4c O 17/23 – Elektrolysezellen

Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3376

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 25. April 2024, Az. 4c O 17/23

  1. A.
    I.
    1. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, der Klägerin an dem deutschen Patent Nr. DE 10 2021 103 XXX A1, angemeldet am 11. Februar 2021, offengelegt am 11. August 2022, eine alleinige Berechtigung durch Übertragung bzw. Abtretung des Anspruchs auf Patenterteilung einzuräumen und durch Erklärung gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt in die Umschreibung bzw. Eintragung der Anmeldung zu Gunsten der Klägerin beim Deutschen Patent- und Markenamt einzuwilligen;
  2. 2. die Beklagte zu 1) wird verurteilt, der Klägerin an der europäischen Patentanmeldung EP XXX.0 mit einem Anmeldetrag vom 19. Januar 2022 für alle benannten Vertragsstaaten die alleinige Berechtigung durch Übertragung bzw. Abtretung des Anspruchs auf Erteilung des europäischen Patentes einzuräumen und durch Erklärung gegenüber dem Europäischen Patentamt in die Umschreibung bzw. Eintragung der Anmeldung zu Gunsten der Klägerin beim Europäischen Patentamt einzuwilligen.
  3. I. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen über alle Länder, in denen durch die Überleitung der PCT-Patentanmeldung WO 2022/XXX A1 in die nationale Phase weitere Schutzrechte und Schutzrechtsanmeldungen sowie parallele in- und/oder ausländische Schutzrechtsanmeldungen und Schutzrechte zur Anmeldung bestehen, unter Angabe des jeweiligen Landes unter der jeweiligen nationalen Nummer des Schutzrechtes bzw. der Schutzrechtsanmeldung.
  4. II. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, der Klägerin die im Rahmen der unter I. genannten Anmeldung mit dem Deutschen Patent- und Markenamt geführte Korrespondenz, des Weiteren für die Schutzrechtsanmeldungen gemäß II. die Anmeldeunterlagen in Kopie zur Verfügung zu stellen.
  5. III. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang und auf welche Art die Beklagte zu 1) und/oder mit ihrem Einverständnis Dritte seit dem 11. Februar 2021
  6. 1. Verfahren zur Abdichtung und elektrischen Isolierung von Elektrolysezellen angeboten oder angewandt hat, umfassend oder bestehend aus den folgenden Schritten: (a) Bereitstellen einer Elektrolysezelle enthaltend oder bestehend aus:
    (a1) zwei metallischen Halbzellen, die den Anoden- und den Kathodenraum bilden,
    (a2) jeweils einer darin angeordneten Anode und einer Kathode,
    (a3) einer Separatormembran, die die beiden Elektroden voneinander trennt sowie
    (a4) gegebenenfalls Abstandshaltern, die die beiden Elektroden in ihren jeweiligen Elektrodenräumen positionieren,
    (a5) wobei die beiden Halbzellen über ihr Perimeter durch einen Spalt getrennt sind, und
    (b) Einbringen eines elektrisch isolierenden Kunststoffes in die Dichtfläche zwischen den beiden Halbzellen;
  7. und/oder
  8. 2. Elektrolysezellen hergestellt, angeboten, in den Verkehr gebracht, gebraucht oder zu den genannten Zwecken entweder eingeführt oder besessen hat,
    umfassend oder bestehend aus:
    (i) zwei metallischen Halbzellen, die den Anoden- und den Kathodenraum bilden,
    (ii) jeweils einer darin angeordneten Anode und einer Kathode,
    (iii) einer Separatormembran, die die beiden Elektroden voneinander trennt sowie
    (iv) gegebenenfalls Abstandshaltern, die die beiden Elektroden in ihren jeweiligen Elektrodenräumen positionieren,
    (v) wobei die beiden Halbzellen über ihr Perimeter durch einen Spalt getrennt sind, und
    (vi) die Dichtfläche zwischen den beiden Halbzellen durch einen elektrisch isolierenden Kunststoff adhäsiv verbunden ist,
  9. und zwar in einem aufgeschlüsselten, geordneten Verzeichnis unter Angabe insbesondere
     der Namen und Anschriften der Lizenznehmer unter Vorlage der entsprechenden Lizenzverträge in Kopie,
     der einzelnen Lizenzeinnahmen und/oder der sonstigen entgeltlichen Vorteile aus der Lizenzvergabe, aufgeschlüsselt nach Kalenderjahren unter Vorlage der Lizenzabrechnungen in Kopie,
     Austausch oder Verkauf der Erfinderrechte im In- und Ausland und über etwaige korrespondierende Gegenleistungen unter Vorlage der entsprechenden Verträge in Kopie,
     des erzielten Umsatzes,
     der Herstellungsmengen und -zeiten der in IV. genannten Erzeugnisse,
     der Menge der erhaltenen oder bestellten, in IV. genannten Erzeugnisse, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen,
     der einzelnen Lieferungen und Bestellungen von in IV. genannten Erzeugnissen, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Liefer- und Bestellmengen, -zeiten und -preisen,
  10. wobei die Beklagte hinsichtlich der Angaben zu den Spiegelstrichen 4 bis 7 Auftragsbelege, Auftragsbestätigungen, Rechnungen sowie Liefer- und Zollpapiere vorzulegen hat,
  11. wobei der Beklagten zu 1) vorbehalten bleibt, die Angaben gemäß Spiegelstrichen 1, 3 sowie 5 bis 7 statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernehmen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob eine bestimmte Lieferung oder ein bestimmter Abnehmer, ein bestimmtes Angebot oder ein bestimmter Angebotsempfänger in der Rechnung enthalten ist.
  12. IV. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1) der Klägerin für die aus der Eigen- und Fremdnutzung stammenden Vorteile, die durch die unter IV. bezeichneten, seit dem 11. Februar 2021 begangenen Handlungen erzielt oder in sonstiger Weise aus der Rechtstellung des Registerinhabers gezogen wurden, ausgleichungs-bzw. schadensersatzpflichtig ist.
  13. B.
    I.
    1. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, der Klägerin an dem deutschen Patent Nr. DE 10 2021 103 XXX A1, angemeldet am 17. Februar 2021, offengelegt am 11. August 2022, eine alleinige Berechtigung durch Übertragung bzw. Abtretung des Anspruchs auf Patenterteilung einzuräumen und durch Erklärung gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt in die Umschreibung bzw. Eintragung der Anmeldung zu Gunsten der Klägerin beim Deutschen Patent- und Markenamt einzuwilligen.
  14. 2. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, der Klägerin an der europäischen Patentanmeldung EP XXX.3 mit einem Anmeldetrag vom 20. Januar 2022 für alle benannten Vertragsstaaten die alleinige Berechtigung durch Übertragung bzw. Abtretung des Anspruchs auf Erteilung des europäischen Patentes einzuräumen und durch Erklärung gegenüber dem Europäischen Patentamt in die Umschreibung bzw. Eintragung der Anmeldung zu Gunsten der Klägerin beim Europäischen Patentamt einzuwilligen.
  15. II. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen über alle Länder, in denen durch die Überleitung der PCT-Patentanmeldung WO 2022/XXX A1 in die nationale Phase weitere Schutzrechte und Schutzrechtsanmeldungen sowie parallele in- und/oder ausländische Schutzrechtsanmeldungen und Schutzrechte zur Anmeldung bestehen, unter Angabe des jeweiligen Landes unter der jeweiligen nationalen Nummer des Schutzrechtes bzw. der Schutzrechtsanmeldung.
  16. III. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, der Klägerin die im Rahmen der unter I. genannten Anmeldung mit dem Deutschen Patent- und Markenamt geführte Korrespondenz, des Weiteren für die Schutzrechtsanmeldungen gemäß II. die Anmeldeunterlagen in Kopie zur Verfügung zu stellen.
  17. IV. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang und auf welche Art die Beklagte und/oder mit ihrem Einverständnis Dritte seit dem 17. Februar 2021
  18. 1. Elektrolysezellen hergestellt, angeboten, in den Verkehr gebracht, gebraucht oder zu den genannten Zwecken entweder eingeführt oder besessen hat,
    umfassend oder bestehend aus:
    (i) zwei metallischen Halbzellen, die den Anoden- und den Kathodenraum bilden,
    (ii) jeweils einer darin angeordneten Anode und einer Kathode,
    (iii) einer Separatormembran, die die beiden Elektroden voneinander trennt;
    (iv) jeweils mindestens einem Zu- und einem Ablauf für Edukt und Produkt; sowie
    (v) gegebenenfalls Abstandshaltern, die die beiden Elektroden in ihren jeweiligen Elektrodenräumen positionieren, wobei die beiden Halbzellen über ihren Perimeter verbunden, aber elektrisch isoliert sind und eine Wandstärke von 0,05 bis 0,15 mm aufweisen,
  19. und/oder
  20. 2. Verfahren zur Herstellung eines Elektrolyse-Stacks angeboten und/oder angewandt hat, umfassend oder bestehend aus den folgenden Schritten:
    (i) Bereitstellen von mindestens zwei Elektrolysezellen gemäß Anspruch 1;
    (ii) Bereitstellen von zwei Anpressplatten und
    (iii) Bereitstellen von mindestens zwei Zugstangen, wobei man
    (a) die mindestens zwei Elektrolysezellen durch Anlegen eines Unterdrucks vakuumversteift;
    (b) die vakuumversteiften Elektrolysezellen aus Schritt (a) elektrisch in Serie schaltet, indem man sie so zueinander anordnet bzw. stapelt, dass jeweils die kathodische Rückwand der ersten mit der anodischen Rückwand der folgenden Elektrolysezelle in Kontakt steht;
    (c) die gemäß Schritt (b) so in Serie geschalteten vakuumversteiften Elektrolysezellen mit Hilfe der mindestens zwei Zugstangen so zwischen den beiden Anpressplatten anordnet, dass ein fester Verbund entsteht, und
    (d) das Vakuum auf den Elektrolysezellen im festen Verbund wieder löst;
  21. und zwar in einem aufgeschlüsselten, geordneten Verzeichnis unter Angabe insbesondere
     der Namen und Anschriften der Lizenznehmer unter Vorlage der entsprechenden Lizenzverträge in Kopie,
     der einzelnen Lizenzeinnahmen und/oder der sonstigen entgeltlichen Vorteile aus der Lizenzvergabe, aufgeschlüsselt nach Kalenderjahren unter Vorlage der Lizenzabrechnungen in Kopie, – Austausch oder Verkauf der Erfinderrechte im In- und Ausland und über etwaige korrespondierende Gegenleistungen unter Vorlage der entsprechenden Verträge in Kopie,
     des erzielten Umsatzes,
     der Herstellungsmengen und -zeiten der in IV. genannten Erzeugnisse,
     der Menge der erhaltenen oder bestellten, in IV. genannten Erzeugnisse, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen,
     der einzelnen Lieferungen und Bestellungen von in IV. genannten Erzeugnissen, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Liefer- und Bestellmengen, -zeiten und -preisen,
  22. wobei die Beklagte zu 1) hinsichtlich der Angaben zu den Spiegelstrichen 4 bis 7 Auftragsbelege, Auftragsbestätigungen, Rechnungen sowie Liefer- und Zollpapiere vorzulegen hat,
  23. wobei der Beklagten zu 1) vorbehalten bleibt, die Angaben gemäß Spiegelstrichen 1, 3 sowie 5 bis 7 statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernehmen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob eine bestimmte Lieferung oder ein bestimmter Abnehmer, ein bestimmtes Angebot oder ein bestimmter Angebotsempfänger in der Rechnung enthalten ist.
  24. V. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1) der Klägerin für die aus der Eigen- und Fremdnutzung stammenden Vorteile, die durch die unter IV. bezeichneten, seit dem 17. Februar 2021 begangenen Handlungen erzielt oder in sonstiger Weise aus der Rechtstellung des Registerinhabers gezogen wurden, ausgleichungs-bzw. schadensersatzpflichtig ist.
  25. C.
    I.
    1. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, der Klägerin an dem deutschen Patent Nr. DE 10 2021 103 XXX A1, angemeldet am 18. Februar 2021, offengelegt am 11. August 2022, eine alleinige Berechtigung durch Übertragung bzw. Abtretung des Anspruchs auf Patenterteilung einzuräumen und durch Erklärung gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt in die Umschreibung bzw. Eintragung der Anmeldung zu Gunsten der Klägerin beim Deutschen Patent- und Markenamt einzuwilligen.
  26. 2. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, der Klägerin an der europäischen Patentanmeldung EP XXX.5 mit einem Anmeldetrag vom 20. Januar 2022 für alle benannten Vertragsstaaten die alleinige Berechtigung durch Übertragung bzw. Abtretung des Anspruchs auf Erteilung des europäischen Patentes einzuräumen und durch Erklärung gegenüber dem Europäischen Patentamt in die Umschreibung bzw. Eintragung der Anmeldung zu Gunsten der Klägerin beim Europäischen Patentamt einzuwilligen.
  27. II. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen über alle Länder, in denen durch die Überleitung der PCT-Patentanmeldung WO 2022/XXX A1 in die nationale Phase weitere Schutzrechte und Schutzrechtsanmeldungen sowie parallele in- und/oder ausländische Schutzrechtsanmeldungen und Schutzrechte zur Anmeldung bestehen, unter Angabe des jeweiligen Landes unter der jeweiligen nationalen Nummer des Schutzrechtes bzw. der Schutzrechtsanmeldung.
  28. III. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, der Klägerin die im Rahmen der unter I. genannten Anmeldung mit dem Deutschen Patent- und Markenamt geführte Korrespondenz, des Weiteren für die Schutzrechtsanmeldungen gemäß II. die Anmeldeunterlagen in Kopie zur Verfügung zu stellen.
  29. IV. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang und auf welche Art die Beklagte und/oder mit ihrem Einverständnis Dritte seit dem 18. Februar 2021
  30. 1. Verfahren zur Herstellung von Elektrolysezellen angeboten und/oder angewandt hat, und/oder Elektrolysezellen angeboten, in den Verkehr gebracht oder gebraucht hat oder zu den genannten Zwecken entweder eingeführt oder besessen hat, die das Verfahrenserzeugnis eines Verfahrens sind,
    bei dem man:
    (a) die folgenden Komponenten in der angegebenen oder der umgekehrten Reihenfolge übereinander legt,
    (a1) eine erste metallische Halbzelle, die den Anodenraum bildet;
    (a2) eine Anode;
    (a3) eine Separatormembran;
    (a4) eine Kathode; sowie
    (a5) eine zweite metallische Halbzelle, die den Kathodenraum bildet; und
    (b) die beiden metallischen Halbzellen entlang zweier Kanten ihres Perimeters in einem kontinuierlichen Prozess elektrisch isolierend verfügt, so dass ein Elektrolysezellenschlauch entsteht, wobei die metallischen Halbzellen eine Wandstärke von 0,05 bis 0,15 mm aufweisen;
  31. und/oder
  32. 2. Verfahren zur Herstellung eines Elektrolyse-Stacks angeboten und/oder angewandt hat, und/oder Elektrolyse-Stacks
    angeboten in den Verkehr gebracht oder gebraucht hat oder zu den genannten Zwecken entweder eingeführt oder besessen hat, die das Ergebnis eines Herstellungsverfahrens sind
    umfassend oder bestehend aus den folgenden Schritten:
    (i) Bereitstellen von mindestens zwei Elektrolysezellen gemäß dem vorstehend wiedergegebenen Patentanspruch 1;
    (ii) Bereitstellen von zwei Anpressplatten und
    (iii) Bereitstellen von mindestens zwei Zugstangen, wobei man
    (a) die mindestens zwei Elektrolysezellen durch Anlegen eines Unterdrucks vakuumversteift;
    (b) die vakuumversteiften Elektrolysezellen aus Schritt (a) elektrisch in Serie schaltet, indem man sie so zueinander anordnet bzw. stapelt, dass jeweils die kathodische Rückwand der ersten mit der anodischen Rückwand der folgenden Elektrolysezelle in Kontakt steht;
    (c) die gemäß Schritt (b) so in Serie geschalteten vakuumversteiften Elektrolysezellen mit Hilfe der mindestens zwei Zugstangen so zwischen den beiden Anpressplatten anordnet, dass ein fester Verbund entsteht, und
    (d) das Vakuum auf den Elektrolysezellen im festen Verbund wieder löst;
  33. und zwar in einem aufgeschlüsselten, geordneten Verzeichnis unter Angabe insbesondere
     der Namen und Anschriften der Lizenznehmer unter Vorlage der entsprechenden Lizenzverträge in Kopie,
     der einzelnen Lizenzeinnahmen und/oder der sonstigen entgeltlichen Vorteile aus der Lizenzvergabe, aufgeschlüsselt nach Kalenderjahren unter Vorlage der Lizenzabrechnungen in Kopie, – Austausch oder Verkauf der Erfinderrechte im In- und Ausland und über etwaige korrespondierende Gegenleistungen unter Vorlage der entsprechenden Verträge in Kopie,
     des erzielten Umsatzes,
     der Herstellungsmengen und -zeiten der in IV. genannten Erzeugnisse,
     der Menge der erhaltenen oder bestellten, in IV. genannten Erzeugnisse, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen,
     der einzelnen Lieferungen und Bestellungen von in IV. genannten Erzeugnissen, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Liefer- und Bestellmengen, -zeiten und -preisen,
  34. wobei die Beklagte hinsichtlich der Angaben zu den Spiegelstrichen 4 bis 7 Auftragsbelege, Auftragsbestätigungen, Rechnungen sowie Liefer- und Zollpapiere vorzulegen hat,
  35. wobei der Beklagten zu 1) vorbehalten bleibt, die Angaben gemäß Spiegelstrichen 1, 3 sowie 5 bis 7 statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernehmen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob eine bestimmte Lieferung oder ein bestimmter Abnehmer, ein bestimmtes Angebot oder ein bestimmter Angebotsempfänger in der Rechnung enthalten ist.
  36. V. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1) der Klägerin für die aus der Eigen- und Fremdnutzung stammenden Vorteile, die durch die unter IV. bezeichneten, seit dem 18. Februar 2021 begangenen Handlungen erzielt oder in sonstiger Weise aus der Rechtstellung des Registerinhabers gezogen wurden, ausgleichungs-bzw. schadensersatzpflichtig ist.
  37. D.
    I. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
  38. II. Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin und ihre eigenen außergerichtlichen Kosten hat die Beklagte zu 1) zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) hat die Klägerin zu tragen.
  39. III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.050.000,- Euro vorläufig vollstreckbar. Hinsichtlich der Kosten (Ziffer D.II.) ist das Urteil für die jeweilige vollstreckende Partei gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
  40. Tatbestand
  41. Die Klägerin verfolgt aus Patentrecht gegen die Beklagten Ansprüche auf Übertragung von deutschen sowie europäischen Patentanmeldungen, korrespondierende Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüche sowie die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung wegen Eigen- und Fremdnutzung der erfindungsgemäßen Lehren. Zudem begehrt die Klägerin von den Beklagten, der Streichung der Beklagten zu 2) als im Register eingetragene Erfinderin zuzustimmen.
  42. Die Klägerin, vormals firmierend unter „A GmbH“, abgekürzt auch „A“, gehört zum A-Konzern und befasst sich seit langer Zeit mit Technologien für Elektrolyseanlagen insbesondere auch im Bereich des sogenannten „grünen Wasserstoffs“. Grüner Wasserstoff wird durch Elektrolyse von Wasser hergestellt, wobei für die Elektrolyse ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energien zum Einsatz kommen soll. Die technische Expertise für die Erzeugung von grünem Wasserstoff nach dem Prinzip der alkalischen Wasserelektrolyse (XXX) beruht auf der tradierten Expertise der Klägerin im Bereich der Chlor-Alkali-Elektrolyse (vgl. Anlagen K 2, K 3).
  43. Die Beklagte zu 1), die B GmbH, ist eine Wettbewerberin der Klägerin, die auf eine Gründung durch kürzlich ausgeschiedene Mitarbeiter der Klägerin bzw. der A AG zurückzuführen ist. Sie wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 16. Dezember 2020 gegründet. Eingetragener Geschäftsgegenstand der Beklagten zu 1) ist das Anbieten von Services sowie Entwicklung, Engineering, Produktion und Vertrieb von Anlagen und deren Komponenten für die Erzeugung von Wasserstoff mittels Elektrolyse, wobei ihre jeweils allein vertretungsberechtigten Geschäftsführer, die aus dem Rubrum ersichtlichen Personen sind (vgl. Anlage K 6). Auch die Beklagte zu 2) zählte ursprünglich zu den Geschäftsführern der Beklagten zu 1). Insbesondere gehört die Produktion sog. „Stacks“ zum Betätigungsfeld der Beklagten zu 1). Die Beklagte zu 1) strebt an, als systemunabhängiger Technologielieferant für alkalische Elektrolysestacks zu fungieren.
  44. Vor ihrer Beschäftigung bei der Beklagten waren die beiden Geschäftsführer und die Beklagte zu 2) im Unternehmenskonzern der Klägerin tätig.
  45. Die Beklagte zu 2) (nachfolgend auch: FL) war seit dem 1. Juli 2016 bei der A AG beschäftigt und zuletzt in der Funktion einer „Projektmanagerin“ im Bereich des Projektes „XXX“ („XXX“) in der Abteilung „XXX“ tätig. Im Rahmen eines Freiwilligenprogramms wurde dieses Arbeitsverhältnis zum 31. März 2020 einvernehmlich beendet und FL wurde auf der Grundlage des dreiseitigen Vertrags „XXX“ mit Befristung bis zum 30. September 2021 bei der Transfergesellschaft tatsächlich bis zum 28. Februar 2021 weiterbeschäftigt (Anlage K 37).
  46. In der Zeit von 2012 bis 2016 war FL im Forschungszentrum XXX beschäftigt in der Elektrolyse-Abteilung. Von 2014 bis Juni 2016 war sie dort Abteilungsleiterin für den Bereich „Elektrochemie Elektrolyse“. Hier beschäftigte sich FL im Schwerpunkt mit der Elektrochemie und forschte an den drei Wasserelektrolyse-Technologien alkalische Elektrolyse (AEL), Polymerelektrolytmembran Elektrolyse (PEM) und alkalische PEM Elektrolyse (P). FL hat auf dem Gebiet der Elektrolysetechnik und der Wasserstofftechnologie umfangreich publiziert (vgl. Anlage B 6). Während ihrer Tätigkeit am Forschungszentrum betreute sie außerdem einige Dissertationen sowie andere Studienabschlussarbeiten, welche sich im weiten Sinne auf diesem Feld bewegten. FL wirkte während ihrer Tätigkeit beim Forschungszentrum XXX, wo sie bereits von 2009 bis 2012 als Doktorandin am Institut für Energie- und Klimaforschung als Doktorandin tätig war, an Patentanmeldungen aus den Bereichen der Brennstoffzellen-Technologie beziehungsweise der Wasserelektrolyse mit (DE 10 2014 000 XXX A1 und DE 10 2016 014 XXX A1). Die erstgenannte Patentanmeldung betraf das Themengebiet ihrer Dissertation (Materialprüfung von Membranen für Polymerelektrolytbrennstoffzellen), die zweitgenannte eine neuartige Elektrolysezelle sowie das Verfahren zum Betreiben einer solchen Zelle (Betrieb einer PEM-Elektrolyse ohne anodische Medienversorgung). Außerdem verfolgte FL eine Tätigkeit als externe Expertin und vertrat das Forschungszentrum XXX auf internationalen Kongressen; sie engagierte sich in diversen mitunter öffentlich finanzierten Projekten (Bl. 143 f. GA). Die Idee, sich schließlich selbständig zu machen, und ein Unternehmen zu gründen, kam bei FL im Juli 2019 auf.
