Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3383
Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 25. Juli 2024, Az. 4a O 35/21
- I. Die Beklagten werden verurteilt,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, — ersatzweise Ordnungshaft — oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft im Fall der Beklagten zu 1) an ihrem jeweiligen gesetzlichen Vertreter zu vollziehen ist, zu unterlassen,
austauschbare Pulverbehälter für ein Pulverstrahlgerät zur abrasiven Reinigung von Zähnen und Zahnfleischtaschen unter Verwendung von unterschiedlichen Pulversorten, Pulver-Gas-Gemisch-Zusammensetzungen und unterschiedlicher Drücken mit einer Pulveraufnahme und einer Wirbelkammer, in der unter Druck stehendes und über mindestens einen Gaseintritt eintretendes Gas Pulver verwirbelt und als Pulver-Gas-Gemisch über eine Auslassöffnung mindestens eines Gasaustritts des Pulverbehälters abführt, wobei der Pulverbehälter einen Kupplungsbereich zum dichtenden Verbinden des sich im Kupplungsbereich angeordneten Gaseintritts und des sich im Kupplungsbereich angeordneten Gemischaustritts mit entsprechenden Anschlüssen eines Pulverstrahlgeräts aufweist,
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen
sofern der Kupplungsbereich des Pulverbehälters Kodiermittel aufweist,
welche mit elektrischen Kontakten eines Aufnahmebereichs des Pulverstrahlgeräts derart zusammenwirken können, dass das Pulverstrahlgerät Informationen über die Art des Pulverbehälters erhält;
2. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie seit dem 04.07.2012 die unter Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen begangen haben,
und zwar unter Angabe
a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren
c) der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der hierfür bezahlten Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden;
wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
3. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 04.08.2012 begangen haben,
und zwar unter Angabe:
a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
b) der Menge der erhaltenen und bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden;
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;
wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Belege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in elektronischer Form, hilfsweise schriftlich in Kopie, vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen und den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
4. nur die Beklagte zu 1): die in dem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder im Eigentum der Beklagten zu 1) befindlichen, unter Ziffer I.1. bezeichneten Erzeugnisse an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten zu 1) – Kosten herauszugeben;
5. nur die Beklagte zu 1): die unter Ziffer I.1. bezeichneten, seit dem 04.07.2021 in den Verkehr gebrachten Erzeugnisse gegenüber den gewerblichen Abnehmern schriftlich unter Hinweis auf die mit dem hiesigen Urteil von der Kammer festgestellte Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents EP 1 972 XXA B1 mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen und die Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen.
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter der Ziffer I.1. bezeichneten, in der Bundesrepublik Deutschland seit dem 04.08.2012 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
III. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
IV. Das Urteil ist hinsichtlich der Ziffern I.1. bis I.5. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 1.000.000,00 vorläufig vollstreckbar und hinsichtlich der Ziffer III. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. - Tatbestand
-
Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen unmittelbarer wortsinngemäßer Patentverletzung auf Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung, Vernichtung, Rückruf sowie auf Feststellung einer Schadensersatzpflicht dem Grunde nach in Anspruch.
Die B Holding S.A. – die Holding Gesellschaft der Klägerin – ist die im Register des Deutschen Patent- und Markenamts eingetragene Inhaberin (Registerauszug vorgelegt als Anlage K6) des deutschen Teils des Europäischen Patents EP 1 972 XXA B9 (nachfolgend: Klagepatent, vorgelegt als Anlage B02). Die Klägerin ist die ausschließliche Lizenznehmerin der B Holding S.A.. Das in deutscher Verfahrenssprache erteilte Klagepatent wurde am 19.03.2007 angemeldet. Die Anmeldung des Klagepatents wurde am 24.09.2008 veröffentlicht. Das Europäische Patentamt veröffentlichte am 04.07.2012 den Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents.
Das Klagepatent steht in dem nach einer Entscheidung des Bundespatentgerichts (nachfolgend: BPatG) aufrechterhaltenen Umfang in Kraft. Die Beklagte zu 1) reichte unter dem 25.10.2021 Nichtigkeitsklage gegen das Klagepatent beim BPatG ein (Anlage B6); im Hinblick hierauf hatte die Kammer mit Beschluss vom 07.07.2023, Bl. 337 GA, die Verhandlung bis zur erstinstanzlichen Entscheidung im Nichtigkeitsverfahren ausgesetzt. Das BPatG erklärte das Klagepatent mit Urteil vom 17.01.2024 teilweise für nichtig und hielt es in beschränktem Umfang aufrecht (Anlage B11). Gegen das Urteil des BPatG legte die Beklagte zu 1) unter dem 10.05.2024 Berufung zum Bundesgerichtshof ein, welche noch anhängig ist (Anlage B12).
Der geltend gemachte Anspruch 1 des Klagepatents in der vom BPatG aufrechterhaltenen Fassung lautet wie folgt: -
„Austauschbarer Pulverbehälter (2) für ein Pulverstrahlgerät (1) zur abrasiven Reinigung von Zähnen und Zahnfleischtaschen unter Verwendung von unterschiedlichen Pulversorten, Pulver-Gas-Gemisch-Zusammensetzungen und unterschiedlicher Drücken mit einer Pulveraufnahme (14) und einer Wirbelkammer (24), in der unter Druck stehendes und über mindestens einen Gaseintritt (17) eintretendes Gas Pulver verwirbelt und als Pulver-Gas-Gemisch über eine Auslassöffnung (16) mindestens eines Gemischaustritts (15) des Pulverbehälters (2) abführt, wobei der Pulverbehälter (2) einen Kupplungsbereich (48) zum dichtenden Verbinden des sich im Kupplungsbereich (48) angeordneten Gaseintritts (17) und des sich im Kupplungsbereich (48) angeordneten Gemischaustritts (15) mit entsprechenden Anschlüssen (56, 57) eines Pulverstrahlgeräts (1) aufweist,
dadurch gekennzeichnet,
dass der Kupplungsbereich (48) des Pulverbehälters (2) Kodiermittel (22, 35) aufweist, welche mit elektrischen Kontakten (37) eines Aufnahmebereichs (49) des Pulverstrahlgeräts (1) derart zusammenwirken können, dass das Pulverstrahlgerät (1) Informationen über die Art des Pulverbehälters (2) erhält.“
Zur Veranschaulichung der beanspruchten Lehre wird nachfolgend Figur 1 des Klagepatents verkleinert eingeblendet, welche die schematische, dreidimensionale Ansicht auf ein Pulverstrahlgerät mit zwei aufgesetzten, erfindungsgemäßen Pulverbehältern zeigt (Abs. [0034] des Klagepatents). -
Mit Bezugsziffern 2a und 2b sind dabei ein erster und zweiter Pulverbehälter bezeichnet, mit Ziffer 1 ein Pulverstrahlgerät, mit Ziffer 5 eine Ableitung, mit Ziffer 3 ein Handstück und mit Ziffer 6 eine Austrittsdüse.
Weiter wird Figur 2 des Klagepatents verkleinert eingeblendet, die gem. Abs. [0034] des Klagepatents den Querschnitt durch eine erste bevorzugte Ausführungsform eines erfindungsgemäßen Pulverbehälters abbildet, wie er in der oben eingeblendeten Figur 1 in einem der beiden zylinderförmigen Körpern zu finden ist: - Figur 6 des Klagepatents zeigt einen Teilquerschnitt durch den unteren Teil des erfindungsgemäßen Pulverbehälters nach einer ersten Ausführungsform nach Figur 2 mit einem Kupplungsbereich sowie einen Querschnitt durch den oberen Bereich des Pulverstrahlbehälters mit Aufnahmebereich (Abs. [0034] des Klagepatents):
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Die Beklagte zu 1) bietet an und vertreibt das Dentalgerät „C“ (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform), ein Ultraschall- und Pulverstrahlgerät, welches in Zahnarztpraxen für die professionelle Zahnreinigung eingesetzt wird, in der Bundesrepublik Deutschland. Sie bringt es unter dem Bestellcode Y1002XXB in Deutschland in den Verkehr. Der Beklagte zu 2) ist der Geschäftsführer der Beklagten zu 1) (vgl. Handelsregisterauszug vorgelegt als Anlage K1).
Auf der Internetseite der Beklagten zu 1) https://www.D.com/E ist die deutsche Produktbroschüre für die angegriffene Ausführungsform abrufbar, welche die Klägerin als Anlage K2 zur Akte reichte. Zur Veranschaulichung der angegriffenen Ausführungsform wird nachfolgend ein Ausschnitt aus der Anlage K2 eingeblendet: -
Bei der angegriffenen Ausführungsform handelt es sich um ein Kombigerät, das sowohl eine Ultraschallvorrichtung zur Entfernung von Zahnstein als auch ein Pulverstrahlgerät bereitstellt. Für den als Pulverstrahlgerät ausgebildeten Teil ist vorgesehen, dass ein das Pulver umfassender Pulverbehälter lösbar an einem Pulverstrahlgerät angebracht werden kann. Am Pulverbehälter befindet sich ein Anschlusselement zum Handgerät mit einer Düseneinrichtung, die das Pulver-Gas-Gemisch zusammen mit einem Wasserstrahl auf die zu behandelnden Zähne strahlt. Die Kammern der Pulverbehälter der angegriffenen Ausführungsform lassen sich mit einem einfachen Handgriff wechseln. Dabei wird automatisch ein Umschalten zwischen einer subgingivalen und einer supragingivalen Behandlung veranlasst, das heißt es wird automatisch erkannt, welcher Pulverbehälter an die Basisstation angeschlossen ist.
In der nachfolgenden Abbildung des von unten geöffneten Pulverbehälters, die aus der Klageschrift stammt, ist erkennbar, dass die angegriffene Ausführungsform unterhalb ihrer Mischkammer einen sockelartigen Kupplunqsbereich (B`) aufweist, in dem jeweils Schläuche zur Führung des Pulver-Gas-Gemischs sowie Schläuche zur Führung von Wasser und Luft vorgesehen sind. Diese Schläuche verlassen gemeinsam den Behälter über ein Anschlusselement (E). Ferner bildet der zentrale Abschnitt an der Unterseite einen Gaseinlass beziehungsweise Gaseintritt (T) aus, über den Gas in die Mischkammer eingeleitet wird: - Weiter werden nachfolgend von der Beklagten mit der Klageerwiderung eingereichte Abbildungen der angegriffenen Ausführungsform eingeblendet, wobei die Bezeichnungen von der Beklagten stammen:
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In der mündlichen Verhandlung vom 20.06.2023 haben einerseits die Klägerin ein Exemplar der angegriffenen Ausführungsform sowie andererseits die Beklagten zwei unterschiedliche Pulverbehälter der angegriffenen Ausführungsform als Anlagen zur Gerichtsakte gereicht.
Die Klägerin ist der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform verwirkliche den Anspruch 1 des Klagepatents wortsinngemäß.
Die angegriffene Ausführungsform weise zunächst insbesondere einen austauschbaren Pulverbehälter für ein Pulverstrahlgerät zur abrasiven Reinigung von Zähnen und Zahnfleischtaschen unter Verwendung von unterschiedlichen Pulversorten, Pulver-Gas-Gemisch-Zusammensetzungen und unterschiedlichen Drücken auf.
Dabei sei relevant, dass ein Pulverbehälter einer bestimmten Zahnreinigungsbehandlung – von mehreren möglichen Zahnbehandlungsarten – zugeordnet und für diese bestimmt sei. Der jeweilige Pulverbehälter müsse einen vom Pulverstrahlgerät ausgegebenen Druck verarbeiten und bestimmungsgemäß umsetzen.
Eine entsprechende Bestimmung der Pulverbehälter für unterschiedliche Zahnreinigungsbehandlungen liege bei den Pulverbehältern der angegriffenen Ausführungsform vor. An der angegriffenen Ausführungsform seien – wie aus dem Abschnitt 8.2 des als Anlage K16 vorgelegten Handbuchs zur angegriffenen Ausführungsform ersichtlich – unterschiedliche Behandlungsmodi vorgesehen, nämlich ein F-Modus für die Behandlung von Zahnfleischtaschen (subgingival) und ein G-Modus für die Behandlung der Zähne oberhalb der Zahnfleischtaschen (supragingival). Wie in Anlage K16 erläutert, würden dafür jeweils unterschiedliche Pulversorten und auch unterschiedliche Fülllevel angewendet und damit automatisch auch unterschiedliche Pulver-Gas-Gemisch-Zusammensetzungen. Auf den unterschiedlichen Behältern fänden sich – insoweit unstreitig – entsprechende Piktogramme, die die jeweiligen Pulverbehälter einer bestimmten Behandlung zuordneten. Aus der als Anlage K2 („Automatisches Anpassen der Strahlkraft“, Seite 7 der Anlage K2) vorgelegten Broschüre ergebe sich, dass die Strahlkraft, das heiße der Druck, bei einer subgingivalen Behandlung gegenüber der supragingivalen Behandlung um 20% verringert würde. Auf Seite 6 der Anlage K2 sei auch zu sehen, dass abhängig vom jeweils erkannten Pulverbehälter, am Display bestimmte Parameter eingestellt würden, u.a. die „Power-Einstellung“, mit welcher der Druck gemeint sei, der dem jeweiligen Pulverbehälter zugeführt werde. Das Druckniveau werde beim Wechsel der Behälter entsprechend angepasst. Das dem Pulverbehälter zuzuführende Gas sei der einzige steuerbare Parameter, mit dem der Mischvorgang im Pulverbehälter beeinflusst werden könne, so dass die Pulverbehälter der angegriffenen Ausführungsform dazu ausgelegt seien, die vom Pulverstrahlgerät bereitgestellte Druckluft bestimmungsgemäß zu verarbeiten.
