt zum Anbringen an einer vertikalen Wand ausgestaltet ist. Andererseits betrifft die US 200711XXX XX ein Spendergehäuse zum Ausgeben eines Fluids zur Verwendung in einer Dusche, wobei ein Spenderteil lösbar mit einem hinteren Spenderabschnitt verbunden ist, um das Spendergehäuse auszubilden, und wobei der hintere Spenderabschnitt zur Anbringung an einer vertikalen Wand ausgestaltet ist.“
  39. Allein daraus, dass der Anspruchswortlaut die Begrifflichkeit „detachably joined“ aufgreift, welche die Klagepatentschrift im Zusammenhang mit der USʼ 246 verwendet, lässt sich nicht folgern, dass sich das Klagepatent durch die Art der Verbindung zwischen dem Spenderteil und dem hinteren Spenderabschnitt von der US‘ 868 abgrenzen will und eine Ausgestaltung, bei der das Spenderteil verschwenkbar mit dem hinteren Spenderabschnitt verbunden ist, von der technischen Lehre des Klagepatents nicht umfasst sein soll. Die Klagepatentschrift verweist in Abs. [0005] vielmehr lediglich auf die Möglichkeit, die Benutzerfreundlichkeit des Spenders während der Handhabung zu verbessern, indem das erfindungsgemäße Spendergehäuse mittels eines hinteren Spenderabschnitts an einer vertikalen Wand montiert werden kann. Im Anschluss werden für unterschiedliche Anwendungsgebiete – nämlich Papierspender und Spender für Flüssigkeiten wie Seife etc. – verschiedene Befestigungsmöglichkeiten des Spenderteils am hinteren Spenderabschnitt vorgestellt. Hätte das Klagepatent den aus der US‘ 868 bekannten Begriff der „verschwenkbaren Verbindung“ („pivotably joined“) im Patentanspruch aufgegriffen, wäre sein Schutzbereich auf verschwenkbare Verbindungen zwischen dem Spenderteil und dem hinteren Spenderabschnitt beschränkt gewesen. Der von der Klagepatentschrift in Bezug auf die US‘ 246 verwendete Begriff der „abnehmbaren Verbindung“ („detachably joined“) ist seinem Wortlaut nach aus den bereits angeführten Gründen weiter. Mit ihm lassen sich prinzipiell beide in Abs. [0005] angesprochene Ausgestaltungen erfassen. Dass das Klagepatent durch die gewählte Anspruchsformulierung seinen Schutzbereich auf Ausgestaltungen beschränken wollte, bei denen – wie in Figur 1 der US‘ 246 gezeigt – das Spenderteil vollständig von dem hinteren Spenderabschnitt abgenommen werden kann, lässt sich der Klagepatentschrift nicht entnehmen. Denn sie formuliert weder einen (positiven) Hinweis zur (identischen) Übernahme der konstruktiven Ausgestaltung des Spendergehäuses der US‘ 246, noch übt sie Kritik an der in der US‘ 868 offenbarten verschwenkbaren Verbindung von Spenderteil und hinterem Spenderabschnitt. Letzteres wäre im Falle einer „Auswahlentscheidung“ aber insbesondere deshalb zu erwarten gewesen, weil die US‘ 868 Spender für Papiermaterial und damit gerade den Anwendungsbereich betrifft, in dem sich auch die klagepatentgemäße Lehre bewegt. Die in den Figuren 13 bis 15 der Klagepatentschrift dargestellten Ausführungsformen weisen dementsprechend eine weitaus größere Ähnlichkeit zu der Gehäuseform des in Figur 1 der US‘ 868 gezeigten Spenders als zu der Gehäuseform des in der US‘ 246 gezeigten Spenders auf. Mit der Darstellung des Standes der Technik gemäß der US‘ 246 und der Übernahme des dort verwendeten Begriffs „detachably joined“ im Anspruchswortlaut macht das Klagepatent vor diesem Hintergrund aus Sicht des Fachmanns nur deutlich, dass auch Verbindungen zwischen dem Spenderteil und dem hinteren Spenderabschnitt unter den Patentanspruch 1 fallen, die nicht – wie für Papierspender üblich – eine Verschwenkung des Spenderteils mittels Scharnieren vorsehen.
    Sind jedenfalls mehrere Deutungen eines für die Beschreibung einer räumlich-körperlichen Ausgestaltung des Erfindungsgegenstandes verwendeten Begriffes möglich, wäre es verfehlt, für die Deutung des Patentanspruchs an einem (engen) Begriffsverständnis zu haften, wenn dieses zu einer Differenzierung zwischen vom Anspruch erfassten und außerhalb des Patentanspruchs liegenden Ausführungsformen führt, die angesichts des technischen Inhalts der Erfindung unangebracht ist. So verhält es sich hier. Nachdem das der klagepatentgemäßen Erfindung zugrundeliegende technische Problem darin besteht, die Festigkeit der zwischen den beiden Komponententeilen gebildeten Fuge und damit die Festigkeit der Verbindung zwischen diesen beiden Komponententeilen zu verbessern (vgl. Abs. [0006]), wäre es gänzlich unangebracht, für die Deutung des Merkmals 3, das mit der Lösung dieses Problems in keinem unmittelbaren Zusammenhang steht, an einem engen Verständnis des Begriffs „abnehmbar verbunden“ zu haften, das im Ergebnis dazu führen würde, dass Spendergehäuse, die eine solche erfindungsgemäße Fuge aufweisen, nur deshalb nicht unter den Patentanspruch 1 des Klagepatents fallen, weil sie eine (nur) verschwenkbare Verbindung zwischen dem Spenderteil und dem hinteren Spenderabschnitt aufweisen, obgleich sie ebenfalls ein Befüllen des Spenders mit Papiermaterial ermöglichen.
  40. e)
    Die von der Beklagten angeführten Äußerungen der Klägerin im Erteilungsverfahren geben keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung.
    Bei der Erteilungsakte handelt es sich von vornherein um kein zulässiges Auslegungsmaterial, weil sie in Art. 64 EPÜ nicht erwähnt und auch nicht allgemein veröffentlicht ist (vgl. BGH, GRUR 2002, 511, 513 f. – Kunststoffrohrteil; GRUR 2010, 602 Rn. 33 – Gelenkanordnung; GRUR 2016, 257 Rn. 36 – Glasfasern II; OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2014, 185, 196 – WC-Sitzgelenk; Urt. v. 07.04.2016 – I-2 U 79/13, GRUR-RS 2016, 11229 Rn. 59 – Messsensoren; Urt. v. 20.07.2017 – I-15 U 61/16, GRUR-RS 2017, 125984 Rn. 64 – Bauteilverbindungsvorrichtung; Urt. v. 01.02.2018 – I-2 U 33/15, GRUR-RS 2018, 11286 Rn. 86 – Polysiliziumschicht; GRUR-RR 2020, 137 Rn. 123 ff. – Bakterienkultivierung; Urt. v. 29.04.2021 – I-15 U 4/20, GRUR-RS 2021, 16129 Rn. 123 – Endoskopievorrichtung; GRUR-RR 2023, 101 Rn. 60 – elektrohydraulisches Pressgerät). Allenfalls kann die Erteilungsakte Anhaltspunkte dafür geben, was ein bestimmter Begriff der Patentschrift besagt. Insofern können Äußerungen des Patentinhabers während des Erteilungsverfahrens ein Indiz dafür sein, wie der Fachmann das betreffende Merkmal begreift (vgl. BGH, NJW 1997, 3377, 3380 – Weichvorrichtung II; GRUR 2016, 921 Rn. 39 – Pemetrexed; Urt. v. 17.12.2020 – X ZR 15/19, GRUR-RS 2020, 42976 Rn. 26 – L-Aminosäureproduktion; Senat, GRUR-RR 2023, 101 Rn. 60 – elektrohydraulisches Pressgerät; Urt. v. 24.05.2024 – I-2 U 67/23, GRUR-RS 2024, 16189 Rn. 93 – Kinderreisesitzbasis; Urt. v. 04.07.2024 – I-2 U 30/20, GRUR-RS 2024, 19029 Rn. 126 – Solarzelle, m.w.N.).