  47. Herr GP (nachfolgend auch: GP) war vom 1. September 2011 bis zum 31. Dezember 2020 bei der Klägerin in der Funktion des „XXX“ sowohl des Bereiches ESH (Energy Storage and Hydrogen) als auch des Bereiches „Electrochemical Technologies“ beschäftigt (vgl. Anlagen K 38, K 39). Im Juni 2020 wurde GP von der Klägerin beauftragt, ein Konzept für das XXX Projekt zu erstellen – ein Förderprojekt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung betreffend die serienmäßige Herstellung von Elektrolyseuren im Bereich „Grüner Wasserstoff“. In dieses Projekt blieb er auch nach seiner Kündigung bis November 2020 einbezogen – GP kündigte sein Beschäftigungsverhältnis am 24. August 2020 zum 31. Dezember 2020 (Anlage K 43). Auch die Beklagte zu 1) nahm an dem Ideenwettbewerb für dieses Projekt teil.
  48. Herr HL (nachfolgend auch: HL) war vom 1. Februar 2014 bis zum 28. Februar 2021 zuletzt als „XXX“ im Bereich Energy Storage & Hydrogen bei der Klägerin beschäftigt (Anlage K 45). Das Anstellungsverhältnis wurde mit Schreiben der Klägerin vom 3. November 2020 aufgrund der Kündigung seitens des HL vom 28. September 2020 zum 31. März 2021 beendet (Anlage K46). Tatsächlich verständigten sich die Klägerin und HL auf dessen Austritt zum 28. Februar 2021, wobei er mit Schreiben vom 14. Januar 2021 unverzüglich freigestellt worden war (Anlagen K 47, K 48). Als Miterfinder an etlichen Patentanmeldungen verfügt er über Expertise zum Thema Elektrolyse. Seine Bestellung als Geschäftsführer bei der Beklagten zu 1) erfolgte zum 31. März 2021 (Anlage K 5).
  49. Die Beklagte zu 1) hat im Februar 2021 drei Schutzrechte angemeldet: die DE 10 2021 103 XXX A1 (nachfolgend auch: DE‘XXX bzw. VP I), die DE 10 2021 103 XXX A1 (nachfolgend auch: DE‘XXX bzw. VP II) sowie die DE 10 2021 103 XXX A1 (nachfolgend auch: DE‘XXX bzw. VP III).
  50. Unter Inanspruchnahme der Prioritäten der vorstehend angeführten deutschen Patentanmeldungen hat die Beklagte zu 1) außerdem folgende PCT-Anmeldungen getätigt:
  51. – WO 2022/XXX A1 mit Priorität aus DE 10 2021 103 XXX vom 11. Februar 2021
    – WO 2022/XXX A1 mit Priorität aus DE 10 2021 103 XXX.2 vom 17. Februar 2021
    – WO 2022/XXX A1 mit Priorität aus DE 10 2021 103 XXX.4 vom 18. Februar 2021
  52. Die DE‘XXX wurde am 11. Februar 2021 angemeldet und unter dem 11. August 2022 offengelegt. FL ist als Erfinder benannt. Die Anmeldung betrifft ein Verfahren zur Abdichtung einer Elektrolysezelle (vgl. Anlage K 17).
  53. Verfahrensanspruch 1 lautet wie folgt:
  54. „Verfahren zur Abdichtung und elektrischen Isolierung von Elektrolysezellen, umfassend oder bestehend aus den folgenden Schritten: (a) Bereitstellen einer Elektrolysezelle enthaltend oder bestehend aus: (a1) zwei metallischen Halbzellen, die den Anoden- und den Kathodenraum bilden, (a2) jeweils einer darin angeordneten Anode und einer Kathode, (a3) einer Separatormembran, die die beiden Elektroden voneinander trennt sowie (a4) gegebenenfalls Abstandshaltern, die die beiden Elektroden in ihren jeweiligen Elektrodenräumen positionieren, (a5) wobei die beiden Halbzellen über ihr Perimeter durch einen Spalt getrennt sind, und (b) Einbringen eines elektrisch isolierenden Kunststoffes in die Dichtfläche zwischen den beiden Halbzellen.“
  55. Vorrichtungsanspruch 9 hat den nachfolgend wiedergegebenen Wortlaut:
  56. „Elektrolysezelle umfassend oder bestehend aus (i) zwei metallischen Halbzellen, die den Anoden- und den Kathodenraum bilden, (ii) jeweils einer darin angeordneten Anode und einer Kathode, (iii) einer Separatormembran, die die beiden Elektroden voneinander trennt sowie (iv) gegebenenfalls Abstandshaltern, die die beiden Elektroden in ihren jeweiligen Elektrodenräumen positionieren, (v) wobei die beiden Halbzellen über ihr Perimeter durch einen Spalt getrennt sind, und (vi) die Dichtfläche zwischen den beiden Halbzellen durch einen elektrisch isolierenden Kunststoff adhäsiv verbunden ist.“
  57. Die im Folgenden abgebildeten Figuren 1 und 2 der Anmeldeschrift veranschaulichen die erfindungsgemäße Lehre:
  58. Die Abbildung 1 zeigt schematisch, dass die beiden Elektroden zum einen durch ein Diaphragma bzw. eine Separatormembran (S) voneinander getrennt und zum anderen jeweils mit Hilfe eines elastischen oder auch steifen Abstandshalters (X1, X2) in den entsprechenden Gehäuseteilen („Halbzellen“) fixiert werden. Die Abbildung 2 zeigt schematisch einen Querschnitt des Perimeters (P) über den sich die Dichtmasse (D) verteilt; in der Mitte ist die Separatormembran (S) zu erkennen, deren Enden ebenfalls von der Dichtmasse umschlossen werden. Die Abbildung 3 zeigt ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel eines Einschweißausgießers aus spritzgussfähigem Kunststoff.
  59. Die DE‘XXX wurde am 17. Februar 2021 angemeldet und der Hinweis auf ihre Anmeldung am 18. August 2022 offengelegt. Die Beklagte zu 1) ist als Anmelderin benannt sowie FL als Erfinderin (Anlage K 20). Die DE‘XXX betrifft eine Elektrolysezelle.
  60. Ihr Anspruch 1 heißt:
  61. „Elektrolysezelle umfassend oder bestehend aus (i) zwei metallischen Halbzellen, die den Anoden- und den Kathodenraum bilden, (ii) jeweils einer darin angeordneten Anode und einer Kathode, (iii) einer Separatormembran, die die beiden Elektroden voneinander trennt; (iv) jeweils mindestens einem Zu- und einem Ablauf für Edukt und Produkt; sowie (v) gegebenenfalls Abstandshaltern, die die beiden Elektroden in ihren jeweiligen Elektrodenräumen positionieren, wobei die beiden Halbzellen über ihren Perimeter verbunden, aber elektrisch isoliert sind und eine Wandstärke von 0,05 bis 0,15 mm aufweisen.“
  62. Anspruch 7 lautet:
  63. „Elektrolyse-Stack, umfassend oder bestehend aus (i) mindestens zwei Elektrolysezellen gemäß Anspruch 1, (ii) zwei Anpressplatten und (iii) mindestens zwei Zugstangen, wobei (a) die beiden Anpressplatten einander gegenüberstehen und durch die mindestens zwei Zugstangen beweglich oder starr beabstandet sind (b) die mindestens zwei Elektrolysezellen zwischen den beiden Anpressplatten so zueinander angeordnet bzw. gestapelt sind, dass jeweils die kathodische Rückwand der ersten mit der anodischen Rückwand der folgenden Elektrolysezelle in Kontakt steht; und (c) die Anpressplatten so zueinander beabstandet, sind, dass zusammen mit den mindestens zwei vakuumversteiften Elektrolysezellen ein fester Verbund besteht.“
  64. Der Verfahrensanspruch 9 in Bezug auf ein Elektrolyse-Stack hat folgenden Wortlaut:
  65. „Verfahren zur Herstellung eines Elektrolyse-Stacks, umfassend oder bestehend aus den folgenden Schritten: (i) Bereitstellen von mindestens zwei Elektrolysezellen gemäß Anspruch 1; (ii) Bereitstellen von zwei Anpressplatten und (iii) Bereitstellen von mindestens zwei Zugstangen, wobei man (a) die mindestens zwei Elektrolysezellen durch Anlegen eines Unterdrucks vakuumversteift; (b) die vakuumversteiften Elektrolysezellen aus Schritt (a) elektrisch in Serie schaltet, indem man sie so zueinander anordnet bzw. stapelt, dass jeweils die kathodische Rückwand der ersten mit der anodischen Rückwand der folgenden Elektrolysezelle in Kontakt steht; (c) die gemäß Schritt (b) so in Serie geschalteten vakuumversteiften Elektrolysezellen mit Hilfe der mindestens zwei Zugstangen so zwischen den beiden Anpressplatten anordnet, dass ein fester Verbund entsteht, und (d) das Vakuum auf den Elektrolysezellen im festen Verbund wieder löst.“
  66. Sie weist zu der DE‘XXX identische Abbildungen 1 bis 3 auf. Ergänzend kommt Abbildung 4 hinzu, die einen Elektrolyse-Stack zeigt:
  67. Die Anmeldung des DE‘XXX erfolgte am 18. Februar 2021 und deren Offenlegung am 18. August 2022 (Anlage K24). Anmelderin ist auch hier die Beklagte zu 1) sowie als Erfinderin benannt FL. Die DE‘XXX betrifft Verfahren zur Herstellung einer Elektrolysezelle und eines entsprechenden Elektrolyse-Stacks.
  68. Verfahrensansprüche 1 und 10 lauten wie folgt:
  69. „Verfahren zur Herstellung von Elektrolysezellen, bei dem man (a) die folgenden Komponenten in der angegebenen oder der umgekehrten Reihenfolge übereinander legt, (a1) eine erste metallische Halbzelle, die den Anodenraum bildet; (a2) eine Anode; (a3) eine Separatormembran; (a4) eine Kathode; sowie (a5) eine zweite metallische Halbzelle, die den Kathodenraum bildet; und (b) die beiden metallischen Halbzellen entlang zweier Kanten ihres Perimeters in einem kontinuierlichen Prozess elektrisch isolierend verfügt, so dass ein Elektrolysezellenschlauch entsteht, wobei die metallischen Halbzellen eine Wandstärke von 0,05 bis 0,15 mm aufweisen.“
  70. „Verfahren zur Herstellung eines Elektrolyse-Stacks, umfassend oder bestehend aus den folgenden Schritten: (i) Bereitstellen von mindestens zwei Elektrolysezellen gemäß mindestens einem der Ansprüche 1 bis 8; (ii) Bereitstellen von zwei Anpressplatten und (iii) Bereitstellen von mindestens zwei Zugstangen, wobei man (a) die mindestens zwei Elektrolysezellen durch Anlegen eines Unterdrucks vakuumversteift; (b) die vakuumversteiften Elektrolysezellen aus Schritt (a) elektrisch in Serie schaltet, indem man sie so zueinander anordnet bzw. stapelt, dass jeweils die kathodische Rückwand der ersten mit der anodischen Rückwand der folgenden Elektrolysezelle in Kontakt steht; (c) die gemäß Schritt (b) so in Serie geschalteten vakuumversteiften Elektrolysezellen mit Hilfe der mindestens zwei Zugstangen so zwischen den beiden Anpressplatten anordnet, dass ein fester Verbund entsteht, und (d) das Vakuum auf den Elektrolysezellen im festen Verbund wieder löst.“
  71. Die vier in der Anmeldeschrift enthaltenen Abbildungen stimmen mit denjenigen der DE‘XXX (Abbildungen 1 bis 3) sowie derjenigen der DE‘XXX (Abbildung 4) überein.
  72. Außerdem sind nationale Teile von Europäischen Patentanmeldungen bekannt geworden. In Bezug auf das DE‘XXX ist am 19. Januar 2022 die europäische Patentanmeldung EP XXX.0 unter Inanspruchnahme der Priorität der DE‘XXX eingetragen und am 18. August 2022 offengelegt worden. Die Anmeldung betrifft ein Verfahren zur Abdichtung einer Elektrolysezelle (vgl. Anlage K 79).
  73. Unter Inanspruchnahme der Priorität der DE‘XXX vom 17. Februar 2021 wurde am 20. Januar 2022 die EP XXX.3 angemeldet und am 25. August 2022 offengelegt. Diese Anmeldung betrifft eine Elektrolysezelle (vgl. Anlage K 80).
  74. Die Anmeldung zum EP XXX.5 wurde am 20. Januar 2022 unter Inanspruchnahme der Priorität der DE‘XXX vom 18. Februar 2021 vorgenommen; deren Offenlegung erfolgte am 25. August 2022 und die Anmeldung betrifft ein Verfahren zur Herstellung einer Elektrolysezelle und eines entsprechenden Elektrolyse-Stacks.
  75. Im Unternehmen der Klägerin fanden verschiedene Entwicklungs- und Erfindungsprojekte wie „XXX“ und insbesondere ein Workshop vom 3. bis 4. Juli 2019 statt (vgl. zum Programmablauf: Präsentation gemäß Anlage K 7), der in der nachbereitenden Präsentation vom 20. November 2019 (Anlage K 11) und der Präsentation „XXX“ vom 17. Dezember 2019 (Anlage K 14) sowie der Präsentation vom 29. Mai 2020 (Anlage K 16) aufbereitet wurde, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob und ggf. zu welchen Erfindungen es ausgehend von den Workshops gekommen ist.
  76. Der Workshop im Juli 2019 dauerte zwei Tage und wurde von Herrn D und Herrn E zusammen mit Herrn F organisiert und vorbereitet. Für die Durchführung des Workshops wurden im Vorfeld die teilnehmenden Personen in mehrere Kategorien eingeteilt: F – Facilitator, E – Expert und Team. Alle Teilnehmer wurden in die Arbeitsgruppen A – E eingeteilt und Gruppen-Räumen zugewiesen. Im Verlauf des zweitägigen Workshops sind die Facilitatoren und Experts in ihren Räumen verblieben, während die übrigen Teammitglieder gerade im Verlauf des zweiten Tages durch die verschiedenen Räume rotiert sind, um die erarbeiteten Ideen der anderen Gruppen zur Kenntnis zu nehmen.
  77. In den Gruppen stellte zunächst jeder Teilnehmer seine auf Zetteln notierten Ideen den anderen Teilnehmern der Gruppe vor. Diese wurden dann in einem Gespräch innerhalb der Gruppe unter Umständen weiter ergänzt, kombiniert und durch neue Ideen erweitert. Die Zettel wurden an eine Pinnwand im jeweiligen Raum angeheftet. Am Ende des ersten Tages (vgl. Agenda, Anlage K 7, Seite 35) kamen alle Teilnehmer im Plenum zusammen (Anlage K 55; Anlage K 10, Bilder P1220099.JPG, P1220103.JPG, P1220110.JPG). Hierbei wurde jeweils eine Idee (Highlight) jeder Gruppe auf Zetteln im Plenum innerhalb von 3 Minuten pro Gruppe vorgestellt. In den Gruppenräumen wurde das vorzustellende Highlight zuvor ausgewählt, indem Klebepunkte vergeben wurden. Eine Pinnwand wies die nachfolgend eingeblendete Anordnung von Zetteln nebst bewertender Klebepunkte auf, wobei zwischen den Parteien hierzu in Streit steht, ob diese Pinnwand – der Gruppe C – am Ende des ersten Tages im Raum des Plenums aufgestellt war oder im Gruppenraum C verblieb:
  78. Am ersten Workshoptag waren GP, HL sowie die Beklagte zu 2) im Plenum anwesend.
  79. Am zweiten Tag rotierten die Teams der jeweiligen Gruppe durch die Räume und betrachteten die Ideen der anderen Gruppen und versuchten diese zu erweitern und/oder zu ergänzen. Der „Facilitator“ und der „Experte“ der jeweiligen Gruppe verblieben in dem Raum der eigenen Gruppe. Danach kamen die Teams in ihrer ursprünglichen Zusammensetzung zur Besprechung der Ergänzungen in ihren jeweiligen Räumen zusammen. Jede Gruppe suchte ein Highlight aus und stellte dieses im Anschluss im Plenum vor.
  80. Die Highlight-Präsentation der Gruppe A war am zweiten Workshoptag im Plenum wie folgt gestaltet (Anlage K 9, P1220201.JPG):
  81. Präsentiert wurde die von der Gruppe A entwickelte Idee im Plenum von Herrn G aus der Gruppe E, ergänzt um die Skizze auf dem weißen Zettel zur Anordnung der Zellen in einem Stack (vgl. Anlage K 56).
  82. Hinsichtlich der Präsentation durch Herrn G, welcher als Verfahrensingenieur im Bereich der Polymerisationstechnik für ethylenbasierte Kunststoffe tätig war, steht zwischen den Parteien in Streit, inwieweit die Geschäftsführer der Beklagten zu 1) sowie die Beklagte zu 2) den Inhalt der Klebezettel, vor allem des rosafarbenen, wahrgenommen haben und ob dieser im Plenum ausdrücklich besprochen wurde.
  83. Die Beklagte zu 2) stellte im Plenum im Anschluss an Herrn G das Highlight der Gruppe D vor. Die Abschlusspräsentationen mussten innerhalb von 10 Minuten erfolgen, wovon die letzten fünf Minuten einer Diskussion dienten; ein an die Wand geworfener Countdown zählte die Zeit dazu rückwärts. Final haben die Workshop-teilnehmer eine Zuordnung der unterschiedlichen Ideen wie auf der Fotografie Anlage K 84 vorgenommen:
  84. Die Zuordnung des Zettels mit der Notiz „bag-in-box“ erfolgte unmittelbar nach dem Vortrag von Herrn G (Triplik S. 12). Am zweiten Workshoptag waren GP durchgängig sowie FL jedenfalls ab mittags anwesend.
  85. Die weiteren Workshops im November sowie Dezember 2019 dienten insbesondere auch der Aufbereitung des Juli-Workshops. GP und HL waren sowohl zumindest teilweise bei diesen Treffen anwesend als auch in E-Mail-Kommunikation eingebunden, wobei Gegenstand der E-Mail-Versendung mitunter Links zu auf dem XXX-Server der Klägerin hinterlegten Fotos sowie Präsentationen und Bewertungen war (vgl. Anlage K 58). Zwischen GP und einer weiteren Mitarbeiterin fand E-Mail-Korrespondenz zumindest hinsichtlich der sprachlichen Überprüfung eines einseitigen Entwurfs, welcher sich inhaltlich auf Erkenntnisse aus dem XXX Workshop, namentlich eine „XXX“-Zelle, bezog, statt (Anlage K 66). Bezüglich aller dieser dem Juli-Workshop nachgelagerten Vorgänge steht in Streit, ob GP und HL inhaltlich Kenntnis vom Zelldesign mit Materialwahl, -stärke, Gestaltung des Ausgießers sowie der Zusammenfassung von Einzelzellen in Stacks erhalten haben.
  86. Die Klägerin ist der Ansicht, dass alle drei Patentanmeldungen vollumfänglich auf Erfindungen und Entwicklungstätigkeiten der Klägerin zurückgehen, die, wie sie behauptet, bereits im Juli 2019 im Geschäftsbereich der Klägerin getätigt worden seien. Seitens der Beklagten zu 1) habe durch die Anmeldung der Schutzrechte eine widerrechtliche Entnahme stattgefunden.
  87. Erfinder der streitgegenständlichen erfindungsgemäßen Lehren seien E und H sowie Herr I und J hätten ihre Ideen zum „XXX“-Design mündlich in der Gruppe A eingebracht, welcher Herr J als Experte zugeordnet war (vgl. Anlage K 7, S. 72). Andere Gruppenteilnehmer hätten diese Ideen verschriftlicht. In der Folge aber seien I und J von GP von Arbeitnehmererfindermeldungen abgehalten worden, aufgrund derer die Klägerin ansonsten hätte eigene Patentanmeldungen vornehmen können. Erst nach dem Ausscheiden von GP aus dem Unternehmen der Klägerin hätten diese beiden im Juni 2021 eine Arbeitnehmererfindermeldung eingereicht (Anlage K 27). Diese beziehe sich auf das erfindungsgemäße „XXX“- und „XXX“-Design (Bl. 86 GA). Die Klägerin habe auf dieser Grundlage zwei PCT-Anmeldungen vorgenommen (PCT/EPXXX/XXX (Anlage K 28) und PCT/EPXXX/XXX (Anlage K 29)). Die Klägerin habe im März 2023 (Anlagen K 71-73) die Erfindungen der Herren J, I und G in Anspruch genommen. Ferner habe die Klägerin gegenüber allen Workshopteilnehmern, einschließlich der Geschäftsführer der Beklagten zu 1), vorsorglich eine Inanspruchnahme hinsichtlich der getätigten Erfindung bzw. der jeweiligen schöpferischen Beiträge erklärt.
  88. Vor diesem Hintergrund sei die Klägerin zur Klage berechtigt, da sie Rechtsnachfolgerin der Erfinder geworden sei und ihr die Rechte aus der Erfindung und somit auch die Patentanmeldungen als Diensterfindungen zustünden. Die Arbeitgeberin von Herrn G, die A H AG, habe die ihr aus Arbeitnehmererfinderrecht zustehenden Rechte abgetreten (vgl. Anlage K 86).
  89. Die Klägerin sei daher als Erfindungsbesitzerin aktivlegitimiert. Insbesondere die zeichnerischen Darstellungen der Ideen aus dem Workshop auf den kleinen Post-its, wie sie an der Stellwand angebracht worden seien, würden die erfindungsgemäßen Lehren der Anmeldungen zeigen. Die Idee, die Struktur der XXX Batterien mit geringer Materialstärke auf die Elektrolysezellen zu übertragen, sei Kern der Idee gewesen. Zudem sei ein Verschluss vorgesehen gewesen, wie er von „XXXs“ bekannt gewesen sei. Daran orientiere sich auch die dünnere Außenwand. Die beiden Metallschichten der Halbzellen sollten adhäsiv mittels elektronisch isolierendem Kunststoff abgedichtet und nicht mehr durch Kraftschluss miteinander verbunden werden. Hierbei sei das neue Elektrolysezellendesign, das in dem Workshop vom 3./4. Juli 2019 bei der Klägerin entwickelt worden sei, gleichwertig als „XXX“ bzw. „XXX“ Design bezeichnet worden. Das neue Konzept „XXX“ bzw. „XXX“ könne ebenso unter dem Stichwort „M“ zusammengefasst werden. Dies meine eine Elektrolysezelle mit einer Zellwand aus instabiler Folie, wobei diese (mechanisch instabilen) Folienzellen sodann als Stapel in einem stabilen umgebenden Gehäuse eingefasst werden sollten.
  90. Dass es sich bei den Ergebnissen des Workshops um eine fertige Erfindung gehandelt habe, zeige sich auch an der Machbarkeitsstudie (Anlage K 68). Diese belege, dass die Klägerin an dieser Erfindung im Nachgang festgehalten habe.
  91. Zwischen dem älteren Erfindungsbesitz der Klägerin und den Lehren der VP I bis III bestehe Wesensgleichheit. Auch das kontinuierliche Verfahren nach der DE‘XXX sei bereits im Juli-Workshop bei der Klägerin herausgearbeitet und dort als „XXX“ bezeichnet worden. Dementsprechend werde dieses Herstellungsverfahren auch in den nachfolgenden Präsentationen aufgegriffen. Es sei auch vorbekannt gewesen, Rolle-zu-Rolle zu produzieren; es sei so, was unstreitig ist, insbesondere bei Lithium Batteriezellen eingesetzt worden. Nur die Übertragung auf Elektrolysezellen mit dünnen Metallschichten sei neuartig gewesen.
