4a O 20/22 – Mischer eines Fluides

Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3384

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 15. August 2024, Az. 4a O 20/22

  1. I. Die Beklagte wird verurteilt,
  2. 1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro – ersatzweise Ordnungshaft – oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlungen bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an ihrem Geschäftsführer zu vollstrecken ist, zu unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland,
  3. Mischer zum Mischen mindestens eines ersten und zweiten Fluides, enthaltend:
  4. eine Leitung, die zur Aufnahme einer Strömung des ersten und zweiten Fluides geeignet ist, eine erste Reihe von Mischelementen, die innerhalb der Leitung angeordnet sind und zum Teilen der Strömung in eine erste Richtung ausgeführt sind; und eine zweite Reihe von Mischelementen, die innerhalb der Leitung angeordnet und zum Teilen der Strömung in eine zweite Richtung ausgeführt sind, die sich von der ersten Richtung unterscheidet; in welchem jedes der Mischelemente der ersten Reihe enthält ein erstes ebenes Glied, das in die erste Richtung ausgerichtet ist und eine führende, strömungsteilende Kante definiert, ein zweites ebenes Glied, das in die zweite Richtung ausgerichtet ist und eine hintere, strömungszusammenführende Kante definiert, eine erste umlenkende Fläche, die sich von einer ersten Seite des ersten ebenen Gliedes nach außen erstreckt und ausgeführt ist, um Fluidströmung zu einem zur ersten Seite des zweiten ebenen Gliedes benachbarten Raum zu lenken, und eine zweite umlenkende Fläche, die sich von einer zweiten Seite des ersten ebenen Gliedes nach außen erstreckt und ausgeführt ist, um Fluidströmung zu einem zur zweiten Seite des zweiten ebenen Gliedes benachbarten Raum zu lenken,
  5. anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen;
  6. 2. der Klägerin Auskunft zu erteilen über Handlungen gemäß Ziff. I.1., die seit dem 13. Mai 2011 begangen worden sind, und zwar unter Angabe
  7. a) der Namen und Anschriften der Lieferanten der Mischer gemäß Ziff. I.1.,
  8. b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
  9. c) der Menge der ausgelieferten, erhaltenen und bestellten Erzeugnisse sowie über die Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse gezahlt wurden,
  10. wobei
  11. zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
  12. 3. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte die zu Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 13. Mai 2011 begangen hat, und zwar unter Angabe
  13. a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Abschriften der gewerblichen Abnehmer,
  14. b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
  15. c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
  16. d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
  17. wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist,
  18. und wobei die Aufstellung mit den Daten der Rechnungslegung in einer mittels EDV auswertbaren, elektronischen Form zu übermitteln ist.
  19. II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der B Corporation, XXXXA C Road, D, E (USA), durch die vorstehend zu Ziff. I.1. bezeichneten, seit dem 13. Mai 2011 begangenen Handlungen entstanden ist und zukünftig noch entstehen wird.
  20. III. Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin 7.706,20 Euro als Erstattung für Abmahnkosten zu zahlen, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.04.2022.
  21. IV. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
  22. V. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
  23. VI. Das Urteil ist hinsichtlich der Ziffern I.1. bis I.3. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 250.000,00 Euro vorläufig vollstreckbar. Dabei werden folgende Teilsicherheiten festgesetzt: Der Anspruch auf Unterlassung (Ziff. I.1. des Tenors) ist gesondert vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 150.000,00 Euro; ferner sind die Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung (Ziff. I.2., I.3. des Tenors) gemeinsam gesondert vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 37.500,00 Euro. Hinsichtlich der Ziffern III. und V. ist das Urteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
  24. Tatbestand
  25. Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen behaupteter unmittelbarer Verletzung des deutschen Teils des Europäischen Patents EP 2133XXB B1 (in englischer Verfahrenssprache als Anlage K2 sowie in deutscher Übersetzung als Anlage K3 vorgelegt, nachfolgend: Klagepatent) auf Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung, Feststellung einer Schadensersatzpflicht und Zahlung von vorgerichtlichen Kosten für eine Abmahnung in Höhe von 10.973,46 Euro in Anspruch.
  26. Als Inhaberin des Klagepatents ist die B Corporation, deren Lizenznehmerin die Klägerin zu sein behauptet, im Patentregister eingetragen. Das Klagepatent wurde am 12.06.2009 angemeldet und nimmt die Prioritäten der US 61XXCP vom 13.06.2008 und der US 474XXD vom 29.05.2009 in Anspruch. Das Europäische Patentamt (nachfolgend: EPA) veröffentlichte am 13.04.2011 den Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents. Das Klagepatent betrifft laut seiner Bezeichnung eines „statischen Mischer“ und steht in Kraft.
  27. Die geltend gemachten Ansprüche 1 und 10 des Klagepatents lauten in der englischen Verfahrenssprache:
  28. „1. A mixer (10) for mixing at least first and second fluids, comprising:
  29. a conduit (12, 18) configured to receive a stream of the first and second fluids; and
    a first series of mixing elements (28) disposed within the conduit and configured to divide the stream in a first direction; and
    a second series of mixing elements (34) disposed within the conduit and configured to divide the stream in a second direction different from the first direction;
    wherein the mixing elements of the first series each comprises a first planar member (56, 66) oriented in the first direction and defining a leading, stream dividing edge, a second planar member (78, 74) oriented in the second direction and defining a trailing, stream recombining edge, a first deflecting surface (84) extending outwardly from a first side of the first planar member and configured to direct fluid flow to a space adjacent a first side of the second planar member, and a second deflecting surface (86) extending outwardly from a second side of the first planar member and configured to direct fluid flow to a space adjacent a second side of the second planar member.“
  30. „10. A mixer (10) for mixing at least first and second fluids, comprising:
  31. a conduit (12) configured to receive a stream of the first and second fluids; and
    a mixing component (14) positioned within the conduit, the mixing component including:
  32. a first series of mixing elements (28) each configured to divide the stream in a first direction and recombine the stream in a second direction;
    a second series of mixing elements (34) each configured to divide the stream in a third direction different from the first direction and recombine the stream in a fourth direction different from the second direction; and
    an auxiliary baffle (32) positioned between two respective mixing elements of the first and second series, the auxiliary baffle configured to direct portions of the stream from a center of the conduit to a periphery of the conduit and portions of the stream from the periphery of the conduit to the center of the conduit.“
  33. In der in der Klagepatentschrift eingetragenen deutschen Übersetzung lauten die Ansprüche 1 und 10 wie folgt:
  34. „1. Mischer (10) zum Mischen mindestens eines ersten und zweiten Fluides, enthaltend:
  35. eine Leitung (12, 18), die zur Aufnahme einer Strömung des ersten und zweiten Fluides geeignet ist,
    eine erste Reihe von Mischelementen (28), die innerhalb der Leitung angeordnet sind und zum Teilen der Strömung in eine erste Richtung ausgeführt sind; und
    eine zweite Reihe von Mischelementen (34), die innerhalb der Leitung angeordnet und zum Teilen der Strömung in eine zweite Richtung ausgeführt sind, die sich von der ersten Richtung unterscheidet;
    in welchem jedes der Mischelemente der ersten Reihe enthält ein erstes ebenes Glied (56, 66), das in die erste Richtung ausgerichtet ist und eine führende, strömungsteilende Kante definiert, ein zweites ebenes Glied (78, 74), das in die zweite Richtung ausgerichtet ist und eine hintere, strömungszusammenführende Kante definiert, eine erste umlenkende Fläche (84), die sich von einer ersten Seite des ersten ebenen Gliedes nach außen erstreckt und ausgeführt ist, um Fluidströmung zu einem zur ersten Seite des zweiten ebenen Gliedes benachbarten Raum zu lenken, und eine zweite umlenkende Fläche (86), die sich von einer zweiten Seite des ersten ebenen Gliedes nach außen erstreckt und ausgeführt ist, um Fluidströmung zu einem zur zweiten Seite des zweiten ebenen Gliedes benachbarten Raum zu lenken.“
  36. „10. Mischer (10) zum Mischen mindestens eines ersten und zweiten Fluides, enthaltend:
  37. eine Leitung (12), die zur Aufnahme einer Strömung des ersten und zweiten Fluides geeignet ist, und
    eine innerhalb der Leitung positionierte Mischkomponente (14), wobei die Mischkomponente beinhaltet:
  38. eine erste Reihe von Mischelementen (28), von denen jedes zum Teilen der Strömung in einer ersten Richtung und zum Zusammenführen der Strömung in einer zweiten Richtung ausgeführt ist;
    eine zweite Reihe von Mischelementen (34), von denen jedes zum Teilen der Strömung in eine dritte Richtung, die sich von der ersten Richtung unterscheidet, und zum Zusammenführen der Strömung in eine vierte Richtung, die sich von der zweiten Richtung unterscheidet, ausgeführt ist; und eine Hilfsleitwand (32), die zwischen zwei entsprechenden Mischelementen der ersten und zweiten Reihe positioniert ist, wobei die Hilfsleitwand ausgeführt ist, um Teile der Strömung aus einer Mitte der Leitung in einen Außenbereich der Leitung und Teile der Strömung aus dem Außenbereich der Leitung in die Mitte der Leitung zu lenken.“
  39. Wegen der als Insbesondere-Anträge geltend gemachten Unteransprüche 2, 3, 4, 5, 6, 8, 11, 12, 13, 15, 16, 21 und 22 wird auf die Klagepatentschrift verwiesen.
  40. Zur Veranschaulichung der beanspruchten Lehre werden nachfolgend Figuren 1, 2 und 2B der Klagepatentschrift eingeblendet:
  41. Ausweislich des Abs. [0010] der Klagepatentschrift zeigt die Fig. 1 eine perspektivische Ansicht eines Mischers nach einem Ausführungsbeispiel, bei dem ein Anteil der Leitungswand entfernt ist. Von diesem Mischer gem. Fig. 1 zeigt die Fig. 2 eine perspektivische Ansicht einer ersten Reihe von miteinander verbundenen Leitelementen oder –wänden („interconnected baffles“) mit führenden Kanten („leading edges“), die in eine erste Richtung ausgerichtet sind. Aus der in Fig. 2 gezeigten ersten Reihe zeigt Fig. 2B perspektivisch ein Leitelement oder eine Leitwand („baffle“), das bzw. die eine erste Ausrichtung aufweist sowie schematisch den Mischprozess des Leitelements („baffle“) zeigt.
  42. Die Klägerin ist im Bereich von Verpackungssystemen wie Klebstoffauftragsanlagen für papierbasierte Verpackungen tätig. Die B Corporation ist die US-amerikanische Muttergesellschaft der Klägerin; die Klägerin ist zuständig für den Vertrieb von B Klebstoffauftragssystemen und Zubehör in Deutschland und der EU. Die Beklagte ist auf dem Markt der sog. MMA-Klebstoffe tätig und bietet Kleb- und Dichtstoffe, insbesondere Klebstofflösungen für spezielle Industrieanwendungen an. Die B Corporation schickte der Beklagten unter dem 11.10.2021 ein als Teil des Anlagenkonvoluts K1 vorgelegtes rechts- und patentanwaltliches Schreiben auf Englisch, in dem die B Corporation mitteilte, die Beklagte biete „mixing devices“ mit den Merkmalen der Klagepatentansprüche 1 und 10 an. Sie forderte in dem Schreiben zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auf.
  43. Die Beklagte bietet an und vertreibt Mischvorrichtungen, u.a. einen Mischer F (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform).

    Die angegriffene Ausführungsform ist zum Vermischen von zwei Komponenten von Fluiden vorgesehen und umfasst eine äußere Mischer-Tülle aus einem transparenten Kunststoff-Material, die eine Leitung zum Hindurchleiten von Fluiden bildet, sowie einen in die Mischer-Tülle einsetzbaren Einsatz mit Mischelementen. Die nachfolgend abgebildete angegriffene Ausführungsform stammt aus der Anlage K7/1 sowie aus der Klageschrift:

  44. Wegen der Einzelheiten der angegriffenen Ausführungsform wird auf die Anlagen K7/1, K9, K10, K12, K15, K17 und K19 verwiesen. Die Klägerin reichte zudem vier Muster als Anlage K11 zur Gerichtsakte.
  45. Die Klägerin meint, ihr stünden die geltend gemachten Ansprüche zu. Die Patentinhaberin, die B Corporation, habe ihr eine Lizenz an dem Klagepatent eingeräumt, wobei die Lizenzvereinbarung die Klägerin zur Durchsetzung des Klagepatents gegenüber Dritten berechtige. Die B Corporation habe die der Klägerin erteilte Lizenz jedenfalls nochmals mit dem als Anlage K22/1 (deutsche Übersetzung als Anlage K22/2) vorgelegten Dokument bestätigt sowie auch erneut eingeräumt. Die Klägerin verweist insbesondere auf die Präambel sowie die Ziff. 1 der von ihr so genannten Lizenzbestätigung gem. Anlage K22/1 und K 22/2.
