4a O 8/24 – Austauschbare Pulverbehälter

Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3382

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 25. Juli 2024, Az. 4a O 8/24

  1. I. Der Verfügungsbeklagten wird im Wege der einstweiligen Verfügung verboten, bei Meidung eines Ordnungsgeldes von EUR 5,00 bis zu EUR 250.000,00, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten tritt, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen am Geschäftsführer der Verfügungsbeklagten für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung gemäß §§ 935 ff., 890 ZPO,
    austauschbare Pulverbehälter für ein Pulverstrahlgerät zur abrasiven Reinigung von Zähnen und Zahnfleischtaschen unter Verwendung von unterschiedlichen Pulversorten, Pulver-Gas-Gemisch-Zusammensetzungen und unterschiedlicher Drücken
    in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
    mit einer Pulveraufnahme und einer Wirbelkammer, in der unter Druck stehendes und über mindestens einen Gaseintritt eintretendes Gas Pulver verwirbelt und als Pulver-Gas-Gemisch über eine Auslassöffnung mindestens eines Gasaustritts des Pulverbehälters abführt,
    wobei der Pulverbehälter einen Kupplungsbereich zum dichtenden Verbinden des sich im Kupplungsbereich angeordneten Gaseintritts und des sich im Kupplungsbereich angeordneten Gemischaustritts mit entsprechenden Anschlüssen eines Pulverstrahlgeräts aufweist,
    wobei der Kupplungsbereich des Pulverbehälters Kodiermittel aufweist, welche mit elektrischen Kontakten eines Aufnahmebereichs des Pulverstrahlgeräts derart zusammenwirken können, dass das Pulverstrahlgerät Informationen über die Art des Pulverbehälters erhält.
    II. Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.
    III. Die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
    IV. Die Vollstreckung der einstweiligen Verfügung gemäß Ziff. I. ist davon abhängig, dass die Verfügungsklägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 125.000,00 Euro leistet.
  2. Tatbestand
  3. Die Verfügungsklägerin nimmt die Verfügungsbeklagte wegen unmittelbarer wortsinngemäßer Patentverletzung auf Unterlassung im Wege der einstweiligen Verfügung in Anspruch.
    Die B S.A ist die im Register des Deutschen Patent- und Markenamts eingetragene Inhaberin (Registerauszug vorgelegt als Anlage Ast6) des deutschen Teils des Europäischen Patents EP 1 972 XXA B1 (nachfolgend: Verfügungspatent, vorgelegt in Anlage Ast4). Die Verfügungsklägerin ist deren exklusive Lizenznehmerin. Das in deutscher Verfahrenssprache erteilte Verfügungspatent wurde am 19.03.2007 angemeldet. Die Anmeldung des Verfügungspatents wurde am 24.09.2008 veröffentlicht. Das Europäische Patentamt veröffentlichte am 04.07.2012 den Hinweis auf die Erteilung des Verfügungspatents.
    Das Verfügungspatent steht im nach einer Entscheidung des Bundespatentgerichts (nachfolgend: BPatG) aufrechterhaltenen Umfang in Kraft. Gegen das Verfügungspatent wurde von der am hiesigen Verfahren nicht beteiligten C GmbH Nichtigkeitsklage eingereicht (Az.: 6 Ni 38/21 (EP)). Das BPatG erklärte das Verfügungspatent mit Urteil vom 17.01.2024 teilweise für nichtig und hielt es in beschränktem Umfang aufrecht (Anlage BB12). Gegen das Urteil des BPatG legte die C GmbH unter dem 10.05.2024 Berufung zum Bundesgerichtshof ein (Anlage BB13), welche noch anhängig ist.
    Die geltend gemachten Ansprüche 1 und 13 des Verfügungspatents in der vom BPatG aufrechterhaltenen Fassung lauten wie folgt:
  4. Anspruch 1:
  5. „Austauschbarer Pulverbehälter (2) für ein Pulverstrahlgerät (1) zur abrasiven Reinigung von Zähnen und Zahnfleischtaschen unter Verwendung von unterschiedlichen Pulversorten, Pulver-Gas-Gemisch-Zusammensetzungen und unterschiedlicher Drücken mit einer Pulveraufnahme (14) und einer Wirbelkammer (24), in der unter Druck stehendes und über mindestens einen Gaseintritt (17) eintretendes Gas Pulver verwirbelt und als Pulver-Gas-Gemisch über eine Auslassöffnung (16) mindestens eines Gemischaustritts (15) des Pulverbehälters (2) abführt, wobei der Pulverbehälter (2) einen Kupplungsbereich (48) zum dichtenden Verbinden des sich im Kupplungsbereich (48) angeordneten Gaseintritts (17) und des sich im Kupplungsbereich (48) angeordneten Gemischaustritts (15) mit entsprechenden Anschlüssen (56, 57) eines Pulverstrahlgeräts (1) aufweist,
    dadurch gekennzeichnet,
    dass der Kupplungsbereich (48) des Pulverbehälters (2) Kodiermittel (22, 35) aufweist, welche mit elektrischen Kontakten (37) eines Aufnahmebereichs (49) des Pulverstrahlgeräts (1) derart zusammenwirken können, dass das Pulverstrahlgerät (1) Informationen über die Art des Pulverbehälters (2) erhält.“
  6. Anspruch 13:
    „Kombination aus einem Pulverstrahlgerät (1) zur abrasiven Reinigung von Zähnen und Zahnfleischtaschen unter Verwendung von unterschiedlichen Pulversorten, Pulver-Gas-Gemisch-Zusammensetzungen und unterschiedlicher Drücken und einem austauschbaren Pulverbehälter (2) nach einem der vorhergehenden Ansprüche, zur Vermischung eines Pulvers mit einem unter Druck stehenden Gas, wobei das Pulverstrahlgerät (1) Zuführungen (52, 56) für das unter Druck stehende Gas und eine Ableitung (5), die mit einer Austrittsdüse (6) verbunden ist, an der ein Pulver-Gas-Gemisch und ggf. Wasser unter Druck austritt, aufweist und wobei das Pulverstrahlgerät (1) mindestens einen Aufnahmebereich (49) mit mindestens einem Gemischanschluss (57) und mindestens einem Gasanschluss (56) zum auswechselbaren Verbinden des Pulverbehälters (2) mit dem Pulverstrahlgerät (1) aufweist,
    dadurch gekennzeichnet,
    dass die Kodiermittel (22, 35) des Pulverbehälters (2) mit elektrischen Kontakten (37) des Aufnahmebereichs (49) derart zusammenwirken, dass das Pulverstrahlgerät (1) Informationen über die Art des Pulverbehälters (2) erhält.“
    Zur Veranschaulichung der beanspruchten Lehre wird nachfolgend Figur 1 des Verfügungspatents verkleinert eingeblendet, welche die schematische, dreidimensionale Ansicht auf ein Pulverstrahlgerät mit zwei aufgesetzten, erfindungsgemäßen Pulverbehältern zeigt (Abs. [0034] des Verfügungspatents).
  7. Mit Bezugsziffern 2a und 2b sind dabei ein erster und zweiter Pulverbehälter bezeichnet, mit Ziffer 1 ein Pulverstrahlgerät, mit Ziffer 5 eine Ableitung, mit Ziffer 3 ein Handstück und mit Ziffer 6 eine Austrittsdüse.
    Weiter wird Figur 2 des Verfügungspatents verkleinert eingeblendet, die gem. Abs. [0034] des Verfügungspatents den Querschnitt durch eine erste bevorzugte Ausführungsform eines erfindungsgemäßen Pulverbehälters abbildet, wie er in der oben eingeblendeten Figur 1 in einem der beiden zylinderförmigen Körpern zu finden ist:
  8. Figur 6 des Verfügungspatents zeigt einen Teilquerschnitt durch den unteren Teil des erfindungsgemäßen Pulverbehälters nach einer ersten Ausführungsform nach Figur 2 mit einem Kupplungsbereich sowie einen Querschnitt durch den oberen Bereich des Pulverstrahlbehälters mit Aufnahmebereich (Abs. [0034] des Verfügungspatents):
  9. Die Verfügungsbeklagte ist laut eigenen Angaben „Marktführer im deutschen Dentalfachhandel“ und ein Komplettanbieter für Zahnärzte und Zahntechniker. Sie bietet das Dentalgerät „D“, ein Ultraschall- und Pulverstrahlgerät, welches in Zahnarztpraxen für die professionelle Zahnreinigung eingesetzt wird, (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform) u.a. auf ihrer deutschen Website an und bringt dieses unter der Artikelnummer 564XXB (Artikel Nr. Hersteller Y1002XXC) in der Bundesrepublik Deutschland in den Verkehr (vgl. Anlage Ast10). Als Anlage Ast11 reichte die Verfügungsklägerin eine auf der Homepage der Verfügungsbeklagten abrufbare Produktbroschüre der angegriffenen Ausführungsform sowie als Anlage Ast12 ein Handbuch zu der angegriffenen Ausführungsform zur Akte.
    Zur Veranschaulichung der angegriffenen Ausführungsform wird nachfolgend ein Ausschnitt aus der Anlage Ast11 eingeblendet:
  10. Bei der angegriffenen Ausführungsform handelt es sich um ein Kombigerät, das sowohl eine Ultraschallvorrichtung zur Entfernung von Zahnstein als auch ein Pulverstrahlgerät bereitstellt. Für den als Pulverstrahlgerät ausgebildeten Teil ist vorgesehen, dass ein das Pulver umfassender Pulverbehälter lösbar an einem Pulverstrahlgerät angebracht werden kann. Am Pulverbehälter befindet sich ein Anschlusselement zum Handgerät mit einer Düseneinrichtung, die das Pulver-Gas-Gemisch zusammen mit einem Wasserstrahl auf die zu behandelnden Zähne strahlt. Die Kammern der Pulverbehälter der angegriffenen Ausführungsform lassen sich mit einem einfachen Handgriff wechseln. Dabei wird automatisch ein Umschalten zwischen einer subgingivalen und einer supragingivalen Behandlung veranlasst, das heißt es wird automatisch erkannt, welcher Pulverbehälter an die Basisstation angeschlossen ist.
    In der nachfolgenden Abbildung des von unten geöffneten Pulverbehälters, die aus der Antragsschrift stammt, ist erkennbar, dass die angegriffene Ausführungsform unterhalb ihrer Mischkammer einen sockelartigen Kupplunqsbereich (B`) aufweist, in dem jeweils Schläuche zur Führung des Pulver-Gas-Gemischs sowie Schläuche zur Führung von Wasser und Luft vorgesehen sind. Diese Schläuche verlassen gemeinsam den Behälter über ein Anschlusselement (E). Ferner bildet der zentrale Abschnitt an der Unterseite einen Gaseinlass beziehungsweise Gaseintritt (T) aus, über den Gas in die Mischkammer eingeleitet wird:
  11. Weiter werden nachfolgend von der Verfügungsbeklagten mit der Schutzschrift eingereichte Abbildungen der angegriffenen Ausführungsform eingeblendet, wobei die Bezeichnungen von der Verfügungsbeklagten stammen:
  12. Die Verfügungsklägerin mahnte die Verfügungsbeklagte unter dem 07.02.2024 ab. Eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung gab diese nicht ab (Anlagen Ast1, Ast2).
    Die Verfügungsklägerin ist der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform verwirkliche die aufrechterhaltenen Ansprüche 1 und 13 des Verfügungspatents wortsinngemäß.
    Insbesondere weise die angegriffene Ausführungsform einen anspruchsgemäßen Kupplungsbereich, ein anspruchsgemäßes Kodiermittel, über welches das Pulverstrahlgerät der angegriffenen Ausführungsform anspruchsgemäße Informationen über die Art des Pulverbehälters erhalten könne, sowie anspruchsgemäße elektrische Kontakte auf.
    Die angegriffene Ausführungsform weise zunächst insbesondere einen austauschbaren Pulverbehälter für ein Pulverstrahlgerät zur abrasiven Reinigung von Zähnen und Zahnfleischtaschen unter Verwendung von unterschiedlichen Pulversorten, Pulver-Gas-Gemisch-Zusammensetzungen und unterschiedlichen Drücken auf.
    Dabei sei relevant, dass ein Pulverbehälter einer bestimmten Zahnreinigungsbehandlung – von mehreren möglichen Zahnbehandlungsarten – zugeordnet und für diese bestimmt sei. Der jeweilige Pulverbehälter müsse einen vom Pulverstrahlgerät ausgegebenen Druck verarbeiten und bestimmungsgemäß umsetzen.
    Eine entsprechende Bestimmung der Pulverbehälter für unterschiedliche Zahnreinigungsbehandlungen liege bei den Pulverbehältern der angegriffenen Ausführungsform vor. An der angegriffenen Ausführungsform seien – wie aus dem Abschnitt 8.2 des als Anlage Ast12 vorgelegten Handbuchs ersichtlich – unterschiedliche Behandlungsmodi vorgesehen, nämlich ein F-Modus für die Behandlung von Zahnfleischtaschen (subgingival) und ein G-Modus für die Behandlung der Zähne oberhalb der Zahnfleischtaschen (supragingival). Wie in Anlage Ast12 erläutert, würden dafür jeweils unterschiedliche Pulversorten und auch unterschiedliche Fülllevel angewendet und damit automatisch auch unterschiedliche Pulver-Gas-Gemisch-Zusammensetzungen. Auf den unterschiedlichen Behältern fänden sich – insoweit unstreitig – entsprechende Piktogramme, die die jeweiligen Pulverbehälter einer bestimmten Behandlung zuordneten. Aus der als Anlage Ast11 („Automatisches Anpassen der Strahlkraft“, Seite 7 der Anlage Ast11) vorgelegten Broschüre ergebe sich, dass die Strahlkraft, das heiße der Druck, bei einer subgingivalen Behandlung gegenüber der supragingivalen Behandlung um 20% verringert würde. Auf Seite 6 der Anlage Ast11 sei auch zu sehen, dass abhängig vom jeweils erkannten Pulverbehälter, am Display bestimmte Parameter eingestellt würden, u.a. die „Power-Einstellung“, mit welcher der Druck gemeint sei, der dem jeweiligen Pulverbehälter zugeführt werde. Das Druckniveau werde beim Wechsel der Behälter entsprechend angepasst. Das dem Pulverbehälter zuzuführende Gas sei der einzige steuerbare Parameter, mit dem der Mischvorgang im Pulverbehälter beeinflusst werden könne, so dass die Pulverbehälter der angegriffenen Ausführungsform dazu ausgelegt seien, die vom Pulverstrahlgerät bereitgestellte Druckluft bestimmungsgemäß zu verarbeiten.
