Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3363
Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 6. März 2024, Az. 4b O 64/22
- Die Klage wird abgewiesen.
- Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
- Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
- Tatbestand
- Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Feststellung der Schadensersatzverpflichtung dem Grunde nach sowie Ersatz von Abmahnkosten wegen Verletzung des deutschen Gebrauchsmusters DE 20 2020 101 XXX U1 (Anlage K 1; im Folgenden: Klagegebrauchsmuster) geltend.
- Die Klägerin ist Inhaberin des Klagegebrauchsmusters, das am XXX angemeldet wurde. Die Eintragung des Klagegebrauchsmusters erfolgte am XXX und der Hinweis auf die Eintragung wurde am XXX bekanntgemacht. Das Klagegebrauchsmuster steht in Kraft.
- Das Klagegebrauchsmuster betrifft ein Werkzeug zur Montage und/oder Demontage einer an beiden Enden verschraubten Stange. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch 1 des Klagegebrauchsmusters lautet:
- „Werkzeug zur Montage und/oder Demontage einer an beiden Enden verschraubten Stange, insbesondere einer Spurstange im Fahrwerksbereich eines Fahrzeugs, bestehend aus einem Gehäuse mit einem Aufnahmeraum zur Aufnahme eines Abschnitts der Stange, einem im Gehäuse angeordneten und in den Aufnahmeraum eingreifenden Klemmelement und einem Kupplungselement zum Anschluss eines Hebels, insbesondere in Form eines Drehmomentschlüssels, eines Knarren- oder Ratschenwerkzeugs, wobei das Gehäuse eine Länge aufweist, die kürzer als eine Länge der Stange ist und wobei der Aufnahmeraum eine lichte Weite aufweist, die größer als ein Durchmesser der Stange ist, dadurch gekennzeichnet, dass das Gehäuse (5) eine sich über die gesamte Länge (L) des Gehäuses (5) erstreckende Öffnung (15) mit einer Breite (B) aufweist, die größer als der Durchmesser der Stange (1) ist.“
- Die nachstehend verkleinert wiedergegebene Figur 1 des Klagegebrauchsmusters zeigt einen Teil eines Fahrwerks mit einer inneren Spurstange (1) und einer äußeren Spurstange (2) und einem erfindungsgemäßen Werkzeug (Gehäuse (5), Klemmelement (6) und Antrieb (7) als Kupplungselement).
- Die nachfolgend eingeblendete Figur 3 zeigt das Werkzeug in einer vergrößerten Ansicht:
- Die Beklagte vertreibt bundesweit Werkzeuge, Verbrauchsmaterialien und sonstige Produkte für Kfz-Reparaturwerkstätten über ihren Internetshop unter https://www.XXX.de. Unter der Artikel-Nr. XXX bietet die Beklagte dort ein „Lösewerkzeug XXX“ (angegriffene Ausführungsform) mit einem Durchmesser von 33-44 mm an, wie es aus dem nachfolgend eingeblendeten Internetauszug der Webseite der Beklagten ersichtlich ist:
- Das Angebot enthält weitere Produktabbildungen, von denen nachfolgend einige eingeblendet werden:
- In dem zu dem Angebot gehörenden Beschreibungstext wird das Produkt wie folgt beschrieben:
- „XXX.“
- Zu dem vorbezeichneten Angebot ist auf der Webseite der Beklagten ein Video abrufbar, in dem die Funktionsweise der angegriffenen Ausführungsform beschrieben wird. Nachfolgend wird ein Standbild aus dem Video eingeblendet:
- Die angegriffene Ausführungsform wird zwischen dem Haltering der Spurstange und dem Gelenk- bzw. Spurstangenkopf an die Spurstange angesetzt und dann in axialer Richtung verschoben, bis sie die auf der obigen Abbildung links neben ihr ersichtliche Gelenkschale umgreift. Mit einem Hebel wird dann das Werkzeug gegen die Gelenkschale gespannt, um ein Drehmoment auf die Gelenkschale ausüben und diese somit fest- oder losschrauben zu können.
- Die angegriffene Ausführungsform wurde am 20. Mai 2020 von der Beklagten unter der Artikel-Nr. XXX als Produkt in ihrer Datenbank angelegt. Bis zum regulären Vertriebsbeginn der angegriffenen Ausführungsform im Herbst 2020 wurden noch verschiedene Anpassungen der Dimensionierung mit der Lieferantin, der A, Ltd., (im Folgenden: A) abgestimmt.
