Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3380
Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 11. Juli 2024, Az. 4a O 64/22
- I. Es wird festgestellt,
- 1. dass die Klägerin und die Beklagte jeweils Mitinhaber in Form einer Bruchteilsgemeinschaft mit einer Beteiligung von 95 % Klägerin und 5 % Beklagte im Hinblick auf die nachfolgenden Schutzrechte sind:
- 2. dass im Hinblick auf die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters vor den jeweiligen Patentämtern Herr Patentanwalt Dr. B mit einer Stimmenmehrheit von 95 % zu 5 % gemäß § 745 BGB zum gemeinsamen Vertreter der Parteien hinsichtlich der gemeinsam gehaltenen Schutzrechte ernannt worden ist;
- 3. dass der Klägerin an den Patenten gemäß der in Ziffer I.1. eingeblendeten Tabelle 95 % der Früchte und Gebrauchsvorteile nach Maßgabe der §§ 743 ff. BGB ab dem 10.10.2020 zustehen.
- II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
- III. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin und die Beklagte jeweils zu 50 %.
- IV. Das Urteil ist wegen der Kosten für beide Parteien gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
- Tatbestand
- Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Feststellung verschiedener Pflichten und Rechtsverhältnisse in Anspruch, die jeweils darauf beruhen, dass eine Mitinhaberschaft in Form einer Bruchteilsgemeinschaft im Verhältnis von 95 % zu 5 % zugunsten der Klägerin an einer Vielzahl nationaler Patente einer Patentfamilie im Zusammenhang mit Brandschutz für Kerzen bestehen soll. Die Klägerin nimmt die Beklagte darüber hinaus auf Auskunft und Zahlung vorgerichtlicher Kosten in Anspruch.
- Die Parteien sind Wettbewerberinnen. Beide stellen her und vertreiben Kerzen auf dem deutschen Markt. Der an diesem Verfahren nicht als Partei beteiligte Herr C entwickelte – jedenfalls als Miterfinder – eine durch die hier streitgegenständlichen Patente geschützte Kerze mit einem bestimmten Brennschutz. Die in Anlage K1 aufgelisteten Patente und Gebrauchsmuster beruhen jedenfalls auf einer Miterfindung von Herrn C. Die Beklagte und Herr C waren geschäftlich miteinander verbunden bis sich etwa ab dem Jahr 2006 Schwierigkeiten zwischen der Beklagten und ihm einstellten.
- Am 02.02.2006 wurden die Patentanmeldung DE 10 2006 005 XXA (nachfolgend: DE‘XXA) und die Gebrauchsmusteranmeldung DE 20 2006 001 XXB.9 (nachfolgend: DE‘XXB) beim Deutschen Patent- und Markenamt (nachfolgend: DPMA) eingereicht. Beide betrafen die vorgenannte Erfindung hinsichtlich einer Kerze mit Brennschutz. Am 15.02.2006 wurde Herr C als alleiniger Erfinder der DE‘XXA gegenüber dem DPMA benannt. Die DE‘XXA und die DE‘XXB wurden später zurückgenommen und nie offengelegt. Am 17.02.2006 wurden nach einer Überarbeitung der Anmeldungen der DE‘XXA und DE‘XXB die Patentanmeldung DE 10 2006 007 XXC (nachfolgend: DE‘XXC) sowie die Gebrauchsmusteranmeldung DE 20 2006 002 XXD.7 (nachfolgend: DE‘XXD) – jeweils als Nachanmeldungen unter Inanspruchnahme der Prioritäten der DE‘XXA und DE‘XXB – beim DPMA eingereicht. Für alle vorgenannten Schutzrechtsanmeldungen wurde die Beklagte als Inhaberin angegeben.
- Unter dem 10.04.2006 schloss Herr C mit der Beklagten eine als „Erfindungsübertragungsvertrag“ bezeichnete Vereinbarung (Anlage K2), mit der er die jeweils in der DE‘XXA, der DE‘XXC, der DE‘XXB und der DE‘XXD enthaltene Erfindung an die Beklagte veräußerte. Aufgrund eines durch Herrn C erklärten Rücktritts vom 14.02.2015 wurde der Erfindungsübertragungsvertrag (Anlage K2) beendet, wie die Kammer mit Urteil vom 31.03.2016 unter dem Az. 4a O 38/14 (Urteil als Anlage K3) – bestätigt durch das OLG Düsseldorf mit Urteil vom 08.06.2017 zum Az. I-15 U 48/16 – rechtskräftig feststellte.
- Am 27.06.2006 wurden gegenüber dem DPMA die Herren C und D, wobei Herr D Vorstandsmitglied der Beklagten war, als Erfinder der Patentanmeldung DE‘XXC benannt (Anlage TGH3). Die DE‘XXC gilt seit dem 11.03.2015 als zurückgenommen. Die DE‘XXD ist inzwischen durch Zeitablauf erloschen.
- Auf Basis der Anmeldung DE‘XXC reichte die Beklagte am 02.02.2007 eine PCT-Anmeldung mit der Veröffentlichungsnummer WO 2007/088XXE A1 ein (Anlage TGH5). Mit der PCT-Anmeldung wurde u.a. das Europäisches Patent EP 1943 XXF B1 (nachfolgend: EP‘XXF) beansprucht, dessen Erteilung am 22.01.2014 veröffentlicht wurde (Anlage TGH7). Als Erfinder des EP‘XXF sind die Herren C und D benannt. Es wurden hierauf basierend auch Patente für andere Vertragsstaaten des EPÜ sowie für Staaten außerhalb des Geltungsbereichs des EPÜ erteilt. Insbesondere gehen auf die PCT-Anmeldung die alle zu einer Patentfamilie gehörenden nationalen Teile des EP‘XXF, u.a. die DE 50 2007 012 XXG.6 sowie die nationalen außereuropäischen Patente, welche im Tenor zu Ziff. I.1. gelistet sind, zurück.
- Herr C führte bereits mehrere gerichtliche Verfahren gegen die Beklagte. U.a. nahm Herr C die Beklagte und die Erbin des zwischenzeitlich verstorbenen Herrn D auf Zustimmung zur Löschung der Erfinderbenennung des Herrn D und auf Übertragung, jeweils hinsichtlich der hier streitgegenständlichen Patentrechte, in Anspruch. Es wird insoweit auf das als Anlage K4 vorgelegte Urteil des OLG Düsseldorf vom 22.06.2020 zum Az. I-15 U 6/19 (Vorinstanz: LG Düsseldorf, 4a O 42/15) verwiesen. Das OLG Düsseldorf verurteilte mit Urteil vom 22.06.2020 die hiesige Beklagte, welche dort die Beklagte zu 2) war, wie folgt:
-
„I.1.
Die Beklagte zu 2) wird verurteilt,
alle nach dem jeweilig geltenden Recht erforderlichen Erklärungen abzugeben, die für die Übertragung einer Mitberechtigung an den Patenten bzw. Patentanmeldungen basierend auf EP 1943XXF für die Länder Deutschland, die Niederlande, Österreich, Finnland, Frankreich, Dänemark, Tschechische Republik, Schweiz, Türkei, Schweden, Rumänien, Portugal, Griechenland, Italien, Ungarn, Polen, Großbritannien, Spanien, Russische Föderation, Vereinigte Staaten von Amerika, China und der Teilpatentanmeldung Nr. 013200XXH für Australien von der Beklagten zu 2) auf den Kläger abzugeben sind,
wobei gleichzeitig nach dem jeweiligen geltenden Recht zu veranlassen ist, dass zugunsten des Landes Nordrhein-Westfalen, vertreten durch das Finanzamt Düsseldorf-Süd, an den jeweiligen Patenten und Patentanmeldungen ein Pfändungspfandvermerk in den jeweiligen Registern eingetragen wird,
Zug um Zug gegen Zahlung von € 112.570,36 an die Beklagte zu 2). - […]
-
I.3.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 2) verpflichtet ist, dem Kläger für die Benutzungshandlungen gemäß Ziffer I.2 ab dem 15. Februar 2015 einen Ausgleich unter Berücksichtigung seines Miterfinderanteils in Höhe von 95% zu zahlen.“ - Am 12.01.2021 zahlte Herr C den in Ziff. I.1. des Urteils des OLG Düsseldorf vom 22.06.2020 festgesetzten Verwendungsersatz in Höhe von 112.570,35 Euro an die Beklagte. Die Beklagte erklärte mit Schreiben vom 08.03.2021 vorsorglich ihre Zustimmung zur Übertragung einer Mitberechtigung an den streitgegenständlichen Patenten der Patentfamilie mit Wirkung zum 12.01.2021 gegenüber der Klägerin (Anlage RKIP3).
