4a O 94/19 – Kinder-Hygieneartikel

Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3388

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 10. Oktober 2024, Az. 4a O 94/19

  1. I. Die Klage wird abgewiesen.
    II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
    III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrags.
    IV. Der Streitwert wird auf 1.500.000,00 EUR festgesetzt.
  2. Tatbestand
  3. Die Klägerin ist Inhaberin des Deutschen Gebrauchsmusters DE 20 2017 007 XXA U1 (nachfolgend: Klagegebrauchsmuster, vorgelegt in Anlage MB 4/MB4a). Sie nimmt die Beklagten wegen behaupteter unmittelbarer Verletzung des Klagegebrauchsmusters auf Unterlassung, Feststellung der Verpflichtung zur Herausgabe des Erlangten sowie zur Zahlung von Schadensersatz, Rechnungslegung, Vernichtung und Rückruf in Anspruch.
    Das Klagegebrauchsmuster wurde aus einer europäischen Patentanmeldung mit der Veröffentlichungsnummer EP 3 403 XXB (Az. 17 20 0847.6) abgezweigt; es nimmt den Anmeldetag 09.11.2017 und verschiedene Prioritätsdaten zwischen dem 15.05.2017 und dem 26.10.2017 in Anspruch. Das Klagegebrauchsmuster wurde am 30.08.2019 eingetragen und die Eintragung am 10.10.2019 bekannt gemacht.
    Das Klagegebrauchsmuster steht nach Durchführung eines Löschungsverfahrens in Kraft. Nachdem das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) das Klagegebrauchsmuster durch Beschluss vom 23.03.2023, schriftlich begründet am 02.05.2023 (Anlage BP 18) eingeschränkt aufrechterhalten hat, wogegen sowohl die Klägerin als auch die Beklagten noch nicht verbeschiedene Beschwerden zum Bundespatentgericht erhoben haben, lautet der unabhängige Hauptanspruch 1:
  4. „1. Absorbierender Artikel, der eine flüssigkeitsdurchlässige Oberschicht, eine flüssigkeitsundurchlässige Unterschicht und einen absorbierenden Kern mit einem absorbierenden Material zwischen einer oberen den Kern einhüllenden Schicht und einer unteren den Kern einhüllenden Schicht umfasst, wobei der absorbierende Kern zwischen der Oberschicht und der Unterschicht positioniert ist; wobei der absorbierende Kern eine erste und zweite Längskante (131, 132) und eine vordere und hintere Querkante (133, 134) aufweist;
    wobei der absorbierende Kern mit einer Vielzahl von Befestigungszonen versehen ist, an denen die obere den Kern einhüllende Schicht an der unteren den Kern einhüllenden Schicht befestigt ist, und in denen im Wesentlichen kein absorbierendes Material vorhanden ist;
    wobei die Vielzahl von Befestigungszonen eine erste und eine zweite längliche Befestigungszone und eine Verbindungsbefestigungszone umfasst, wobei sich die erste und zweite längliche Befestigungszone von einem Schrittbereich in Richtung der vorderen und/oder hinteren Querkante nebeneinander erstrecken; wobei die Verbindungsbefestigungszone die erste Befestigungszone direkt mit der zweiten Befestigungszone verbindet;
    wobei die Vielzahl von Befestigungszonen eine im Wesentlichen U-förmige Zone bilden, die so angeordnet ist, dass sie in Bezug auf die Längsmittelachse des absorbierenden Kerns symmetrisch ist;
    wobei kleine Abschnitte der im Wesentlichen U-förmigen Zone nicht befestigt sind, um eine oder mehrere Brückenzonen zu schaffen;
    wobei die eine oder mehreren Brückenzonen ferner eine oder mehrere temporäre Befestigungen zwischen der oberen und der unteren den Kern einhüllenden Schicht umfassen, die so ausgestaltet sind, dass sie sich bei Benetzung lösen, so dass die eine oder mehreren temporären Befestigungen bei Benetzung zuerst als Führung eines Massenflusses der Flüssigkeit fungieren, woraufhin nach dem Lösen ein Kapillarfluss durch das absorbierende Material ermöglicht wird.“
  5. Der abhängige Unteranspruch 2 des Klagegebrauchsmusters lautet:
    „2. Absorbierender Artikel nach Anspruch 1, wobei die eine oder mehreren Brückenzonen absorbierendes Material in den nicht befestigten Abschnitten aufweisen.“
    Zur Veranschaulichung wird nachfolgend Figur 15F des Klagegebrauchsmusters eingeblendet, die nach Abs. [0147] der Gebrauchsmusterbeschreibung eine beispielhafte Ausführungsform eines absorbierenden Kerns gemäß der Erfindung zeigt:
  6. In der vorstehend gezeigten Figur 15F bilden die eine erste längliche Befestigungszone 140, die zweite längliche Befestigungszone 150 und eine gekrümmte Verbindungsbefestigungszone 1045 (als eine schraffierte Fläche angegeben) zusammen eine im Wesentlichen U-förmige Zone (Abs. [0335]). Die erste und zweite längliche Befestigungszone 140, 150 erstrecken sich vom Schrittbereich in Richtung der vorderen Querkante 133 und in Richtung der hinteren Querkante 134.
    Bei den nachstehend wiedergegebenen Figuren 21Q und 21S des Klagegebrauchsmusters bilden (Abs. [0383]) die erste Befestigungszone 140, die zweite Befestigungszone 150 und die Verbindungsbefestigungszone 1045 zusammen eine im Wesentlichen U-förmige Zone:
  7. Figuren 21U und 21Y des Klagegebrauchsmusters zeigen, wie nachfolgend eingeblendet, weitere Gestaltungen, bei denen die Längsbefestigungszonen nicht direkt verbunden sind, sondern die länglichen Befestigungszonen 140, 150 entweder an den Enden oder entlang ihres Weges aufeinander zu kommen (Abs. [0387]):
  8. Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet der Körperhygiene, das Produkte von der Baby- bis zur Seniorenhygiene umfasst.
    Die Unternehmensgruppe der Beklagten vertreibt in Deutschland Baby- und Kleinkindwindeln als sogenannte OEM-Produkte, also Produkte, die an Handelsketten vertrieben und von diesen wiederum unter einer Eigenmarke an Endverbraucher vertrieben werden. Die Beklagte zu 1) stellt derlei Produkte her, die Beklagte zu 2) ist innerhalb der B-Gruppe für Vertriebsaktivitäten unter anderem in Deutschland zuständig. Diese Produkte werden unter anderem von den Handelsketten C und D unter Eigenmarken an Endverbraucher vertrieben.
    Mit der Klage greift die Klägerin zum einen durch die Handelskette C vertriebene Kinder-Hygieneartikel des Typs „E“ (in den Größen F) an (angegriffene Ausführungsform 1), sowie zum anderen durch die Handelskette D vertriebene Windeln mit der Bezeichnung „G“ (angegriffene Ausführungsform 2).
    Bilder der angegriffenen Ausführungsformen 1 und 2 sind nachfolgend eingeblendet:
  9. Nach dem insoweit unstreitigen Parteivorbringen sind die angegriffenen Ausführungsformen jedenfalls insoweit gleichartig aufgebaut, dass sie zwei längliche, im wesentlichen parallele Zonen aufweisen, in denen die obere und die untere, einen absorbierenden Kern umhüllende Schicht miteinander verklebt sind. An einem Ende der beiden länglichen Zonen ist ein Bogen ausgebildet, der die beiden länglichen Zonen verbindet, und bei dem jedenfalls ein mittlerer Abschnitt eine Zone bildet, in welcher die obere und die untere Schicht nicht miteinander verklebt oder anderweitig verbunden sind. Insoweit steht zwischen den Parteien außer Streit, dass der Aufbau der angegriffenen Ausführungsformen wie nachstehend eingeblendet schematisch dargestellt werden kann:
  10. Hinsichtlich dieser dem klägerischen Schriftsatz vom 15.04.2024 (dort Seite 3 = Bl. 582 GA) entnommenen schematischen Darstellung steht zwischen den Parteien allerdings im Streit, ob entsprechend der von der Klägerin vorgenommenen Beschriftung in der fraglichen Zone absorbierendes Material vorhanden ist.