Weiterhin weise die angegriffene Ausführungsform eine Wirbelkammer auf, in der unter Druck stehendes und über mindestens einen Gaseintritt eintretendes Gas Pulver verwirbele und als Pulver-Gas-Gemisch über eine Auslassöffnung (16) mindestens eines Gemischaustritts des Pulverbehälters abführe.
Die klagepatentgemäße Wirbelkammer des Pulverbehälters werde nur dahingehend konkretisiert, dass sie das Gas, welches unter Druck in den Pulverbehälter eingelassen werde, mit dem Pulver zu einem Pulver-Gas-Gemisch verwirbele. Insoweit sei nicht erforderlich, dass die Wirbelkammer räumlich von der Pulveraufnahme getrennt sei. Weiter erfordere das Klagepatent nicht, dass die Auslassöffnung Teil der Wirbelkammer sein müsse. Der Anspruchswortlaut verhalte sich nicht zur Platzierung der Auslassöffnung und spezifiziere diese lediglich dahingehend, dass das Pulver-Gas-Gemisch die Auslassöffnung passieren müsse.
Die angegriffene Ausführungsform verfüge über eine erfindungsgemäße Wirbelkammer, da ihr Pulverbehälter eine Wandung aufweise, die einen Bereich umgebe, in dem das Pulver aufbewahrt werde und wo es durch Verwirbelungen mit Luft zum Pulver-Gas-Gemisch vermischt werde. Die Merkmale, wonach der Pulverbehälter eine Pulveraufnahme und einen Deckel aufweise, die die Wirbelkammer umgeben, seien in der angegriffenen Ausführungsform 1:1 verwirklicht.
Auch weise die angegriffene Ausführungsform einen klagepatentgemäßen Kupplungsbereich zum dichtenden Verbinden des sich im Kupplungsbereich angeordneten Gaseintritts und des sich im Kupplungsbereichs angeordneten Gemischaustritts mit entsprechenden Anschlüssen eines Pulverstrahlgeräts auf.
Der Anspruchswortlaut sei nicht auf eine Kupplungsseite beschränkt, insbesondere müssten die Anschlüsse nicht an der Unterseite des Pulverbehälters ausgebildet werden. Das Klagepatent weise auch kein Merkmal auf, das den Kupplungsbereich auf die Schnittstelle zwischen dem Pulverbehälter und einer stationären Einheit des Pulverstrahlgeräts beschränke, so dass auch die Verbindung zwischen Handstück und Pulverkammer erfasst sein könne. Hinsichtlich der geforderten dichtenden Verbindung sei für den Fachmann offensichtlich, dass aufgrund dieser weder Gas noch Pulver den Schnittstellenbereich zwischen dem Pulverbehälter und dem Pulverstrahlgerät verließen, damit die Funktionssicherheit des Pulverstrahlgeräts sichergestellt sei.
Das Klagepatent erfasse als Pulverstrahlgerät alle Komponenten, die neben dem Pulverbehälter erforderlich seien, um ein Pulver-Gas-Gemisch am Handstück an einer dort vorhandenen Düse bereitstellen zu können, was typischerweise neben einer stationären Basis, die beispielsweise ein Kontrollfeld und die Aufnahme des Pulverbehälters umfasse, auch ein Handgerät einschließe (Bezugszeichen 3, 6 in Figur 1), das von dem Zahnreinigungsspezialisten geführt werde, um entsprechend den Pulverstrahl auf den zu behandelnden Zahnbereich ausrichten zu können. Das Handstück sei aus Sicht des Fachmanns dabei eine technisch zwingend erforderliche Teilkomponente des Gesamtgeräts, das fachüblich als Pulverstrahlgerät bezeichnet werde. Die stationäre Basis bzw. das Steuergerät des Pulverbehälters sei nicht als „gesamtes Pulverstrahlgerät“ zu verstehen, da dieser Teil des Pulverstrahlgeräts ungeeignet sei, der eigentlichen Funktion des Pulverstrahlgeräts nachzukommen, nämlich ein Pulver-Gas-Gemisch bereitzustellen. „Pulverstrahlgerät“ sei als Oberbegriff zu verstehen und gerade nicht auf das Steuergerät beschränkt; das Handgerät sei obligatorisch für ein Pulverstrahlgerät.
Anspruch 1 sehe lediglich den Anschluss des Pulverbehälters an das Pulverstrahlgerät vor, so dass auch die Anbindung der Pulver-Gas-Leitung von dem Pulverbehälter an das Handgerät unter den Schutzbereich des Klagepatents falle, da das Handgerät für den Fachmann ein Teil des Pulverstrahlgeräts sei. Der Anspruchswortlaut des Klagepatents stelle gerade nicht darauf ab, dass alle Anschlüsse an einem Basisgerät oder der stationären Basis des Pulverstrahlgeräts ausgebildet sein müssten. Statt von einer stationären Basis zu sprechen, verwende der Anspruchswortlaut den Begriff „Pulverstrahlgerät“, um offen zu lassen, an welcher Bauteilkomponente des Pulverstrahlgeräts die Anschlüsse ausgebildet sein könnten. Es sei klagepatentgemäß, wenn die anspruchsgemäßen Anschlüsse nicht gemeinsam an der Basisstation oder der stationären Einheit des Pulverstrahlgeräts ausgebildet seien.
Bei der angegriffenen Ausführungsform seien der Gaseintritt und der Gemischaustritt an einem Kupplungsbereich, nämlich dem Sockel (B‘) des Pulverbehälters (B), angeordnet. Dabei befänden sich der Gaseinlass (Bodenseite des Kupplungsbereichs) und der Gemischauslass (Anschlusselement an der Seitenwand des Kupplungsbereichs) zwar an unterschiedlichen Seiten des Kupplungsbereichs. Beide seien jedoch in einen gemeinsamen Kupplungsbereich integriert. Das Handstück (C, C`) der angegriffenen Ausführungsform sei als Teil des Pulverstrahlgeräts anzusehen. Daher bestehe ein dichtender Anschluss zum Pulverbehälter, wenn – wie bei der angegriffenen Ausführungsform – der Anschluss an einer Seitenfläche des Kupplungsbereichs angeordnet und über eine Versorgungsleitung mit dem Handgerät verbunden sei.
Schließlich weise der Kupplungsbereich des Pulverbehälters auch anspruchsgemäß Kodiermittel auf, welche mit elektrischen Kontakten eines Aufnahmebereichs des Pulverstrahlgeräts derart zusammenwirken könnten, dass das Pulverstrahlgerät Informationen über die Art des Pulverbehälters erhalte.
Der Anspruch 1 sei nicht darauf beschränkt, dass die Kodiermittel selbst Teil des elektrischen Kontakts seien. Der elektrische Kontakt sei kein zwingender Bestandteil des beanspruchten Pulverbehälters. Es sei ausreichend, wenn das Kodiermittel geeignet sei, einen elektrischen Kontakt derart zu betätigen bzw. einen Schaltvorgang im Pulverstrahlgerät auszulösen, dass eine Information über die Art des Pulverbehälters weitergeleitet werden könne. Die Kodiermittel müssten mit den elektrischen Kontakten im Aufnahmebereich des Pulverstrahlgeräts, das heiße also nicht am Pulverbehälter selbst, zusammenwirken.
Für den Fachmann sei offensichtlich, dass die Kodiermittel mit elektrischen Kontakten des Pulverstrahlgerätes, wie zum Beispiel einem Hall-Sensor oder einen Reed-Kontakt zusammenwirken können sollen, um zwischen mindestens zwei Arten von Pulverbehältern zu unterscheiden. Kodiermittel könnten klagepatentgemäß auch Magnetstreifen sein. Abs. [0017] der Klagepatentschrift nenne explizit einen Magnetstreifen als Beispiel für ein Informationsübertragungsmittel; Abs. [0016] lasse einfache Zapfen genügen, wobei es lediglich um die Position der Zapfen gehe, um anhand der Position des Zapfens eine Information über den Pulverbehälter zu vermitteln.
Für einen elektrischen Kontakt sei nicht erforderlich, dass ein physisches oder mechanisches Einwirken vom Kodiermittel auf den elektrischen Kontakt erfolgen müsse, wie sich aus dem Funktionsprinzip eines Reed-Kontakts ergebe, wonach durch einen Reed-Kontakt ein Schaltkreis dadurch geschlossen werde, dass durch ein Magnetfeld eine Lamelle beziehungsweise ein offener Kontakt bewegt werde. Der Fachmann verstehe unter einem elektrischen Kontakt unter anderem einen Näherungssensor, der beispielsweise die Anwesenheit eines Magneten registriere und dann im Sinne eines Schaltvorgangs einen Stromfluss in einen Stromkreis bedinge. Ein Magnet sei dazu geeignet, einen Reed-Kontakt dahingehend zu beeinflussen, dass ein elektrischer Schaltkreis geschlossen werde. Anspruchsgemäß entscheide die Anwesenheit und/oder die Abwesenheit des Kodiermittels oberhalb des elektrischen Kontakts im Aufnahmebereich darüber, welcher Typ Pulverbehälter montiert sei. Es müsse ein elektrisches Signal an das Steuergerät weitergegeben werden. Auch ein Hall-Sensor, für dessen Funktion die Klägerin auf Anlage K13 (Wikipedia-Artikel zum „Hall-Sensor“) verweist, sei ein elektronischer Kontakt in diesem Sinne.
Die angegriffene Ausführungsform verfüge – insoweit unstreitig – über Magnete an der Unterseite des Pulverbehälters, welche klagepatentgemäße Kodiermittel darstellten. Ein solcher Magnet sei dazu geeignet, einen Reed-Kontakt auszulösen. In dem Aufnahmebereich für den Pulverbehälter an der Basisstation sei zur Identifikation – ebenfalls unstreitig – ein Hall-Sensor/Kontakt eingelassen. Das Konzept der angegriffenen Ausführungsform bestehe darin, die Magneten an verschiedenen Positionen an der Unterseite des Pulverbehälters anzuordnen. Abhängig von der Position des Magneten im montierten Zustand gebe wahlweise der eine oder der andere „elektrische Kontakt“ zu erkennen, dass ein Magnet vorhanden sei. Abhängig vom Zustand des Hall-Sensors erfolge ein Schaltvorgang, der einen elektrischen Strom fließen lasse. Somit liege ein elektrischer Kontakt vor. Je nach Position des Magneten am Boden des Behälters könnten unterschiedliche Kontakte betätigt werden, so dass das Pulverstrahlgerät eine Information über die Art des eingesetzten Pulverbehälters erhalte.
Die beiden Pulverbehälter der angegriffenen Ausführungsform – einer ausschließlich für den Betriebsmodus einer subgingivalen Behandlung mit feinkörnigem Pulver und einer für eine supragingivale Behandlung mit grobkörnigem Pulver – unterschieden sich durch ihren Innenraum und die Position der Magnete an der Unterseite voneinander. Sie seien dazu bestimmt, dass jeweils eine spezifische Pulversorte verwendet werde und insbesondere, um ein bestimmtes Druckverhältnis zu erzeugen oder im Pulverbehälter herzustellen, um das für die jeweilige Behandlung geeignete Pulver-Gas-Gemisch bereitzustellen. Vom Basisgerät werde nach dem Einsetzen des Behälters erkannt, an welcher Position der Magnet sei, so dass nicht nur erkannt werde, dass überhaupt ein Behälter anwesend ist, sondern auch welcher Typ, so dass das Gerät erkenne, welcher Modus (subgingival oder supragingival) betrieben werden solle. Auf den Seiten 57, 58 und 60 des Handbuchs der angegriffenen Ausführungsform (Anlage K16) werde jeweils eine unterschiedliche Reaktion der Steuereinrichtung bzw. der Kontrolleinheit abhängig vom eingesetzten Pulverbehälter erwähnt sowie, dass abhängig vom eingesetzten Behälter ein entsprechendes Piktogramm erscheine.
Die verwendeten Magnete seien im Allgemeinen geeignet, mit elektrischen Kontakten (z.B. Hall-Sensoren oder Reed-Kontakten) eines Aufnahmebereichs des Pulverstrahlgeräts zusammenzuwirken und das Pulverstrahlgerät über die Art des Pulverbehälters zu informieren. Dadurch sei der Behälter in der Lage, Informationen an das Pulverstrahlgerät, insbesondere an die stationäre Einheit des Pulverstrahlgeräts, zu übertragen. Da der Magnet mit dem Hall-Sensor zur Betätigung zusammenwirke, stelle der Hall-Sensor einen elektrischen Kontakt beziehungsweise ein Mittel zur Betätigung eines elektrischen Kontakts dar. - Das BPatG habe das Klagepatent zutreffend in nur geringfügig beschränkter Fassung aufrechterhalten. Eine erneute Aussetzung des Rechtsstreits komme nicht in Betracht.
- Ursprünglich hat die Klägerin eine wortsinngemäße Verletzung sowohl von Anspruch 1 als auch von Anspruch 13 des Klagepatents, jeweils in der ursprünglich erteilten, weiteren Fassung, geltend gemacht. In der mündlichen Verhandlung vom 20.06.2023 hat sie hilfsweise auch eine äquivalente Verletzung des Anspruchs 1 in der ursprünglich erteilten Fassung, nicht mehr jedoch eine Verletzung des Anspruchs 13 geltend gemacht. Nunmehr macht sie lediglich noch eine wortsinngemäße Verletzung von Anspruch 1 in der von dem BPatG beschränkt aufrechterhaltenen Fassung geltend. Mit Schriftsatz vom 18.06.2024, Bl. 530ff. GA, hat die Klägerin zudem Auskunft und Rechnungslegung sowie Feststellung der Schadensersatzpflicht auch hinsichtlich von mit den angegriffenen Pulverbehältern erzielten Umsätzen mit Zusatzeinheiten (Pulverstrahlgeräte und Reinigungspulver) beantragt, was sie nach der mündlichen Verhandlung vom 25.06.2024 nicht mehr geltend macht. In der mündlichen Verhandlung vom 25.06.2024 hat die Klägerin zudem geringfügige Modifikationen ihrer Klageanträge vorgenommen.