  46. Frau G habe diese Vereinbarung mit der entsprechenden Vollmacht für die B Corporation geschlossen. Wie sich etwa aus dem als Anlage K21 vorgelegten Auszug der Website der Muttergesellschaft B Corporation ergebe, sei Frau G Mitglied der Geschäftsführung der B Corporation und des B Konzerns. Seit 2021 habe sie – insoweit unstreitig – die Position der Geschäftsführenden Vizepräsidentin, Chefsyndikus und Sekretärin („Executive Vice President, General Counsel and Secretary“) der Muttergesellschaft B Corporation inne, welche die Berechtigung zur Erteilung von Lizenzen an Patenten der Muttergesellschaft an Konzerngesellschaften umfasse. Die Bezeichnung „Secretary“ bedeute, dass man für das Unternehmen handeln dürfe. Als Chef Legal Counsel sei Frau G verantwortlich für alles Rechtliche. Ihre Vollmacht als zeichnungsbefugte Geschäftsführerin ergebe sich auch aus dem Jahresbericht 2023 der B Corporation, welcher bei der US-Börsenaufsichtsbehörde (SEC) eingereicht worden sei (Anlage K24, S.20). Nachweise aus einem SEC Jahresbericht seien nach US-Recht ein belastbarer und zuverlässiger Nachweis für die Vertretungsverhältnisse, vergleichbar mit einem Handelsregister-Auszug. Aus der als Anlage K26/1 (bzw. in Übersetzung als K26/2) vorgelegten Bestätigung der Assistenz der Geschäftsführung der B Corporation, deren Inhalt sich die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich zum Vortrag macht, ergebe sich, dass Frau G zeichnungsbefugt für die Erteilung von Lizenzen und die Abtretung von Rechten und Ansprüchen bezüglich des Klagepatents sei.
  47. Die Einzelvertretungsbefugnis des Geschäftsführers H aufseiten der Klägerin ergebe sich aus dem Handelsregisterauszug (Anlage WR1) und dem Gesellschafterbeschluss (Anlage WR2) eindeutig. Auch sei die B Corporation weiterhin materiell-rechtliche Inhaberin des Klagepatents.
  48. Die Klägerin ist weiter der Auffassung, die Beklagte mache durch das Anbieten und den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform in der Bundesrepublik Deutschland von der Lehre des Klagepatents Gebrauch. Bereits in den deutschsprachigen Broschüren der Beklagten gemäß Anlagen K7 und K8 sei eine hinreichende Angebotshandlung in Deutschland zu sehen. Die Beklagte habe die angegriffene Ausführungsform auch in Deutschland angeboten und verkauft, was etwa die als Anlage K11 zur Akte gereichten Muster belegten, welche ein in Deutschland ansässiges Unternehmen im Rahmen eines Testkaufs erworben habe (vgl. Anlage K10).
  49. Es seien auch sämtliche Merkmale der Klagepatentansprüche 1 und 10 unmittelbar und wortsinngemäß erfüllt.
  50. Von dem Anspruch 1 des Klagepatents würden zunächst insbesondere die Merkmale, wonach Mischelemente zum Teilen der Strömung in eine erste Richtung ausgeführt seien und jedes Mischelement der ersten Reihe ein erstes ebenes Glied (56, 66) enthalte, das in die erste Richtung ausgerichtet sei und eine führende, strömungsteilende Kante definiere, durch die angegriffene Ausführungsform verwirklicht.
  51. Die erste Reihe von Mischelementen sei zum Teilen der Strömung in eine erste Richtung ausgeführt, was beispielhaft in Fig. 2B des Klagepatents dargestellt sei, wo die zwei Fluide horizontal in X-Richtung „nach links und rechts“ an vertikaler Kante 60 getrennt würden. Das Fluid werde so „verschiftet“. Das erste ebene Glied 56 habe, wie in Fig. 2B gezeigt, eine strömungsteilende Kante 60, an welcher eine Trennung der Strömung in eine erste Richtung erfolge, z.B. in die X-Richtung, also von der Kante ausgehend nach „links und rechts“. Das Merkmal „Kante“ sei funktional definiert, d.h. die Kante müsse zum Teilen der Strömung in eine erste Richtung ausgeführt sein. Die Fachperson entnehme der Patentschrift entsprechend dem in den Figuren 1 und 2 gezeigten Ausführungsbeispiel, dass die Mischelemente der ersten Reihe vertikal ausgeführt seien zum Teilen der Strömung in eine erste Richtung. Die Auslegung der Beklagten, wonach die Fluidströmung quasi im rechten Winkel von der Kante des Mischelements wegströmen müsse, sei verfehlt. Dass die strömungsteilende Kante denklogisch entlang der ersten Richtung verlaufen müsse, gebe das Klagepatent nicht vor. Die Fluidströmung werde an der strömungsleitenden Kante in zwei Hälften aufgeteilt.
  52. Auch bei der angegriffenen Ausführungsform seien die Mischelemente der ersten Reihe zum Teilen der Strömung in eine erste Richtung ausgeführt, indem sie eine Kante aufwiesen, die an einem im wesentlichen plattenförmigen Element ausgebildet sei, wobei diese Kante in eine Richtung entgegen der Strömungsrichtung der Fluide weise. Die Strömung werde an der Kante von dem ersten ebenen, sich im Wesentlichen in eine vertikale Richtung erstreckenden Glied in eine erste Richtung geteilt. Die nachfolgend von der Klägerin zum Verletzungsvortrag herangezogenen, von ihr beschrifteten Abbildungen stammen aus der Klageschrift sowie aus den Anlage K9m und K7/1m:
  53. Daran sei zu erkennen, dass Fluide, die in Strömungsrichtung (nach oben) strömten und zu der Kante eines Mischelements der ersten Reihe gelangten, an der Kante (horizontal) in eine durch Pfeil nach rechts oder entgegengesetzt nach links weisende Richtung geteilt würden, so dass jeweils Teilströme nach – im obigen Bild – links und oben sowie rechts und oben weiter strömten.
  54. Weiterhin weise die angegriffene Ausführungsform auch anspruchsgemäße erste und zweite umlenkende Flächen auf, die sich von einer ersten bzw. zweiten Seite des ersten ebenen Gliedes nach außen erstreckten und ausgeführt seien, um Fluidströmung zu einem zur ersten bzw. zweiten Seite des zweiten ebenen Gliedes benachbarten Raum zu lenken.
  55. Im technischen Kontext eines Mixers für Fluidströme mit höherer Viskosität verstehe der Fachmann, dass die umlenkende Fläche eine Begrenzung für den Fluidstrom bewirken müsse, um den Fluidstrom zu einem zur ersten bzw. zweiten Seite des ersten bzw. zweiten ebenen Gliedes benachbarten Raum zu lenken. Die Funktion der umlenkenden Fläche (84) bestehe darin, die Fluidströmung in einen benachbarten Raum zu lenken, indem eine Barriere für den Fluidstrom gebildet werde, so wie in FIG. 2C hinsichtlich der umlenkenden Fläche (84) nach unten hinten oder hinsichtlich der umlenkenden Fläche (86) nach oben in den benachbarten Raum oberhalb des zweiten ebenen Gliedes 74. Wie die umlenkenden Flächen bzw. die Barrieren ausgebildet seien, lasse der Anspruch offen. Ein beschränkendes Verständnis, wonach eine Barriere eine deutlich schräge Fläche aufweisen müsse, um Fluidströmung zu einem benachbarten Raum zu lenken, würde die Auslegung auf ein Ausführungsbeispiel beschränken und wäre auch technisch falsch, da ein Fluid hoher Viskosität, d.h. ein mit Druck vorangepressten Fluidstroms, durch eine Barriere, welche ein Hindernis für die Fluidströmung bilde, unabhängig von dem Winkel der Fläche der Barriere umgelenkt werde. Eine bestimmte Neigung sei weder im Anspruchswortlaut, noch in der Beschreibung erwähnt; die umlenkende Fläche könne anspruchsgemäß die Fluidströmung unabhängig von ihrer Neigung in einen benachbarten Raum umlenken und damit unabhängig von einer Neigung ihre Funktion erfüllen. Nur das strukturelle Merkmal, dass sich die Fläche nach außen erstrecken müsse, habe Niederschlag im Anspruchswortlaut gefunden.
  56. Der Fachmann erkenne jedoch, dass die „umlenkende Fläche“ das Fluid auch bei einer im rechten Winkel zur Flussrichtung angeordneten umlenkenden Fläche entsprechend lenke. Das Fluid suche sich, angetrieben durch die Druckverhältnisse, den sich anschließenden zur Verfügung stehenden, freien Raum in Strömungsrichtung mit einem geringeren Druckniveau, denn das Fluid ströme immer von einer Zone höheren Drucks zu einer Zone geringeren Drucks, ungeachtet der Tatsache, ob die (umlenkende) Fläche schräg oder im rechten Winkel zum Fluid angeordnet sei.
  57. Schließlich könne aus Abs. [0017] entgegen der Ansicht der Beklagten nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass eine umlenkende Fläche nicht senkrecht ausgestaltet sein könne. Abs. [0017], ab Zeile 50, treffe keine Aussage zu der ersten und zweiten umlenkenden Fläche.
  58. Bei der angegriffenen Ausführungsform seien anspruchsgemäße erste und zweite umlenkende Flächen vorhanden. Die Klägerin verweist hierfür auf ein von ihr erstelltes, als Anlage K13 vorgelegtes, 3-D-Modell eines Mischelements der angegriffenen Ausführungsform:
  59. Die an dem Modell der angegriffenen Ausführungsform mit 84 und 86 gekennzeichneten Flächen wirkten wie Barrieren, welche eine unmittelbare Umlenkung der Fluidströmung in den benachbarten Raum bewirkten.
  60. Die Beklagte ignoriere, dass es sich bei dem Fluidstrom um eine flüssige Masse hoher Viskosität handele. Der Fluidstrom werde auch bei der angegriffenen Ausführungsform mit hohem Druck vorwärts durch den streitgegenständlichen Mixer gepresst. Die vorwärts gepresste Fluidströmung fülle die Kavität vollständig aus. Ein seitliches Ausweichen sei nur gering möglich, da sich dort auch fluide Masse befinde. Ein Großteil der Fluidströmung werde ohne Berührung der Außenwand unmittelbar in den benachbarten Raum gelenkt. Selbst wenn man entsprechend dem nach Ansicht der Klägerin unsubstantiierten Vortrag der Beklagten berücksichtigen würde, dass die umlenkenden Flächen der angegriffenen Ausführungsform leicht geneigt seien, so erfolgte an diesen dennoch eine Ablenkung des Fluidstroms in den benachbarten Raum. Es gebe bei der angegriffenen Ausführungsform keine „Fließrichtung in eine Richtung zu einer Außenwand des Mischers“.
  61. Weiterhin verwirkliche die angegriffene Ausführungsform die Merkmale des Klagepatentanspruchs 10. Insbesondere weise sie eine anspruchsgemäße Hilfsleitwand auf.
  62. Lediglich Teile der Strömung müssten aus einer Mitte der Leitung in einen Außenbereich der Leitung und umgekehrt gelangen. Strukturelle Merkmale, welche die konkrete Ausgestaltung der Hilfsleitwand betreffen würden, enthalte der Anspruch nicht.
  63. Die angegriffene Ausführungsform verfüge über eine anspruchsgemäße Hilfsleitwand, welche bewirke, dass Teile des Flüssigkeitsstroms in den Außenbereich der Leitung und Teile der Strömung aus dem Außenbereich der Leitung in die Mitte der Leitung gelenkt würden. Die Klägerin legt als Anlage K20 Fotografien einer herausgetrennten – vorgeblichen – Hilfsleitwand der angegriffenen Ausführungsform sowie ein entsprechendes 3-D-Modell vor:
  64. Das die Hilfsleitwand bildende Mischelement der angegriffenen Ausführungsform weise je auf der Ober- und Unterseite ein in einem schrägen Winkel angeordnetes Leitelement mit dreieckigen Öffnungen auf. Wenn das zu mischende Fluid auf das Mischelement ströme, werde es zum einen etwas nach oben und zum anderen nach unten in Richtung des Verlaufs des schräg angeordneten Leitelements mit den Öffnungen geleitet. Aufgrund der schrägen, nicht rechtwinkligen Ausrichtung des Leitelementes auf der Ober- bzw. Unterseite in Relation zu der Strömungsrichtung werde das auf das schräg angeordnete Leitelement auftreffende Fluid zwangsläufig von einem Randbereich (oberer Pfeil in der nachfolgenden Abbildung der Beklagten aus der Klageerwiderung) in einen zentraleren Bereich (mittlerer weißer Pfeil in der Abbildung der Beklagten), also von außen nach innen abgelenkt, wie nachfolgend schematisch dargestellt:
  65. Mittig auf das Leitelement strömendes Fluid werde aus dem Bereich oberhalb bzw. unterhalb des weißen zentralen Pfeils aus der Mitte der Strömung nach außen gelenkt, nämlich von dem Abschnitt links von der dreieckigen Öffnung. Jedenfalls erhebliche Teile der Fluidströmung würden bei der angegriffenen Ausführungsform aus der Mitte der Leitung in einen Außenbereich der Leitung und umgekehrt gelenkt, da dort Raum frei sei, um die Fluidströmung aufzunehmen. Die Beklagte räume selbst ein, dass (lediglich) bestimmte Teile des Fluids durch die schräge Anordnung der Wand nach außen und nach innen strömten.