    Auch weise die angegriffene Ausführungsform einen verfügungspatentgemäßen Kupplungsbereich zum dichtenden Verbinden des sich im Kupplungsbereich angeordneten Gaseintritts und des sich im Kupplungsbereichs angeordneten Gemischaustritts mit entsprechenden Anschlüssen eines Pulverstrahlgeräts auf.
    Der Anspruchswortlaut sei nicht auf eine Kupplungsseite beschränkt, insbesondere müssten die Anschlüsse nicht an der Unterseite des Pulverbehälters ausgebildet werden. Das Verfügungspatent weise auch kein Merkmal auf, das den Kupplungsbereich auf die Schnittstelle zwischen dem Pulverbehälter und einer stationären Einheit des Pulverstrahlgeräts beschränke, so dass auch die Verbindung zwischen Handstück und Pulverkammer erfasst sein könne. Hinsichtlich der geforderten dichtenden Verbindung sei für den Fachmann offensichtlich, dass aufgrund dieser weder Gas noch Pulver den Schnittstellenbereich zwischen dem Pulverbehälter und dem Pulverstrahlgerät verließen, damit die Funktionssicherheit des Pulverstrahlgeräts sichergestellt sei.
    Das Verfügungspatent erfasse als Pulverstrahlgerät alle Komponenten, die neben dem Pulverbehälter erforderlich seien, um ein Pulver-Gas-Gemisch am Handstück an einer dort vorhandenen Düse bereitstellen zu können, was typischerweise neben einer stationären Basis, die beispielsweise ein Kontrollfeld und die Aufnahme des Pulverbehälters umfasse, auch ein Handgerät einschließe (Bezugszeichen 3, 6 in Figur 1), das von dem Zahnreinigungsspezialisten geführt werde, um entsprechend den Pulverstrahl auf den zu behandelnden Zahnbereich ausrichten zu können. Das Handstück sei aus Sicht des Fachmanns dabei eine technisch zwingend erforderliche Teilkomponente des Gesamtgeräts, das fachüblich als Pulverstrahlgerät bezeichnet werde. Die stationäre Basis bzw. das Steuergerät des Pulverbehälters sei nicht als „gesamtes Pulverstrahlgerät“ zu verstehen, da dieser Teil des Pulverstrahlgeräts ungeeignet sei, der eigentlichen Funktion des Pulverstrahlgeräts nachzukommen, nämlich ein Pulver-Gas-Gemisch bereitzustellen. „Pulverstrahlgerät“ sei als Oberbegriff zu verstehen und gerade nicht auf das Steuergerät beschränkt; das Handgerät sei obligatorisch für ein Pulverstrahlgerät.
    Anspruch 1 sehe lediglich den Anschluss des Pulverbehälters an das Pulverstrahlgerät vor, so dass auch die Anbindung der Pulver-Gas-Leitung von dem Pulverbehälter an das Handgerät unter den Schutzbereich des Verfügungspatents falle, da das Handgerät für den Fachmann ein Teil des Pulverstrahlgeräts sei. Der Anspruchswortlaut von Anspruch 1 des Verfügungspatents stelle gerade nicht darauf ab, dass alle Anschlüsse an einem Basisgerät oder der stationären Basis des Pulverstrahlgeräts ausgebildet sein müssten. Statt von einer stationären Basis zu sprechen, verwende der Anspruchswortlaut den Begriff „Pulverstrahlgerät“, um offen zu lassen, an welcher Bauteilkomponente des Pulverstrahlgeräts die Anschlüsse ausgebildet sein könnten. Es sei verfügungspatentgemäß, wenn die anspruchsgemäßen Anschlüsse nicht gemeinsam an der Basisstation oder der stationären Einheit des Pulverstrahlgeräts ausgebildet seien.
    Bei der angegriffenen Ausführungsform seien der Gaseintritt und der Gemischaustritt an einem Kupplungsbereich, nämlich dem Sockel (B‘) des Pulverbehälters (B), angeordnet. Dabei befänden sich der Gaseinlass (Bodenseite des Kupplungsbereichs) und der Gemischauslass (Anschlusselement an der Seitenwand des Kupplungsbereichs) zwar an unterschiedlichen Seiten des Kupplungsbereichs. Beide seien jedoch in einen gemeinsamen Kupplungsbereich integriert. Das Handstück (C, C`) der angegriffenen Ausführungsform sei als Teil des Pulverstrahlgeräts anzusehen. Daher bestehe ein dichtender Anschluss zum Pulverbehälter, wenn – wie bei der angegriffenen Ausführungsform – der Anschluss an einer Seitenfläche des Kupplungsbereichs angeordnet und über eine Versorgungsleitung mit dem Handgerät verbunden sei.
    Schließlich weise der Kupplungsbereich des Pulverbehälters auch anspruchsgemäß Kodiermittel im Sinne des Anspruchs 1 auf. Das Pulverstrahlgerät der angegriffenen Ausführungsform weise im Aufnahmebereich entsprechend Anspruch 13 elektrische Kontakte auf.
    Der Anspruch 1 sei nicht darauf beschränkt, dass die Kodiermittel selbst Teil des elektrischen Kontakts seien. Der elektrische Kontakt sei kein zwingender Bestandteil des beanspruchten Pulverbehälters. Es sei im Rahmen von Anspruch 1 ausreichend, wenn das Kodiermittel geeignet sei, einen elektrischen Kontakt derart zu betätigen bzw. einen Schaltvorgang im Pulverstrahlgerät auszulösen, dass eine Information über die Art des Pulverbehälters weitergeleitet werden könne. Die Kodiermittel müssten mit den elektrischen Kontakten im Aufnahmebereich des Pulverstrahlgeräts, das heiße also nicht am Pulverbehälter selbst, zusammenwirken.
    Für den Fachmann sei offensichtlich, dass die Kodiermittel mit elektrischen Kontakten des Pulverstrahlgerätes, wie zum Beispiel einem Hall-Sensor oder einen Reed-Kontakt zusammenwirken können sollen, um zwischen mindestens zwei Arten von Pulverbehältern zu unterscheiden. Kodiermittel könnten verfügungspatentgemäß auch Magnetstreifen sein. Abs. [0017] der Verfügungspatentschrift nenne explizit einen Magnetstreifen als Beispiel für ein Informationsübertragungsmittel; Abs. [0016] lasse einfache Zapfen genügen, wobei es lediglich um die Position der Zapfen gehe, um anhand der Position des Zapfens eine Information über den Pulverbehälter zu vermitteln.
    Für einen elektrischen Kontakt sei nicht erforderlich, dass ein physisches oder mechanisches Einwirken vom Kodiermittel auf den elektrischen Kontakt erfolgen müsse, wie sich aus dem Funktionsprinzip eines Reed-Kontakts ergebe, wonach durch einen Reed-Kontakt ein Schaltkreis dadurch geschlossen werde, dass durch ein Magnetfeld eine Lamelle beziehungsweise ein offener Kontakt bewegt werde. Der Fachmann verstehe unter einem elektrischen Kontakt unter anderem einen Näherungssensor, der beispielsweise die Anwesenheit eines Magneten registriere und dann im Sinne eines Schaltvorgangs einen Stromfluss in einen Stromkreis bedinge. Ein Magnet sei dazu geeignet, einen Reed-Kontakt dahingehend zu beeinflussen, dass ein elektrischer Schaltkreis geschlossen werde. Anspruchsgemäß entscheide die Anwesenheit und/oder die Abwesenheit des Kodiermittels oberhalb des elektrischen Kontakts im Aufnahmebereich darüber, welcher Typ Pulverbehälter montiert sei. Es müsse ein elektrisches Signal an das Steuergerät weitergegeben werden. Auch ein Hall-Sensor sei ein elektronischer Kontakt in diesem Sinne.
    Die angegriffene Ausführungsform verfüge – insoweit unstreitig – über Magnete an der Unterseite des Pulverbehälters, welche verfügungspatentgemäße Kodiermittel darstellten. Ein solcher Magnet sei dazu geeignet, einen Reed-Kontakt auszulösen. In dem Aufnahmebereich für den Pulverbehälter an der Basisstation sei zur Identifikation – ebenfalls unstreitig – ein Hall-Sensor/Kontakt eingelassen. Abhängig von der Position des Magneten im montierten Zustand gebe wahlweise der eine oder der andere elektrische Kontakt zu erkennen, dass ein Magnet vorhanden sei. Abhängig vom Zustand des Hall-Sensors erfolge ein Schaltvorgang, der einen elektrischen Strom fließen lasse. Somit liege ein elektrischer Kontakt vor. Je nach Position des Magneten am Boden des Behälters könnten unterschiedliche Kontakte betätigt werden, so dass das Pulverstrahlgerät eine Information über die Art des eingesetzten Pulverbehälters erhalte.
    Die beiden Pulverbehälter der angegriffenen Ausführungsform – einen ausschließlich für den Betriebsmodus einer subgingivalen Behandlung mit feinkörnigem Pulver und einen für eine supragingivale Behandlung mit grobkörnigem Pulver – unterschieden sich durch ihren Innenraum und die Position der Magnete an der Unterseite voneinander. Sie seien dazu bestimmt, dass jeweils eine spezifische Pulversorte verwendet werde und insbesondere, um ein bestimmtes Druckverhältnis zu erzeugen oder im Pulverbehälter herzustellen, um das für die jeweilige Behandlung geeignete Pulver-Gas-Gemisch bereitzustellen. Vom Basisgerät werde nach dem Einsetzen des Behälters erkannt, an welcher Position der Magnet sei, so dass nicht nur erkannt werde, dass überhaupt ein Behälter anwesend ist, sondern auch welcher Typ, so dass das Gerät erkenne, welcher Modus (subgingival oder supragingival) betrieben werden solle. Auf den Seiten 57, 58 und 60 des Handbuchs der angegriffenen Ausführungsform (Anlage Ast12) werde jeweils eine unterschiedliche Reaktion der Steuereinrichtung bzw. der Kontrolleinheit abhängig vom eingesetzten Pulverbehälter erwähnt sowie, dass abhängig vom eingesetzten Behälter ein entsprechendes Piktogramm erscheine.
    Die verwendeten Magnete seien im Allgemeinen geeignet, mit elektrischen Kontakten (z.B. Hall-Sensoren oder Reed-Kontakten) eines Aufnahmebereichs des Pulverstrahlgeräts zusammenzuwirken und das Pulverstrahlgerät über die Art des Pulverbehälters zu informieren. Dadurch sei der Behälter in der Lage, Informationen an das Pulverstrahlgerät, insbesondere an die stationäre Einheit des Pulverstrahlgeräts, zu übertragen. Da der Magnet mit dem Hall-Sensor zur Betätigung zusammenwirke, stelle der Hall-Sensor einen elektrischen Kontakt im Sinne des Anspruchs 13 dar.
    Es liege auch ein Verfügungsgrund vor.
    Der Rechtsbestand des Verfügungspatents sei für den Erlass einer einstweiligen Verfügung aufgrund des aufrechterhaltenden erstinstanzlichen Urteils des BPatG hinreichend gesichert. Die Einwände der Verfügungsbeklagten gegen die Entscheidung des BPatG griffen nicht durch.
    Es sei auch die erforderliche Dringlichkeit gegeben. Unmittelbar im Anschluss an die Entscheidung des BPatG vom 17.01.2024 habe die Verfügungsklägerin die Verfügungsbeklagte abgemahnt und sie unter Fristsetzung bis zum 16.02.2024 zur Abgabe einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung aufgefordert sowie den Verfügungsantrag im Anschluss an den Fristablauf am 19.02.2024 eingereicht. Sie, die Verfügungsklägerin, habe erst mit der gesicherten Rechtsbeständigkeit durch die BPatG-Entscheidung davon ausgehen können, dass die Durchsetzung ihres Rechts erfolgsversprechend sei, so dass erst dann die Dringlichkeit ausgelöst worden sei; das Abwarten dieser Entscheidung sei gerechtfertigt gewesen. Zu beachten seien dabei auch die Umstände, dass die Dienste der Verfügungsbeklagten ebenfalls von der Verfügungsklägerin für Vertriebsleistungen genutzt würden sowie, dass in einem anderen Verfahren vor der Kammer (Az.: 4a O 35/21) die C GmbH die Patentverletzung durch die angegriffene Ausführungsform und den Rechtsbestand des Verfügungspatents vehement bestritten habe.
  13. Die Verfügungsklägerin beantragt,
    I.
    1.
    – wie unter Ziff. I. des Tenors erkannt –
    (aufrechterhaltener Anspruch 1 der EP 1 972 XXA B1)
    und
    2. der Verfügungsbeklagten im Wege der einstweiligen Verfügung zu verbieten, bei Meidung eines Ordnungsgeldes von EUR 5,-bis zu EUR 250.000,- an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten tritt, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu vollziehen am Geschäftsführer der Verfügungsbeklagten für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung gemäß §§ 935 ff., 890 ZPO,
    eine Kombination aus einem Pulverstrahlgerät zur abrasiven Reinigung von Zähnen und Zahnfleischtaschen unter Verwendung von unterschiedlichen Pulversorten, Pulver-Gas-Gemisch-Zusammensetzungen und unterschiedlicher Drücken und austauschbaren Pulverbehälter nach Ziffer I.1, zur Vermischung eines Pulvers mit einem unter Druck stehenden Gas,
    in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
    wobei das Pulverstrahlgerät Zuführungen für das unter Druck stehende Gas und eine Ableitung, die mit einer Austrittsdüse verbunden ist, an der ein Pulver-Gas-Gemisch und ggf. Wasser unter Druck austritt, aufweist
    wobei das Pulverstrahlgerät mindestens einen Aufnahmebereich mit mindestens einem Gemischanschluss und mindestens einem Gasanschluss zum auswechselbaren Verbinden des Pulverbehälters mit dem Pulverstrahlgerät aufweist,
    wobei die Kodiermittel des Pulverbehälters mit elektrischen Kontakten des Aufnahmebereichs derart zusammenwirken, dass das Pulverstrahlgerät Informationen über die Art des Pulverbehälters erhält.