- Zwischen der Klägerin und Herrn C besteht – insoweit zwischen den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits unstreitig – die als Anlage K15 vorgelegte, als „Patentteil-Übertragungsvertrag“ bezeichnete Vereinbarung vom 09.10.2020, welche die Anteile des Herrn C an den in Anlage K1 genannten (und damit umfassend die im Klageantrag zu Ziff. I.1. gelisteten) Patentrechten betrifft (vgl. § 1, § 3 der Anlage K15). Der § 3 dieser Vereinbarung lautet auszugsweise:
- […]
- Nachdem Herr C die Beklagte über die Übertragung informiert hatte, gab es diversen Schriftverkehr zwischen den Prozessbevollmächtigten der hiesigen Parteien (Anlagenkonvolut K5, Anlagen TGH24, TGH25, TGH26). In einem Schreiben vom 05.02.2021 lud die Klägerin die Beklagte u.a. zu einer Versammlung der Patentinhaber für den 22.02.2021 in den Besprechungsräumen der Klägerin ein. An dieser Sitzung nahm die Beklagte nicht teil. Die Beklagte widersprach mit Schreiben vom 12.02.2021 (Anlage TGH25) der Durchführung einer Mitinhaberversammlung und teilte mit, dass eine Abstimmung durch anwaltlichen Schriftverkehr erfolgen sollte. Die Beklagte teilte außerdem mit Schreiben vom 12.02.2021 mit, dass Herr C bzw. nunmehr die Klägerin nur Inhaberin einer einfachen Mitberechtigung an den Patenten zu gleichen Teilen im Verhältnis zu der Beklagten geworden sei, so dass Fragen der Verwaltung und Regelungen einvernehmlich zu treffen seien. Die Klägerin führte die Versammlung am 22.02.2021 gleichwohl durch. Ausweislich des als Anlage K7 vorgelegten Protokolls der Versammlung vom 22.02.2021 wurde gemäß der dortigen Ziff. 1 als gemeinsamer Vertreter Herr Dr. B bestimmt. In der Folgezeit erklärte die Beklagte zwar ihre Zustimmung zur Eintragung der Mitinhaberschaft der Klägerin an diversen Patenten; einer Eintragung von Herrn Dr. B als gemeinsamer Vertreter stimmte sie jedoch nicht zu.
- Mit Schreiben vom 03.05.2022 (Anlage K9) lud die Klägerin die Beklagte u.a. zur Teilnahme an einer weiteren Mitinhaberversammlung am 18.05.2022 zur Besprechung verschiedener Punkte ein. Mit Antwortschreiben vom 13.05.2022 lehnte die Beklagte eine Teilnahme an der Versammlung ab (Anlage K10) und nahm Stellung zu verschiedenen streitigen Punkten. Die Klägerin führte gleichwohl am 18.05.2022 eine Versammlung durch und übersandte erneut das Protokoll mit Schreiben vom 23.06.2022 an die Beklagte (Anlage K11). Ausweislich des Protokolls gem. Anlage K11 wurde u.a. beschlossen, dass der Klägerin 95 % von Früchten, Gebrauchsvorteilen und sonstigen Rechten gem. §§ 743 ff. BGB zustehen sollen (vgl. TOP 5 der Anlage K11). Mit Schreiben vom 01.07.2022 (Anlage K12) lehnte die Beklagte die Beschlussfassungen gem. Anlage K11 ab und stellte in Abrede, dass am 18.05.2022 eine wirksame Mitinhaberversammlung stattgefunden habe.
- Hinsichtlich des österreichischen Teils des EP‘XXF ist eine Anteilsverteilung von 95 % zu 5 % bereits – nach unbestrittenem Vortrag – bestandskräftig in der österreichischen Patentrolle eingetragen, wobei die Beklagte erfolglos versuchte, dies zugunsten einer Eintragung ohne Anteilsbestimmung zu ändern.
- Die Beklagte nutzte die streitgegenständliche patentierte Lehre nur in Deutschland.
- Die Klägerin meint, das OLG Düsseldorf habe in seinem Urteil vom 22.06.2020 (Anlage K4) den Anteil des Herrn C an der Erfindung, welcher nun der Klägerin zustehe, und damit an sämtlichen hierauf ergangenen Schutzrechten bereits abschließend mit 95 % bewertet. Der Senat habe die Miterfinderanteile sowie die Mitberechtigung aufgrund eines Feststellungsantrags des Herrn C entsprechend rechtskräftig festgesetzt. Das OLG Düsseldorf habe mit diesem Urteil weiter festgestellt, dass die Beklagte Herrn C für ihre Benutzungshandlungen, die dort im Einzelnen bezeichnet seien, ab dem 15.02.2015 einen Ausgleich unter Berücksichtigung seines Miterfinderanteils in Höhe von 95 % zu zahlen habe. Der Anteil der schöpferischen Beiträge liege danach mindestens zu 95 % bei Herrn C. Damit seien auch die Miterfinderanteile entsprechend zu gewichten. Andere Anhaltspunkte habe die Beklagte nicht vorgetragen, auch nicht in der Vergangenheit.
- Die Beklagte gehe fehl, wenn sie – wie insbesondere mit Schreiben vom 12.02.2021 – einen Miterfinderanteil des Herrn C in Höhe von 95 % in Abrede stelle und nur eine einfache Mitinhaberschaft zu gleichen Teilen behaupte. Eine Feststellung der Bruchteile sei für eine ordnungsgemäße gemeinschaftliche Verwaltung und Benutzung nach Maßgabe der §§ 744, 745 ff. BGB erforderlich. Das erforderliche Feststellungsinteresse bestehe, da jedwede Handlungen zur Verwaltung und Benutzung durch Beschluss und jeder zu fassende Beschluss selbst davon abhingen, wie die Anteile in der Bruchteilsgemeinschaft verteilt seien. Ebenso bestehe eine durch einen Feststellungsantrag zu klärende Unsicherheit darin, dass die momentane Vertreterposition im Hinblick auf die geltend gemachten Schutzrechte nicht abschließend geklärt sei.
- Ohne eine weitere vertragliche Regelung bildeten Mitinhaber eines Patentes stets eine Bruchteilsgemeinschaft, was sich auch aus § 6 Satz 2 PatG ergebe.
- Da die gesamte Patentfamilie auf dem deutschen und europäischen Patentrecht basiere, sei insoweit auch deutsches Recht anwendbar. Das Schutzlandprinzip finde keine Anwendung. Im hiesigen Verfahren gehe es nicht um den Umfang oder eine Aufteilung einer Inhaberschaft an ausländischen Patenten, sondern um den Verteilungsschlüssel der ursprünglichen Patentfamilie im Innenverhältnis, wobei sich der Erfinderanteil und der Anteil an der Bruchteilsgemeinschaft in der Patentfamilie zwingend gleich verteilen müssten, da diese insgesamt auf dem EP‘XXF basiere. Soweit ein Schutzrecht auf einem anderen Schutzrecht basiere, könnten sich die Anteile an der Bruchteilsgemeinschaft nicht anders darstellen.
- Der Klägerin stehe zudem ein Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 1.548,15 Euro aus einem Gegenstandswert von 220.000,00 Euro gem. §§ 280 Abs. 1, 2, 286 Abs. 1, 2 Nr. 3 BGB zu.