  66. Die Klägerin habe zudem eine strömungstechnische Analyse mit der angegriffenen Ausführungsform durchgeführt. Sie verweist für die Ergebnisse der strömungstechnischen Strömungssimulationen auf Anlage K20. Die Strömungssimulation zeige, dass das Hilfsleitblech der angegriffenen Ausführungsform einen Teil des Flüssigkeitsstroms aus dem mittleren Bereich in den äußeren Bereich und einen Teil des Flüssigkeitsstroms aus dem äußeren Bereich in den mittleren Bereich lenke.
  67. Bei dem Schreiben der Klägerin bzw. der B Corporation an die Beklagte vom 11.10.2021 handele es sich um eine Abmahnung.
  68. Ursprünglich hat die Klägerin auch die Verletzungshandlung des Herstellens im Rahmen der Klageanträge zu Ziff. I.1.,1.1 und 1.2 geltend gemacht. In der mündlichen Verhandlung vom 25.06.2024 hat die Klägerin zudem geringfügige, aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung ersichtliche, Modifikationen ihrer Klageanträge vorgenommen.
  69. Der Klägerin beantragt nunmehr,
  70. I. die Beklagte zu verurteilen,
  71. 1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000 – ersatzweise Ordnungshaft – oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlungen bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an ihrem Geschäftsführer zu vollstrecken ist, zu unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland,
  72. 1.1.
    – wie unter Ziff. I.1. des Tenors erkannt –
  73. (Anspruch 1 der EP 2133XXB B1)
  74. 1.2. Mischer zum Mischen mindestens eines ersten und zweiten Fluides, enthaltend:
  75. eine Leitung, die zur Aufnahme einer Strömung des ersten und zweiten Fluides geeignet ist, und eine innerhalb der Leitung positionierte Mischkomponente, wobei die Mischkomponente beinhaltet:
  76. eine erste Reihe von Mischelementen, von denen jedes zum Teilen der Strömung in einer ersten Richtung und zum Zusammenführen der Strömung in einer zweiten Richtung ausgeführt ist; eine zweite Reihe von Mischelementen, von denen jedes zum Teilen der Strömung in eine dritte Richtung, die sich von der ersten Richtung unterscheidet, und zum Zusammenführen der Strömung in eine vierte Richtung, die sich von der zweiten Richtung unterscheidet, ausgeführt ist; und eine Hilfsleitwand, die zwischen zwei entsprechenden Mischelementen der ersten und zweiten Reihe positioniert ist, wobei die Hilfsleitwand ausgeführt ist, um Teile der Strömung aus einer Mitte der Leitung in einen Außenbereich der Leitung und Teile der Strömung aus dem Außenbereich der Leitung in die Mitte der Leitung zu lenken;
  77. (Anspruch 10 der EP 2133XXB B1)
  78. anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen.
  79. I.2., I.3., II.,
  80. – jeweils wie erkannt –
  81. III. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR 10.973,46 als Erstattung für Abmahnkosten zu zahlen, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.

    Weiterhin beantragt die Klägerin, für jeden zuerkannten Anspruch Teilsicherheiten festzusetzen, wobei sie folgende Verteilung vorschlägt:
     Unterlassung: 60% des Streitwerts
     Auskunft und Rechnungslegung: 15% des Streitwerts
     Schadensersatz: 25% des Streitwerts

  82. Die Beklagte beantragt,
  83. die Klage abzuweisen.
  84. Sie meint, die geltend gemachten Ansprüche stünden der Klägerin nicht zu. Die Klägerin sei zur Geltendmachung der eingeklagten Ansprüche schon nicht aktivlegitimiert. Die Beklagte bestreitet, dass die Klägerin Lizenznehmerin am Klagepatent ist.
  85. Herr H habe auf Seiten der Klägerin nicht allein vertretungsberechtigt wirksam einen Vertrag für die Klägerin schließen können, da laut Handelsregister neben ihm auch Herr I Geschäftsführer sei und im Handelsregister eine gemeinsame Vertretungsregelung für den Fall mehrerer Geschäftsführer festgeschrieben sei. Laut des Gesellschafterbeschlusses vom 16./22./23.02.2021 bestünde eine Einzelvertretungsbefugnis von Herrn H nur für solche Geschäfte, die er mit sich als Vertreter eines Dritten abschließe.
  86. Der Vortrag der Klägerin zur Vertretungsbefugnis von Frau G sei unschlüssig. Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass Frau G berechtigt ist bzw. war, wirksame Erklärungen für die B Corporation abzugeben, insbesondere, dass sie berechtigt war, die Anlage K22 zu unterzeichnen. Allein die angebliche Mitgliedschaft der Geschäftsleitung enthalte keinerlei Aussage dazu, ob Frau G einzelvertretungsberechtigt für die B Corporation sei und seit wann dies der Fall sei. Die Klägerin hätte vortragen müssen, was die Befugnisse eines „Vice President“ umfasse und nach welchem Recht welchen US-Bundesstaates sich dies richte. Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass sich die Berechtigung zur Erteilung von Lizenzen aus dem vorgelegten SEC Jahresbericht (Anlage K24) ergeben würde sowie, dass es eine Lebenserfahrung gebe, wonach ein „Vice President“ eines nach US-amerikanischem Recht verfassten Unternehmens die Vollmacht zur Lizenzerteilung habe. Bei der Anlage K22 handele es sich zudem nicht um einen neuen Vertrag, sondern allenfalls um eine Bestätigung eines vorherigen Vertrags.
  87. Weiter bestreitet die Beklagte mit Nichtwissen, dass die B Corporation noch immer materiell-rechtliche Inhaberin des Klagepatents sei und dass es sich bei der aktuellen Patentinhaberin auch um diejenige B Corporation handelt, welche das Klagepatent am 12.06.2009 angemeldet habe.
  88. Die Beklagte meint zudem, wie sie in der mündlichen Verhandlung vom 25.06.2024 erstmals ausgeführt hat, die Klägerin habe nicht vorgetragen, durch welche konkrete Handlung mit territorialem Bezug zur Bundesrepublik Deutschland eine Verletzung des Klagepatents erfolgt sei.
  89. Weiterhin verwirkliche die angegriffene Ausführungsform die Lehre des Klagepatents nicht. Sie mache zunächst keinen Gebrauch von Anspruch 1.
  90. Schon die Merkmale, wonach Mischelemente zum Teilen der Strömung in eine erste Richtung ausgeführt seien und jedes Mischelement der ersten Reihe ein erstes ebenes Glied (56, 66) enthalte, das in die erste Richtung ausgerichtet sei und eine führende, strömungsteilende Kante definiere, würden durch die angegriffene Ausführungsform nicht verwirklicht.
  91. Die Strömung werde danach in eine erste Richtung geteilt, wobei das erste ebene Glied in dieselbe erste Richtung, ausgerichtet sei. Denklogisch müsse die von dem ersten ebenen Glied gebildete strömungsteilende Kante unmittelbar und eindeutig in diese erste Richtung ausgerichtet sein und verlaufe mithin entlang dieser ersten Richtung.
  92. Dies sei selbst nach dem Vortrag der Klägerin, wonach die als strömungsteilend identifizierte Kante in eine Richtung entgegen der Strömungsrichtung der Fluide ausgerichtet sei und mithin senkrecht zur ersten Richtung ausgerichtet sei, bei der angegriffenen Ausführungsform, wie auf Seite 45, 46 und 49 der Klageschrift abgebildet, nicht der Fall. Die von der Klägerin identifizierte angebliche Kante (und auch ein angebliches erstes ebenes Glied) seien offensichtlich nicht in der von der Klägerin eingezeichneten ersten Richtung ausgerichtet.
  93. Die angegriffene Ausführungsform weise auch keine anspruchsgemäßen umlenkenden Flächen auf.
  94. Zur Verwirklichung von Anspruch 1 sei erforderlich, dass eine erste bzw. zweite umlenkende Fläche („first / second deflecting surface“) so ausgeführt sei, dass sie die Fluidströmung in Richtung eines zur ersten bzw. zweiten Seite des zweiten ebenen Gliedes benachbarten Raumes führe bzw. leite. Die Gestaltung der umlenkenden Flächen müsse dabei die Richtung der Umlenkung bewirken im Sinne einer richtungsgebenden Funktion bzw. unmittelbaren lenkenden Wirkung für bzw. auf das Fluid. Dies habe Niederschlag in Anspruch 1 gefunden. Es stelle kein klagepatentgemäßes Lenken einer Fluidströmung durch die umlenkenden Flächen dar, wenn diese lediglich „Barrieren“ für die Fluidströmung in eine andere Richtung bildeten. Nach der Auslegung der Klägerin wäre das Wort „umlenkende“ obsolet, da nach ihrer Auslegung bereits irgendeine Fläche ausreiche. Anspruchsgemäß würden auch nicht irgendwelche angeblichen „Druckverhältnisse“ in dem Mischer, sondern die umlenkende Fläche die Fluidströmung lenken.
  95. In allen Figuren des Klagepatents wiesen die umlenkenden Flächen einen Winkel auf, der im Wesentlich einer angestrebten Fließrichtung des Fluids entspreche. Das Fluid werde gerade durch die Neigung der Flächen in Durchströmrichtung gelenkt. Durch die Neigung könne der Strömungswiderstand des Mischers reduziert werden, so dass weniger Druck und Kraft auf einen Kolben einer Kartusche aufgebracht werden müssten, damit das Fluid durch den Mischer ströme. Nicht zuletzt Abs. [0017] beseitige für den Fachmann jeden Zweifel, dass eine umlenkende Fläche derart geneigt sein müsse, um eine Umlenkung in den nachfolgenden Raum zu bewirken. Denn danach beinhalte das in Figur 2A gezeigte Teilleitelement 30a („partial baffle 30a“) gerade keine umlenkenden Flächen 84, 86 („deflecting surfaces 84, 86“), sondern in derselben Ebene angeordnete Endoberflächen 96, 98 („first and second end surfaces 96, 98“), die den Fluidfluss blockierten. Das Teilleitelement 30a sei jedoch nicht beansprucht.
  96. Die angegriffene Ausführungsform verfüge nicht über lenkende Flächen, welche so ausgestaltet seien, dass diese eine für die Fluidströmung richtungsgebende Funktion in Richtung zum jeweils genannten benachbarten Raum hätten. Vielmehr könne die Strömung anhand einer Abbildung der Klägerin bei der angegriffenen Ausführungsform – mit von der Beklagten hinzugefügten Pfeilen – wie folgt dargestellt werden:
  97. Die mit „84“ und „86“ gekennzeichneten Flächen der angegriffenen Ausführungsform stellten eine Art „Sackgasse“ dar, der die Fluidströmung nur entkommen könne, indem sie in den oben genannten Raum fließe. Die Fläche „86“ der angegriffenen Ausführungsform sei in der Weise geneigt, dass eine Fluidströmung zur Außenseite des Mischers abgelenkt werde. Dort treffe die Fluidströmung auf die Wand des Mischers. Da die Fluidströmung dort nicht weiter strömen könne, weiche sie in den Raum aus, welcher oberhalb der Fläche „78“ gebildet sei. Entsprechend verhalte sich die Fluidströmung auch an der Fläche „84“ in der obigen Darstellung. Die angegriffene Ausführungsform erfülle die anspruchsgemäße Funktion damit nicht. Die von der Klägerin als „umlenkende Flächen“ identifizierten Wände der angegriffenen Ausführungsform seien in der Weise geneigt, dass eine Ablenkung des Fluidstroms nicht in die jeweils angestrebte Fließrichtung erfolge, sondern in Richtung einer Außenwand des Mischers. Daher weise die angegriffene Ausführungsform im Vergleich zu einem Mischer gemäß Klagepatentanspruch 1 einen höheren Strömungswiderstand bei gleichen Randbedingungen auf. Dieser höhere Strömungswiderstand müsse durch stärkeres Pressen des Fluidstroms durch das J überwunden werden. Ausschließlich die Position der Durchgangsöffnung und nicht die Ausrichtung der Flächen bewirke bei der angegriffenen Ausführungsform, dass die Fluidströmung in den benachbarten Raum gelange. Denn aufgrund der Lenkung nach außen zu einer Mischerwand staue sich das Fluid und verursache einen Überlauf, der zwangsläufig durch die einzig vorhandene Durchgangsöffnung fließe.
  98. Die Klägerin beschränke ihren Vortrag offensichtlich darauf, dass eine angebliche Verwirklichung durch die angegriffene Ausführungsform nur dann vorliege, wenn diese mit Fluiden „höherer Viskosität“ verwendet werde, wobei jeglicher Vortrag dazu, mit welchen Fluiden die angegriffene Ausführungsform zu verwenden sei, fehle. Der Verletzungsvortrag sei damit unschlüssig. Die Beklagte bestreitet, dass die zur Verwendung mit der angegriffenen Ausführungsform vorgesehenen Fluide eine derartige Viskosität haben, dass diese an den Flächen der Mischelemente Kavitäten ausfüllten, die dadurch wie umlenkende Flächen wirkten.
  99. Weiterhin fehle es der angegriffenen Ausführungsform an einer klagepatentgemäßen Hilfsleitwand im Sinne des Klagepatentanspruchs 10.