    Die von der Beklagten in Bezug genommenen Äußerungen der Klägerin im Erteilungsverfahren lassen entsprechende (eindeutige) Schlüsse jedoch nicht zu. Insbesondere lässt sich der als Anlage B 15 / B 39 vorgelegten Eingabe der Klägerin vom 27.02.2015 keine einschränkende Auslegung des Merkmals 3 entnehmen. Soweit die Klägerin darin die Einfügung des Worts „detachably“ in den Wortlaut des Anspruchs erläutert, verweist sie darauf, dass dies die Beschreibung der Figuren 13 bis 15 widerspiegeln soll („ … to reflect the description of figures 13-15“). Diese lassen allerdings – wie erläutert – keine konstruktiven Einzelheiten der Verbindung zwischen dem Spenderteil und dem hinteren Spenderabschnitt erkennen, insbesondere zeigen sie keine vollständige Trennbarkeit des Spenderteils von dem hinteren Spenderabschnitt.
    Im Folgenden erläutert die Klägerin die konstruktiven Unterschiede zwischen der D1 (WO 98/02361) und der klagepatentgemäßen Lehre. Die D1, deren Figur 1 nachfolgend wiedergegeben wird, offenbart einen Dispenser, der aus einem Oberteil (Deckel, 48) und einem Unterteil (Sockel, 46) besteht, bei dem das Oberteil vom Unterteil abgehoben werden kann, wobei es immer noch durch ein Verbindungsmittel verschwenkbar verbunden bleibt. Bei dem Verbindungsmittel handelt es sich um ein Scharnier (47), und zwar bevorzugt um einen Schnappverschluss, der integral mit dem Oberteil und dem Unterteil verbunden ist (vgl. Anlage B 25, S. 14, Z. 30 ff.).
  41. Die Klägerin verweist in ihrer Eingabe auf die „vollständig andere Gehäuseform“ der D1 gegenüber einem klagepatentgemäßen Spendergehäuse. Während nämlich die D1 ein rundes Gehäuse mit einem Ober- und einem Unterteil offenbart, bei dem das untere Teil mit Verbrauchsmaterial befüllt wird und das obere Teil zum Entnehmen desselben nach oben aufgeklappt werden kann, schützt das Klagepatent ein Spendergehäuse mit einem Spenderteil, das eine Frontfläche und Seitenflächen aufweist und das mit einem hinteren Spenderabschnitt verbunden ist, der dazu vorgesehen ist, an einer vertikalen Wand montiert zu sein. Anders als bei der Lösung der D1 soll das Spenderteil selbst „abgenommen“ bzw. „gelöst“ werden können. Die Klägerin erläutert, dass diese Möglichkeit gerade durch die von der D1 abweichende konstruktive Ausgestaltung des Spenderteils geschaffen wird („The technical effect of these differences is the possible to create a dispense housing comprising an injection moulded dispenser part being detachably attached to the rear dispenser section in order to form the dispenser housing“). Weiter stellt sie darauf ab, dass hierdurch eine einfachere Befüllbarkeit des Spenders gewährleistet wird („Additionally, by having the dispenser part being detachably joined to a rear dispenser section it allows for an easier refilling of the dispenser.“). Vor diesem Hintergrund erklärt sie sodann, die D1 offenbare keine „abnehmbare Verbindung“ von Spenderteil und hinterem Spenderabschnitt im Sinne der erfindungsgemäßen Lehre („There is no indication in D1 towards that one part of the dispenser is detachably joined to another part of the dispenser.“). Vor dem Hintergrund der zuvor angeführten Unterschiede in der Ausgestaltung der Gehäuseformen muss diese Aussage nicht dahingehend verstanden werden, dass der Klagepatentanspruch 1 generell keine (nur) verschwenkbaren Verbindungen zwischen dem Spenderteil und dem hinteren Spenderabschnitt umfasst, sondern eine vollständige Trennbarkeit beider Bauteile verlangt. Derartiges ist den Äußerungen der Klägerin jedenfalls nicht eindeutig zu entnehmen. Mit dem Verständnis des Merkmals 3 hat sich die Klägerin in ihrer Eingabe im Übrigen nicht näher befasst.
  42. f)
    Schließlich veranlassen auch die im Nichtigkeitsverfahren ergangenen Urteile des Bundespatentgerichts und des Bundesgerichtshofs (Anlagen K13 und K 14) den Senat nicht zu einer anderen Beurteilung.
    Die Entscheidungsgründe einer das Klagepatent aufrechterhaltenen Einspruchsentscheidung oder eines aufrechterhaltenden Nichtigkeitsurteils binden den Verletzungsrichter nicht (vgl. Senat, Urt. v. 09.12.2021 – I-2 U 9/21, GRUR-RS 2021, 39586 Rn. 59 – Halterahmen III, m.w.N.; Urt. v. 29.02.2024 – I-2 U 6/20, GRUR-RS 2024, 7537 Rn. 60 – Rohrbearbeitungsvorrichtung; Urt. v. 24.05.2024 – I-2 U 67/23, GRUR-RS 2024, 16189 Rn. 50 – Kinderreisesitz). Es ist eine Rechtsfrage, wie ein Patent auszulegen ist (st. Rspr.; vgl. nur BVerfG, GRUR-RR 2009, 441, 442; BGH, GRUR 2010, 858 Rn. 15 – Crimpwerkzeug III; GRUR 2015, 868 Rn. 25 – Polymerschaum; GRUR 2015, 972 Rn. 20 – Kreuzgestänge; GRUR 2021, 574 Rn. 32 – Kranarm; Senat, Urt. v. 26.11.2015 – I-2 U 74/14, BeckRS 2016, 15016 Rn. 33, m.w.N.). Die Bestimmung des Sinngehalts eines Patentanspruchs ist demgemäß Rechtserkenntnis und vom Verletzungsgericht eigenverantwortlich vorzunehmen (BGH, GRUR 2015, 972 Rn. 20 – Kreuzgestänge, m.w.N; Senat, Urt. v. 29.02.2024 – I-2 U 6/20, GRUR-RS 2024, 7537 Rn. 76 – Rohrbearbeitungsvorrichtung).