  92. Der erforderliche Wissenstransfer auf die Beklagte zu 1) sei gegeben. Hierbei komme es auf einen Wissenstransfer durch deren Geschäftsführer an. FL habe von den jeweils wesentlichen Gedanken der streitigen Patentanmeldungen im Rahmen des Juli-Workshops Kenntnis erlangt. Bei der Präsentation der Ergebnisse sowohl am ersten als auch als auch am zweiten Workshoptag sei sie im Publikum gewesen und habe insbesondere auch die zeichnerischen Ergebnisse wahrnehmen können. Die A AG habe ihre Rechte an der (etwaigen) Diensterfindung von FL an die Klägerin abgetreten (vgl. Anlage K 87). Fl sei nämlich, was unstreitig ist, nicht bei der Klägerin beschäftigt gewesen, sondern zunächst bei der A AG und im Anschluss bei einer Transfergesellschaft, der N GmbH (Anlage K 37). Auch die während dieser nachlaufenden Zeit getätigten Erfindungen seien als Diensterfindungen zu begreifen und stünden somit dem Arbeitgeber und aufgrund der Abtretung letztlich der Klägerin zu. Auch GP sei während der Präsentation der Workshop-Ergebnisse zugegen gewesen; er habe durchgängig teilgenommen. Zudem habe er Kenntnis von den nachfolgenden Präsentationen aus November/Dezember 2019, welche die Ergebnisse ausgewertet und aufbereitet hätten. Er habe zudem eine vollumfängliche Zugriffsberechtigung auf den Server „XXX“, auf dem die Präsentationen abgelegt gewesen seien und somit die jederzeitige Kenntnisnahmemöglichkeit vom Gegenstand der Erfindungen. In der Zeit von August bis Dezember 2020 habe GP über seinen Dienstlaptop unbefugterweise Dateien von ebenjenem Server auf eine private externe Festplatte heruntergeladen, dies sei durch ein IT-forensisches Gutachten bestätigt worden (Anlage K 69). Auch dies spreche für entsprechendes Wissen des GP. In ähnlicher Weise habe auch HL von diesen Entwicklungen neben seiner Anwesenheit im Juli-Workshop Kenntnis erlangt.
  93. Es gelte ferner ein Anscheinsbeweis dafür, dass es sich bei den streitgegenständlichen Erfindungen aus Februar 2021 um Diensterfindungen gehandelt habe. Schon die zeitlichen Abläufe würden eine andere Bewertung nicht zulassen.
  94. Die Beteiligung der Beklagten zu 1) am Projekt XXX des Bundesministeriums für Bildung und Forschung habe nur aufgrund ihrer widerrechtlichen Patentanmeldungen und technischen Know-hows der Klägerin erfolgen können. Der Förderantrag stimme mit der Struktur des Förderantrags der Klägerin überein.
  95. Die Klägerin beantragt,
    zu erkennen wie geschehen, mit Ausnahme des Wirtschaftsprüfervorbehalts und zusätzlich,
  96. die Beklagte zu 1) und zu 2) zu verurteilen, gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt und dem Europäischen Patentamt jeweils ihre Zustimmung zu erklären, dass die Erfindernennung in den unter Ziff. I.1 und I.2. (jeweils rückbezogen auf VP I, VP II und VP III) genannten Schutzrechten dahingehend geändert wird, dass die Beklagte zu 2), Frau Dr. O, als benannte Erfinderin gestrichen wird.
  97. Die Beklagten beantragen,
    die Klage abzuweisen und zudem der Beklagten zu 1) einen Wirtschaftsprüfervorbehalt hinsichtlich des jeweiligen Antrags zu Ziff. IV einzuräumen, wobei dieser neben den tenorierten Angaben zusätzlich einzelnen Lizenzeinnahmen sowie sonstigen entgeltlichen Vorteilen aus der Lizenzvergabe sowie den erzielten Umsatz erfassen sollte.
  98. Sie sind der Ansicht, dass die Klage unbegründet sei. Der Klägerin stehe insbesondere kein Anspruch auf vollständige oder anteilige Übertragung der Patentanmeldungen zu. Für den Anspruch auf Streichung der FL aus dem Register bestehe kein Rechtschutzbedürfnis, es könne allenfalls eine Neubenennung erfolgen, sodass die Klage insoweit auch schon unzulässig sei. Im Übrigen sei die Eintragung der FL zu recht erfolgt.
  99. Der Klägerin fehle hinsichtlich der Patentvindikation die Anspruchsberechtigung. Sie sei nicht Inhaberin der streitgegenständlichen Erfindung. Die Voraussetzungen einer widerrechtlichen Entnahme seien nicht erfüllt.
  100. Es habe auf Seiten der Klägerin keine fertige Erfindung gegeben, als die drei Patentanmeldungen der Beklagten zu 1) getätigt worden seien. Auch die in der Erfindermeldung vom 28. Juni 2021 angegebene Literaturrecherche aus April 2021 belege, dass die Erfindung vor dem Anmeldetag des DE‘XXX am 11. Februar 2021 gar nicht fertiggestellt gewesen sei. Insoweit sei den Materialien des Juli-Workshops nicht eindeutig zu entnehmen, was Gegenstand von Entwicklungen gewesen sein sollte.
  101. FL habe nach vollständiger Fertigstellung der Erfindungen ihre Rechte hieran auf die Beklagte zu 1) übertragen, welche sodann die Anmeldungen vorgenommen habe. Der Gedanke, sich selbständig zu machen, habe sich seit einem Grillabend am 19. Juli 2019 entwickelt. Die Idee sei gewesen, als systemunabhängiger Technologielieferant für alkalische Elektrolysestacks zu fungieren. Zum Geschäftsmodell sowie zu den streitgegenständlichen Erfindungen habe sich FL ab dem September 2019 Gedanken gemacht. Sie habe erkannt, dass mittels Materialwahl, Herstellungsvorgang sowie Materialstärke Kosten eingespart werden könnten. Sie habe Inhalt von ihr vorbekannten Dissertationen aus ihrer Zeit und Tätigkeit in XXX auf Elektrolysezellen für P übertragen. FL sei zu derlei Transferleistungen in der Lage gewesen. GP sei an den streitgegenständlichen Erfindungen nicht beteiligt gewesen. Ebenso wenig habe HL am Gegenstand dieser Anmeldungen mitgewirkt.
  102. Es fehle zudem ein Wissenstransfer von etwaigen Erfindungen der Klägerin auf die Beklagte zu 1). FL habe im Rahmen des Juli-Workshops außer der kurzen Erklärung im Rahmen der Abschlussveranstaltung keinerlei nähere Erläuterungen zum Inhalt des rosa Klebezettels erhalten. Am Vormittagsprogramm des zweiten Tages habe sie schon aufgrund anderweitiger dienstlicher Termine nicht teilgenommen. Ebenso wenig habe sie zu einem anderen Zeitpunkt Kenntnis von dessen Inhalt erlangt. FL seien die Präsentationen im Anschluss des Workshops nicht zur Kenntnis gebracht worden. Damit fehle es an einem Wissenstransfer auf FL; ohnehin handele es sich bei den Angaben auf dem Klebezettel nicht um eine vollständige (fertige) Erfindung. Auf dem Workshop seien die beiden Bezeichnungen, sowohl die Bezeichnung „XXX“ als auch die Bezeichnung „XXX“, überhaupt nicht eingeführt oder präsentiert worden.
  103. Zuvor im Plenum am Nachmittag des ersten Tages seien nur die sogenannten „Highlights“ der einzelnen Gruppen kurz vorgestellt worden, nicht der rosafarbene Zettel gemäß Anlage K 55, Bild P1220XX5.JPG. Dieser stamme aus dem Team C und habe von diesem am ersten Tag des Workshops keinen grünen Punkt zur Markierung als Highlight erhalten. Die Tafel der Gruppe C mit den angehefteten Klebezetteln sei am ersten Workshoptag in deren Raum verblieben; lediglich der Highlight-Zettel sei mit ins Plenum genommen worden. Der rosa Zettel sei frühestens am Nachmittag des zweiten Tages in den Plenum-Raum gelangt.
  104. Ebenso wenig hätten die Geschäftsführer der Beklagten zu 1) von den nachbereitenden Präsentationen vor Zustellung der Klageschrift Kenntnis, zumindest keine vertiefte Kenntnis, gehabt und umso weniger hätten sie diese Inhalte an FL weitergegeben. Die Angabe des GP als Mitautor der Präsentation nach Anlage K 11 werde bestritten. Zudem handele es sich bei den Präsentationen lediglich um eine Zusammenfassung von Einzelinformationen, welche untauglich seien, eine Erfindung darzulegen. Weder GP noch HL seien aktiv in die Aufbereitung des Juli-Workshops in der anschließenden Zeit eingebunden gewesen. Lediglich der Versand von E-Mails besage nichts über deren Kenntnisnahme, da GP und HL eine Vielzahl an Mails tagtäglich bewältigen und insoweit eine Priorisierung vornehmen müssten.
  105. In den streitgegenständlichen Anmeldungen hätten sich ausschließlich eigene Ideen und Erfindungen der FL verkörpert, welche sie ab September 2020 erdacht habe. Maßgeblich habe sie dabei auf ihre Vorkenntnisse zurückgegriffen und zudem mehrfach Transferleistungen ausgehend von ihr bekannten Techniken erbracht.
  106. Auch arbeitsvertragliche Gesichtspunkte könnten der Klägerin nicht zu ihrem Recht verhelfen. Zunächst fehle es an einem wirksamen Übertragungsvorgang von der Transfergesellschaft auf die Klägerin. Vor allem aber seien Regelungen, aufgrund derer Erfindungen der FL angeblich der Klägerin zustünden, unwirksam. Es handele sich mitunter um Allgemeine Geschäftsbedingungen, die nicht wirksam in den Vertrag hätten einbezogen werden können.
  107. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zur Akte gereichten Schriftstücke nebst Anlagen Bezug genommen.
  108. Entscheidungsgründe
  109. A.
    Die Klage ist im Hinblick auf die geltend gemachten Vindikations- sowie Annexansprüche zulässig, jedoch nicht hinsichtlich der begehrten Zustimmung zur Streichung der Beklagten zu 2) als im Patentregister benannter Erfinderin.
  110. I.
    Insbesondere hinsichtlich der nationalen Teile der europäischen Patentanmeldungen ist das angerufene Gericht international zuständig gem. Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Art. 63 EuGVVO. Der satzungsmäßige Sitz der Beklagten zu 1) sowie der Wohnort der Beklagten zu 2) liegen in Deutschland. Ein Auslandsbezug ergibt sich trotz der Ansässigkeit beider Parteien in Deutschland daraus, dass es sich teilweise bei dem Schutzland der herausverlangten europäischen Anmeldungen um einen Drittstaat handelt und somit der Anwendungsbereich des Art. 4 Abs. 1 EuGVVO eröffnet ist (vgl. OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2022, 213 – Schienentransportsystem). Hinzukommt, dass sich die Beklagten nicht gegen die internationale Zuständigkeit der Kammer gewendet und sich mithin rügelos eingelassen haben, vgl. Art. 26 EuGVVO.
  111. Die Kammer ist danach gem. § 12, 17 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 143 Abs. 2 PatG in Verbindung mit der Verordnung über die Zuweisung von Gemeinschaftsmarken-, Gemeinschaftsgeschmacksmuster-, Patent-, Sortenschutz-, Gebrauchsmusterstreitsachen und Topographieschutzsachen vom 30. August 2011 auch örtlich zuständig, da die Beklagten in Dortmund in Nordrhein-Westfalen ihren Betrieb unterhalten bzw. ansässig sind und damit im Gerichtsbezirk des Landgerichts Düsseldorf.
  112. II.
    Der Klägerin fehlt die Klagebefugnis für die Geltendmachung eines Zustimmungsanspruchs zur Streichung der Erfindernennung. Zweifelhaft ist außerdem das Rechtsschutzbedürfnis.
  113. 1.
    Klagebefugt für diesen Anspruch aus § 63 Abs. 2 PatG bzw. Art. 62 EPÜ (iVm Regel 21 EPÜAO) ist nur derjenige, der behauptet, der wahre Erfinder zu sein und seine Nennung als Erfinder verlangt. Wegen seines Charakters als höchstpersönliches Recht gibt es im Übrigen aber keine Rechtsnachfolge; daher ist auch das Unternehmen, das nach dem Arbeitnehmererfindergesetz die Erfindung in Anspruch genommen hat, nicht klagebefugt (Benkard PatG/Schwarz, 12. Aufl. 2023, PatG, § 63, Rn. 18).
  114. So liegt der Fall hier. Die Klägerin hat schon nicht behauptet, Erfinderin zu sein und wird dies aufgrund ihrer Eigenschaft als juristischer Person auch nicht können. Vielmehr erläutert sie selbst in der Replik (Bl. 468 GA), dass sie sogar weiß, nicht die Erfinderstellung inne haben zu können. Dass sie vorliegend nur die Streichung der Beklagten zu 2) aus dem Register begehrt, ohne selbst andere Erfinder eintragen lassen zu wollen, begründet ebenso wenig eine Klagebefugnis. Auch bloß die Streichung eines unrichtigen Erfinders aus dem Register knüpft nämlich an das höchstpersönliche Erfinderrecht an und dient der formalen Korrektur eines unrichtigen Registers.
  115. Zudem ist allein die Streichung einer Erfindernennung ohne zeitgleiche Neubenennung rechtlich nicht zulässig. § 37 PatG macht Vorgaben dazu, dass ein Erfinder binnen einer bestimmten Frist zu benennen ist und nur ausnahmsweise unter Glaubhaftmachung deren Verlängerung möglich ist, indes auch nicht über die Erteilung des Patents hinaus. Bei Nichteinhalten dieser Frist wird die Anmeldung zurückgewiesen (vgl. Haedicke/Timmann PatR-HdB, § 6 Rn. 835, beck-online). Dies zeigt, dass regelmäßig ein Erfinder anzugeben ist, weshalb prozessual nicht eine Situation geschaffen werden darf, die genau dies missachtet.
  116. 2.
    Fraglich erscheint überdies, ob die Klägerin ein Rechtsschutzbedürfnis für diesen Klageantrag hat. Die Klägerin beruft sich im Rahmen der Vindikationsansprüche auf Erfindungsbesitz und ist davon überzeugt, dass die maßgeblichen schöpferischen Beiträge zu den jeweiligen Erfindungen aus ihrer Sphäre stammen. Überdies hat sie Erfindermeldungen zur Akte gereicht, aus denen konkret Mitarbeiter hervorgehen, die die Erfindung(en) für sich reklamieren. Die Klägerin verfügt damit über die erforderlichen Erkenntnisse, welche ihr die Benennung der (ihrer Auffassung nach) zutreffenden Erfinder ermöglichen. Es besteht daher kein Bedarf, durch bloße Streichung eines Erfinders eine Rechtslage zu schaffen, welche in einem weiteren Schritt die Nachbenennung überhaupt eines Erfinders im Register erforderlich macht.
  117. B.
    Die Klage ist ansonsten ganz überwiegend begründet. Nur der Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch war hinsichtlich eines Wirtschaftsprüfervorbehalts teilweise einzuschränken.
  118. I.
    Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 1) einen Anspruch auf Abtretung ihres Anspruchs auf Erteilung der deutschen sowie europäischen Bündelpatente; dies gilt sowohl für die deutschen als auch die nationalen Teile der europäischen Patentanmeldungen, welche jeweils die Priorität der entsprechenden deutschen Anmeldung beanspruchen. Korrespondierend besteht ein Anspruch auf Einwilligung der Beklagten zu 1) gegenüber dem jeweiligen Patentamt in die Umschreibung der Anmeldungen.
  119. 1.
    Der Übertragungsanspruch richtet sich für die deutschen Patentanmeldungen nach den §§ 8 S. 2, 6 S. 2 PatG. Die Berechtigung an dem deutschen Teil der europäischen Patentanmeldungen und der sich ergebende Übertragungsanspruch sind gem. Art. II § 5 Abs. 1 S. 1 IntPatÜG nach deutschem Recht zu beurteilen. Die Kammer kann ferner die Berechtigung der Parteien an den europäischen Patentanmeldungen aus eigener Anschauung und gemeinsam für alle nationalen Teile prüfen. Denn auf diese ist auch deutsches Recht anwendbar; jedenfalls aber kommen solche europäischen Regelungen zur Anwendung, die in ihrer jeweiligen nationalen Umsetzung dem Art. 60 EPÜ entsprechen. Mangels anderer Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass sie dieselben inhaltlichen Anforderungen aufstellen wie Art. 60 EPÜ. Es bedarf im Folgenden nur kurzer Ausführungen zu dieser Fragestellung, da bereits die Parteien diesem Aspekt nur eine untergeordnete Bedeutung beimessen.
  120. a.
    Entgegen der Ansicht der Klägerin begründet indes noch nicht eine etwaige Arbeitnehmerstellung der Geschäftsführer der Beklagten zu 1) bzw. der Beklagten zu 2) ehemals bei der Klägerin die Anwendbarkeit materiellen deutschen Rechts auf die europäischen Patentanmeldungen.
  121. aa.
    Gem. Art. 60 Abs. 1 S. 2 EPÜ bestimmt sich, wenn der Erfinder Arbeitnehmer ist, das anwendbare Recht auf ein europäisches Patent/eine europäische Patentanmeldung nach dem Recht eines Staates, in dem der Arbeitgeber den Betrieb unterhält, dem der Arbeitnehmer angehört.
  122. Bei Arbeitnehmererfindungen bestimmt sich die Frage der Zuordnung zum Diensterfinder oder Arbeitgeber nicht nach dem Schutzlandprinzip, sondern nach dem Arbeitsstatut gem. Art. 8 Rom I-VO. Dabei sind die Vorschriften des deutschen Arbeitnehmererfinderrechts gem. § 22 ArbnErfG unabdingbar und somit zwingend gem. Art. 8 Abs. 1 S. 2 Rom I-VO, weshalb gem. Art. 8 Abs. 2 und 3 Rom I-VO das Recht des gewöhnlichen Arbeitsortes, hilfsweise des Einstellungsortes Anwendung findet (Haedicke/Timmann, a.a.O., § 10 Rn. 139). Hieraus ist zu folgern, dass sich auch der Anspruch auf Vindikation des Bündelpatents hinsichtlich aller seiner nationalen Teile einheitlich nach dem Recht des Beschäftigungsstaats richten soll, um eine Vindikation nach einer unter Umständen Vielzahl von Rechtsordnungen zu ersparen (vgl. OLG Karlsruhe, GRUR 2018, 1030 – Rohrleitungsprüfung).
  123. bb.
    Die Anwendungsvoraussetzungen dieser Vorschrift sind vorliegend nicht erfüllt.
  124. Zunächst sind es schon nur GP und HL, die Arbeitnehmer der Klägerin waren, da nur sie unmittelbar bei der Klägerin beschäftigt waren, nicht jedoch die FL. Diese war unstreitig bei der A AG angestellt. Es bedarf keiner abschließenden Aufklärung, inwieweit etwaige Ansprüche der A AG im Kontext mit einer Arbeitnehmererfindung der FL an die Klägerin abgetreten worden sind, zuletzt etwa mit der in der Triplik zur Akte gereichten Übertragungsvereinbarung aus Februar 2024 (Anlage K 87). Denn hinsichtlich aller drei Personen hat die Klägerin nicht aufzuzeigen vermocht, dass sie Diensterfindungen getätigt haben, weshalb die Klägerin einen Anspruch auf Übertragung der daraus resultierenden Schutzrechtsanmeldungen haben könnte. Für das Vorliegen einer Diensterfindung ist Voraussetzung, dass ein konkreter schöpferischer Beitrag des Arbeitnehmers festzustellen ist. Dies trifft weder auf die Geschäftsführer der Beklagten zu 1) noch die Beklagte zu 2) zu. Die Klägerin beruft sich schon nicht auf konkrete eigene Beiträge dieser Personen im Juli-Workshop. Sie stellt insoweit nur darauf ab, dass sie die Präsentationen der Ideen aus dem Brainstorming wahrgenommen und mitunter diskutiert hätten. Dass die nach Ansicht der Klägerin hier relevanten Entwürfe auch nur auf einen der Geschäftsführer der Beklagten zu 1) oder die Beklagte zu 2) unmittelbar zurückgehen würden, ist weder dargetan noch anderweitig zu ersehen.
  125. Gegen die Annahme von eigenständigen Diensterfindungen spricht überdies das anderweitige Vorbringen der Klägerin, insbesondere zu einer potenziellen Inanspruchnahme von Diensterfindungen durch die Klägerin. Denn in der Klageschrift hat sie vorgetragen, dass die Herren J und I im Juni 2021 eine Erfindermeldung gemacht hätten (Anlage K 27), worin nach Ansicht der Klägerin die relevanten Ideen aus dem Juli-Workshop sämtlich einbezogen und ausschließlich diesen beiden Herren zuzurechnen sind. Hiermit ist nicht vereinbar, wenn die Klägerin aber auch sämtlichen anderen Workshopteilnehmern vorsorglich eine Inanspruchnahmeerklärung übermittelt hat, weil dies nahelegt, dass auch weitere Personen an den streitgegenständlichen Erfindungen beteiligt gewesen sein könnten.
  126. An der Beurteilung von Diensterfindungen ändert sich auch durch Heranziehung eines Anscheinsbeweises nichts. Ein solcher kann sich aus den tatsächlichen Umständen der Tätigkeiten eines Arbeitnehmers in Kombination mit einer zeitlichen Komponente ergeben. Hat ein Arbeitnehmer es pflichtwidrig unterlassen, während der Dauer seines Arbeitsverhältnisses Überlegungen hinsichtlich einer ihm aufgetragenen technischen Verbesserung anzustellen, und erfindet er eine solche Verbesserung alsbald nach seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis, kann anzunehmen sein, dass er die Erfindung bei pflichtgemäßer Arbeitsleistung bereits während des Bestehens des Arbeitsverhältnisses gemacht hätte und er verpflichtet gewesen wäre, dem früheren Arbeitgeber das auf die Erfindung angemeldete Schutzrecht zu übertragen (vgl. BGH, GRUR 1981, 128 – Flaschengreifer).
  127. Vorliegend sind zugunsten der Klägerin keine hinreichenden Tatsachen festzustellen, die einen Schluss auf eine Arbeitnehmererfindung zwingend erscheinen lassen. Unabhängig von einem hinreichenden Zeitumstand läge als einzige tatsächliche Anknüpfung allenfalls eine Arbeitnehmerstellung von GP und HL vor und bezüglich FL diese noch nicht einmal unmittelbar. Allein diese Umstände bilden jedoch keine hinreichende Tatsachengrundlage, einen Zurechnungszusammenhang zu einer Erfindung während der Beschäftigung bei der Klägerin anzunehmen und ihr in der Zeit nach der Beschäftigung getätigte Erfindungen zuzurechnen. Es ist nämlich zu berücksichtigen, dass im Wege des Anscheinsbeweises eine weitreichende rechtliche Konsequenz, namentlich die Vindizierbarkeit eines Schutzrechts, hergeleitet würde, was aber nur gerechtfertigt ist, wenn belastbare Anhaltspunkte für eine Entwicklungstätigkeit der Arbeitnehmer während ihres Anstellungsverhältnisses bestehen.
  128. cc.