    Auch das weitere klägerische Vorbringen ist unstreitig, wonach, ausgehend von der oben eingeblendeten Abbildung, sich der Aufbau der angegriffenen Ausführungsformen wie nachstehend wiedergegeben abbilden lässt, wobei mit den Buchstaben D, E und F Zonen bezeichnet sind, in denen die obere und die untere Schicht nicht miteinander verklebt oder anderweitig verbunden sind, wobei in den Zonen D und F eine Klebebahn nur auf der unteren Schicht ausgeführt ist, in der Zone E hingegen auf beiden Schichten, die Klebebahnen in diesen Zonen aber eben keine Klebeverbindung bewirken:
  11. Insoweit steht – ebenso wie im Hinblick auf die oben wiedergegebene schematische Darstellung – allerdings im Streit, ob in den links und rechts davon liegenden Zonen B und H der angegriffenen Ausführungsformen eine temporäre Befestigung ausgeführt ist oder nicht.
    Ebenfalls unstreitig ist das Parteivorbringen zum Aufbau der angegriffenen Ausführungsformen insoweit, dass diese ein Klebemuster in Form von Längsstreifen aufweisen und die so angeordneten Klebebahnen teils nur auf der oberen, teils nur auf der unteren Schicht aufgetragen sind, teils einander überlappend. Aufgrund dieses Klebemusters kommt es im genannten Bogenbereich zu einer „Kontaminierung“ mit absorbierendem Material, weil das absorbierende Material an den Klebebahnen klebt mit der Folge, dass im fraglichen Bereich die gegenüberliegenden Schichten nicht miteinander verklebt oder anderweitig verbunden werden; insoweit steht allerdings im Streit, ob das „kontaminierende“ Material durch Abbürsten wieder entfernt wird oder nicht. Hierzu steht zwischen den Parteien außer Streit, dass sich das Klebemuster wie nachfolgend eingeblendet schematisch darstellen lässt, wobei jedenfalls in dem mit einer Ellipse gekennzeichneten Bereich die obere und die untere Schicht nicht miteinander verbunden sind und sich dort absorbierendes Material befindet:
  12. Auch insoweit steht zwischen den Parteien allerdings im Streit, ob die „Kontaminierung“ der Klebebahnen im genannten Bogenbereich dazu führt, dass dort absorbierendes Material vorhanden ist.
    Die Klägerin macht zur technischen Lehre des Klagegebrauchsmusters geltend, dieses verlange keine durchgängig befestigte Verbindungsbefestigungszone. Schon aus der Systematik des Hauptanspruchs 1 und der technisch-funktionalen Betrachtung folge, dass die Verbindungsbefestigungszone Brückenzonen aufweise, in denen es keine Befestigung der oberen mit der unteren Schicht gebe. Kleine Abschnitte der im Wesentlichen U-förmigen Zone müssten nicht befestigt sein, um eine oder mehrere Brückenzonen zu schaffen, die U-förmige Zone werde aus einer Vielzahl von Befestigungszonen gebildet, so dass die länglichen Befestigungszonen ebenso wie die Verbindungsbefestigungszone nicht befestigte Abschnitte aufweisen könnten. Dies werde auch in der Beschreibung gelehrt, nämlich in der Darstellung von Befestigungszonen (Abs. [0326]), bei denen kleine Abschnitte nicht befestigt sein können. Nach technisch-funktionaler Betrachtung dürften die länglichen Befestigungszonen ebenso wie die Verbindungsbefestigungszone auch unbefestigte Abschnitte aufweisen, sofern diese im Wesentlichen frei von absorbierendem Material seien. Dies diene zur Erfüllung der Aufgabe (Abs. [0010]) es zu ermöglichen, dass Flüssigkeit unmittelbar nach dem Benetzen von dem ersten länglichen Kanal zu dem zweiten länglichen Kanal und umgekehrt gelangen könne, was die Flüssigkeitsverteilung und damit die Absorption verbessere. Denn der schnelle Flüssigkeitstransport entlang der Befestigungszonen geschehe als „Massenfluss“ (Abs. [0219]) im Unterschied zum „Kapillarfluss“, bei dem Flüssigkeit durch das absorbierende Material als poröses Material fließe.
    Hieraus folge zugleich, dass in den Befestigungszonen nur unwesentliche Mengen von absorbierendem Material vorhanden sein dürften, die den Flüssigkeitstransport entlang der Befestigungszonen als Massenfluss nicht behinderten. Deswegen sei in den unbefestigten Abschnitten absorbierendes Material nicht nur nicht erforderlich, die technische Lehre des Klagegebrauchsmusters lehre vielmehr, dass in den Brückenzonen „beziehungsweise unbefestigten Abschnitten“ im Wesentlichen kein absorbierendes Material vorhanden sein dürfe, weil die Brückenzonen Teil der U-förmigen Zone seien.
    Zur Beschaffenheit der angegriffenen Ausführungsformen trägt die Klägerin vor, in der Mitte des bogenförmigen Abschnitts, welcher die beiden länglichen Zonen der Befestigung der oberen und unteren den Kern umhüllenden Schicht miteinander verbindet, fehle diese Befestigung der beiden Schichten zwar, gleichwohl sei dort im Wesentlichen kein absorbierendes Material vorhanden. Das dort auf die Klebestreifen gelangte absorbierende Material werde im Herstellungsverfahren durch einen Reinigungsschritt, nämlich durch Abbürsten, wieder entfernt. Zu beiden Seiten dieses Bereiches, nämlich nach der schematischen Darstellung „II.“ auf der rechten Seite im klägerischen Schriftsatz vom 17.09.2024 (Bl. 643 GA) in den mit den Buchstaben B und H bezeichneten Zonen, seien bei den angegriffenen Ausführungsformen temporäre Befestigungen ausgeführt.
    Dem von den Beklagten eingewandten Vorbenutzungsrecht tritt die Klägerin entgegen, weil die Beklagten ein solches nicht schlüssig vorgetragen hätten. Dass die Vorbenutzungsformen Brückenzonen mit temporären Befestigungen aufwiesen, sei nicht dargetan. In dieser Weise seien die angegriffenen Ausführungsformen auch erst nach dem Anmeldetag des Klagegebrauchsmusters ausgestaltet. Auch hätten die Beklagten nicht dargetan, dass die Vorbenutzungsformen Befestigungszonen aufgewiesen hätten, in denen die obere und untere umhüllende Schicht befestigt seien.
    Die Klägerin macht geltend, den Beklagten stehe in Bezug auf die angegriffenen Ausführungsformen auch kein positives Nutzungsrecht zu. Soweit die Beklagten ein positives Nutzungsrecht aufgrund älterer Rechte einwenden, stellt die Klägerin ein solches in Abrede und meint, die Schutzrechte DE‘XXC und EP‘XXD der Beklagten zeigten verschiedenen Merkmale des Klagegebrauchsmusters zu den Brückenzonen mit temporären Befestigungen nicht.
    Die Klägerin behauptet außerdem, die Beklagten hätten ihr Herstellungsverfahren nach der vermeintlichen Vorbenutzungsform geändert. Bei den angegriffenen Ausführungsformen gebe es – jedenfalls seit September 2018 – keine „Verbindungsbefestigungszone“ (mehr) mit einer direkten Verklebung der oberen mit der unteren den Kern einhüllenden Schicht. In diesem Sinne gebe es sichtbare Unterschiede zwischen der Vorbenutzungsform von 2017 und den angegriffenen Ausführungsformen.
    Im Hinblick auf ihr Vorbringen, die angegriffenen Ausführungsformen wiesen im genannten Bogenbereich kein absorbierendes Material auf, macht die Klägerin das Klagegebrauchsmuster im Hauptantrag mit dem weiteren Merkmal geltend, dass in den Brückenzonen im Wesentlichen kein absorbierendes Material vorhanden ist. Hilfsweise für den Fall der Erfolglosigkeit des Hauptantrags macht die Klägerin das Klagegebrauchsmuster nach seinem oben dargestellten Wortlaut geltend.