    Die vorliegenden Urteile des BPatG und des BGH hat der Senat allerdings als (gewichtige) sachverständige Äußerungen zu würdigen. Sie geben aus seiner Sicht indes keinen Anlass zu einer anderweitigen Auslegung des Patentanspruchs 1. Weder das BPatG noch der BGH gehen im Rahmen der Auslegung des Patentanspruchs 1 näher auf Merkmal 3 ein. Das BPatG befasst sich in Ziffer II.2. seines Urteils vielmehr mit der erfindungsgemäßen „Naht“, der Abgrenzung der Begriffe „vordere Fläche“ und „Seitenfläche“ sowie der räumlich-körperlichen Anordnung der „Naht“ im Verhältnis zu den „Seitenkanten“. In Bezug auf Merkmal 3 findet sich an dieser Stelle hingegen nur ein einziger Satz, der lediglich den Wortlaut des Patentanspruchs wiedergibt:
    „Das zusammengesetzte Spenderteil ist zudem abnehmbar an einem hinteren Spenderabschnitt verbunden, der an einer vertikalen Wand montierbar ausgestaltet ist.“
    Das Urteil des BGH enthält unter Ziffer I.4. ausführliche Ausführungen zur Auslegung des Patentanspruchs 1, die allerdings vordringlich die räumlich-körperliche Ausgestaltung des Spenderteils und der Komponententeile sowie den Verlauf der Naht betreffen. Zu Merkmal 3 findet sich hingegen auch in diesem Urteil im Rahmen des Auslegungsteils nur ein einziger Satz:
    „Ein Gegenstück hierzu [zum Spenderteil] bildet der in den Merkmalen 4 und 5 charakterisierte hintere Spenderabschnitt (96), der die Montage an einer Wand ermöglicht und mit dem das Spenderteil abnehmbar verbunden werden kann.“
    In beiden Urteilen wird das (Teil-)Merkmal der „abnehmbaren Verbindung“ somit nicht näher erläutert. Erst im Hinblick auf den Offenbarungsgehalt der Ni 3 (WO 2006/054XXX XX) und die Frage der Patentfähigkeit des Gegenstands des Klagepatents setzen sich sowohl das BPatG als auch der BGH erneut mit der „abnehmbaren Verbindung“ im Sinne des Merkmals 3 auseinander. Das BPatG führt hierzu in seinem Urteil aus (BPatGU S. 12/13):
    „In Bezug auf das Merkmal 1.8 und die „abnehmbare Verbindung“ des Spenderteils (cover 2) mit dem hinteren Spenderabschnitt (portion 3) sind insbesondere die Ausführungen auf Seite 5 ab Zeile 2 relevant, wonach das Drehgelenk über Schwenkstifte oder sonstige mögliche Befestigungselemente, auch in Form von Vorsprüngen und entsprechenden Ausnehmungen realisiert werden kann. Damit soll der Begriff „Scharnierstruktur“ breit aufgefasst werden und jede Struktur umfassen, die es ermöglicht, die Abdeckungen schwenkbar am Grundkörper zu befestigen (…) Somit sind dem Fachmann alle möglichen Varianten von Drehgelenken offenbart, die grundsätzlich auch „abnehmbare“ Ausführungen mit einschließen. Im Übrigen ist die Zielsetzung einer Trennung des Deckels vom Grundkörper, eine Beschickung des Spenders zu ermöglichen. Das Drehgelenk ermöglicht eine entsprechende „Abnahme“ des Deckels und dient dabei lediglich einer alternativen „Ablage“ im Sinne einer einfacheren Handhabung. Insofern ist auch das Merkmal 1.8 in der Ni 3 offenbart.“
  43. Im Urteil des BGH heißt es (BGHU Rn. 59):
    „In Ni 3 ist zwar nicht ausdrücklich offenbart, dass die Abdeckung (2) nicht nur schwenkbar, sondern auch abnehmbar ist. Aus den Ausführungen, wonach jede Ausgestaltung in Betracht kommt, die ein Schwenken ermöglicht, ergibt sich jedoch hinreichend deutlich, dass auch Scharniere in Betracht kommen, bei denen eines der verschwenkbaren Teile abgenommen werden kann. Dies steht in Einklang mit dem als Alternative angeführten Beispiel, bei dem Vorsprünge am Körper (3) in Vertiefungen in der Abdeckung (2) greifen. Diese Ausgestaltung ermöglicht jedenfalls dann ein Entfernen der Abdeckung, wenn deren Seitenwände eine gewisse Flexibilität aufweisen.“
  44. Soweit den Ausführungen des BPatG und insbesondere des BGH zum Offenbarungsgehalt der Ni 3 zu entnehmen sein sollte, dass eine „abnehmbare“ Verbindung im Sinne des Klagepatentanspruchs 1 mehr erfordert als ein Verschwenken des Spenderteils gegenüber dem hinteren Spenderabschnitt, nämlich die Möglichkeit der vollständigen Entfernung des Spenderteils von dem hinteren Spenderabschnitt, haben sich beide Gerichte mit dem Inhalt des Merkmals 3 nicht explizit auseinandergesetzt. Insbesondere wird die Frage, ob auch (nur) verschwenkbare Verbindungen zwischen dem Spenderteil und dem hinteren Spenderabschnitt, bei denen beide Bauteile nicht vollständig voneinander getrennt werden können, den Vorgaben des Merkmals 3 entsprechen können, nicht erörtert. Auf diese Frage kam es im Rechtsbestandsverfahren auch nicht entscheidend an, weil die entgegengehaltene Ni 3 nach Auffassung des BGH und des BPatG verschwenkbare Verbindungen offenbart, bei denen auch ein vollständiges Abnehmen (Entfernen) des Spenderteils vom hinteren Spenderabschnitt möglich ist. Darüber hinaus klingt jedenfalls im Urteil des BPatG durchaus ein insoweit weiteres Verständnis des Merkmals 3 an, wenn dieses feststellt, dass die Zielsetzung einer Trennung des Deckels vom Grundkörper darin liegt, eine Beschickung des Spenders zu ermöglichen, und weiter ausführt, dass das Drehgelenk – mithin eine verschwenkbare Verbindung – eine entsprechende „Abnahme“ des Deckels ermöglicht. Dies könnte so zu verstehen sein, dass das Merkmal 3 auch nach Auffassung des BPatG nicht notwendig eine vollständige Abnehmbarkeit des Spenderteils vom hinteren Spenderabschnitt voraussetzt.
  45. g)
    Soweit im parallelen italienischen Verletzungsverfahren betreffend den italienischen Teil des Klagepatents der gerichtliche Sachverständige eine – von der hiesigen Auslegung abweichende – einschränkende Auslegung des Merkmals 3 befürwortet (vgl. das als Anlage B 29 / 29a vorgelegte Gutachten), überzeugt das von ihm gefundene Auslegungsergebnis den Senat nicht. Insbesondere erscheint der Wortlaut des Anspruchs dem Senat aus den bereits angeführten Gründen nicht derart eindeutig, dass er zwingend eine gegenüber der grundsätzlich gebotenen funktionsorientierten Betrachtung einschränkende Auslegung des Merkmals 3 erfordern würde. Im parallelen F Verletzungsverfahren betreffend den F Teil des Klagepatents ist das G Gericht offenbar zu demselben Ergebnis gelangt und hat in seinem Urteil vom 15.03.2022 (Anlage K 31) eine Patentbenutzung durch die angegriffenen Ausführungsformen bejaht.
  46. III.
    Ausgehend von der oben erläuterten Lehre des Patentanspruchs 1 des Klagepatents machen die angegriffenen Ausführungsformen von dieser wortsinngemäß Gebrauch. Für die Merkmalsgruppe 1, die Merkmalsgruppe 2.1 sowie die Merkmale 2.2, 2.2.1 und 4 steht dies zwischen den Parteien zu Recht außer Streit und bedarf daher keiner weiteren Erläuterung. Aber auch die Merkmale 2.2.2 und 3 werden von den angegriffenen Ausführungsformen wortsinngemäß verwirklicht.
  47. 1.