-
Die Klägerin beantragt nunmehr,
– wie erkannt – -
Die Beklagten beantragen,
I. die Klage abzuweisen;
II. hilfsweise zu I.: den Rechtsstreit bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die gegen das Klagepatent eingereichte Nichtigkeitsklage gemäß § 148 ZPO auszusetzen;
III. hilfsweise zu II.: für den Fall einer antragsgemäßen Verurteilung den Beklagten zu gestatten, die Vollstreckung gemäß § 712 Abs. 1 ZPO durch Sicherheitsleistung ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung der Klägerin abzuwenden. -
Die Beklagten sind der Auffassung, die angegriffene Ausführungsform verletze das Klagepatent nicht, da sie von mehreren Merkmalen von Anspruch 1 des Klagepatents keinen Gebrauch mache.
Der aufrechterhaltene Anspruch erfordere die Bestimmung des Pulverstrahlgeräts zur abrasiven Reinigung von Zähnen und Zahnfleischtaschen unter anderem unter Verwendung von unterschiedlichen Drücken. Maßgeblich für die Beurteilung, ob ein Pulverstrahlgerät „verschiedene Drücke“ verwende, sei für das Klagepatent der bestehende Druck, mit dem das jeweilige Gas in die Wirbelkammer eintrete. Der beanspruchte jeweilige einzelne Pulverbehälter müsse dabei selbst zur Verwendung von unterschiedlichen Pulversorten, Pulver-Gas-Gemisch-Zusammensetzungen und unterschiedlichen Drücken geeignet und bestimmt sein. Anspruch 1 des Klagepatents beanspruche einen einzigen Pulverbehälter und gerade keine Mehrzahl von Pulverbehältern oder eine Kombination mehrerer Pulverbehälter. Ein anspruchsgemäßer Pulverbehälter müsse daher veränderbare, einstellbare Kodiermittel aufweisen, was mit ortsfesten Kodiermitteln nicht möglich sei. Der einzelne Pulverbehälter müsse zur Verwendung von unterschiedlichen Pulversorten und Drücken gerade bestimmt sein.
Die Klägerin habe schon nicht substantiiert vorgetragen, dass bei der angegriffenen Ausführungsform unterschiedliche Drücke für das abrasive Reinigen von Zähnen und Zahnfleischtaschen verwendet würden; sie hätte hierzu entsprechende Messungen vorlegen müssen. Die Beklagten bestreiten, dass „Strahlkraft“ (wie in Anlage K16) „Druck“ – gemessen in der Einheit [Pa] – bezeichne. Eine unterschiedliche „Strahlkraft“ bei Verwendung des F- und G-Behälters sei nicht zwingend auf die Verwendung unterschiedlicher Drücke zurückzuführen. Die Kraft, welche das Pulver-Gas-Gemisch auf einen Zahn ausübe, hänge von Faktoren wie der Dichte des verwendeten Pulvers, der Dichte des Pulver-Gas-Gemisches, dem Durchmesser bzw. der Strahlquerschnittsfläche des aus dem Handstück austretenden Pulver-Gas-Gemisches und dessen Geschwindigkeit ab, sodass auch bei konstantem Druck die Strahlkraft für beide Behälter abweichen könne.
Insbesondere hätten die von den Beklagten angebotenen Pulverbehälter „F“ und „G“ jeweils einen für den jeweiligen Containertyp vorgesehenen individuellen Schlauch und ein Handstück; sie seien gerade nicht jeweils sowohl für die supragingivale als auch die subgingivale Behandlung bestimmt. Das Pulverstrahlgerät könne anhand der Magneten auf der Unterseite der jeweiligen Container nur erkennen, welcher Container angeschlossen sei, nicht aber den tatsächlichen Inhalt des jeweiligen Containers erkennen. Das Pulverstrahlgerät werde daher jeweils stets nur unter derjenigen Druck-Einstellung betrieben, die für den jeweiligen Containertyp in der Basisstation der angegriffenen Ausführungsform voreingestellt sei.
Der Pulverbehälter der angegriffenen Ausführungsform verfüge zudem über keine klagepatentgemäße Wirbelkammer oder Auslassöffnung.
Klagepatentgemäß seien die Pulveraufnahme und die Wirbelkammer als zwei räumlich getrennte Komponenten im Rahmen des Pulverbehälters anzusehen, sie seien etwa durch einen Einsatz räumlich-physisch abgegrenzt. Eine anspruchsgemäße Auslassöffnung sei zudem stets als eine Öffnung am Gehäuse der Wirbelkammer beschrieben, durch die das Pulver-Gas-Gemisch entweiche. Eine Ausgestaltung, nach der das Pulver-Gas-Gemisch inmitten des Pulverbehälters aufgefangen werde, könne klagepatengemäß nicht als „Auslassöffnung“ der Wirbelkammer verstanden werden.
Innerhalb des Pulverbehälters der angegriffenen Ausführungsform gebe es keine physische Abgrenzung, Barriere oder Unterteilung der Kammer, sondern das Innere bilde vielmehr einen einzigen einheitlichen Raum, in den das Pulver gegeben werde. Durch den nach unten gebogenen „Einblasstutzen“ werde das Pulver dann im gesamten Pulverbehälter verwirbelt. Eine klagepatentgemäße Auslassöffnung liege nicht vor, da es keinerlei Öffnung am Gehäuse des Pulverbehälters der angegriffenen Ausführungsform gebe, durch die das Pulver-Gas-Gemisch austrete. Vielmehr nehme der Pulverbehälter der angegriffenen Ausführungsform das Pulver-Gas-Gemisch im Inneren des Pulverbehälters durch den freistehenden Aufnahmestutzen, welcher ein gebogenes Stahlrohr sei, auf.
Insbesondere fehle es der angegriffenen Ausführungsform an einem anspruchsgemäßen Kupplungsbereich.
Der Kupplungsbereich diene nach der Patentbeschreibung dem auswechselbaren Verbinden des Pulverbehälters mit dem Pulverstrahlgerät. Der Kupplungsbereich der Pulverbehälter sei dabei auf den Aufnahmebereich des Pulverstrahlgeräts abgestimmt und vorteilhafterweise genormt. Der Kupplungsbereich des Pulverbehälters werde im Klagepatent stets so beschrieben, dass der Gaseintritt sowie der Gemischaustritt an der Unterseite des Pulverbehälters angeordnet seien, wo dann auch die dichtende Verbindung mit dem im Aufnahmebereich angeordneten Gas- und Gemischanschluss des Pulverstrahlgeräts eintrete. Der Kupplungsbereich müsse klagepatentgemäß so ausgestaltet sein, dass sowohl Gaseintritt als auch Gemischaustritt mit den korrespondierenden Anschlüssen des Aufnahmebereichs eines Pulverstrahlgeräts dichtend verbunden werden könnten und das Pulver-Gas-Gemisch wieder in das Pulverstrahlgerät zurückgeführt werde, bevor es über externe Komponenten wie ein Handstück ausgeleitet werde. Das Klagepatent zeichne sich gerade dadurch aus, dass Kodiermittel, Gaseintritt und Gemischaustritt in einem zusammenhängenden Kupplungsbereich angeordnet seien. Ausweislich der Auffassung des BPatG sei der Kupplungsbereich einstückig ausgestaltet und auf die Unterseite des klagepatentgemäßen Behälters beschränkt.
Das Handstück sei klagepatentgemäß nicht als Teil des Pulverstrahlgeräts zu verstehen. Gemäß Abs. [0015] der Klagepatentschrift „… [könne das] Pulver-Gas-Gemisch über die Gemischkupplung wieder dem Pulverstrahlgerät zugeführt werden. Von dort [könne] das Pulver-Gas-Gemisch über die Ableitung bzw. einem geeigneten Schlauch einem Handstück zugeführt werden, wo es an der dort befestigten oder eingearbeiteten Austrittsdüse, bevorzugt zusammen mit einem das Pulver-Gas-Gemisch ringförmig umschließenden Wasserstrahls, austritt“. Der Fachmann werde daher das Handstück gerade nicht als Teil des Pulverstrahlgeräts verstehen. Das Klagepatent unterscheide klar zwischen Pulverstrahlgerät und Handstück.
Das Klagepatent lasse auch nicht offen, an welcher Bauteilkomponente des Pulverstrahlgeräts die Anschlüsse für den Pulverbehälter ausgebildet sein könnten. Den Begriff „stationäre Einheit / Basis“ kenne das Klagepatent nicht.
Die Funktionalität des erfindungsgemäßen Pulverbehälters bzw. Pulverstrahlgeräts zeichne sich dadurch aus, dass der Kupplungsbereich des Pulverbehälters und der Aufnahmebereich des Pulverstrahlgeräts nicht nur von der Formgebung her aufeinander abgestimmt seien, sondern dass dort auch der jeweilige Gas- und Gemischanschluss verortet sei. Erst dadurch ergebe sich ein (benutzerfreundliches) auswechselbares Verbinden zwischen Pulverbehälter und Pulverstrahlgerät im Sinne des Klagepatents. Dies bedeutete, dass es – anders als die Klägerin meine – nicht ausreiche, wenn das „Pulverstrahlgerät“ auch eine Ableitung bzw. ein Handstück umfasse. Denn der im Kupplungsbereich des Pulverbehälters angeordnete Gas- und Gemischanschluss werde nach dem Klagepatent nicht „irgendwie“ mit dem „Pulverstrahlgerät“ verbunden. Die Verbindung erfolge an den jeweiligen Gas- und Gemischanschluss im Aufnahmebereich des Pulverstrahlgeräts. Nach dem Sinngehalt des Anspruchs sollten gerade mehrere Pulversorten gleichzeitig angewendet werden können, ohne dass der behandelnde Arzt das Handstück oder den Pulverbehälter wechseln müsse, was er jedoch zu tun habe, wenn das Handstück direkt an den Pulverbehälter angeschlossen sei.
Der angegriffenen Ausführungsform fehle ein Pulverbehälter, der über einen Kupplungsbereich verfüge, in dem ein Gemischaustritt zum dichtenden Verbinden mit einem entsprechenden Anschluss eines Pulverstrahlgeräts angeordnet sei. Zwar sei der Gaseintritt mittig im Kupplungsbereich des Pulverbehälters angeordnet, jedoch sei der Gemischaustritt außerhalb des an der Unterseite angeordneten Kupplungsbereichs des Pulverbehälters angeordnet. Der Aufnahmebereich der angegriffenen Ausführungsform verfüge nicht über einen Anschluss für den Gemischaustritt, sondern nur einen Gasanschluss. Das Pulver-Gas-Gemisch werde über den außerhalb des Kupplungsbereichs des Pulverbehälters angeordneten Gemischaustritt direkt über eine externe Leitung aus dem Pulverbehälter (z.B. zu einem Handgerät) transportiert und nicht wieder zurück in das Pulverstrahlgerät geführt. Beide Pulvercontainertypen der angegriffenen Ausführungsform würden mit einem auf den jeweiligen Pulverbehälter abgestimmten eigenen Schlauch sowie einem eigenen Handstück (G-Handstück“ bzw. „F-Handstück“) ausgeliefert und seien mit dem jeweils anderen nicht kompatibel. Dies zeige, dass die für die jeweiligen Container individualisierten Ableitungen und Handstücke entgegen der Auffassung der Klägerin gerade nicht Teil des Pulverstrahlgeräts im Sinne des Klagepatents seien.
Die angegriffene Ausführungsform weise schließlich keine klagepatentgemäßen Kodiermittel auf.
Die Kodiermittel des Pulverbehälters müssten gemäß dem Anspruchswortlaut mit elektrischen Kontakten eines Aufnahmebereichs des Pulverstrahlgeräts zusammenwirken können. Das Teilmerkmal „zusammenwirken können“ sei vor dem Hintergrund des BPatG-Urteils jedoch dahingehend eng auszulegen, dass die Kodiermittel derart ausgestaltet sein müssen, dass sie mit elektrischen Kontakten des Pulverstrahlgeräts zusammenwirken sollen (nicht nur können). Denn die durch das BPatG hinzugefügten Merkmale könnten nur dann die Erfindungshöhe des beanspruchten Pulverbehälters begründen, wenn der Pulverbehälter in seiner strukturellen Ausgestaltung auf das Pulverstrahlgerät und dessen Zweckbestimmung des abrasiven Reinigens von Zähnen und Zahnfleischtaschen abgestimmt sei.
Der Fachmann verstehe den „elektrischen Kontakt“ als ein physisches In-Kontakt-treten zwischen zwei Bauteilen, das zum Schließen eines elektrischen Stromkreises führe. Ein solcher Kontakt werde als „elektrisch“ bezeichnet, wenn ein elektrischer Stromkreis hergestellt werde, so dass Elektrizität zu fließen beginne. Denn in Abs. [0016] und [0038] der Klagepatentschrift werde beschrieben, wie Kodiermittel in Form von Zapfen oder Öffnungen in die entsprechenden Stellen des Pulverstrahlgeräts eingreifen würden oder Kontaktmuster erzeugten. Im Klagepatent sei das Zusammenwirken von Kodiermitteln des Pulverbehälters und elektrischem Kontakt des Pulverstrahlgeräts durchweg als physische Verbindung zwischen korrespondierenden Bauteilen beschrieben. Der Fachmann sehe daher eine Verwendung von Magneten und magnetischen Kontakten nicht als anspruchsgemäß, wie sich aus Wortlaut, Beschreibung und den Figuren ergebe.