  13. Die Klägerin beantragt,
    I. die Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an ihren gesetzlichen Vertretern zu vollziehen ist, zu unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland
    absorbierende Artikel, die eine flüssigkeitsdurchlässige Oberschicht, eine flüssigkeitsundurchlässige Unterschicht und einen absorbierenden Kern mit einem absorbierenden Material zwischen einer oberen den Kern einhüllenden Schicht und einer unteren den Kern einhüllenden Schicht umfassen, wobei der absorbierende Kern zwischen der Oberschicht und der Unterschicht positioniert ist; wobei der absorbierende Kern eine erste und eine zweite Längskante und eine vordere und hintere Querkante aufweist; wobei der absorbierende Kern mit einer Vielzahl von Befestigungszonen versehen ist, an denen die obere den Kern einhüllende Schicht an der unteren den Kern einhüllenden Schicht befestigt ist, und in denen im Wesentlichen kein absorbierendes Material vorhanden ist; wobei die Vielzahl von Befestigungszonen eine erste und ein zweite längliche Befestigungszone und eine Verbindungsbefestigungszone umfasst, wobei sich die erste und zweite längliche Befestigungszone von einem Schrittbereich in Richtung der vorderen und/ oder hinteren Querkante nebeneinander erstrecken; wobei die Verbindungsbefestigungszone die erste Befestigungszone direkt mit der zweiten Befestigungszone verbindet;
    wobei die Vielzahl von Befestigungszonen eine im Wesentlichen U-förmige Zone bilden, die so angeordnet ist, dass sie in Bezug auf die Längsmittelachse des absorbieren den Kerns symmetrisch ist;
    wobei kleine Abschnitte der im Wesentlichen U-förmigen Zone nicht befestigt sind, um eine oder mehrere Brückenzonen zu schaffen,
    wobei in diesen Brückenzonen im Wesentlichen kein absorbierendes Material vorhanden ist,
    wobei die eine oder mehreren Brückenzonen ferner eine oder mehrere temporäre Befestigungen zwischen der oberen und der unteren den Kern einhüllenden Schicht umfassen, die so ausgestaltet sind, dass sie sich bei Benetzung lösen, so dass die eine oder mehreren temporären Befestigungen bei Benetzung zuerst als Führung eines Massenflusses der Flüssigkeit fungieren, woraufhin nach dem Lösen ein Kapillarfluss durch das absorbierende Material ermöglicht wird
    herzustellen (nur die Beklagte zu 1), anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen;
    Ia. hilfsweise: die Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an ihren gesetzlichen Vertretern zu vollziehen ist, zu unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland
    absorbierende Artikel, die eine flüssigkeitsdurchlässige Oberschicht, eine flüssigkeitsundurchlässige Unterschicht und einen absorbierenden Kern mit einem absorbierenden Material zwischen einer oberen den Kern einhüllenden Schicht und einer unteren den Kern einhüllenden Schicht umfassen, wobei der absorbierende Kern zwischen der Oberschicht und der Unterschicht positioniert ist; wobei der absorbierende Kern eine erste und eine zweite Längskante und eine vordere und hintere Querkante aufweist; wobei der absorbierende Kern mit einer Vielzahl von Befestigungszonen versehen ist, an denen die obere den Kern einhüllende Schicht an der unteren den Kern einhüllenden Schicht befestigt ist, und in denen im Wesentlichen kein absorbierendes Material vorhanden ist; wobei die Vielzahl von Befestigungszonen eine erste und ein zweite längliche Befestigungszone und eine Verbindungsbefestigungszone umfasst, wobei sich die erste und zweite längliche Befestigungszone von einem Schrittbereich in Richtung der vorderen und/ oder hinteren Querkante nebeneinander erstrecken; wobei die Verbindungsbefestigungszone die erste Befestigungszone direkt mit der zweiten Befestigungszone verbindet;
    wobei die Vielzahl von Befestigungszonen eine im Wesentlichen U-förmige Zone bilden, die so angeordnet ist, dass sie in Bezug auf die Längsmittelachse des absorbierenden Kerns symmetrisch ist;
    wobei kleine Abschnitte der im Wesentlichen U-förmigen Zone nicht befestigt sind, um eine oder mehrere Brückenzonen zu schaffen,
    wobei die eine oder mehreren Brückenzonen ferner eine oder mehrere temporäre Befestigungen zwischen der oberen und der unteren den Kern einhüllenden Schicht umfassen, die so ausgestaltet sind, dass sie sich bei Benetzung lösen, so dass die eine oder mehreren temporären Befestigungen bei Benetzung zuerst als Führung eines Massenflusses der Flüssigkeit fungieren, woraufhin nach dem Lösen ein Kapillarfluss durch das absorbierende Material ermöglicht wird
    herzustellen (nur die Beklagte zu 1), anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen;
  14. II. festzustellen,
    a) dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin dasjenige herauszugeben, was die Beklagten auf Kosten der Klägerin seit dem 30.08.2019 bis zum 09.11.2019 durch Handlungen gemäß Ziffer I. erlangt haben;
    b) dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die zu Ziffer I. bezeichneten, seit dem 10.11.2019 begangenen Handlungen entstanden ist oder noch entstehen wird.
    c) hilfsweise: dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin dasjenige herauszugeben, was die Beklagten auf Kosten der Klägerin seit dem 30. August 2019 durch die Handlungen gemäß Ziffer I. erlangt haben;
    III. die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin gegliedert nach Kalendervierteljahren schriftlich in geordneter Form Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I. bezeichneten Handlungen seit dem 30. August 2019 begangen haben, und zwar unter der Angabe
    a) der einzelnen Lieferungen mit
    aa) Liefermengen, Zeiten und Preisen
    bb) Marken der jeweiligen Erzeugnisse sowie allen Identifikationsmerkmalen, namentlich Typenbezeichnung, Artikelbezeichnung, laufender Produktnummer
    cc) den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
    b) der einzelnen Angebote mit
    aa) Angebotsmengen, Zeiten und Preisen
    bb) Marken der jeweiligen Erzeugnisse sowie allen Identifikationsmerkmalen, namentlich Typenbezeichnung, Artikelbezeichnung, laufender Produktnummer
    cc) den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger
    c) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer, jeweils mit der Anzahl der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse;
    d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns (wobei diese Daten erst ab dem 10.11.2019 geschuldet sind);
    wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
    IV. die Beklagten zu verurteilen, die sich seit dem 30. August 2019 in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz befindlichen Erzeugnisse gemäß Ziffer I. an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben;
    V. die Beklagten zu verurteilen, die unter Ziffer I. bezeichneten, im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagten oder mit Zustimmung der Beklagten Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Bezugnahme auf das hiesige Urteil aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagten zurückzugeben und den Dritten für den Fall der Rückgabe des Erzeugnisses eine Rückzahlung des ggf. bereits bezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rücknahme zugesagt wird.
  15. Die Beklagten beantragen,
    die Klage abzuweisen,
    hilfsweise: den Rechtsstreit auszusetzen, nunmehr allerdings Aussetzung bis zu einer Entscheidung des Bundespatentgerichts über die Beschwerde gegen den Beschluss der Löschungsabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23.03.2023.
  16. Die Beklagten meinen, die angegriffenen Ausführungsformen verwirklichten die Lehre des Klagegebrauchsmusters jedenfalls in seiner durch die Löschungsabteilung eingeschränkt aufrechterhaltenen Fassung nicht.