    Bei sämtlichen der angegriffenen Ausführungsformen erstreckt sich in wortsinngemäßer Verwirklichung des Merkmals 2.2.2 die Fuge (Naht) in einer geschwungenen Form von einer Seitenkante einer ersten Seitenfläche des Spenderteils zu einer Seitenkante einer zweiten Seitenfläche des Spenderteils. Dass die Fuge aus Sicht des Benutzers, der vor dem montierten Spendergehäuse steht, nicht in waagrechter, sondern in senkrechter Richtung über das Spenderteil verläuft, ist für die Verwirklichung der erfindungsgemäßen Lehre aus den bereits angeführten Gründen unerheblich. Ebenso unerheblich ist, ob die Fuge – wie von der Beklagten angeführt – im Bereich der Spenderöffnung endet und hierdurch ggf. eine geringere Stabilität gegeben ist. Die Fuge ist jedenfalls räumlich-körperlich in anspruchsgemäßer Weise, nämlich durch das Zusammenfügen der jeweiligen Verbindungsflächen der beiden Komponententeile ausgestaltet. Sie erstreckt sich auch von einer Seitenkante einer ersten Seitenfläche des Spenderteils zu einer Seitenkante einer zweiten Seitenfläche des Spenderteils. Im Bereich der Oberseite des Spendergehäuses ist dies offensichtlich. Aber auch an der Unterseite des Spendergehäuses, an der die Spenderöffnung angeordnet ist, verläuft die Fuge bis zur Seitenkante der Seitenfläche des Spenderteils. In sämtlichen Ausführungsformen ist neben der Spenderöffnung noch ein Abschnitt des Spendergehäuses zu erkennen, der zumindest in wesentlichen Teilen in einer Ebene verläuft, die von der hauptsächlichen Ebene der vorderen Fläche abweicht. Dieser Abschnitt bildet die erfindungsgemäße Seitenfläche. An ihrer Seitenkante endet – wie von Merkmal 2.2.2 gefordert – die Fuge, die die beiden Komponententeile verbindet.
  48. 2.
    Merkmal 3 ist ebenfalls wortsinngemäß verwirklicht; die angegriffenen Ausführungsformen weisen sämtlich Spenderteile auf, die im Sinne dieses Merkmals „abnehmbar“ („lösbar“) mit dem hinteren Spenderabschnitt verbunden sind. Die Spenderteile sind unstreitig jeweils verschwenkbar am hinteren Spenderabschnitt befestigt und ermöglichen das regelmäßige Nachfüllen von Papiermaterial im montierten Zustand des Spendergehäuses an einer Wand. Darauf, ob die Spenderteile vollständig von dem hinteren Spenderabschnitt entfernt werden können, kommt es nach der Lehre des Klagepatents nicht an.
  49. IV.
    Aufgrund der Verwirklichung der klagepatentgemäßen Lehre durch die angegriffenen Ausführungsformen stehen der Klägerin die (noch) geltend gemachten Ansprüche gegen die Beklagte zu, Art. 64 EPÜ, §§ 139 ff. PatG, §§ 242, 259 BGB.
  50. 1.
    Da die Beklagte entgegen § 9 Nr. 1 PatG eine patentierte Erfindung benutzt hat, kann die Klägerin sie nach Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 1 PatG auf Unterlassung in Anspruch nehmen.
    Nach den unangegriffenen Feststellungen des Landgerichts im Tatbestand des angefochtenen Urteils hat die Beklagte die angegriffenen Ausführungsformen auf der Messe CMS 2017 ausgestellt. Außerdem bewirbt sie diese hiernach in einem online abrufbaren Produktkatalog. Hierin liegt jeweils ein dem Berechtigten vorbehaltenes Anbieten nach § 9 Nr. 1 PatG.
    Dass sie die angegriffenen Ausführungsformen in Deutschland vertreibt oder zumindest an deren Vertrieb im Inland beteiligt ist, hat die Beklagte im vorliegenden Verfahren ebenfalls nicht in Abrede gestellt. Nach den tatbestandlichen Feststellungen des Landgerichts vertreibt die Beklagte die angegriffenen Ausführungsformen unter der Marke „H“ auch in Deutschland. Einen Tatbestandsberichtigungsantrag hat die Beklagte nicht gestellt und sie hat sich im Berufungsverfahren auch nicht gegen diese Feststellung des Landgerichts gewandt. Zwar hat die Beklagte in dem beim Senat anhängigen Parallelverfahren XXX schriftsätzlich bestritten, die dort von der Klägerin aus dem EP 2 310 XXX angegriffenen Ausführungsformen nach Deutschland zu liefern bzw. diese im Inland selbst zu vertreiben. Sie hat dort behauptet, die angegriffenen Spender würden durch ein Tochternehmen von ihr, der I, nach Deutschland geliefert bzw. an deutsche Kunden vertrieben. Entsprechendes hat die Klägerin im vorliegenden Verfahren jedoch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht geltend gemacht. Darüber hinaus trifft die Beklagte auch eine Verantwortlichkeit für den Vertrieb patentverletzender angegriffener Ausführungsformen durch ihre französische Tochtergesellschaft. Insoweit wird zur weiteren Begründungen auf die diesbezüglichen Ausführungen des Senats in dem ebenfalls am 14.11.2024 verkündeten Urteil in der Parallelsache XXX verwiesen.
    Soweit es im Urteilstenor zu A.I.1. heißt, dass das Spenderteil „lösbar“ mit einem hinteren Spenderabschnitt verbunden ist, entspricht diese Formulierung dem Berufungsantrag der Klägerin. Alternativ könnte es dort anstelle von „lösbar“ auch „abnehmbar“ heißen, da beide Begriffe hier synonym verwendet werden.
  51. 2.
    Die Beklagte ist nach Art. 64 EPÜ i.V.m. § 140a 3 S. 1 PatG auch zum Rückruf der das Klagepatent verletzenden Papierspender verpflichtet. Eine Unverhältnismäßigkeit des Rückrufs macht die Beklagte nicht geltend und für eine solche ist auch nichts ersichtlich.
  52. 3.
    Nach Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 2 PatG hat die Beklagte der Klägerin außerdem allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die patentverletzenden Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
    Die Beklagte hat die ihr zur Last gelegten schutzrechtsverletzenden Handlungen schuldhaft begangen, nämlich zumindest fahrlässig im Sinne des § 276 Abs. 1 S. 2 BGB. Hätte sie als einschlägig tätiges Fachunternehmen die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet, hätte sie sich vor der Aufnahme der Verletzungshandlungen über die Schutzrechtslage informiert; im Rahmen dieser Nachforschungen wäre sie – sofern ihr das Klagepatent nicht ohnehin bekannt war – auf das Klagepatent gestoßen und hätte jedenfalls bei zutreffender rechtlicher Beratung feststellen können, dass die angegriffenen Spender von der dort unter Schutz gestellten Lehre Gebrauch machen.
    Die Klägerin hat auch das nach § 256 Abs. 1 ZPO notwendige Feststellungsinteresse daran, die Verpflichtung der Beklagten zum Schadenersatz zunächst nur dem Grunde nach feststellen zu lassen, statt auf Leistung zu klagen. Dass ihr die patentverletzenden Handlungen der Beklagten Schaden zugefügt haben, ist hinreichend wahrscheinlich. Beziffern kann die Klägerin die ihr daraus erwachsenden Ansprüche jedoch erst, wenn die Beklagte ihr über den Umfang der von ihr begangenen angegriffenen Handlungen Auskunft erteilt und Rechnung gelegt hat.
  53. 4.
    Um die Klägerin in die Lage zu versetzen, die ihr zustehenden Schadensersatzansprüche zu beziffern, ist die Beklagte verpflichtet, ihr im zuerkannten Umfang über ihre Benutzungshandlungen Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen. Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsformen ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus § 140b Abs. 1 PatG, der Umfang der Auskunftspflicht aus § 140b Abs. 3 PatG. Die Verpflichtung zur Rechnungslegung folgt – auch im Hinblick auf die Verbrauchsmaterialien – aus den §§ 242, 259 BGB. Entgegen der Auffassung der Beklagten steht der Klägerin auch ein Anspruch auf Rechnungslegung hinsichtlich der Verbrauchsmaterialien zu.