    (aufrechterhaltener Anspruch 13 der EP 1 972 XXA B1)
  14. Die Verfügungsbeklagte beantragt,
    I. den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen;
    II. hilfsweise, die Vollziehung der einstweiligen Verfügung nur gegen Sicherheitsleistung der Verfügungsklägerin zu gestatten.
  15. Die Verfügungsbeklagte meint, die angegriffene Ausführungsform verletze weder Anspruch 1, noch den abhängigen Anspruch 13 des Verfügungspatents. Für die Verwirklichung von Anspruch 13 fehle es bereits an einem Pulverbehälter nach einem der vorhergehenden Ansprüche; jedenfalls weise die angegriffene Ausführungsform aber keine elektrischen Kontakte auf.
    Der aufrechterhaltene Anspruch 1 erfordere zunächst die Bestimmung des Pulverstrahlgeräts zur abrasiven Reinigung von Zähnen und Zahnfleischtaschen unter anderem unter Verwendung von unterschiedlichen Drücken. Maßgeblich für die Beurteilung, ob ein Pulverstrahlgerät „verschiedene Drücke“ verwende, sei für das Verfügungspatent der bestehende Druck, mit dem das jeweilige Gas in die Wirbelkammer eintrete. Der beanspruchte jeweilige einzelne Pulverbehälter müsse dabei selbst zur Verwendung von unterschiedlichen Pulversorten, Pulver-Gas-Gemisch-Zusammensetzungen und unterschiedlichen Drücken geeignet und bestimmt sein. Anspruch 1 des Verfügungspatents beanspruche einen einzigen Pulverbehälter und gerade keine Mehrzahl von Pulverbehältern oder eine Kombination mehrerer Pulverbehälter. Ein anspruchsgemäßer Pulverbehälter müsse daher veränderbare, einstellbare Kodiermittel aufweisen, was mit ortsfesten Kodiermitteln nicht möglich sei. Der einzelne Pulverbehälter müsse zur Verwendung von unterschiedlichen Pulversorten und Drücken gerade bestimmt sein.
    Die Verfügungsklägerin habe schon nicht substantiiert vorgetragen, dass bei der angegriffenen Ausführungsform unterschiedliche Drücke für das abrasive Reinigen von Zähnen und Zahnfleischtaschen verwendet würden; sie hätte hierzu entsprechende Messungen vorlegen müssen. Die Verfügungsbeklagte bestreitet, dass „Strahlkraft“ (wie in Anlage Ast12) „Druck“ – gemessen in der Einheit [Pa] – bezeichne. Eine unterschiedliche „Strahlkraft“ bei Verwendung des F- und G-Behälters sei nicht zwingend auf die Verwendung unterschiedlicher Drücke zurückzuführen. Die Kraft, welche das Pulver-Gas-Gemisch auf einen Zahn ausübe, hänge von Faktoren wie der Dichte des verwendeten Pulvers, der Dichte des Pulver-Gas-Gemisches, dem Durchmesser bzw. der Strahlquerschnittsfläche des aus dem Handstück austretenden Pulver-Gas-Gemisches und dessen Geschwindigkeit ab, sodass auch bei konstantem Druck die Strahlkraft für beide Behälter abweichen könne.
    Insbesondere hätten die von der Verfügungsbeklagten angebotenen Pulverbehälter „F“ und „G“ jeweils einen für den jeweiligen Containertyp vorgesehenen individuellen Schlauch und ein Handstück; sie seien gerade nicht jeweils sowohl für die supragingivale als auch die subgingivale Behandlung bestimmt. Das Pulverstrahlgerät könne anhand der Magneten auf der Unterseite der jeweiligen Container nur erkennen, welcher Container angeschlossen sei, nicht aber den tatsächlichen Inhalt des jeweiligen Containers erkennen. Das Pulverstrahlgerät werde daher jeweils stets nur unter derjenigen Druck-Einstellung betrieben, die für den jeweiligen Containertyp in der Basisstation der angegriffenen Ausführungsform voreingestellt sei.
    Insbesondere fehle es der angegriffenen Ausführungsform an einem anspruchsgemäßen Kupplungsbereich.
    Der Kupplungsbereich gemäß Anspruch 1 diene nach der Patentbeschreibung dem auswechselbaren Verbinden des Pulverbehälters mit dem Pulverstrahlgerät. Der Kupplungsbereich der Pulverbehälter sei dabei auf den Aufnahmebereich des Pulverstrahlgeräts abgestimmt und vorteilhafterweise genormt. Der Kupplungsbereich des Pulverbehälters werde im Verfügungspatent stets so beschrieben, dass der Gaseintritt sowie der Gemischaustritt an der Unterseite des Pulverbehälters angeordnet seien, wo dann auch die dichtende Verbindung mit dem im Aufnahmebereich angeordneten Gas- und Gemischanschluss des Pulverstrahlgeräts eintrete. Der Kupplungsbereich müsse verfügungspatentgemäß so ausgestaltet sein, dass sowohl Gaseintritt als auch Gemischaustritt mit den korrespondierenden Anschlüssen des Aufnahmebereichs eines Pulverstrahlgeräts dichtend verbunden werden könnten und das Pulver-Gas-Gemisch wieder in das Pulverstrahlgerät zurückgeführt werde, bevor es über externe Komponenten wie ein Handstück ausgeleitet werde. Das Verfügungspatent zeichne sich gerade dadurch aus, dass Kodiermittel, Gaseintritt und Gemischaustritt in einem zusammenhängenden Kupplungsbereich angeordnet seien. Ausweislich der Auffassung des BPatG sei der Kupplungsbereich einstückig ausgestaltet und auf die Unterseite des verfügungspatentgemäßen Behälters beschränkt.
    Das Handstück sei verfügungspatentgemäß nicht als Teil des Pulverstrahlgeräts zu verstehen. Gemäß Abs. [0015] der Verfügungspatentschrift „… [könne das] Pulver-Gas-Gemisch über die Gemischkupplung wieder dem Pulverstrahlgerät zugeführt werden. Von dort [könne] das Pulver-Gas-Gemisch über die Ableitung bzw. einem geeigneten Schlauch einem Handstück zugeführt werden, wo es an der dort befestigten oder eingearbeiteten Austrittsdüse, bevorzugt zusammen mit einem das Pulver-Gas-Gemisch ringförmig umschließenden Wasserstrahls, austritt“. Der Fachmann werde daher das Handstück gerade nicht als Teil des Pulverstrahlgeräts verstehen. Das Verfügungspatent unterscheide klar zwischen Pulverstrahlgerät und Handstück.
    Das Verfügungspatent lasse auch nicht offen, an welcher Bauteilkomponente des Pulverstrahlgeräts die Anschlüsse für den Pulverbehälter ausgebildet sein könnten. Den Begriff „stationäre Einheit / Basis“ kenne das Verfügungspatent nicht.
    Die Funktionalität des erfindungsgemäßen Pulverbehälters bzw. Pulverstrahlgeräts zeichne sich dadurch aus, dass der Kupplungsbereich des Pulverbehälters und der Aufnahmebereich des Pulverstrahlgeräts nicht nur von der Formgebung her aufeinander abgestimmt seien, sondern dass dort auch der jeweilige Gas- und Gemischanschluss verortet sei. Erst dadurch ergebe sich ein (benutzerfreundliches) auswechselbares Verbinden zwischen Pulverbehälter und Pulverstrahlgerät im Sinne des Verfügungspatents. Dies bedeutete, dass es – anders als die Verfügungsklägerin meine – nicht ausreiche, wenn das „Pulverstrahlgerät“ auch eine Ableitung bzw. ein Handstück umfasse. Denn der im Kupplungsbereich des Pulverbehälters angeordnete Gas- und Gemischanschluss werde nach dem Verfügungspatent nicht „irgendwie“ mit dem „Pulverstrahlgerät“ verbunden. Die Verbindung erfolge an den jeweiligen Gas- und Gemischanschluss im Aufnahmebereich des Pulverstrahlgeräts. Nach dem Sinngehalt des Anspruchs sollten gerade mehrere Pulversorten gleichzeitig angewendet werden können, ohne dass der behandelnde Arzt das Handstück oder den Pulverbehälter wechseln müsse, was er jedoch zu tun habe, wenn das Handstück direkt an den Pulverbehälter angeschlossen sei.
    Der angegriffenen Ausführungsform fehle ein Pulverbehälter, der über einen Kupplungsbereich verfüge, in dem ein Gemischaustritt zum dichtenden Verbinden mit einem entsprechenden Anschluss eines Pulverstrahlgeräts angeordnet sei. Zwar sei der Gaseintritt mittig im Kupplungsbereich des Pulverbehälters angeordnet, jedoch sei der Gemischaustritt außerhalb des an der Unterseite angeordneten Kupplungsbereichs des Pulverbehälters angeordnet. Der Aufnahmebereich der angegriffenen Ausführungsform verfüge nicht über einen Anschluss für den Gemischaustritt, sondern nur einen Gasanschluss. Das Pulver-Gas-Gemisch werde über den außerhalb des Kupplungsbereichs des Pulverbehälters angeordneten Gemischaustritt direkt über eine externe Leitung aus dem Pulverbehälter (z.B. zu einem Handgerät) transportiert und nicht wieder zurück in das Pulverstrahlgerät geführt. Beide Pulvercontainertypen der angegriffenen Ausführungsform würden mit einem auf den jeweiligen Pulverbehälter abgestimmten eigenen Schlauch sowie einem eigenen Handstück (G-Handstück“ bzw. „F-Handstück“) ausgeliefert und seien mit dem jeweils anderen nicht kompatibel. Dies zeige, dass die für die jeweiligen Container individualisierten Ableitungen und Handstücke entgegen der Auffassung der Verfügungsklägerin gerade nicht Teil des Pulverstrahlgeräts im Sinne des Verfügungspatents seien.
    Der angegriffene Pulverbehälter weise auch keine verfügungspatentgemäßen Kodiermittel auf.
    Die Kodiermittel des Pulverbehälters müssten gemäß dem Anspruchswortlaut mit elektrischen Kontakten eines Aufnahmebereichs des Pulverstrahlgeräts zusammenwirken können. Das Teilmerkmal „zusammenwirken können“ sei vor dem Hintergrund des BPatG-Urteils jedoch dahingehend eng auszulegen, dass die Kodiermittel derart ausgestaltet sein müssen, dass sie mit elektrischen Kontakten des Pulverstrahlgeräts zusammenwirken sollen (nicht nur können). Denn die durch das BPatG hinzugefügten Merkmale könnten nur dann die Erfindungshöhe des beanspruchten Pulverbehälters begründen, wenn der Pulverbehälter in seiner strukturellen Ausgestaltung auf das Pulverstrahlgerät und dessen Zweckbestimmung des abrasiven Reinigens von Zähnen und Zahnfleischtaschen abgestimmt sei.
    Der Fachmann verstehe den „elektrischen Kontakt“ als ein physisches In-Kontakt-treten zwischen zwei Bauteilen, das zum Schließen eines elektrischen Stromkreises führe. Ein solcher Kontakt werde als „elektrisch“ bezeichnet, wenn ein elektrischer Stromkreis hergestellt werde, so dass Elektrizität zu fließen beginne. Denn in Abs. [0016] und [0038] der Verfügungspatentschrift werde beschrieben, wie Kodiermittel in Form von Zapfen oder Öffnungen in die entsprechenden Stellen des Pulverstrahlgeräts eingreifen würden oder Kontaktmuster erzeugten. Im Verfügungspatent sei das Zusammenwirken von Kodiermitteln des Pulverbehälters und elektrischem Kontakt des Pulverstrahlgeräts durchweg als physische Verbindung zwischen korrespondierenden Bauteilen beschrieben. Der Fachmann sehe daher eine Verwendung von Magneten und magnetischen Kontakten nicht als anspruchsgemäß, wie sich aus Wortlaut, Beschreibung und den Figuren ergebe.
    Der Wortlaut sehe nicht vor, dass die Kodiermittel nur dazu „geeignet“ sein müssten, einen elektrischen Kontakt auszulösen. Insbesondere finde die Annahme, es könne auch ein „elektromagnetischer Kontakt“ verwendet werden, keine Basis im Verfügungspatent. Der klägerische Verweis auf Abs. [0017] des Verfügungspatents sei irreführend. Denn der Fachmann werde Magnetstreifen und magnetisch wirkende Vorrichtungen gerade als nicht erfindungsgemäße Ausführungen auffassen. Der Satz in Abs. [0017] der Verfügungspatentschrift, in dem unter anderem Magnetstreifen erwähnt seien, stehe im Zusammenhang mit dem dortigen vorherigen Satz zu einem gerade nicht erfindungsgemäßen Ausführungsbeispiel. Das Verfügungspatent beschreibe dort Magnetstreifen, Chip-Karten und eine RAM-Auslesevorrichtung als „andere Informationsübertragungsmittel“ und damit gerade nicht als „Kodiermittel“. Das Verfügungspatent schließe den Einsatz von Magnetstreifen daher als nicht-erfindungsgemäße Ausführungsform aus.