  100. Es sei funktional erforderlich, dass Teile der Strömung aus einer Mitte der Leitung in einen Außenbereich umlenkt würden und umgekehrt. Das Klagepatent unterscheide dabei zwischen dem Fluid und der Strömung. Die zwischen den Parteien streitige Merkmalsgruppe von Anspruch 10 beziehe sich auf eine gezielte Lenkung der Strömung durch den Mischer, die in den Richtungen erfolge, welche durch die beanspruchten Bereichsangaben (Mitte der Leitung, Außenbereich) vorgegeben würden. Dies ergebe sich auch aus Abs. [0008]. Eine reine Umpositionierung von Teilen des Fluids vor und nach der Hilfsleitwand sei dagegen nicht anspruchsgemäß; eine bloße Versetzung irgendwelcher Massen reiche nicht aus, da dies nicht der Lehre des Klagepatents entspreche. Es komme nicht darauf an, wo sich das Fluid befinde und ob es seine Position verändert habe, sondern es komme alleine darauf an, ob Teile der Strömung in den anderen der genannten Bereiche gelenkt worden seien. Eine anspruchsgemäße Hilfsleitwand müsse eine spezielle Ausprägung haben, damit Teile der Strömung aus der Mitte der Leitung in einen Außenbereich der Leitung und Teile der Strömung aus dem Außenbereich der Leitung in die Mitte der Leitung gelenkt werden, wie dies an einem Ausführungsbeispiel in (einem Ausschnitt der) Figur 4 zu sehen sei. In jedem Fall müsse auch nach dem Passieren der Hilfsleitwand anspruchsgemäß noch eine Strömung vorhanden sein.
  101. Die durch den Anspruch definierte Funktion einer Hilfsleitwand sei bei der angegriffenen Ausführungsform nicht vorhanden. Sie habe in ihrer Mitte lediglich ein Mischelement, welches jeweils zwei Öffnungen auf zwei Ebenen aufweise, welche jeweils oberhalb und unterhalb einer sich in Fließrichtung erstreckenden Wand angeordnet seien. Die beiden Öffnungen, welche jeweils im Querschnitt eine Art Dreieck bildeten, seien jeweils im gleichen Abstand von dem Gehäuse und von einer Mittelachse der angegriffenen Ausführungsform entfernt. Das Strömungsverhalten des Fluids an dem Mischelement der angegriffenen Ausführungsform lasse sich wie folgt schematisch darstellen, wobei die nachfolgende Abbildung der Klageerwiderung entstammt:
  102. Die weißen und schwarzen Pfeile stellten jeweils Strömungsrichtungen des zu durchmischenden Fluids dar. Durch beide Öffnungen strömten sowohl Anteile des zu durchmischenden Fluids aus dem Außenbereich als auch Anteile des zu durchmischenden Fluids aus dem Mittenbereich. Das Fluid trete auf der Rückseite der sich nach außen erstreckenden Wand wieder aus den beiden dreieckigen Öffnungen aus. Die Öffnungen betrügen nicht einmal 10% des Gesamtquerschnitts. Die zu durchmischenden Fluide müssten sich durch die symmetrisch in der Mitte des Mischelements angeordneten Öffnungen zwängen und beschleunigten dabei, so dass sie an den Öffnungen Turbulenzen ausbildeten (transparent rosafarbene Pfeile). Bestimmte Teile des Fluids führten bei dem Hindurchzwängen durch die schräge Anordnung der Wand zwar eine Bewegung „nach außen“ und „nach innen“ aus. Das mittlere Mischelement sorge jedoch für eine lediglich zufällige Durchmischung des Fluids aus verschiedenen Volumenabschnitten des Mischers, nicht jedoch für eine anspruchsgemäße Umlenkung von Teilen der Strömung, da die Strömung vor dem mittigen Mischelement aufgrund der Stauung vor der Öffnung zusammenbreche und auf der anderen Seite des mittigen Mischelements nicht mehr weitergeführt werde.
  103. Die Beklagte bestreitet zudem mit Nichtwissen, dass die von der Klägerin als Anlage K20 vorgelegte Strömungssimulation den Fluidstrom eines zu durchmischenden Fluids vor und nach dem Mischelement der angegriffenen Ausführungsform zeigen soll. Mit der als Anlage K20 vorgelegten Simulation behaupte die Klägerin lediglich, dass Bereiche des Fluids nach Hindurchtreten durch das mittige Element der angegriffenen Ausführungsform ihre Position verändert hätten. Darauf komme es jedoch nicht an. Den Abbildungen der Klägerin könne man keine Strömung entnehmen. Sie trage auch nicht vor, was mit der Strömung nach Hindurchtreten durch das mittige Element passiert sein solle.

    Die Beklagte erhebt zudem die Einrede der Verjährung hinsichtlich der jeweils ab dem 13.05.2011 geltend gemachten Ansprüche auf Auskunft, Rechnungslegung und Feststellung einer Schadensersatzpflicht wegen Handlungen seit dem 13.05.2011. Derart weit in die Vergangenheit zurückreichende Ansprüche seien unabhängig von der Frage der behaupteten Patentverletzung bereits verjährt.

  104. Weiterhin könne die Klägerin keine Abmahnkosten geltend machen. Dem englischsprachigen Schreiben vom 11.10.2021 fehle es an der nötigen Verständlichkeit, so dass das Schreiben nicht als Abmahnung qualifiziert werden könne. Es bestehe kein Anscheinsbeweis dafür, dass die Beklagte als deutsches Unternehmen hinreichend gute Englischkenntnisse besitze. Abgemahnt habe ohnehin die B Corporation anstelle der Klägerin.
  105. Die Klageschrift ist der Beklagten am 06.04.2022 zugestellt worden.
  106. Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die ausgetauschten Schriftsätze samt Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25.06.2024 verwiesen.
  107. Entscheidungsgründe
  108. Die Klage ist zulässig, aber nur teilweise begründet.
  109. Die Klägerin ist prozessführungsbefugt und aktivlegitimiert (hierzu unter I. und II.). Die angegriffene Ausführungsform verletzt lediglich Anspruch 1 des Klagepatents unmittelbar (hierzu unter III.), so dass der Klägerin nur insoweit die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung, Feststellung einer Schadensersatzpflicht und Zahlung von Abmahnkosten aus Art. 64 EPÜ i.V.m. §§ 139 Abs. 1, Abs. 2, 140b PatG, §§ 242, 259 BGB, §§ 683 Abs. 1, 677, 670 BGB, teils i.V.m. § 398 BGB, im tenorierten Umfang zustehen (hierzu unter IV.).
  110. I.
    Die Klägerin ist prozessführungsbefugt, d.h. sie ist berechtigt, die geltend gemachten Ansprüche im eigenen Namen einzuklagen.
  111. 1.
    Da die Klägerin unstreitig nicht aus eigenem Patentrecht vorgeht, sondern lediglich Inhaberin einer einfachen, nicht-exklusiven Lizenz an dem Klagepatent ist, ergibt sich ihre Prozessführungsbefugnis hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs aus einer gewillkürten Prozessstandschaft, welche sich dadurch auszeichnet, dass der Kläger keinen eigenen Anspruch geltend macht, sondern im eigenen Namen fremde Rechte – nämlich die des Patentinhabers – durchsetzt (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 18.12.2014 – 2 U 19/14 = BeckRS 2015, 3253 Rn. 24). Die Voraussetzungen einer solchen gewillkürten Prozessstandschaft sind eine wirksame Ermächtigung des Prozessstandschafters zur gerichtlichen Verfolgung der Ansprüche des Rechtsinhabers sowie ein eigenes schutzwürdiges Interesse des Ermächtigten an dieser Rechtsverfolgung, das auch durch ein wirtschaftliches Interesse begründet werden kann (OLG Düsseldorf, a.a.O., m.w.N.). Es genügt, wenn diese Voraussetzungen im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vorliegen. Die Voraussetzungen sind vorliegend gegeben.
  112. a)
    Eine wirksame Ermächtigung ergibt sich aus der Vereinbarung zwischen der B Corporation und der Klägerin gemäß Anlage K22/1 bzw. K22/2, das Klagepatent im eigenen Namen gerichtlich gegen Verletzer durchsetzen zu dürfen.
  113. aa)
    Die B Corporation ist zunächst zu einer solchen Ermächtigung befugt. Die Kammer hat i.S.d. § 286 Abs. 1 ZPO keine Zweifel daran, dass die Muttergesellschaft B Corporation nach wie vor (materiell-rechtliche) Inhaberin des Klagepatents ist. Zum einen ist sie die im Patentregister eingetragenen Patentinhaberin, wie sich u.a. aus Anlage K4 und K25/1 ergibt, vgl. Art. 64 EPÜ i.V.m. § 30 Abs. 3 S. 2 PatG. Eine Patentübertragung ist in dem Registerauszug nicht vermerkt. Zum anderen sind auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die B Corporation ihre Inhaberschaft an dem Klagepatent verloren haben könnte, ersichtlich. Der von der Beklagten lediglich pauschal vorgetragene Umstand, dass seit der Patentanmeldung durch die B Corporation eine lange Zeit vergangen sei, in welcher nach der Lebenserfahrung in Bezug auf IP-Rechte verschiedene unternehmerische Entscheidungen getroffen würden, genügt hierzu nicht. Überdies ergibt sich aus der als Anlage K25/1 bzw. K25/2 vorgelegten Erklärung der Chief IP Counsel der B Corporation, welche nach dieser Erklärung für die Unternehmenspatente verantwortlich zeichnet, dass seit der Anmeldung kein Transfer bezüglich der Inhaberschaft des Klagepatents stattgefunden hat. Dem ist die Beklagte nicht entgegengetreten.
  114. bb)
    Eine Ermächtigung ergibt sich aus der als Anlage K22/1 bzw. K22/2 vorgelegten „Confirmation of License Agreement“. Mit diesem Dokument ermächtigt der Lizenzgeber den Lizenznehmer jedenfalls ausdrücklich (erneut), „alle auf der Verletzung des Patents beruhenden Ansprüche gegen Dritte im eigenen Recht und/oder im Auftrag und/oder im Namen des Lizenzgebers geltend zu machen“ („Licensor entitles Licensee to enforce any claims based on infringement of the Patent against any third party in its own right and/or on behalf of and/or in the name of Licensor“). Da mit der Anlage K22/1 nicht nur etwaige frühere Lizenzvereinbarungen, Ermächtigungen und/oder Abtretungen bestätigt werden sollten, sondern jedenfalls auch, für den Fall, dass vorherige Vereinbarung für unwirksam gehalten werden, erneut eine Lizenz eingeräumt, zur gerichtlichen Geltendmachung ermächtigt und eine Abtretung vereinbart wird, kommt es auf die – von der Beklagten in Abrede gestellte – Vereinbarung gem. Anlage K5 nicht an. Es handelt sich in Anlage K22/1, K22/2 bei der Formulierung „Für den Fall, dass […] als ungültig angesehen werden“ auch nicht um eine die Wirksamkeit hindernde Bedingung, da es aus Sicht der Vertragsparteien keinen Unterschied macht, ob „der Fall“ eingetreten ist oder nicht, da sich die von ihnen gewollte Rechtsfolge nicht ändert.
  115. Soweit die Beklagte also einwendet, das undatierte als Anlage K5 vorgelegte „License Agreement“ sei nicht wirksam in Kraft getreten, beruhe nicht auf einer früheren konkludenten Lizenzvereinbarung und sei zudem als Scheingeschäfts gem. § 117 BGB zu qualifizieren, ist dies insoweit unerheblich, als dass sich die Umstände, aus welchen sich die Prozessführungsbefugnis (sowie im weiteren Verlauf auch die Aktivlegitimation) der Klägerin ergibt, erst zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung gegeben sein mussten. Eine nachträglich erteilte Ermächtigung wirkt zudem bei offengelegter Prozessstandschaft auf den Zeitpunkt der Klageerhebung zurück (BGH, NJW 1993, 669, 670 f.; OLG Düsseldorf Urt. v. 18.12.2014 – I-2 U 19/14, BeckRS 2015, 3253 Rn. 26).
  116. Weiterhin handelt es sich bei der Frage der Wirksamkeit der Vereinbarung gem. Anlage K22/1, K22/2 – etwa im Hinblick auf die bestrittenen Vertretungsberechtigungen der Unterzeichner auf beiden Seiten – um eine doppelrelevante Tatsache, da sie sowohl im Rahmen der Klagebefugnis als auch hinsichtlich der Aktivlegitimation der Klägerin im Rahmen der Begründetheit von Relevanz ist, so dass im Rahmen der Zulässigkeit der Klage eine schlüssige Darlegung der Klägerin genügt. Die Klägerin hat das Vorliegen der jeweiligen Vertretungsbefugnisse von Herrn H aufseiten der Klägerin und Frau G aufseiten der B Corporation schlüssig dargelegt.
  117. b)
    Als (behauptete) Lizenznehmerin an dem Gegenstand des Klagepatents sowie als Vertriebsgesellschaft der B Corporation für Deutschland und die EU hat die Klägerin auch ein eigenes schutzwürdiges wirtschaftliches Interesse an der Geltendmachung des eingeklagten Unterlassungsanspruchs.
  118. 2.