  54. a)
    Der durch die Verletzung eines gewerblichen Schutzrechts zu kompensierende Schaden ist in der Beeinträchtigung des absoluten Rechts und der mit diesem verbundenen, allein dem Inhaber zugewiesenen Nutzungsmöglichkeiten zu sehen. Der Schaden besteht darin, dass der Verletzer die durch das immaterielle Schutzgut vermittelten konkreten Marktchancen für sich nutzt und sie damit zugleich der Nutzung durch den Schutzrechtsinhaber entzieht. Ziel der Methoden zur Schadensberechnung ist die Ermittlung desjenigen Betrags, der zum Ausgleich dieses Schadens erforderlich und angemessen ist, und damit die Ermittlung des wirtschaftlichen Werts des Schutzrechts und der in ihm verkörperten Marktchancen. Dieser wird durch den erwarteten, aber entgangenen Gewinn des Schutzrechtsinhabers, durch den tatsächlichen Gewinn des Verletzers oder durch die Gewinnerwartung erfasst, die vernünftige Vertragsparteien mit dem Abschluss eines Lizenzvertrags über die Nutzung des Schutzrechts verbunden hätten (BGH GRUR 2012, 1226 Rn. 15 f. – Flaschenträger; GRUR 2024, 273 Rn. 19, 20 – Polsterumarbeitungsmaschine; GRUR 2024, 1201 Rn. 32 – Verdampfungstrockneranlage).
    Schadensersatzrelevant für die Bemessung des Verletzergewinns ist zunächst, was außer Zweifel steht, derjenige Umsatz (und Gewinn), den der Verletzer im Rahmen seines Geschäftsbetriebes mit der patentgeschützten Vorrichtung als solcher erzielt. Damit ist der mögliche Umfang der Schadenersatzpflicht jedoch noch nicht abgesteckt. Nach der Rechtsprechung des BGH (GRUR 1962, 509, 512 – Dia-Rähmchen II) zur Herausgabe des Verletzergewinns kann unter Umständen auch ein weitergehender Gewinn herausverlangt werden. Der Gewinn des Patentverletzers, wenn der Patentinhaber ihn soll herausverlangen können, muss hiernach in einer solchen Beziehung zu dem Patent und der Patentverletzung stehen, dass er eben deshalb billigerweise dem Patentinhaber gebührt. Denn der Anspruch auf Herausgabe des Gewinns beruht auf der Erwägung, dass es unbillig wäre, dem Verletzer einen Gewinn zu belassen, der auf einer schuldhaften unbefugten Benutzung des Schutzrechts beruht (BGH, GRUR 2019, 496 Rn. 20 – Spannungsversorgungsvorrichtung). Er zielt auf eine Kompensation des Umstands, dass sich der Verletzer bei Umsatzgeschäften die erfindungsgemäße Lehre zunutze gemacht und damit die von der Rechtsordnung dem Schutzrechtsinhaber zugewiesene Marktchance für sich genutzt hat (BGH, GRUR 2012, 1226 Rn. 35 – Flaschenträger). Die Abschöpfung des Verletzergewinns dient zudem der Sanktionierung des schädigenden Verhaltens und auf diese Weise der Prävention gegen eine Verletzung der besonders schutzbedürftigen Immaterialgüterrechte (BGH, GRUR 2019, 496 Rn. 20 – Spannungsversorgungsvorrichtung). In welchem Umfang der erzielte Gewinn auf die Schutzrechtsverletzung zurückzuführen ist, lässt sich regelmäßig nicht genau ermitteln, sondern nur abschätzen. Der notwendige ursächliche Zusammenhang zwischen der Schutzrechtsverletzung und dem erzielten Gewinn ist dabei nicht nur im Sinne adäquater Kausalität zu verstehen. Auch bei Gewinnen aus dem Inverkehrbringen patentgemäßer Vorrichtungen ist vielmehr wertend zu bestimmen, ob und in welchem Umfang der erzielte Gewinn auf den mit dem verletzten Schutzrecht zusammenhängenden Eigenschaften des veräußerten Gegenstands oder anderen Faktoren beruht (BGH, GRUR 2013, 1212 Rn. 5 – Kabelschloss; GRUR 2012, 1226 Rn. 20 – Flaschenträger; GRUR 2024, 273 Rn. 24 f. – Polsterumarbeitungsmaschine; GRUR 2024, 1201 Rn. 16 – Verdampfungstrockneranlage).
    Hiervon ausgehend umfasst der Anspruch auf Herausgabe des Verletzergewinns auch Zusatzgeschäfte, die zwar keine Benutzungshandlung i.S.v. § 9 PatG oder § 10 PatG darstellen, deren Abschluss aber in ursächlichem Zusammenhang mit patentverletzenden Handlungen steht und einen hinreichenden Bezug zu dem verletzenden Gegenstand aufweist (BGH, GRUR 2024, 273 Rn. 28 – Polsterumarbeitungsmaschine; GRUR 2024, 1201 Rn. 15 – Verdampfungstrockneranlage).
    Ein solcher hinreichender Bezug besteht jedenfalls bei Gewinnen aus mit der Patentverletzung in ursächlichem Zusammenhang stehenden Geschäften über Verbrauchsmaterialien, die zur Verwendung mit einer patentverletzenden Vorrichtung bestimmt sind. Wie der Gewinn aus dem Inverkehrbringen des verletzenden Gegenstands wird in solchen Konstellationen zwar auch der Gewinn aus dem Vertrieb der Verbrauchsmaterialien in aller Regel nicht allein auf der Patentverletzung beruhen, sondern auf anderen Faktoren, die für die Kaufentscheidung des Kunden maßgeblich waren. Dies ändert aber nichts daran, dass der Gewinn jedenfalls auch auf der Patentverletzung beruht, weil der Vertrieb des Verbrauchsmaterials ohne das Inverkehrbringen der patentverletzenden Vorrichtung nicht oder nicht in demselben Maße hätte erfolgen können.
    Dies ist insbesondere in Konstellationen naheliegend, in denen das Verbrauchsmaterial – wie vorliegend – seiner Beschaffenheit nach auf die geschützte Vorrichtung abgestimmt ist oder wenn der Bezug aus einer Hand aus sonstigen Gründen Vorteile bietet (BGH, GRUR 2024, 273 Rn. 42 – Polsterumarbeitungsmaschine). Charakteristisch für den Vertrieb von Verbrauchsmaterialien ist gerade die enge Bindung an das Verletzergeschäft, das in ganz naheliegender Weise den Weg zu den weiteren Erlösen aus der Lieferung von Verbrauchsmaterialien ebnet, weil sie erforderlich sind, um den Verletzungsgegenstand ordnungsgemäß in Betrieb zu nehmen oder weiter zu verwenden. Dieser beinahe zwangsläufige Zusammenhang verlangt eine Erstreckung der Schadenersatzpflicht auch auf solche Folgegeschäfte (vgl. Kühnen, Hdb. Patentverletzung, 16. Aufl. Kap. D Rn. 816). Der Einwand des Verletzers, er hätte den Gewinn mit den Verbrauchsmaterialien auch bei rechtmäßigem Alternativverhalten erzielen können, ist ihm unter diesen Voraussetzungen grundsätzlich versagt (vgl. BGH, GRUR 2024, 273 Rn. 40 – Polsterumarbeitungsmaschine; vgl. hierzu auch GRUR 2024, 1201 Rn. 43 ff. – Verdampfungstrockneranlage).
  55. b)
    Der Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch dient der Ermittlung, Bezifferung und Durchsetzung des der Klägerin zustehenden Schadenersatzanspruchs aus § 139 Abs. 2 PatG. Als Hilfsanspruch zur Verwirklichung seines Schadensersatzanspruchs steht dem Patentinhaber insoweit gegen den Verletzer ein nach Inhalt und Umfang dem Grundsatz von Treu und Glauben unterstehender akzessorischer Hilfsanspruch auf Rechnungslegung aus den §§ 242, 259 BGB zu. Dieser Anspruch ist seinem Umfang nach auf die zur Durchsetzung des Hauptanspruchs erforderlichen Informationen begrenzt, die der Gläubiger selbst nicht anders erlangen kann und deren Erteilung dem Schuldner unschwer möglich und zumutbar ist (BGH, GRUR 2019, 496 Rn. 12 – Spannungsversorgungsvorrichtung).