    Zudem habe das BPatG nun ausdrücklich festgestellt, dass es sich bei einem Hall-Sensor nicht um einen elektrischen Kontakt handele. Auch bei der Begrifflichkeit „zusammenwirken“ werde der Fachmann nicht von einem Einsatz von Magneten oder Hall-Sensoren ausgehen, denn der Begriff werde vom Fachmann mit dem elektrotechnischen Fachbegriff „elektrischer Kontakt“ zusammengelesen. Er erkenne „zusammenwirken“ als Oberbegriff zu den einzelnen Möglichkeiten des In-Kontakt-Tretens bei unterschiedlicher Formgebung von Kodiermitteln, z.B. Eingreifen, Öffnen/Schließen und dergleichen. Außerdem müssten die „Informationen über die Art des Pulverbehälters“, die das Pulverstrahlgerät erhalten müsse, vor dem Hintergrund der neu durch das BPatG hinzugefügten Merkmale über die Information über den Behältertyp hinausgehen und diese durch Angaben zum Pulver und/oder zum verwendeten Druck konkretisieren.
    Der Kupplungsbereich des Pulverbehälters der angegriffenen Ausführungsform weise keine Kodiermittel auf, welche mit elektrischen Kontakten des Aufnahmebereichs der angegriffenen Ausführungsform derart zusammenwirken könnten, dass die angegriffene Ausführungsform Informationen über die Art des Pulverbehälters erhalte. Im Boden des Pulverbehälters seien – unstreitig – einfache Magnete verbaut, die mit Hall-Sensoren zusammenwirken sollen. Der Aufnahmebereich der angegriffenen Ausführungsform weise nur einen Gasanschluss auf, durch den kein Strom fließe und keine Information vermittelt werde. Im Inneren des Pulverstrahlgeräts der angegriffenen Ausführungsform seien Hall-Sensoren verbaut, welche auf das von den Magneten erzeugte Magnet- bzw. Spannungsfeld reagierten. Durch den Magneten lasse sich im Hall-Sensor ein Spannungsunterschied messen und verarbeiten, wobei es jedoch zu keinem elektrischen Kontakt zwischen Kupplungsbereich des Pulverbehälters und Aufnahmebereich des Pulverstrahlgeräts komme. Die an der Unterseite der Pulverbehälter angebrachten Magnete übermittelten keine Informationen zur Art des verwendeten Pulvers und/oder dem anzuwendenden Druck; der Hall-Sensor im Pulverstrahlgerät könne lediglich detektieren, ob ein Pulverbehälter des Typs „F“ oder des Typs „G“ angeschlossen sei. Da ein Hall-Sensor keinen elektrischen Kontakt darstelle, sei jedenfalls Anspruch 13 des Verfügungspatents nicht verwirklicht.
    Es liege überdies kein Verfügungsgrund vor.
    Es sei keine zeitliche Dringlichkeit gegeben. Die Verfügungsklägerin habe ungebührlich lange mit ihrer Antragsstellung zugewartet und damit zu erkennen gegeben, dass es eines umgehenden Verbots nicht bedürfe. Die Verfügungsbeklagte biete die angegriffene Ausführungsform bereits seit dem Jahr 2015 über ihre deutschsprachige Website an, was der Verfügungsklägerin bei lebensnaher Betrachtung bekannt gewesen sein müsse, zumal auch die Verfügungsklägerin zahlreiche Produkte über den Webshop der Verfügungsbeklagten – insoweit unstreitig – vertreibe. Schließlich gehe die Verfügungsklägerin seit über drei Jahren im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens wegen der angegriffenen Ausführungsform aus dem Verfügungspatent gegen die C GmbH, die Tochtergesellschaft der Herstellerin, vor. Die Dringlichkeit in Bezug auf die auf nachgelagerter Marktstufe tätige Verfügungsbeklagte könne nicht anders beurteilt werden.
    Die Dringlichkeit lebe nach dem Urteil des BPatG nicht wieder auf. Die Rechtsprechung, wonach das Abwarten einer erstinstanzlichen Entscheidung im Nichtigkeitsverfahren unschädlich sei, sei vorliegend nicht anwendbar. Die bis vor Kurzem fehlende kontradiktorische Entscheidung über den Rechtsbestand des Verfügungspatents habe die Verfügungsklägerin nicht davon abgehalten, ihre vermeintlichen Rechte aus dem Verfügungspatent bereits vor Jahren geltend zu machen. Spätestens im Anschluss an das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (nachfolgend: EuGH) vom 28.04.2022 (C-44/21 Phoenix Contact) hätte die Verfügungsklägerin gegen die Verfügungsbeklagte vorgehen müssen.
    Zudem sei der Rechtsbestand nicht hinreichend für den Erlass einer einstweiligen Verfügung gesichert. Das Urteil des BPatG vom 17.01.2024 sei rechtsfehlerhaft und werde einer Überprüfung durch den BGH in der anhängigen Berufung nicht standhalten können. Die Ansprüche 1 und 13 des Verfügungspatents seien entgegen des Urteils des BPatG nicht neu gegenüber der NK6 sowie nicht erfinderisch gegenüber einer Kombination der NK6 mit der NK10 sowie der NK6 mit der NK11.
  16. Für die Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die ausgetauschten Schriftsätze samt Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25.06.2024 verwiesen.
  17. Entscheidungsgründe
  18. Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist teilweise begründet. Die Verfügungsklägerin hat gegen die Verfügungsbeklagte nur hinsichtlich der Verletzung des Verfügungspatentanspruchs 1 jeweils einen Verfügungsanspruch (hierzu unter II.) und einen Verfügungsgrund (hierzu unter III.) glaubhaft gemacht. Hinsichtlich der geltend gemachten Verletzung des Verfügungspatentanspruchs 13 fehlt es bereits an einem Verfügungsanspruch (hierzu unter II.).
  19. I.
    Die Verfügungsklägerin ist – insoweit unstreitig – als ausschließliche Lizenznehmerin am Verfügungspatent Inhaberin des zugesprochenen Anspruchs. Ein ausschließlicher Lizenznehmer kann selbstständig den Anspruch auf Unterlassung wegen der Beeinträchtigung seines ausschließlichen Nutzungsrechts geltend machen (BGH, GRUR 2004, 758, 763 – Flügelradzähler; OLG Düsseldorf, BeckRS 2020, 137, 139 – Bakterienkultivierung).
  20. II.
    Ein Verfügungsanspruch besteht teilweise. Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht die Lehre des Verfügungspatents hinsichtlich Anspruch 1, nicht jedoch hinsichtlich Anspruch 13.
  21. 1.
    Das Verfügungspatent (nachfolgend entstammen Abs. ohne Quellenangabe dem Verfügungspatent) betrifft einen Pulverbehälter zur Vermischung eines Pulvers mit einem unter Druck stehenden Gas (Abs. [0001]).
    a)
    In seiner einleitenden Beschreibung schildert das Verfügungspatent, dass aus dem Stand der Technik, etwa der EP 1 243 226 A2, Pulverstrahlgeräte oder auch dentale Abrasivstrahlgeräte bekannt seien, bei denen ein in einem Behälter bevorratetes Dentalpulver gemeinsam mit einem gasförmigen Trägermedium an eine Düsenanordnung eines über eine Ableitung angeschlossenen Handstücks, in der Regel unter Beimischung von unter Druck stehendem Wasser, angeliefert werde (Abs. [0002]). Es sind auch grundsätzlich Pulverstrahlgeräte mit einem auswechselbaren Pulverbehälter im Stand der Technik bereits bekannt.
    Weiter sei aus der EP 0 097 288 B1 ein gattungsgemäßes Pulverstrahlgerät mit einem Pulverbehälter bekannt, in den ein unter Druck stehendes Gas eingeführt werde, so dass das dort befindliche Pulver aufgewirbelt und über eine Auslassöffnung als Pulver-Luft-Gemisch abgeführt werden könne (Abs. [0002]).
    Das Verfügungspatent führt weiter aus, dass in der EP 1 159 XXD A2 ein Pulverstrahlgerät mit einem Pulverbehälter sowie einem zusätzlichen auswechselbaren Fluidbehälter, mit dem beispielsweise entmineralisiertes Wasser als Spülflüssigkeit den Zähnen zugeführt werden könne, offenbart werde (Abs. [0003]).
    Weiter sei aus der EP 0 268 948 B1 eine Verschlusseinrichtung für einen Fluidbehälter bekannt. Die Verschlusseinrichtung sei für eine Verschraubung des Fluidbehälters mit einem Aufsatzteil ausgebildet, welches außen an dem Pulverstrahlgerät vorgesehen sei (Abs. 0004]).
    Aus der US 1 664 369 sei weiter bekannt, dass das in einem Pulverbehälter bevorratete Pulver mit Hilfe einer motorisch angetriebenen Förderschnecke dem gasförmigen Trägermedium dosiert beigemischt werde (Abs. [0005]).
    Das Verfügungspatent erläutert weiter zum Stand der Technik, dass die EP 0 119 735 B2 einen Pulverbehälter offenbare, in dessen Mitte eine lang gestreckte Röhre eingebaut sei, die am unteren Ende zwei Einlassöffnungen aufweise, durch die einerseits unter Druck stehendes Gas und andererseits Pulver eintreten könne, das in der Pulverkammer bevorratet ist und die lang gestreckte Röhre umgebe, wobei durch das einströmende Gas das Pulver innerhalb der lang gestreckten Röhre nach oben mitgerissen und mit dem Gas vermischt und am oberen Ende des Pulverbehälters über eine Auslassöffnung abgeführt werde (Abs. [0006]).
    Schließlich sei aus der WO 00/10772 ein Pulverbehälter bekannt, der einerseits aus einem Kanister und andererseits aus einem Abschlussdeckel sowie weiteren Einzelteilen bestehe. Kanister und Deckel umgäben eine Pulveraufnahme, die infolge der Verwendung eines Venturirohrs und eines Gaseinlassrohrs auch als Wirbelkammer dienen könne (Abs. [0007]). Der Deckel weise einen Gaseintritt und einen Gemischaustritt auf. Blindlöcher dienten zum Anschrauben des Pulverbehälters an das Gehäuse des Pulverstrahlgeräts, die Luftzuleitung und die Pulver-Gas-Gemischableitungen seien jedoch separat anzuschließen (Abs. [0007]).
    b)
    Das Verfügungspatent führt zum Stand der Technik weiter aus, dass die vorbekannten Pulverbehälter und Düsenanordnungen verschiedene Nachteile aufwiesen. So habe ein in dem Pulverstrahlgerät fest eingebauter Pulverbehälter Nachteile bei der Reinigung. Zudem müsse der Pulverbehälter stets wieder befüllt werden, so dass die mit dem Behälter verbundenen Verschlüsse, Dichtungen etc. mit der Zeit verschmutzten und das gesamte Pulverstrahlgerät unbrauchbar werde. Weiter wiesen die nach dem Stand der Technik bekannten Pulverstrahlgeräte den Nachteil auf, dass diese jeweils nur für eine bestimmte Pulverart und -größe geeignet seien. Bei der EP 0 119 735 B2 bestehe sogar die Gefahr, dass bei Verwendung feinkörnigen Pulvers mit einer Korngröße von weniger als 100 µm die Luftzufuhr mit Pulver verstopfe (Abs. [0008]). Auch könnten für ein bestimmtes Pulverstrahlgerät nur ganz bestimmte Pulverbehälter verwendet werden, die exakt auf die Förder- oder Düsenanordnung des Pulverstrahlgeräts abgestimmt seien. Bei der WO 00/10772 seien eine Luftzuleitung und die Pulver-Gas-Gemischableitung separat anzuschließen (Abs. [0007]). Auch die entsprechende Fördermenge des Pulver-Gas-Gemisches könne nur durch eine Druckänderung des zugeführten Gases oder eine Änderung der Zuführung des Pulvers beeinflusst werden (Abs. [0009]).
    c)
    Das Verfügungspatent nennt vor diesem Hintergrund fünf Aufgaben. Zunächst sei es Aufgabe der Erfindung, die bekannten Pulverbehälter und damit verbundene Einsätze und Düsenanordnungen derart zu verbessern, dass verschiedene Pulversorten und -größen sowie -gemische hintereinander oder sogar gleichzeitig mit ein und demselben Pulverstrahlgerät verwendet werden könnten. Darüber hinaus liege der Erfindung die Aufgabe zugrunde, unterschiedliche Pulverarten unabhängig voneinander mit ein und demselben Pulverstrahlgerät anwenden und justieren zu können (Abs. [0010]). Als dritte Aufgabe benennt es das Verfügungspatent, ein Pulverstrahlgerät anzugeben, das besonders benutzerfreundlich sei und ein schnelles Auswechseln der unterschiedlichen Pulversorten und -größen ermögliche, ohne dass das Gerät oder die entsprechenden Pulverbehälter aufwändig gereinigt und gesäubert werden müssten. Weiter sei es eine Aufgabe der Erfindung, Pulverbehälter anzugeben, die für unterschiedliche Pulversorten und -arten einstellbar seien, indem der Pulverbehälter einfach und benutzerfreundlich auf das entsprechende Pulver ein- bzw. umstellbar sei, sowie dafür geeignete Einsätze und Düsen. Als fünfte Aufgabe benennt es das Verfügungspatent, mehrere Pulversorten gleichzeitig anwenden zu können, ohne dass der behandelnde Arzt das Handstück oder den Pulverbehälter wechseln oder am Bedienfeld unterschiedliche Einstellungen vornehmen müsse.
  22. 2.