    Entgegen dem im Löschungsverfahren neu hinzugekommenen Merkmal wiesen die angegriffenen Ausführungsformen keine erste und zweite Befestigungszone auf, welche direkt durch eine Verbindungsbefestigungszone verbunden sind. Aufgrund des Klebemusters der angegriffenen Ausführungsformen stehe der bei diesen – unstreitig – mittig zwischen den Befestigungszonen ausgeführte Bereich der Annahme entgegen, dass die beiden Befestigungszonen gemäß der technischen Lehre des Klagegebrauchsmusters direkt miteinander verbunden seien. Die Klägerin selber trage im parallelen Verletzungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf I-2 U 75/22 nichts Anderes vor, nämlich mit ihrem – von der Klägerin im hiesigen Verfahren nicht in Abrede gestellten – dortigen Vortrag, es liege „am Boden des Us […] keine Befestigung vor, da es hier an der zweiten notwendigen Bedingung für die Ausbildung einer Befestigungszone (= kein Auftrag von erstem Bindemittel auf die untere den Kern umhüllende Lage)“ fehle.
    Auch wiesen die angegriffenen Ausführungsformen keine Befestigungszonen vor, die eine U-Form bilden, denn die Klägerin selber mache geltend, dass die den Kern einhüllenden Lagen im unteren Bereich der Befestigungszonen nicht miteinander verklebt und nicht aneinander befestigt seien. Dies folge aus dem Klebemuster der angegriffenen Ausführungsformen, denn im Bogenbereich werde Klebstoff auf der ersten Lage aufgetragen, so dass dieser Bereich bei der Hinzufügung von absorbierendem Material kontaminiert würde, die gegenüberliegenden Lagen dort also nicht miteinander verklebt werden könnten.
    Schließlich fehlten bei den angegriffenen Ausführungsformen die vom Klagegebrauchsmuster geforderten kleinen, nicht befestigten Abschnitte der im Wesentlichen U-förmigen Zone. Die angegriffenen Ausführungsformen seien vielmehr so gestaltet, dass es zwischen den beiden länglichen Befestigungszonen einen U-förmigen Bereich gebe, der auf einer Breite von etwa zwei Zentimetern nicht befestigt sei. Dies sei kein kleiner Abschnitt nach der Lehre des Klagegebrauchsmusters. Auch liege dieser Abschnitt gerade nicht innerhalb der Befestigungszonen, weil eben der gesamte Bogenbereich nicht befestigt sei. In diesem nicht befestigten, etwa zwei Zentimeter breiten Bogenbereich dringe mangels Befestigung absorbierendes Material ein, so dass ein Massenfluss von zu absorbierender Flüssigkeit dort nicht möglich sei.
    Dass bei den angegriffenen Ausführungsformen im Bereich des U-Bogens absorbierendes Material vorhanden sei, sei aus der – nachfolgend wiedergegebenen – Abbildung „H“ des von der Klägerin als Anlage MB 10 vorgelegten Gutachtens zu den angegriffenen Ausführungsformen zu erkennen, weil im Bereich „B“ des U-Bogens eine deutliche Grünfärbung zu erkennen sei, die das Vorhandensein absorbierenden Materials bedeute:
  17. Auch gebe es keine Mehrzahl unbefestigter Abschnitte, sondern nur den einen, nicht kleinen unbefestigten Bereich. Schließlich wiesen die angegriffenen Ausführungsformen keine nur temporär befestigten Bereiche auf, denn bei den angegriffenen Ausführungsformen werde nur ein einheitlicher Kleber genutzt, der sich bei Benetzung mit Flüssigkeit nicht löse.
    Die Beklagten wenden außerdem ein positives Benutzungsrecht ein. Sie behaupten, sie hätten zu den angegriffenen Ausführungsformen identische Produkte aus demselben Herstellungsverfahren bereits vor dem Prioritätstag vertrieben. Die Beklagten hätten sich seit November 2016, spätestens aber seit Januar 2017 im Erfindungsbesitz hinsichtlich dieser Vorbenutzungsform befunden. Die Vorbenutzungsform sei beispielsweise am 02.02.2017 und sodann 16.03.2017 auf einer als „D03“ bezeichneten Maschine hergestellt worden. Das Herstellungsverfahren sei seitdem nicht geändert worden. Ab dem 02.02.2017 hätten die Beklagten ihren Erfindungsbesitz auch betätigt, nämlich indem sie Home-Use-Tests durchgeführt, nämlich die Vorbenutzungsformen an insgesamt 86 Familien zum Testen versandt hätten. Am 07.03.2017 hätten die Beklagten außerdem insgesamt 1.500 Exemplare der Vorbenutzungsform in 30 Beuteln für die Supermarktkette I S.A. hergestellt und zur Durchführung von Tests zur Verfügung gestellt.
    Schließlich wenden die Beklagten ein, das Klagegebrauchsmuster werde sich im Beschwerdeverfahren als nicht rechtsbeständig erweisen. Jedenfalls die US 2016/0206XXE A1 (Entgegenhaltung D4, im Folgenden US ‘XXE) nehme die technische Lehre des Klagegebrauchsmusters neuheitsschädlich vorweg. Denn die US ‘XXE offenbare in ihrer Figur 14 einen absorbierenden Artikel mit Befestigungszonen, die aber räumlich mit deutlichen Unterbrechungen ausgebildet seien. Sollte das Klagegebrauchsmuster in der Weise auszulegen sein – worauf sich die Klägerin berufe –, dass auch eine Gestaltung mit solchen deutlichen Unterbrechungen der Befestigungszonen vom Schutzbereich umfasst sei, sei es aufgrund mangelnder Neuheit nicht rechtsbeständig.
  18. Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird ergänzend Bezug genommen auf die zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen.
  19. Entscheidungsgründe
  20. Die Klage ist – nachdem die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung am 17.09.2024 klargestellt hat, dass sie den Hilfsantrag unter die innerprozessuale Bedingung der Erfolglosigkeit des Hauptantrags stellt – insgesamt zulässig, jedoch sowohl nach Haupt- als auch Hilfsantrag insgesamt unbegründet. Es lässt sich nicht feststellen, dass die angegriffenen Ausführungsformen die technische Lehre des Klagegebrauchsmusters verwirklichen.
  21. I.
    Das Klagegebrauchsmuster betrifft absorbierende Artikel, insbesondere wegwerfbare Körperpflegeartikel wie Windeln, Babyhosen, Inkontinenzkleidungsstücke für Erwachsene und dergleichen, und absorbiere Strukturen zur Verwendung in solchen absorbierenden Artikeln.
    In seiner einleitenden Beschreibung schildert das Klagegebrauchsmuster, dass absorbierende Artikel wie Windeln, Babyhosen, Inkontinenzbekleidungsstücke etc. typischerweise einen absorbierenden Kern umfassen, der zwischen einer flüssigkeitsdurchdringbaren oder -durchlässigen, hydrophilen oder halbhydrophilen Oberschicht und einer flüssigkeitsundurchdringbaren oder -undurchlässigen Unterschicht angeordnet ist. Der absorbierende Kern umfasst ein absorbierendes Material, das in der Lage ist, fluide und flüssige Körperausscheidungen des Verwenders des absorbierenden Artikels aufzunehmen (Abs. [0002]).
    Das absorbierende Material des absorbierenden Kerns kann ein absorbierendes partikelförmiges Polymermaterial sein, welches in einer Matrix von Zellulosefasern oder Flockenzellstoff dispergiert ist, um eine Aggregation des partikelförmigen Materials zu verhindern, sowie um Gelblockierung zu verhindern (Abs. [0003]). Eine derartige Gelstruktur blockiert oft den weiteren Transfer von Flüssigkeit in den verbleibenden absorbierenden Kern. Als ein Ergebnis kann die Flüssigkeit nicht mehr in der Lage sein, das verbleibende absorbierende partikelförmige Polymermaterial zu erreichen, und die Effektivität des gesamten absorbierenden Artikels nimmt signifikant ab. Existierende Flockenzellstoff-Materialien sind nicht geeignet, um schnelle, nachfolgende Anfälle von Flüssigkeit zu bewältigen, da sie limitierte Verteilungskapazitäten aufweisen (Abs. [0003]). Außerdem weisen existierende Flockenzellstoff-Materialien eine limitierte Kapazität der Gesamtflüssigkeitsaufnahme auf. Des Weiteren besitzen existierende absorbierende Kerne enthaltend Flockenzellstoff eine begrenzte Nassintegrität, was dazu führt, dass die Form und der Sitz des absorbierenden Artikels deformiert wird, wenn zum Beispiel ein absorbierender Artikel von einem Baby getragen wird, welches sich umherbewegt (Abs. [0003]).