    Hinsichtlich der geltend gemachten Schadensersatz-, Auskunfts-, Rechnungslegungs- und Kostenerstattungsansprüche ergibt sich die Prozessführungsbefugnis der Klägerin aus eigenem Recht infolge einer Abtretung der Ansprüche von der B Corporation, § 398 BGB. Bezüglich dieser Ansprüche kommt eine Verfolgung durch einen einfachen Lizenznehmer im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft regelmäßig nicht in Betracht, weil es dem Lizenznehmer wegen der Abtretbarkeit dieser Ansprüche hierfür an einem berechtigen Interesse mangelt (Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 16. Aufl. 2024, Kap. D Rn.370). Der einfache Lizenznehmer kann zudem nicht den Ersatz seines eigenen Schadens verlangen, sondern – wie vorliegend beantragt – nur denjenigen Schaden, der dem Patentinhaber durch die Verletzungshandlungen entstanden ist (Kühnen, a.a.O.).
  119. Die Klägerin ist im Rahmen der Zulässigkeit aufgrund der von ihr schlüssig behaupteten Abtretung der Ansprüche gemäß der Vereinbarung in Anlage K22/1, K22/2 für die Ansprüche auf Schadensersatz, Auskunft, Rechnungslegung und Kostenerstattung klagebefugt (doppelrelevante Tatsache). Die als Anlage K22/1 überreichte Vereinbarung unterliegt nach ihrer Ziff. 4 deutschem Recht. Gemäß der Präambel sowie der Ziff. 2 der Vereinbarung mit dem Titel „Confirmation of License Agreement“ hat die B Corporation der Klägerin alle vergangenen und zukünftigen Schadensersatz- und Rechnungsstellungsansprüche im Zusammenhang mit der Verletzung des Klagepatents übertragen bzw. abgetreten („Licensor […] transfers to Licensee all past and future claims for damages and rendering of account relating to the infringement of the Patent to Licensee“), so dass die Klägerin bezüglich dieser Ansprüche gem. § 398 S.1, 2 BGB an die Stelle der B Corporation tritt und aus eigenem Recht klagebefugt ist. Durch die Unterschrift ihres Geschäftsführers hat die Klägerin die Abtretung auch angenommen. Die dargelegte Abtretung war auch hinreichend bestimmt.
  120. II.
    Die Klägerin ist darüber hinaus auch materiell-rechtlich aktivlegitimiert. Für den Unterlassungsanspruch ergibt sich dies aus der wirksamen Ermächtigung durch die B Corporation. Für die übrigen Ansprüche resultiert dies aus einer wirksamen Abtretung der B Corporation an die Klägerin gem. § 398 BGB. Beides ergibt sich jedenfalls aus der als Anlage K22/1 bzw. K22/2 vorgelegten Vereinbarung vom 26. bzw. 29.01.2024. Die Kammer hat auch nach dem streitigen Vorbringen im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 25.06.2024 keine durchgreifenden Zweifel an der Wirksamkeit dieser Vereinbarung.
  121. 1.
    Wie bereits dargelegt, hat die Kammer keine Zweifel daran, dass die B Corporation die materiell-rechtliche Inhaberin des Klagepatents ist und damit in der Lage war, die Vereinbarung gem. Anlage K22/1 wirksam zu schließen und sowohl die entsprechende Ermächtigung einzuräumen, als auch ihre aus der (behaupteten) Verletzung des Klagepatents entstandenen Ansprüche abzutreten.
  122. 2.
    Die beiden Vertragsparteien der Vereinbarung gem. Anlage K22/1 wurden auch jeweils wirksam vertreten. Das Bestreiten der Beklagten greift insoweit nicht durch.
  123. a)
    Es bestehen keine durchgreifenden Zweifel an der erforderlichen Vertretungsbefugnis von Frau G für die B Corporation.
  124. aa)
    Es steht der Beklagten zunächst gem. § 138 Abs. 4 ZPO frei, die Vertretungsberechtigung der Frau G mit Nichtwissen zu bestreiten. Dies stellt entgegen der Ansicht der Klägerin kein unzulässiges Bestreiten ins Blaue hinein dar. Denn es handelt sich dabei um Tatsachen und Umstände, die außerhalb der eigenen Wahrnehmung der Beklagten liegen, § 138 Abs. 4 ZPO. Die Befugnis zum Bestreiten mit Nichtwissen besteht auch gegenüber substantiiertem und mit Dokumenten gestütztem Vortrag. Das Gericht darf deshalb die betreffende Tatsache seiner Entscheidung nicht schon wegen unzureichenden Bestreitens durch den Gegner zugrunde legen, sondern ausschließlich dann, wenn es von ihr im Rahmen der freien Beweiswürdigung überzeugt ist.
  125. bb)
    Für die Überzeugungsbildung des Gerichts ordnet § 286 Abs. 1 ZPO an, dass das Gericht nach freier Überzeugung darüber zu befinden hat, ob es eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr erachtet, wobei es den gesamten Inhalt der Verhandlungen und das Ergebnis einer etwaigen Beweisaufnahme zu berücksichtigen hat. Aus der Formulierung „etwaigen“ folgt hierbei, dass der erforderliche Beweis im Einzelfall auch ohne eine förmliche Beweisaufnahme nach Maßgabe der §§ 371 ff. ZPO als geführt angesehen werden kann. Die gerichtliche Überzeugungsbildung kann sich folglich allein auf die Schlüssigkeit des Sachvortrages einer Partei und/oder auf deren Prozessverhalten und/oder das des Gegners stützen (OLG Düsseldorf, Urteil v. 20.12.2017 – I-2 U 39/16 = GRUR-RS 2017, 137480 Rn. 98 – Zigarettenpapier; Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 16. Aufl. 2024, Kap. D Rn.373).
  126. cc)
    Zu einer solchen Überzeugung kommt die Kammer vorliegend auch ohne Beweisaufnahme. Frau G ist laut dem offiziellen – hinsichtlich seiner Echtheit nicht bestrittenen – SEC Report des Jahres 2023 (Anlage K24/1, K24/2) seit dem 01.11.2021 „Executive Vice President, General Counsel and Secretary“ der B Corporation. Zwar geht nicht unmittelbar aus dem SEC-Report oder ihrer Berufsbezeichnung hervor, ob sie dazu einzelvertretungsbefugt ist bzw. war, eine Patentlizenz einzuräumen. Gleichwohl kommt dem SEC Report eine erhebliche Indizwirkung diesbezüglich zu. Gerichtsbekannt werden in den USA keine Handelsregister geführt, aus denen die Klägerin einen Auszug vorlegen könnte. Ebenfalls gerichtsbekannt ist, dass Falschangaben gegenüber der U.S.-amerikanischen Aufsichtsbehörde SEC empfindlich gegenüber am Kapitalmarkt gelisteten Unternehmen geahndet werden. In dem gegenständlichen SEC Report der B Corporation sind lediglich acht „Executive Officer“ gelistet, von denen Frau G als einzige auch „General Counsel“ des Unternehmens ist. Ausweislich des als Anlage K21 vorgelegten Auszugs der Website der B Corporation beaufsichtigt Frau G als Chefsyndikus das rechtliche Tagesgeschäft der Unternehmensgruppe. Die Einräumung einer einfachen Patentlizenz sowie die Ermächtigung einer Tochtergesellschaft zur klageweise Geltendmachung samt der Abtretung der damit in Verbindung stehenden (Schadensersatz-)Ansprüche fällt damit in ihren Aufgabenbereich. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung ist davon auszugehen, dass die „General Counsel“ des Unternehmens – unabhängig davon, welches Recht eines US-amerikanischen Bundesstaats einschlägig wäre – berechtigt ist, die B Corporation im Rahmen einer solchen, ihre Kernaufgabe betreffenden – zumal konzerninternen – Vereinbarung zu verpflichten und eine solche Vereinbarung wirksam zu unterzeichnen. Auch ist der Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, wonach die Bezeichnung „Secretary“ in einer Corporation bedeute, dass dieser bzw. diese für das Unternehmen handeln dürfe, plausibel. Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung mit Nichtwissen bestritten hat, dass es eine Lebenserfahrung gibt, wonach ein „Vice President“ Vollmacht für das betreffende Unternehmen innehat, kommt es hierauf nicht an, da die Klägerin konkret vorgetragen hat, dass Frau G mit Vertretungsbefugnis für die B Corporation gehandelt hat. Für das Vorliegen der Vertretungsbefugnis von Frau G spricht auch die als Anlage K26/1 zur Akte gereichte sowie der Kammer als unterzeichnetes Original vorliegende Erklärung („Confirmation of Authority to sign the license agreement“) von Frau K, welche als Assistenz der Geschäftsführung bei der B Corporation tätig ist. Diese bestätigt in der vorgenannten Erklärung, dass Frau G die Geschäftsführende Vizepräsidentin, Chefsyndikus und Sekretärin der B Corporation sei und als solche berechtigt sei, Lizenzen an dem Klagepatent der Muttergesellschaft an Konzerngesellschaften zu erteilen. Begründete Zweifel an dem Inhalt dieser Erklärung hat die Kammer nicht.
  127. b)
    Weiterhin ist die Kammer auch hinreichend von der (Einzel-)Vertretungsbefugnis des Herrn H auf Seiten der Klägerin überzeugt.
  128. Die Einzelvertretungsbefugnis des Geschäftsführers Herrn H ergibt sich zur Überzeugung der Kammer eindeutig aus dem von der Beklagten vorgelegten Handelsregisterauszug der Klägerin (Anlage WR1, dort S.6 unten f.) sowie aus dem als Anlage WR2 vorgelegten Gesellschafterbeschluss. Im Handelsregister, welches öffentlichen Glauben genießt, ist vermerkt, dass Herr H am 01.04.2021 zum Geschäftsführer bestellt wurde und er „einzelvertretungsberechtigt mit der Befugnis im Namen der Gesellschaft mit sich als Vertreter eines Dritten Rechtsgeschäfte abzuschließen [ist]“. Soweit die Beklagte einwendet, dass neben ihm auch Herr I als Geschäftsführer bestellt ist, so geht aus dem Handelsregisterauszug unzweifelhaft hervor, dass beide jeweils einzelvertretungsberechtigt sind. Auch aus der Formulierung des Gesellschafterbeschlusses vom 16./22./23.02.2021 („Herr H ist einzelvertretungsberechtigt und befugt, Rechtsgeschäfte als Vertreter Dritter abzuschließen“) ergibt sich nichts anderes. Daraus ist entgegen des Vortrags der Beklagten nicht zu folgern, dass eine Einzelvertretungsbefugnis von Herrn H nur für solche Geschäfte bestehe, die er mit sich als Vertreter eines Dritten abschließe, gemeint ist vielmehr die übliche Befreiung von einem Insichgeschäft (§ 181 BGB) neben der Regelung der Einzelvertretungsbefugnis.
  129. III.
    Die angegriffene Ausführungsformen macht von der Lehre des Anspruchs 1 des Klagepatents unmittelbar wortsinngemäß Gebrauch, jedoch nicht von der Lehre seines Anspruchs 10.
  130. 1.
    Das Klagepatent, dessen in Anlage K3 eingereichter Übersetzung der Patentschrift die nachfolgend ohne Quellenangaben zitierten Absätze entstammen, betrifft gemäß Abs. [0001] eine Vorrichtung zum Mischen von zwei oder mehr Fluiden, insbesondere einen statischen Mischer, der Mischelemente aufweist, die einen Fuidstrom in verschiedene Richtungen teilen und/oder einen statischen Mischer, der Mischelemente aufweist, die während des Zusammensetzens des Mischers nicht ausgerichtet werden müssen.
  131. a)
    In seiner einleitenden Beschreibung schildert das Klagepatent in Abs. [0002], dass es bei vielen Anwendungen notwendig sei, zwei oder mehrere Fluide vor der Anwendung miteinander zu vermischen, z.B. wenn – wie etwa bei Zweikomponenten-Klebstoffen und Dichtungsmitteln – eine Basiskomponente und eine Aktivierungskomponente miteinander vermischt werden sollen. Diese Vermischung könne erreicht werden, indem die Komponenten in und durch einen unbeweglichen (z.B. statischen) Mischer geführt würden. Solche Mischer umfassen laut Klagepatent eine Mischkomponente oder -anordnung, die in einer Leitung angeordnet ist, wobei die Mischkomponente eine Reihe von miteinander verbundenen Mischelementen in Form von Leitwänden, Spiralen, Keilen und/oder Umlenkplatten aufweist. Die Mischelemente teilten und rekombinierten die Fluide in überlappender Weise, um Schichten der Fluide zu erzeugen. Schließlich führe diese Teilung und Rekombination dazu, dass die Schichten dünner würden und ineinander diffundierten, was zu einer im Wesentlichen einheitlichen Mischung führe.
  132. b)
    Laut Abs. [0003] des Klagepatents sind konventionelle statische Mehrstrom-Mischer, bei denen Mischelemente aus Leitwänden gebildet sind (z.B. in US 6,773, 156 und US 3,239,197), und Platte-Mehrstrom-Mischer (z.B. in US 5,944,419) vorbekannt. Die Mischelemente dieser vorbekannten Mischer seien in eine spezifische longitudinale Richtung orientiert (relativ zu der Leitung des Mischers) und ausgeführt, um den Fluidstrom in die gleiche transversale Richtung (z.B., eine X- oder Y-Richtung) zu teilen. Eine derartige Anordnung ist ausweislich der Klagepatentschrift wünschenswert, da ein Alternieren der Teilungsrichtung den Zweck des Mischelements verfehlen oder sogar effektiv „rückgängig machen“ würde.