    Zur Lösung schlägt das Verfügungspatent einen Pulverbehälter für ein Pulverstrahlgerät nach Maßgabe des aufrechterhaltenen Anspruchs 1 sowie eine Kombination aus einem Pulverstrahlgerät und einem Pulverbehälter nach Maßgabe des aufrechterhaltenen Anspruchs 13 vor. Diese lassen sich in Form einer Merkmalsgliederung wie folgt darstellen:
    Anspruch 1:
    1.0 Austauschbarer Pulverbehälter (2) für ein Pulverstrahlgerät (1) zur abrasiven Reinigung von Zähnen und Zahnfleischtaschen unter Verwendung von unterschiedlichen Pulversorten, Pulver-Gas-Gemisch-Zusammensetzungen und unterschiedlichen Drücken
    1.1 mit einer Pulveraufnahme (14) und
    1.2 einer Wirbelkammer (24), in der unter Druck stehendes und über mindestens einen Gaseintritt (17) eintretendes Gas Pulver verwirbelt und als Pulver-Gas-Gemisch über eine Auslassöffnung (16) mindestens eines Gemischaustritts (15) des Pulverbehälters (2) abführt,
    1.3 der Pulverbehälter (2) weist einen Kupplungsbereich (48) zum dichtenden Verbinden des sich im Kupplungsbereich (48) angeordneten Gaseintritts (17) und des sich im Kupplungsbereich (48) angeordneten Gemischaustritts (15) mit entsprechenden Anschlüssen (56, 57) eines Pulverstrahlgeräts (1) auf;
    1.4 der Kupplungsbereich (48) des Pulverbehälters (2) weist Kodiermittel (22, 35) auf, welche mit elektrischen Kontakten (37) eines Aufnahmebereichs (49) des Pulverstrahlgeräts (1) derart zusammenwirken können, dass das Pulverstrahlgerät (1) Informationen über die Art des Pulverbehälters (2) erhält.
    Anspruch 13:
    13.0 Kombination aus einem Pulverstrahlgerät (1) zur abrasiven Reinigung von Zähnen und Zahnfleischtaschen unter Verwendung von unter-schiedlichen Pulversorten, Pulver-Gas-Gemisch-Zusammensetzungen und unterschiedlichen Drücken und einem austauschbaren Pulverbehälter (2) nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
    13.1 zur Vermischung eines Pulvers mit einem unter Druck stehenden Gas,
    13.2 wobei das Pulverstrahlgerät (1) Zuführungen (52, 56) für das unter Druck stehende Gas und eine Ableitung (5), die mit einer Austrittsdüse (6) verbunden ist, an der ein Pulver-Gas-Gemisch und ggf. Wasser unter Druck austritt, aufweist und
    13.3 wobei das Pulverstrahlgerät (1) mindestens einen Aufnahmebereich (49) mit mindestens einem Gemischanschluss (57) und mindestens einem Gasanschluss (56) zum auswechselbaren Verbinden des Pulverbehälters (2) mit dem Pulverstrahlgerät (1) aufweist,
    13.4 die Kodiermittel (22, 35) des Pulverbehälters (2) mit elektrischen Kontakten (37) des Aufnahmebereichs (49) derart zusammenwirken, dass das Pulverstrahlgerät (1) Informationen über die Art des Pulverbehälters (2) erhält.
  23. 3.
    Die angegriffene Ausführungsform macht von Anspruch 1 der verfügungspatentgemäßen Lehre Gebrauch. In Streit steht die Verwirklichung der Merkmale 1.0, 1.3 und 1.4. Die Verwirklichung der Merkmale 1.1, 1.2 steht im Verfügungsverfahren zu Recht zwischen den Parteien außer Streit, so dass es hierzu keiner Ausführungen bedarf.
    a)
    Die Verwirklichung von Merkmal 1.0 durch die angegriffene Ausführungsform lässt sich feststellen. Streitig ist zwischen den Parteien der Merkmalsteil „zur abrasiven Reinigung von Zähnen und Zahnfleischtaschen unter Verwendung von unterschiedlichen Pulversorten, Pulver-Gas-Gemisch-Zusammensetzungen und unterschiedlichen Drücken“.
    aa)
    Das durch das Urteil des BPatG neu hinzugefügte Teil-Merkmal „zur abrasiven Reinigung (…)“ bezieht sich unmittelbar auf ein von Anspruch 1 nicht beanspruchtes Pulverstrahlgerät und nur mittelbar auf den beanspruchten Pulverbehälter. Anspruch 1 stellt lediglich einen Pulverbehälter, nicht auch ein Pulverstrahlgerät unter Schutz. Dieser Pulverbehälter wird durch den Anspruchswortlaut jedoch dahingehend konkretisiert, dass er geeignet sein muss für das durch das neu eingefügte Teil-Merkmal näher konkretisierte Pulverstrahlgerät. Mehr als eine grundsätzliche Eignung des austauschbaren Pulverbehälters in seiner technischen Verwendbarkeit für ein Pulverstrahlgerät mit den näher bezeichneten Eigenschaften („zur abrasiven Reinigung…“) ist im Patentanspruch 1 dieser Fassung nicht beansprucht. Dies steht in Einklang mit der Auslegung des BPatG (siehe BPatG-Urteil S.32 f., Anlage BB12). Für eine engere Auslegung liefert die Verfügungspatentschrift dem Fachmann keine Anhaltspunkte.
    Der Fachmann versteht, dass der Pulverbehälter entsprechend dieser grundsätzlich Eignung beschaffen, beispielsweise in der Lage sein muss, einen bestimmten vom Pulverstrahlgerät für den jeweiligen Pulverbehälter ausgegebenen Druck zu verarbeiten. Das Verfügungspatent versteht unter „Druck“ sowohl denjenigen Druck, unter dem das in den Behälter eingeführte Gas für das Pulver-Gas-Gemisch steht, als auch denjenigen Druck, mit dem ein Pulver-Gas-Gemisch an einer Austrittsdüse wieder austritt, vgl. Abs. [0001], [0013], [0015], [0030]. Das Verfügungspatent lehrt nicht ausdrücklich, in welcher Einheit der Druck zu messen ist.
    Der Fachmann liest Merkmal 1.0 nicht dahingehend, dass ein einzelner Pulverbehälter zur Verwendung von unterschiedlichen Pulversorten und unterschiedlichen Drücken geeignet oder gar bestimmt sein müsste. Für die entsprechende enge Auslegung der Verfügungsbeklagten finden sich keine Anhaltspunkte in der Patentschrift. Zwar weist der Anspruch nur (mindestens) einen Pulverbehälter (im Singular) auf. Gleichwohl geht aus dem Anspruchswortlaut hervor, dass der Pulverbehälter lediglich für ein Pulverstrahlgerät geeignet sein muss, welches bestimmungsgemäß verschiedene Pulver und Drücke verwendet. Gegen eine Auslegung, wonach ein einzelner Pulverbehälter anspruchsgemäß zur Verwendung verschiedener Drücke geeignet sein müsste, spricht Abs. [0031]. Nach diesem werden bevorzugt zwei unterschiedliche Pulverbehälter mit dem Pulverstrahlgerät verbunden, wobei ein erster Pulverbehälter ein erstes Pulver mit einer ersten geeigneten Düsenanordnung und ein zweiter Pulverbehälter ein zweites Pulver mit einer zweiten geeigneten Düsenanordnung aufweist, wobei beide Pulverbehälter gleichartige Kupplungsbereiche zum Verbinden mit dem Pulverstrahlgerät aufweisen und wobei das unter Druck stehende Gas wahlweise dem einen oder dem anderen Pulverbehälter zugeführt werden kann. Hieraus ergibt sich, dass das Verfügungspatent gerade keine Beschränkung auf nur einen Pulverbehälter vorsieht, der für die Verwendung unterschiedlicher Drücke oder Pulver bestimmt sein müsste.
    bb)
    Die Pulverbehälter der angegriffenen Ausführungsform verwirklichen demnach das Merkmal 1.0. Die angegriffene Ausführungsform verfügt über zwei verschiedene austauschbare Pulverbehälter, welche jeweils unstreitig für einen unterschiedlichen Behandlungsmodus, nämlich die subgingivale oder die supragingivale Behandlung, bestimmt sind. Die Verfügungsklägerin hat – insoweit unwidersprochen – dargelegt, dass für die verschiedenen Behandlungsmodi jeweils unterschiedliche Pulversorten und Fülllevel, also unterschiedliche Gemisch-Zusammensetzungen pro Pulverbehälter vorgesehen sind und der jeweilige Behälter bestimmungsgemäß mit dem zugehörigen Pulverstrahlgerät, von welchem verschiedene Einstellungen ausgehen können, zusammenwirken kann.
    Die Verfügungsklägerin hat unter Heranziehung einer als Anlage Ast11 vorgelegten Broschüre über die angegriffene Ausführungsform anhand der Einstellbarkeit der „Strahlkraft“ und der „Power“ bei der Pulverstrahlanwendung dargelegt, dass die angegriffenen Pulverbehälter jedenfalls geeignet sind, mit einem Pulverstrahlgerät zur abrasiven Reinigung von Zähnen und Zahnfleischtaschen unter Verwendung von unterschiedlichen Pulversorten, Pulver-Gas-Gemisch-Zusammensetzungen und unterschiedlichen Drücken verwendet zu werden. Die Verfügungsbeklagte bemängelt den Vortrag der Verfügungsklägerin als unsubstantiiert. Sie legt jedoch nicht dar, dass die Pulverbehälter „F“ oder „G“ für ein solches Pulverstrahlgerät zur Verwendung von unterschiedlichen Drücken nicht geeignet wären. Es führt weder aus der Verletzung hinaus, dass die von der Verfügungsbeklagten angebotenen Pulverbehälter jeweils nur entweder für die subgingivale oder die supragingivale Behandlung geeignet sind, noch, dass das angegriffene Pulverstrahlgerät jeweils stets nur unter einer voreingestellten Druck-Einstellungen für den jeweiligen Containertyp betrieben wird.
  24. b)
    Auch Merkmal 1.3 wird von der angegriffenen Ausführungsform verwirklicht.
    aa)
    Nach Merkmal 1.3 weist ein erfindungsgemäßer Pulverbehälter einen Kupplungsbereich auf. Die Funktion des Kupplungsbereichs wird dahingehend beschrieben, dass über eine Gaskupplung und eine Gas-Pulver-Gemischkupplung jeweils eine dichtende Verbindung zwischen Pulverbehälter und Pulverstrahlgerät bezüglich des Gaseintritts und des Gemischaustritts erzeugt wird. Dass sich der Kupplungsbereich an der Unterseite des Pulverbehälters oder vollständig auf der Seite befinden müsste, welche mit der stationären Einheit bzw. dem Steuerungselement des Pulverstrahlgeräts in Berührung kommt, fordert das Verfügungspatent nicht. Das Pulverstrahlgerät im Sinne des Verfügungspatents beschränkt sich auch nicht auf ein Steuerungselement oder eine stationäre Einheit, sondern beinhaltet als Teil des Ganzen auch ein Handgerät.
    (1)
    Merkmal 1.3 erfasst Vorrichtungen, die über einen Abschnitt, also einen Bereich, am Pulverbehälter verfügen, welcher insgesamt zwei Verbindungselemente aufweist und zwar zum einen ein solches, welches dazu geeignet ist, eine dichtende Verbindung zwischen dem Gaseintritt des Pulverbehälters und einem Anschluss des Pulverstrahlgeräts herzustellen und zum anderen ein weiteres, das dazu geeignet ist, eine dichtende Verbindung zwischen dem Gemischaustritt des Pulverbehälters und einem Anschluss des Pulverstrahlgeräts herzustellen. Insoweit ist in räumlich-körperlicher Hinsicht erforderlich, dass die Positionen der Gaseintrittskupplung und der Gemischaustrittskupplung jeweils übereinstimmen mit den Positionen von Gaseintritt und Gemischaustritt an dem Pulverbehälter. Hierüber definiert die Lehre des Verfügungspatents den Kupplungsbereich: „Der Kupplungsbereich der Pulverbehälter ist dabei auf den Aufnahmebereich des Pulverstrahlgeräts abgestimmt und vorteilhafterweise genormt“, Abs. [0014]. Die genaue Position des Kupplungsbereichs wird dabei über die Position der Anschlüsse bzw. Austritte bestimmt. Der Wortlaut von Merkmal 1.3 verlangt durch die Verwendung des Begriffs „Kupplungsbereich“, dass eine lösbare Vorrichtung besteht zum Verbinden zweier Teile (Kupplung). Die Verbindung soll insoweit dichtend sein, damit der jeweilige Stoff (Gas / Gas-Pulver-Gemisch) verlustfrei transportiert werden kann. Wo sich diese Kupplungen befinden sollen, gibt der Wortlaut – der insoweit ausdrücklich nur einen Bereich, also einen nicht weiter spezifizierten Abschnitt des Pulverbehälters verlangt – gerade nicht vor.
    Eine darüberhinausgehende zwingende örtliche oder räumliche Definition des Kupplungsbereichs findet sich in der Verfügungspatentschrift nicht. Einen Hinweis auf eine räumliche Verortung liefert die Bezugsziffer 48 in den Figuren. Die Ziffer 48 deutet dabei gerade nicht nur auf eine Seite des Pulverbehälters, etwa auf die Unterseite, sondern mit einer Klammer („}“), ohne genauere Spezifizierung, entsprechend dem Begriff „Kupplungsbereich“ auf einen nicht besonders eingegrenzten Bereich mit einer Vielzahl von Elementen hin. Es führt daher nicht aus der Lehre des Verfügungspatents heraus, wenn sich Gaseintritt und Gemischaustritt an unterschiedlichen Seiten befinden. Die Funktion des Merkmals – eine dichtende Verbindung zwischen den Gaseintritts- und Gemischaustrittsdüsen zu ermöglichen – macht nur insoweit eine Vorgabe hinsichtlich der Position des Kupplungsbereichs, als dass die Gas- und Gemischkupplungen an mit den Gaseintritten bzw. Gemischaustritten am Pulverbehälter und am Pulverstrahlgerät kompatiblen Stellen liegen müssen.
    Die Aufgabe des Verfügungspatents, wonach unter anderem ein schnelles Auswechseln der unterschiedlichen Pulverbehälter ermöglicht werden soll, steht dieser Auslegung nicht entgegen. Eine Ausgestaltung gemäß dieser Auslegung hindert ein schnelles Auswechseln nicht.
    (2)
    Weiter führt es nicht aus der Lehre des Verfügungspatents heraus, wenn sich die Gemischaustrittsdüse am Handstück befindet.