- Ursprünglich hat die Klägerin neben den in der mündlichen Verhandlung gestellten Anträgen – ursprünglich unter Ziffer I.4. – beantragt, die Beklagte zu verpflichten, sämtliche Erklärungen abzugeben und Dokumente zu unterzeichnen, die erforderlich sind, um im Hinblick auf die streitgegenständlichen in Ziff. I.1. gelisteten Schutzrechte dafür zu sorgen, dass die Klägerin mit einem Mitinhaberanteil von 95 % in die Patentregister eingetragen wird.
- Der Klägerin beantragt nach geringfügigen weiteren Änderungen der angekündigten Klageanträge, die sich aus dem Protokoll ergeben, nunmehr,
- I. festzustellen,
- 1. dass die Klägerin und die Beklagte jeweils Mitinhaber in Form einer Bruchteilsgemeinschaft mit einer Beteiligung von 95 % Klägerin und 5 % Beklagte im Hinblick auf die nachfolgenden Schutzrechte sind:
- 2. dass im Hinblick auf die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters vor den jeweiligen Patentämtern Herr Patentanwalt B mit einer Stimmenmehrheit von 95 % zu 5 % gemäß § 745 BGB zum gemeinsamen Vertreter der Parteien hinsichtlich der gemeinsam gehaltenen Schutzrechte ernannt worden ist;
- 3. dass der Klägerin an den Patenten gemäß der in Ziffer I.1. eingeblendeten Tabelle 95 % der Früchte und Gebrauchsvorteile nach Maßgabe der §§ 743 ff. BGB ab dem 10.10.2020 zustehen;
- 4. dass die Beklagte verpflichtet ist, an die KIägerin im Hinblick auf die Patente gemäß der in Ziffer I.1. eingeblendeten Tabelle ab dem 18.05.2022 EUR 0,02 pro verkaufter Kerze, die unter die vorstehende Lehre dieser Schutzrechte fällt, zu zahlen;
- II. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen über sämtliche Kerzen, die ab dem 18.05.2022 an Dritte veräußert wurden und die unter die Lehre der Patente nach Maßgabe des Antrages zu Ziffer I. 1. fallen;
- III. die Beklagte zu verurteilen, gegenüber nationalen und internationalen Patent- und Markenämtern sämtliche Handlungen vorzunehmen und sämtliche Erklärungen abzugeben, die erforderlich sind, eine Aufteilung und/oder Eintragung hinsichtlich der Anteilsinhaberschaft an den Patenten gemäß der in Ziffer I.1. eingeblendeten Tabelle von 95 % zu 5 % zugunsten der Klägerin herbeizuführen;
- IV. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 1.548,15 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
- Die Beklagte beantragt,
- die Klage abzuweisen.
- Die Beklagte erhebt zunächst die Einrede der Verjährung in Bezug auf alle denkbaren Ansprüche der Klägerin. Insbesondere sei ein etwaiger Anspruch auf (Teil-)Vindikation verjährt.
- Die Beklagte meint zudem, beide Parteien seien Mitinhaber einer nur einfachen Mitberechtigung an den Patenten der Patentfamilie EP‘XXF.
- Die Klägerin sei nicht Mitinhaberin in Form einer „Bruchteilsgemeinschaft“ an den Schutzrechten der Patentfamilie basierend auf dem EP‘XXF gem. Anlage K1. Eine solche Bruchteilsgemeinschaft nach deutschem Recht sei nicht existent. Es werde verkannt, dass streitgegenständlich nicht ein Patent, sondern 21 Patente einer Patentfamilie seien. Für die Frage des Umfangs bzw. einer Aufteilung einer Inhaberschaft an einem Patent zwischen Miterfindern und die daraus resultierende innere Verfasstheit eines etwaigen Rechtsgebildes sei aufgrund des Auslandsbezugs an die Regeln des internationalen Privatrechts anzuknüpfen. Die Frage sei nach dem jeweiligen materiellen Recht des territorialen Schutzgebiets gem. Art. 64 EPÜ bzw. Art. 8 Abs. 1 ROM II VO zu beurteilen. Hinsichtlich des deutschen Teils des EP‘XXF (DE 50 2007 012XXG.6) bestehe eine Bruchteilsgemeinschaft nach deutschem Recht (§§ 741 ff. BGB), wonach eine Berechtigung zu gleichen Teilen bestehe, wenn die Parteien keine Bestimmung der Anteilsgrößen vornehmen. Die Klägerin sei daher lediglich Inhaberin einer einfachen, der Größe nach unbestimmten Mitberechtigung geworden, welche sie mit Zahlung des Verwendungsersatzes (112.570,35 Euro) erlangt habe.
- Durch das Urteil des OLG Düsseldorf vom 22.06.2020 (Az. I-15 U 6/19) sei es nicht zu einer Bestimmung einer Bruchteilsgröße oder einer Spezifizierung bzw. Quantifizierung der Mitberechtigung der Klägerin gekommen. Die Übertragung eines bestimmten Anteilsumfangs an den betroffenen Patenten der Patentfamilie EP‘XXF oder die Feststellung der Bestimmung einer bestimmten Größe eines ideellen Patentanteils an der deutschen Eintragung DE 50 2007 012XXG.6 sei nicht Gegenstand des OLG-Verfahrens zum Az. I-15 U 6/19 gewesen. Soweit das OLG Düsseldorf tenoriert habe, dass ein Ausgleich unter Berücksichtigung eines klägerischen „Miterfinderanteils in Höhe von 95 %“ zu zahlen sei, sei darin keine Bestimmung des ideellen Bruchteils gem. § 741 BGB enthalten, sondern nur ein Korrekturfaktor eines schuldrechtlichen Anspruchs auf Wertersatz.
- Aus einer Verteilung der schöpferischen Anteile (Miterfindungsanteile) ergebe sich nicht gleichzeitig eine Aufteilung der Mitberechtigungsanteile.
- Mit dem Klageantrag zu Ziff. I.1. begehre die Klägerin eine Teilvindikation. Eine solche müsse der Anspruchsteller jedoch innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Jahren nach dem Tag der Veröffentlichung der Erteilung des Europäischen Patents gerichtlich geltend machen. Die Ausschlussfrist sei hier bereits am 22.01.2016 abgelaufen, ohne dass die Klägerin oder Herr C einen Anspruch auf Teilvindikation bzw. Bestimmung des Umfangs der Mitberechtigung innerhalb der Ausschlussfrist geltend gemacht hätten.
- Ein Anspruch auf (Teil-)Vindikation sei zudem für den deutschen Teil verjährt, da der Anspruch mit Ablauf der regelmäßigen – dreijährigen – Verjährungsfrist gem. §§ 195, 199 BGB ab dem Ende des Jahres der Veröffentlichung des Hinweises auf die Patenterteilung (hier 22.01.2014) verjähre, so dass die Verjährungsfrist hier am 31.12.2017 geendet habe. Im Hinblick auf die anderen nationalen Patente sei die Frage der Teilvindikation nach dem jeweilig anwendbaren Territorialrecht zu prüfen.
- Ein Beschluss zur Bestellung von Herrn Patentanwalt Dr. B als gemeinsamer Vertreter der Parteien hinsichtlich der „gemeinsamen gehaltenen Schutzrechte“ habe nicht gefasst werden können, da es bereits an einer existenten Bruchteilsgemeinschaft über die gesamte Patentfamilie EP‘XXF fehle. Jedenfalls habe es an einer Stimmenmehrheit der Klägerin gefehlt. Auch eine Entscheidung zur Verteilung von Früchten und Gebrauchsvorteilen bezüglich der gesamten Patentfamilie EP‘XXF hätte nur einvernehmlich getroffen werden können.