- Die Beklagte bietet über ihre Webseite unter der Artikel-Nr. XXX noch eine weitere Version eines Spezialwerkzeugs zum Lösen und Festziehen einer Spurstange bzw. Axialgelenke an, die einen geschlossenen Ring aufweist und daher einen Ein- und Ausbau des Spurstangengelenkes erfordert (im Folgenden: Vorgängermodell), wie es aus dem nachfolgend eingeblendeten Internetauszug und der anschließend eingeblendeten vergrößerten Abbildung des Werkzeugs ersichtlich ist:
- Die Beklagte hatte das vorgenannte Werkzeug unter der Artikel-Nr. XXX bereits vor dem 15. Juli 2019 vertrieben. Das Vorgängermodell wird mit seiner Gehäuseöffnung auf eine freigestellte Spurstange gesteckt und dann entlang der Stange hin zur Gelenkschale mit größerem Durchmesser geschoben, die im Gehäuse des Werkzeugs mit einem Klemmelement eingeklemmt wird.
- Nach einer Berechtigungsanfrage vom 27. Januar 2022 (Anlage K 3) und nachfolgender Korrespondenz (Anlagen K 4 bis K 7) mahnte die Klägerin die Beklagte mit dem aus der Anlage K 8 ersichtlichen patentanwaltlichen Schreiben vom 25. Mai 2022 wegen behaupteter Gebrauchsmusterverletzung ab und forderte sie erfolglos zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung auf. Im Nachgang veranlasste die Klägerin noch einen Testkauf über die Internethandelsplattform Ebay, auf der die Beklagte die angegriffene Ausführungsform ebenfalls anbietet. Die Beklagte lieferte das Werkzeug daraufhin an den Sitz des Testkäufers nach Wuppertal (vgl. Rechnung vom 16. August 2022, Anlage K 10).
- Die Klägerin ist der Auffassung, die von der Beklagten im Internet angebotene und vertriebene angegriffene Ausführungsform mache von der Lehre des Klagegebrauchsmusters entgegen § 11 GebrMG Gebrauch, indem sie alle Merkmale des Anspruchs 1 des Klagegebrauchsmusters verwirkliche. Insbesondere handele es sich bei dieser um ein Werkzeug zur Montage und/oder Demontage einer an beiden Enden verschraubten Stange, insbesondere einer Spurstange im Fahrwerksbereich eines Fahrzeugs. Hierauf weise die Beklagte in der aus der Anlage K 10 ersichtlichen Rechnung mit der Bezeichnung „XXX“ selbst hin. Dass mit der Spurstange auch die Gelenkschale montiert bzw. demontiert werde, stehe dem nicht entgegen, da es im eingebauten Zustand nicht zerstörungsfrei möglich sei, die zwischen Lenkgetriebe und Radträger verbaute Spurstange von der Gelenkschale zu trennen. Demzufolge werde mit der Gelenkschale auch immer die Spurstange ausgebaut und ausgewechselt. Unerheblich sei ferner, an welcher Stelle des insoweit gängigen Systems aus Spurstange und Gelenkschale das für die Demontage der Spurstange mit der Gelenkschale erforderliche Drehmoment auf die Spurstange übertragen werde. Aus Figur 1 des Klagegebrauchsmusters ergebe sich insoweit, dass die Übertragung des Drehmoments auf die Spurstange über die Außenfläche eines Bereichs mit vergrößertem Durchmesser erfolge. Entsprechend dieses Ausführungsbeispiels werde das über die Spurstange geführte Gehäuse der angegriffenen Ausführungsform in Längsachsenrichtung der Spurstange an den geeigneten Ort der Spurstange – nämlich dem Ort der Gelenkschale – verschoben, um das für die Lösung der Spurstange erforderliche Drehmoment auf die Spurstange zu übertragen.
- Ihrer Ansicht nach könne sich die Beklagte ferner nicht mit Erfolg auf ein Vorbenutzungsrecht berufen.
- Schließlich bestünden an der Schutzfähigkeit des Klagegebrauchsmusters gegenüber der als Anlage GDM 3 von der Beklagten vorgelegten DE 10 2007 027 XXX A1 (im Folgenden: D1) keinerlei Zweifel. Insbesondere sei der Gegenstand des Anspruchs 1 des Klagegebrauchsmusters durch diesen Stand der Technik nicht neuheitsschädlich vorweggenommen. Das erfindungsgemäße Werkzeug des Klagegebrauchsmusters habe insoweit ein Gehäuse, welches eine dauerhaft geöffnete Öffnung aufweise, die sich über die gesamte Länge des Gehäuses erstrecke und eine Breite aufweise, die größer als der Durchmesser der Stange sei. Im Gegensatz dazu weise die D1 einen geschlossenen Ring als Gehäuse auf, der aus wenigstens zwei mit einem Lagerbolzen verbundenen Segmenten bestehe, die durch Entfernen des Lagerbolzens geöffnet und so um die Spurstange oder das Spurstangenkugelgelenk gelegt werden könnten, bevor anschließend die Segmente wieder über den Lagerbolzen verbunden würden. Erst im Anschluss könne die Arbeit mit diesem Werkzeug begonnen werden.