    Dieselben Erwägungen gelten auch im Hinblick auf andere Workshop-Teilnehmer wie insbesondere die bereits erwähnten Herren I und J. Denn abgesehen von einer allgemeinen Zuordnung in die Sphäre der Klägerin lässt sich unter dem Gesichtspunkt einer Arbeitnehmererfindung nicht feststellen, welcher Mitarbeiter welchen schöpferischen Beitrag geleistet hat, die in ihrer Gesamtheit als Erfindung auf die Klägerin übergegangen sein könnten. Wie die arbeitsrechtliche Stellung der FL zeigt, waren die Teilnehmer des Treffens nicht zwingend unmittelbar bei der Klägerin beschäftigt, was einer selbstverständlichen Übernahme der Erfindungen durch die Klägerin umso mehr entgegensteht. Ebenso die im Hinblick auf Herrn G vorgelegte Übertragungserklärung bestätigt vielmehr die Annahme, dass nicht jeder Teilnehmer des Workshops zugleich Arbeitnehmer der Klägerin war/ist. Indes, selbst die Wirksamkeit der Abtretungserklärung unterstellt, fehlt es an konkretem Vorbringen der Klägerin zu einem konkreten schöpferischen Beitrag oder zumindest einer konkreten Mitwirkung bei der Erfindungstätigkeit, was zur Abgrenzung des Übertragungsgegenstandes erforderlich wäre. Dies gilt entsprechend hinsichtlich der weiteren Übertragungserklärung, welche einen Übergang von Rechten an einer Erfindung der FL von der Transfergesellschaft auf die Klägerin nachweisen soll. Wiederum fehlt es an Tatsachenvortrag zu einer Erfindungsleistung der FL im Rahmen des Workshops. Auch in der Triplik führt die Klägerin vorwiegend zur reinen Anwesenheit und Kenntnisnahmemöglichkeit der FL von dem rosa Zettel aus, indes nicht zu konkreten (Diskussions-) Beiträgen zu den Erfindungen.
  129. dd.
    Aus diesen Gründen scheitern auch anderweitige Bezugnahmen auf die arbeitsvertraglichen Regelungen und können für die Klägerin keine taugliche Anspruchsgrundlage für einen Vindikationsanspruch darstellen.
  130. b.
    Die Anwendbarkeit deutschen Rechts bzw. diejenige von Art. II § 5 IntPatÜG entsprechenden Vorschriften ergibt sich aber aus den nachfolgenden Gesichtspunkten.
  131. aa.
    Grundsätzlich findet Art. 8 der Rom II-VO über die Verweisung des Art. 13 Rom II-VO Anwendung. Art. 13 Rom II-VO regelt, dass für Verletzungen von Rechten des geistigen Eigentums Art. 8 zur Anwendung gelangt. Art. 8 Rom II-VO schafft seinerseits eine ausschließliche Anknüpfungsregel für außervertragliche Schuldverhältnisse in Bezug auf Rechte des geistigen Eigentums, wobei Art. 8 Abs. 2 Rom II-VO mangels eines gemeinschaftsweiten einheitlichen Rechts nicht anwendbar ist (vgl. BeckOGK/McGuire, 1.12.2016, Rom II-VO, Art. 8, Rn. 124). Damit richtet sich das anwendbare Recht nach Art. 8 Abs. 1 Rom II-VO, wonach das Recht desjenigen Staates anzuwenden ist, für den der Schutz beansprucht wird. Bei den einzelnen Nationalisierungen der Europäischen Anmeldungen kommt es somit auf die jeweiligen materiell-rechtlichen Regelungen zur Beurteilung eines Vindikationsanspruchs an (OLG München, BeckRS 2017, 152300). Im Ergebnis bestimmt sich die Vindikation daher stets nach dem Recht des zu vindizierenden nationalen Teils des erteilten europäischen Patents (vgl. Haedicke/Timmann, a.a.O., § 10. Inhaberschaft, Rn. 149, wobei Art. 8 Abs. 2 für Vindikationen nicht gelten soll; vgl. insoweit auch BGH, GRUR 1982, 95 – Pneumatische Einrichtung).
  132. Da aber wie dargelegt jeweils nationale Teile europäischer Patentanmeldungen in Streit stehen und sämtliche Bestimmungsstaaten als Teil der Europäischen Patentorganisation auch Vertragsstaaten des EPÜ sind, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass jeweils national eine Umsetzung des Art. 60 EPÜ erfolgt ist und damit eine dem Art. II § 5 IntPatÜG vergleichbare Regelung vorhanden ist, anhand derer die Ansprüche auf Übertragung der jeweiligen nationalen Teile der europäischen Anmeldungen zu beurteilen sind.
  133. bb.
    Überdies sprechen hier weitere Erwägungen für die einheitliche Anwendung deutschen Rechts auf die nationalen Teile der europäischen Anmeldungen.
  134. Zunächst ist zu berücksichtigen, dass ein Sachverhalt zur Entscheidung steht, in dem es um die Einräumung einer (Mit-) Berechtigung an einer von (zumindest einer) Deutschen in Deutschland entwickelten Lehre geht und ein Auslandsbezug nur dadurch entstanden ist, dass europäische Patentanmeldungen vorgenommen worden sind. Einen anderen Bezug zum europäischen Ausland weisen die Parteien nicht auf, insbesondere befindet sich auch die maßgebliche Betriebsstätte – sei es das Unternehmen der Klägerin oder dasjenige der Beklagten zu 1) –, in deren Kontext es zu den streitgegenständlichen Erfindungen gekommen sein soll, in Deutschland. Somit ist die begehrte (Mit-) Berechtigung an ausländischen Anmeldungen nach deutschem Recht zu beurteilen (vgl. Werner, GRUR-Prax 2019, 149, beck-online). Es liegt in dieser Konstellation ein nicht mit den typischen unter der Rom II-VO zu subsumierenden Sachverhalten mit Auslandsbezug vergleichbarer Fall vor. Diese gebotene Anwendung des deutschen Rechts schneidet insbesondere keiner der beteiligten Parteien den Zugang zu einer ihr besser bekannten Rechtsordnung ab und würde sie in ihren rechtlichen Verteidigungsmöglichkeiten einschränken.
  135. Dies wird umso deutlicher, als die europäischen Patentanmeldungen jeweils die Priorität der deutschen Anmeldungen beanspruchen. In der aus einer deutschen Erstanmeldung im Wege einer Nachanmeldung unter Inanspruchnahme der Priorität der Erstanmeldung eine aus dieser deutschen Erstanmeldung entstandene Patentfamilie mit unterschiedlichen ausländischen Mitgliedern dieser Patentfamilie zu vindizieren, richtet sich aber in erster Linie auf die deutsche Erstanmeldung und die ausländischen Nachanmeldungen stellen eine Fortsetzung der widerrechtlichen Entnahme dar, sind aber keine eigenständigen, von der ersten deutschen Prioritätsanmeldung unabhängigen Patentanmeldung. In diesem Fall erscheint es interessengerecht, die Vindikation auf die Erstanmeldung zu beschränken und die Nachanmeldungen als gezogene Nutzungen und Früchte aus der Erstanmeldung bzw. eine Fortsetzungshandlung der widerrechtlichen Entnahme ebenfalls dem materiell Berechtigten über § 8 zuzusprechen (vgl. BeckOK PatR/Konertz/Kubis, 30. Ed. 2023, PatG, § 8, Rn. 65a). Auch diese Betrachtung führt danach zu einer ausschließlichen Anwendbarkeit des deutschen materiellen Rechts.
  136. cc.
    Ungeachtet der vorstehenden rechtlichen Erwägungen haben sich die Parteien jedenfalls konkludent auf die Anwendbarkeit deutschen Rechts eingelassen. Eine solche Rechtswahl ist grundsätzlich für zulässig zu erachten. Nach Art. 8 Abs. 3 Rom II-VO ist eine Rechtswahl entsprechend der Vorschrift des Art. 14 Abs. 1 Rom II-VO zwar ausgeschlossen. Grund hierfür ist, dass man die öffentlichen Interessen im Schutzland an der Abgrenzung der Rechte des geistigen Eigentums für zu gewichtig hielt, als dass sie sich mit der Wahl einer anderen Rechtsordnung vertragen würden. Damit könnte der europäische Gesetzgeber zu weit gehen, jedenfalls soweit auch eine Rechtswahl nach Eintritt des schadensbegründenden Ereignisses ausgeschlossen wird. Die Parteien können jederzeit auch einen Rechtsstreit im Rahmen der Gesetze durch Vergleich beilegen. Vor allem ist nicht einzusehen, weshalb sie nicht die Möglichkeit haben sollen, nach dem Schadensereignis eine Rechtwahl in Bezug auf die ihnen zustehenden Rechtsbehelfe zu treffen. Eine solche Rechtswahl würde das Schutzlandprinzip zur Beurteilung der Rechtsverletzung unangetastet lassen. Vor allem bei Multistate-Delikten ließe sich so eine Mosaikbetrachtung vermeiden und eine Entscheidung über die weltweite Verletzung von parallelen Rechten nach einer Rechtsordnung ermöglichen (MüKoBGB/Drexl, 8. Aufl. 2021, Rom II-VO, Art. 8, Rn. 272). Für diese Auffassung sprechen vor allem in der hier zur Entscheidung stehenden Sachverhaltskonstellation die tatsächlichen Umstände und hierbei der faktisch nicht bestehende Auslandsbezug der Parteien selbst. Weder Arbeitsstätten noch Wohn-/Unternehmenssitz befinden sich im Ausland. Ein Bezug dorthin ist nur formal durch die zur Anmeldung gebrachten Schutzrechte hergestellt worden. Die Klägerin hat durch ihren Sachvortrag erkennen lassen, dass sie sämtliche Fragestellungen des vorliegenden Rechtsstreits dem materiellen deutschen Recht unterstellen will. Indem sich die Beklagten, obwohl die Klägerin Erläuterungen zum anwendbaren Recht vorgebracht hat, auf diese rechtliche Argumentation eingelassen und ihrerseits eine Berechtigung der Klägerin allein unter Heranziehung und Prüfung in der Sache von deutschen Normen des materiellen Rechts verneint hat, ist deshalb davon auszugehen, dass beide Parteien diesen Streit dem deutschen Sachrecht durch nachträgliche Rechtswahl unterstellen wollten.
  137. 2.
    Die Vorschrift des § 8 PatG bzw. Art. II § 5 IntPatÜG stellen die im Folgenden zu erörternden Anspruchsvoraussetzungen auf.
  138. a.
    Der Vindikationsanspruch des § 8 S. 1 PatG steht dem durch widerrechtliche Entnahme Verletzten zu. Eine widerrechtliche Entnahme ist gegeben, wenn der wesentliche Inhalt des Patents den Beschreibungen, Zeichnungen, Modellen, Gerätschaften oder Einrichtungen eines anderen – des Verletzten i.S. von § 59 Abs. 1 PatG – ohne dessen Einwilligung entnommen worden ist (BGH, GRUR 2011, 509 – Schweißheizung).
  139. Voraussetzung des genannten Anspruchs ist mithin, dass die Klägerin Berechtigte, also Inhaberin des Rechts auf Schutz ist. Dies ist der Fall, wenn die Klägerin eine fertige Erfindung besessen hat, die wesensgleich mit dem Gegenstand der Streitanmeldung ist. Aktivlegitimiert sind grundsätzlich der materiell berechtigte Erfinder im Sinne des § 6 Abs. 1 PatG sowie dessen Rechtsnachfolger. Gerade bei dem Tatbestand der widerrechtlichen Entnahme sind die Anforderungen, eine sachliche Berechtigung darzulegen, aber dann herabgesetzt, wenn sich die Klägerin auf Erfindungsbesitz berufen kann. Denn das Gesetz gesteht dem Erfindungsbesitzer einen Anspruch lediglich aus Gründen der Beweiserleichterung zu, schließt aber den Einwand fehlender Rechtsinhaberschaft nicht aus. Der Erfindungsbesitzer hat lediglich die tatsächliche Möglichkeit, die Erfindung zu benutzen, weil er die fertige Erfindung kennt oder jedenfalls über Unterlagen verfügt, aus denen er die Kenntnis erlangen kann. Ist der Erfindungsbesitzer nicht zugleich auch sachlich Berechtigter, so wird er durch die widerrechtliche Entnahme, also durch die unberechtigte Anmeldung des Schutzrechts seitens eines Dritten, aber nicht verletzt; denn Verletzter kann nur der sein, dessen Anmeldungsrecht durch die Handlung des Dritten beeinträchtigt wird (BGH, GRUR 1991, 127 – Objektträger). Zum anderen ist Anspruchsvoraussetzung, dass der Anmelder, also die Beklagte zu 1), im Verhältnis zur Klägerin Nichtberechtigter ist. Nichtberechtigte ist die Beklagte zu 1), wenn der Inhalt der Anmeldung von demselben Erfindungsakt herrührt, wie das Recht, auf das die Übertragungsklage gestützt wird (vgl. LG Düsseldorf Urt. v. 21.06.2011 – 4b O 44/09, BeckRS 2013, 13292).
  140. b.
    Im Anwendungsbereich des Art. II § 5 Abs. 1 S. 1 IntPatÜG besteht die Anspruchsberechtigung für den Erfindungsberechtigten i.S.v. § 60 Abs. 1 EPÜ, also für den Erfinder oder dessen Rechtsnachfolger (Schulte/Moufang, Patentgesetz, 11. Aufl., § 8 Rn. 7; Schulte/Voit, a.a.O., Anhang 1 zum IntPatÜG, Rn. 38). Da der Erfinder nur eine natürliche Person sein kann, muss die Klägerin, wenn sie als juristische Person Vindikationsansprüche begründen will, schlüssig einen Rechtsübergang von dem oder den Erfindern vortragen (OLG Frankfurt a. M., GRUR-RS 2020, 45898). Um seine Rechtsposition durchsetzen zu können, muss für einen Anspruchsteller aber auch im Anwendungsbereich des IntPatÜG die Möglichkeit bestehen, auf zumutbarem Weg die Berechtigung nachzuweisen. Hierzu reicht es in der Regel aus, wenn der Kläger darlegt und beweist, dass er die in Anspruch genommene Lehre entwickelt und dem späteren Anmelder vor dessen Anmeldung mitgeteilt hat (vgl. BGH, GRUR 2001, 823 – Schleppfahrzeug). Mit diesen Anforderungen an die im Rahmen des Art. II § 5 Abs. 1 S. 1 IntPatÜG erforderlichen Darlegungen wird dem vorzitierten Umstand zu § 8 PatG Rechnung getragen, wonach dort beim Erfindungsbesitz für den Beklagten die prozessuale Möglichkeit besteht, die zugrundeliegende sachliche Berechtigung konkret in Abrede zu stellen (vgl. Busse/Keukenschrijver, PatG, 8. Aufl., Art. II § 5 IntPatÜG, Rn. 2 m.w.N.). Es genügt im Anwendungsbereich des Art. II § 5 IntPatÜG für eine Anspruchsberechtigung daher, aufzuzeigen, dass eine streitgegenständliche Erfindung in der dem Anspruchssteller zuzurechnenden betrieblichen Sphäre zustande gekommen ist.
  141. 3.
    Ausgehend von diesen Voraussetzungen liegt eine widerrechtliche Entnahme gem. § 8 PatG bzw. eine Patentanmeldung durch einen Nichtberechtigen vor.
  142. a.
    Die Klägerin ist sachlich berechtigte Anspruchsinhaberin. Die streitgegenständlichen Patentanmeldungen sind zum klägerischen Erfindungsbesitz wesensgleich und außerdem den Unterlagen etc. der Klägerin entnommen.
  143. Entgegen der Auffassung der Beklagten (Bl. 577 GA) beruft sich die Klägerin hier schon nicht (zumindest nicht wirksam, s.o.) auf eine Stellung als Rechtsnachfolgerin der Erfinder J und I. Sie macht keinen Übertragungsvorgang hinsichtlich der Übertragung der Erfindung geltend, sondern beruft sich als sachlich Berechtigte auf Rechte aus der Erfindung, hier die Patentanmeldungen.
  144. aa.
    Gegenstand aller Vindikationsschutzrechte sind Elektrolysezellen oder Elektrolyse-Stacks als Vorrichtungen sowie auch auf deren (teilweisen) Herstellung bezogene Verfahrensansprüche. Die Vindikationsschutzrechte nehmen dabei jeweils unterschiedliche Teilaspekte der Ausgestaltung und Beschaffenheit von Elektrolysezellen in den Blick, wobei die Anmeldungen inhaltlich jeweils aufeinander aufbauen und so die DE‘XXX sämtliche Aspekte der vorherigen DE‘XXX und DE‘XXX einbezieht.
  145. Bei der Ermittlung der den Vindikationsschutzrechten zugrundeliegenden Erfindung gilt das Gleiche, was auch ansonsten für die Ermittlung des Offenbarungsgehalts einer Patentanmeldung gilt. Der Gegenstand der Erfindung ergibt sich aus der Anmeldung insgesamt; die Patentansprüche sind lediglich ein Teil der Gesamtoffenbarung. Nur wenn dies beachtet wird, ist gewährleistet, dass Gegenstand und Umfang der schöpferischen Beteiligung an einer Erfindung unabhängig davon bestimmt werden, ob auf diese Erfindung bereits ein Patent erteilt ist, wie breit der Anspruch formuliert ist, mit dem das Patent angemeldet oder erteilt ist, und in welchem Umfang ein breiter Anspruch durch spätere Entscheidungen in einem Einspruchs-, Nichtigkeits- oder Beschränkungsverfahren beschränkt wird (vgl. BGH GRUR 2011, 903 – Atemgasdrucksteuerung).
  146. Vor diesem Hintergrund stellen sich die Lehren der Patentanmeldungen wie folgt dar:
  147. (1)
    Die DE‘XXX betrifft ein Verfahren zur Abdichtung und elektrischen Isolierung von Elektrolysezellen, entsprechende Elektrolysezellen sowie die Verwendung von bestimmten Kunststoffen zur Abdichtung. Das Vindikationspatent erläutert den Bedarf an „grünem Wasserstoff“ als vielseitig einsetzbarem Energieträger, um fossile Brennstoffe sukzessive abzulösen (vgl. Abs. [0002] ff.). In den Absätzen [0006] bis [0014] werden aus dem Stand der Technik bekannte Elektrolysezellen beschrieben. Dabei wird insbesondere der grundsätzliche Aufbau einer Elektrolysezelle veranschaulicht, bestehend aus mindestens einem Paar Elektroden (Kathode und Anode), einem Stromkollektor sowie einer Membran. Zudem ist eine elektrisch leitfähige, hydraulisch durchlässige elastische Matratze enthalten, welche koplanar zum Stromkollektor sowie zur Elektrode verläuft und diese Elemente jeweils auf einer Seite berührt. Vorbekannt war dabei ebenso, dass eine konventionelle Elektrolysezelle ein Dichtsystem aufweist, bestehend aus Einzelelementen, das jeweils zwei Elektroden enthält, die durch Membranen voneinander getrennt sind.
  148. Es war aus dem Stand der Technik somit bekannt, dass die beiden Elektrodenräume elektrisch voneinander isoliert ausgestaltet werden müssen, um einen Kurzschluss zu verhindern. Ferner wurden die Elektrolysezellen in leichten Überdruck zur Atmosphäre gesetzt, was eine chemisch beständige sowie auch druckfeste Abdichtung erforderte (vgl. Abs. [0016]). Zur Herstellung einer solchen Abdichtung wurden im Perimeter eine Dichtung sowie ein isolierender Körper durch äußere Krafteinwirkung (Kraftschluss) verpresst, was mit einem technischen Aufwand einherging und den weiteren Nachteil barg, dass auf das Elastomer ungleiche Kräfte wirken und der Innendruck der Zelle die auf die Elastomeren Dichtungen wirkende Kraft reduziert (vgl. Abs. [0017]).
  149. Die DE‘XXX stellt sich daher die Aufgabe ein alternatives Verfahren zur Abdichtung der Elektrolysezellen bereitzustellen, das mit einem technisch geringeren Aufwand verbunden ist und insbesondere ohne Kraftschluss auskommt. Zugleich sollten die Anforderungen an Elektrolysezellen, wie sie vorbekannt waren, weiterhin eingehalten werden: zuverlässige Isolation/Abdichtung, druckfest, mechanische und chemische Stabilität, thermische Zyklenstabilität (vgl. Abs. [0018]).
  150. Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Vindikationsschutzrecht einen Verfahrensanspruch 1 sowie einen Vorrichtungsanspruch 9 vor, welche sich wie folgt gliedern lassen:
  151. 1. Verfahren zur Abdichtung und elektrischen Isolierung von Elektrolysezellen umfassend oder bestehend aus den folgenden Schritten:
    (a) Bereitstellen einer Elektrolysezelle enthaltend oder bestehend aus:
    (a1) zwei metallischen Halbzellen, die den Anoden- und den Kathodenraum bilden,
    (a2) jeweils einer darin angeordneten Anode und einer Kathode,
    (a3) einer Separatormembran, die die beiden Elektroden voneinander trennt sowie
    (a4) gegebenenfalls Abstandshaltern, die die beiden Elektroden in ihren jeweiligen Elektrodenräumen positionieren,
    (a5) wobei die beiden Halbzellen über ihr Perimeter durch einen Spalt getrennt sind, und
    (b) Einbringen eines elektrisch isolierenden Kunststoffes in die Dichtfläche zwischen den beiden Halbzellen;
  152. 9. Elektrolysezellen umfassend oder bestehend aus:
    (i) zwei metallischen Halbzellen, die den Anoden- und den Kathodenraum bilden,
    (ii) jeweils einer darin angeordneten Anode und einer Kathode,
    (iii) einer Separatormembran, die die beiden Elektroden voneinander trennt sowie
    (iv) gegebenenfalls Abstandshaltern, die die beiden Elektroden in ihren jeweiligen Elektrodenräumen positionieren,
    (v) wobei die beiden Halbzellen über ihr Perimeter durch einen Spalt getrennt sind, und
    (vi) die Dichtfläche zwischen den beiden Halbzellen durch einen elektrisch isolierenden Kunststoff adhäsiv verbunden ist.
  153. In auf den Verfahrensanspruch 1 rückbezogenen Unteransprüchen werden außerdem verschiedene Wege des Abdichtens sowie zu verwendende Materialien unter Schutz gestellt. Unteranspruch 2 nennt beispielsweise thermisches Direktfügen, Kleben oder Kaschieren und als dabei einzusetzender elektrisch isolierender Kunststoff wird die Gruppe der Thermoplaste vorgeschlagen, Unteranspruch 4. Auch werden Zu- und Ablaufanschlüsse beansprucht, welche in der Fügestelle zwischen den beiden Halbzellen eingebracht werden sollen. Sie können zudem als Einschweißausgießer ausgebildet sein. Bei allen diesen Ausführungen handelt es sich um gegenüber dem Verfahren nach Anspruch 1 um weitere konkrete Aspekte, die einbezogen sein können und zu derselben Erfindung gehören. Grundsätzlich zeichnet sich die erfindungsgemäße Lehre aber zunächst nur dadurch aus, dass überhaupt ein elektrisch isolierender Kunststoff in den Dichtbereich zwischen den Halbzellen eingebracht wird und, wie es im Vorrichtungsanspruch in Merkmal vi ausdrücklich heißt, die Dichtfläche der Halbzellen adhäsiv verbunden ist. Bereits dies signalisiert dem Fachmann, dass es auf einen Kraftschluss nicht mehr ankommt, sondern die verbindenden Eigenschaften von Kunststoff genutzt werden. Wie dies im Einzelnen geschieht, hängt von der konkreten Methode des Einbringens ab, vgl. Unteranspruch 2.