- Weiterhin bestehe ein Anspruch auf Zahlung von 0,02 Euro pro patentgemäßer Kerze ab dem 18.05.2021 nicht. Da die patentierte Lehre von der Beklagten nur in Deutschland benutzt worden sei, sei insoweit nur deutsches Recht zu berücksichtigen. Der Anspruch sei weder mit § 743 Abs. 2 BGB, noch mit § 745 Abs. 2 BGB vereinbar. Es fehle an einer wirksamen einvernehmlichen Benutzungsregelung oder einem Mehrheitsbeschluss. Ein etwaiger Mehrheitsbeschluss vom 18.05.2022 sei jedenfalls nicht ordnungsgemäß und auch grob unbillig. Ein Benutzungsentgelt von 0,02 Euro sei zudem zehn Mal höher als der ausgeurteilte Wertersatz gemäß dem als Anlage TGH8 vorgelegten diesbezüglichen Urteil der Kammer vom 31.03.2016 (Az. 4a O 38/14). Ein angemessenes Entgelt für die Nutzung der streitgegenständlichen Lehre bezogen auf eine patentgemäße Kerze überschreite keinesfalls 0,002 Euro.
- Schließlich gebe es für die von der Klägerin beanspruchten außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten keine Rechtsgrundlage.
- Für die Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die ausgetauschten Schriftsätze samt Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 23.04.2024 verwiesen.
- Entscheidungsgründe
- Die Klage ist nach geringfügiger Klagerücknahme zum überwiegenden Teil zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
-
I.
Die Klage ist überwiegend zulässig; hinsichtlich des Antrags zu Ziff. III. ist sie bereits unzulässig. -
1.
Soweit die Klägerin den Antrag auf Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, sämtliche Erklärungen abzugeben und Dokumente zu unterzeichnen, die erforderlich sind, um im Hinblick auf die streitgegenständlichen Schutzrechte dafür zu sorgen, dass die Klägerin mit einem Mitinhaberanteil von 95 % in die Patentregister eingetragen wird (ursprünglich Ziff. I.4), zurückgenommen hat, war die teilweise Klagerücknahme gem. § 269 Abs. 1 ZPO vor der mündlichen Verhandlung der Beklagten zur Hauptsache ohne deren Zustimmung möglich. -
2.
Der Feststellungsantrag nach Ziff. I.1. mit dem Ziel, das Bestehen einer Bruchteilsgemeinschaft mit einer Beteiligung von 95 % zugunsten der Klägerin und 5 % zugunsten der Beklagten festzustellen, ist zulässig. - Insbesondere besteht ein insoweit gem. § 256 Abs. 1 ZPO erforderliches Feststellungsinteresse. Gem. § 256 Abs. 1 ZPO kann dann auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Ein Rechtsverhältnis meint dabei die aus einem vorgetragenen Sachverhalt abgeleitete rechtliche Beziehung von Personen untereinander oder von Personen zu Sachen (z.B. BGH, Urt. v. 02.09.2021, BeckRS 2021, 30903 Rn. 25). Bei der Frage der internen Anteilsverteilung innerhalb einer Bruchteilsgemeinschaft handelt es sich hiernach um ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Es bestehen auch keine Bedenken gegen das erforderliche Feststellungsinteresse, soweit die Klägerin der Ansicht ist, das OLG Düsseldorf habe die entsprechenden Berechtigungsanteile von 95 % zu 5 % bereits mit seinem Urteil vom 22.06.2020, Az. I-15 U 6/19, rechtskräftig festgestellt. Denn das OLG Düsseldorf hat sich nicht zum Bestehen einer Bruchteilsgemeinschaft verhalten. Es hat in seinen Entscheidungsgründen (im Rahmen von Kostenerstattungsansprüchen) festgestellt, dass 95 % der Erfindung auf Herrn C Beitrag beruhen, woraus sich nicht der zwingende Schluss einer Bruchteilsgemeinschaft mit einem entsprechenden Verhältnis ergibt. Ein schutzwürdiges Interesse der Klägerin an der Feststellung eines etwaigen Bestehens einer Bruchteilsgemeinschaft von 95 % zu 5 % ergibt sich bereits daraus, dass die Beklagte vorprozessual eine solche prozentuale Verteilung der Inhaberschaft an den Patenten in Abrede stellte und auf einer gleichen Verteilung von Anteilen und Stimmrechten besteht.
- Auch steht dem Antrag nach Ziff. I.1. keine rechtskräftige Entscheidung über den erhobenen Anspruch gem. §§ 322 Abs. 1, 325 Abs. 1 ZPO entgegen. Zwar wirkt dieses Urteil auch für und gegen die Klägerin, die Rechtsnachfolgerin von Herrn C im Wege der Einzelrechtsnachfolge geworden ist. Allerdings fehlt es dem vorgenannten Urteil des OLG Düsseldorf (Az. I-15 U 6/19) an einer (rechtskräftigen) Entscheidung über den hier geltend gemachten Anspruch, also über das Bestehen einer Bruchteilsgemeinschaft und deren Anteilsverteilung.
-
3.
Auch der Feststellungsantrag nach Ziff. I.2. zur Feststellung der wirksamen Bestellung von Herrn Patentanwalt Dr. B als gemeinsamer Vertreter vor den Patentämtern ist zulässig. Das gem. § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass die Beklagte die wirksame Ernennung von Herrn Patentanwalt Dr. B in der Mitinhaberversammlung vom 22.02.2021 sowie insgesamt eine wirksame Beschlussfassung vom 22.02.2021 in Abrede stellt (vgl. etwa Anlage K10). -
4.
Ebenfalls zulässig ist der Klageantrag zu Ziff. I.3. mit dem Ziel der Feststellung eines Anspruchs auf die Früchte und Gebrauchsvorteile in Höhe von 95 % an den streitgegenständlichen Patenten. Für das Vorliegen eines Feststellungsinteresses i.S.d. § 256 Abs. 1 ZPO muss zumindest die Möglichkeit eines entsprechenden (Zahlungs-)Anspruchs bestehen. Mit dem Inkraftstehen von Patenten besteht etwa grundsätzlich die Möglichkeit der Lizenzierung sowie weiterer wirtschaftlicher Verwertungen der Patentrechte, wobei die Beklagte den diesbezüglichen Anspruch der Klägerin in Abrede stellt. -
5.
Weiterhin bestehen keine Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit des Antrags auf Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, eine Summe von 0,02 Euro pro erfindungsgemäßer Kerze, die ab dem 18.05.2022 an Dritte veräußert wurde, zu zahlen (Ziff. I.4.). Das erforderliche Feststellungsinteresse besteht insoweit, als dass die Klägerin einen entsprechenden Zahlungsanspruch behauptet und die Beklagte dem entgegentritt. Die Beklagte hat auch jedenfalls noch keine vollständige Auskunft über die Anzahl der seit dem 18.05.2022 in Verkehr gebrachten Kerzen – auch nicht mit Blick auf ihre vorläufigen Angaben für das Jahr 2022 in der Duplik vom 27.03.2024 – erteilt. Der grundsätzliche Vorrang einer Leistungsklage steht der Zulässigkeit des Feststellungsbegehrens vor diesem Hintergrund nicht entgegen. -
6.
Hingegen ist der Antrag nach Ziff. III., die Beklagte zu verurteilen, gegenüber nationalen und internationalen Patentämtern sämtliche Handlungen vorzunehmen und Erklärungen abzugeben, um eine Eintragung der Anteilsinhaberschaft von 95 % zugunsten der Klägerin zu erreichen, unzulässig. Ihm fehlt das erforderliche allgemeine Rechtsschutzbedürfnis. Auf die Quote der streitigen Verteilung der ideellen Anteile an den Patenten kommt es nur im Innenverhältnis zwischen den Parteien an. Eine Offenlegung der Verteilung nach außen ist hingegen nicht erforderlich. Sie verschafft der Klägerin kein „Mehr“ an Rechten oder Befugnissen gegenüber der Eintragung einer Mitberechtigung. Entsprechendes hat die Klägerin trotz Erörterung dieses Aspektes in der mündlichen Verhandlung auch nicht vorgetragen, so dass ein auf diesen Antrag gerichtetes Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin nicht erkennbar ist. Insoweit war die Klage schon wegen Unzulässigkeit abzuweisen. -
7.