  133. Aus Sicht des Klagepatents ist eine der Herausforderungen, die mit der in Abs. [0003] beschriebenen konventionellen Mischanordnung verbunden ist, die Beseitigung von Streifen in der extrudierten Mischung, Abs. [0004]. So zeige während des Mischens von Fluiden mit unterschiedlichen Viskositäten das niedrigviskose Fluid die Tendenz, sich entlang der internen Leitungswände zu kanalisieren oder in Zick-Zack-Form zu bewegen, statt im Schichtungsprozess ausreichend eingebunden zu werden. Dies resultiere – so das Klagepatent – in einem Streifen des ungemischten Fluids innerhalb der extrudierten Mischung, die von dem statischen Mischer abgegeben werde. Jedoch seien derartige Streifen aus verschiedenen Gründen unerwünscht. So könnten die Streifen die Leistungsfähigkeit des Produkts beeinflussen oder sie könnten die Bedienperson des statischen Mischers dazu bringen, infrage zu stellen, ob der statische Mischer die beiden Komponenten oder Fluide des Klebstoffs oder Dichtungsmittels effektiv gemischt habe, Abs. [0004].
  134. Laut dem Klagepatent (Abs. [0005]) seien mehrere Versuche unternommen worden, um die Streifenbildung zu beseitigen, indem verschiedene zusätzliche Mischelemente wie Gewebe, variierende Größen von Leitwänden und variierende Geometrien der Leitwände in die Reihe miteinander verbundener Mischelemente eingebunden worden seien. Jedoch würden aktuelle Technologien Raum für Verbesserungen beim Mischen von schweren Materialien zeigen. Das Klagepatent beschreibt, dass Streifen nach wie vor bei bestimmten Materialien auftauchten, wodurch der Endnutzer längere Mischer nutzen müsse, welche wiederum aus einer Vielzahl von Gründen nachteilig seien. So seien längere Mischer schwerer handhabbar und hätten im Allgemeinen ein größeres Rückhaltevolumen, wodurch mehr Fluid verschwendet werde, wenn der Mischer entsorgt werde. Ausweislich Abs. [0005] seien viele Elemente außerdem dazu konzipiert, in eine bestimmte longitudinale Richtung ausgerichtet zu sein, wenn sie in den Leitungskanal des Mischers eingeführt würden. Damit die Fluide durch die speziell konzipierte Geometrie in die richtige Richtung bewegt werden, müsse der Hersteller die Mischelemente passend ausrichten während der Montage des Mischers. Dabei kritisiert das Klagepatent, dass das Ausrichten des Mischers während der Montage Kosten, Zeit und Komplexität des Herstellungsprozesses erhöhe. Viele Hersteller statten – so das Klagepatent – die Komponente mit Orientierungsetiketten oder anderen Strukturen aus, um sicherzustellen, dass die Komponente in die passende Richtung in den Leitungskanal eingefügt werde.
  135. Als nachteilig beschreibt das Klagepatent am Stand der Technik damit die beschriebene Bildung von Streifen, die schwierige Handhabbarkeit und die Verschwendung von Fluid bei längeren Mischern sowie die Erforderlichkeit des Ausrichtens des Mischers während der Montage.
  136. c)
    Das Klagepatent hält ausgehend hiervon gem. Abs. [0006] einen Mischer, der die Streifenbildung reduziert und/oder keinen Ausrichtungsschritt während der Montage benötigt, für äußerst wünschenswert.
  137. 2.
    Zur Erreichung dieses Ziels schlägt das Klagepatent eine Vorrichtung in Form eines Mischers zum Mischen mindestens eines ersten und eines zweiten Fluides gemäß seinen unabhängigen Ansprüchen 1 und 10 vor. Diese lassen sich anhand der folgenden Merkmalsgliederungen darstellen:
  138. Anspruch 1:
  139. 1. Mischer (10) zum Mischen mindestens eines ersten und zweiten Fluides, enthaltend:
  140. 2. eine Leitung (12, 18), die zur Aufnahme einer Strömung des ersten und zweiten Fluides geeignet ist,
  141. 3. eine erste Reihe von Mischelementen (28),
  142. 3.1 die innerhalb der Leitung angeordnet sind
  143. 3.2 und zum Teilen der Strömung in eine erste Richtung ausgeführt sind; und
  144. 3.3 jedes der Mischelemente der ersten Reihe enthält
  145. 3.3.1 ein erstes ebenes Glied (56, 66), das in die erste Richtung ausgerichtet ist und eine führende, strömungsteilende Kante definiert,
  146. 3.3.2 eine erste umlenkende Fläche (84), die sich von einer ersten Seite des ersten ebenen Gliedes nach außen erstreckt und ausgeführt ist, um Fluidströmung zu einem zu ersten Seite des zweiten ebenen Gliedes benachbarten Raum zu lenken,
  147. 3.3.3 und eine zweite umlenkende Fläche (86), die sich von einer zweiten Seite des ersten ebenen Gliedes nach außen erstreckt und ausgeführt ist, um Fluidströmung zu einem zur zweiten Seite des zweiten ebenen Gliedes benachbarten Raum zu lenken,
  148. 3.3.4 ein zweites ebenes Glied (78, 74), das in die zweite Richtung ausgerichtet ist und eine hintere, strömungszusammenführende Kante definiert,
  149. 4. eine zweite Reihe von Mischelementen (34)
  150. 4.1 die innerhalb einer Leitung angeordnet
  151. 4.2 und zum Teilen der Strömung in eine zweite Richtung ausgeführt sind, die sich von der ersten Richtung unterscheidet.
  152. Anspruch 10:
  153. 10.1 Mischer (10) zum Mischen mindestens eines ersten und zweiten Fluides, enthaltend:
  154. 10.2 eine Leitung (12)
  155. 10.3 und eine innerhalb der Leitung positionierte Mischkomponente (14), wobei die Mischkomponente beinhaltet
  156. 10.3.1 eine erste Reihe von Mischelementen (28)
  157. 10.3.1.1 von denen jedes zum Teilen der Strömung in einer ersten Richtung
  158. 10.3.1.2 und zum Zusammenführen der Strömung in einer zweiten Richtung ausgeführt ist;
  159. 10.3.2 eine zweite Reihe von Mischelementen (34)
  160. 10.3.2.1 von denen jedes zum Teilen der Strömung in eine dritte Richtung, die sich von der ersten Richtung unterscheidet,
  161. 10.3.2.2 und zum Zusammenführen der Strömung in eine vierte Richtung, die sich von der zweiten Richtung unterscheidet, ausgeführt ist;
  162. 10.4 und eine Hilfsleitwand (32),
  163. 10.4.1 die zwischen zwei entsprechenden Mischelementen der ersten und zweiten Reihe positioniert ist,
  164. 10.4.2 wobei die Hilfsleitwand ausgeführt ist, um Teile der Strömung aus einer Mitte der Leitung in einen Außenbereich der Leitung
  165. 10.4.3 und Teile der Strömung aus dem Außenbereich der Leitung in die Mitte der Leitung zu lenken.
  166. 3.
    Vor dem Hintergrund des Streits der Parteien bedarf von den Merkmalen des geltend gemachten Anspruchs 1 die Auslegung der Merkmale 3.2, 3.3.1, 3.3.2 und 3.3.3 der Erörterung.
  167. Danach handelt es sich bei der angegriffenen Ausführungsform um einen Mischer nach Anspruch 1 des Klagepatents, da sie alle Merkmale des geltend gemachten Anspruchs verwirklicht.
  168. a)
    Zunächst werden die Merkmale 3.2 und 3.3.1 durch die angegriffene Ausführungsform verwirklicht.
  169. aa)
    Durch die Mischelemente der ersten Reihe der Mischelemente (28) soll die Fluid-Strömung gemäß Merkmal 3.2 in eine erste Richtung geteilt werden können. Der Fachmann erkennt, dass diese Teilung jedenfalls auch durch die führende, strömungsteilende Kante, welche durch ein erstes ebenes Glied definiert wird, bewirkt werden soll.
  170. Die erste Richtung gemäß dem Merkmal 3.2 beschreibt der Anspruchswortlaut dahingehend näher, dass sie sich von der zweiten Richtung unterscheidet, in welche die Mischelemente der zweiten Reihe der Mischelemente die Strömung teilen (vgl. Merkmal 4.2). Ebenso steht der ersten Richtung, in welche das erste ebene Glied gemäß Merkmal 3.3.1 ausgerichtet ist, die zweite Richtung entgegen, in welche das zweite ebene Glied gemäß Merkmal 3.3.4 ausgerichtet ist. Der Fachmann versteht, dass es sich bei der „ersten Richtung“ gemäß den Merkmalen 3.2 und 3.3.1 grundlegend um die gleiche Richtung handelt. Die erste Richtung, in welche die Strömung an der Kante geteilt wird, ist die Richtung, zu der die Fläche des ersten ebenen jeweils Glieds zeigt, etwa die Horizontale. Die Kante muss hingegen gerade nicht in dieselbe Richtung zeigen, zu der die Fläche des ersten ebenen Glieds zeigt. Dies versteht der Fachmann zum einen in funktionaler Hinsicht und geht zum anderen eindeutig aus den anspruchsgemäßen Ausführungsbeispielen gemäß den Figuren hervor. Figur 2 etwa offenbart gem. Abs. [0010] dem Fachmann führende Kanten, die in eine erste Richtung ausgerichtet sind. Ebenfalls in Figur 2 ist mit der Ziffer 66 ein anspruchsgemäßes erstes ebenes Glied gezeigt, das in die erste Richtung ausgerichtet ist. Gemäß Abs. [0014] zeigen die Figuren 2B und 2C jeweils ein erstes ebenes Glied 56, das in eine erste Richtung ausgerichtet ist, welche als allgemein vertikale Richtung gezeigt wird sowie ein zweites ebenes Glied 58, das in eine zweite, allgemein horizontale Richtung ausgerichtet ist. Das erste ebene Glied erstreckt sich dabei in eine Richtung parallel zur longitudinalen Achse der Mischkomponente 14, Abs. [0014]. Damit wird dem Fachmann anhand der Figur 2 gezeigt, dass anspruchsgemäß eine führende Kante, die optisch von oben nach unten verläuft, einen Strom in eine erste Richtung, nämlich optisch nach rechts und links, teilen kann und ein anspruchsgemäßes erstes Glied, welches sich unmittelbar an die Kante anschließt bzw. welches die Kante definiert, dabei zur Seite nach rechts oder links („in die erste Richtung“) angeordnet sein kann.
  171. bb)
    Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht die Merkmale 3.2 und 3.3.1 hiernach. Anhand der von der Klägerin vorgelegten Abbildungen, etwa in Anlagen K9m und K15m, lässt sich feststellen, dass ein Fluid nach seinem Einlass am Einlassende bei der angegriffenen Ausführungsform zunächst auf eine Kante trifft, an welcher sich der Fluidstrom teilt. Diese Teilung erfolgt in eine erste Richtung, nämlich seitlich (nach rechts und links) im Verhältnis zu der vertikal verlaufenden Kante. Ob der Fluidstrom sich dabei ausschließlich seitlich nach rechts und links oder auch nach oben ausbreitet, ist für die Verwirklichung unerheblich, da er jedenfalls auch nach rechts und links, d.h. in die erste Richtung, verläuft. Analog der anspruchsgemäßen Figur 2 des Klagepatents weist die angegriffene Ausführungsform ein erstes ebenes Glied auf, durch welches die Kante gebildet wird und welches mit seiner Fläche in Richtung der Teilung des Fluidstroms, nämlich im Wesentlichen seitlich nach links und nach rechts, ausgerichtet ist.
  172. b)
    Die Merkmale 3.3.2 und 3.3.3 werden ebenfalls durch die angegriffene Ausführungsform verwirklicht.
  173. aa)
    Der Fachmann versteht das Merkmal funktional. Merkmale und Begriffe in der Patentschrift sind grundsätzlich so auszulegen, wie dies angesichts der ihnen nach dem offenbarten Erfindungsgedanken zugedachten technischen Funktion angemessen ist (BGH, GRUR 1999, 909 – Spannschraube; BGH, GRUR 2009, 655 – Trägerplatte). Der Fachmann erkennt, dass die Funktion der umlenkenden Flächen 84 und 86 darin besteht, die Fluidströmung in einen örtlich näher definierten benachbarten Raum zu lenken. Die Fluide sollen sich durch die Mischkomponente und die einzelnen Mischelemente schieben, um vermischt und diffundiert werden zu können. Die umlenkenden Flächen sollen letztlich der Vorwärtsbewegung des Fluidstroms in eine bestimmte Richtung dienen.