  154. Ein in die Fügestelle einbringbarer Zu-/Ablaufanschluss kann als Einschweißausgießer eingesetzt werden (vgl. Unteransprüche 7 und 8). Es ist hierzu nicht zu erkennen, dass nur eine bestimmte Art des Einbringens nach der Lehre der Anmeldung zulässig sein soll, weshalb ein Ultraschallschweißen ausscheiden müsste. Lediglich als eine bevorzugte Herstellungsart nimmt die Anmeldeschrift auf die Integration während des Fügeprozesses Bezug. Inwieweit der Fachmann allein den Materialeigenschaften Metall sowie Kunststoff einen eindeutigen Hinweis darauf entnimmt, dass Ultraschallschweißen zu Herstellung einer dauerhaften Verbindung untauglich ist, lässt sich nicht feststellen. Relevant dürfte vielmehr sein, dass durch das Einbringen des Ausgießers die Dichtigkeit der Elektrolysezelle nicht beeinträchtigt wird. (Bl. 206 ff. GA).
  155. (2)
    Die DE‘XXX betrifft Elektrolysezellen und Elektrolyse-Stacks, welche diese Zellen in Serie geschaltet enthalten, sowie auf die Herstellung der Stacks gerichtete Verfahren und Verwendung der Zellen zur Herstellung eines Stacks.
  156. Die Ausführungen zum Stand der Technik sind identisch wie bei der DE‘XXX, sodass darauf verwiesen werden kann. Auch die Beschreibung des grundlegenden Aufbaus einer Elektrolysezelle in Abs. [0015] und [0016] entspricht derjenigen in der DE‘XXX.
  157. In Abs. [0017] wird sodann zu vorbekannten Elektrolysezellen erläutert, dass sie aus Metallblechen gefertigt waren, die eine Stärke von 0,5 mm aufwiesen. Dies war zur Erreichung einer ausreichenden Stabilität notwendig. So konnte gewährleistet werden, dass die Zellen während des Transports oder ihres Einbaus in einen Stack nicht beschädigt wurden. Dies geht aber, wie es die DE‘XXX beschreibt, mit dem Nachteil einher, dass die Zellen sehr schwer und starr werden und so beim Einbau problematisch ist und zudem einen hohen Materialwert verursacht. Die DE‘XXX hat sich deshalb die Aufgabe gestellt, leichtere, aber ebenso stabile Elektrolysezellen bereitzustellen.
  158. Zur Lösung dieses Problems schlägt es Vorrichtungsansprüche 1 und 7 sowie den Verfahrensanspruch 9 vor, die sich wie folgt gliedern lassen:
  159. 1. Elektrolysezellen umfassend oder bestehend aus:
    (i) zwei metallischen Halbzellen, die den Anoden- und den Kathodenraum bilden,
    (ii) jeweils einer darin angeordneten Anode und einer Kathode,
    (iii) einer Separatormembran, die die beiden Elektroden voneinander trennt;
    (iv) jeweils mindestens einem Zu- und einem Ablauf für Edukt und Produkt; sowie
    (v) gegebenenfalls Abstandshaltern, die die beiden Elektroden in ihren jeweiligen Elektrodenräumen positionieren, wobei die beiden Halbzellen über ihren Perimeter verbunden, aber elektrisch isoliert sind und eine Wandstärke von 0,05 bis 0,15 mm aufweisen;
  160. 7. Elektrolyse-Stack umfassend oder bestehend aus
    (i) mindestens zwei Elektrolysezellen gemäß Anspruch 1;
    (ii) zwei Anpressplatten und
    (iii) mindestens zwei Zugstangen, wobei
    (a) die beiden Anpressplatten einander gegenüberstehen und durch die mindestens zwei Zugstangen beweglich oder starr beabstandet sind
    (b) die mindestens zwei Elektrolysezellen zwischen den beiden Anpressplatten so zueinander angeordnet bzw. gestapelt sind, dass jeweils die kathodische Rückwand der ersten mit der anodischen Rückwand der folgenden Elektrolysezelle in Kontakt steht; und
    (c) die Anpressplatten so zueinander beabstandet sind, dass zusammen mit den mindestens zwei vakuumversteiften Elektrolysezellen ein fester Verbund besteht;
  161. 9. Verfahren zur Herstellung eines Elektrolyse-Stacks umfassend oder bestehend aus den folgenden Schritten:
    (i) Bereitstellen von mindestens zwei Elektrolysezellen gemäß Anspruch 1;
    (ii) Bereitstellen von zwei Anpressplatten und
    (iii) Bereitstellen von mindestens zwei Zugstangen, wobei man
    (a) die mindestens zwei Elektrolysezellen durch Anlegen eines Unterdrucks vakuumversteift;
    (b) die vakuumversteiften Elektrolysezellen aus Schritt (a) elektrisch in Serie schaltet, indem man sie so zueinander anordnet bzw. stapelt, dass jeweils die kathodische Rückwand der ersten mit der anodischen Rückwand der folgenden Elektrolysezelle in Kontakt steht;
    (c) die gemäß Schritt (b) so in Serie geschalteten vakuum-versteiften Elektrolysezellen mit Hilfe der mindestens zwei Zugstangen so zwischen den beiden Anpressplatten anordnet, dass ein fester Verbund entsteht, und
    (d) das Vakuum auf den Elektrolysezellen im festen Verbund wieder löst.
  162. Der Gegenstand der Erfindung der DE‘XXX zeichnet sich dadurch aus, dass die Wandstärken der Halbzellen einer Elektrolysezelle gegenüber vorbekannten Wandstärken deutlich herabgesetzt werden konnten. Einer drohenden Instabilität der Einzelzellen beim Transport wird mit einer mittels Unterdruck erzeugten Vakuumversteifung Rechnung getragen. Auf diese Weise ist es möglich, die Einzelzellen, wie es auch im Verfahrensanspruch 9 unter Schutz gestellt ist, ein Stack herzustellen, wobei im letzten Verfahrensschritt das Vakuum wieder gelöst werden kann. Nach der Lehre der DE‘XXX bedingen sich die verminderte Wandstärke der Zellen sowie das Erfordernis einer Vakuumversteifung. Als mögliche Materialien für die Halbzellen wird rostfreier Stahl, Nickel,Titan oder dergleichen vorgeschlagen.
  163. (3)
    Das DE‘XXX betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Elektrolysezellen sowie der entsprechenden Elektrolyse-Stacks, in denen die Zellen in Serie geschaltet sind.
  164. Wie bereits zuvor entspricht auch hier der erörterte Stand der Technik demjenigen der DE‘XXX. Identisch ist ebenso die Erläuterung des grundlegenden Aufbaus einer Elektrolysezelle. Im Stand der Technik war ferner bekannt, Elektrolysezellen aus einzelnen Komponenten zusammenzusetzen und abschließend zu verfügen, um einen beständigen und transportablen Verbund zu erhalten. Dies kritisiert die DE‘XXX als nachteilig, da es technisch aufwendig ist und aufgrund dessen nur eine geringe Anzahl an Zellen pro Zeiteinheit hergestellt werden kann. Die DE‘XXX sieht es daher als Aufgabe, ein effizienteres, schnelleres und vor allem kontinuierlich arbeitendes Herstellungsverfahren bereitzustellen (Abs. [0017]).
  165. Zur Lösung dieses Problems stellt die DE‘XXX nach den Ansprüchen 1 und 10 Verfahren bereit, die die folgende Gliederung aufweisen:
  166. 1. Verfahren zur Herstellung von Elektrolysezellen
    angeboten und/oder angewandt bzw. benutzt haben,
    bei dem man:
    (a) die folgenden Komponenten in der angegebenen oder der umgekehrten Reihenfolge übereinanderlegt,
    (a1) eine erste metallische Halbzelle, die den Anodenraum bildet;
    (a2) eine Anode;
    (a3) eine Separatormembran;
    (a4) eine Kathode; sowie
    (a5) eine zweite metallische Halbzelle, die den Kathodenraum bildet; und
    (b) die beiden metallischen Halbzellen entlang zweier Kanten ihres Perimeters in einem kontinuierlichen Prozess elektrisch isolierend verfügt, so dass ein Elektrolysezellenschlauch entsteht, wobei die metallischen Halbzellen eine Wandstärke von 0,05 bis 0,15 mm aufweisen;
  167. 10. Verfahren zur Herstellung eines Elektrolyse-Stacks, umfassend oder bestehend aus den folgenden Schritten:
    (i) Bereitstellen von mindestens zwei Elektrolysezellen gemäß mindestens einem der Ansprüche 1 bis 8;
    (ii) Bereitstellen von zwei Anpressplatten und
    (iii) Bereitstellen von mindestens zwei Zugstangen, wobei man
    (a) die mindestens zwei Elektrolysezellen durch Anlegen eines Unterdrucks vakuumversteift;
    (b) die vakuumversteiften Elektrolysezellen aus Schritt (a) elektrisch in Serie schaltet, indem man sie so zueinander anordnet bzw. stapelt, dass jeweils die kathodische Rückwand der ersten mit der anodischen Rückwand der folgenden Elektrolysezelle in Kontakt steht;
    (c) die gemäß Schritt (b) so in Serie geschalteten vakuum-versteiften Elektrolysezellen mit Hilfe der mindestens zwei Zugstangen so zwischen den beiden Anpressplatten anordnet, dass ein fester Verbund entsteht, und
    (d) das Vakuum auf den Elektrolysezellen im festen Verbund wieder löst.
  168. (4)
    Für die europäischen Patentanmeldungen gelten die vorstehenden Ausführungen zu der jeweiligen deutschen Anmeldung entsprechend, da zumindest kein abweichender Inhalt der Schriften dargelegt wurde. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird daher auf Vorstehendes Bezug genommen.
  169. bb.
    Es ist auf Seiten der Klägerin Erfindungsbesitz entstanden, welcher auch wesensgleich mit den vorerläuterten erfindungsgemäßen Lehren der Vindikationsschutzrechte ist.
  170. (1)
    Zur Bestimmung, wann eine den Erfindungsbesitz begründende Erfindung vorgelegen hat, kommt es darauf an, dass die Erfindung nacharbeitbar war, sie mithin insoweit abgeschlossen war, ohne dass auch Serien- oder Marktreife vorliegen müsste, und dass sie verlautbart wurde. Eine Erfindung ist nicht erst dann vollendet, wenn der Erfinder die von ihm für notwendig gehaltene Gewissheit über ihre praktische Bewährung erlangt hat, wobei es gleichgültig ist, ob sich Versuche rückschauend als entbehrlich erwiesen hätten. Vielmehr ist eine Erfindung vor der Gefährdung durch Dritte zu schützen, sobald sie derart verlautbart ist, dass sie dem Durchschnittsfachmann bei objektiver Betrachtung eine konkrete ausführbare Lehre zum technischen Handeln offenbart (BGH, GRUR 1971, 210 – Wildbissverhinderung). Eine Erfindung braucht daher noch nicht das Stadium einer gewerblich anwendbaren und technisch brauchbaren Erfindung erreicht zu haben (vgl. Benkard PatG/Melullis, a.a.O., § 6, Rn. 6). Unerheblich ist zudem, ob der Erfinder selbst seine Erfindung für ausführbar hält (vgl. OLG München Endurteil v. 19.12.2013 – 6 U 4586/10, BeckRS 2014, 20360, beck-online), solange ein Durchschnittsfachmann die Lehre nach den Angaben des Erfinders mit Erfolg umzusetzen vermag (vgl. Mes, a.a.O., §, 6 Rn. 4)
  171. Zur Darlegung dieser Voraussetzung erforderlich, aber auch ausreichend ist es, dass der Erfindungsbesitzer die tatsächliche Möglichkeit hat, die Erfindung zu benutzen, weil er die fertige Erfindung kennt oder jedenfalls über Unterlagen verfügt, aus denen er die Kenntnis erlangen kann (BGH, GRUR 1991, 127 – Objektträger). Aufgrund dieser Umstände ist davon auszugehen, dass der Erfindungsbesitzer ein sachlich besseres Recht innehat als der Anmelder.
  172. Ein Sachvortrag zur Begründung eines Anspruchs ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs schlüssig und erheblich, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person der Partei entstanden erscheinen zu lassen. Der Vortrag muss konkret genug sein, um die Erheblichkeit der Tatsachen beurteilen zu können und eine Stellungnahme des Gegners zu ermöglichen. Sind diese Anforderungen erfüllt und wird der Vortrag von der Gegenseite erheblich bestritten, ist es Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten (BGH, GRUR 2022, 1302 – Brustimplantat). Im Hinblick auf einen geltend gemachten Vindikationsanspruch bedeutet dies, dass der Anspruchsteller seine Berechtigung an der Erfindung sowie deren Entnahme darlegen muss, wobei die Anforderungen an diese Darlegungslast nicht überspannt werden dürfen.
  173. Entscheidender Zeitpunkt, um das Vorliegen einer fertigen Erfindung zu beurteilen, ist der Entnahmezeitpunkt, vorliegend mithin der Anmeldezeitpunkt der Vindikationsschutzrechte. Anders als die Beklagten meinen, kommt es dagegen nicht schon und vor allem nicht abschließend auf den Juli 2019 an. Es mag sein, dass ein Erfindungsbesitz bereits zu dieser Zeit aufgrund des Workshops entstanden ist, erforderlich für die Geltendmachung des streitgegenständlichen Anspruchs ist dies allerdings nicht. Zumindest begründen auch die Beklagten nicht, weshalb es ausschließlich auf diesen gegenüber der Entnahmehandlung vorgezogenen Zeitpunkt ankommen soll.
  174. (2)
    Gemessen an diesen allgemeinen Voraussetzungen ist jedenfalls vor dem Anmeldedatum der Vindikationsschutzrechte zugunsten der Klägerin Erfindungsbesitz entstanden, der wesensgleich mit dem Gegenstand der Anmeldungen ist. Dies hat die Klägerin nachvollziehbar aufzuzeigen vermocht. Den in ihrem Hause durchgeführten Workshops und Entwicklungsmeetings sowie den im Nachgang angefertigten Präsentationen sind zumindest in einer Gesamtschau fertige Erfindungen zu entnehmen. Die sich hierbei ergebenden Entwicklungen lösen dieselben technischen Probleme wie es auch die streitigen Anmeldungen der Beklagten zu 1) tun. Inwieweit die Beklagte zu 1) Kenntnis von den den Erfindungsbesitz begründenden Umständen bei der Klägerin hatte, ist an dieser Stelle unerheblich, da die Frage des Erfindungsbesitzes anhand objektiver Umstände zu beurteilen ist. Im hier relevanten Kontext ist daher die bloße Existenz des rosa Zettels ausreichend, von dem unstrittig ist, dass er während des Workshops im Juli 2019 im Hause der Klägerin hervorgebracht wurde und im Gruppenraum nebst weiteren Notizzetteln an einem Aufsteller angebracht war. Maßgeblich ist allein, welcher technische Inhalt diesen Notizen zu entnehmen ist.
  175. Ausgehend von dem Anlagenkonvolut K 9, enthaltend Fotografien des Juli-Workshops, sowie weiteren Unterlagen aus der Folgezeit ist die Kammer davon überzeugt, dass auf Seiten der Klägerin Erfindungsbesitz entstanden ist. Es kann zwar grundsätzlich keine Betriebserfindung, bei der ein Unternehmen die Stellung als Erfinder einnimmt, geben. Juristische Personen können als nur gedachte Gebilde nicht Erfinder sein. Indes hat sich in der Verbindung der natürlichen Personen in einer größeren Einheit wie einer Gesellschaft oder Organisation das Wissen gebündelt, das in seiner Bündelung zur Erfindung geführt hat (Benkard EPÜ/Melullis/Koch, 4. Aufl. 2023, EPÜ Art. 60 Rn. 14). Zur Bejahung des Erfindungsbesitzes kommt es daher auch nicht darauf an, welcher einzelne Mitarbeiter der Klägerin welchen konkreten schöpferischen Beitrag zu den Erfindungen geleistet hat, was sich möglicherweise aus einer Zuordnung der Farben der Klebezettel zu bestimmten Gruppen ergeben könnte.
  176. Der Zusammenstellung der Arbeitsergebnisse am zweiten Workshoptag im Juli 2019 sind konkrete Erfindungsgedanken zur technischen Verbesserung von Elektrolysezellen zu entnehmen. Es sollte als neues Elektrolyse-Einzellen-Design das Design vorbekannter „Lithium-XXX-Batteriezellen“ verwendet werden. Die von Batterien bekannte Struktur sollte auf das Design einer Elektrolysezelle mit der Maßgabe übertragen werden, dass die materialkostenintensiven Harthalbschalen der Elektrolysezelle durch dünne Folien (z. B. aus Nickel oder einem anderen Edelstahl) mit einer Dicke von 0,1 bzw. 0,2 mm ersetzt werden. Die Verwendung von dünnem Folienmaterial für die Außenwände der Elektrolysezelle führt zu einer erheblichen Reduzierung der Materialkosten. Zudem ist die Verwendung von dünnen Folien für die Außenwand mit dem Vorteil verbunden, dass diese wie bei dem „XXX“-Design verschweißt werden können. Um gleichwohl die elektrische Isolierung und die Gasdichtigkeit an den offenen Enden der Elektrolysezellen zu gewährleisten, wurde die Einbringung von thermoplastischem Kunststoff vorgesehen, sodass es keines Kraftschlusses durch Krafteinwirkung zur Abdichtung mehr bedurfte (Bl. 372 GA). Ferner waren Ausgießer vorgesehen, welche im Dichtungsbereich der Elektrolysezellen eingesetzt werden sollten.
  177. Diese Informationen ergeben sich beispielsweise aus der Fotodatei P1220XX1.JPG, welche aufgrund ihrer Bezifferung und der grundsätzlich fortlaufenden Nummerierung der aufgenommenen Fotos dem zweiten Workshoptag zuzuordnen ist (Anlage K 9, S. 4). Zu erkennen ist aus der Zusammenstellung der verschiedenen Klebezettel mit handschriftlichen Notizen sowie Zeichnungen unter der Überschrift „XXX XXX“ ein Zelldesign (rosa und grüner Klebezettel), wobei immer zwei Zellen aneinandergefügt dargestellt sind und hierzu auf einem grünen Zettel zu lesen ist, dass sich die Zellen eine Rückwand teilen. Dasselbe Zell-Design soll wiederkehrend aneinandergereiht werden. Hinweise finden sich außerdem auf die für die Außenwand zu verwendende Materialart Nickel („Ni“) und die Folienstärke im Bereich von 0,1 – 0,2 mm. Es spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle, welche Bezeichnung für die zu wählenden dünneren Folienstärken gewählt wurden und ob diese bereits während des Workshops als „XXX“ beschrieben wurden. Denn in jedem Fall durch die benutzten schematischen Zeichnungen wird der grundlegende Aufbau der Zellen deutlich und durch die herabgesetzte Folienstärke ergibt sich, dass eine Anlehnung an die Struktur von Lithium-XXX-Zellen angestrebt war. Dies wird überdies belegt durch die den Workshop nachbereitende Präsentation (Anlage K 11) aus November 2019, welche das Zelldesgin mit dünnen Wandstärken aufgreift und als „XXX concept“ bezeichnet. Auch aus der Fotodokumentation aus der Anlage K 14 zum November-Meeting ist unter Verweis und im unmittelbaren Zusammenhang mit den Präsentationsergebnissen des Teams A der Ausdruck „XXX Concept“ zu entnehmen. Dort wird von „XXX“ gesprochen. Dies zeigt, dass selbst mitunter ohne explizite Bezeichnung im Juli-Workshop den Teilnehmern und Beschäftigten bei der Klägerin klar war, dass es bei diesem Konzept um eine Adaptierung eines aus einer etwas anderen Branche bekannten Systems auf Elektrolysezellen ging.
  178. Zugleich offenbaren die Skizzen die Verwendung von elektrisch isolierenden Kunststoffen zur Abdichtung der Elektrolysezellen. Schon nach der eigenen Beschreibung der Beklagten ähnelt die Abdichtung zwischen den beiden Halbzellen auf dem rosa Zettel einem Pfropfen. In Verbindung mit den handschriftlichen Kommentaren „Thermoplast, kaschiert, verschweißt“ ist dem hinreichend deutlich ein Hinweis auf die Art der Abdichtung zu entnehmen. Ein Fachmann begreift den Verweis auf Kunststoff (Thermoplast) sowie auf mögliche Verarbeitungen „kaschieren/verschweißen“ dahin, dass beim Zusammenbringen der Halbzellen auf einen Kraftschluss verzichtet werden kann. Der Fachmann versteht ferner, dass es sich um eine Materialangabe und eine dazugehörige Art der Verarbeitung handelt. Da ihm der grundlegende Aufbau von Elektrolysezellen bekannt ist und er um das Erfordernis der (elektronisch isolierenden) Abdichtung weiß, ist ihm klar, dass der Kunststoff in den Spalt zwischen die Halbzellen eingebracht werden muss, sodass diese nicht miteinander in Kontakt kommen. Andernfalls käme es auch nicht zu der erforderlichen (vollständigen) Isolation der beiden Elektrodenräume. Dieses Prinzip wird in der Skizze durch die nach innen verlaufenden blauen Striche veranschaulicht. Auch die gemeinsame Beziehung der drei vorerwähnten Begrifflichkeiten auf die Ausgestaltung der Abdichtung zeigt sich an der Farbwahl; sowohl die Schrift als auch die Schraffierung im Dichtbereich zwischen den Halbzellen ist in blauer Farbe dargestellt. Demgegenüber ist die übrige Elektrolysezelle in schwarz gezeichnet sowie mit schwarzen Anmerkungen versehen. Hinzukommt die weitere Skizze auf dem grünen Zettel, schräg links von dem rosa Klebezettel. Dort ist in Bezug auf den Abschluss einer Elektrolysezelle ein Ausguss gezeichnet, der zum einen in die Außenwand/Folie hineinverläuft und zum anderen dem Verschluss eines herkömmlichen „XXXs“ sehr ähnlich sieht – zumal es sich nur um eine grob schematische Zeichnung handelt. Eine Behandlung der Elektrolysezellen mittels Ultraschallschweißens wurde auf Seiten der Klägerin bereits in Betracht gezogen; dies ergibt sich aus einer Zusammenstellung der Notizzettel vom November-Treffen, welches auf dem Juli-Meeting aufbaute (vgl. Anlage K 59, S. 6, Zettel oben links).
  179. Der Erfindungsbesitz (jedenfalls) hinsichtlich einer geringeren Wandstärke ergibt sich zudem aus den im November 2019 getätigten Bestellungen von Nickelfolien in verschiedenen Stärken (vgl. Anlage K 63), anhand derer Kostenschätzungen hinsichtlich des Einsparpotentials vorgenommen wurden (Anlagenkonvolut K 64). Die Kritik der Beklagten an dem Einsatz der dünneren Folien für die Außenwände verfängt auch im Übrigen deshalb nicht, weil die Beklagten keine anderen Bereiche in der Halbzelle aufgezeigt haben, wo stattdessen dieses dünnere Material eingesetzt werden könnte.