    Da der Patentinhaber frei zwischen den einzelnen Berechnungsmethoden des Schadensersatzes wählen kann und sich daher insbesondere auch nicht vor Auskunftserteilung und Rechnungslegung hinsichtlich der von ihm präferierten Form der Schadensberechnung festlegen muss (BGH, GRUR 2000, 226, 227 – Planungsmappe; GRUR 2008, 93 – Zerkleinerungsvorrichtung), reicht es für das Bestehen eines Rechnungslegungsanspruchs aus, dass sich aus den die Verbrauchsmaterialien betreffenden Geschäften ein Beitrag zum Verletzergewinn ergeben kann. Der Rechnungslegungsanspruch ist nicht auf solche Geschäftsvorfälle beschränkt, die tatsächlich und nachweislich einen Beitrag zum herauszugebenden Verletzergewinn leisten. Nur wenn die Auskunftserteilung und Rechnungslegung grundsätzlich alle Geschäftsvorfälle umfasst, die kausal auf dem Vertrieb der patentverletzenden Vorrichtung beruhen, ist der Berechtigte in der Lage zu überprüfen, ob und gegebenenfalls inwieweit der Verletzer auch insoweit herauszugebenden Gewinn aus der Patentverletzung gezogen hat. Bestimmte Arten von Geschäftsvorfällen unterfallen daher nur dann per se nicht der Rechnungslegung, wenn von vornherein ein Beitrag zum Verletzergewinn hinreichend sicher ausgeschlossen werden kann. Daher erstreckt sich die Verpflichtung zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung regelmäßig auch auf durch die Veräußerung von Verbrauchsmaterialien generierte Umsätze des Verletzers mit dem Abnehmer einer patentverletzenden Vorrichtung, die kausal auf der Veräußerung der patentverletzenden Vorrichtung beruhen können. Ob der aus diesen Umsatzgeschäften erzielte wirtschaftliche Ertrag gerade auf denjenigen Vorteilen beruht, die das Klagepatent gegenüber dem Stand der Technik zur Verfügung stellt, kann für den Umfang des herauszugebenden Verletzergewinns von Bedeutung sein, ist aber für die Verpflichtung zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung unerheblich (OLG Karlsruhe, GRUR 2022, 641 Rn. 191 – Polsterumarbeitungsmaschine; Senat, Urt. v. 02.11.2008 – I-2 U 82/02, BeckRS 2010, 22916; GRUR 2023, 394 Rn. 61 – Tassenspender; LG Düsseldorf, InstGE 6, 136). Allein auf diese Weise wird der Berechtigte in die Lage versetzt, für die Berechnung des Verletzergewinns relevante Vorgänge zu ermitteln und die Angaben des Verletzers zum erzielten Verletzergewinn zu überprüfen (OLG Karlsruhe, GRUR 2022, 641 Rn. 192 – Polsterumarbeitungsmaschine; Senat, GRUR 2023, 394 Rn. 61 – Tassenspender).
    Soweit es um Gewinne aus Zusatzgeschäften geht, besteht ein Anspruch auf Rechnungslegung danach in Bezug auf alle Geschäfte, die es aufgrund ihres Inhalts, aufgrund der Umstände, unter denen sie geschlossen worden sind, oder aufgrund sonstiger Anhaltspunkte als nicht fernliegend erscheinen lassen, dass sie in Ursachenzusammenhang mit einer rechtswidrigen Benutzungshandlung stehen (BGH, GRUR 2024, 273 Rn. 75 – Polsterumarbeitungsmaschine; LG Düsseldorf, Urt. v. 11.04.2006 – 4b O 430/02, InstGE 6, 137 – Magnetspule; LG München, Urt. v. 04.03.2022 – 21 O 7664/20, GRUR-RS 2022, 42052 – Umfang der Auskunftspflicht bei Peripheriegeräten). Ob ein solcher Zusammenhang tatsächlich besteht, ist gegebenenfalls nach Rechnungslegung zu entscheiden.
  56. c)
    Danach ist das Begehren der Klägerin auf Rechnungslegung (auch) über das Verbrauchsmaterial gerechtfertigt. Die von der Klägerin mit ihrem Antrag geforderte Rechnungslegung bezieht sich dabei von vornherein nicht auf jeden beliebigen Papierverkauf an jedweden Abnehmer, sondern es geht ausschließlich um Lieferungen von Verbrauchsmaterial zur Verwendung in den in diesem Rechtsstreit angegriffenen Papierspendern, d.h. um Lieferungen von mit den angegriffenen Ausführungsformen kompatiblen Papierrollen und Papiertüchern an gewerbliche Abnehmer der Beklagten, die auch eine der angegriffenen Ausführungsformen erworben haben.
    Die Klägerin bewirbt bestimmtes, von ihr angebotenes Verbrauchsmaterial als kompatibel zu den angegriffenen Papierspendern. Hierauf weist sie nicht nur auf ihren Webseiten und in ihrem Produktkatalog hin, sondern auf der Verpackung der angegriffenen Ausführungsformen 1 bis 6 findet sich auch der explizite Hinweis, den erworbenen Spender ausschließlich mit den hierzu kompatiblen Papierutensilien der Beklagten zu benutzen. Aus der Sicht eines objektiven Empfängers wird hierdurch ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den angegriffenen Papierspendern und dem zu deren Bestückung vorgesehenen Papiermaterial der Beklagten hergestellt, wobei der Abnehmer den betreffenden Hinweis sogar dahin verstehen kann, dass die Papierspender nur mit dem Papiermaterial der Beklagten verwendet werden können und sich erst dann der von der Beklagten beworbene Effekt eines geringeren Papierverbrauchs einstellt.
    Dadurch, dass die Beklagte selbst durch ihre Werbung, ihren Produktkatalog und zum Teil auch auf der Verpackung der angegriffenen Ausführungsformen einen unmittelbaren Bezug zu bestimmten, von ihr angebotenen Verbrauchsmaterialien herstellt, besteht hier die nicht nur fernliegende Möglichkeit, dass sich – auch – aus dem Umsatz der Beklagten mit dem an die Abnehmer der angegriffenen Ausführungsformen zu deren Betrieb vertriebenen Verbrauchsmaterial ein Beitrag zu dem Gewinn ergibt, den die Beklagte mit während der Schutzdauer begangenen Verletzungshandlungen erzielt (hat). Nach den Umständen des vorliegenden Falls genügt insoweit zunächst, dass die Beklagte – möglicherweise – solches Verbrauchsmaterial nicht oder jedenfalls nicht in demselben Umfang abgesetzt hätte, wenn sie den Abnehmern desselben nicht zuvor bzw. gleichzeitig die patentverletzenden Papierspender überlassen hätte.
    Das durch die Beklagte selbst beschriebene Geschäftsmodell zeichnet sich dadurch aus, dass der maßgebliche Umsatz und Gewinn nicht mit dem Verkauf der Dispenser, sondern mit der Lieferung des Verbrauchsmaterials erwirtschaftet wird. Soweit der Umsatz für das Verbrauchsmaterial bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise den patentverletzenden Dispensern und dort der Nutzung der patentgemäßen Funktionalität zuzurechnen ist, ist er anteilig dem Verletzergewinn zuzurechnen. Für die Überprüfung, ob der Verletzer einen Teil des mit dem patentverletzenden Erzeugnis erzielten Gewinns mittelbar über den Umsatz mit dem Verbrauchsmaterial erwirtschaftet und daher auch ein Teil des Umsatzes mit dem Verbrauchsmaterial möglicherweise unter diesem Gesichtspunkt zum Verletzergewinn beiträgt, benötigt die Klägerin die Angaben zu den Umsatzgeschäften mit Verbrauchsmaterial für die patentverletzenden Dispenser (vgl. auch: OLG Karlsruhe, GRUR 2022, 641 Rn. 192 – Polsterumarbeitungsmaschine).