    Was unter einem Pulverstrahlgerät im Sinne des Verfügungspatents zu verstehen ist, ergibt sich aus Abs. [0013] sowie aus Figur 1, vgl. Abs. [0034]. Das Verfügungspatent stellt insoweit sein eigenes Lexikon dar. Nach Abs. [0013] weist das Pulverstrahlgerät mindestens einen erfindungsgemäßen Pulverbehälter mit Zuführungen auf, sowie eine Ableitung, die mit einer Austrittsdüse verbunden ist, an der ein Pulver-Gas-Gemisch und ggfs. Wasser unter Druck austreten, wobei in einer bevorzugten Ausführungsform die Austrittsdüse an einem Handstück befestigt ist. Das Verfügungspatent lehrt damit ein Pulverstrahlgerät, das mit Vorteil ein Handstück aufweist. Auch aus Anspruch 13 ergibt sich, dass das Pulverstrahlgerät verfügungspatentgemäß aus mehr Elementen als nur einer stationären Einheit bzw. einem Steuerungselement besteht. Die Aufzählung von Elementen in Anspruch 13 ist nicht abschließend.
    Der Fachmann erkennt zudem aus Figur 1, welche insgesamt gem. Abs. [0034] ein erfindungsgemäßes Pulverstrahlgerät und unter Bezugszeichen (3) ein Handstück zeigt, dass das Handstück zum Pulverstrahlgerät gehört. Weiterhin drängt es sich für den Fachmann auf, dass ein Handstück bestimmungsgemäßer Teil eines Pulverstrahlgeräts zur Besprühung von Zähnen bei der professionellen Zahnreinigung ist. Es stellt sich bereits die Frage, wie ein Pulverstrahlgerät ohne Handstück zur gezielten Anwendung am Patienten aussehen könnte und wie das Pulverstrahlgerät seine – eine gewisse Präzision am Patienten erfordernde – Funktion ohne ein solches Handstück leisten könnte.
    Auch zieht der Fachmann aus Abs. [0015], nach welchem das Gas-Pulver-Gemisch dem Pulverstrahlgerät zugeführt und von dort über die Ableitung einem Handstück zugeführt wird, nicht den Schluss, dass das Handstück nicht zum Pulverstrahlgerät gehört. Aus Abs. [0015] ist nicht zu lesen, dass es sich um eine anspruchsgemäß vorgegebene bestimmte Reihenfolge der vom Gemisch durchlaufenen Abschnitte des Pulverstrahlgeräts handelt. Es ist ebenso eine Ausführungsform vorstellbar, bei der die Zuführung des Gas-Pulver-Gemischs zum Pulverstrahlgerät mit der (direkten) Zuführung über die Ableitung zu einem Handstück zusammenfällt. Dies schließt Abs. [0015] nicht aus. Einer Auslegung, wonach ein in Anspruch 1 nicht erwähntes Handstück, sofern ein solches existiert, zum Pulverstrahlgerät gehört, steht Abs. [0015] nicht entgegen. Auch lässt sich dem Verfügungspatent nicht entnehmen, dass dieses einen Gemischaustritt am Handstück als nachteilig lehrt und sich insoweit vom Stand der Technik abzugrenzen sucht. Die Verfügungspatentschrift lehrt keine zwingende Notwendigkeit dafür, das Gemisch zunächst in eine Basisstation und nicht unmittelbar in ein Handstück geraten zu lassen. Eine Abgrenzung etwa von der WO 00/10722 dürfte durch das Kodiermittel und nicht durch die Anordnung der Kupplungen gegeben sein.
    (3)
    Die vorstehende Auslegung des Kupplungsbereichs steht im Einklang mit dem Urteil des BPatG vom 17.01.2024. Dort kommt das BPatG zu der Auslegung, dass der Kupplungsbereich räumlich nicht näher definiert ist sowie dahingehend spezifiziert ist, dass der Gaseintritt und der Gemischaustritt im Kupplungsbereich stattfinden (S. 16 BPatG-Urteil als Anlage BB12). Das BPatG stellt ebenfalls insbesondere auf die Erfüllung einer abdichtenden Funktion des Kupplungsbereichs ab (vgl. S.26 BPatG-Urteil als Anlage BB12). Entgegen der Ansicht der Verfügungsbeklagten ist dem Urteil des BPatG keine enge Auslegung zu entnehmen, wonach der Kupplungsbereich allein auf der Unterseite des Pulverbehälters angeordnet sei. Dass das BPatG (vgl. S.24 ff. BPatG-Urteil als Anlage BB12) das Kopplungsstück 3 der NK6 als Kupplungsbereich bezeichnet (und nicht auch das an den Schlauch angrenzende Kopplungsstück 6), dürfte weder bedeuten, dass sich der Kupplungsbereich nur auf der Unterseite des Pulverbehälters befinden darf, noch, dass es sich bei dem in NK6 offenbarten Kopplungsstück 3 um den einzigen Teil des Kupplungsbereichs der NK6 handeln darf. Vielmehr geht das BPatG davon aus, dass sowohl Gaseintritt als auch Gemischaustritt im Kupplungsbereich stattfinden (S. 16 des BPatG-Urteils, Anlage BB12), während bei der NK6 der Gaseintritt am Kopplungsstück 3 und der Gemischaustritt am Kopplungsstück 6 stattfinden. Nachvollziehbar geht das BPatG davon aus, dass das Merkmal 1.3 durch die NK6 offenbart wird. Dass beide Kupplungsbereiche bzw. der gesamte Kupplungsbereich an einer Stelle bzw. Seite liegen müssen, ist weder nach der Auslegung der Kammer, noch nach der des BPatG erforderlich.
    bb)
    Die angegriffene Ausführungsform macht auf Grundlage des vorstehenden Verständnisses von Merkmal 1.3 wortsinngemäß Gebrauch. Der Gaseintritt ist mittig im Pulverbehälter angeordnet; der Gemischaustritt ist seitlich am Pulverbehälter angeordnet:
  25. Diese Anordnung ist verfügungspatentgemäß und bildet den Kupplungsbereich beim Pulverbehälter. Der Gasanschluss bei dem Pulverstrahlgerät der angegriffenen Ausführungsform befindet sich ebenfalls mittig und korrespondiert damit mit dem des Pulverbehälters. Das Pulver-Gas-Gemisch wird wiederum über eine externe Leitung aus dem Pulverbehälter transportiert und in das Handstück geführt. Das Handstück ist bestimmungsgemäßer Teil des Pulverstrahlgeräts, so dass auch eine dichtende Verbindung zwischen Gemischaustritt des Pulverbehälters und des Pulverstrahlgeräts besteht. Dass die Verbindung nicht vollständig dichtend sei, behauptet auch die Verfügungsbeklagte nicht.
  26. c)
    Das Merkmal 1.4 wird ebenfalls wortsinngemäß durch die angegriffene Ausführungsform verwirklicht.
    aa)
    Die anspruchsgemäßen Kodiermittel müssen sich im Kupplungsbereich befinden und Informationen über die Art des Pulverbehälters übertragen können. Dies muss durch ein nicht näher definiertes Zusammenwirken jedweder Art mit elektrischen Kontakten eines Aufnahmebereichs eines von Anspruch 1 nicht umfassten Pulverstrahlgeräts geschehen. Die Weitergabe von Informationen über die Art des Pulverbehälters ist gerade der Zweck des Kodiermittels gemäß Merkmal 1.4, was sich aus den Aufgaben des Verfügungspatents und der hierdurch bezweckten Abgrenzung zum Stand der Technik ergibt. Das Pulverstrahlgerät muss hierdurch die Art des Pulverbehälters erkennen können.
    (1)
    Im Rahmen des Anspruchs 1 ist für die Verwirklichung von Merkmal 1.4 zunächst nicht erforderlich, dass das Pulverstrahlgerät tatsächlich elektrische Kontakte aufweist. Erforderlich ist insoweit alleine, dass das Kodiermittel zu einem Zusammenwirken mit einem elektrischen Kontakt geeignet ist, sofern ein von Anspruch 1 nicht beanspruchtes Pulverstrahlgerät über entsprechende elektrische Kontakte verfügt. Dies ergibt sich bereits aus dem Anspruchswortlaut „können“ sowie dem Umstand, dass Anspruch 1 nur den Behälter beansprucht. Insoweit sieht sich die Kammer in einer Linie mit der Auslegung des BPatG, welches in seinem Urteil vom 17.01.2024 das Merkmal 1.4 dahingehend auslegt, dass (bloß) die Eignung der im Anspruch nicht weiter spezifizierten Kodiermittel zu einem wie auch immer gestalteten Zusammenwirken mit elektrischen Kontakten eines Aufnahmebereichs des Pulverstrahlgeräts beansprucht wird (S. 18 unten BPatG-Urteil, Anlage BB12). Der in Anspruch 1 geschützte Pulverbehälter kann hierzu selbst elektrische Kontakte aufweisen, muss dies zur Erfüllung des Merkmals 1.4 jedoch nicht (vgl. S. 19 oben BPatG-Urteil, Anlage BB12).
    Merkmal 1.4 setzt voraus, dass ein Mittel zum Kodieren im Pulverbehälter in der Lage ist, Informationen für das Pulverstrahlgerät zu übersetzen oder weiterzugeben. Merkmal 1.4 verhält sich lediglich insoweit zum Inhalt der zu übertragenden Information, als diese die Art des verwendeten Pulverbehälters betreffen muss.
    Wie genau die Übertragung zu erfolgen hat, lässt der Wortlaut hingegen offen. Weiter ergibt sich, dass das Kodiermittel in dem Bereich des Pulverbehälters angebracht sein muss, an dem sich auch die Gas- und Gemischkupplung, also der Kupplungsbereich, befindet. Wie das Kodiermittel dort dann räumlich-körperlich ausgestaltet sein muss, gibt das Verfügungspatent nicht zwingend vor. Zwar sieht es gem. Abs. [0016] beispielhaft Kodiermittel vor, welche Zapfen oder Öffnungen (22, 35) sind. Auf diese Ausgestaltungen sind anspruchsgemäße Kodiermittel jedoch nicht beschränkt. Insbesondere haben Zapfen oder Öffnungen keinen Niederschlag im (insoweit weiter gefassten) Wortlaut des Anspruchs 1 gefunden. Ein physisches Einwirken von dem Kodiermittel auf den elektrischen Kontakt wird vom Verfügungspatent ebenfalls nicht zwingend gefordert, weder vom Wortlaut, noch von der Beschreibung oder den Figuren. Vielmehr dürfte es für die Auslegung der Kodiermittel mehr auf ihre Funktion als Informationsgeber ankommen, vgl. Abs. [0017], als auf ihre physische Beschaffenheit.
    Weiter bezieht sich der Wortlaut von Anspruch 1 zunächst alleine auf den Pulverbehälter und macht insoweit keine Vorgaben dazu, wie das Pulverstrahlgerät selbst ausgestaltet sein muss, was durch (Unter-)Anspruch 13 bestätigt wird, der ausdrücklich die Kombination von erfindungsgemäßem Pulverbehälter und Pulverstrahlgerät schützt.
    (2)
    Verfügungspatentgemäße Kodiermittel umfassen dabei auch Magnete, solange diese die Funktion der Informationsübertragung über die Art des Pulverbehälters unter Zusammenwirken mit einem elektrischen Kontakt eines Pulverstrahlgeräts erfüllen. Der Fachmann erkennt Magnetstreifen und damit eine magnetische Wirkung zur Übertragung einer Information an das Pulverstrahlgerät gemäß Abs. [0017], letzter Satz, als verfügungspatentgemäß. Dort heißt es:
    „Je nach verwendetem Pulverbehälter wird der Kupplungsbereich mittels der Kodiermittel mit Informationsgebern ausgestattet, um dem Pulverstrahlgerät das zur Verfügung stehende Pulver-Gas Gemisch anzuzeigen. In einem nicht-erfindungsgemäßen Ausführungsbeispiel kann man auf diese Kodiermittel aber auch verzichten und die entsprechende Information auf der Außenseite des Pulverbehälters schriftlich angeben, so dass der Benutzer diese Information dann an einem Bedienfeld des Pulverstrahlgeräts eingibt. Andere Informationsübertragungsmittel wie Chip-Karten, Magnetstreifen oder eine RAM-Auslesevorrichtung sind ebenfalls anwendbar.“
    (Unterstreichung erfolgten diesseits.)
    Aus der Formulierung „andere Informationsübertragungsmittel“ ist nicht zu schließen, dass die anschließend aufgeführten Mittel keine verfügungspatentgemäßen Kodiermittel sein sollen. Vielmehr lehrt das Verfügungspatent damit, dass es sich bei Chip-Karten, Magneten und RAM-Auslesevorrichtungen um andere Mittel als eine schriftliche Angabe an der Außenseite des Pulverbehälters handelt, mit welcher sich der davorstehende Satz als nicht-erfindungsgemäß befasst. Denn die schriftliche Angabe auf dem Behälter erfordert laut des Absatzes – anders als es das Verfügungspatent sich zur Aufgabe gemacht hat – eine benutzerunfreundliche Handhabung, indem der Benutzer nach Lesen der Angabe noch etwas händisch in das Benutzerfeld eingeben muss. Der Fachmann versteht hinsichtlich der aufgezählten Mittel (Chip-Karten, Magneten und RAM-Auslesevorrichtungen) hingegen, dass diese einen irgendwie gearteten Informationsfluss erzeugen, der eine händische Eingabe gerade nicht mehr erfordert. Demgemäß ist aus Abs. [0017] zu lesen, dass Magnetstreifen verfügungspatentgemäße Kodiermittel sein können. Es ist auch nicht ersichtlich, inwieweit ein Magnet nicht mit einem vom Verfügungspatent als mögliches Kodiermittel angesehenen Zapfen, wie etwa in Figur 2 oder 5 als „22“ dargestellt, kompatibel sein sollte.