    Das Klagegebrauchsmuster schildert weiter, dass es in den letzten Jahren eine große Nachfrage nach flexibleren, dünneren, leichtgewichtigen absorbierenden Artikeln gab, um die verschiedenen Probleme, welche mit der Herstellung, Vermarktung, Design, Sitz, Tragekomfort, Verteilung, Müllentsorgung, Material und Energieverbrauch, Transport- und Lagerkosten und Ähnlichem verbunden sind, zu lösen. Dies führte zu der Suche nach und der Entwicklung und Produktion von absorbierenden Artikeln, welche einen absorbierenden Kern enthalten, welcher wenig oder keine Zellulosefasern oder Flockenzellstoff enthält, da die letzteren dazu tendieren, ziemlich voluminös zu sein, und im Allgemeinen zu dickeren absorbierenden Kernen führen, was den Gesamttragekomfort des absorbierenden Artikels für den Verwender reduziert (Abs. [0004]). Daher wurden verschiedene absorbierende Kerne enthaltend wenig oder keine Zellulosefasern oder Flockenzellstoff in den letzten Jahren entwickelt, um zu versuchen, die vorher genannten Nachteile zu überwinden, wobei die relativ hohen Mengen von absorbierendem Polymermaterial, welche notwendig sind, um die Absorption, Verteilung und Rückhaltekapazität von den Zellulosefasern und/oder Flockenzellstoff zu ersetzen, innerhalb dieser neuen absorbierenden Kerne mittels verschiedener Techniken beladen, verteilt und immobilisiert werden. Da jedoch bedingt durch die Fähigkeit und Kapazität des absorbierenden Kerns, Fluide und Flüssigkeiten zu absorbieren, zu transportieren und zurückzuhalten, in großem Maße von der Form, Position und/oder Art und Weise, in welcher diese absorbierenden Polymermaterialien in dem absorbierenden Kern kooperiert sind, abhängen, bleiben verschiedene Nachteile ungelöst (Abs. [0005]).
    Zwar kommen heterogen verteilte absorbierende Kerne besser mit den zuvor genannten und vom Klagegebrauchsmuster als nachteilig identifizierten Problemen zurecht. Trotzdem erwiesen sich diese als nicht zufriedenstellend innerhalb der meisten erhältlichen absorbierenden Artikel. Insbesondere problematisch waren jedoch die im Wesentlichen homogen verteilten absorbierenden Strukturen für den zweiten, dritten und nächsten Flüssigkeitsanfall, wobei die trockenen und/oder benetzten absorbierenden Polymermaterialschichten tatsächlich als Flüssigkeitsbarriere wirken können.
    Diese Probleme und Komplikationen sind insbesondere bei sehr flexiblen, dünnen, leichtgewichtigen absorbierenden Strukturen verbreitet, in welchen große Mengen von absorbierendem Polymermaterial innerhalb des absorbierenden Kerns des absorbierenden Artikels verteilt sind. Die Zugabe von noch weiteren, dickeren und größeren aufliegenden Aufnahme- und Verteilungsschichten löste nicht die zuvor genannten Absorptions-, Verteilungs- und Rückhalteprobleme und machte die absorbierenden Artikel kommerziell umso mehr nicht lebensfähig, nicht nachhaltig umweltschonend und schwieriger herzustellen, zu lagern und zu transportieren (Abs. [0005]).
    Ein weiteres bestehendes und vom Klagegebrauchsmuster angesprochenes Problem bei solchen absorbierenden Kernen, die keine oder wenig Zellulosefasern oder Flockenzellstoff enthalten, hängt mit der Wanderung, dem Verlust und dem Auslaufen des teilchenförmigen Polymer-Absorptionsmaterials aus dem absorbierenden Artikel während des trockenen und/oder nassen Zustands zusammen, was zu Reizung, Hautproblemen und allgemeiner Unbequemlichkeit für den Verwender führt. Dieses Fehlen einer wirksamen und effizienten Immobilisierung und Flüssigkeitsverteilung führt zu dysfunktionalen absorbierenden Artikeln aufgrund der verringerten Aufnahmekapazität, Gelblockierung, verbesserten Rücknässungswerte, Leckagen und der Erzeugung von Brüchen und/oder Mikrolöchern in der flüssigkeitsdurchlässigen Oberschicht und/oder in der flüssigkeitsundurchlässigen Unterschicht solcher Absorptionsartikel (Abs. [0006]).
    Absorbierende Kerne haben im Allgemeinen eine hohe Absorptionskapazität, und der absorbierende Kern kann sich um ein Vielfaches seines Gewichts und seines Volumens ausdehnen. Diese Vergrößerungen können, wie das Klagegebrauchsmuster erörtert, bewirken, dass sich der absorbierende Artikel im Schrittbereich verformt und/oder durchhängt, wenn er mit Flüssigkeit gesättigt wird. Dies kann undichte Stellen über eine Längs- und/oder Querkante des absorbierenden Artikels auftreten lassen (Abs. [0007]).
    Vor diesem Hintergrund bezeichnet es das Klagegebrauchsmuster in Abs. [0008] als seine Aufgabe, einen absorbierenden Artikel mit verbesserter Flüssigkeitsverteilung und verbesserten Absorptionskapazitäten bereitzustellen.
    Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagegebrauchsmuster einen absorbierenden Artikel mit folgenden Merkmalen vor:
    1. Absorbierender Artikel,
    2. der eine flüssigkeitsdurchlässige Oberschicht,
    3. eine flüssigkeitsundurchlässige Unterschicht und
    4. einen absorbierenden Kern
    4.1 mit einem absorbierenden Material zwischen einer oberen den Kern einhüllenden Schicht und einer unteren den Kern einhüllenden Schicht umfasst, wobei
    4.2. der absorbierende Kern zwischen der Oberschicht und der Unterschicht positioniert ist; wobei
    4.3 der absorbierende Kern eine erste und zweite Längskante (131, 132) und eine vordere und hintere Querkante (133, 134) aufweist; wobei
    4.4 der absorbierende Kern mit einer Vielzahl von Befestigungszonen versehen ist, an denen die obere den Kern einhüllende Schicht an der unteren den Kern einhüllenden Schicht befestigt ist, und
    4.4.1. in denen im Wesentlichen kein absorbierendes Material vorhanden ist; wobei
    4.4.1.a die Vielzahl von Befestigungszonen eine erste und zweite längliche Befestigungszone und eine Verbindungsbefestigungszone umfasst, wobei sich die erste und die zweite längliche Befestigungszone von einem Schrittbereich in Richtung der vorderen und/ oder hinteren Querkante nebeneinander erstrecken; wobei die Verbindungsbefestigungszone die erste Befestigungszone direkt mit der zweiten Befestigungszone verbindet, wobei
    4.4.2 die Vielzahl von Befestigungszonen eine im Wesentlichen U-förmige Zone bilden, die so angeordnet ist, dass sie in Bezug auf die Längsmittelachse des absorbierenden Kerns symmetrisch ist; wobei
    4.4.3 kleine Abschnitte der im Wesentlichen U-förmigen Zone nicht befestigt sind, um eine oder mehrere Brückenzonen zu schaffen, wobei
    4.4.3.1 die eine oder mehreren Brückenzonen ferner eine oder mehrere temporäre Befestigungen zwischen der oberen und der unteren den Kern einhüllenden Schicht umfassen, die so ausgestaltet sind, dass sie sich bei Benetzung lösen,
    4.4.3.2 so dass die eine oder mehreren temporären Befestigungen bei Benetzung zuerst als Führung eines Massenflusses der Flüssigkeit fungieren,
    4.4.3.3 woraufhin nach dem Lösen ein Kapillarfluss durch das absorbierende Material ermöglicht wird
    Mit ihrem Hauptantrag macht die Klägerin diesen Hauptanspruch des Klagegebrauchsmusters geltend, eingeschränkt allerdings durch ein weiteres Merkmal, nach dem nämlich in den Brückenzonen im Wesentlichen kein absorbierendes Material vorhanden ist.