  180. Einhergehend mit dünneren Folienstärken war auch eine drohende Instabilität der Elektrolysezelle bekannt und mithin zum einen das Erfordernis, die mechanisch instabilen Folienzellen als Stapel in einem stabilen umgebenden Gehäuse („Stack“) einzufassen sowie, dasjenige einer vorübergehenden Versteifung, zur Gewährleistung der Transportfähigkeit und Händelbarkeit. Die Zusammenfassung von derlei Elektrolysezellen mit dünneren Zellwänden in einen Stack ergibt sich aus dem großen weißen Zettel, vor dem Herr G während seiner Präsentation am zweiten Workshoptag positioniert ist (vgl. Fotodatei P1220XX5.JPG). Gezeigt sind drei in eine Einheit zusammengefasste Einzelzellen. Wie schon zuvor ist auch hinsichtlich dieser Skizze unerheblich, ob sie während des Workshops „M“ genannt wurde, da es zur Begründung des Erfindungsbesitzes nicht auf die Bezeichnung, sondern die enthaltene technische Idee und Umsetzung ankommt. Insoweit ist aber der Darstellung zu entnehmen, dass mehrere einzelne Elektrolysezellen in einem äußeren Rahmen untergebracht werden sollen. Diesen Unterlagen, auch der Anlage K 11, S. 22, S. 24 sind Hinweise auf eine gemeinsame äußerliche Erfassung der Einzelzellen zu entnehmen, welche dabei Wand an Wand zusammengefügt werden. Es wäre zumindest plausibel, diese Anordnung als „M“ zu umschreiben. Dem Bedeutungsgehalt dieser Skizze als Offenbarung eines Stacks aus Elektrolysezellen mit dünnen Wandstärken steht nicht entgegen, dass möglicherweise seitliche Auslassöffnungen für Sauerstoff und Wasserstoff vorgesehen waren. Denn die Positionierung der Auslassöffnung betrifft nicht die Ausgestaltung des Stacks, jedenfalls behaupten auch die Beklagten derlei nicht.
  181. Die Klägerin hat außerdem unter Verweis auf eine tabellarische Zusammenstellung in der Anlage K 23 vorgetragen, dass im Hause der Klägerin auch ein Vakuumversteifen der Elektrolysezellen bekannt war. Unstreitig stammt dieses Dokument aus Januar 2020 und wurde von Frau Q erstellt. In Ziff. 8 finden sich die hier relevanten Angaben, welche aufzeigen, dass das Aufbringen von Vakuum auf die Zellen vor deren Platzierung in einer Box (Stack) angedacht wurde. Es ist nicht schädlich, dass dem Dokument im Weiteren keine fertige Erfindung zu entnehmen ist. Denn ausreichend für deren Darlegung kann auch eine Gesamtschau an Informationen aus mehreren Unterlagen sein, solange ein inhaltlicher Bezug untereinander festzustellen ist.
    Dies ist hier der Fall, weil sich aus den weiteren aufzufindenden Stichwörtern ein hinreichender Zusammenhang zur Ausgestaltung von Elektrolysezellen ergibt; insbesondere wird Nickelfolie zur Ausgestaltung „weicher“ Zellen angeführt sowie Thermoschweißen, was deutlich macht, dass die Vakuumierung dessen Ausfluss ist.
  182. Durch die vorbeschriebene Kunststoffabdichtung werden unvorteilhafte Kräfteeinwirkungen auf eine Elektrolysezelle verhindert, ohne dass hinsichtlich der Zuverlässigkeit der Dichtung Nachteile entstehen. Für die Entwicklung dieser Erfindung bei der Klägerin ist es nicht erforderlich, dass das technische Problem und dessen Lösung explizit auf dem rosa Zettel formuliert sind. Hierbei kommt es ohnehin nicht darauf an, ob und ggf. welche (technische) Aufgabe dem Workshop als solchem zugrunde lag und was den Teilnehmern als Ausgangspunkt für ihr Brainstorming mitgeteilt wurde. Denn inwieweit tatsächlich im Wege des Brainstormings aufgefundene Entwicklungen einem technischen Problem Rechnung tragen und dieses auch lösen, ist eine von dem allgemeinen Charakter des Workshops unabhängige Frage.
  183. Ferner findet die Auffassung der Kammer, wonach die Skizze auf dem rosa Zettel von einem Fachmann wie erläutert begriffen würde, Bestätigung durch die in den Patentanmeldungen selbst benutzten Figuren. Denn die jeweilige Figur 1 zeigt nach dem Verständnis der Anmeldungen schematisch genau denselben Inhalt.
  184. Der Verweis „XXX“ auf dem Klebezettel ist wiederum in Kombination mit der Anlage K 11 (vgl. Vortrag der Klägerin Bl. 372) auf Eigenschaften eines „XXXs“ jedenfalls auch hinsichtlich des Verschlusses zu verstehen. Auf das Vorsehen eines herkömmlichen Einschweißausgießers, insbesondere wie bei „XXXs“, deutet zumindest auch das weitere Stichwort auf dem Zettel hin „XXX“. Gemeint ist demnach der Ausgussmechanismus. Soweit die Beklagten in Zweifel ziehen wollen, auf welches Merkmal eines „XXXs“ dieses Stichwort bezogen sein soll (vgl. Bl. 573 GA), bestätigt sie im weiteren Verlauf ihres Schriftsatzes aber selbst, dass im Rahmen des Workshops der Ausdruck „XXX“ genau als Bezeichnung für deren typischen Verschluss verwendet wurde (Bl. 608 GA). Nach Auffassung der Kammer bedarf es hinsichtlich der verwendeten Begrifflichkeiten auch keiner konkreten Feststellungen, ob mit „XXX“ schon dessen verschweißte Außenhülle als Vorlage für ein neues Zellendesign betrachtet wurde oder nur dessen Ausgießer. Denn in jedem Fall finden sich, wie erläutert, für die verschweißten Außenwände sowie den Ausgießer in den Unterlagen der Klägerin auch losgelöst von der Begrifflichkeit hinreichende Anhaltspunkte. Insgesamt zeigen die händischen Aufzeichnungen von Seiten der Klägerin aber jedenfalls durchgängig, dass mitunter bestimmte technische Optionen umgangssprachlich beschrieben wurden, weshalb es naheliegend war, auch „XXX“ etc. zu verwenden.
  185. Es verfängt nicht das Argument der Beklagten, wonach die Zu- und Abflussmöglichkeiten nur seitlich vorgesehen worden sein sollten und deshalb kein Erfindungsbesitz an einem mittig angeordneten Ausguss entstanden wäre. Die in dem „Concept Scretch“ in Anlage K 16, S. 4 enthaltenen grünen Pfeile könnten zwar mit dem Verständnis der Beklagten noch auf einen seitlichen Abfluss hindeuten. Allerdings würde dies nicht mit dem ebenfalls dargestellten Verschluss in der Abdichtung übereinstimmen. Die Pfeile können daher nur als Symbolisierung dafür verstanden werden, dass jeweils von rechts und links kommende Flüssigkeit durch den Verschluss abgeleitet werden kann. Jedenfalls finden sich in der Skizze keine Hinweise, wonach eine seitliche Flüssigkeitshandhabe möglich sein könnte.
  186. Soweit auf Seite 20 der Anlage K 11 auch von seitlichen Ausgüssen die Rede war, spricht dies nicht gegen den Erfindungsbesitz der Klägerin. Denn jedenfalls war auch schon die Idee eines einzigen, im Bereich der Abdichtung eingebrachten Ausgusses vorgesehen. Die Anlage K 11 weist zudem explizit auf eine Siegelung im Bereich zwischen den Halbzellen hin. So wird auf Seite 19 von zu schließenden/abzudichtenden Zellen gesprochen und hierfür Thermoschweißen (thermo welding) erwogen. Dies zeigt, dass es nicht mehr auf einen Kraftschluss zwischen den beiden Halbzellen ankommt; jedenfalls sind der Präsentation keine anderen Versiegelungsmöglichkeiten zu entnehmen, die einen solchen Schluss zulassen würden.
  187. Ferner lassen sich den Klebezetteln Hinweise auf ein zu verwendendes Fertigungsverfahren für derlei Elektrolysezellen entnehmen. Denn dies ergibt sich für den verständigen Betrachter dieser Informationen aus der Notiz „XXX“, welche ein Synonym für „Rolle-zu-Rolle“ ist. Den Fotos P1220XX.JPG sowie P1220XX2.JPG ist jeweils auf der linken Seite ein Textfeld mit der Überschrift „Describe the problem“ und „Describe the solution“ enthalten. Dem letztgenannten Block ist ein Hinweis auf einen automatisierten Herstellungsprozess zu entnehmen, weil dort „roll-to-roll“ angeführt wird (vgl. Bl. 379 GA). Dass überhaupt Fertigungsverfahren für Elektrolysezellen Gegenstand des Workshops waren und von den Teilnehmern beleuchtet wurden, zeigt sich auch an der Highlight Idea des Team B, wo nämlich ebenso das Stichwort „XXX“ enthalten ist, auch wenn dort die Entscheidung gegen dieses Prinzip gefallen ist, was anhand der Streichung zu erkennen ist (vgl. Anlage K 9, S. 3). Unter einem „Rolle-zu-Rolle“-Herstellungsverfahren versteht man ein kontinuierliches Herstellungsverfahren, bei dem die einzelnen Schichten aufeinandergelegt bzw. -geschichtet werden. Zu diesem Zweck werden die einzelnen Schichten bzw. Folien von unterschiedlichen Rollen abgerollt, übereinander geführt und auf einem Band (Fließband/Endlosförderband) abgelegt, sodass sich die Schichtenstruktur einer Elektrolysezelle bildet und auf einer gemeinsamen Rolle wieder aufgerollt werden kann („roll-to-roll“). Anschließend können die derart geschichteten Folien bzw. Schichten zur Weiterverarbeitung abgerollt und entsprechend der Größe der Elektrolysezelle portioniert werden. Aufgegriffen wurden Gedanken zum Herstellungsverfahren des Weiteren konkret im November-Treffen (vgl. Anlage K 59, S. 8), wo eine Rolle-zu-Rolle-Herstellung angeführt wird, um eine endlos-Zelle zu erhalten.
  188. Schließlich ist entgegen der Ansicht der Beklagten unerheblich, ob isoliert aus den als Anlagen K 19, 22 und 26 Erfindungsbesitz herleitbar wäre. Diese Dokumente dienen ganz offensichtlich aus Sicht der Klägerin als Zusammenstellung der aufgefundenen Anhaltspunkte zur Begründung von Erfindungsbesitz und sollen diesen nicht originär herleiten. Anders als die Beklagten meinen, steht der Annahme von Erfindungsbesitz und einer fertigen Erfindung ebenso wenig entgegen, wenn etwa in der Anlage K 11, S. 2 unter der Überschrift „Risk & unknowns“ oder in ähnlicher Weise in der Anlage K 16, S. 4 noch offene Fragestellungen behandelt werden wie z.B. die Lebensdauer von dünnen Nickel-Folien. Denn, wie eingangs der Voraussetzungen erläutert, muss ein Erfinder seine Erfindung noch nicht für ausführbar halten. Zu berücksichtigen bei der Würdigung der Anlage K 11 ist überdies, dass sie im Laufe des Entwicklungsprozesses entstanden ist und daher selbst vor dem maßgeblichen Entnahmezeitpunkt liegt, bis wohin sich wiederum weitere Klarstellungen ergeben haben, zumal die testweisen Materialbestellungen erst danach erfolgt sind (vgl. Anlage K 63). Es ist legitim, während des Entwicklungsvorgangs einzelne Bedenken an der Umsetzung einer Erfindung zu verschriftlichen, gerade dann, wenn ausgehend von einer fertigen Erfindung konkrete Produkte hervorgebracht werden sollen. Umso weniger überzeugt die darauf gerichtete Kritik der Beklagten auch vor dem Hintergrund, dass hinsichtlich der eigenen Erfindungen der Beklagten zu 2) angeblich keinerlei Bedarf an Tests oder Workshops/Meetings bestanden hätte. Dies erscheint in höchstem Maße unplausibel und einem herkömmlichen Entwicklungsvorgang fremd.
  189. (3)
    Aus vorstehenden Erläuterungen zum Erfindungsbesitz folgt zugleich die Wesensgleichheit zu den streitgegenständlichen Patentanmeldungen. Der entnommene Gegenstand und die angegriffene Patentanmeldung bzw. das angegriffene Patent müssen nach Aufgabe und Lösung übereinstimmen, welche nicht nach der subjektiven Vorstellung der Beteiligten, sondern objektiv anhand der tatsächlichen Lösung der technischen Probleme zu bestimmen sind (vgl. OLG München Urt. v. 07.12.2017 – 6 U 4503/16, BeckRS 2017, 152300, Rn. 83). Die in den Anmeldungen beschriebenen technischen Probleme und die aufgefundenen Lösungen in Form der (beanspruchten) Verfahren und Vorrichtungen decken sich vorliegend mit den technischen Überlegungen, welche bereits ab Juli 2019 und jedenfalls deutlich vor dem Anmeldetag der Vindikationsschutzrechte bei der Klägerin stattgefunden haben.
  190. Es bedurfte ausgehend von den obigen Feststellungen zum Inhalt der Erfindungen keiner dezidierten Gegenüberstellungen mit den einzelnen Ansprüchen der Patentanmeldungen, da die Beklagten insoweit nicht eine Übereinstimmung, sondern das Vorliegen einer fertigen Erfindung bei der Klägerin bestritten haben. Im Übrigen kann ergänzend auf die Anlagen K 19, K 22 sowie K 26 Bezug genommen werden, worin Merkmale der Patentansprüche den Erfindungen der Klägerin zugeordnet werden.
  191. (4)
    Indem die vorbezeichneten Dokumente und Unterlagen einem größeren Teilnehmerkreis bekannt waren und mehrere Personen daran gearbeitet haben und insbesondere ihre Gedanken schriftlich niedergelegt sowie in Treffen darüber diskutiert und sich ausgetauscht haben, ist außerdem eine hinreichende Verlautbarung des Erfindungsbesitzes vorhanden. Die einzelnen Entwicklungsschritte und Maßnahmen sind nicht bloßes Gedankengut von Beschäftigten. Unerheblich ist ferner, ob die involvierten Mitarbeiter möglicherweise zur Geheimhaltung verpflichtet waren (vgl. LG Hamburg, GRUR-RS 2022, 28491).
  192. b.
    Die Beklagte zu 1) als Anmelderin der streitgegenständlichen Vindikationsschutzrechte hat auch von der Klägerin als Verletzte Kenntnis über die Erfindung erlangt.
  193. aa.
    Für den Entnahmetatbestand ist erforderlich, dass der Inhalt des Patents auf den Unterlagen des Verletzten beruht. Die Kenntnis der angemeldeten Erfindung muss durch die Beschreibungen und dergleichen des Verletzten vermittelt worden sein (Benkard, PatG/Kober-Dehm, a.a.O., § 21, Rn. 27). Nach allgemeinen Grundsätzen muss der Kläger in einem Vindikationsprozess neben seiner Aktivlegitimation auch die Kausalität zwischen und Erfindung und Anmeldung, d.h. einen Wissenstransfer hinsichtlich der streitgegenständlichen Erfindungen, von dem Kläger zu der Beklagten substantiiert darlegen und beweisen (vgl. LG München I, GRUR-RS 2020, 22572). Es ist aber ohne Bedeutung, wie ein widerrechtlich Anmeldender die Kenntnis über die Erfindung erlangt hat; es reicht aus, wenn der Erfinder dem Anmelder die Erfindung mitgeteilt hat und dieser sie ohne Einwilligung des Erfinders zum Patent angemeldet hat: Widerrechtliche Entnahme setzt allein fehlende Einwilligung auf Seiten des Entnommenen voraus. Für die Widerrechtlichkeit ist es bedeutungslos, ob der Entnehmer die Kenntnis unbefugt oder befugt erlangt hat. Es kommt allein darauf an, ob die Erfindung unbefugt, also ohne Einwilligung des Berechtigten, zum Patent angemeldet worden ist (BeckOK PatR/Einsele, a.a.O., § 21, Rn. 60).
  194. bb.
    Gemessen an diesen Voraussetzungen ist die Kammer davon überzeugt, dass maßgebliches Wissen über die technische Lehren von der Klägerin auf die Beklagte zu 1) übergegangen ist, aufgrund dessen diese die streitgegenständlichen Patentanmeldungen getätigt hat.
  195. (1)
    Abzustellen ist auf den Wissensstand bei der Beklagten zu 1). Da sie als eingetragene Anmelderin im Patentregister benannt ist, ist sie die für die hier streitgegenständliche Patentvindikation die maßgebliche (juristische) Person, auf deren Nichtberechtigung es für die Passivlegitimation ankommt. Da auf Seiten der Klägerin sowie der Beklagten zu 1) juristische Personen stehen, die selbst nur vermittelt über natürliche Personen agieren können, muss eine Wissenszurechnung gem. § 166 BGB erfolgen. Dies bedeutet, dass entweder alle oder zumindest einer der drei Geschäftsführer der Beklagten zu 1) das entscheidende Wissen über die Erfindung erlangt haben muss. Wenn grundsätzlich ausreichend ist, dass der Erfindungsbesitz einem von mehreren Patentanmeldern unmittelbar vermittelt wurde, da andernfalls der Vindikationsanspruch leichthin dadurch vereitelt werden könnte, indem sich unter den Anmeldern eine Person findet, der der Erfindungsbesitz nicht unmittelbar vom Vindikationsgläubiger vermittelt wurde (vgl. LG München I, GRUR-RS 2016, 2346), kann bei einer juristischen Person als Patentanmelderin nichts anderes gelten. Gerade wenn die juristische Person ihrerseits eine Mehrzahl an vertretungsbefugten natürlichen Personen aufweist, muss sie sich auch die Gesamtheit des Einzelwissens ihrer Geschäftsführer zurechnen lassen. Unter einer solchen Wissenszusammenrechnung wird ein Zusammenziehen des Teilwissens in verschiedenen Abteilungen oder bei verschiedenen Organen verstanden. Das Teilwissen hätte für sich noch keine rechtliche Relevanz, sondern zeitigt erst infolge des Zusammenrechnens Rechtsfolgen (vgl. MüKoBGB/Schubert, 9. Aufl. 2021, BGB, § 166, Rn. 83). Deshalb ist im Ergebnis entscheidend, dass der Nichtberechtigte bei seiner Entnahmehandlung über das Wissen von der fremden Erfindung verfügte. Erforderlich ist nicht, dass er seine Erkenntnisse durch einen einzelnen, abschließenden Vorgang erhalten hat. Vielmehr genügt es, wenn sich das die Erfindung begründende Wissen bis zu dem maßgeblichen Zeitpunkt bei ihm angesammelt und manifestiert hat.
  196. Anders als die Beklagten meinen, kommt es nicht ausschließlich auf das Wissen und den Kenntnisstand der FL als vermeintlicher Erfinderin der Vindikationsschutzrechte an. Dieser Vortrag überzeugt bereits deshalb nicht, weil es die Beklagten nicht vermocht haben, eine (eigene) fertige Erfindung der Beklagten zu 2) im Zeitpunkt einer etwaigen Übertragung auf die Beklagte zu 1) darzulegen (s.u.). Der Verweis auf den Inhalt der Regelungen von § 6 und § 8 PatG ist als argumentative Anknüpfung hierbei auch untauglich, da sie die Erfinderstellung bzw. die Aktivlegitimation für einen Vindikationsanspruch regeln, nicht aber näher zur Passivlegitimation und zu den Anforderungen der Nichtberechtigung ausführen. Allein die Erfinderstellung als relevanten Anhalt für bei einer juristischen Person vorhandenes Wissen zu wählen, überzeugt auch systematisch nicht, weil sich die Vindikationslage erst in einer Patentanmeldung manifestiert. Dann aber bildet die Anmelderstellung, wie sie aus dem Register ersichtlich ist, die entscheidende Anknüpfung für die Identifizierung des Nichtberechtigten, ohne dass es dafür auf die Erfinderstellung ankommt. Aus diesen Gründen ist es überzeugend, für die Beurteilung eines Wissenstransfers bei einer widerrechtlichen Entnahme auf das (zugerechnete) Wissen des Anmelders abzustellen (vgl. Bl. 583 GA).
  197. Es bedarf in diesem Zusammenhang letztlich keiner abschließenden Klärung, ob auch HL der Beklagten zu 1) Wissen vermittelt hat oder dies aufgrund seiner Einberufung als Geschäftsführer erst nach dem Anmeldetag der Schutzrechte gerade nicht konnte. Denn jedenfalls haben dies FL und GP in maßgeblicher Weise getan.
  198. (2)
    Maßgeblich bei der Frage eines erfolgreichen Wissenstransfers auf die Beklagte zu 1) steht zwischen den Parteien in Streit, inwieweit die verschiedenen Geschäftsführer von der Beklagten zu 1) sowie die Beklagte zu 2) tatsächlich die Unterlagen (Klebezettel mit Skizzen und Notizen sowie die nachfolgenden Präsentationen mit der Ergebnisauswertung) zur Kenntnis genommen, mithin wahrgenommen, und deren Inhalt erfasst haben. Insbesondere hinsichtlich des rosa Zettels ist strittig, ob er im Rahmen des Workshops präsentiert wurde und ob die Beklagte zu 2) diesen inhaltlich erfasst hat.
  199. (a)
    Dies ist nach Auffassung der Kammer der Fall. Um dies beurteilen zu können, bedarf es keiner Aufklärung sämtlicher tatsächlicher Gegebenheiten während des Workshops. Denn schon die in den Anmeldeschriften enthaltenen Figuren machen deutlich und sprechen als gewichtiges Indiz für einen Wissenstransfer. Die Figur 1 aller Schutzrechtsanmeldungen zeigt eine Figur wie sie dem rosa Zettel zu entnehmen ist. Selbst wenn der Aufbau einer Elektrolysezelle bestehend aus zwei Halbzellen, einer Membran sowie Abstandshaltern und auch ein sich verjüngender Bereich gemeinhin bekannt gewesen sein mag, so gilt dies nicht für den sich verjüngenden „Halsbereich“, in dem die Halbzellen aufeinanderzulaufen, aber gerade ohne einen gesonderten Verschluss vorzusehen. Die Skizze des rosa Zettels sowie die Figur 1 unterscheiden sich allenfalls in ihrer konkreten Darstellung: während auf dem rosa Zettel eine blaue Schraffierung vorhanden ist, ist dieser Bereich in der Figur 1 wesentlich schmaler. Dem Prinzip nach wird aber dasselbe dargestellt, da auch die Lehren der Vindikationsschutzrechte von einer Dichtfläche zwischen den Halbzellen ausgehen, mithin einem Bereich, in den elektrisch isolierender Kunststoff eingebracht werden kann. Dies wird durch die sich annähernden Halbzellen veranschaulicht, die bloß durch eine Dichtmasse D in einem verbleibenden Zwischenraum voneinander getrennt sind. Lediglich optisch fällt dieser Bereich in der sehr schematisch gehaltenen Figur 1 schmaler aus als in der Zeichnung auf dem rosa Zettel.
  200. Schon angesichts dieser enormen darstellerischen Übereinstimmung, welche sich nicht durch einen Verweis auf den vorbekannten Zellaufbau überzeugend ausräumen lässt, hätten die Beklagten konkrete, gegen einen Wissenstransfer sprechende Tatsachen vortragen müssen, zumal der Ursprung des rosa Zettels aus dem Juli-Workshop – sowie dessen Existenz überhaupt – zwischen den Parteien außer Streit stehen.
  201. (b)
    Über dieses Indiz hinaus hat die Klägerin gemäß der sie grundsätzlich treffenden Darlegungslast hinreichend substantiiert und plausibel aber auch weitere Anhaltspunkte sprechend für einen Wissensübergang auf die Beklagte zu 1) geschildert, welche die Beklagten nicht entkräften konnten.
  202. Zunächst ergibt sich eine Kenntniserlangung durch FL und jedenfalls GP von der Erfindung durch ihre Teilnahme an dem Juli-Workshop. Unstreitig waren die Geschäftsführer der Beklagten zu 1) grundsätzlich Teilnehmer dieses Workshops. Allerdings war nur GP durchgängig anwesend. FL war am ersten Workshoptag sowie ab Mittag des zweiten Workshoptages anwesend; HL lediglich am ersten Workshoptag. Dennoch ist die Kammer von der Kenntnisnahme des rosa Zettels zumindest durch GP und die Beklagte zu 2) überzeugt.