Der Wortlaut sehe nicht vor, dass die Kodiermittel nur dazu „geeignet“ sein müssten, einen elektrischen Kontakt auszulösen. Insbesondere finde die Annahme, es könne auch ein „elektromagnetischer Kontakt“ verwendet werden, keine Basis im Klagepatent. Der klägerische Verweis auf Abs. [0017] des Klagepatents sei irreführend. Denn der Fachmann werde Magnetstreifen und magnetisch wirkende Vorrichtungen gerade als nicht erfindungsgemäße Ausführungen auffassen. Der Satz in Abs. [0017] der Klagepatentschrift, in dem unter anderem Magnetstreifen erwähnt seien, stehe im Zusammenhang mit dem dortigen vorherigen Satz zu einem gerade nicht erfindungsgemäßen Ausführungsbeispiel. Das Klagepatent beschreibe dort Magnetstreifen, Chip-Karten und eine RAM-Auslesevorrichtung als „andere Informationsübertragungsmittel“ und damit gerade nicht als „Kodiermittel“. Das Klagepatent schließe den Einsatz von Magnetstreifen daher als nicht erfindungsgemäße Ausführungsform aus.
Zudem habe das BPatG nun ausdrücklich festgestellt, dass es sich bei einem Hall-Sensor nicht um einen elektrischen Kontakt handele. Auch bei der Begrifflichkeit „zusammenwirken“ werde der Fachmann nicht von einem Einsatz von Magneten oder Hall-Sensoren ausgehen, denn der Begriff werde vom Fachmann mit dem elektrotechnischen Fachbegriff „elektrischer Kontakt“ zusammengelesen. Er erkenne „zusammenwirken“ als Oberbegriff zu den einzelnen Möglichkeiten des In-Kontakt-Tretens bei unterschiedlicher Formgebung von Kodiermitteln, z.B. Eingreifen, Öffnen/Schließen und dergleichen. Außerdem müssten die „Informationen über die Art des Pulverbehälters“, die das Pulverstrahlgerät erhalten müsse, vor dem Hintergrund der neu durch das BPatG hinzugefügten Merkmale über die Information über den Behältertyp hinausgehen und diese durch Angaben zum Pulver und/oder zum verwendeten Druck konkretisieren.
Der Kupplungsbereich des Pulverbehälters der angegriffenen Ausführungsform weise keine Kodiermittel auf, welche mit elektrischen Kontakten des Aufnahmebereichs der angegriffenen Ausführungsform derart zusammenwirken könnten, dass die angegriffene Ausführungsform Informationen über die Art des Pulverbehälters erhalte. Im Boden des Pulverbehälters seien – unstreitig – einfache Magnete verbaut, die mit Hall-Sensoren zusammenwirken sollen. Der Aufnahmebereich der angegriffenen Ausführungsform weise nur einen Gasanschluss auf, durch den kein Strom fließe und keine Information vermittelt werde. Im Inneren des Pulverstrahlgeräts der angegriffenen Ausführungsform seien Hall-Sensoren verbaut, welche auf das von den Magneten erzeugte Magnet- bzw. Spannungsfeld reagierten. Durch den Magneten lasse sich im Hall-Sensor ein Spannungsunterschied messen und verarbeiten, wobei es jedoch zu keinem elektrischen Kontakt zwischen Kupplungsbereich des Pulverbehälters und Aufnahmebereich des Pulverstrahlgeräts komme. Die an der Unterseite der Pulverbehälter angebrachten Magnete übermittelten keine Informationen zur Art des verwendeten Pulvers und/oder dem anzuwendenden Druck; der Hall-Sensor im Pulverstrahlgerät könne lediglich detektieren, ob ein Pulverbehälter des Typs „F“ oder des Typs „G“ angeschlossen sei. - Das Verfahren sei jedenfalls weiter bis zur rechtkräftigen Entscheidung des BGH im Nichtigkeitsverfahren auszusetzen. Das Urteil des BPatG vom 17.01.2024 sei offensichtlich falsch, in sich widersprüchlich und verletze grundlegende Prinzipien des Patentrechts. Das BPatG habe zunächst Anspruch 1 in seiner erteilten Fassung zu Unrecht als neu gegenüber der JPH06-085791 (NK6/NK6a) beurteilt. Die vom BPatG aufrechterhaltene Fassung von Anspruch 1 sei weder erfinderisch gegenüber einer Kombination der NK6/NK6a mit der WO 01/30488 A2 (NK10), noch gegenüber einer Kombination der NK6/NK6a mit der US 6,238,275 B1 (NK11).
- Für die Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die ausgetauschten Schriftsätze samt Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 20.06.2023 und 25.06.2024 verwiesen.
- Entscheidungsgründe
- Die zulässige Klage ist begründet. Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht die Lehre des Klagepatents hinsichtlich des aufrechterhaltenen Anspruchs 1 (hierzu unter III.). Der Klägerin stehen gegen die Beklagten die geltend gemachten Ansprüche aus Art. 64 EPÜ i.V.m. §§ 139 Abs. 1, Abs. 2, 140b PatG, §§ 242, 259 BGB zu (hierzu unter IV).
- Das Verfahren ist nicht nach § 148 ZPO bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Nichtigkeitsverfahren auszusetzen (hierzu unter V.).
-
I.
Gegen die Zulässigkeit der Klage bestehen keine Bedenken. - Soweit die Klägerin die Klage beschränkt hat, indem sie die Anträge nunmehr allein noch auf eine Verletzung des Klagepatents in der beschränkt aufrechterhaltenen Fassung stützt, stellt eine solche Anpassung der Anträge auf eine zwischenzeitlich im Rechtsbestandsverfahren erfolgte beschränkte Aufrechterhaltung des Anspruchs keine Klageänderung im Sinne von § 263 ZPO, sondern allenfalls eine Beschränkung des Klageantrags nach § 264 Nr. 2 ZPO dar (OLG Düsseldorf Urt. v. 18.3.2021 – 2 U 18/19, GRUR-RS 2021, 6714 Rn. 38). Dies folgt daraus, dass der Klagegrund bei einem Hinzufügen von Anspruchsmerkmalen identisch bleibt, indem die Klägerin ihr Begehren weiterhin auf denselben Lebenssachverhalt und dasselbe Schutzrecht stützt. Sie verfolgt unverändert das Klageziel, den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform wegen Verletzung desselben Patents zu untersagen.
- Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 20.06.2023 die Klage teilweise hinsichtlich der zunächst geltend gemachten Verwirklichung des nebengeordneten Anspruchs 13 sowie in der mündlichen Verhandlung vom 25.06.2024 weiter teilweise hinsichtlich Auskunft, Rechnungslegung und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Bezug auf Umsätze mit Zusatzeinheiten unter Berufung auf die BGH-Entscheidung „Polsterumarbeitungsmaschine“ (Urt. v. 14.11.2023 – X ZR 30/21, BGHZ 239, 21) zurückgenommen hat, waren diese teilweisen Klagerücknahmen jeweils gem. § 269 Abs. 1 ZPO vor der diesbezüglichen mündlichen Verhandlung der Beklagten zur Hauptsache ohne deren Zustimmung möglich.
-
II.
Die Klägerin ist – insoweit unstreitig – als ausschließliche Lizenznehmerin am Klagepatent Inhaberin der zugesprochenen Ansprüche aufgrund des Lizenzvertrags vom 26.05.2010 (Anlage K8) mit Wirkung zum 01.01.2010. Ein ausschließlicher Lizenznehmer kann selbstständig die Ansprüche auf Unterlassung, Rückruf und Vernichtung wegen der Beeinträchtigung seines ausschließlichen Nutzungsrechts geltend machen. Er ist damit nicht auf eine Abtretung von Ansprüchen angewiesen und kann Ersatz seines eigenen, durch die Verletzungshandlungen entstandenen Schadens verlangen (BGH, GRUR 2004, 758, 763 – Flügelradzähler; OLG Düsseldorf, BeckRS 2020, 137, 139 – Bakterienkultivierung). Mithin steht ihm auch ein eigener Anspruch auf Auskunft- und Rechnungslegung zu. -
III.
Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht die Lehre des Klagepatents hinsichtlich Anspruch 1. -
1.
Das Klagepatent (nachfolgend entstammen Abs. ohne Quellenangabe dem Klagepatent) betrifft einen Pulverbehälter zur Vermischung eines Pulvers mit einem unter Druck stehenden Gas (Abs. [0001]).
a)
In seiner einleitenden Beschreibung schildert das Klagepatent, dass aus dem Stand der Technik, etwa der EP 1 243 226 A2, Pulverstrahlgeräte oder auch dentale Abrasivstrahlgeräte bekannt seien, bei denen ein in einem Behälter bevorratetes Dentalpulver gemeinsam mit einem gasförmigen Trägermedium an eine Düsenanordnung eines über eine Ableitung angeschlossenen Handstücks, in der Regel unter Beimischung von unter Druck stehendem Wasser, angeliefert werde (Abs. [0002]). Es sind auch grundsätzlich Pulverstrahlgeräte mit einem auswechselbaren Pulverbehälter im Stand der Technik bereits bekannt.
Weiter sei aus der EP 0 097 288 B1 ein gattungsgemäßes Pulverstrahlgerät mit einem Pulverbehälter bekannt, in den ein unter Druck stehendes Gas eingeführt werde, so dass das dort befindliche Pulver aufgewirbelt und über eine Auslassöffnung als Pulver-Luft-Gemisch abgeführt werden könne (Abs. [0002]).
Das Klagepatent führt weiter aus, dass in der EP 1 159 929 A2 ein Pulverstrahlgerät mit einem Pulverbehälter sowie einem zusätzlichen auswechselbaren Fluidbehälter, mit dem beispielsweise entmineralisiertes Wasser als Spülflüssigkeit den Zähnen zugeführt werden könne, offenbart werde (Abs. [0003]).
Weiter sei aus der EP 0 268 948 B1 eine Verschlusseinrichtung für einen Fluidbehälter bekannt. Die Verschlusseinrichtung sei für eine Verschraubung des Fluidbehälters mit einem Aufsatzteil ausgebildet, welches außen an dem Pulverstrahlgerät vorgesehen sei (Abs. 0004]).
Aus der US 1 664 369 sei weiter bekannt, dass das in einem Pulverbehälter bevorratete Pulver mit Hilfe einer motorisch angetriebenen Förderschnecke dem gasförmigen Trägermedium dosiert beigemischt werde (Abs. [0005]).
Das Klagepatent erläutert weiter zum Stand der Technik, dass die EP 0 119 735 B2 einen Pulverbehälter offenbare, in dessen Mitte eine lang gestreckte Röhre eingebaut sei, die am unteren Ende zwei Einlassöffnungen aufweise, durch die einerseits unter Druck stehendes Gas und andererseits Pulver eintreten könne, das in der Pulverkammer bevorratet ist und die lang gestreckte Röhre umgebe, wobei durch das einströmende Gas das Pulver innerhalb der lang gestreckten Röhre nach oben mitgerissen und mit dem Gas vermischt und am oberen Ende des Pulverbehälters über eine Auslassöffnung abgeführt werde (Abs. [0006]).
Schließlich sei aus der WO 00/10772 ein Pulverbehälter bekannt, der einerseits aus einem Kanister und andererseits aus einem Abschlussdeckel sowie weiteren Einzelteilen bestehe. Kanister und Deckel umgäben eine Pulveraufnahme, die infolge der Verwendung eines Venturirohrs und eines Gaseinlassrohrs auch als Wirbelkammer dienen könne (Abs. [0007]). Der Deckel weise einen Gaseintritt und einen Gemischaustritt auf. Blindlöcher dienten zum Anschrauben des Pulverbehälters an das Gehäuse des Pulverstrahlgeräts, die Luftzuleitung und die Pulver-Gas-Gemischableitungen seien jedoch separat anzuschließen (Abs. [0007]).
b)
Das Klagepatent führt zum Stand der Technik weiter aus, dass die vorbekannten Pulverbehälter und Düsenanordnungen verschiedene Nachteile aufwiesen. So habe ein in dem Pulverstrahlgerät fest eingebauter Pulverbehälter Nachteile bei der Reinigung. Zudem müsse der Pulverbehälter stets wieder befüllt werden, so dass die mit dem Behälter verbundenen Verschlüsse, Dichtungen etc. mit der Zeit verschmutzten und das gesamte Pulverstrahlgerät unbrauchbar werde. Weiter wiesen die nach dem Stand der Technik bekannten Pulverstrahlgeräte den Nachteil auf, dass diese jeweils nur für eine bestimmte Pulverart und -größe geeignet seien. Bei der EP 0 119 735 B2 bestehe sogar die Gefahr, dass bei Verwendung feinkörnigen Pulvers mit einer Korngröße von weniger als 100 µm die Luftzufuhr mit Pulver verstopfe (Abs. [0008]). Auch könnten für ein bestimmtes Pulverstrahlgerät nur ganz bestimmte Pulverbehälter verwendet werden, die exakt auf die Förder- oder Düsenanordnung des Pulverstrahlgeräts abgestimmt seien. Bei der WO 00/10772 seien eine Luftzuleitung und die Pulver-Gas-Gemischableitung separat anzuschließen (Abs. [0007]). Auch die entsprechende Fördermenge des Pulver-Gas-Gemisches könne nur durch eine Druckänderung des zugeführten Gases oder eine Änderung der Zuführung des Pulvers beeinflusst werden (Abs. [0009]).
c)
Das Klagepatent nennt vor diesem Hintergrund fünf Aufgaben. Zunächst sei es Aufgabe der Erfindung, die bekannten Pulverbehälter und die damit verbundenen Einsätze und Düsenanordnungen derart zu verbessern, dass verschiedene Pulversorten und -größen sowie -gemische hintereinander oder sogar gleichzeitig mit ein und demselben Pulverstrahlgerät verwendet werden könnten. Darüber hinaus liege der Erfindung die Aufgabe zugrunde, unterschiedliche Pulverarten unabhängig voneinander mit ein und demselben Pulverstrahlgerät anwenden und justieren zu können (Abs. [0010]). Als dritte Aufgabe benennt es das Klagepatent, ein Pulverstrahlgerät anzugeben, das besonders benutzerfreundlich sei und ein schnelles Auswechseln der unterschiedlichen Pulversorten und -größen ermögliche, ohne dass das Gerät oder die entsprechenden Pulverbehälter aufwändig gereinigt und gesäubert werden müssten. Weiter sei es eine Aufgabe der Erfindung, Pulverbehälter anzugeben, die für unterschiedliche Pulversorten und -arten einstellbar seien, indem der Pulverbehälter einfach und benutzerfreundlich auf das entsprechende Pulver ein- bzw. umstellbar sei, sowie dafür geeignete Einsätze und Düsen. Als fünfte Aufgabe benennt es das Klagepatent, mehrere Pulversorten gleichzeitig anwenden zu können, ohne dass der behandelnde Arzt das Handstück oder den Pulverbehälter wechseln oder am Bedienfeld unterschiedliche Einstellungen vornehmen müsse. -
2.