    II.
    Dass die angegriffenen Ausführungsformen alle diese Merkmale verwirklichen, lässt sich nicht feststellen. Nicht feststellbar ist jedenfalls die Verwirklichung der Merkmale 4.4.1.a und 4.4.2.
    1. Zu Merkmal 4.4.1.a sind im Hinblick auf den Streitstand zwischen den Parteien folgende Ausführungen veranlasst:
    a) Dieses Merkmal ist in der Weise auszulegen, dass die Vielzahl von Befestigungszonen räumlich-körperlich verteilt ist in zwei längliche, sich von einem Schrittbereich in Richtung der vorderen und/oder hinteren Querkante nebeneinander erstreckende längliche Befestigungszonen einerseits und eine Verbindungsbefestigungszone anderseits, welche die beiden länglichen Befestigungszonen in der Weise direkt miteinander verbindet, dass die einzelnen Befestigungszonen räumlich-körperlich nicht voneinander getrennt sind außer durch Brückenzonen. Dabei bedeutet die Beschränkung auf Brückenzonen, die alleine die Befestigungszonen unterbrechen dürfen, dass die Abfolge der Befestigungszonen nur unterbrochen sein darf durch Zonen, in denen die Oberschicht und die Unterschicht des absorbierenden Artikels zwar nicht in der Weise aneinander befestigt sind, wie dies in den Befestigungszonen ausgestaltet ist, also nicht dauerhaft und unabhängig von einer Benetzung des absorbierenden Artikels, wohl aber die Oberschicht und die Unterschicht in den Brückenzonen neben vollständig unbefestigten Bereichen in einem oder mehreren Bereichen temporär miteinander befestigt sind, nämlich vor einer Benetzung des absorbierenden Artikels.
    Welche absolute oder relative Größe die Brückenzonen haben dürfen, ohne einer direkten Verbindung der beiden länglichen Befestigungszonen durch die Verbindungsbefestigungszone entgegenzustehen, steht im begrenzten Ermessen des Fachmanns, der, wie von der Löschungsabteilung angenommen (Anlage BP 18 Seite 7 unter II.3.) zu bestimmen ist als mit der Entwicklung von Hygieneartikeln befasster, mehrjährig berufserfahrener Materialwissenschaftler oder Chemiker, der Kenntnisse auf dem Gebiet der Herstellung von Absorptionsartikeln mit superabsorbierenden Polymerisaten gesammelt hat. Der Fachmann erkennt, dass die Brückenzonen – weder jede für sich noch alle zusammengenommen – nicht ein solches Ausmaß haben dürfen, dass bei Benetzung des absorbierenden Artikels die benetzende Flüssigkeit nicht mehr entlang der Befestigungszonen fließen könnte. Zwar darf in den Brückenzonen nach Benetzung ein Kapillarfluss geschehen und ein Massenfluss behindert oder gar unterbunden sein, dies darf sich aber nicht auf die Funktion der Befestigungszonen auswirken, einen Massenfluss zu ermöglichen. Der Fachmann erkennt, dass er klagegebrauchsmustergemäß Anzahl und Dimensionierung der Brückenzonen nur innerhalb dieses Rahmens nach seinem Ermessen wählen darf.
    Ferner erkennt der Fachmann, dass diejenige räumlich-körperliche Struktur, welche die Vielzahl von Befestigungszonen ausmacht und die sich in die Unterstrukturen der ersten und zweiten länglichen Befestigungszone sowie die diese direkt miteinander verbindenden Verbindungsbefestigungszone unterteilen lässt, nur zwei Arten von Zonen aufweisen darf: Entweder Befestigungszonen, in denen erstens gemäß Merkmal 4.4 die obere den Kern einhüllende Schicht mit der unteren den Kern einhüllenden Schicht verbunden ist und in denen zweitens gemäß Merkmal 4.4.1 im Wesentlichen kein absorbierendes Material vorhanden ist; oder Brückenzonen, die gemäß Merkmal 4.4.3 kleine Abschnitte der gesamten Struktur ausmachen und in denen es unbefestigte Bereiche und eine oder mehrere temporäre Befestigungen zwischen den beiden genannten den Kern einhüllenden Schichten gibt.
    b) Zu dieser Auslegung führt der Zusammenhang der vom Klagegebrauchsmuster gelehrten Merkmale. Das – im Löschungsverfahren neu hinzugekommene – Merkmal 4.4.1.a steht mit seiner Forderung nach einer direkten Verbindung der ersten mit der zweiten Befestigungszone über eine Verbindungsbefestigungszone in einem vermeintlichen Widerspruch zur Merkmalsgruppe 4.4.3, die kleine, nicht befestigte Abschnitte der U-förmigen Zone von Befestigungsabschnitten lehrt: Hiernach sollen einerseits die Befestigungszonen direkt miteinander verbunden sein, anderseits aber kleine Abschnitte aufweisen, in denen die obere und untere Lage nicht miteinander befestigt sind.
    Der Fachmann erkennt, dass dieser vermeintliche Widerspruch in der Weise aufzulösen ist, dass nach Merkmal 4.4.1.a die erste und zweite Befestigungszone ebenso wie die Verbindungsbefestigungszone zu der nach Merkmal 4.4 gelehrten Vielzahl von Befestigungszonen gehören, nämlich von dieser Vielzahl umfasst sind. Merkmal 4.4.1.a lehrt aus fachmännischer Sicht also keine Struktur, in der alle Befestigungszonen ununterbrochen ineinander übergehen. Die Zäsuren zwischen den einzelnen Befestigungszonen sind, dies entnimmt der Fachmann der Merkmalsgruppe 4.4.3, die Brückenzonen, die mit einer oder mehreren temporären Befestigungen gemäß Merkmal 4.4.3.1 Brücken zwischen den beiden Seiten der Befestigungszonen ausbilden und die zugleich nicht befestigte Abschnitte innerhalb der U-förmigen-Zone von Befestigungszonen umfassen.
    Dem entnimmt der Fachmann einen vom Klagegebrauchsmuster behandelten Zielkonflikt: Dem Ziel, eine direkte Verbindung zwischen der ersten und zweiten Befestigungszone mithilfe der Verbindungsbefestigungszone zu schaffen, steht das Ziel gegenüber, ungeachtet der Forderung nach einer direkten Verbindung der Befestigungszonen kleine, nicht befestigte Abschnitte als Brückenzonen auszuführen.
    c) Den technischen Hintergrund dieses Zielkonflikts kann der Fachmann dem Zusammenhang der Merkmale 4.4.3.1, 4.4.3.2 und 4.4.3.3 entnehmen: Insoweit wird eine Dichotomie gelehrt, nämlich die Abgrenzung eines Massenflusses der Flüssigkeit von einem Kapillarfluss der Flüssigkeit. Über die Lehre zu den Brückenzonen hinaus erkennt der Fachmann, dass das Vorhandensein von absorbierendem Material dazu führt, dass die Flüssigkeit durch Kapillarfluss transportiert wird. Ferner erkennt der Fachmann, dass umgekehrt die Abwesenheit von absorbierendem Material Bedingung für den hiervon abzugrenzenden Massenfluss der Flüssigkeit ist: Während Merkmal 4.4.1 lehrt, dass in der Vielzahl von Befestigungszonen im Wesentlichen kein absorbierendes Material vorhanden ist, lehren die Merkmale 4.4.3.1 bis 4.4.3.3 in ihrem Zusammenhang, dass das Lösen der temporären Befestigung dazu führt, dass statt des Massenflusses ein Kapillarfluss durch das absorbierende Material stattfindet. Das führt mit Blick auf Merkmal 4.4.1 zu der Erkenntnis das – im Wesentlichen – kein absorbierendes Material vorhanden sein darf, wenn ein Massenfluss stattfinden soll.