Im Übrigen bestehen keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage. -
II.
Die Klage ist jedoch nur teilweise, nämlich in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. -
1.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Feststellung, dass die Parteien Mitinhaber der im Antrag zu Ziff. I.1. gelisteten Patente in Form einer Bruchteilsgemeinschaft im Verhältnis 95 % zu 5 % zugunsten der Klägerin sind. -
a)
Zwar ergibt sich der geltend gemachte Anspruch auf Feststellung einer Beteiligung an einer Bruchteilsgemeinschaft im Verhältnis von 95 % zu 5 % an den gelisteten nationalen Anteilen des EP‘XXF sowie den auf der vorausgegangenen PCT-Anmeldung beruhenden außereuropäischen Anteilen nicht aus § 8 S.1, 2 PatG bzw. Art. II, § 5 Abs. 1 IntPatÜG. - Das Begehren der Klägerin zielt bereits nicht auf die Rechtsfolge eines Vindikationsanspruchs, sondern auf die Anteilsverteilung im Innenverhältnis ab. Denn die Rechtsfolge einer erfolgreichen Vindikation wäre die Übertragung des betreffenden Patents (vgl. § 8 S.2 PatG) bzw. die Einräumung einer Mitberechtigung an dem Patent als Minus zur Vollvindikation (vgl. BeckOK PatR/Konertz/Kubis, 31. Ed. 15.1.2024, PatG § 8 Rn. 29 f.). Der Klägerin und der Beklagten stehen jedoch bereits jeweils eine Mitberechtigung an den jeweiligen Patenten zu, nachdem Herr C die Zug-um-Zug zu zahlende Summe gemäß Ziff. I.1. des Urteils des OLG Düsseldorf vom 22.06.2020 (I-15 U 6/19) gezahlt hat und seine Rechte aus den Patenten an die Klägerin – insoweit zwischen den Parteien des hiesigen Rechtsstreits unstreitig – abgetreten hat. Eine (grundsätzliche) Mitinhaberschaft zwischen der Klägerin und der Beklagten an den streitgegenständlichen Patente steht zwischen den Parteien auch nicht in Streit. Streitig ist hingegen der höhenmäßige Anteil der jeweiligen Inhaberschaft bzw. Berechtigung. Der Klägerin kommt es vorliegend auf eine das Innenverhältnis betreffende, die jeweiligen Anteile konkretisierende Regelung der Mitinhaberschaft an den Patenten an. Eine solche ist jedoch mit einem Vindikationsanspruch, etwa gem. § 8 PatG, nicht zu erreichen. Denn die Klägerin erlangt im Außenverhältnis nicht mehr Rechte oder Befugnisse hinsichtlich der patentierten Lehre, wenn sie anstatt einer nicht näher bezifferten Mitberechtigung eine 95-prozentige Mitberechtigung innehätte.
- Es liegt auch entgegen der Ansicht der Beklagten kein Fall der Geltendmachung einer sog. Teilvindikation vor. Eine solche betrifft nur Patentrechte, die sich noch im Stadium der Anmeldung befinden. Im Fall einer Teilvindikation hat der Anspruchsteller nur einen Teil der Lehre erfunden und kann Teilung und Abtretung des begehrten Teils verlangen, was jedoch nur bei Anmeldungen greift bzw. überhaupt nur bei teilbaren Bestandteilen von Anmeldungen greifen kann (vgl. Werner, GRUR-Prax 2019, 149, beck-online).
-
b)
Ein Anspruch auf Feststellung einer Mitinhaberschaft von 95 % zu 5 % an einer Bruchteilsgemeinschaft mit der Beklagten steht der Klägerin jedoch aus §§ 741 ff. BGB, nach welchen sich die Anteilsverteilung im Innenverhältnis richtet, zu. -
aa)
Die Parteien bilden eine Bruchteilsgemeinschaft nach deutschem Recht, die neben einem deutschen auch ausländische Patente hält. Die Beurteilung der streitgegenständlichen Frage richtet sich einheitlich nach deutschem Bruchteilsgemeinschaftsrecht gem. §§ 741 ff. BGB, wobei die Kammer nicht verkennt, dass hier verschiedene nationale und territoriale, grundsätzlich unabhängig voneinander in Kraft stehende, Patentrechte in Streit stehen. - Wenngleich die Klägerin vorliegend keinen klassischen Vindikationsanspruch geltend macht, besteht aber eine im Ansatz vergleichbare Situation, da die (quotenmäßige) Mitinhaberschaft an verschiedenen Patenten in Streit steht. Wie Vindikationsansprüche kollisionsrechtlich zu qualifizieren sind, ist bislang weitgehend ungeklärt (vgl. etwa BeckOK PatR/Konertz/Kubis, 31. Ed. 15.1.2024, PatG § 8 Rn. 65). Bei Patentvindikationen kann wegen des Territorialitätsprinzips das Schutzlandstatut greifen, so dass die Vindikationsvoraussetzungen sich nach dem auf das erteilte Schutzrecht anwendbaren Recht richten können. Dies ist jedoch abhängig von der konkreten zugrundeliegenden Konstellation differenziert zu betrachten.
- In einer Konstellation, in der aus einer deutschen Erstanmeldung im Wege einer Nachanmeldung unter Inanspruchnahme der Priorität der Erstanmeldung eine aus dieser deutschen Erstanmeldung entstandene Patentfamilie mit unterschiedlichen ausländischen Mitgliedern dieser Patentfamilie vindiziert werden soll, ist die Vindikation auf die deutsche Erstanmeldung gerichtet und die ausländischen Nachanmeldungen stellen eine Fortsetzung der widerrechtlichen Entnahme dar, sind aber keine eigenständigen, von der ersten deutschen Prioritätsanmeldung unabhängigen Patentanmeldungen. In diesem Fall erscheint es interessengerecht, die Vindikation auf die Erstanmeldung zu beschränken und die Nachanmeldungen als gezogene Nutzungen und Früchte aus der Erstanmeldung bzw. eine Fortsetzungshandlung der widerrechtlichen Entnahme ebenfalls dem materiell Berechtigten über § 8 PatG zuzusprechen (BeckOK PatR/Konertz/Kubis, 32. Ed. 15.04.2024, PatG § 8 Rn. 65a). Anerkannt ist ebenso, dass, wenn es um die Einräumung einer Mitberechtigung an einer von zwei Deutschen in Deutschland entwickelten Lehre geht, die begehrte Mitberechtigung an ausländischen Anmeldungen nach deutschem Recht einzuräumen sein kann (vgl. OLG München BeckRS 2017, 152300 Rn. 111; Werner, GRUR-Prax 2019, 149). Das Recht an einer Erfindung erfasst zudem auch deren Anmeldung im Ausland (BGH Urt. v. 18.5.2010 – X ZR 79/07, BeckRS 2010, 15840 Rn. 33).
- Nach diesen Maßgaben für die – auf eine Berechtigung im Außenverhältnis abzielende – Patentvindikation erscheint es vorliegend sachgerecht, das Bestehen und die Verhältnisse einer anteilsmäßigen Inhaberschaft an den streitgegenständlichen Patenten im Innenverhältnis erst recht nach deutschem Recht zu beurteilen, so dass vorliegend das Recht der Bruchteilsgemeinschaft gem. §§ 741 ff. BGB maßgeblich ist. Denn alle streitgegenständlichen Patente beruhen unstreitig auf einer einheitlichen Erfindung, an welcher nach den Feststellungen des OLG Düsseldorf (Urteil vom 22.06.2020, Az. I-15 U 6/19) zwei Deutsche, nämlich die Herren C und D, in Deutschland mitgewirkt haben. Die PCT-Anmeldung, auf welcher das EP‘XXF sowie die gesamte noch in Kraft stehende Patentfamilie beruhen, nimmt die Prioritäten der ursprünglichen deutschen Anmeldungen DE‘XXA und der DE‘XXC in Anspruch (vgl. Anlage TGH5). Es erscheint angezeigt, die zwischen zwei deutschen Parteien streitigen Fragen, welche sich auf eine im Kern rein deutsche Erfindung und die daraus resultierenden Patentrechte beziehen, einheitlich nach dem deutschen Bruchteilsgemeinschaftsrecht zu beurteilen.