    (3)
    Dabei versteht der Fachmann einen anspruchsgemäßen elektrischen Kontakt im Sinne von elektrischen Anschlüssen, die bei Kontakt einen Stromfluss bewirken oder auslösen können (vgl. S.18 oben BPatG-Urteil, Anlage BB12), d.h. jede Verbindung von leitenden Bauteilen, so dass ein Stromfluss hergestellt wird. Nicht erforderlich ist im Rahmen des Anspruchs 1, dass das Kodiermittel selbst einen physischen Kontakt zu den elektrischen Kontakten des Pulverstrahlgeräts aufbauen kann. Denn Abs. [0016] sieht etwa vor, dass Kodiermittel „beispielsweise an bestimmten Positionen des Kupplungsbereichs angeordnete Zapfen oder Öffnungen [sind], die in entsprechende Öffnungen bzw. Zapfen am Aufnahmebereich des Pulverstrahlgeräts eingreifen und/oder entsprechende elektrische Kontakte am Pulverstrahlgerät öffnen oder schließen, so dass ein Kontaktmuster im oder am Aufnahmebereich des Pulverstrahlgeräts entsteht, das die entsprechende Information über die Art des Pulverbehälters enthält.“ (Unterstreichung diesseits). Für ein ebenfalls verfügungspatentgemäßes („und/oder“) Öffnen oder Schließen eines elektrischen Kontakts, so dass ein Kontaktmuster entsteht, ist nicht vorgegeben, wie das Kodiermittel dieses Öffnen oder Schließen des elektrischen Kontakts erreicht.
    bb)
    Nach Maßgabe des vorstehenden Verständnisses verwirklicht die angegriffenen Ausführungsform Merkmal 1.4 wortsinngemäß.
    So verfügt diese am Boden des Pulverbehälters über einen Magneten. Am Boden des Pulverbehälters befinden sich auch der Gaseintritt sowie am seitlichen unteren Ende des Behälters der Gemischauslass, so dass der Magnet in einem Teil des Kupplungsbereichs des Pulverbehälters der angegriffenen Ausführungsform liegt. Dieser Magnet ist wiederum geeignet, mit einem elektrischen Kontakt an einem von Anspruch 1 nicht erfassten und damit beliebigen Pulverstrahlgerät derart zusammenzuwirken, dass über die Art des Pulverbehälters Informationen an das Pulverstrahlgerät transportiert werden. So liefert der Pulverbehälter der angegriffenen Ausführungsform anhand der Position des Magneten am Behälter Informationen – an ein beliebiges Pulverstrahlgerät – darüber, ob es sich um einen Pulverbehälter mit Pulver für die subgingivale oder supragingivale Behandlung mit den entsprechend vom Pulverstrahlgerät dafür vorgesehenen Parametern handelt. Befindet sich im Pulverstrahlgerät etwa ein Reed-Kontakt – was für Anspruch 1 aufgrund des bloßen Erfordernis des „Könnens“ aber nicht bereits verwirklicht sein muss – kommt es beim Kontakt mit dem Magneten zu einem Schalterschluss, so dass elektrischer Strom fließen kann. Damit kann ein Pulverstrahlgerät die Information erhalten, dass es sich um einen Pulverbehälter mit Magnet an einer bestimmten Stelle handelt, der die Information gibt, welcher Behandlungsmodus mit welchem Pulver-Gas-Gemisch sowie Druck mit diesem Behälter möglich ist, und diesen damit von anderen Behältern mit Magnet an anderer Stelle oder ohne Magnet unterscheiden.
  27. 4.
    Hingegen macht die angegriffene Ausführungsform keinen Gebrauch von Anspruch 13 des Verfügungspatents. Dass sie das Merkmal 13.4 verwirklicht, kann nicht festgestellt werden.
    a)
    Der Anspruch 13 ist gerichtet auf die Kombination aus einem Pulverstrahlgerät und einem austauschbaren Pulverbehälter. Es wird ein Zusammenwirken von Pulverstrahlgerät und Pulverbehälter beansprucht, nicht bloß eine abstrakte Eignung hierzu. Das Merkmal 13.4 erfasst demnach Vorrichtungen, bei denen das Pulverstrahlgerät tatsächlich über elektrische Kontakte verfügt, die mit einem Kodiermittel des Pulverbehälters nach Anspruch 1 derart in einem Wirkzusammenhang stehen, dass das Pulverstrahlgerät Informationen über die Art des Pulverbehälters erhält. Merkmal 13.4 beschreibt den Wirkzusammenhang zwischen den Kodiermitteln des Pulverbehälters nach Anspruch 1 und den elektrischen Kontakten des Pulverstrahlgeräts.
    aa)
    Im Gegensatz zu dem vom Wortlaut her weitgehend parallel ausgestalteten Merkmal 1.4 des Anspruchs 1, genügt es für die Verwirklichung von Merkmal 13.4 nicht, dass nur eine Eignung des Kodiermittels zum Zusammenwirken mit elektrischen Kontakten vorliegt. Vielmehr muss das Pulverstrahlgerät über solche elektrischen Kontakte verfügen. Dies versteht der Fachmann bereits aus dem insoweit eindeutigen Wortlaut von Anspruch 13. Denn anders als Anspruch 1 schützt der Anspruch 13 die Kombination von Pulverbehälter und Pulverstrahlgerät und befasst sich insgesamt mit der Ausgestaltung des Pulverstrahlgeräts. Dabei versteht der Fachmann unter einem verfügungspatentgemäßen elektrischen Kontakt eine Verbindung von stromleitenden Bauteilen, die dazu führt, dass es zu einem Stromdurchfluss kommt. Hierfür spricht bereits die Beschreibung des Verfügungspatents, etwa in Abs. [0016] oder Abs. [0054], die beispielsweise jeweils einen physischen Kontakt (durch Zapfen und Öffnungen) vorsehen, um elektrische Kontakte am Pulverstrahlgerät zu öffnen oder zu schließen, so dass ein Kontaktmuster entsteht. Auch das BPatG versteht „elektrische Kontakte“ gemäß Merkmal 13.4 im Sinne von elektrischen Anschlüssen, die bei Kontakt einen Stromfluss bewirken und auslösen können (S. 18 BPatG-Urteil, Anlage BB12). Hierunter fasst das BPatG beispielsweise mechanische elektrische Schalter. Das BPatG stellt zudem im Rahmen seiner Ausführungen zu der NK9 auf Seite 46 des Urteils vom 17.01.2024 ausdrücklich fest, dass es sich bei Hall-Sensoren nicht um elektrische Kontakte handelt. Dieser Auffassung schließt sich die Kammer nach eigener Würdigung und Auslegung des Verfügungspatents an.
    bb)
    Ausgehend hiervon verwirklicht die angegriffene Ausführungsform das Merkmal 13.4 nicht. Bei der angegriffenen Ausführungsform wird unstreitig ein Hall-Sensor verwendet. Hierbei liegt Strom auf gegenüberliegenden Elektroden. Sofern ein Magnetfeld hinzukommt, wird eine Spannung erzeugt. Hieraus folgt, dass gerade keine Verbindung zwischen den stromleitenden Bauteilen besteht, wobei erst bei Kontakt ein Stromfluss erzeugt wird, es sich also nicht um einen elektrischen Kontakt im Sinne des Verfügungspatents handelt. Es fehlt an einer wortsinngemäßen Verwirklichung des Merkmals 13.4.
    b)
    Erörterungen zu einer etwaigen äquivalenten Patentverletzung unter Verwendung eines Hall-Sensors als etwaiges Austauschmittel für einen elektrischen Kontakt, welche die Parteien schriftsätzlich noch diskutiert haben, bedarf es bereits mangels einer entsprechenden Antragstellung nicht.
  28. 5.
    Die Verfügungsklägerin hat im zuerkannten Umfang den Verfügungsanspruch auch glaubhaft gemacht, § 294 ZPO.
  29. III.
    Die Verfügungsklägerin hat auch einen Verfügungsgrund glaubhaft gemacht.
  30. Der Erlass einer einstweiligen Verfügung setzt gemäß §§ 935, 940 ZPO voraus, dass sie notwendig ist, um die Vereitelung oder wesentliche Erschwerung der Rechtsverwirklichung zu verhindern oder wesentliche Nachteile für den Antragsteller abzuwenden. Das Bestehen eines Verfügungsgrundes wird im Patentverletzungsprozess nicht vermutet; die besonderen Umstände, die eine Entscheidung im Verfahren der einstweiligen Verfügung rechtfertigen, sind deshalb im Einzelfall festzustellen, wobei der Antragsteller dafür nach allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Glaubhaftmachungslast trägt. Entscheidend für das Vorliegen eines Verfügungsgrundes ist, ob es dem Antragsteller nicht zugemutet werden kann, ein Hauptsacheverfahren durchzuführen und in diesem auf den Erlass eines Vollstreckungstitels zu warten. Dies ist zu bejahen, wenn der Rechtsbestand des Patents hinreichend gesichert ist, das Begehren dringlich ist und die Abwägung der (übrigen) schutzwürdigen Interessen der Parteien unter Berücksichtigung aller Umstände zugunsten des Antragstellers ausfällt (statt vieler: OLG Düsseldorf, Urt. v. 29.09.2022, GRUR-RS 2022, 45254 – Blutstillende Klemmenvorrichtungen).
  31. 1.
    Zunächst ist der Rechtsbestand des Verfügungspatents hinreichend gesichert.
  32. a)
    Dies ist regelmäßig erst dann der Fall, wenn das Verfügungspatent bereits ein kontradiktorisches erstinstanzliches Nichtigkeitsverfahren überstanden hat (Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 16. Aufl. 2024, Kap. G Rn.70 m.w.N.). Der Erlass einer einstweiligen Verfügung in Patentsachen kommt grundsätzlich nur in Betracht, wenn sowohl die Frage der Patentverletzung als auch der Bestand des Patents so eindeutig zu Gunsten des Antragstellers zu beantworten sind, dass eine fehlerhafte Entscheidung nicht zu erwarten ist. Aus der regelmäßigen Notwendigkeit einer positiven streitigen Rechtsbestandsentscheidung folgt umgekehrt, dass, sobald sie vorliegt, prinzipiell von einem ausreichend gesicherten Bestand des Verfügungspatents auszugehen ist. Das Verletzungsgericht hat zwar als diejenige Stelle, die die Unterlassungsverfügung erlässt, die rechtliche Pflicht, auch nach erstinstanzlichem Abschluss eines Rechtsbestandsverfahrens selbst ernsthaft die Erfolgsaussichten der dagegen gerichteten Angriffe zu prüfen, um sich in eigener Verantwortung ein Bild von der Schutzfähigkeit der Erfindung als Grundlage für die nachgesuchte Unterlassungsverurteilung zu machen. Diese Prüfung hat jedoch natürliche, strukturell bedingte Grenzen. Mit Rücksicht auf die gesetzliche Zuständigkeitsverteilung, die die Entscheidung über den Bestand erteilter Patente nun einmal den mit technischen Fachleuten ausgestatteten Rechtsbestandsinstanzen zuweist, und mit Rücksicht auf die Tatsache, dass nur diese fundierte einschlägige Kenntnisse und Erfahrungen auf dem jeweils betroffenen Technikgebiet besitzen, während den Verletzungsgerichten infolge ihrer rein juristischen Besetzung eine bloß laienhafte Beurteilung technischer Fragen möglich ist, hat ein Verletzungsgericht bei seiner Rechtsbestandsprüfung grundsätzlich die von der zuständigen Fachinstanz (DPMA, EPA, BPatG) nach technisch sachkundiger Prüfung getroffene Entscheidung über die Aufrechterhaltung des Verfügungspatents hinzunehmen und, sofern im Einzelfall keine besonderen Umstände vorliegen, die gebotenen Schlussfolgerungen zu ziehen, indem es zum Schutz des Patentinhabers die erforderlichen Unterlassungsanordnungen trifft (OLG Düsseldorf, Urt. v. 23.02.2023, GRUR 2023, 707 – Fumarsäureester; OLG Düsseldorf, Urt. v. 03.08.2023, GRUR 2024, 447 Rn. 34, 35 – RRMS-Therapie; Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 16. Aufl. 2024, Kap. G Rn. 110).
  33. Ein Grund, die Rechtsbestandsentscheidung in Zweifel zu ziehen und von einem Unterlassungsgebot abzusehen, besteht nur dann, wenn das Verletzungsgericht die Argumentation der Einspruchs- oder Nichtigkeitsinstanz für nicht vertretbar hält oder wenn der mit dem Rechtsbehelf gegen die Einspruchs- oder Nichtigkeitsentscheidung unternommene Angriff auf das Verfügungspatent auf (beispielsweise neue) erfolgversprechende Gesichtspunkte gestützt wird, die die bisher mit der Sache befassten Stellen noch nicht berücksichtigt und beschieden haben (OLG Düsseldorf, Urt. v. 6.12.2012 – I-2 U 46/12, GRUR-RR 2021, 249 (251 f.) – Cinacalcet II; OLG Düsseldorf, Urt. v. 03.08.2023, GRUR 2024, 447 Rn. 36 – RRMS-Therapie).
  34. b)
    Vorliegend existiert bereits eine erstinstanzliche Entscheidung einer zuständigen Fachinstanz im Nichtigkeitsverfahren. Das BPatG hat das Verfügungspatent mit Urteil vom 17.01.2024 (Az. 6 Ni 38/21; Anlage BB12) in der geltend gemachten Fassung aufrechterhalten. Ein Grund, die Entscheidung des BPatG in Zweifel zu ziehen, besteht nicht. Es ist auch unter Berücksichtigung des Vortrags der Verfügungsbeklagten nicht ersichtlich, dass das Urteil des BPatG auf unvertretbaren Annahmen oder Verletzungen patentrechtlicher Grundsätze beruht und deswegen die Berufung erfolgversprechend erscheint. Neue Entgegenhaltungen hat die Verfügungsbeklagte nicht vorgetragen.
  35. aa)
    Die Kammer vermag entgegen der Ansicht der Verfügungsbeklagten nicht festzustellen, dass die aufrechterhaltenen Ansprüche 1 und / oder 13 nicht neu gegenüber der NK6 bzw. NK6a wären.