Zur Lösung schlägt das Klagepatent einen Pulverbehälter für ein Pulverstrahlgerät nach Maßgabe des aufrechterhaltenen Anspruchs 1 vor. Dieser lässt sich in Form einer Merkmalsgliederung wie folgt darstellen:
1.0 Austauschbarer Pulverbehälter (2) für ein Pulverstrahlgerät (1) zur abrasiven Reinigung von Zähnen und Zahnfleischtaschen unter Verwendung von unterschiedlichen Pulversorten, Pulver-Gas-Gemisch-Zusammensetzungen und unterschiedlichen Drücken
1.1 mit einer Pulveraufnahme (14) und
1.2 einer Wirbelkammer (24), in der unter Druck stehendes und über mindestens einen Gaseintritt (17) eintretendes Gas Pulver verwirbelt und als Pulver-Gas-Gemisch über eine Auslassöffnung (16) mindestens eines Gemischaustritts (15) des Pulverbehälters (2) abführt,
1.3 der Pulverbehälter (2) weist einen Kupplungsbereich (48) zum dichtenden Verbinden des sich im Kupplungsbereich (48) angeordneten Gaseintritts (17) und des sich im Kupplungsbereich (48) angeordneten Gemischaustritts (15) mit entsprechenden Anschlüssen (56, 57) eines Pulverstrahlgeräts (1) auf;
1.4 der Kupplungsbereich (48) des Pulverbehälters (2) weist Kodiermittel (22, 35) auf, welche mit elektrischen Kontakten (37) eines Aufnahmebereichs (49) des Pulverstrahlgeräts (1) derart zusammenwirken können, dass das Pulverstrahlgerät (1) Informationen über die Art des Pulverbehälters (2) erhält. -
3.
Die angegriffene Ausführungsform macht von Anspruch 1 der klagepatentgemäßen Lehre Gebrauch. In Streit steht die Verwirklichung der Merkmale 1.0 und 1.2 bis 1.4. Die Verwirklichung von Merkmal 1.1 steht zu Recht zwischen den Parteien außer Streit, so dass es hierzu keiner Ausführungen bedarf. -
a)
Die Verwirklichung von Merkmal 1.0 durch die angegriffene Ausführungsform lässt sich feststellen. Streitig ist zwischen den Parteien der Merkmalsteil „zur abrasiven Reinigung von Zähnen und Zahnfleischtaschen unter Verwendung von unterschiedlichen Pulversorten, Pulver-Gas-Gemisch-Zusammensetzungen und unterschiedlichen Drücken“.
aa)
Das durch das Urteil des BPatG neu hinzugefügte Teil-Merkmal „zur abrasiven Reinigung (…)“ bezieht sich unmittelbar auf ein von Anspruch 1 nicht beanspruchtes Pulverstrahlgerät und nur mittelbar auf den beanspruchten Pulverbehälter. Anspruch 1 stellt lediglich einen Pulverbehälter, nicht auch ein Pulverstrahlgerät unter Schutz. Dieser Pulverbehälter wird durch den Anspruchswortlaut jedoch dahingehend konkretisiert, dass er geeignet sein muss für das durch das neu eingefügte Teil-Merkmal näher konkretisierte Pulverstrahlgerät. Mehr als eine grundsätzliche Eignung des austauschbaren Pulverbehälters in seiner technischen Verwendbarkeit für ein Pulverstrahlgerät mit den näher bezeichneten Eigenschaften („zur abrasiven Reinigung…“) ist im Patentanspruch 1 dieser Fassung nicht beansprucht. Dies steht in Einklang mit der Auslegung des BPatG (siehe BPatG-Urteil S.32 f.). Für eine engere Auslegung liefert die Klagepatenschrift dem Fachmann keine Anhaltspunkte.
Der Fachmann versteht, dass der Pulverbehälter entsprechend dieser grundsätzlich Eignung beschaffen, beispielsweise in der Lage sein muss, einen bestimmten vom Pulverstrahlgerät für den jeweiligen Pulverbehälter ausgegebenen Druck zu verarbeiten. Das Klagepatent versteht unter „Druck“ sowohl denjenigen Druck, unter dem das in den Behälter eingeführte Gas für das Pulver-Gas-Gemisch steht, als auch denjenigen Druck, mit dem ein Pulver-Gas-Gemisch an einer Austrittsdüse wieder austritt, vgl. Abs. [0001], [0013], [0015], [0030]. Das Klagepatent lehrt nicht ausdrücklich, in welcher Einheit der Druck zu messen ist.
Der Fachmann liest Merkmal 1.0 nicht dahingehend, dass ein einzelner Pulverbehälter zur Verwendung von unterschiedlichen Pulversorten und unterschiedlichen Drücken geeignet oder gar bestimmt sein müsste. Für die entsprechende enge Auslegung der Beklagten finden sich keine Anhaltspunkte in der Patentschrift. Zwar weist der Anspruch nur (mindestens) einen Pulverbehälter (im Singular) auf. Gleichwohl geht aus dem Anspruchswortlaut hervor, dass der Pulverbehälter lediglich für ein Pulverstrahlgerät geeignet sein muss, welches bestimmungsgemäß verschiedene Pulver und Drücke verwendet. Gegen eine Auslegung, wonach ein einzelner Pulverbehälter anspruchsgemäß zur Verwendung verschiedener Drücke geeignet sein müsste, spricht Abs. [0031]. Nach diesem werden bevorzugt zwei unterschiedliche Pulverbehälter mit dem Pulverstrahlgerät verbunden, wobei ein erster Pulverbehälter ein erstes Pulver mit einer ersten geeigneten Düsenanordnung und ein zweiter Pulverbehälter ein zweites Pulver mit einer zweiten geeigneten Düsenanordnung aufweist, wobei beide Pulverbehälter gleichartige Kupplungsbereiche zum Verbinden mit dem Pulverstrahlgerät aufweisen und wobei das unter Druck stehende Gas wahlweise dem einen oder dem anderen Pulverbehälter zugeführt werden kann. Hieraus ergibt sich, dass das Klagepatent gerade keine Beschränkung auf nur einen Pulverbehälter vorsieht, der für die Verwendung unterschiedlicher Drücke oder Pulver bestimmt sein müsste.
bb)
Die Pulverbehälter der angegriffenen Ausführungsform verwirklichen demnach das Merkmal 1.0. Die angegriffene Ausführungsform verfügt über zwei verschiedene austauschbare Pulverbehälter, welche jeweils unstreitig für einen unterschiedlichen Behandlungsmodus, nämlich die subgingivale oder die supragingivale Behandlung, bestimmt sind. Dies kann die Kammer auch an der zur Akte gereichten angegriffenen Ausführungsform erkennen. Die Klägerin hat – insoweit unwidersprochen – dargelegt, dass für die verschiedenen Behandlungsmodi jeweils unterschiedliche Pulversorten und Fülllevel, also unterschiedliche Gemisch-Zusammensetzungen pro Pulverbehälter vorgesehen sind und der jeweilige Behälter bestimmungsgemäß mit dem zugehörigen Pulverstrahlgerät, von welchem verschiedene Einstellungen ausgehen können, zusammenwirken kann.
Die Klägerin hat unter Heranziehung einer als Anlage K2 vorgelegten Broschüre über die angegriffene Ausführungsform anhand der Einstellbarkeit der „Strahlkraft“ und der „Power“ bei der Pulverstrahlanwendung dargelegt, dass die angegriffenen Pulverbehälter jedenfalls geeignet sind, mit einem Pulverstrahlgerät zur abrasiven Reinigung von Zähnen und Zahnfleischtaschen unter Verwendung von unterschiedlichen Pulversorten, Pulver-Gas-Gemisch-Zusammensetzungen und unterschiedlichen Drücken verwendet zu werden. Die Beklagten bemängeln lediglich den Vortrag der Klägerin als unsubstantiiert. Sie legen jedoch nicht dar, dass die Pulverbehälter „F“ oder „G“ für ein solches Pulverstrahlgerät zur Verwendung von unterschiedlichen Drücken nicht geeignet wären. Es führt weder aus der Verletzung hinaus, dass die von den Beklagten angebotenen Pulverbehälter jeweils nur entweder für die subgingivale oder die supragingivale Behandlung geeignet sind, noch, dass das angegriffene Pulverstrahlgerät jeweils stets nur unter einer voreingestellten Druck-Einstellungen für den jeweiligen Containertyp betrieben wird. -
b)
Dass das Merkmal 1.2 durch die angegriffene Ausführungsform verwirklicht wird, stellten die Beklagten zumindest in der mündlichen Verhandlung vom 25.06.2024 zu Recht nicht mehr in Abrede.
aa)
Merkmal 1.2 setzt voraus, dass die erfindungsgemäße Vorrichtung mit der Wirbelkammer über ein umschlossenes Behältnis verfügt, in welchem unter Druck stehendes Gas und Pulver miteinander verwirbelt werden können. Dieses umschlossene Behältnis muss räumlich nicht unterscheidbar oder abgegrenzt sein zu der Pulveraufnahme nach Merkmal 1.1. Es handelt sich bei Pulveraufnahme und Wirbelkammer nicht zwingend um zwei getrennte Behältnisse, sondern um sich funktional unterscheidende Elemente und Begriffe. Die Wirbelkammer kann auch Teil der Pulveraufnahme sein. Demnach führt es nicht aus der Lehre des Klagepatents hinaus, wenn es sich bei der Pulveraufnahme nach Merkmal 1.1 und der Wirbelkammer nach Merkmal 1.2 um dasselbe Bauteil handelt. Damit sieht sich die Kammer in einer Linie mit der Auslegung des BPatG in seinem Urteil vom 17.01.2024 (Anlage B11, S.16 des Urteils).
Weiter müssen die Pulveraufnahme nach Merkmal 1.1 und die Wirbelkammer nach Merkmal 1.2 dergestalt in Verbindung stehen, dass ein Stoffaustausch möglich ist. Weiter erforderlich ist, dass die Kammer nach Merkmal 1.2 mit einem Gaseintritt dergestalt verbunden ist, dass in diesem Raum das eintretende Gas das Pulver verwirbelt. Weiter ist die Wirbelkammer nach Merkmal 1.2 über eine Auslassöffnung mit einem Gemischaustritt des Pulverbehälters so verbunden, dass hierüber das Pulver-Gas-Gemisch abgeführt werden kann. Nicht erforderlich ist insoweit, dass die Auslassöffnung sich am bzw. im Gehäuse des Pulverbehälters befindet.
(1)
Bereits mit dem Begriff „Kammer“ in Merkmal 1.2 verlangt der Wortlaut zunächst hinsichtlich der Wirbelkammer einen nach außen hin umschlossenen Raum bzw. ein Behältnis. Dies ergibt sich weiterhin auch aus der Funktion der Wirbelkammer, nach welcher in ihr klagepatentgemäß Pulver mit Gas verwirbelt werden soll. Der Fachmann erkennt, dass dies nur möglich ist, wenn die Wirbelkammer nach außen hin abgeschlossen oder abschließbar ist, da andernfalls unkontrolliert Pulver und Gas austreten würden. Jedoch schließt diese Begrifflichkeit („Kammer“) nicht aus, dass die Wirbelkammer Teil der Pulveraufnahme ist oder innerhalb von dieser liegt. Weiter ergibt sich aus dem Wortlaut, dass die Wirbelkammer über eine Verbindung zum Gaseintritt verfügen muss sowie zu einer Auslassöffnung, über die letztlich durch den Gemischaustritt das Pulver-Gas-Gemisch austreten kann. Weitere Anforderungen enthält der Wortlaut nicht.