-
bb)
Vorliegend kann die Mitinhaberschaft an einer Bruchteilsgemeinschaft in einem Verhältnis von 95 % zu 5 % zugunsten der Klägerin gem. der §§ 741 ff. BGB festgestellt werden. -
(a)
Die Klägerin ist zunächst aktivlegitimiert. Sie hat die zugunsten von Herrn C bestehenden Rechte an den streitgegenständlichen Patenten gem. Ziff. I.1. durch Übertragung erworben („Patentteil-Übertragungsvertrag“ § 3, Anlage K15). Herr C hat die Mitberechtigung an den Patenten durch die Erfüllung der im Urteil des OLG Düsseldorf vom 22.06.2020 (Az. I-15 U 6/19) tenorierten Zug-um-Zug Zahlungsverpflichtung erhalten. Dass die Zug-um-Zug Zahlung an die Beklagte erst im Jahr 2021 und damit nach Abschluss und Inkrafttreten des „Patentteil-Übertragungsvertrags“ im Jahr 2020 stattfand, ist insoweit unschädlich. Jedenfalls die zugrundeliegende (Mit-)Erfinderschaft des Herrn C bestand bereits bei Abtretung bzw. Übertragung seiner Patentrechte an die Klägerin. - Ferner sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Rechteübertragung durch den vorgenannten Vertrag unwirksam sein könnte, etwa wegen des Bestehens eines Verfügungsverbots im Zusammenhang mit einem (Pfändungs-)Pfandrecht des Landes Nordrhein-Westfalen. Zwar ergibt sich aus dem Urteil des OLG vom 22.06.2020 (Az. I-15 U 6/19, vorgelegt u.a. als Anlage K16, dort Tenor zu I.1. sowie S. 9f. und 52f.), dass das Recht des Herrn C auf Übertragung seines Miterfinderanteils zu dem für die dortige Entscheidung relevanten Zeitpunkt mit einem Pfändungspfandrecht zugunsten des Landes Nordrhein-Westfalen belastet war. In dem Patentteil-Übertragungsvertrag gemäß Anlage K15 (dort unter § 2 (3)) sichert Herr C unter Bezugnahme auf näher bezeichnete Anlagen zu dem Vertrag und ein Schreiben des Finanzamtes Düsseldorf-Süd an die hiesige Beklagte indes zu, dass das Pfandrecht erloschen ist. Entgegenstehende Anhaltspunkte hat die Kammer im vorliegenden Verfahren nicht gewonnen.
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(b)
Der Klägerin steht aufgrund des Erwerbs der Patentrechte von Herrn C ein Anteil von 95 % an der Bruchtseilsgemeinschaft zu, während die übrigen 5 % der Beklagten zustehen. - Steht ein Recht – wie dies bei Schutzrechten mit mehreren Erfindern bzw. deren Rechtsnachfolgern der Fall ist – mehreren gemeinschaftlich zu, so finden die Vorschriften über die Bruchteilsgemeinschaft gem. §§ 741 ff. BGB Anwendung, sofern – wie hier – keine anderen, etwa vertraglichen, Vereinbarungen getroffen worden sind. Der Gegenstand der Bruchteilsgemeinschaft ist das materielle Erfinderrecht einschließlich des Rechts auf das Patent (MüKoBGB/Karsten Schmidt, 9. Aufl. 2024, BGB § 741 Rn. 59).
- Dabei ist gem. § 742 BGB nur im Zweifel anzunehmen, dass den Teilhabern gleiche Anteile zustehen. Erst in dem Fall, dass sich nach Ausschöpfung aller sich anbietenden Erkenntnisquellen keine letzte Klarheit über den Wert der einzelnen Beiträge der Parteien gewinnen lässt, kann unter Heranziehung der gesetzlichen Auslegungsregel des § 742 BGB der Bruchteilsanteil der Mitberechtigung festgelegt werden (BGH, GRUR 1979, 540, 542 – Biedermeiermanschetten). Hingegen sind die Anteile an der Bruchteilsgemeinschaft verschieden, wenn sich die erfinderischen Leistungen erheblich unterscheiden (MüKoBGB/Karsten Schmidt, 9. Aufl. 2024, BGB § 742 Rn. 4 m.w.N.). Die Höhe des jeweiligen Anteils hängt von der Beteiligung an der erfinderischen Leistung ab, d.h. von dem Gewicht des jeweiligen Beitrages, der zu der gemeinsamen Erfindung geleistet wurde (BGH, GRUR 1979, 540 (541) – Biedermeiermanschetten; BGH, GRUR 2009, 657 – Blendschutzbehang; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 10.4.2012 – I-2 U 3/10, BeckRS 2012, 9187). Die Feststellung des ideellen Anteils ist darauf gerichtet, die Verwaltung und Benutzung im Interesse aller Teilhaber nach billigem Ermessen zu regeln, wofür der jeweilige Anteil der Miterfinder einen Anhalt bildet (OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.06.2020 – I-15 U 6/19, S.49). Der nach diesen Maßstäben für die Bemessung des Anteils der Klägerin an der Bruchteilsgemeinschaft relevante Miterfinderanteil des Herrn C beläuft sich auf 95 %.
- Wer eine Miterfinderstellung reklamiert, ist nach allgemeinen Grundsätzen für diejenigen Tatsachen darlegungs- und beweispflichtig, die seine die beanspruchte Quote rechtfertigende schöpferische Mitwirkung bei der Erfindung ergeben (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 10.4.2012 – I-2 U 3/10, BeckRS 2012, 9187). Das OLG Düsseldorf hat für die vorliegend maßgebliche Erfindung in dem von der Klägerin angeführten Verfahren (Az. I-15 U 6/19) rechtskräftig festgestellt, dass 95 % der Erfinderbeiträge auf Herrn C und 5 % auf Herrn D, von dem die Beklagte ihre Rechte ableitet, entfallen. Aus den Feststellungen des Urteils lässt sich eindeutig folgern, dass die patentierte Lehre zu 95 % auf Leistungsbeiträgen von Herrn C beruht. Die Klägerin kann sich insoweit auf die rechtskräftigen Feststellungen zu den Quoten der Erfindungsbeiträge von Herrn C und Herrn D berufen. Denn die Klägerin macht ihre Ansprüche als Rechtsnachfolgerin im Wege der Einzelrechtsnachfolge (Übertragungs- bzw. Patentkaufvertrag nach Anlage K15) geltend, so dass gem. § 325 Abs. 1 ZPO das rechtskräftige Urteil des OLG Düsseldorf vom 22.06.2020 (Az. I-15 U 6/19), welches die durch die Klägerin erworbenen Patentteile betrifft, für und gegen die Klägerin wirkt. Die Beklagte, an der es insoweit wäre, etwas Gegenteiliges zu der auf sie entfallenden Quote vorzutragen, ist der Quote der Erfinderanteile nicht entgegengetreten und trägt auch keine Umstände vor, aus denen sich eine abweichende Verteilung der Erfinderbeiträge ergeben würde. Dass der Beklagten – etwa auf Basis des Erfinderbeitrags von Herrn D – ein größerer ideeller Anteil als 5 % an der Erfindung sowie an der Bruchteilsgemeinschaft zustehen würde, ergibt sich aus dem Vortrag der Beklagten jedenfalls nicht. Die Beklagte beruft sich einzig darauf, dass insoweit keine Vereinbarungen zwischen den Parteien bestünden und sich die Verteilung der Bruchteilsanteile nach § 742 BGB richten würde. Dabei verkennt sie jedoch, dass § 742 BGB nur nach Ausschöpfung anderer Mittel zur Ermittlung der Anteilsverteilung zur Anwendung kommt und hier jedenfalls aufgrund der Feststellungen des OLG Düsseldorf (Az. I-15 U 6/19) anderweitige Anhaltspunkte zur Verteilung der Anteile der Bruchteilsgemeinschaft vorliegen.