    Insofern ist das BPatG nachvollziehbar zu dem Ergebnis gekommen, dass die Ansprüche 1 und 13 des Verfügungspatents bereits in der erteilten Fassung nicht neuheitsschädlich durch die NK6 vorweggenommen waren, da die NK6 eine Eignung eines Pulverbehälters zum Zusammenwirken mit elektrischen Kontakten im Aufnahmebereich eines Pulverstrahlgeräts nicht offenbare, weil die NK6 im Befestigungssockel des Pulverstrahlgeräts keine elektrischen Kontakte zeige, die mit einer Typensignalquelle 16 zusammenwirkten (S. 28 des BPatG-Urteils, Anlage BB12). Auch die Kammer kann nicht erkennen, dass die NK6 gegenüber der erteilten oder gleichermaßen gegenüber der aufrechterhaltenen Fassung des Verfügungspatents anspruchsgemäße Kodiermittel offenbart. Es ist schon nicht eindeutig erkennbar, dass eine Weitergabe der Information über die Art des Pulverbehälters über das am Befestigungssockel (B) der NK6 befindliche Leseteil oder Typeninformationsleseteil (2, 46) im Wege eines Zusammenwirkens mit elektrischen Kontakten erfolgen kann. Vielmehr heißt es auf Seite 8 der NK6a, dass als Typensignalquelle etwa ein Strichcode oder dergleichen verwendet wird, der ausweislich Seite 9 der NK6a durch das Typeninformationsleseteil erfasst wird. Dies geschieht ausweislich Seite 15 der NK6a über ein Auslesen eines Strichcodes.
    Weiterhin nimmt das BPatG in für die Kammer nachvollziehbarer Weise an, dass der NK6 im Vergleich zu dem neu gefassten Merkmal 1.0 des aufrechterhaltenen Anspruchs 1 nicht zu entnehmen ist, dass der Behälter und das Gerät der NK6 geeignet sind, mit unterschiedlichen Pulversorten, Pulver-Gas-Gemisch-Zusammensetzungen und unterschiedlichen Drücken verwendet zu werden (S. 34 f. BPatG-Urteil, Anlage BB12). Hierbei ist schon nicht erkennbar, dass sich die genannte Typenidentifikation gemäß der NK6 überhaupt auf die Art oder die Eigenschaften des Pulverbehälters bezieht.
    bb)
    Die Kammer vermag auch nicht zu erkennen, dass die Entscheidung des BPatG, die aufrechterhaltenen Ansprüche als erfinderisch gegenüber einer Kombination der NK6 mit der NK10 oder der NK6 mit der NK11 zu bewerten, auf unrichtigen Annahmen oder einer nicht mehr vertretbaren Argumentation beruht.
    Jedenfalls das zusätzliche Merkmal „zur abrasiven Reinigung von Zähnen und Zahnfleischtasche unter Verwendung von unterschiedlichen Pulversorten, Pulver-Gas-Gemisch-Zusammensetzungen und unterschiedlichen Drücken“ wird weder in der NK6, noch in der NK10 eindeutig offenbart. Die NK6 betrifft eine Zahnbehandlungsvorrichtung, bei der unterschiedliche Behandlungsinstrumenteneinheiten ausgetauscht werden können, darunter etwa ein Pulverstrahlgerät mit (nur) einem Typ von Pulverbehälter. Unterschiedliche Druck- und Behandlungsmodi, etwa zur subgingivalen und zur supragingivalen Behandlung, offenbart die NK6 nicht. Die NK10 betrifft hingegen ein Mischgerät insbesondere zum Anmischen dentaler Abformmassen aus zwei Komponenten, wenngleich die NK10 im Vergleich zur NK6 anspruchsgemäße Kodiermittel nahelegt (vgl. S. 29 BPatG-Urteil, Anlage BB12). Das BPatG führt insoweit und für die Kammer nachvollziehbar aus, „dass der Fachmann, der die Lehre der NK6/NK6A um mögliches Wissen zu verschiedenen Pulvern mit verschiedenen Korngrößen und unterschiedlicher Zusammensetzung sowie unterschiedlichen Anwendungsgebieten wie beispielsweise der Reinigung empfindlicher Zahnfleischtaschen ergänzt, die erforderlichen technischen Steuerungsinformationen und ihre Umsetzung nicht unabhängig von der Ausgestaltung der spezifischen Kupplung der NK6/NK6A zu entwickeln vermag. Weil der Fachmann die konkrete Ausgestaltung von Ansteuerung, Kupplung und Kodierung zusammen sowie in Abhängigkeit voreinander bedenken muss, stellt die Kombination von Lehren der NK6/NK6a und der NK10 […] keine bloße Merkmalsaggregation dar, die den Fachmann in naheliegender Weise zur Lehre der Patentansprüche 13 und 1 in der Fassung des Hilfsantrags 1“, d.h. zu dem geltend gemachten aufrechterhaltenen Anspruch, führt (S. 39 f. BPatG-Urteil, Anlage BB12).
    Ähnliches gilt hinsichtlich der Kombination der NK6 mit der NK11. Weder die NK6, noch die NK11 offenbaren nach der nachvollziehbaren und widerspruchsfreien Begründung des BPatG anspruchsgemäße Kodiermittel im Sinne von Merkmal 1.4 (vgl. S. 28 und 39 BPatG-Urteil, Anlage BB12).
  36. 2.
    Auch gegen die Dringlichkeit in zeitlicher Hinsicht bestehen keine Bedenken. Es war insbesondere nicht dringlichkeitsschädlich, dass die Verfügungsklägerin die erstinstanzliche Entscheidung im Rechtsbestandsverfahren abgewartet hat. Zwar hat sie selbst nicht vorgetragen, seit wann sie Kenntnis von der Schutzrechtsverletzung durch die Verfügungsbeklagte hat, während die Verfügungsbeklagte plausibel dargetan hat, die angegriffene Ausführungsform seit dem Jahr 2015 zu vertreiben. Jedoch lässt der Erlass der erstinstanzlichen Rechtsbestandsentscheidung des BPatG vom 17.01.2024 die Dringlichkeit wiederaufleben, so dass unerheblich ist, ob die Verfügungsklägerin bereits Kenntnis vom Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform durch die Verfügungsbeklagte hatte.
    a)
    Aus der maßgeblichen ex ante Sicht konnte die Verfügungsklägerin nicht davon ausgehen, den Rechtsbestand des Verfügungspatents auf andere Weise als durch Vorlage einer erstinstanzlichen Rechtsbestandsentscheidung glaubhaft machen zu können. Sie durfte nach der bisherigen Rechtsprechung der Düsseldorfer Gerichte, auf die sie jedenfalls bis zum Erlass der Vorabentscheidung des EuGH vom 28.04.2022 (C-44/21) uneingeschränkt vertrauen durfte, davon ausgehen, in der Regel eine positive erstinstanzliche Entscheidung über den Rechtsbestand des Verfügungspatents zu benötigen, um ihre Ansprüche mit Erfolg im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzen zu können. Zwar war es schon nach der bisherigen Rechtsprechung der Düsseldorfer Gerichte in einstweiligen Verfügungsverfahren in Sonderfällen grundsätzlich möglich, das Verletzungsgericht auch ohne das Vorliegen einer (erstinstanzlichen) streitigen Rechtsbestandsentscheidung von dem Rechtsbestand des Verfügungsschutzrechts zu überzeugen (vgl. zu den Sonderfällen: Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 16. Aufl. 2024, Kap. G Rn.74), die Verfügungsklägerin konnte aber vorliegend nicht mit der für die Einleitung eines einstweiligen Verfügungsverfahrens notwendigen Sicherheit davon ausgehen, dass das Verletzungsgericht einen Sonderfall bejahen würde (vgl. OLG Düsseldorf Urt. v. 29.9.2022 – 15 U 58/22, GRUR-RS 2022, 45254 Rn. 103 ff. – Blutstillende Klemmenvorrichtung).
  37. Dies gilt umso mehr, als das BPatG das Verfügungspatent in seiner ursprünglich erteilten Fassung nunmehr tatsächlich nicht für erfinderisch gegenüber einer Kombination von Druckschriften aus dem Stand der Technik gehalten und das Verfügungspatent nur in beschränktem Umfang aufrechterhalten hat. Fehlende Dringlichkeit kann einem Antragsteller erst recht nicht vorgeworfen werden, wenn das Verfügungspatent im Nichtigkeitsverfahren tatsächlich eingeschränkt wurde (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 29.06.2017, Az. I-15 U 4/17). Im Hinblick auf die hierdurch noch bestätigte, zuvor bestandene Ungewissheit des Verfahrensausgangs vor dem BPatG war es sachgerecht und vernünftig, den Verletzungsangriff gegen die Verfügungsbeklagte zurückzustellen, bis der Rechtsbestand des Schutzrechts so weit geklärt war, dass ein Erfolg des Verfügungsbegehrens sicher absehbar war.
  38. b)
    Nach Verkündung der (beschränkt) aufrechterhaltenden Entscheidung durch das BPatG hat die Verfügungsklägerin keine ungebührliche Zeit zugewartet. Sie hat unstreitig drei Wochen nach der mündlichen Verhandlung des BPatG und der Verkündung des Urteilstenors vom 17.01.2024 sowie sogar noch vor Veröffentlichung der Urteilsgründe die Verfügungsbeklagte am 07.02.2024 abgemahnt. Als die gesetzte, angemessene Frist zur Abgabe einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung am 16.02.2024 fruchtlos abgelaufen war, hat sie ohne weitere Verzögerung unter dem 19.02.2024 den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt.
    c)
    Auch der Umstand, dass die Verfügungsklägerin im Jahr 2021 gegen die H GmbH ein Hauptsacheverfahren eingeleitet hat, lässt die Dringlichkeit eines Vorgehens gegen die Verfügungsbeklagte nicht entfallen. Ein Schutzrechtsinhaber ist nicht verpflichtet, alle Verstöße verschiedener Verletzer gegen das Schutzrecht gleich zu bewerten oder zeitgleich zu verfolgen. Es stand der Verfügungsklägerin frei, gegen den einen Verletzer im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens, ohne eine vorherige Entscheidung über den Rechtsbestand, vorzugehen und gegen einen anderen Verletzer den Ausgang eines erstinstanzlichen Verfahrens vor dem BPatG zur Sicherung des Rechtsbestands abzuwarten. Rechtsmissbräuchliches oder ungebührlich zuwartendes Verhalten vermag die Kammer hierin nicht zu erkennen.
    d)
    Dies wird auch durch die von der Verfügungsbeklagten angeführte Entscheidung des EuGH vom 28.04.2022 (C-44/21) nicht in Frage gestellt (vgl. hierzu auch Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 16. Aufl. 2024, Kap. G Rn.99). Der Urteilsspruch des EuGH lautet dahin, dass Art. 9 Abs. 1 der Enforcement-Richtlinie einer nationalen Rechtsprechung entgegensteht, wonach der Erlass einstweiliger Verfügungen wegen der Verletzung von Patenten grundsätzlich verweigert wird, wenn das in Rede stehende Patent nicht zumindest ein erstinstanzliches Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren überstanden hat. Diese Rechtsprechung des EuGH führt gleichwohl nicht dazu, dass die Verfügungsklägerin im vorliegenden Fall hätte unmittelbar im Anschluss an die Veröffentlichung dieser Entscheidung im Jahr 2022 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Verfügungsbeklagte stellen müssen. Denn jedenfalls war das Verfügungspatent im Jahr 2022 bereits durch die H GmbH mit einer Nichtigkeitsklage vor dem BPatG angegriffen, im Rahmen derer die dortige Nichtigkeitsklägerin eine Vielzahl von Druckschriften behaupteten entgegenstehenden Stands der Technik anbrachte. Die Verfügungsklägerin musste unter diesen Umständen nicht davon ausgehen, dass sie in der Lage gewesen wäre, ein Verletzungsgericht von einem hinreichend gesicherten Rechtsbestand zu überzeugen.
  39. 3.
    Auch eine darüber hinausgehende allgemeine lnteressenabwägung vermochte das Absehen von dem Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht zu rechtfertigen. Der Erlass einer einstweiligen Verfügung erscheint auch im Übrigen angemessen und erforderlich.
  40. IV.
    Da die Verfügungsbeklagte die angegriffene Ausführungsform in Deutschland anbietet und vertreibt, ergeben sich die zuerkannten Rechtsfolgen.
    Der Unterlassungsanspruch beruht auf Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 1 PatG, da die Benutzung des Erfindungsgegenstandes im Inland ohne Berechtigung erfolgt. Die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Begehungsgefahr folgt hier in Form der Wiederholungsgefahr aus der bereits eingetretenen Verletzung des Verfügungspatents.
  41. V.
    Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.
  42. Im Rahmen des der Kammer durch § 938 Abs. 1 ZPO eröffneten Ermessens wird die Vollziehung der einstweiligen Verfügung von der Leistung einer Sicherheit seitens der Verfügungsklägerin abhängig gemacht. Eine solche Anordnung erscheint geboten, da ein Hauptsacheurteil nur gegen Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärt würde und die Verfügungsklägerin in einem einstweiligen Verfügungsverfahren demgegenüber nicht besser gestellt werden soll. Bei der Höhe der Sicherheitsleistung war der von der Kammer festgesetzte Streitwert, der der Streitwertangabe der Verfügungsklägerin entspricht, maßgeblich.
  43. Eines Ausspruchs der vorläufigen Vollstreckbarkeit bedarf es nicht. Soweit die einstweilige Verfügung erlassen wird, ergibt sich die vorläufige Vollstreckbarkeit aus der Natur der Sache. Soweit der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückgewiesen wird, bedarf es eines Ausspruchs über die vorläufige Vollstreckbarkeit gem. § 708 Nr. 6 ZPO nicht, da aufgrund der Kostenaufhebung der Verfügungsbeklagten kein Anspruch auf Erstattung von Kosten entsteht.
  44. VI.
    Der Streitwert wird auf EUR 250.000,00 festgesetzt.

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