  174. Der Fluidstrom stößt durch die umlenkenden Flächen auf eine räumliche Begrenzung und muss sich sodann in eine andere Richtung ausbreiten, um dem auf ihn wirkenden Druck zu entweichen. Dem Teil-Merkmal „umlenkende Flächen“ kommt daher eine gewisse richtungsgebende Funktion zu. Weder der Anspruchswortlaut, noch die Beschreibung geben jedoch vor, dass die Umlenkung ausschließlich oder unmittelbar über die umlenkenden Flächen oder ohne hinzugegebenen Druck stattfinden müsste. Auch das Wort „lenken“ bzw. „deflect“ schreibt kein unmittelbares Lenken nur über dieses Bauteil vor; dies ist auch nicht der Fall, wenn man das Wort – wie die Beklagte – gleichbedeutend mit „führen“ oder „leiten“ versteht, zumal das der maßgeblichen englischen Verfahrenssprache entstammende Wort „deflecting“ nicht nur mit „umlenkend“, sondern auch mit „ablenkend“, „abfälschend“, „umleitend“ oder „verlagernd“ übersetzt werden kann. Der Wortlaut legt demnach lediglich nahe, dass die „umlenkenden Flächen“ an einer Umlenkung der Fluidströmung beteiligt sind und diese zumindest auch bewirken sollen.
  175. Es ist daher unschädlich, wenn ein Fluid nicht auf direktem Wege nach Berührung der umlenkenden Fläche in den benachbarten Raum gelangt, sondern sich erst noch in Richtung der (Außen-)Wand ausbreitet und dann erst nach oben bzw. unten in den benachbarten Raum vordringt, solange die umlenkende Fläche an der Umlenkung mitgewirkt hat. Ein unmittelbares Umlenken wird nicht beansprucht. Auch dass der Fluidstrom mit keinem anderen Bauteil in Berührung kommen darf, nachdem er auf die umlenkende Fläche getroffen ist und bevor er in den benachbarten Raum gelangt, verlangt das Klagepatent nicht. Ein direktes Umlenken ohne Umwege mag effizient sein, anspruchsgemäß ist es nicht erforderlich. Der Fachmann erkennt, dass das Umlenken des Fluids bewirkt wird, indem das Fluid auf die umlenkenden Flächen als Hindernis stößt, sich in diese Richtung nicht weiter ausbreiten kann, sondern aufgrund des Drucks und der räumlichen Begrenzung auf den zur Verfügung stehenden, freien Raum ausweicht, welcher anspruchsgemäß der näher definierte benachbarte Raum ist. Die Begrenzung des Stroms, der sich in einer Leitung bewegt, ist insoweit bereits aus dem System heraus vorgegeben.
  176. Der Anspruch und die Beschreibung des Klagepatents lassen offen, wie die umlenkenden Flächen ausgestaltet sind; dies bleibt dem Fachmann überlassen. Wenngleich alle Figuren der Klagepatentschrift die umlenkenden Flächen 84 und 86 als schräge Flächen mit Neigung zeigen, handelt es sich insoweit lediglich um Ausführungsbeispiele, welche einen weiter gefassten Anspruch nicht beschränken können. Näheres zur Art und Weise, wie eine Umlenkung geschehen soll, wird nicht gelehrt. Auch vermag die Kammer – entgegen der von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung – nicht zu erkennen, dass Abs. [0017] eine Angabe hinsichtlich einer vorhandenen oder nicht vorhandenen Neigung der umlenkenden Flächen machen würde. Abs. [0017] betrifft vielmehr ein von Anspruch 1 nicht beanspruchtes „Teilleitelement 30a“ und lässt keine zwingenden generellen Rückschlüsse auf die umlenkenden Flächen 84, 86 zu. Vielmehr gibt das Klagepatent eine Neigung oder einen Winkel der umlenkenden Flächen, welcher der angestrebten Fließrichtung entspricht, nicht vor. Es mag funktional vorteilhaft sein, wenn die umlenkenden Flächen geneigt sind, so dass der Strömungsfluss erleichtert wird und weniger Druck auf die Fluid-Kartusche gegeben werden muss. Zwingend erforderlich ist dies jedoch nicht, da das Hinzugeben von Druck jedenfalls nicht von dem Anspruch ausgeschlossen wird. So trägt auch die Beklagte vor, dass durch die Neigung der Strömungswiderstand des Mischers (lediglich) reduziert werden könne, so dass weniger Druck auf den Kolben einer Kartusche aufgebracht werden müsste. Weiter legt der Fachmann seinem Verständnis zugrunde, dass die Leitung ohnehin vollständig mit Fluid ausgefüllt ist, so dass automatisch auch ein Teil des Fluids an die Außenseite der Leitung gedrückt wird und keine ausschließliche „glatte“ Lenkung des Fluids nach oben stattfinden kann.
  177. bb)
    Die angegriffene Ausführungsform weist demnach anspruchsgemäße umlenkende Flächen auf. Dies hat die Klägerin insbesondere anhand eines 3-D-Models (Anlage K13) aufgezeigt, hinsichtlich dessen die Beklagte nicht in Abrede stellt, dass dieses die angegriffene Ausführungsform zutreffend wiedergibt. Auf die dort als 86 und 84 bezifferten Flächen trifft der Fluidstrom und gelangt so – nach dem Vortrag der Beklagten – in eine Sackgasse. Dieser kann der Strom nach dem Vortrag der Beklagten nur entkommen, indem er in den – im Übrigen anspruchsgemäßen – benachbarten Raum fließt. Damit erfüllen die Flächen bereits ihre anspruchsgemäße richtungsgebende Funktion, denn unstreitig fließt das Fluid nach seinem Treffen auf die Flächen 84 und 86 in den benachbarten Raum. Soweit die umlenkenden Flächen nach dem Vortrag der Beklagten so geneigt sind, dass die Fluidströmung erst auf die Wand des Mischers trifft und danach erst in den benachbarten Raum ausweicht, wäre dies unschädlich, da die Flächen 84 und 86 hierzu unabhängig von ihrer Neigung bestimmungsgemäß beigetragen haben. Wenn eine angegriffene Ausführungsform die Vorteile des Patents nicht oder nur unvollständig verwirklicht, so ist gleichwohl eine Patentverletzung gegeben, wenn sie sämtliche Merkmale des Patentanspruchs wortsinngemäß erfüllt, sog. verschlechterte Ausführungsform (BGH, GRUR 2006, 131 – Seitenspiegel; OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.01.2015 – I-15 U 22/15; OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.01.2017 – I-2 U 5/13 – S.23 Abs. 2 des Umdrucks). So liegt der Fall hier.
  178. Soweit die Beklagte einwendet, die Klägerin trage nur vor, dass die angegriffene Ausführungsform die Merkmale 3.3.2 und 3.3.3 mit Fluiden von hoher Viskosität verwirkliche, ist dies für die Merkmalsverwirklichung unschädlich. Für die Verletzung genügt, wenn die angegriffene Ausführungsform in einer (bestimmungsgemäßen) Anwendungsvariante den Patentanspruch verletzt, so dass genügt, sofern dies hier etwaig nur mit Fluiden einer hohen Viskosität der Fall wäre. Dass die angegriffene Ausführungsform mit Fluiden von hoher Viskosität nicht funktionieren würde, hat auch die Beklagte nicht dargetan. Die Beklagte kann sich insoweit nicht auf ein einfaches Bestreiten einer zum umlenkenden geeigneten Viskosität der mit der angegriffenen Ausführungsform zu verwendenden Fluide beschränken. Sie hätte aufgrund ihrer Kenntnisse über die angegriffene Ausführungsform stattdessen darzulegen, für welche Art von Fluiden die angegriffene Ausführungsform geeignet oder nicht geeignet ist.
  179. c)
    Die Verwirklichung der übrigen Merkmale des Anspruchs 1 steht zwischen den Parteien zu Recht nicht in Streit, so dass weitere Ausführungen entbehrlich sind.
  180. 4.
    Hinsichtlich des Anspruchs 10 bedarf vor dem Hintergrund des Streits der Parteien die Auslegung der Merkmalsgruppe 10.4 der Erörterung.
  181. Danach handelt es sich bei der angegriffenen Ausführungsform nicht um einen Mischer nach Anspruch 10 des Klagepatents, da sich insbesondere eine Verwirklichung der Merkmale 10.4.2 und 10.4.3 nicht feststellen lässt.
  182. a)
    Der Mischer im Sinne von Anspruch 10 umfasst gemäß Merkmal 10.4 eine Hilfsleitwand (32) bzw. ein „auxiliary baffle (32)“ in der englischen Verfahrenssprache, welche zwischen zwei Mischelementen der ersten und der zweiten Reihe positioniert ist, wobei die Beschreibung der Klagepatentschrift mit der Bezugsziffer (32) auch ein etwa in Figur 4 gezeigtes „Strömungsinversionselement“ oder eine „Strömungsinversionsleitwand“ bzw. ein „flow inversion baffle“ oder „flow inversion element“ vorsieht (vgl. Abs. [0012], [0021] ff.). Gemäß dem Anspruchswortlaut der Merkmale 10.4.2 und 10.4.3 muss die Hilfsleitwand ausgeführt sein, um Teile der Strömung aus einer Mitte („from a center“) der Leitung in einen Außenbereich („to a periphery“) der Leitung und umgekehrt zu lenken. Wie groß diese Teile sein müssen, wird nicht beansprucht. Aus dem Wortlaut „Teile der Strömung“ dürfte der Fachmann zwar verstehen, dass nicht zwingend die Gesamtheit der zu einer Strömung zusammengeflossenen Fluide von der Umlenkung betroffen sein muss. Gleichwohl wird er davon ausgehen, dass es sich anspruchsgemäß nicht um bloße Minimalanteile geringen Umfangs, sondern um einen erheblichen Teil der Strömung handeln muss, da andernfalls das Mischergebnis nicht signifikant beeinflusst würde.
  183. Der Fachmann erkennt nämlich in funktionaler Hinsicht, dass die Hilfsleitwand gerade eine zusätzliche (möglichst große) Durchmischung leisten soll. Die Klagepatentschrift lehrt ihn, dass sich die erste und die zweite Reihe von Mischelementen durch die Richtung, in welche die Fluidströmung geteilt und wieder zusammengeführt wird, voneinander unterscheiden. Im Rahmen eines Zwischenschritts zwischen Teilungsvorgängen in die erste und die zweite Richtung soll die Durchmischung dadurch optimiert werden, dass zusätzlich Teile der Strömung von der Mitte in den Außenbereich und andere Teile vom Außenbereich in die Mitte der Leitung gelenkt werden. Insbesondere soll hierdurch auch die Bildung von Kanälen vermieden werden. Dies versteht der Fachmann zum einen aus den beschriebenen Nachteilen im Stand der Technik (etwa Streifenbildung) sowie etwa aus Abs. [0023]. Ausweislich Abs. [0023] sollen die Schichten von Fluiden, welche durch das Durchlaufen der ersten Reihe von Mischelementen gebildet werden, durch die Strömungsinversionsleitwand (32) invertiert und verdreht werden. Gemäß Abs. [0023] wird „jedwedes Material, das sich entlang der inneren Oberflächen 42 ‚kanalisiert‘ oder ‚Zick-Zack‘-förmig bewegt, […] von dem Außenbereich der Strömungsrichtung in die Mitte der Strömungsrichtung geleitet“ bevor die verdrehten und invertierten Schichten durch die zweite Reihe von Mischelementen in die zweite Richtung geteilt werden. Gemäß Abs. [0024], nach welchem durch die Teilung des Fluidstromes in verschiedene Richtungen die gesamte Mischqualität verbessert wird, wird ein Kanalisieren u.a. durch die Strömungsinversionsleitwand (32) reduziert.
  184. Der Fachmann versteht in diesem Zuge, dass durch die Hilfsleitwand ein bewusstes bzw. gezieltes Lenken bzw. Umlenken von Teilen der Strömung von innen nach außen und umgekehrt stattfinden muss. Ein stochastisches, eher zufälliges Verteilen von Fluidteilen vom Innenbereich in den Außenbereich der Leitung und umgekehrt genügt hierzu nicht, da ein solches die vorgenannte Funktion nicht hinreichend erfüllen würde. Dies entnimmt der Fachmann auch Abs. [0008], welcher der Zusammenfassung der Erfindung der Klagepatentschrift entstammt. Denn Abs. [0008] ist hinsichtlich der Hilfsleitwand trotz der einleitenden Formulierung „zum Beispiel“ insoweit schutzbereichsbeschreibend, als dasjenige, was die Strömungsinversionsleitwand nach Abs. [0008] leistet, in den Wortlaut von Anspruch 10 gelangt ist.
  185. Für das vorstehende Verständnis spricht auch das Ausführungsbeispiel gemäß Figur 4. In der Klagepatentschrift wird einzig in Figur 4 ein Ausführungsbeispiel einer Hilfsleitwand bzw. eines Strömungsinversionselements („flow inversion baffle“) gezeigt, vgl. Abs. [0010], [0021] ff. Die in Figur 4 gezeigte Strömungsinversionsleitwand (32) weist eine Zentrum-zu-Umkreis-Flusskammer („center-to-perimeter flow chamber“) (160), einen Flussumkehrer („flow diverter“) (162) und eine Umkreis-zu-Zentrum-Flusskammer („perimeter-to-center flow chamber“) (164) auf, die zusammenarbeiten, um Fluid von der Mitte der Leitung (12) in einen Außenbereich der Leitung (12) umzulenken und um Fluid aus dem Außenbereich der Leitung (12) in die Mitte der Leitung (12) zu lenken. In der Figur 4 ist zu erkennen sein, dass dabei die in der Mitte befindliche Strömung durch eine Öffnung und die sich außen befindliche Strömung durch eine andere Öffnung fließt sowie, so dass auf der anderen Seite der Strömungsinversionsleitwand der mittige Strömungsteil weiter außen und der ursprünglich äußere Strömungsteil weiter innen wieder austritt.