    Soweit die Beklagte geltend macht, dass sich das von ihr vertriebene Papiermaterial nicht nur in den angegriffenen erfindungsgemäßen Papierspendern, sondern in gleicher Weise auch in von ihr angebotenen patentfreien Papierspendern und Papierspendern anderer Hersteller verwenden lasse, ist bei der gebotenen Bewertung nicht auszuschließen, dass die Abnehmer des Papiers der Beklagten dieses gerade wegen seiner Eignung zur Verwendung in den patentgemäßen angegriffenen Ausführungsformen, gegebenenfalls zumindest zu größeren Mengen, abnehmen. Dass sich das Papier auch in einer patentfreien Vorrichtung verwenden lassen mag, bei der die Vorteile der erfindungsgemäßen Ausbildung der angegriffenen Ausführungsformen nicht genutzt werden, schließt nicht aus, dass gerade auch deren patentgemäße Ausgestaltung dazu geführt hat, dass anschließend (auch) der Absatz des Papiers der Beklagten begünstigt war. Ob dies tatsächlich der Fall war, muss für die hier allein zur Entscheidung gestellte Rechnungslegungspflicht nicht entschieden werden (vgl. OLG Karlsruhe, GRUR 2022, 641 Rn. 194 – Polsterumarbeitungsmaschine).
    Genauso ist ohne Belang, ob die Beklagte die von ihr angebotenen Spender ausschließlich an Handelsunternehmen veräußert. Abgesehen davon, dass es die Beklagte damit in der Hand hätte, ihrer Verpflichtung zur Rechnungslegung allein durch eine entsprechende Vertriebsgestaltung zu entgehen, hat die Beklagte auch über die Lieferung der Papierspender an Handelsunternehmen, die wiederum die Papierspender an deren Nutzer weiterveräußern, eine entsprechende Nachfrage nach Verbrauchsmaterialien auf Abnehmerseite geschaffen, die ihr ggf. weitere Absatzmöglichkeiten eröffnet. Der für das Entstehen der Rechnungslegungspflicht erforderliche Kausalzusammenhang ist damit gegeben. Ob und ggf. in welchem Umfang sich diese Lieferungen letztlich im Rahmen der Schadensberechnung niederschlagen, bedarf an dieser Stelle keiner Entscheidung. Für den Rechnungslegungsanspruch genügt die – hier bestehende – Möglichkeit, dass sich hieraus ein Beitrag zum Verletzergewinn ergibt.
    Im Rahmen ihrer Rechnungslegungsverpflichtung hinsichtlich Verbrauchsmaterialien schuldet die Beklagte die im Urteilstenor zu A.I.4. genannten Informationen. Ihren weitergehenden Auskunfts- und Rechnungslegungsantrag hat die Beklagte im Verhandlungstermin vor dem Senat zurückgenommen.
  57. C.
    Der (Hilfs-) Antrag der Beklagten, ihr für den Fall ihrer Verurteilung zur Auskunft und Rechnungslegung für die zu erteilenden Informationen Geheimnisschutz zu gewähren, indem diese Informationen als geheimhaltungsbedürftig eingestuft und der Klägerin besondere Geheimhaltungspflichten auferlegt werden, ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen. Für eine solche Anordnung gibt es keine gesetzliche Grundlage.
  58. I.
    Die §§ 16, 19 GeschGehG finden auf die tenorierte Verpflichtung des Patentverletzers zur Auskunft und Rechnungslegung über seine unberechtigten Benutzungshandlungen keine Anwendung (so bereits: LG Düsseldorf, Beschl. v. 26.09.2022 – 4c O 59/20 ZV I; bestätigend: Senat, GRUR 2023, 677 – Geheimnisschutz II; zustimmend: Thomas in FS Kühnen 2024, S. 945 ff; jetzt auch ausdrücklich für einen bereits im Erkenntnisverfahren gestellten Antrag: LG Düsseldorf, Urt. v. 02.07.2024 – 4c O 19/23; ebenso: Köhler/Bornkamm, GeschGehG, 42. Aufl., § 16 Rn.25; vgl. zu den Einzelheiten auch: Kühnen Hdb. Patentverletzung, 16. Aufl., Abschn. D Rn. 126 ff.; aA: LG Mannheim, GRUR-RS 2021, 51390 = GRUR 2022, 1176 Ls. – Geheimnisschutzanordnung; offengelassen in der Nachinstanz nach Erledigung in der Hauptsache von OLG Karlsruhe, GRUR-RS 2022, 28741 – Auskunftspflicht; aA auch BeckOK PatR/Kircher, 33. Ed. 15.07.2023, PatG § 145a Rn. 22).
    Nach § 145a S. 2 PatG gelten als streitgegenständliche Informationen i.S.d. § 16 Abs. 1 GeschGehG „sämtliche von Kläger und Beklagtem in das Verfahren eingeführten Informationen“. Aufgrund eines titulierten Anspruchs zu erteilende Auskünfte sind hiervon schon dem Wortlaut nach nicht umfasst. Es handelt sich dabei nicht um von einer Partei im Rahmen des Verfahrens geleisteten Vortrag, sondern um die Erfüllung eines tenorierten materiell-rechtlichen Anspruchs. Die hiernach zu erteilenden Informationen sind zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Geheimnisschutz – wird dieser wie hier bereits im Erkenntnisverfahren geltend gemacht – noch nicht einmal Gegenstand des Verfahrens und damit in keiner Weise „eingeführt“ im Sinne der Vorschrift des § 145a PatG. Vielmehr wird hier ein Geheimnisschutz vorbeugend geltend gemacht für in der Zukunft zu erteilende und ihrem Inhalt nach noch völlig unbekannte Informationen.
    Solche Informationen sind nach dem Willen des Gesetzgebers kein tauglicher Gegenstand für die Anordnung von Geheimnisschutzmaßnahmen nach den §§ 16, 19 GeschGehG. Schon vor der Ergänzung des S. 2 in § 145a PatG hat die Gesetzesbegründung zu § 145a PatG ausgeführt, dass es „zur Anspruchsbegründung oder zur Verteidigung“ notwendig sein könne, Geschäftsgeheimnisse vor Gericht zu offenbaren (BT-Drs. 19/25821, 57). Mit dem nachträglich eingefügten S. 2 sollte ausweislich der weiteren Begründung klargestellt werden, dass der Begriff der streitgegenständlichen Informationen in § 16 Abs. 1 GeschGehG nicht streng im Sinne des zivilprozessualen Streitgegenstandsbegriffs zu verstehen ist, sondern grundsätzlich alle vom Kläger sowie vom Beklagten im Rahmen seiner Verteidigung eingeführten Informationen umfasst (BT-Drs. 19/30498, 56; so auch bereits BT-Drs. 19/25821, 57, 2. Abs.). Anhaltspunkte dafür, dass jenseits des Vortrags zur Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung auch die im Wege eines tenorierten Auskunftsanspruchs an den Gläubiger zu offenbarenden Informationen von § 145 a S. 2 PatG umfasst sein sollen, lassen sich der Gesetzesbegründung hingegen nicht entnehmen (Senat, GRUR 2023, 677 – Geheimnisschutz II).