  203. Das Vorhandensein des rosa Zettels im Vortragsraum sowie die Figuren 1 der Vindikationsschutzrechte sind in Zusammenschau mit der zumindest zeitweiligen Präsenz von FL im Raum hinreichender Beleg für dessen inhaltliche Wahrnehmung. Die Beklagten haben nichts Substantielles dazu vorgebracht, weshalb bei einer zeitgleichen Anwesenheit von Zettel und GP/FL im Plenumsraum ein Wissenstransfer ausscheiden muss. Allein der Verweis auf die Fotofolge P1220XXX.JPG ff. (vgl. Bl. 539 f. GA) ist nicht ausreichend, einen Wissenstransfer auszuschließen. So sei FL erst ab mittags des zweiten Tages und auch nur zeitweilig wieder am Workshop dabei gewesen und habe lediglich das Ende des G-Vortrags gehört, was sich aus den Lichtbildern ergebe, da der Platz von FL bis zur Minute 2:56 offensichtlich vakant sei (vgl. P1220XX8.JPG und P1220XXX7.JPG). Diesen Bildern ist tatsächlich zu entnehmen, dass der Sitzplatz von FL vakant ist. Dieses Vorbringen ist nach Auffassung der Kammer jedoch zu vage, um eine Kenntnisnahme plausibel auszuschließen. Zunächst bleibt unklar, wo genau sich FL am Vormittag auf einem anderweitigen Termin befunden haben soll. Auch gibt es keine Erklärung dafür, weshalb sie gerade während der Präsentation von Herrn G (zeitweise) nicht im Raum gewesen sein soll. Die Vakanz ihres Platzes ist hierfür kein geeigneter Nachweis, denn auch andere Teilnehmer halten sich ausweislich der Lichtbilder an anderen Stellen im Raum auf und sitzen nicht auf den dort angeordneten Stühlen.
  204. Hinzukommt, was den Zeitraum der Kenntnisnahme deutlich vergrößert, dass nach dem maßgeblichen Vorbringen der Klägerin der rosa Klebezettel bereits am Ende des ersten Workshoptages an einer Pinnwand im Raum des Plenums angebracht war. Die Pinnwände der Gruppen mit ihren (bewerteten) Highlight-Ideen wurden nämlich in den Plenumsraum verbracht, wie auch selbst die Beklagten in der Klageerwiderung vorgetragen haben (vgl. Bl. 172 GA). Anderslautender Vortrag der Beklagten, dass die Pinnwände am Ende des ersten Tages in den Gruppenräumen verblieben sein sollten und damit auch der nicht als Highlight ausgewählte rosa Zettel der Gruppe C (vgl. Bl. 879 GA), ist widersprüchlich zum eigenen vorherigen Vorbringen, ohne dass ein Grund für dieses abweichende Vorbringen zu erkennen wäre, und daher gemäß § 138 Abs. 3 ZPO unbeachtlich. Es handelt sich bei der Handhabe der Pinnwände während des Workshops um Vorgänge, von denen FL und GP eigens Kenntnis nehmen konnten und was von den Beklagten schon in der Klageerwiderung entsprechend vorgetragen werden konnte. Neues Vorbringen in der Triplik erklärt diesen Vortragswechsel jedenfalls nicht. Denn dort hat die Klägerin hinsichtlich des Workshops allenfalls erneut einzelne Lichtbilder den Veranstaltungstagen zugeordnet. Vor diesem Hintergrund bedarf es auch keiner weiteren Aufklärung, ob das Lichtbild P122XXX.JPG (noch) im Gruppenraum der Gruppe C aufgenommen wurde. Den Anträgen der Beklagten auf Vorlage bestimmter digitaler Dateien war daher mangels erheblichen Vorbringens nicht nachzugehen. Aufgrund der vorstehenden Ausführungen kommt es auch nicht mehr auf die seitens der Beklagten vorgenommenen Analysen der weiteren Lichtbilder P1220XX2.JPG und P1220XX3.JPG bezüglich darauf ersichtlicher, im Plenumsraum befindlicher Pinnwände an.
  205. Letztlich kommt es aber auch nicht darauf an, ob schon am ersten Workshoptag der rosa Zettel von den insbesondere am ersten Tag durchgängig anwesenden GP und der Beklagten zu 2) eingesehen wurde und ob zu dieser Zeit eine aktive Präsentation des rosa Zettels erfolgt ist – wobei eine solche selbst die Klägerin für den ersten Workshoptag nicht behauptet und diese Frage sogar auch mit Blick auf eine Präsentation des Zettels am zweiten Tag, für die Frage einer festzustellenden Wahrnehmung letztlich unerheblich ist. Denn wenn Teilnehmer des Workshops durchgängig anwesend waren, geht damit nach Auffassung der Kammer zugleich eine Kenntnisnahme der auf einem Aufsteller angebrachten Notizzettel einher. Engagierte Workshopteilnehmer nehmen in den Blick, gerade als Abgrenzung zu dem tatsächlich von der eigenen Gruppe gewählten Ideen-Highlight, welche technischen Alternativen andere Gruppen erarbeitet und aber auch verworfen haben. Da diese Ideen auf Notizzetteln auf Pinnwänden befestigt waren, mussten die Pinnwände betrachtet werden. Für die Erfassung der dargestellten Ideen bedurfte es keiner separaten Präsentation im Plenum. Dass eine solche für eine tatsächliche Kenntnisnahme tatsächlich entbehrlich war, zeigt sich auch gerade in dem Umgang mit dem rosa Zettel. Er wurde von der Gruppe C erstellt und von der Gruppe A in ihre Ideensammlung übernommen. Dies belegt, dass die Workshopteilnehmer sehr wohl sämtliche Informationen zur Kenntnis genommen haben, ohne dass es zwingend deren Vorstellung im Plenum bedurfte. Wenn angesichts dieser Sachverhaltsumstände eine Kenntnisnahme in Abrede gestellt werden soll, käme dies einem bewussten Augenverschließen vor den Brainstorm-Ergebnissen der anderen Gruppen gleich. Ein solches ist im Rahmen dieses Workshops aber insbesondere deshalb nicht anzunehmen, weil sämtliche Teilnehmer als Fachleute mit technischer Expertise zu qualifizieren sind, denen es möglich ist, den Notizen auch ohne gezielte Erläuterung einen Gehalt zu entnehmen.
  206. Vor diesem Hintergrund ist ebenso wenig anzunehmen, dass ein aufmerksamer Workshopteilnehmer mit Hintergrundwissen zu den behandelten Themen im Rahmen der Präsentation des Gruppenergebnisses E, zwar den weißen Zettel inhaltlich erfasst, nicht aber zugleich den rosa Zettel. Eine solche Differenzierung erschlösse sich weder tatsächlich noch technisch. Bereits im Tatsächlichen und ausgehend von der allgemeinen Lebenserfahrung bedingt die Wahrnehmung der Zeichnungen auf dem weißen Blatt die Betrachtung der unmittelbar auf derselben Höhe angebrachten rosa und grünen Zettel. Außerdem ist eine Wahrnehmung des weißen Zettels ohne das Verständnis des rosa Zettels technisch nicht nachvollziehbar, da „M“ erst deswegen relevant wird, um die Zellen mit geringerer Folienstärke zu stabilisieren. Jedenfalls haben es die Beklagten nicht vermocht, aufzuzeigen, weshalb ein solcher Zusammenhang fehlen und worin ansonsten die von Herrn G vorgestellte Idee gelegen haben soll (vgl. Bl. 536 GA).
  207. Jedenfalls für GP vermag die Kammer aufgrund der vorstehenden Ausführungen eine Kenntnisnahme des rosa Zettels festzustellen, weshalb es auf eine weitere Kenntnisnahme durch FL und HL nicht mehr ankäme, da bereits mit der Kenntnis eines Geschäftsführers der Beklagten zu 1) eine hinreichende Grundlage für eine Wissenszurechnung an die Beklagte zu 1) gegeben ist. Aber auch zumindest im Hinblick auf FL ist die Kammer von der inhaltlichen Wahrnehmung des rosa Zettels überzeugt.
  208. Zudem gelingt der Klägerin durch Bezugnahme auf den Workshop aufbereitende Unterlagen, einen Wissenstransfer zumindest an GP darzulegen. Hinsichtlich FL wird eine solche Kenntniserlangung nicht geltend gemacht, was aber auch unschädlich ist, da – wie erläutert – überhaupt eine der Beklagten zu 1) zuzurechnende Wissenserlangung ausreichend ist.
  209. Noch nicht durchzudringen vermag die Klägerin mit dem Verweis auf eine der Anlage K 68 zu entnehmende Kostenkalkulation. Insoweit ist lediglich vorgetragen, dass sie GP auf dem XXX-Server zur Verfügung stand. Dieser pauschale Verweis auf den Server-Inhalt, ohne einen konkreten Hinweis zur Kenntnisnahme oder zumindest zur konkreten Kenntnisnahmemöglichkeit ist nicht ausreichend als Beleg für einen Wissenstransfer. Entsprechendes gilt für die aus der Anlage K 16 ersichtliche Präsentation aus Mai 2020. Hierzu behauptet die Klägerin nur, dass sie auf dem Server und somit zugänglich für GP gewesen sei (Bl. 397 GA). Insbesondere nachdem die Beklagten die Erstellung der Präsentation unter Aufsicht von GP bestritten haben, hat die Klägerin hierzu aber nicht weiter ausgeführt.
  210. Demgegenüber ergibt sich ein Wissenstransfer auf GP durch dessen Einbindung im eine im November 2019 erfolgende inhaltliche Auswertung des Juli-Workshops. Dokumentiert ist dies durch die Anlagen K 11 sowie K 57 bis K 62.
  211. Anfang November 2019 fand ein weiteres Arbeitstreffen bei der Klägerin statt, organisiert von E (vgl. Anlage K 57), an dem auch GP – und HL – zeitweise teilnahmen. Wie dieses Treffen im Einzelnen nach außen hin bezeichnet wurde, ist für die Darlegung eines Wissenstransfers unerheblich. Nicht erheblich ist hierbei das Vorbringen der Beklagten, wonach die beiden Herren nur partiell an dem Treffen teilgenommen haben sollen. Denn dadurch ist ein Wissenstransfer nicht nachvollziehbar ausgeschlossen, zumal die Abwesenheitszeiten nicht konkret belegt wurden, obwohl es sich um die eigene Kenntnissphäre handelt und es zudem widersprüchlich scheint, einerseits behaupten zu können, nicht durchgehend da gewesen zu sein, andererseits aber nicht, wo sie stattdessen waren. Ohne den Versuch einer solchen Erklärung bedarf es seitens der Klägerin nicht der Vorlage von Kalenderauszügen. Inhaltlich sind sowohl aus der Agenda (Anlage K 57) als auch aus der Nachbereitung (Anlage K 58) eindeutige Hinweise auf die Erfindung zu ersehen.
  212. Die Beklagten haben zudem nicht in Abrede gestellt, dass GP Kenntnis von den Klebezetteln und White-Board Notizen (vgl. Anlagen K 59 und K 61) erlangt hat. Unbestritten wurden Anfang November 2019 diese Fotos und Aufzeichnungen erstellt und im Rahmen des Treffens besprochen, ohne dass es mit Blick auf einen Wissenstransfer darauf ankäme, inwieweit tatsächlich eine Bewertung der Vorschläge aus dem Brainstorming von Juli 2019 vorgenommen worden ist (vgl. Bl. 385 GA). Denn hierzu zeigt schon der Umgang mit dem rosa Zettel im Juli, dass ein Team eine Idee als nicht verfolgungswürdig erachtet, während eine andere Gruppe diesen Gedanken aufgreift. Vorliegend ist eine wertfreie Wissensübermittlung entscheidend, von der in diesem Zusammenhang auszugehen ist.
  213. Gemeinsam mit dem Treffen im November 2019 ist auch die in der Anlage K 11 enthaltene Präsentation vom 20. November 2019 zu sehen. In der Abteilung von GP entstand im Nachgang zu dem November-Treffen eine Arbeitsgruppe, in deren Zuge besagte Präsentation erarbeitet wurde. GP ist als einer ihrer Autoren benannt (vgl. Bl. 178 GA). Weshalb dies falsch sein soll und nicht zumindest richtigerweise eine Verantwortung des GP für den zusammengetragenen Inhalt begründen soll, auch wenn er nicht an der Arbeitsgruppe selbst teilgenommen hat, haben die Beklagten nicht nachvollziehbar darzulegen vermocht. Hinzukommt, dass die Beklagten nicht ausschließen können, eine E-Mail mit entsprechend angehängter Präsentation erhalten zu haben, wie es die Klägerin zu der Mail aus Januar 2020 (Anlage K 62) vorgetragen hat. So macht auch die E-Mail von Anfang Januar 2020 einen Wissenstransfer von der Klägerin auf GP deutlich. Wiederum erfolgt eine Bezugnahme auf den XXX Workshop aus Juli 2019 und dessen Ergebnisse. Angefügt ist ein Link zu einem PDF-Dokument.
  214. Soweit die Klägerin entweder die Übermittlung von E-Mails oder auch einen in diesen E-Mails enthaltenen Zugriff zum Server, auf dem die Dokumente abgelegt waren, sowie einen konkret übersandten Link dahin (vgl. Anlage K 58) nachweist, ist dies hinreichend substantiierter Vortrag eines Wissenstransfers.
  215. Nach allgemeiner Lebenserfahrung ist zunächst davon auszugehen, dass die Mails tatsächlich bei GP angekommen sind; insbesondere bei Eingabe der richtigen E-Mailadresse. Gerade dann, wenn nur Namen im Empfängerfeld erscheinen, spricht dies dafür, dass mit diesen Personen bereits erfolgreich E-Mail-Korrespondenz geführt wurde. Durch den vorgelegten Ausdruck der E-Mail ist zudem ein konkreter Absendezeitpunkt zu erkennen. Die Beklagte zu 1) hätte angesichts dieser Umstände den Zugang (der Anlage K 58) nicht bloß einfach bestreiten dürfen, sondern hätte konkrete Umstände aufzeigen müssen, aufgrund derer der Erhalt der Mail ausgeschlossen war (vgl. LG München I, Urteil vom 20. August 2015 – 22 O 17570/14 –, juris, Rn. 35). Inwieweit Inhalte einer Mail sodann tatsächlich zur Kenntnis genommen werden, ist außerhalb des Einflussbereichs des Absenders. Regelmäßig, und umso berechtigter im beruflichen Kontext, ist von einer inhaltlichen Kenntnisnahme auszugehen. Gegenteiliges müsste jedenfalls der Empfänger plausibel darlegen. Das Vorbringen der Beklagten genügt für ihre Entlastung nicht (vgl. Bl. 558 GA). Eine große Masse an zu bewältigenden Mails kann deren jeweilige inhaltliche Kenntnisnahme verzögern, nach Auffassung der Kammer ohne weitere konkrete Anhaltspunkte indes nicht ausschließen. Die Beklagte hat keinerlei valide Kriterien benannt, anhand derer eine inhaltliche Filterung der Mails erfolgt wäre. Hinzukommt, dass es sich bei den hier in Streit stehenden Korrespondenzen nicht nur um untergeordnete, belanglose Themen gehandelt hat, was bereits deren regelmäßige Behandlung in Entwicklungstreffen zeigt. Dass gerade derlei Mails außer Acht gelassen worden wären, obwohl GP zu diesem Thema ausweislich der Anlage K 67a sogar auch eigens Mails versendet hat, überzeugt nicht.
  216. Entsprechendes gilt für eine angeblich lediglich sprachliche Prüfung eines Dokuments, wie es die Beklagte zu 1) für die aus der Anlage K 66 zu ersehende Grafik eingesteht. Ob dabei die eigentliche Ausarbeitung von GP vorgenommen wurde, ist für einen zurechenbaren Wissenstransfer unerheblich. Denn insbesondere nur eine sprachliche Korrektur kann nicht ohne Lesen, mithin dem Erfassen des Inhalts, geschehen. Die Beklagte zu 1) stellt so auch nur eine vertiefte Beschäftigung mit dem Inhalt in Abrede, nicht eine Kenntnisnahme überhaupt. Damit wusste GP von den Bestrebungen, dünne Folien zur Herstellung von Elektrolysezellen einzusetzen. Er kannte Material und die etwaige Folienstärke. Dies gilt auch insbesondere deshalb, weil in dem Mailtext bereits formuliert ist „Entwurf für die XXX Zelle“. Sogar die Verwendung des bestimmten Artikels „die“ lässt darauf schließen, dass GP nicht das erste Mal mit dieser Thematik in Berührung gekommen ist, sondern seitens der Absenderin entsprechendes Wissen unterstellt werden konnte.
  217. Ergänzt wird dessen Einbeziehung in die Aufarbeitung des Workshops durch vorgelegten weiteren E-Mail-Verkehr von November/Dezember 2019 (Anlagen K 63, K 64). Inhaltlich unstreitig betrifft diese Korrespondenz die Bestellung von dünnen Nickelfolien. Hieraus hat GP demnach Wissen über angestrebte Veränderungen in der Wandbeschaffenheit bisheriger Elektrolysezellen. Selbst wenn GP nur zu Beginn des E-Mail-Verlaufs als Empfänger enthalten war, war dies jedenfalls ausreichend, die Anfrage der Klägerin hinsichtlich dünner Folien wahrzunehmen. Unerheblich ist, ob aus diesen Mails eine Miturheberschaft des GP für die aus der Anlage K11 ersichtliche Präsentation folgt, jedenfalls ist unbestritten, dass er Kenntnis von der eingeleiteten Bestellanfrage hatte.
  218. Diese Sachverhaltsumstände zeigen, dass zwischen der der Klägerin zuzurechnenden Sphäre und dem GP ein Informationsaustausch über die zum Erfindungsbesitz führenden Gedanken und Entwicklungsschritte stattgefunden hat. GP war in diesen Dialog einbezogen.
  219. Auch aufgrund eines weiteren Workshops im Dezember 2019 „XXX“ (vgl. Anlage K 67) hat jedenfalls GP Wissen über die Erfindung erlangt. Er war im E-Mail-Verteiler enthalten. Als Besprechungspunkt 3 ist „XXX“ im Protokoll aufgeführt. Es kann dahinstehen, ob, wie die Beklagte zu 1) aus der Protokollierung des Treffens ableiten will, der Besprechungspunkt 3 tatsächlich nicht erörtert worden sei. Denn GP hat im Nachgang selbst eine Mail mit einem Link zu einem auf einem Server hinterlegten Dokument, der Präsentation gemäß Anlage K 15, versendet (vgl. Anlage K 67a). Es ist nicht anzunehmen, dass GP eine ihm inhaltlich unbekannte Anlage versendet. Die Beklagten können deshalb auch nicht mit dem Vorbringen gehört werden, dass der Link nicht zu diesem Dokument führe. Es kommt auch nicht darauf an, ob diese Präsentation im Dezember-Meeting wirklich allen Teilnehmern im Plenum vorgestellt wurde. Hinzukommt, dass der Betreff dieser Mail „Ziele und weitere Dokumente“ lautet. Ziele können aber nur formuliert werden, wenn thematisch die inhaltliche Fragestellung und Problematik bekannt sind. Wie schon zuvor, kommt es auch hier für einen erfolgreichen Wissenstransfer nicht darauf an, ob GP selbst aktiv an der Entwicklung der Elektrolysezellen eingebunden war.
  220. Soweit die Klägerin darüber hinaus unter Bezugnahme auf ein IT-forensisches Gutachten (Anlage K 69) darlegen will, dass GP den gesamten Inhalt des XXX-XXX-Servers heruntergeladen habe, überzeugt dies nicht, um einen Wissenstransfer konkret aufzuzeigen. Denn auch unterstellt, es hätte sich tatsächlich um einen Download des gesamten Severs gehandelt, woran ggf. aufgrund der Datenmenge Zweifel bestehen könnten, und unabhängig von etwaigen Feststellungen der Staatsanwaltschaft Dortmund, so geht daraus jedenfalls nicht hervor, dass GP insbesondere die vorliegend relevanten Dokumente zur Kenntnis genommen hat.
  221. c.
    Die Beklagten haben es auch nicht vermocht, eine Doppelerfindung darzulegen. Nur für diesen Fall wäre es an der Klägerin gewesen, detaillierter zu internen Entwicklungsvorgängen unter Beteiligung bestimmter Personen vorzutragen und diese nötigenfalls zu beweisen.
  222. aa.
    Den Anmelder trifft eine gesteigerte Darlegungslast für die von ihm behauptete Doppelerfindung, wenn feststeht, dass der Vindikationskläger Kenntnis von der streitigen Erfindung hatte, dem Anmelder vor der Anmeldung Kenntnis vom Gegenstand der Erfindung vermittelt und dieser erst im Anschluss daran die Erfindung zum Patent anmeldete. Es ist dann Sache des Anmelders, die Umstände, aus denen die von ihm behauptete Doppelerfindung hergeleitet werden soll, eingehend zu substantiieren (Benkard PatG/Melullis, a.a.O., § 8, Rn. 47a). Dazu muss der Vindikationsbeklagte, der die Erfindung unabhängig vom Kläger, von dem feststeht, dass er in Besitz der Erfindung war, gemacht zu haben behauptet, im Einzelnen plausibel darlegen und beweisen, auf welche konkreten Tatsachen und Umstände er seine unabhängige Erfinderstellung im Einzelnen stützt. Die pauschale Erklärung, er sei als hervorragender Fachmann in der Lage gewesen, den nicht allzu fernliegenden Erfindungsgedanken ebenfalls aufzufinden, reicht hierzu grundsätzlich nicht aus (Benkard PatG/Melullis, a.a.O., § 8, Rn. 48). Der Vindikationskläger muss indes eine Erfinderschaft des Nichtberechtigten seinerseits nicht schon positiv ausschließen, um seinen Erfindungsbesitz schlüssig zu behaupten (entgegen Bl. 634 GA).
  223. bb.
    Diesen Anforderungen wird der Vortrag der Beklagten nicht gerecht.
  224. Nach Auffassung der Beklagten sei FL die alleinige Erfinderin der streitgegenständlichen Erfindungen, nunmehr verkörpert in den Vindikationsschutzrechten. Selbst unterstellt, der Vortrag der Beklagten ist in Richtung auf eine Doppelerfindung zu verstehen (was an keiner Stelle so deutlich gemacht wird), fehlt es jedenfalls an konkreten Darlegungen dazu, wie FL die jeweilige Erfindung entwickelt haben will. Es ist weder bekannt, wann genau, wodurch veranlasst und in welchen Schritten sie die Weiterentwicklung von Elektrolysezellen geschaffen haben will.
  225. Zur Überzeugung der Kammer steht zunächst fest, dass FL eine hohe Fachkompetenz in der Elektrochemie aufweist, da sie sich beruflich seit vielen Jahren auch durch unterschiedliche Arbeitgeber und Projekttätigkeiten mit der Elektrolyse von Wasserstoff befasst hat. Hierbei vermag die Kammer auch noch anzunehmen, dass ihr insbesondere die Grundprinzipien der PEM hinlänglich bekannt sind, sie aber ebenso über fundierte Erkenntnisse zur hier streitgegenständlichen alkalischen Wasserstoffelektrolyse verfügt. Hinsichtlich der hier maßgeblichen technischen Lehren – und zur Beurteilung einer eigenständigen umfänglichen Erfindungsleistung der FL kommt es nur auf diese Aspekte an und weitere technische Fragestellungen wie Separatoren, Zellaufbau etc. können allenfalls indiziell als Beleg einer schöpferischen Tätigkeit herangezogen werden – ist jedoch nicht ersichtlich, wie die FL konkret ihre Gedanken gefasst haben will.