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(c)
Soweit die Beklagte einwendet, dass die Parteien kein Interesse mehr an einem großen Teil der patentierten Lehre hätten und davon auszugehen sei, dass die Verlängerungsgebühren für die nationalen Anteile des EP‘XXF in Finnland, Frankreich, der Tschechischen Republik, der Türkei, Schweden, Rumänien, Portugal, Griechenland, Italien, Ungarn, Großbritannien, Spanien sowie für Russland, China und Australien nicht gezahlt würden, ergibt sich hieraus für die Kammer nichts anderes. Die Kammer hat mangels konkreter Angaben der Parteien jedenfalls keine positive Kenntnis davon, dass oder ob einige Schutzrechte nicht mehr in Kraft stünden, so dass sie weiterhin davon auszugehen hat, dass alle streitgegenständlichen nationalen Schutzrechte in Kraft stehen. -
2.
Der Klägerin steht ebenfalls ein Anspruch auf Feststellung, dass Herr Patentanwalt Dr. B wirksam zum gemeinsamen Vertreter vor den Patentämtern ernannt wurde, gem. § 745 Abs. 1 BGB zu (Antrag zu Ziff. I.2.) gegen die Beklagte zu. -
a)
Herr Patentanwalt Dr. B wurde mit Beschluss vom 22.02.2021 wirksam zum gemeinsamen Vertreter hinsichtlich der Patente, für die die Parteien eine Bruchteilsgemeinschaft bilden, ernannt. Der dahingehende Beschluss hat seine Rechtsgrundlage in § 745 Abs. 1 BGB. Hiernach kann durch Stimmenmehrheit eine der Beschaffenheit des gemeinschaftlichen Gegenstands entsprechende ordnungsmäßige Verwaltung und Benutzung beschlossen werden. Die Benennung eines gemeinsamen Vertreters gehört dabei zur ordnungsgemäßen Verwaltung in Bezug auf Patenteintragungen. So wies sogar das DPMA beispielsweise mit Schreiben vom 14.12.2020 auf die Notwendigkeit eines gemeinsamen Zustellungsbevollmächtigen hin, wie sich aus dem als Anlage TGH14 vorgelegten Schreiben des DPMA und dem insoweit unstreitig gebliebenen Vortrag der Beklagten ergibt. - Da auf die Klägerin nach den Feststellungen der Kammer ein Anteil von 95 % der Bruchteilsgemeinschaft entfällt, verfügte sie bei Beschlussfassung am 22.02.2021 deutlich über die entsprechende Stimmmehrheit, so dass es auf die Zustimmung der nicht anwesenden – aber eingeladenen – Beklagten nicht ankam und in der Mitinhaberversammlung vom 22.02.2021 ausweislich des als Anlage K7 zur Gerichtsakte gereichten Versammlungsprotokolls folgende Maßnahme der Verwaltung wirksam beschlossen wurde:
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b)
Auch bestehen keine durchgreifenden Zweifel an der Ordnungsgemäßheit dieser Beschlussfassung. Für die Beschlussfassung selbst enthält das Recht der Bruchteilsgemeinschaft keine Vorschriften. Werden keine entsprechenden vorrangigen Vereinbarungen getroffen, gibt es für einen Beschluss keine besonderen Förmlichkeiten. Das gilt sowohl hinsichtlich der Art, den Beschluss zu fassen, als auch im Hinblick auf die Ladung oder Beschlussdokumentation (BeckOGK/Fehrenbacher, 15.3.2024, BGB § 745 Rn. 13, 14). Der Teilhaber, der über Stimmenmehrheit verfügt, kann formlos einen Mehrheitsbeschluss fassen (BGH, NJW 2013, 166 Rn. 10, 15). Die Wirksamkeit des Beschlusses hängt insbesondere nicht davon ab, ob der Minderheit ausreichende Gelegenheit zur Mitwirkung gegeben worden ist (BGHZ 56, 47 [55 f.] = NJW 1971, 1265; BGH, NJW 2013, 166 Rn. 15). Gemessen hieran wurde der Beschluss, Herrn Patentanwalt Dr. B zum Vertreter zu ernennen, wirksam gefasst. Unabhängig davon, ob eine vorherige Anhörung und Einladung der Beklagten als Minderheiten-Teilhaberin erforderlich gewesen wäre, ist diese im Übrigen jedenfalls rechtzeitig erfolgt. -
3.
Weiterhin besteht auch ein Anspruch der Klägerin auf Feststellung des geltend gemachten Anspruchs auf 95 % der Früchte und Gebrauchsvorteile gem. § 743 Abs. 1 BGB (Antrag zu Ziff. I.3.). - Dieser Anspruch findet seine Rechtsgrundlage in § 743 Abs. 1 BGB. Hiernach gebührt jedem Teilhaber ausdrücklich ein seinem Anteil entsprechender Bruchteil der Früchte, ohne dass es – entgegen der Ansicht der Beklagten – einer einvernehmlichen Regelung bedarf. Unter die Regelung des § 743 Abs. 1 BGB fallen nach der Rechtsprechung des BGH, der sich die Kammer anschließt, auch Gebrauchsvorteile (BGH NJW 1966, 1707; MüKoBGB/Karsten Schmidt, 9. Aufl. 2024, BGB § 743 Rn. 3). Von den Früchten i.S.v. § 99 BGB und den Gebrauchsvorteilen bzw. Nutzungen gem. § 100 BGB stehen der Klägerin aufgrund ihres Anteils an der Bruchteilsgemeinschaft von 95% entsprechend ebenfalls 95% zu. Damit wird die Regelung zum (eigenen) Gebrauchsrecht in § 743 Abs. 2 BGB nicht angetastet.
- Der so festgestellte Anspruch besteht auch – wie in der mündlichen Verhandlung beantragt – ab dem 10.10.2020, da gemäß § 3 des als Anlage K15 vorgelegten Übertragungsvertrags zwischen der Klägerin und Herrn C die Übertragung der Schutzrechte an sie mit Wirkung zum 10.10.2020 stattgefunden hat.
-
III.
Im Übrigen ist die Klage unbegründet. -
1.