Es ist insbesondere kein Verständnis zwingend, wonach Pulveraufnahme und Wirbelkammer zwei oder mehr voneinander unterscheidbare Räume darstellen würden. Stattdessen lässt der Anspruch auch eine Auslegung zu, wonach in dem vom Pulverbehälter gebildeten Hohlraum lediglich funktional zwei Bereiche unterschieden werden können, die der Aufnahme des Pulvers einerseits und der Verwirbelung des Pulvers durch das eintretende Gas andererseits dienen. Die Funktion der Wirbelkammer spricht gerade dafür, dass sie in einer Verbindung zur Pulveraufnahme stehen muss, da andernfalls Gas und Pulver nicht miteinander verwirbelt werden könnten.
Insbesondere das – anspruchsgemäße – Ausführungsbeispiel gemäß Figur 3 spricht gegen eine erforderliche räumliche Trennung von Pulveraufnahme und Wirbelkammer. Es zeigt gemäß Abs. [0034] eine zweite bevorzugte Ausführungsform eines erfindungsgemäßen Pulverbehälters im Querschnitt. Ausweislich Abs. [0045], welcher das Ausführungsbeispiel nach Figur 3 beschreibt, wird „die Wirbelkammer 24 durch die Pulveraufnahme 14 und den oberen Bereich des Gehäuses 11 unterhalb des Deckels 8 gebildet“. Die Wirbelkammer ist damit in Figur 3 Teil der Pulveraufnahme und kann von dieser allenfalls funktional unterschieden werden. Bereits dies steht einer eingrenzenden Auslegung, wonach zwei separate Räumlichkeiten erforderlich wären, entgegen.
Auch der nicht auf eine bestimmte Figur Bezug nehmenden Beschreibung des Klagepatents entnimmt der Fachmann, dass die Wirbelkammer nicht räumlich von der Pulveraufnahme getrennt sein muss. So beschreibt Abs. [0020] eine Pulveraufnahme mit Vorteil, wonach „die Düsen-/Leitungshalterungen im Kupplungsbereich bevorzugt lösbar angeordnet und mit der Pulveraufnahme derart verbunden [sind], dass das unter Druck stehende Gas in die Pulveraufnahme eintreten und dort das Pulver verwirbeln kann“ (Unterstreichung und Fettdruck diesseits).
Demnach führt es nicht aus der Lehre des Klagepatents hinaus, wenn es sich bei der Wirbelkammer und der Pulveraufnahme letztlich um denselben umschlossenen Raum handelt, ohne dass zwei Räume unterscheidbar sind.
(2)
Der Wortlaut enthält zudem keine Vorgaben dazu, wo sich die Auslassöffnung oder der Gaseintritt befinden müssen. Die Formulierung „über eine Auslassöffnung“ des Anspruchs 1 verlangt nicht, dass die Wirbelkammer selber eine Auslassöffnung in ihrer Wandung aufweist, sondern nur, dass es eine solche gibt.
Aus der Funktion ergibt sich ebenfalls keine zwingende Vorgabe dazu, wo sich die Auslassöffnung oder der Gaseintritt zu befinden haben. Insbesondere kann die Auslassöffnung ihren Zweck, das Pulver-Gas-Gemisch durch den Gemischaustritt abzuführen, erfüllen, sofern diese sowohl mit der Wirbelkammer als auch mit dem Gemischaustritt verbunden ist, ganz unabhängig davon, wo sich diese genau befindet. So steht das Gas klagepatentgemäß unter Druck, was keine besondere räumliche Verortung der Auslassöffnung voraussetzt. So lange der Pulverbehälter so konzipiert ist, dass das verwirbelte Pulver in Form des Pulver-Gas-Gemischs aus dem Behälter austritt, ist dies nach der Lehre des Klagepatents ausreichend.
Aus den Ausführungsbeispielen lässt sich weiter nicht entnehmen, dass die Auslassöffnung im Gehäuse liegen muss. Soweit sich die Beklagten auf die bevorzugte Ausführungsform nach Abs. [0021] beziehen, lässt sich dieser nur entnehmen, dass sich die Auslassöffnung auf Höhe der Wirbelkammer befindet, nicht jedoch, dass diese einen abgeschlossenen Raum öffnet im Sinne einer Öffnung im Gehäuse. Dies lässt schon keinen zwingenden Rückschluss auf eine Verortung am Gehäuse zu. Im Übrigen sind Ausführungsbeispiele nicht geeignet, den Anspruch einzuengen.
bb)
Nach Maßgabe des vorstehend erläuterten Verständnisses von Merkmal 1.2 ist dieses durch die angegriffene Ausführungsform verwirklicht.
Für die Verwirklichung ist unschädlich, dass bei der angegriffenen Ausführungsform das Innere des Pulverbehälters nicht unterteilt ist, so dass der Raum, in dem das Pulver aufgenommen wird, identisch ist mit dem Raum, in dem es zur Verwirbelung durch das Gas kommt. Eine solche Unterscheidbarkeit ist nicht erforderlich. Vielmehr verfügt die angegriffene Ausführungsform über einen durch eine Wandung umschlossenen Pulverbehälter, in welchem die Funktionen einer klagepatentgemäßen Wirbelkammer und einer Pulveraufnahme verwirklicht werden, indem dort das Pulver aufbewahrt und durch Verwirbelungen mit Luft zum Pulver-Gas-Gemisch vermischt wird.
Soweit die Beklagten zudem schriftsätzlich vortragen haben, es fehle an einer Auslassöffnung im Sinne von Anspruch 1 des Klagepatents, da es keine Öffnung am Gehäuse gebe, kann dem nicht gefolgt werden. Die angegriffene Ausführungsform verfügt im Inneren des Pulverbehälters über einen freistehenden Aufnahmestutzen durch den das Pulver-Gas-Gemisch aufgenommen wird. Nach den vorstehenden Ausführungen unterfällt dies der Lehre des Klagepatents. -
c)
Auch Merkmal 1.3 wird von der angegriffenen Ausführungsform verwirklicht.
aa)
Nach Merkmal 1.3 weist ein erfindungsgemäßer Pulverbehälter einen Kupplungsbereich auf. Die Funktion des Kupplungsbereichs wird dahingehend beschrieben, dass über eine Gaskupplung und eine Gas-Pulver-Gemischkupplung jeweils eine dichtende Verbindung zwischen Pulverbehälter und Pulverstrahlgerät bezüglich des Gaseintritts und des Gemischaustritts erzeugt wird. Dass sich der Kupplungsbereich an der Unterseite des Pulverbehälters oder vollständig auf der Seite befinden müsste, welche mit der stationären Einheit bzw. dem Steuerungselement des Pulverstrahlgeräts in Berührung kommt, fordert das Klagepatent nicht. Das Pulverstrahlgerät im Sinne des Klagepatents beschränkt sich auch nicht auf ein Steuerungselement oder eine stationäre Einheit, sondern beinhaltet als Teil des Ganzen auch ein Handgerät.
(1)
Merkmal 1.3 erfasst Vorrichtungen, die über einen Abschnitt, also einen Bereich, am Pulverbehälter verfügen, welcher insgesamt zwei Verbindungselemente aufweist und zwar zum einen ein solches, welches dazu geeignet ist, eine dichtende Verbindung zwischen dem Gaseintritt des Pulverbehälters und einem Anschluss des Pulverstrahlgeräts herzustellen und zum anderen ein weiteres, das dazu geeignet ist, eine dichtende Verbindung zwischen dem Gemischaustritt des Pulverbehälters und einem Anschluss des Pulverstrahlgeräts herzustellen. Insoweit ist in räumlich-körperlicher Hinsicht erforderlich, dass die Positionen der Gaseintrittskupplung und der Gemischaustrittskupplung jeweils übereinstimmen mit den Positionen von Gaseintritt und Gemischaustritt an dem Pulverbehälter. Hierüber definiert die Lehre des Klagepatents den Kupplungsbereich: „Der Kupplungsbereich der Pulverbehälter ist dabei auf den Aufnahmebereich des Pulverstrahlgeräts abgestimmt und vorteilhafterweise genormt“, Abs. [0014]. Die genaue Position des Kupplungsbereichs wird dabei über die Position der Anschlüsse bzw. Austritte bestimmt. Der Wortlaut von Merkmal 1.3 verlangt durch die Verwendung des Begriffs „Kupplungsbereich“, dass eine lösbare Vorrichtung besteht zum Verbinden zweier Teile (Kupplung). Die Verbindung soll insoweit dichtend sein, damit der jeweilige Stoff (Gas / Gas-Pulver-Gemisch) verlustfrei transportiert werden kann. Wo sich diese Kupplungen befinden sollen, gibt der Wortlaut – der insoweit ausdrücklich nur einen Bereich, also einen nicht weiter spezifizierten Abschnitt des Pulverbehälters verlangt – gerade nicht vor.
Eine darüberhinausgehende zwingende örtliche oder räumliche Definition des Kupplungsbereichs findet sich in der Klagepatentschrift nicht. Einen Hinweis auf eine räumliche Verortung liefert die Bezugsziffer 48 in den Figuren. Die Ziffer 48 deutet dabei gerade nicht nur auf eine Seite des Pulverbehälters, etwa auf die Unterseite, sondern mit einer Klammer („}“), ohne genauere Spezifizierung, entsprechend dem Begriff „Kupplungsbereich“ auf einen nicht besonders eingegrenzten Bereich mit einer Vielzahl von Elementen hin. Es führt daher nicht aus der Lehre des Klagepatents heraus, wenn sich Gaseintritt und Gemischaustritt an unterschiedlichen Seiten befinden. Die Funktion des Merkmals – eine dichtende Verbindung zwischen den Gaseintritts- und Gemischaustrittsdüsen zu ermöglichen – macht nur insoweit eine Vorgabe hinsichtlich der Position des Kupplungsbereichs, als dass die Gas- und Gemischkupplungen an mit den Gaseintritten bzw. Gemischaustritten am Pulverbehälter und am Pulverstrahlgerät kompatiblen Stellen liegen müssen.
Die Aufgabe des Klagepatents, wonach unter anderem ein schnelles Auswechseln der unterschiedlichen Pulverbehälter ermöglicht werden soll, steht dieser Auslegung nicht entgegen. Eine Ausgestaltung gemäß dieser Auslegung hindert ein schnelles Auswechseln nicht.
(2)
Weiter führt es nicht aus der Lehre des Klagepatents heraus, wenn sich die Gemischaustrittsdüse am Handstück befindet.
Was unter einem Pulverstrahlgerät im Sinne des Klagepatents zu verstehen ist, ergibt sich aus Abs. [0013] sowie aus Figur 1, vgl. Abs. [0034]. Das Klagepatent stellt insoweit sein eigenes Lexikon dar. Nach Abs. [0013] weist das Pulverstrahlgerät mindestens einen erfindungsgemäßen Pulverbehälter mit Zuführungen auf, sowie eine Ableitung, die mit einer Austrittsdüse verbunden ist, an der ein Pulver-Gas-Gemisch und ggfs. Wasser unter Druck austreten, wobei in einer bevorzugten Ausführungsform die Austrittsdüse an einem Handstück befestigt ist. Das Klagepatent lehrt damit ein Pulverstrahlgerät, das mit Vorteil ein Handstück aufweist. Auch aus Anspruch 13 ergibt sich, dass das Pulverstrahlgerät klagepatentgemäß aus mehr Elementen als nur einer stationären Einheit bzw. einem Steuerungselement besteht. Die Aufzählung von Elementen in Anspruch 13 ist nicht abschließend.
Der Fachmann erkennt zudem aus Figur 1, welche insgesamt gem. Abs. [0034] ein erfindungsgemäßes Pulverstrahlgerät und unter Bezugszeichen (3) ein Handstück zeigt, dass das Handstück zum Pulverstrahlgerät gehört. Weiterhin drängt es sich für den Fachmann auf, dass ein Handstück bestimmungsgemäßer Teil eines Pulverstrahlgeräts zur Besprühung von Zähnen bei der professionellen Zahnreinigung ist. Es stellt sich bereits die Frage, wie ein Pulverstrahlgerät ohne Handstück zur gezielten Anwendung am Patienten aussehen könnte und wie das Pulverstrahlgerät seine – eine gewisse Präzision am Patienten erfordernde – Funktion ohne ein solches Handstück leisten könnte.
Auch zieht der Fachmann aus Abs. [0015], nach welchem das Gas-Pulver-Gemisch dem Pulverstrahlgerät zugeführt und von dort über die Ableitung einem Handstück zugeführt wird, nicht den Schluss, dass das Handstück nicht zum Pulverstrahlgerät gehört. Aus Abs. [0015] ist nicht zu lesen, dass es sich um eine anspruchsgemäß vorgegebene bestimmte Reihenfolge der vom Gemisch durchlaufenen Abschnitte des Pulverstrahlgeräts handelt. Es ist ebenso eine Ausführungsform vorstellbar, bei der die Zuführung des Gas-Pulver-Gemischs zum Pulverstrahlgerät mit der (direkten) Zuführung über die Ableitung zu einem Handstück zusammenfällt. Dies schließt Abs. [0015] nicht aus. Einer Auslegung, wonach ein in Anspruch 1 nicht erwähntes Handstück, sofern ein solches existiert, zum Pulverstrahlgerät gehört, steht Abs. [0015] nicht entgegen. Auch lässt sich dem Klagepatent nicht entnehmen, dass dieses einen Gemischaustritt am Handstück als nachteilig lehrt und sich insoweit vom Stand der Technik abzugrenzen sucht. Die Klagepatentschrift lehrt keine zwingende Notwendigkeit dafür, das Gemisch zunächst in eine Basisstation und nicht unmittelbar in ein Handstück geraten zu lassen. Eine Abgrenzung etwa von der WO 00/10722 dürfte durch das Kodiermittel und nicht durch die Anordnung der Kupplungen gegeben sein.