  226. Bereits in zeitlicher Hinsicht haben die Beklagten für alle Erfindungen lediglich behauptet, FL habe „ab“ und nicht wie die Klägerin meint „im“ September 2020 entsprechende Gedanken angestellt. Im Rahmen der rechtlichen Bewertung macht diese unterschiedliche Formulierung allerdings keinen Unterschied, weil gänzlich unbekannt ist, wie FL in dem Zeitraum von September 2020 bis zum Februar 2021, dem Zeitpunkt der Patentanmeldungen, vorgegangen und verfahren ist. Für keine der Erfindungen sind konkrete Überlegungsschritte bekannt, die anhand von Skizzen oder Notizen oder Besprechungsunterlagen nachgewiesen worden wären. Lediglich FL wird als Zeugenbeweis angeboten, was aber seit der zweiten Klageerweiterung aufgrund ihrer Parteistellung nunmehr nicht mehr prozessual zulässig ist, und aber auch ansonsten nicht geeignet gewesen wäre, einen unsubstantiierten Parteivortrag zu ersetzen.
  227. Zugunsten von FL mag angenommen werden, dass sie verstanden hatte, das Fertigungsverfahren zu automatisieren, beispielsweise über einen Rolle-zu-Rolle (engl. roll-to-roll) oder einen Rolle-zu-Blatt (engl. roll-to-sheet) Prozess, um erhebliche Kosten einzusparen, und dass sie zudem verstanden hat, dass geringere Investitionskosten zusätzlich über die Auswahl der Materialien und Komponenten erreicht werden könnte. Dieses Vorbringen ist schon nicht geeignet, einen tauglichen Anhaltspunkt für die streitgegenständlichen Erfindungen zu bilden. Denn bereits diese Schilderung der Beklagten in der Klageerwiderung als angeblicher Ausgangspunkt der Überlegungen von FL bleiben letztlich unspezifisch. Es erfolgt keinerlei Konkretisierung in zeitlicher Hinsicht, wann FL sich mit diesen technischen Ideen befasst hat. Es erscheint lebensfremd, erst ab September 2020 solche Gedanken zu einem Geschäftsmodell für eine Gesellschaft vorzunehmen, die nur drei Monate später gegründet wurde und wiederum nur zwei Monate später Patentanmeldungen hervorbrachte. Eher dürfte dieser nur kurze Zeitraum dafür sprechen, dass sämtliche Entwicklungsvorgänge besonders präsent sind, da sie komprimiert in einem kurzen Zeitraum stattfanden, worüber der vermeintliche Erfinder ggf. selbst erstaunt gewesen wäre und somit näherer Vortrag zu erwarten gewesen wäre.
  228. Aber auch darüber hinaus überzeugen die Schilderungen der Beklagten nicht. Zunächst bezüglich des Fertigungsverfahrens fehlt schon nachvollziehbarer Vortrag, wie FL das ihr von ihrer Tätigkeit im Forschungszentrum XXX (damals Abteilung IEK-3) aus der Herstellung von Elektroden für Brennstoffzellen (Membran-Elektroden Einheiten) und Elektrolyseuren bekannte Verfahren auf die streitgegenständlichen P-Zellen übertragen haben will. Selbst wenn, wie es die Beklagten meinen, ein solcher Übertrag der Kenntnisse nur konsequent sei, fehlen hinreichende Umstände, anhand derer die Kammer dies beurteilen könnte. Eine pauschale Erklärung, der Anmelder sei als hervorragender Fachmann in der Lage gewesen, den nicht allzu fernliegenden Erfindungsgedanken aufzufinden, reicht nämlich grundsätzlich nicht aus (BGH, GRUR 1979, 145 – Aufwärmvorrichtung). Außerdem ist es nicht nachvollziehbar, dass die diesem Übertragungsvorgang zugrundeliegenden Gedanken nicht derart verkörpert sein sollten, dass ein entsprechender Nachweis zur Akte gereicht werden könnte. Es fehlt an nachvollziehbaren Erläuterungen, dass ohne Weiteres zu erkennen gewesen wäre, diesen Herstellungsvorgang auf die hier streitigen Zellen anzuwenden. Die Beklagten haben nicht aufgezeigt, dass dieses Verfahren unterschiedslos für verschiedene Zelltypen genutzt werden könnte. Aus der Anlage B 29 folgt allenfalls ein Hinweis auf die Herstellung von Brennstoffzellen; inwieweit deren Herstellung aber mit der hier maßgeblichen vergleichbar ist, ist der Kammer nicht ersichtlich; etwas anderes ergibt sich ebenso wenig aus der Anlage B 31. Auf diese Präsentation verweisen die Beklagten schon nur pauschal. Diese Kritik gilt auch unabhängig davon, wie im Einzelnen die aus dünner Folie bestehenden (neuen) Wasserstoffzellen benannt werden („XXX“), da nicht die Bezeichnung, sondern das zum Ausdruck kommende technische Prinzip entscheidend ist.
  229. Die Kammer ist weiter nicht davon überzeugt, dass der FL eine Erfindungsleistung im Hinblick auf den Einsatz von Metallfolien als Zellwand zukommt. Überwiegend stützt sich die Beklagte in ihrem Vortrag auf das „Prinzip der Transferleistung“, weshalb es FL gelungen sei, von PEM-Zellen (Bipolarplatten) bekannte Edelstahlfolien auf die in der alkalischen Elektrolyse eingesetzten Zellen und hier konkret auf die Außenwand zu übertragen. Welchen Anforderungen eine solche Transferleistung unterliegen würde und wie FL diese im Einzelnen vollzogen haben will, ist unbekannt. Insbesondere fehlt es an Erläuterungen, weshalb sich Metallfolie beim Einsatz als Außenwandung genauso eignen sollte wie zuvor bei der Ausgestaltung einer Membran. Nicht ohne nähere Ausführungen dürfte davon auszugehen sein, dass das Äußere einer Zelle anderen Anforderungen genügen muss, als innenliegende Bestandteile. Überdies ist völlig unbegründet, wie FL gerade zu der in den Erfindungen benannten Wertebereichen für Folienstärken von 0,15 mm bis 0,05 mm gelangt sein will. Auch wenn es Hinweise auf (beschichtete) Bipolarplatten mit einer Stärke von 0,1 mm gegeben haben mag, wie z.B. aus der Dissertation XXX von 2016 (Anlage B 8), erklärt dies nicht, wie die Spannbreite aufgefunden und festgelegt wurde. Soweit diese Überlegungen aus dem Rolle-zu-Rolle-Fertigungsverfahren bedingt gewesen sein könnten, hilft dies jedenfalls deshalb nicht weiter, da die schöpferische Leistung zu diesem Verfahren nicht dargetan wurde (s.o.) und ferner nicht erkennbar ist, dass für dieses Verfahren nicht auch noch dickere Folienstärken genutzt werden könnten. Überdies haben die Beklagten nicht dargestellt, weshalb Bipolarplatten unbesehen als Außenwände für die hier fraglichen Elektrolysezellen referenziert werden können. Eine Wand, welche zwei Zellen einheitlich voneinander abgrenzt, müsste vielmehr anderen Bedürfnissen genügen, als eine Zellaußenwand; zumindest fehlen der Kammer für eine andere Einschätzung hinreichende Tatsachengrundlagen.
  230. Selbst wenn zugunsten der Beklagten angenommen wird, dass es Hinweise auf das Material zum Einsatz als Zellwand gegeben hat, so gibt es keinen substantiellen Vortrag der Beklagten, aus dem sich die behaupteten Transferleistungen der FL ergeben. Wann, wie und wo sie sich dazu Gedanken gemacht hat, ist völlig unbekannt. Es erscheint lebensfern, dass es offensichtlich keine (datierten) Notizzettel oÄ gibt, die zur Akte hätten gereicht werden können. Jedenfalls bieten die Beklagten hierzu nur die (Zeugen-) Einvernahme der FL an, die aber nicht an die Stelle von erheblichem Vorbringen treten kann.
  231. Ähnliche Erwägungen gelten mit Blick auf die Materialwahl selbst. Die Beklagten deuten für das Auffinden von Edelstahl zwar an, dass sich FL ab September 2020 intensiv mit der hier relevanten Technologie-Entwicklung befasst und Literaturrecherchen betrieben hätte, wobei sie auf die Publikation von Herrn R aus dem Jahr 2019 gestoßen wäre (vgl. Anlage B 7); er sowie dessen Arbeiten wären ihr bereits aus einem Praktikum persönlich bekannt gewesen. Diese Arbeit befasst sich mit Experimenten zu Elektroden und unterschiedlicher Materialbeschaffenheit der einzelnen Elektroden. Insbesondere kommt hierbei Edelstahl zum Einsatz. Einen Bezug zur Außenzellwand und diesen Materialien stellt die Arbeit nicht her.

    Daher lassen die Beklagten wie bereits im Zusammenhang mit dem Herstellungsverfahren unbeantwortet, aufgrund welcher Hinweise und Anhaltspunkte FL Material, das zum Einsatz als Elektrode tauglich ist, unverändert als Außenwandung verwendet werden kann. Nähere Ausführungen zu ihren konkreten Überlegungen und dem Entwicklungsprozess, etwa belegt anhand von Unterlagen, fehlen sämtlich. Ein Verweis auf eine Transferleistung der FL ist vor diesem Hintergrund unbehilflich und allzu pauschal. Insoweit ist es, anders als die Beklagten meinen, auch nicht ausreichend, keine gegenteiligen Hinweise aus R auf eine bestimmte Materialkonstellation zu haben. Vielmehr bedarf es zum Nachweis einer Doppelerfindung gerade eines positiven Nachweises, der eine solche Annahme stützen würde. Demensprechend ist es nicht an der Klägerin, das Nichtfunktionieren/die Unausführbarkeit aufzuzeigen.

  232. Auch aus der Formulierung des Unteranspruchs 2 und den dort genannten Materialien Nickel und Titan in Parallele zu rostfreiem Stahl ist nichts für die erfinderische Leistung, Edelstahl als Zellmaterial zu wählen, herzuleiten. Selbst eine fall back-Option unterstellt, handelt es sich nicht um einen Beleg für einen Erfindungsgedanken der FL.

    Es kann auch nicht als unstreitig angesehen werden, dass FL auf der Basis der ihr bekannten Informationen aus der Automobilbranche ein neues Dichtungskonzept entwickelt hat. Denn schon das eigene Vorbringen der Beklagten ist nicht hinreichend schlüssig, in nachvollziehbarer Weise aufzuzeigen, wie FL Erkenntnisse aus einer gänzlich anderen Branche auf Wasserstoffzellen übertragen haben will; insoweit dürfte davon auszugehen sein, dass allenfalls die Prinzipien im Umgang mit Kunststoffen zur Abdichtung identisch sind. Wie aber etwa die Verklebung einer Windschutzscheibe auf die Abdichtung von Halbzellen, wobei es vor allem auch auf eine zuverlässige elektrische Isolation ankommt, übertragen werden kann, ohne konkrete Gedanken aufzustellen, vermag die Kammer nicht zu erkennen. Wie und wann heraus FL sich konkret Gedanken zu einer Abdichtung der Zellen gemacht hat, dazu mit ihrem Onkel gesprochen hat und sodann die Übertragbarkeit auf Elektrolysezellen angenommen hat, ist nicht vorgetragen. (Zumal eine Einvernahme des Onkels als Zeugen mangels ladungsfähiger Anschrift ohnehin ausscheiden würde.) Der Verweis auf die betreute Dissertation XXX (Anlage K 52) dient zudem allenfalls als Abgrenzung vom vorbekannten Stand der Technik, weil nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten FL so gerade nicht mehr vorgehen wollte. Außerdem würde aber auch hinsichtlich der Dissertation die Schilderung einer Motivation fehlen, genau diese irgendwann im Jahr 2020 ab September wiederum herangezogen haben. Ebenjene Kritik an der Klägerin, nicht vorgetragen zu haben, was und wie geklebt wird, wie die Anbindungen an einen Thermoplast sind etc. müssen sich die Beklagten daher selbst entgegenhalten lassen, da ihr Vortrag allenfalls die Prinzipien einer Dichtung schildert, indes nicht in der Detailtreue, wie sie nachher in den Erfindungen Niederschlag gefunden haben.

  233. Das Vorbringen der Beklagten, wie FL die Vakuumversteifung der Elektrolysezellen erdacht haben will, überzeugt nicht. Selbst wenn FL hierbei Trauma-Matratzen vor Augen hatte und diese mit dem Prinzip von Unterdruck arbeiten – wobei deren Funktionsweise gar nicht näher erläutert wurde – fehlt jeglicher Tatsachenvortrag, wie deren Beschaffenheit auf diejenige von Wasserstoffzellen übertragen werden sollte. FL habe den Umgang mit solchen Vakuum-Matratzen erlernt. Was dies im Einzelnen bedeuten soll, haben die Beklagten der Kammer nicht dargelegt. Wiederum sind keine konkreten Anhaltspunkte zu ersehen, die eine etwaige Transferleistung der FL aufgrund ihres Fachwissens untermauern könnten.
  234. Im Ergebnis ebenso wenig durchzudringen vermögen die Beklagten mit ihren Ausführungen zum Einsatz der Einschweißausgießer bei der Medienzu- und -abfuhr. Grundsätzlich mag FL mit der Zu- und Ableitung von Medien in Elektrolysezellen befasst gewesen sein. Ein Zusammenhang zu herkömmlichen Einschweißausgießern ist hierbei allerdings noch nicht zu erkennen. Insbesondere die von den Beklagten in Bezug genommene Patentanmeldung offenbart derlei nicht. Nachvollziehbar mögen auch die Gedanken sein, dass möglichst weitere Unterbrechungen des Zellmaterials vermieden werden sollen und hierzu ein Einbringen des Ausgusses in der Dichtfläche nützlich sein kann. Wann im Einzelnen und in welchen Erwägungsschritten FL aber schöpferisch tätig geworden ist, kann die Kammer nicht feststellen. Insbesondere bei der Zusammenführung eines herkömmlichen Gegenstandes in ein anderes Anwendungsgebiet wäre zu erwarten gewesen, dass Aufzeichnungen einen solchen kreativen Gedankengang veranschaulichen und greifbar machen können. Vorzutragen, FL habe sich bei Arbeiten ab September 2020 bekannten Alltagstechnologien bedient, genügt ohne detaillierte Tatsachen zur Darlegung einer eigenen Erfindung nicht.
  235. Unerheblich ist, ob FL ein Einzelzellendesign von der Klägerin übernommen hat. Denn in dem aus dem Stand der Technik grundsätzlich bekannten Aufbau von Wasserstoffzellen liegt kein derart schöpferischer Beitrag, der eine eigenständige Erfindung der FL begründen könnte. Die technischen Lehren der Vindikationsanmeldungen legen diesen Aufbau vielmehr zugrunde und gehen aber im Übrigen darüber hinaus, wie Materialeigenschaften etc.
  236. Der Vortrag der Beklagten dazu, dass FL eine bestimmte Betriebsart (atmosphärisch bzw. mit leichtem Überdruck (unterhalb der Druckgeräterichtlinie)) der Elektrolysezellen bei deren Entwicklung berücksichtigt haben will, ist für den Nachweis eines schöpferischen Beitrags der FL nicht tauglich. Denn selbst wenn FL die im Jahr 2017 veröffentlichte Dissertation XXX (Anlage B 17) betreut hat, welche sich inhaltlich mit Druckverhältnissen in PEM-Elektrolysezellen befasst, ist nicht aufgezeigt, in welchen Schritten FL diese Erkenntnisse bei der Entwicklung „ihrer“ Erfindungen herangezogen haben will.
  237. Aus dem eigenen Vorbringen der Beklagten lässt sich im Ergebnis überhaupt kein konkreter schöpferischer Akt von FL in plausibler Weise ableiten, auch nicht zu Zeiten als sie noch im Konzern der Klägerin tätig war, aufgrund dessen zu ihren Gunsten zumindest von einer Mitberechtigung der FL ausgegangen werden könnte. Deshalb stehen den Beklagten keinerlei Rechte an den streitgegenständlichen Patentanmeldungen zu.
  238. II.
    Es ergeben sich die weiteren Rechtsfolgen:
  239. 1.
    Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 1) gem. § 242 BGB einen Anspruch auf Auskunftserteilung hinsichtlich weiterer getätigter Patentanmeldungen, ausgehend von den hier streitgegenständlichen Patentanmeldungen (vgl. jeweilige Ziff. II.).
  240. Voraussetzung eines Anspruchs nach § 242 BGB ist das Bestehen eines Rechtverhältnisses zwischen den Parteien, aus welchem sich Treuepflichten nach § 242 BGB ergeben können. Ein solches Rechtsverhältnis besteht insbesondere, wenn in der Patentanmeldung deshalb eine Rechtsverletzung durch die Beklagte zu 1) liegt, weil dieser ein Erfindungsakt zugrunde liegt, der der Klägerin zuzurechnen ist (vgl. LG Düsseldorf Urt. v. 21.06.2011 – 4b O 44/09, BeckRS 2013, 13292).
  241. Dies ist vorliegend der Fall, da, wie zuvor dargestellt, die Klägerin im Erfindungsbesitz derjenigen technischen Lehren war, welche die Beklagte zu 1) zur Anmeldung gebracht hat.
  242. 2.
    Der geltend gemachte Antrag zu Ziff. III auf Vorlage der mit den Patentämtern geführten Korrespondenz ist begründet. Dieser ergänzt den oben genannten Auskunftsanspruch (vgl. Haedicke/Timmann, a.a.O., § 10. Inhaberschaft, Rn. 224, beck-online).
  243. 3.
    Außerdem steht der Klägerin ein Anspruch auf Auskunftserteilung sowie Rechnungslegung (Ziff. IV) gemäß § 242 BGB iVm § 259 Abs. 1 und § 260 Abs. 1 BGB analog im Hinblick darauf zu, wie die Beklagte zu 1) bislang mit den Patentanmeldungen verfahren ist. Diese Pflichten bestehen auch im Rahmen gesetzlicher Schuldverhältnisse (vgl. BGH, GRUR 2016, 1257 – Beschichtungsverfahren).
  244. Allerdings war der geltend gemachte Auskunfts-/Rechnungslegungsanspruch seinem Umfang nach gemäß der Tenorierung einzuschränken und unter einen Wirtschaftsprüfervorbehalt zu stellen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Inhalt, Art und Umfang eines auf § 242 BGB gestützten Anspruchs auf Auskunft anhand einer Abwägung der beiderseitigen Interessen zu bestimmen (vgl. auch BGH, GRUR-RS 2023, 37744 – Kunststoffsack). Bei der Interessenabwägung muss berücksichtigt werden, dass dadurch die Prozessführung der Partei, die Auskunft zur Vorbereitung weiterer Ansprüche begehrt, beeinträchtigt wird. Sie kann, wenn ihr eine Auskunft nur unter einem Wirtschaftsprüfervorbehalt zugesprochen wird, die Entscheidung über ihr weiteres prozessuales Vorgehen nicht mehr auf eine umfassende eigene Kenntnis des Sachverhalts stützen, sondern ist teilweise auf ihr nur von Dritten zugänglich gemachte Kenntnisse angewiesen. Ein gegenüber den Belangen des Anspruchsberechtigten höhergewichtiges Interesse für eine Geheimhaltung kann insbesondere aus einem Wettbewerbsverhältnis der Parteien resultieren (vgl. BGH a.a.O.). Mit ebensolchen Interessen hat die Beklagte zu 1) diese Anspruchseinschränkung begründet. Die Klägerin hat sich hiergegen auch in der mündlichen Verhandlung nicht substantiiert gewandt, sodass den Interessen der Beklagten zu 1) Vorzug zu gewähren ist. Es ist nicht ersichtlich, dass durch den Wirtschaftsprüfervorbehalt das Interesse der Klägerin an einer effektiven Nachverfolgung und Sachverhaltsaufklärung beeinträchtigt wird. Ein weitergehender Wirtschaftsprüfervorbehalt kam indes nicht in Betracht, die Klägerin ohne die ihr insoweit uneingeschränkt zugestandenen Informationen zu Lizenzeinnahmen (Spiegelstrich 2) und erzieltem Umsatz (Spiegelstrich 4) nicht in der Lage wäre, ihren Schadensersatzanspruch zu berechnen.
  245. 4.
    Die Beklagte zu 1) ist ferner zur Ausgleichsleistung wegen Vorteilen aus Eigen-/Fremdnutzung (Herausgabe der Bereicherung) sowie zur Schadensersatzzahlung dem Grunde nach verpflichtet.
  246. Grundlage der Ansprüche auf Herausgabe der Bereicherung für die Eigennutzung und die aus der Fremdnutzung stammenden Vorteile durch Benutzung der zum Patent angemeldeten Lehre folgen aus §§ 812, 818, 819, 292, 987 sowie §§ 687 Abs. 2 2, 681, 667 BGB. Der Anspruch auf Schadensersatz wegen Verletzung des Rechts auf das Patent sowie des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb folgt aus § 823 Abs. 1 BGB (vgl. LG München I, GRUR-RS 2016, 2346).
  247. Der Nichtberechtigte schuldet Herausgabe der ihm durch seine formelle Rechtsinhaberschaft entstandenen Vorteile. Herauszugeben sind Vorteile aus Fremdnutzung (Zahlungen von Lizenzgebühren, Schadensersatz und Entschädigung durch Dritte sowie Ansprüche auf solche Leistungen) und Vorteile aus Eigennutzung seit Offenlegung der Patentanmeldung (vgl. Haedicke/Timmann, a.a.O., § 10. Inhaberschaft Rn. 220, beck-online).
  248. Ferner folgt aus der ungerechtfertigten Alleinanmeldung der Schutzrechte ein Schadensersatzanspruch gem. § 823 Abs. 1 BGB, der die Verpflichtung zum Ausgleich sämtlicher Vermögensnachteile umfasst, die die Klägerin in Folge der Anmeldung der Erfindung zum Patent allein im Namen der Beklagten und deren hieraus entstandene formelle Alleinberechtigung an den Patentanmeldungen erlitten hat, einschließlich eines Ausgleich der der Klägerin entgangenen Vorteile, die die Beklagte aus der Nutzung des Gegenstands der Anmeldungen gezogen hat (vgl. BGH, GRUR 2016, 1257, Rn. 28, beck-online). Denn der Benutzer verwirklicht Vorteile, die dem Berechtigten vorbehalten sind (vgl. BGH, GRUR-RS 2023, 37744).
  249. Zwar sind auch die Darlegungen der Klägerin zu diesem Anspruch geringfügig, indes hat sich die Beklagte zu 1) explizit nur gegen den Umfang der Auskunfts-/Rechnungslegungsverpflichtung gewendet und die übrigen Anträge unbeanstandet gelassen, mithin auch diesen.
  250. Da die Klägerin derzeit noch nicht über die notwendigen Angaben verfügt, um den Umfang des ihr durch die unberechtigte Patentanmeldung entstandenen Schadens beziffern zu können, hat sie ein Interesse an der Feststellung der Schadensersatzverpflichtung, § 256 ZPO.
  251. C.
    Der Schriftsatz der Beklagten vom 5. April 2024 war abgesehen von dem Vorbringen zum Juli-Workshop nicht zu berücksichtigen, da er hinsichtlich der darüberhinausgehenden Aspekte nicht nachgelassen war, §§ 296a, 283 ZPO. Er hat ebenso wenig gem. § 156 ZPO Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gegeben.
  252. D.
    Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, Abs. 2, 709 ZPO.
  253. Streitwert: 1.050.000,- Euro

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