Ein Anspruch auf Feststellung einer Zahlungspflicht der Beklagten von 0,02 Euro pro verkaufter Kerze ab dem 18.05.2022 (Antrag zu Ziff. I.4.) steht der Klägerin hingegen aus keiner denkbaren Anspruchsgrundlage gegen die Beklagte zu. Insoweit war die Klage abzuweisen. -
a)
Zunächst steht der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung von 0,02 Euro pro verkaufter Kerze, welche von der streitgegenständlichen Patentlehre Gebrauch macht, jedenfalls nicht aus abgetretenem bzw. erworbenem Recht des Herrn C zu. Denn soweit das OLG Düsseldorf die Beklagte mit Urteil vom 22.06.2020 (Az. I-15 U 6/19) durch Ziff. I.3. des Urteils zur Zahlung eines Ausgleichs ab dem 15.02.2015 gegenüber Herrn C verpflichtet hat und es in einem weiteren Urteil vom 23.02.2023 (Az. I-15 U 55/21) die Summe hinsichtlich eines Zeitraums im Jahr 2020 auf 0,002 Euro pro BSS-Kerze konkretisiert hat, ist ein solcher Anspruch gerade nicht auf die Klägerin übergegangen. Der Vertrag zwischen ihr und Herrn C nimmt in seinem § 3 (7) Forderungen nach Ziff. I.3. des OLG-Urteils vom 22.06.2020 explizit aus der Übertragungsvereinbarung aus. Die Klägerin kann sich daher nicht auf ein abgeleitetes Recht von Herrn C berufen. -
b)
Ein Anspruch auf Ausgleichszahlung pro von der Beklagten verkaufter Kerze steht der Klägerin auch nicht aus eigenem Recht aufgrund der Bruchteilsgemeinschaft zu. Ein solcher Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus § 745 Abs. 1 BGB aufgrund des von der Klägerin am 18.05.2022 nach Ladung und Anhörung der Beklagten gefassten (zweiten) Beschlusses (Anlage K11, TOP 7). -
aa)
Denn ein solcher Anspruch würde der gesetzlichen Regelung des § 743 Abs. 2 BGB zuwiderlaufen. Gem. § 743 Abs. 2 BGB ist per gesetzlichem Grundfall jeder Teilhaber zum Gebrauch des gemeinschaftlichen Gegenstands befugt. Jeder Mitinhaber ist zur Benutzung der gesamten Erfindung berechtigt, auch wenn ihm nur ein kleiner Anteil der Bruchteilsgemeinschaft bzw. Erfinderschaft zusteht (vgl. BGH GRUR 2005, 663 – Gummielastische Masse II). Die Nutzungen, die ein Teilhaber im Rahmen seines Gebrauchsrechts zieht, sind Inhalt des Rechts nach § 743 Abs. 2 BGB und begründen regelmäßig keine Ausgleichsansprüche; nur ausnahmsweise können sich unter den Teilhabern Ausgleichsansprüche ergeben (BeckOGK/Fehrenbacher, 15.3.2024, BGB § 743 Rn. 21). Eine etwaige Ausnahme hat die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Klägerin jedoch nicht dargetan, worauf die Kammer in der mündlichen Verhandlung vom 23.04.2024 auch hingewiesen hat. -
bb)
Der Beschluss der Mitinhaberversammlung vom 18.05.2022 ist hinsichtlich „TOP 7“, mit der eine Zahlungspflicht der Beklagten an die Klägerin von 0,02 Euro pro Kerze beschlossen wurde, aufgrund des Zuwiderlaufens der aufgezeigten gesetzlichen Wertung unbillig, da die Klägerin damit – ihre Position als Mehrheitseigner einseitig ausnutzend – eine gesetzliche Regelung umgehen würde. Hinter der Regelung des § 743 Abs. 2 BGB, nach welcher bei Nutzung innerhalb der Bruchteilsgemeinschaft grundsätzlich keine Ausgleichspflicht begründet wird, steht laut der Rechtsprechung, welcher sich die Kammer anschließt, die Erwägung, dass „wenn die strukturelle Möglichkeit hierzu besteht, es grundsätzlich Sache jedes Mitberechtigten ist, durch eine eigene Benutzung der gemeinschaftlichen Erfindung die wirtschaftlichen Früchte aus seinem Erfindungsbeitrag zu ziehen, weswegen ein Ausgleichsanspruch für denjenigen, der selbst keine Benutzungshandlungen unternimmt, nur dann infrage kommen kann, wenn es stichhaltige Gründe gibt, die ihn an einer eigenen Verwertung der Erfindung hindern. Jeder Mitberechtigte soll also – im Rahmen des für ihn Möglichen und Zumutbaren – selbst das unternehmerische Risiko einer Erfindungsbenutzung übernehmen und sich nicht darauf zurückziehen können, das Entwicklungs- und Vermarktungsrisiko ohne eigene Anstrengungen und Investitionen dadurch auf den anderen abzuwälzen, dass im Falle seines geschäftlichen Erfolges – risikolos – ein finanzieller Anteil an den fremden Erträgnissen aus der Erfindungsbenutzung eingefordert wird“ (OLG Düsseldorf, Urteil vom 15.03.2018, Az.: 2 U 91/13, BeckRS 2018, 27600). Vorliegend sind die Parteien Wettbewerber. Beiden ist damit möglich, Umsätze mit der patentierten Lehre zu generieren. Warum es billig i.S.d. § 745 Abs. 2 BGB sein sollte, wenn die Klägerin anteilig an den Umsätzen der Beklagten partizipieren würde, ist vor diesem Hintergrund nicht ersichtlich. Der Beschluss vom 18.05.2022 (TOP 7) umgeht mit der (einseitig) beschlossenen, alleine die Klägerin begünstigenden, Ausgleichsverpflichtung von 0,02 Euro pro Kerze die Regelung des § 743 Abs. 2 BGB und ist insoweit unbillig und damit unwirksam gegenüber der Beklagten. -
cc)
Wenngleich dies nicht mehr entscheidungserheblich für die Kammer war, legt die Klägerin auch die geltend gemachte Höhe der begehrten Ausgleichszahlung von 0,02 Euro pro verkaufter Kerze nicht ansatzweise dar. Soweit sie sich auf Feststellungen des OLG Düsseldorf in einem Verfahren zwischen der Beklagten und Herrn C bezieht (Az. I-15 U 55/21), belief sich zum einen die dort bestimmte Höhe des Ausgleichszahlungsanspruchs auf 0,002 Euro pro Kerze (nicht 0,02 Euro) und zum anderen kann die Klägerin sich insoweit nicht auf dieses Urteil berufen, da sie insoweit nicht Rechtsnachfolgerin von Herrn C gem. § 325 Abs. 1 ZPO ist. -
2.
Folglich steht der Klägerin auch kein Anspruch auf Erteilung von Auskunft über sämtliche Kerzen, die ab dem 18.05.2022 an Dritte veräußert wurden und die unter die Lehre der Patente nach Maßgabe des Antrages zu Ziffer I. 1. fallen, zu (Antrag zu Ziff. II.). Insbesondere besteht ein solcher Anspruch nicht gem. §§ 242, 259 BGB. Da ein etwaig zugrundeliegender Anspruch auf Ausgleichszahlung pro verkaufter Kerze – wie ausgeführt – nicht besteht, steht der Klägerin auch keine Auskunft zu, welche erforderlich wäre, um einen etwaigen Zahlungsanspruch zu beziffern. -
3.
Schließlich vermochte die Kammer nicht festzustellen, dass der Klägerin ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gegen die Beklagte zusteht. Ein solcher ist nach dem vorgetragenen Sach- und Streitstand auf Grundlage keiner denkbaren Anspruchsgrundlage gegeben. Insbesondere ist ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten als Verzugsschaden gem. §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB nicht dargetan oder ersichtlich. Die Klägerin hat trotz des dahingehenden Einwandes der Beklagten bereits nicht vorgetragen, aufgrund welcher rechtsanwaltlichen Tätigkeit ihr die geltend gemachten Kosten entstanden sind. Insbesondere hat die Klägerin keinen konkreten Verzug der Beklagten dargelegt. Die Kammer war auch nicht gehalten, die Klägerin hierauf gem. § 139 Abs. 1, 2 ZPO hinzuweisen, da es sich bei den geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten vorliegend lediglich um eine Nebenforderung i.S.d. § 139 Abs. 2 S. 2 ZPO handelt. -
4.
Schließlich sind die zuerkannten Ansprüche der Klägerin auch nicht bereits verjährt. Die gem. § 214 Abs. 1 BGB erhobene Einrede der Verjährung der Beklagten greift nicht durch. So hat die Beklagte „in Bezug auf alle denkbaren Ansprüche der Klägerin“ pauschal die Einrede der Verjährung erhoben. Die Beklagte trägt jedoch als einen für sie günstigen Umstand die Darlegungs- und Beweislast für den Eintritt der Verjährung. Sie hat indes nicht ausgeführt, aus welchen Gründen Verjährung hinsichtlich aller Ansprüche eingetreten sein soll. Zudem kommt es für den Verjährungsbeginn gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf die Kenntnis und das Entstehen der Ansprüche bei der Klägerin (als Rechtsnachfolgerin) an. Ihr können entsprechende Ansprüche jedoch frühestens ab Übertragung der Rechte des Herrn C im Jahr 2020 entstanden sein, deren Verjährung mit Klageerhebung im August 2022 gehemmt wurde. Soweit die Beklagte eine konkreter gefasste Einrede der Verjährung im Hinblick auf etwaige Vindikationsansprüche erhoben hat, greift diese nicht durch, da Vindikationsansprüche vorliegend nicht zugesprochen wurden. -
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO. - Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
-
IV.
Der Streitwert wird auf 220.000,00 EUR festgesetzt.