  186. Zwar lässt sich dem Anspruch nicht entnehmen, welche Bereiche genau mit der Mitte bzw. „center“ oder dem Außenbereich bzw. „periphery“ beansprucht sind. Insoweit bleibt es dem Fachmann überlassen, die Mitte und den Außenbereich zu bestimmen, wobei er hierbei die aufgezeigte Funktion der möglichst großen Durchmischung berücksichtigen wird. Zudem erkennt der Fachmann, dass das Klagepatent „Fluid“ und „Strömung“ unterscheidet. Anspruch 10 beansprucht ein Umlenken von Teilen der Strömung, nicht bloß von Teilen des Fluids, so dass auch nach dem Passieren der Hilfsleitwand anspruchsgemäß eine Strömung aufrechterhalten bleiben soll.
  187. b)
    Eine entsprechende Verwirklichung der Merkmalsgruppe 10.4 durch die angegriffene Ausführungsform lässt sich nicht feststellen. Es lässt sich nach dem Vortrag der Klägerin insbesondere nicht feststellen, dass die Hilfsleitwand ausgeführt ist, um Teile der Strömung gezielt aus einer Mitte in einen Außenbereich und umgekehrt zu lenken (Merkmale 10.4.2, 10.4.3). Zwar werden auch nach dem Vortrag der Beklagten zumindest Teile des Fluids durch das Passieren der insgesamt vier Öffnungen im Mischelement bzw. in der Hilfsleitwand von außen nach innen und umgekehrt befördert. Jedoch vermochte die Klägerin nicht darzulegen, dass es sich dabei um mehr als eine rein zufällige Verteilung des Fluids infolge eines Hindurchzwängens durch die relativ kleinen Öffnungen handelt. Es gelingt der Klägerin nicht konkret darzulegen, wie sich das Mischelement der angegriffenen Ausführungsform auf den Fluidstrom auswirkt – auch nicht im Rahmen der von ihr angeführten Strömungssimulation. Es ist anhand der von den Parteien dargestellten baulichen Gestaltung der angegriffenen Ausführungsform eher davon auszugehen, dass sich die gesamte Strömung durch die vergleichsweise kleinen, im Querschnitt dreieckigen Öffnungen des Mischelements, die weder in der Mitte noch am Rand der Leitung angeordnet sind, zwängen müssen. Dabei ist weder erkennbar, dass eine gezielte Lenkung der Strömung stattfindet, noch, dass auch nach dem Passieren der Hilfsleitwand die vorher gegebene Strömung noch vorhanden wäre.
  188. IV.
    Aufgrund des Vertriebs bzw. Anbietens der angegriffenen Ausführungsform durch die Beklagte (§ 9 S. 2 Nr. 1 PatG) in Deutschland ergeben sich die zuerkannten Rechtsfolgen.
  189. Dabei lässt sich jedenfalls eine Angebotshandlung im Inland i.S.d. § 9 S. 2 Nr. 1 PatG durch die Beklagte feststellen. Eine solche hat die Klägerin hinreichend dargelegt. Sie ergibt sich bereits aus der als Anlage K7/1 zur Akte gereichten, deutschsprachigen Broschüre über die angegriffene Ausführungsform, deren Herausgeber ausweislich der Fußzeile der Broschüre die Beklagte ist. Dass es sich bei dem dort dargestellten Mischer mit der Artikelnummer „XXXXE“ nicht um die angegriffene Ausführungsform handeln würde, behauptet auch die Beklagte nicht. Auch dass es sich bei den als Anlage K11 zur Akte gereichten Mustern um Mischer handeln würde, die von den in der Broschüre (Anlage K7/1) beworbenen Mischern abweichen, ist nicht konkret dargetan oder ersichtlich. Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob die als Anlage K10 abfotografierten Mischer, die im Rahmen eines Testkaufs erworben wurden, von der Beklagten stammen, was diese in Abrede stellt.
  190. 1.
    Der Unterlassungsanspruch beruht auf Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 1 PatG, da die Benutzung des Erfindungsgegenstandes im Inland ohne Berechtigung erfolgt. Die Verwirklichung einer Benutzungshandlung verursacht grundsätzlich Wiederholungsgefahr für alle im Kern gleichartigen geschützten Handlungen, d.h. bei einem verletzenden Angebot auch für das hier jeweils geltend gemachte Gebrauchen, Inverkehrbringen, Besitzen und Einführen (vgl. Voß in Schulte, PatG, 11. Aufl. 2022, § 139 Rn. 54).
  191. 2.
    Die Klägerin hat gegen die Beklagte dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Ersatz der Schäden der B Corporation, der aus Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 2 PatG i.V.m. § 398 BGB folgt. Zwar kann die Klägerin als einfache Lizenznehmerin keine eigenen Schäden geltend machen, jedoch kann sie insoweit aus abgetretenem Recht der B Corporation vorgehen. Es kann auch keine Verjährung dieses Anspruchs festgestellt werden.
  192. a)
    Als Fachunternehmen hätte die Beklagte die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB.
  193. Da überdies durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten die Entstehung eines Schadens hinreichend wahrscheinlich ist, der durch die Klägerin aber noch nicht beziffert werden kann, weil sie den Umfang der rechtsverletzenden Benutzungshandlungen ohne ihr Verschulden nicht im Einzelnen kennt, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an der Feststellung der Schadensersatzverpflichtung anzuerkennen, § 256 ZPO.
  194. b)
    Eine behauptete Verjährung des Schadensersatzanspruchs gem. § 141 PatG i.V.m. §§ 195, 199 BGB, welche auch auf Europäische Patente Anwendung finden, vermag die Kammer nicht festzustellen. Es wäre insoweit an der Beklagten, welche sich auf Verjährung beruft, die eine Verjährung begründenden Umstände darzulegen. Ihr diesbezüglicher Vortrag bleibt jedoch pauschal und beschränkt sich darauf, dass derart weit zurückreichende Ansprüche (für Handlungen seit dem 13.05.2011) unabhängig von der Frage der Verletzung verjährt seien. Nicht vorgetragen ist bereits, seit wann die hierfür erforderliche Kenntnis der Klägerin bzw. der Patentinhaberin B Corporation bestanden haben soll. Die Klägerin musste auf den pauschalen Verjährungseinwand insoweit auch nicht erwidern, § 138 Abs. 2 ZPO. Eine etwaige absolute Verjährung von 10 Jahren (§ 199 Abs. 3, 4 BGB) dürfte zudem bereits durch Verhandlungen gem. § 203 BGB gehemmt sein, da die Klägerin gem. Anlage K1 die Beklagte erstmalig schon im August 2021 kontaktiert hat.
  195. 3.
    Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, ihren Schadensersatzanspruch aus abgetretenem Recht zu beziffern, steht ihr gegen die Beklagte ein Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung zu. Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsformen ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus Art. 64 EPÜ i.V.m. § 140b Abs. 1 PatG, der Umfang der Auskunftspflicht aus Art. 64 EPÜ i.V.m. § 140b Abs. 3 PatG. Die weitergehende Rechnungslegungspflicht folgt aus Art. 64 EPÜ i.V.m. §§ 242, 259 BGB. Die Klägerin ist auf die Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt; die Beklagte wird durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Dass die Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung bereits verjährt wären, vermag die Kammer – wie dargelegt – nicht festzustellen.
  196. 4.
    Weiterhin hat die Klägerin einen Anspruch auf Erstattung ihrer Abmahnkosten nebst Prozesszinsen für das anwaltliche und patentanwaltliche Schreiben der B Corporation an die Beklagte vom 11.10.2021 aus §§ 683 Abs. 1, 677, 670 BGB i.V.m. § 398 BGB aus abgetretenem Recht. Dieser besteht jedoch nur in Höhe von 7.706,20 Euro.
  197. a)
    Die Klägerin kann diesbezüglich aus abgetretenem Recht der Muttergesellschaft vorgehen. Das rechts- und patentanwaltliche Schreiben vom 11.10.2021 an die Beklagte ist nicht im Namen der Klägerin, sondern im Namen der Klagepatentinhaberin B Corporation verfasst. Entsprechend stand der Erstattungsanspruch aus der Geschäftsführung ohne Auftrag zunächst der B Corporation zu. Nach einer verständigen Auslegung der als Anlage K22/1 bzw. K22/2 zur Akte gereichten Vereinbarung zwischen der Klägerin und der B Corporation ist die Erstattung von Rechtsanwaltskosten, welche gerade aufgrund der Verletzung des Klagepatents entstanden sind, von der Abtretungserklärung gem. Ziff. 2 der Vereinbarung mitumfasst („alle vergangenen und zukünftigen Schadensersatz- und Rechnungslegungsansprüche im Zusammenhang mit der Verletzung des Patents“ bzw. „all past and future claims for damages and rendering of account relating to the infringement of the Patent“).
  198. b)
    Die Kosten einer Abmahnung sind nur erstattungsfähig, wenn die Abmahnung einen gewissen Mindestinhalt aufweist (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.11.2011 – I-20 W 132/11). Sie muss den Abgemahnten in die Lage versetzen, den Verletzungsvorwurf zu überprüfen und eine Klage zu vermeiden, d.h. es muss der Sachverhalt, der den Vorwurf rechtswidrigen Verhaltens begründen soll, genau angegeben und der darin erblickte Verstoß so klar und eindeutig bezeichnet sein, dass der Abgemahnte die gebotenen Folgerungen ziehen kann (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.11.2011 – I-20 W 132/11 Rn. 20 bei Juris). Diese Informationen gehen hier aus dem als Anlage K1 (dort S. 102 ff.) vorgelegten Schreiben vom 11.10.2021 hervor. Das Abmahnschreiben enthält in einer nachvollziehbaren Zusammenstellung das vermeintlich verletzte Patent samt seiner Patentansprüche 1 und 10 mit seiner Patentnummer sowie eine Darstellung der vorgeworfenen Verletzungshandlung, so dass die Informationen enthalten sind, die die Beklagte benötigt, um den Verletzungsvorwurf zu überprüfen.
  199. Die Beklagte kann nicht mit Erfolg einwenden, dass das Schreiben vom 11.10.2021 keine Abmahnung sei, da es auf Englisch verfasst sei und es damit an Verständlichkeit für die deutsche Beklagte mangele. Denn aus der Anlage K1 geht hervor, dass die Parteien bereits vor dem fraglichen Abmahnschreiben eine schriftliche Korrespondenz auf Englisch miteinander geführt haben, im Rahmen welcher Vertreter der Beklagten den Vertretern der Klägerin auf Englisch geantwortet haben. Die B Corporation durfte damit davon ausgehen, dass der Beklagten auch ein (förmliches) Abmahnschreiben auf Englisch hinreichend verständlich ist. Die verwendete Sprache steht der Ordnungsgemäßheit der Abmahnung hier nicht entgegen, zumal die Beklagte in der Klageerwiderung selbst noch vorgetragen hat, international in mehreren Ländern tätig zu sein, so dass von englischen Sprachkenntnissen bei der Beklagten auszugehen ist.
  200. c)
    Die Klägerin kann die Abmahnkosten jedoch nur in Höhe von 7.706,20 Euro ersetzt verlangen. Diese Summe beruht auf der Geltendmachung einer zweifachen 1,3 RVG-Mittelgebühr (Nr. 2300 des Vergütungsverzeichnisses) für die rechts- sowie aufgrund dessen erforderlicher Mitwirkung auch für die patentanwaltliche Tätigkeit aus einem Gegenstandswert von 250.000,00 Euro zzgl. Mehrwertsteuer und einer einmaligen Auslagenpauschale von 20,00 Euro.
  201. Soweit die Klägerin einen Gegenstandswert von 500.000,00 Euro zugrunde gelegt hat und daher einen Betrag in Höhe von 10.973,46 Euro für erstattungsfähig hält, vermochte die Kammer dem nicht zu folgen. Bei der Ermittlung der berechtigen Abmahnkosten war vielmehr ein Gegenstandswert von 250.000,00 Euro zugrunde zu legen. Da die B Corporation der Beklagten eine Verwirklichung der Patentansprüche 1 und 10 vorgeworfen hat, aber die Kammer eine Verwirklichung von Anspruch 10 nicht feststellen kann, waren die Abmahnkosten insoweit nicht erstattungsfähig.
  202. d)
    Der Zinsanspruch in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 07.04.2022 ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.
  203. V.
    Aufgrund der nicht nachgelassenen Schriftsätze der Parteien vom 28.06.2024, 05.07.2024 und 08.07.2024 war die mündliche Verhandlung nicht wiederzueröffnen, da sich aus diesen kein neuer, für die Entscheidung der Kammer erheblicher Tatsachenvortrag ergibt.
  204. VI.
    Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
  205. VII.
    Der Streitwert wird auf 500.000,00 Euro festgesetzt.

Schreibe einen Kommentar