(3)
Die vorstehende Auslegung des Kupplungsbereichs steht im Einklang mit dem Urteil des BPatG vom 17.01.2024. Dort kommt das BPatG zu der Auslegung, dass der Kupplungsbereich räumlich nicht näher definiert ist sowie dahingehend spezifiziert ist, dass der Gaseintritt und der Gemischaustritt im Kupplungsbereich stattfinden (S. 16 BPatG-Urteil als Anlage B11). Das BPatG stellt ebenfalls insbesondere auf die Erfüllung einer abdichtenden Funktion des Kupplungsbereichs ab (vgl. S.26 BPatG-Urteil als Anlage B11). Entgegen der Ansicht der Beklagten ist dem Urteil des BPatG keine enge Auslegung zu entnehmen, wonach der Kupplungsbereich allein auf der Unterseite des Pulverbehälters angeordnet sei. Dass das BPatG (vgl. S.24 ff. BPatG-Urteil als Anlage B11) das Kopplungsstück 3 der NK6 als Kupplungsbereich bezeichnet (und nicht auch das an den Schlauch angrenzende Kopplungsstück 6), dürfte weder bedeuten, dass sich der Kupplungsbereich nur auf der Unterseite des Pulverbehälters befinden darf, noch, dass es sich bei dem in NK6 offenbarten Kopplungsstück 3 um den einzigen Teil des Kupplungsbereichs der NK6 handeln darf. Vielmehr geht das BPatG davon aus, dass sowohl Gaseintritt als auch Gemischaustritt im Kupplungsbereich stattfinden (S. 16 des BPatG-Urteils, Anlage B11), während bei der NK6 der Gaseintritt am Kopplungsstück 3 und der Gemischaustritt am Kopplungsstück 6 stattfinden. Nachvollziehbar geht das BPatG davon aus, dass das Merkmal 1.3 durch die NK6 offenbart wird. Dass beide Kupplungsbereiche bzw. der gesamte Kupplungsbereich an einer Stelle bzw. Seite liegen müssen, ist weder nach der Auslegung der Kammer, noch nach der des BPatG erforderlich.
bb)
Die angegriffene Ausführungsform macht auf Grundlage des vorstehenden Verständnisses von Merkmal 1.3 wortsinngemäß Gebrauch. Der Gaseintritt ist mittig im Pulverbehälter angeordnet; der Gemischaustritt ist seitlich am Pulverbehälter angeordnet: - Diese Anordnung ist klagepatentgemäß und bildet den Kupplungsbereich beim Pulverbehälter. Der Gasanschluss bei dem Pulverstrahlgerät der angegriffenen Ausführungsform befindet sich ebenfalls mittig und korrespondiert damit mit dem des Pulverbehälters. Das Pulver-Gas-Gemisch wird wiederum über eine externe Leitung aus dem Pulverbehälter transportiert und in das Handstück geführt. Das Handstück ist bestimmungsgemäßer Teil des Pulverstrahlgeräts, so dass auch eine dichtende Verbindung zwischen Gemischaustritt des Pulverbehälters und des Pulverstrahlgeräts besteht. Dass die Verbindung nicht vollständig dichtend sei, behaupten auch die Beklagten nicht.
-
d)
Das Merkmal 1.4 wird ebenfalls wortsinngemäß durch die angegriffene Ausführungsform verwirklicht.
aa)
Die anspruchsgemäßen Kodiermittel müssen sich im Kupplungsbereich befinden und Informationen über die Art des Pulverbehälters übertragen können. Dies muss durch ein nicht näher definiertes Zusammenwirken jedweder Art mit elektrischen Kontakten eines Aufnahmebereichs eines von Anspruch 1 nicht umfassten Pulverstrahlgeräts geschehen. Die Weitergabe von Informationen über die Art des Pulverbehälters ist gerade der Zweck des Kodiermittels gemäß Merkmal 1.4, was sich aus den Aufgaben des Klagepatents und der hierdurch bezweckten Abgrenzung zum Stand der Technik ergibt. Das Pulverstrahlgerät muss hierdurch die Art des Pulverbehälters erkennen können.
(1)
Für die Verwirklichung von Merkmal 1.4 ist zunächst nicht erforderlich, dass das Pulverstrahlgerät tatsächlich elektrische Kontakte aufweist. Erforderlich ist insoweit alleine, dass das Kodiermittel zu einem Zusammenwirken mit einem elektrischen Kontakt geeignet ist, sofern ein von Anspruch 1 nicht beanspruchtes Pulverstrahlgerät über entsprechende elektrische Kontakte verfügt. Dies ergibt sich bereits aus dem Anspruchswortlaut „können“ sowie dem Umstand, dass Anspruch 1 nur den Behälter beansprucht. Insoweit sieht sich die Kammer in einer Linie mit der Auslegung des BPatG, welches in seinem Urteil vom 17.01.2024 das Merkmal 1.4 dahingehend auslegt, dass (bloß) die Eignung der im Anspruch nicht weiter spezifizierten Kodiermittel zu einem wie auch immer gestalteten Zusammenwirken mit elektrischen Kontakten eines Aufnahmebereichs des Pulverstrahlgeräts beansprucht wird (S. 18 unten BPatG-Urteil, Anlage B11). Der in Anspruch 1 geschützte Pulverbehälter kann hierzu selbst elektrische Kontakte aufweisen, muss dies zur Erfüllung des Merkmals 1.4 jedoch nicht (vgl. S. 19 oben BPatG-Urteil, Anlage B11).
Merkmal 1.4 setzt voraus, dass ein Mittel zum Kodieren im Pulverbehälter in der Lage ist, Informationen für das Pulverstrahlgerät zu übersetzen oder weiterzugeben. Merkmal 1.4 verhält sich lediglich insoweit zum Inhalt der zu übertragenden Information, als diese die Art des verwendeten Pulverbehälters betreffen muss.
Wie genau die Übertragung zu erfolgen hat, lässt der Wortlaut hingegen offen. Weiter ergibt sich, dass das Kodiermittel in dem Bereich des Pulverbehälters angebracht sein muss, an dem sich auch die Gas- und Gemischkupplung, also der Kupplungsbereich, befindet. Wie das Kodiermittel dort dann räumlich-körperlich ausgestaltet sein muss, gibt das Klagepatent nicht zwingend vor. Zwar sieht es gem. Abs. [0016] beispielhaft Kodiermittel vor, welche Zapfen oder Öffnungen (22, 35) sind. Auf diese Ausgestaltungen sind anspruchsgemäße Kodiermittel jedoch nicht beschränkt. Insbesondere haben Zapfen oder Öffnungen keinen Niederschlag im (insoweit weiter gefassten) Wortlaut des Anspruchs 1 gefunden. Ein physisches Einwirken von dem Kodiermittel auf den elektrischen Kontakt wird vom Klagepatent ebenfalls nicht zwingend gefordert, weder vom Wortlaut, noch von der Beschreibung oder den Figuren. Vielmehr dürfte es für die Auslegung der Kodiermittel mehr auf ihre Funktion als Informationsgeber ankommen, vgl. Abs. [0017], als auf ihre physische Beschaffenheit.
Weiter bezieht sich der Wortlaut von Anspruch 1 zunächst alleine auf den Pulverbehälter und macht insoweit keine Vorgaben dazu, wie das Pulverstrahlgerät selbst ausgestaltet sein muss, was durch (Unter-)Anspruch 13 bestätigt wird, der ausdrücklich die Kombination von erfindungsgemäßem Pulverbehälter und Pulverstrahlgerät schützt.
(2)
Klagepatentgemäße Kodiermittel umfassen dabei auch Magnete, solange diese die Funktion der Informationsübertragung über die Art des Pulverbehälters unter Zusammenwirken mit einem elektrischen Kontakt eines Pulverstrahlgeräts erfüllen. Der Fachmann erkennt Magnetstreifen und damit eine magnetische Wirkung zur Übertragung einer Information an das Pulverstrahlgerät gemäß Abs. [0017], letzter Satz, als klagepatentgemäß. Dort heißt es:
„Je nach verwendetem Pulverbehälter wird der Kupplungsbereich mittels der Kodiermittel mit Informationsgebern ausgestattet, um dem Pulverstrahlgerät das zur Verfügung stehende Pulver-Gas Gemisch anzuzeigen. In einem nicht-erfindungsgemäßen Ausführungsbeispiel kann man auf diese Kodiermittel aber auch verzichten und die entsprechende Information auf der Außenseite des Pulverbehälters schriftlich angeben, so dass der Benutzer diese Information dann an einem Bedienfeld des Pulverstrahlgeräts eingibt. Andere Informationsübertragungsmittel wie Chip-Karten, Magnetstreifen oder eine RAM-Auslesevorrichtung sind ebenfalls anwendbar.“
(Unterstreichung erfolgten diesseits.)
Aus der Formulierung „andere Informationsübertragungsmittel“ ist nicht zu schließen, dass die anschließend aufgeführten Mittel keine klagepatentgemäßen Kodiermittel sein sollen. Vielmehr lehrt das Klagepatent damit, dass es sich bei Chip-Karten, Magneten und RAM-Auslesevorrichtungen um andere Mittel als eine schriftliche Angabe an der Außenseite des Pulverbehälters handelt, mit welcher sich der davorstehende Satz als nicht erfindungsgemäß befasst. Denn die schriftliche Angabe auf dem Behälter erfordert laut des Absatzes – anders als es das Klagepatent sich zur Aufgabe gemacht hat – eine benutzerunfreundliche Handhabung, indem der Benutzer nach Lesen der Angabe noch etwas händisch in das Benutzerfeld eingeben muss. Der Fachmann versteht hinsichtlich der aufgezählten Mittel (Chip-Karten, Magneten und RAM-Auslesevorrichtungen) hingegen, dass diese einen irgendwie gearteten Informationsfluss erzeugen, der eine händische Eingabe gerade nicht mehr erfordert. Demgemäß ist aus Abs. [0017] zu lesen, dass Magnetstreifen klagepatentgemäße Kodiermittel sein können. Es ist auch nicht ersichtlich, inwieweit ein Magnet nicht mit einem vom Klagepatent als mögliches Kodiermittel angesehenen Zapfen, wie etwa in Figur 2 oder 5 als „22“ dargestellt, kompatibel sein sollte.
(3)
Dabei versteht der Fachmann einen anspruchsgemäßen elektrischen Kontakt im Sinne von elektrischen Anschlüssen, die bei Kontakt einen Stromfluss bewirken oder auslösen können (vgl. S.18 oben BPatG-Urteil, Anlage B11), d.h. jede Verbindung von leitenden Bauteilen, so dass ein Stromfluss hergestellt wird. Nicht erforderlich ist klagepatentgemäß, dass das Kodiermittel selbst einen physischen Kontakt zu den elektrischen Kontakten des Pulverstrahlgeräts aufbauen kann. Denn Abs. [0016] sieht etwa vor, dass Kodiermittel „beispielsweise an bestimmten Positionen des Kupplungsbereichs angeordnete Zapfen oder Öffnungen [sind], die in entsprechende Öffnungen bzw. Zapfen am Aufnahmebereich des Pulverstrahlgeräts eingreifen und/oder entsprechende elektrische Kontakte am Pulverstrahlgerät öffnen oder schließen, so dass ein Kontaktmuster im oder am Aufnahmebereich des Pulverstrahlgeräts entsteht, das die entsprechende Information über die Art des Pulverbehälters enthält.“ (Unterstreichung diesseits). Für ein ebenfalls klagepatentgemäßes („und/oder“) Öffnen oder Schließen eines elektrischen Kontakts, so dass ein Kontaktmuster entsteht, ist nicht vorgegeben, wie das Kodiermittel dieses Öffnen oder Schließen des elektrischen Kontakts erreicht.
bb)
Nach Maßgabe des vorstehenden Verständnisses verwirklicht die angegriffenen Ausführungsform Merkmal 1.4 wortsinngemäß.
So verfügt diese am Boden des Pulverbehälters über einen Magneten. Am Boden des Pulverbehälters befinden sich auch der Gaseintritt sowie am seitlichen unteren Ende des Behälters der Gemischauslass, so dass der Magnet in einem Teil des Kupplungsbereichs des Pulverbehälters der angegriffenen Ausführungsform liegt. Dieser Magnet ist wiederum geeignet, mit einem elektrischen Kontakt an einem von Anspruch 1 nicht erfassten und damit beliebigen Pulverstrahlgerät derart zusammenzuwirken, dass über die Art des Pulverbehälters Informationen an das Pulverstrahlgerät transportiert werden. So liefert der Pulverbehälter der angegriffenen Ausführungsform anhand der Position des Magneten am Behälter Informationen – an ein beliebiges Pulverstrahlgerät – darüber, ob es sich um einen Pulverbehälter mit Pulver für die subgingivale oder supragingivale Behandlung mit den entsprechend vom Pulverstrahlgerät dafür vorgesehenen Parametern handelt. Befindet sich im Pulverstrahlgerät etwa ein Reed-Kontakt – was für Anspruch 1 aufgrund des bloßen Erfordernis des „Könnens“ aber nicht bereits verwirklicht sein muss – kommt es beim Kontakt mit dem Magneten zu einem Schalterschluss, so dass elektrischer Strom fließen kann. Damit kann ein Pulverstrahlgerät die Information erhalten, dass es sich um einen Pulverbehälter mit Magnet an einer bestimmten Stelle handelt, der die Information gibt, welcher Behandlungsmodus mit welchem Pulver-Gas-Gemisch sowie Druck mit diesem Behälter möglich ist, und diesen damit von anderen Behältern mit Magnet an anderer Stelle oder ohne Magnet unterscheiden.