    d) Diese Auslegung wird gestützt durch die Beschreibung des Klagegebrauchsmusters.
    aa) Schon der Würdigung des Standes der Technik ist zu entnehmen, dass als Material des absorbierenden Kerns partikelförmiges Material in einer Matrix von Zellulosefasern oder Flockenzellstoff in Betracht kommt, dass aber dieses Material zu einer Gel-Blockierung führen kann, wenn Flüssigkeit absorbiert wird und das absorbierende Material anschwellen lässt. Deswegen sind diese Materialien nicht dazu geeignet, schnelle, nachfolgende Anfälle von Flüssigkeit zu bewältigen und zu verteilen (Absatz [0003]). Auch würdigt das Klagegebrauchsmuster im Stand der Technik Bemühungen, das absorbierende Polymermaterial innerhalb des absorbierenden Kerns zu beladen, zu verteilen und zu immobilisieren; ebenso wird die Erkenntnis referiert, dass heterogen verteilte absorbierende Kerne die vorbekannten Probleme besser bewältigen, ohne allerdings die vorbekannten Probleme zufriedenstellend zu lösen, während homogen verteilte absorbierende Strukturen für den zweiten, dritten und nächsten Flüssigkeitsanfall als Flüssigkeitsbarriere wirken können (Absatz [0005]). Somit ist dem Fachmann schon aus der Würdigung des Standes der Technik durch das Klagegebrauchsmuster bekannt, dass es nicht alleine auf das Vorhandensein besonders absorptionsstarken absorbierenden Materials ankommt, sondern auch auf dessen geeignete strukturelle Verteilung.
    bb) Dem allgemeinen Teil der Beschreibung des Klagegebrauchsmusters entnimmt der Fachmann einen Hinweis auf die Lösung der Aufgabe (Abs. [0008]), einen absorbierenden Artikel mit verbesserter Flüssigkeitsverteilung und verbesserten Absorptionskapazitäten bereitzustellen, nämlich den Vorschlag (Abs. [0010]), zwei langgestreckte, durch mindestens einen Verbindungskanal miteinander verbundene Kanäle vorzusehen in Gestalt einer ersten und zweiten, durch mindestens eine Verbindungsbefestigungszone verbundene längliche Befestigungszone, weil in dieser Struktur Flüssigkeit unmittelbar von dem ersten länglichen Kanal zu dem zweiten länglichen Kanal fließen kann und umgekehrt, wodurch die Flüssigkeitsverteilung und die Absorption verbessert werden. Dem ist zu entnehmen, dass die Befestigungszonen nach der Lehre des Klagegebrauchsmusters als Kanäle fungieren und auf diese Weise die Flüssigkeitsverteilung verbessern, die durch das Vorhandensein von absorbierendem Material behindert oder gar unterbunden würde.
    cc) Insgesamt versteht der Fachmann die Begriffe „Befestigungszonen“ einerseits und „Kanäle“ andererseits als Synonyme. Er erkennt nämlich aus den dargelegten Gründen die technische Funktion der Befestigungszonen als Kanäle. Außerdem entnimmt er der Beschreibung von Ausführungsbeispielen, etwa dem in Figur 15F gezeigten in Abs. [0335], die Angabe, durch die Ausbildung einer U-förmigen Zone 140, 150, 1045 – wobei die Bezugszeichen 140 und 150 längliche Befestigungszonen darstellen und das Bezugszeichen 1045 eine Verbindungsbefestigungszone darstellt – werde ein zweckmäßiges Kanalnetz zum Verteilen von Flüssigkeit geschaffen, das eine schnelle Verteilung der Flüssigkeit durch den gesamten Kern ermöglicht. Ergänzend gestützt wird dies dadurch, dass in der Beschreibung anderer Ausführungsbeispiele, etwa dem in Fig. 16 S gezeigten, die Bezugszeichen 140 und 150 sowohl für Befestigungszonen als auch für Kanäle genutzt werden (Abs. [0371]).
    dd) Schließlich folgt die genannte Auslegung aus der Erkenntnis des Fachmanns aus der Abgrenzung, die das Klagegebrauchsmuster vornimmt zwischen einerseits solchen Ausführungsbeispielen, bei denen Längsbefestigungszonen durch eine Querbefestigungszonen verbunden sind, und demgegenüber solchen Gestaltungen andererseits, bei denen die Längsbefestigungszonen nicht direkt verbunden sind, sondern sich lediglich an bestimmten Stellen annähern. Dies ist beschrieben einerseits für Ausführungsformen mit verbundenen Längsbefestigungszonen in Abs. [0382] mit Bezug auf die oben wiedergegeben Figuren 21Q und 21S und andererseits für  – nicht vom Schutzbereich des Klagegebrauchsmusters umfasste – Gestaltungen, bei denen die Längsbefestigungszonen nicht verbunden sind, sondern sich lediglich annähern, letzteres in Abs. [0387] mit Bezug auf die oben ebenfalls wiedergegeben Figuren 21U und 21Y. Kontrastiert werden hiernach ausdrücklich Ausführungsformen, die keine erkennbaren Unterbrechungen zwischen der Vielzahl von Befestigungszonen in der U-förmigen Zone aufweisen – wie in Figuren 21Q und 21S dargestellt – zu den Gestaltungen, bei denen es eine deutlich erkennbare Lücke zwischen größeren Befestigungszonen gibt – wie in Figuren 21U und 21Y dargestellt.
    ee) Die Bedeutung der Flussrichtungen der zu absorbierenden Flüssigkeit entnimmt der Fachmann überdies der Beschreibung zur Funktion der Brückenzonen in Abs. [0067]: Hier wird der Kapillarfluss, also der Fluss der zu absorbierenden Flüssigkeit aufgrund der Kapillarwirkung, erläutert und zum Massenfluss kontrastiert. Der Kapillarfluss ist dabei quer zur Ausrichtung der Vielzahl von Befestigungszonen möglich und sogar, in Abgrenzung zum Massenfluss, entgegen der Schwerkraft. Dies erkennt der Fachmann als nach der Lehre des Klagegebrauchsmusters vorteilhaft, weil es die Flüssigkeitsverteilung verbessert, sie nämlich (auch) entgegen der Schwerkraft und damit unabhängig von der Position des Trägers des absorbierenden Artikels ermöglicht.
    2. Zu Merkmal 4.4.2 sind, anschließend an die oben unter 1. dargelegte Auslegung des Merkmals 4.4.1.a, folgende Ausführungen veranlasst:
    a) Dieses Merkmal ist dahin auszulegen, dass die erste und zweite längliche Befestigungszone zusammen mit der Verbindungsbefestigungszone eine geometrische Struktur in Form eines U symmetrisch zur Längsmittelachse des absorbierenden Kerns ausbilden, wobei zur Ausbildung dieser Struktur nur diejenigen Bereiche in Betracht kommen, in denen eine nur durch Brückenzonen unterbrochene Befestigung der oberen an der unteren Schicht vorliegt.
    b) Zu dieser Auslegung gelangt der Fachmann nach dem oben Ausgeführten deshalb, weil er die technische Lehre des Klagegebrauchsmusters ernst nimmt, wonach die als Kanäle fungierenden und synonym hierzu zu verstehenden Befestigungszonen einen Flüssigkeitstransport im Wege des Massenflusses gewährleisten sollen und deshalb – neben etwa der Anforderung, dass sie im Wesentlichen frei von absorbierendem Material sein müssen gemäß Merkmal 4.4.1 – bestimmte strukturelle Eigenschaften wie vom Klagegebrauchsmuster gelehrt aufweisen müssen.