    Für die Anordnung von Schutzmaßnahmen betreffend die tenorierte Auskunfts- und Rechnungslegungspflicht des Patentverletzers besteht auch unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der §§ 16 bis 20 GeschGehG kein Anlass. Im originären Anwendungsbereich dieser Vorschriften dienen die hiernach möglichen Anordnungen dem Schutz desjenigen Geheimnisträgers, der in seinen Rechten verletzt ist, weil sein Geschäftsgeheimnis unbefugt von einem Nichtberechtigten erlangt, genutzt oder offengelegt worden ist. Übertragen auf den Patentverletzungsprozess kommen damit Konstellationen in Betracht, in denen der Verletzte zur Geltendmachung seiner Rechte Geschäftsgeheimnisse offenbaren muss oder aber – wie ebenfalls in der Gesetzesbegründung erwähnt wird und wie es in § 145a S. 2 PatG zum Ausdruck kommt – der mutmaßliche Verletzer Geschäftsgeheimnisse offenlegen muss, um sich gegen eine (unberechtigte) Inanspruchnahme zu verteidigen. Der Schutz des wegen einer Patentverletzung Verurteilten vor der uneingeschränkten Erteilung tenorierter Auskünfte findet in der Gesetzesbegründung hingegen an keiner Stelle Erwähnung (Senat, GRUR 2023, 677 – Geheimnisschutz II).
  59. II.
    Ein Anspruch auf verfahrensrechtlichen Geheimnisschutz kann auch nicht damit begründet werden, dass die zu erteilenden Informationen ohnehin einer aus einem Auskunftsschuldverhältnis folgenden Zweckbindung unterlägen und der Auskunftsgläubiger in diesem Zusammenhang offenbarte Geschäftsgeheimnisse des Auskunftsschuldners seinen Mitarbeitern oder externen Beratern nur insoweit offenbaren dürfe, wie dies für eine zweckentsprechende Auswertung und Verwendung notwendig sei, wobei er überdies die hinzugezogenen Personen zur Geheimhaltung verpflichten müsse (so: Haedicke, GRUR 2020, 785; LG Mannheim, GRUR 2022, 301 Rn. 36 ff. – Geheimnisschutzanordnung; Schumacher, GRUR Patent 2023, 41, 42; offen gelassen von OLG Karlsruhe, GRUR-RS 2022, 28741 – Auskunftspflicht; ablehnend: Thomas in FS Kühnen 2024, S. 945, 952). Auch wenn man annimmt, was hier keiner weiteren Vertiefung und Entscheidung bedarf, dass die Auskunfts- und Rechnungslegungspflicht der Beklagten ein solches Pflichtenverhältnis zwischen den Parteien begründet, könnten sich hieraus – im Falle einer bereits erfolgten oder drohenden Zuwiderhandlung – allenfalls Unterlassungs- und ggf. Schadensersatzansprüche der Beklagten gegen die Klägerin ergeben. Solange es hingegen – wie hier – keinen Anhaltspunkt dafür gibt, dass die Klägerin – als Gläubigerin des tenorierten Anspruchs auf Auskunft und Rechnungslegung – gegen ihre Pflicht zur Geheimhaltung und zweckgebundenen Verwertung der von ihr erlangten Informationen verstoßen wird, kommt die – allein vorbeugende – Anordnung von Geheimhaltungsanordnungen nicht in Betracht (vgl. zum Zwangsvollstreckungsverfahren auch: OLG Karlsruhe, GRUR-RS 2022, 28741 Rn. 33 – Rechtzeitige Erfüllung einer titulierten Auskunftspflicht).
    Soweit dem in der Literatur entgegengehalten wird, der Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch erhalte so einen ungerechtfertigten Sanktionscharakter (so: Schumacher, GRUR Patent 2023, 41, 42), ist darauf hinzuweisen, dass der Patentverletzer Täter einer unerlaubten (deliktischen) Handlung ist, die rechtswidrig in nicht nur einfachgesetzlich geschützte, sondern wegen Art. 14 GG sogar grundrechtlich garantierte Eigentumspositionen des Schutzrechtsinhabers eingreift. Das Gesetz hält aus diesem Grund für den Verletzten in den §§ 139 ff. PatG bestimmte, den Störungszustand beendende und das begangene Unrecht kompensierende Sanktionen bereit. Typischerweise ist die zugrundeliegende Verletzungssituation dadurch gekennzeichnet, dass der Patentinhaber erfindungsgemäße Erzeugnisse selbst herstellt und/oder vertreibt. Es repräsentiert daher den Regel- und keinen Sonderfall, dass sich in einem Patentverletzungsprozess am Markt tätige Wettbewerber gegenüberstehen, weswegen es gerade nichts Außergewöhnliches ist, sondern – ganz im Gegenteil – der üblichen Konstellation entspricht, dass der Verletzer im Rahmen seiner Auskunfts- und Rechnungspflicht demjenigen geheime Geschäftsdaten (wie Preise) offenbaren muss, mit dem er auf dem betreffenden Markt um Aufträge und Kunden konkurriert. Dem in § 140b PatG gesetzlich normierten und durch eine ergänzende Anwendung der §§ 242, 259 BGB in der Rechtsprechung anerkannten Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung können in derartigen Konstellationen nicht diejenigen nachteiligen Folgen für die Wettbewerbsposition des Verletzers entgegengehalten werden, die normale und gewöhnliche Folge der Pflicht zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung sind (Senat, Beschl. v. 21.07.2010 – I-2 U 47/10, BeckRS 2011, 2537 – Gleitsattelscheibenbremse; vgl. auch: Kühnen, Hdb. Patentverletzung, 16. Aufl. Kap. D Rn. 875).
    Soweit die Beklagte außerdem auf die Enforcement-Richtlinie verweist, sollte durch diese gerade die Position desjenigen, dessen geistiges Eigentum durch deliktische Tat verletzt worden ist, in besonderer Weise gestärkt werden (vgl. Senat, Beschl. v. 21.07.2010 – I-2 U 47/10, BeckRS 2011, 2537 – Gleitsattelscheibenbremse).
    Zwar steht hier auch ein Rechnungslegungsanspruch der Klägerin aus den §§ 242, 259 BGB hinsichtlich nicht patentverletzender Verbrauchsmaterialien in Rede. Dies vermag in Bezug auf den diesbezüglichen Rechnungslegungsanspruch an dem vorstehenden Ergebnis indes nichts zu ändern, weil die Beklagte der in ihrem Ausschließlichkeitsrecht verletzten Patentinhaberin auch diese Auskunft aufgrund der von ihr begangenen patentverletzenden Handlungen in ihrer Eigenschaft als Patentverletzerin schuldet.
  60. D.
    Der nach Schluss der mündlichen Verhandlung zur Akte gereichte Schriftsatz der Klägerin vom 14.10.2024, im Hinblick auf welchen ein Schriftsatznachlass nicht gewährt worden ist, gibt keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen, § 156 ZPO.
  61. E.
    Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Kostenentscheidung zur Nebenintervention beruht auf § 101 Abs. 1 HS 2 ZPO.
    Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
    Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen, weil die hierfür in § 543 ZPO aufgestellten Voraussetzungen nicht vorliegen. Als Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO noch erfordern die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder die Fortbildung des Rechts eine revisionsgerichtliche Entscheidung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Dass der BGH im Nichtigkeitsverfahren von einem engeren Verständnis des hier streitigen Merkmals 3 ausgegangen ist, lässt sich seinem Nichtigkeitsberufungsurteil nicht eindeutig entnehmen; wie bereits ausgeführt, hat er sich dort nicht weiter mit der Auslegung dieses Merkmals befasst. Dass die §§ 16, 19 GeschGehG auf die tenorierte Verpflichtung des Patentverletzers zur Auskunft und Rechnungslegung nicht anwendbar sind, erscheint dem Senat eindeutig. Gegenteilige obergerichtliche Rechtsprechung liegt insoweit nicht vor.

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