Erörterungen zu einer etwaigen äquivalenten Patentverletzung unter Verwendung eines Hall-Sensors als etwaiges Austauschmittel für einen elektrischen Kontakt, welche die Parteien schriftsätzlich diskutiert haben, bedarf es vor diesem Hintergrund nicht, zumal es an einem entsprechenden Klageantrag fehlt. -
IV.
Aus der festgestellten unmittelbaren Patentverletzung durch das Angebot der angegriffenen Ausführungsform über die deutschsprachige Internetseite der Beklagten zu 1) ergeben sich die zuerkannten Rechtsfolgen auf Unterlassen, Auskunft, Rechnungslegung, Vernichtung, Rückruf und Schadenersatzfeststellung. Der Beklagte zu 2) haftet als Geschäftsführer der Beklagten zu 1) auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung sowie Schadenersatz.
1.
Der Unterlassungsanspruch beruht auf Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 1 PatG, da die Benutzung des Erfindungsgegenstandes ohne Berechtigung erfolgt und eine Wiederholungsgefahr gegeben ist.
2.
Der Anspruch auf Auskunft ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus Art. 64 EPÜ i.V.m. § 140b Abs. 1 PatG, der Umfang der Auskunftspflicht aus Art. 64 EPÜ i.V.m. § 140b Abs. 3 PatG. Es bestehen keine Anhaltspunkte für eine Unverhältnismäßigkeit. Die Pflicht zur Rechnungslegung folgt aus Art. 64 EPÜ i.V.m. §§ 242, 259 BGB. Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, die Schadensersatzansprüche zu beziffern, steht ihr gegen die Beklagten ein Anspruch auf Rechnungslegung im beantragten Umfang zu.
Die Klägerin ist auf die Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt; die Beklagten werden durch die von ihnen verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.
3.
Die Klägerin kann die Beklagte zu 1) aus Art. 64 EPÜ i.V.m. § 140a Abs. 1, Abs. 3 PatG auf Vernichtung und Rückruf patentverletzender Erzeugnisse in Anspruch nehmen.
Die Kammer hat den Klageantrag auf Herausgabe der klagepatentverletzenden Erzeugnisse an einen Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung gem. §§ 133, 157 BGB analog dahingehend ausgelegt, dass dieser sich nur gegen die Beklagte zu 1) richtet. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 25.06.2024 hinsichtlich ihres diesbezüglichen Antrags (zu Ziff. I.4.) klargestellt hat, dass nur die Beklagte zu 1) die Kosten der Vernichtung tragen soll.
Eine Unverhältnismäßigkeit der Inanspruchnahme auf Vernichtung oder Rückruf gemäß Art. 64 EPÜ i.V.m. § 140a Abs. 4 PatG hat die Beklagte zu 1) nicht dargetan.
4.
Die Klägerin hat gegen die Beklagten dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz, der aus Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 2 PatG folgt.
Als Fachunternehmen hätte die Beklagte zu 1) die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Entsprechendes gilt für den Beklagten zu 2) als Geschäftsführer. Geschäftsführer haben kraft ihrer Stellung im Unternehmen für die Beachtung absoluter Rechte Dritter Sorge zu tragen und das Handeln der Gesellschaft im Geschäftsverkehr zu bestimmen. Kraft seiner Verantwortung für die Organisation und Leitung des Geschäftsbetriebs und der damit verbundenen Gefahr, dass dieser so eingerichtet wird, dass die Produktion oder Vertriebstätigkeit des Unternehmens die fortlaufende Verletzung technischer Schutzrechte Dritter zur Folge hat, ist der gesetzliche Vertreter einer Gesellschaft deshalb grundsätzlich gehalten, die gebotene Überprüfung zu veranlassen oder den Geschäftsbetrieb so zu organisieren, dass die Erfüllung dieser Pflicht durch dafür verantwortliche Mitarbeiter gewährleistet ist (BGH, GRUR 2016, 257, 264 Rn. 117 – Glasfasern II).
Da überdies durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten die Entstehung eines Schadens hinreichend wahrscheinlich ist, der durch die Klägerin aber noch nicht beziffert werden kann, weil sie den Umfang der rechtsverletzenden Benutzungshandlungen ohne ihr Verschulden nicht im Einzelnen kennt, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an der Feststellung der Schadensersatzverpflichtung anzuerkennen, § 256 ZPO. -
V.
Im Rahmen des der Kammer nach § 148 ZPO zustehenden Ermessens war das Verfahren nicht im Hinblick auf das Nichtigkeitsverfahren gegen das Klagepatent bis zur Berufungsentscheidung des BGH auszusetzen.
1.
Nach § 148 ZPO kann das Gericht bei der Vorgreiflichkeit eines anderen Verfahrens, etwa eines Nichtigkeitsverfahrens gegen ein klageweise geltend gemachtes Patent, einen Rechtsstreit aussetzen. Eine Aussetzung kommt jedoch regelmäßig nicht in Betracht, wenn der dem Klagepatent entgegengehaltene Stand der Technik demjenigen entspricht, der bereits im Erteilungsverfahren oder in einem erfolglos durchgeführten Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren berücksichtigt worden ist oder vom Erfindungsgegenstand noch weiter entfernt liegt als der schon geprüfte (Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 16. Aufl. 2024, Kap. E Rn.972).
Dies gilt erst recht, wenn das Patent bereits erstinstanzlich aufrechterhalten worden ist. Diese – unter Beteiligung technischer Fachleute zustande gekommene – Entscheidung hat das Verletzungsgericht aufgrund der gesetzlichen Kompetenzverteilung grundsätzlich hinzunehmen. Im Rahmen der Aussetzungsentscheidung ist es nicht Sache des Verletzungsgerichts, das Nichtigkeitsberufungsverfahren in allen Einzelheiten vorweg zu nehmen. Immer dann, wenn die Argumentation im Rechtsbestandsverfahren möglich und mit nachvollziehbaren Gründen vertretbar erscheint, hat es vielmehr bei der getroffenen Nichtigkeitsentscheidung zu verbleiben, so dass, wenn nicht im Einzelfall ganz besondere Umstände vorliegen, für eine Aussetzung des Verletzungsrechtsstreits keine Veranlassung besteht. Sie ist erst dann geboten, wenn die Rechtsbestandsentscheidung auf für das Verletzungsgericht nachweisbar unrichtigen Annahmen oder einer nicht mehr vertretbaren Argumentation beruht oder wenn mit dem Rechtsmittel gegen die Rechtsbestandsentscheidung, ohne dass insoweit ein Nachlässigkeitsvorwurf angebracht ist, weiterer Stand der Technik präsentiert wird, der, weil er der Erfindung näher kommt als der bisher gewürdigte Stand der Technik, mit Wahrscheinlichkeit eine Vernichtung des Klagepatents erwarten lässt (OLG Düsseldorf, Urteil vom 07.07.2011 – I-2 U 66/10, Hybrid-Aufblasvorrichtung; Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 16. Aufl. 2024, Kap. E Rn.973).
2.
Nach den vorstehenden Maßgaben kommt eine Aussetzung vorliegend nicht in Betracht, da die erstinstanzliche Entscheidung des BPatG vom 17.01.2024, das Klagepatent im geltend gemachten Umfang aufrechtzuerhalten, auch unter Berücksichtigung des Vortrags der Beklagten vertretbar erscheint und neuer Stand der Technik nicht eingeführt wurde.
a)
Die Kammer vermag entgegen der Ansicht der Beklagten nicht festzustellen, dass der aufrechterhaltene Anspruch 1 nicht neu gegenüber der NK6 bzw. NK6a wäre.
Insofern ist das BPatG nachvollziehbar zu dem Ergebnis gekommen, dass Anspruch 1 des Klagepatents bereits in der erteilten Fassung nicht neuheitsschädlich durch die NK6 vorweggenommen war, da die NK6 eine Eignung eines Pulverbehälters zum Zusammenwirken mit elektrischen Kontakten im Aufnahmebereich eines Pulverstrahlgeräts nicht offenbare, weil die NK6 im Befestigungssockel des Pulverstrahlgeräts keine elektrischen Kontakte zeige, die mit einer Typensignalquelle 16 zusammenwirkten, (S. 28 des BPatG-Urteils, Anlage B11). Auch die Kammer kann nicht erkennen, dass die NK6 gegenüber der erteilten oder gleichermaßen gegenüber der aufrechterhaltenen Fassung des Klagepatents anspruchsgemäße Kodiermittel offenbart. Es ist schon nicht eindeutig erkennbar, dass eine Weitergabe der Information über die Art des Pulverbehälters über das am Befestigungssockel (B) der NK6 befindliche Leseteil oder Typeninformationsleseteil (2, 46) im Wege eines Zusammenwirkens mit elektrischen Kontakten erfolgen kann. Vielmehr heißt es auf Seite 8 der NK6a, dass als Typensignalquelle etwa ein Strichcode oder dergleichen verwendet wird, der ausweislich Seite 9 der NK6a durch das Typeninformationsleseteil erfasst wird. Dies geschieht ausweislich Seite 15 der NK6a über ein Auslesen eines Strichcodes.
Weiterhin nimmt das BPatG in für die Kammer nachvollziehbarer Weise an, dass der NK6 im Vergleich zu dem neu gefassten Merkmal 1.0 des streitgegenständlichen, aufrechterhaltenen Anspruchs nicht zu entnehmen ist, dass der Behälter und das Gerät der NK6 geeignet sind, mit unterschiedlichen Pulversorten, Pulver-Gas-Gemisch-Zusammensetzungen und unterschiedlichen Drücken verwendet zu werden (S. 34 f. BPatG-Urteil, Anlage B11). In diesem Zuge ist etwa schon nicht erkennbar, dass sich die genannte Typenidentifikation gemäß der NK6 überhaupt auch auf die Art oder die Eigenschaften des Pulverbehälters bezieht.
b)
Die Kammer vermag auch nicht zu erkennen, dass die Entscheidung des BPatG, den aufrechterhaltenen Anspruch als erfinderisch gegenüber einer Kombination der NK6 mit der NK10 oder der NK6 mit der NK11 zu bewerten, auf unrichtigen Annahmen oder einer nicht mehr vertretbaren Argumentation beruht.
Jedenfalls das zusätzliche Merkmal „zur abrasiven Reinigung von Zähnen und Zahnfleischtasche unter Verwendung von unterschiedlichen Pulversorten, Pulver-Gas-Gemisch-Zusammensetzungen und unterschiedlichen Drücken“ wird weder in der NK6, noch in der NK10 eindeutig offenbart. Die NK6 betrifft eine Zahnbehandlungsvorrichtung, bei der unterschiedliche Behandlungsinstrumenteneinheiten ausgetauscht werden können, darunter etwa ein Pulverstrahlgerät mit (nur) einem Typ von Pulverbehälter. Unterschiedliche Druck- und Behandlungsmodi, etwa zur subgingivalen und zur supragingivalen Behandlung, offenbart die NK6 nicht. Die NK10 betrifft hingegen ein Mischgerät insbesondere zum Anmischen dentaler Abformmassen aus zwei Komponenten, wenngleich die NK10 im Vergleich zur NK6 anspruchsgemäße Kodiermittel nahelegt (vgl. S. 29 BPatG-Urteil, Anlage B11). Das BPatG führt insoweit und für die Kammer nachvollziehbar aus, „dass der Fachmann, der die Lehre der NK6/NK6A um mögliches Wissen zu verschiedenen Pulvern mit verschiedenen Korngrößen und unterschiedlicher Zusammensetzung sowie unterschiedlichen Anwendungsgebieten wie beispielsweise der Reinigung empfindlicher Zahnfleischtaschen ergänzt, die erforderlichen technischen Steuerungsinformationen und ihre Umsetzung nicht unabhängig von der Ausgestaltung der spezifischen Kupplung der NK6/NK6A zu entwickeln vermag. Weil der Fachmann die konkrete Ausgestaltung von Ansteuerung, Kupplung und Kodierung zusammen sowie in Abhängigkeit voreinander bedenken muss, stellt die Kombination von Lehren der NK6/NK6a und der NK10 […] keine bloße Merkmalsaggregation dar, die den Fachmann in naheliegender Weise zur Lehre der Patentansprüche 13 und 1 in der Fassung des Hilfsantrags 1“, d.h. zu dem geltend gemachten aufrechterhaltenen Anspruch, führt (S. 39 f. BPatG-Urteil, Anlage B11).
Ähnliches gilt hinsichtlich der Kombination der NK6 mit der NK11. Weder die NK6, noch die NK11 offenbaren nach der nachvollziehbaren und widerspruchsfreien Begründung des BPatG anspruchsgemäße Kodiermittel im Sinne von Merkmal 1.4 (vgl. S. 28 und 39 BPatG-Urteil, Anlage B11). -
VI.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO. Soweit die Klägerin die Klage hinsichtlich des Patentanspruchs 13 sowie im Hinblick auf Auskunft, Rechnungslegung und Feststellung der Schadensersatzpflicht bezogen auf den Umsatz mit Zusatzeinheiten zurückgenommen hat, waren ihr die diesbezüglichen Kosten gem. § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO aufzuerlegen. Den auf die teilweise Klagerücknahme entfallenden Wert hat die Kammer gemäß § 3 ZPO nach freiem Ermessen angenommen. - Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
- Den Beklagten war keine Abwendungsbefugnis nach § 712 Abs. 1 ZPO einzuräumen, da sie einen durch die Vollstreckung des Urteils drohenden, unersetzlichen Nachteil, nicht dargelegt und – wie von § 714 Abs. 2 ZPO vorgeschrieben – glaubhaft gemacht haben.
-
VII.
Der Streitwert wird auf EUR 1.000.000,00 festgesetzt.