    Hierzu entnimmt der Fachmann der Beschreibung die Angabe (Abs. [0018]), sowohl eine U-Form als auch eine V-Form sorgten für eine gute Flüssigkeitsleitung, eine U-Form vermeide darüber hinaus scharfe Winkel, wodurch ein guter Flüssigkeitstransport von der einen Befestigungszone, also dem einen Schenkel des U, zur zweiten Befestigungszone, dem anderen Schenkel des U, verbessert werde. Ausgehend davon, dass die Lehre des Klagegebrauchsmusters wortlautgemäß auf Ausgestaltungen mit einer „U-förmigen“ Zone beschränkt ist, nimmt der Fachmann diese Beschreibungsstelle als allgemeine Angabe des Klagegebrauchsmusters zur technischen Bedeutung gerade der U-Form ernst, für welche es sich in seinem Hauptanspruch 1 auswählend entschieden hat. Ferner erkennt der Fachmann, dass das Klagegebrauchsmuster Gestaltungen beschreibt und offenbart, für die es in seinem Hauptanspruch 1 gerade keinen Schutz beansprucht, nämlich solche Gestaltungen, bei denen die Struktur nicht einem U, sondern einem V, also mit einem scharfen Winkel im Verlauf der Struktur, entspricht.
    c) Weil somit auch die Lehre von der U-förmigen Struktur aus fachmännischer Sicht – ebenso wie die Lehre von einer direkten Verbindung zwischen erster und zweiter länglicher Befestigungszone durch eine Verbindungsbefestigungszone gemäß Merkmal 4.4.1.a – zu der Funktion beiträgt, einen guten Flüssigkeitstransport durch den absorbierenden Kern hindurch zu gewährleisten, sieht der Fachmann den entscheidenden Zusammenhang zwischen diesen beiden technischen Merkmalen: Er setzt es als klagegebrauchsmustergemäß voraus, dass die Vielzahl von Befestigungszonen erstens als erste und zweite längliche Befestigungszone und Verbindungsbefestigungszone direkt miteinander verbunden sind und zweitens zugleich als solche eine U-förmige, zur Längsmittelachse des absorbierenden Kerns (spiegel-)symmetrische Form bilden.
    3. Hiernach lässt sich eine Verwirklichung der Merkmale 4.4.1.a und 4.4.2 durch die angegriffenen Ausführungsformen nicht feststellen.
    a) Mit Blick auf Merkmal 4.4.1.a steht zwischen den Parteien außer Streit, dass die angegriffenen Ausführungsformen ein Klebemuster aufweisen, das dazu führt, dass die obere und untere, den absorbierenden Kern einhüllende Lage zwar in einem Bereich miteinander verbunden sind, der Teile der Struktur eines „U“ ausbildet, dass im Bogen des „U“ aber die obere und untere Lage über eine Breite von mehreren Zentimetern nicht miteinander verklebt und nicht aneinander befestigt sind, und zwar auch nicht in Gestalt einer temporären, sich bei Benetzung lösenden Befestigung.
    b) Dieser Bereich, der sich unstreitig in schematischer Darstellung gemäß der nachfolgend nochmals eingeblendeten, dem klägerischen Schriftsatz vom 17.09.2024 unter II. entnommenen Skizze, als Zonen bezeichnet mit den Buchstaben D, E und F identifizieren lässt, ist jedenfalls kein kleiner, eine Brückenzone ausbildender Bereich mehr, sondern ein Bereich, der die Vielzahl von Befestigungszonen in anderer Weise als durch Brückenzonen voneinander trennt:
  22. Zum einen weist dieser Bereich überhaupt keine räumlich-körperliche Ausgestaltung einer Befestigung der oberen und unteren den Kern umhüllenden Schicht aneinander auf. Er lässt sich damit nicht gemäß der technischen Lehre des Klagegebrauchsmusters als Brückenzone im Sinne der Merkmalsgruppe 4.4.3 identifizieren, weil an dieser Stelle die Benetzung der angegriffenen Ausführungsformen nicht zu einer Änderung der Klebestruktur führt. Ebenso wenig lässt sich dieser Bereich als Befestigungszone ausmachen, und zwar unabhängig davon, ob – was zwischen den Parteien im Streit steht – dieser Bereich im Wesentlichen frei von absorbierendem Material gemäß Merkmal 4.4.1 ist. Denn eine Befestigungszone weist nach der technischen Lehre des Klagepatents zwei Gestaltungsmerkmale auf: in ihr ist im Wesentlichen kein absorbierendes Material vorhanden und in ihr sind die beiden umhüllenden Schichten gemäß Merkmal 4.4 aneinander befestigt. Dieses zweite Gestaltungsmerkmal ist im fraglichen Bereich der angegriffenen Ausführungsformen nicht erfüllt.
    Zum anderen lässt sich nicht feststellen, dass diese Unterbrechung der Befestigung nur einen kleinen Bereich zwischen den Befestigungszonen ausmacht. Der Bereich ist groß genug, um wahrnehmbar zu sein und jedenfalls groß genug, damit in diesem Bereich die Flüssigkeit jedenfalls nicht auf dieselbe Weise wie in den befestigten Bereichen fließen kann.
    c) Hiernach kommt es nicht entscheidend auf die Behauptung der Klägerin an, der genannte Bereich sei frei von absorbierendem Material, denn das ist, wie ausgeführt, nur eine von zwei Bedingungen, um eine Befestigungszone annehmen zu können.
    Ebenso wenig kommt es auf den Streit der Parteien an, ob die von der Klägerin vorgelegten privatgutachterlichen Untersuchungen von Exemplaren der angegriffenen Ausführungsform 2 („G“; Untersuchungsberichte vorgelegt als Anlagen MB 15 und MB 16) die tatsächliche Funktionsweise bei der bestimmungsgemäßen Benutzung der angegriffenen Ausführungsformen zeigen. Denn auch diese Untersuchungen belegen jedenfalls den auch von der Klägerin gehaltenen Vortrag, dass im fraglichen Bogenbereich der U-förmigen Struktur eine Befestigung der beiden umhüllenden Schichten aneinander fehlt. Ob diese räumlich-körperliche Ausgestaltung in der bestimmungsgemäßen Anwendung einen Transport der Flüssigkeit entlang der U-förmigen Struktur ermöglicht und ob und inwieweit sich die Befestigungsstrukturen nach Benetzung lösen, ist für die Prüfung der Verwirklichung der technischen Lehre des Klagegebrauchsmusters nicht von Bedeutung, denn dieses beansprucht in der oben dargelegten Weise eine räumlich-körperlich gestaltete Vorrichtung und nicht deren Funktionsweise.
    d) Hiernach ergibt sich zugleich, dass eine Verwirklichung von Merkmal 4.4.2 durch die angegriffenen Ausführungsformen nicht feststellbar ist: Bei beiden angegriffenen Ausführungsformen bilden die Befestigungszonen eine Struktur aus, die im unteren Bereich unterbrochen ist. Zwar ist dort eine Bogenstruktur erkennbar, dies beruht aber unstreitig nicht auf einer Verbindung der beiden den absorbierenden Kern umhüllenden Schichten, denn im dortigen Bereich sind diese Schichten nicht aneinander befestigt. Die von den angegriffenen Ausführungsformen ausgebildete Struktur bildet also nicht die Form eines U, sondern zwei annäherungsweise spiegelsymmetrische, voneinander räumlich-körperlich getrennte Strukturen in etwa in Gestalt eines spiegelverkehrten und eines nicht spiegelverkehrten J. Schon dies steht der Verwirklichung des Merkmal 4.4.2 entgegen, weil nach der oben dargelegten Auslegung nur diejenigen Bereiche der Struktur berücksichtigt werden, die als Befestigungszonen gemäß dem Klagegebrauchsmuster in Betracht kommen.
  23. III.
    Weil sich somit eine Verwirklichung der Lehre des Klagegebrauchsmusters unabhängig von der Frage des Vorhandenseins von absorbierendem Material in der genannten Bogenstruktur nicht feststellen lässt, hat die Klage weder in ihrem Hauptantrag noch in ihrem Hilfsantrag Erfolg. Der von den Beklagten hilfsweise gestellte Aussetzungsantrag kommt daher nicht zur Entscheidung.
  24. IV.
    Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
    Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
  25. V.
    Der Streitwert war nach dem klägerischen Angriffsinteresse zu bemessen und, weil die Beklagten der klägerischen Streitwertangabe nicht entgegengetreten sind, demnach auf 1.500.000,00 EUR festzusetzen.

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