- Die Klägerin beantragt,
- 1. es der Beklagten bei Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die Ordnungshaft zu vollziehen am Geschäftsführer der Beklagten, zu untersagen,
- im geschäftlichen Verkehr Werkzeuge zur Montage und/oder Demontage einer an beiden Enden verschraubten Stange, insbesondere einer Spurstange im Fahrwerksbereich eines Fahrzeugs, bestehend aus einem Gehäuse mit einem Aufnahmeraum zur Aufnahme eines Abschnitts der Stange, einem im Gehäuse angeordneten und in den Aufnahmeraum eingreifenden Klemmelement und einem Kupplungselement zum Anschluss eines Hebels, insbesondere in Form eines Drehmomentschlüssels, eines Knarren- oder Ratschenwerkzeugs, wobei das Gehäuse eine Länge aufweist, die kürzer als eine Länge der Stange ist und wobei der Aufnahmeraum eine lichte Weite aufweist, die größer als ein Durchmesser der Stange ist, dadurch gekennzeichnet, dass das Gehäuse eine sich über die gesamte Länge des Gehäuses erstreckende Öffnung mit einer Breite aufweist, die größer als der Durchmesser der Stange ist,
- anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen;
- 2. die Beklagte zu verurteilen, ihr Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die unter vorstehende Ziff. 1. benannten Handlungen ab dem 25. Januar 2021 begangen hat und zwar unter Angabe
- a) der Menge der erhaltenen und/oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer gewerblicher Vorbesitzer,
- b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen (und ggf. Typenbezeichnungen) sowie die Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,
- c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen (und ggf. Typenbezeichnungen) sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger, wobei es der Beklagten vorbehalten bleibt, Namen und Anschriften ihrer Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Angebotsempfänger in dem Verzeichnis enthalten ist,
- d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
- e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;
- 3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die in Ziff. 1. bezeichnete Handlung seit dem 25. Januar 2021 bereits entstanden ist und künftig noch entstehen wird;
- 4. die Beklagte zu verurteilen, ihr vorgerichtliche Abmahnkosten in Höhe von 3.865,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins p.a. ab Klageerhebung zu erstatten.
- Die Beklagte beantragt,
- die Klage abzuweisen.
- Die Beklagte ist der Auffassung, die angegriffene Ausführungsform falle nicht in den Schutzbereich des Klagegebrauchsmusters.
- Die angegriffene Ausführungsform diene bereits nicht der Montage und/oder Demontage einer an beiden Enden verschraubten Stange, insbesondere einer Spurstange im Fahrwerksbereich eines Fahrzeugs, sondern einer Gelenkschale, wie sie üblicherweise mit einer Spurstange verbunden sei. Das Klagegebrauchsmuster verstehe unter einer anspruchsgemäßen „Stange“ nicht die Kombination einer Stange und einer Gelenkschale. Soweit das Klagegebrauchsmuster in seinem Anspruch 1 mehrmals auf einen/den Durchmesser der Stange Bezug nehme, handele es sich dabei vielmehr stets um denselben Durchmesser. Nach der Klagegebrauchsmusterschrift müsse das erfindungsgemäße Werkzeug ferner die Eignung haben, die an den beiden Enden verschraubte Stange zu montieren oder zu demontieren, wobei sich aus der Angabe „verschraubt“ ergebe, dass das Montieren und Demontieren mit dem Aufbringen eines Drehmoments einhergehe. Durch die Vorgabe, dass ein Drehmoment übertragen werde, würden – auch wenn die Stange nicht zum Anspruchsgegenstand gehöre – Größenverhältnisse zwischen dem Werkzeug und der Stange festgelegt, indem ein Verhältnis zwischen dem Durchmesser des Aufnahmeraums, dem Durchmesser der Stange und dem Betätigungsweg des Klemmelements definiert werde. Der Betätigungsweg des Klemmelements müsse dabei so bemessen sein, dass es von einer äußeren, nicht klemmenden Stellung in eine innere Stellung bewegt werden könne, in der die Stange festgeklemmt werde. Die sich über die gesamte Länge des Gehäuses erstreckende Öffnung mit einer Breite, die größer sei als der Durchmesser der Stange, ermögliche es, dass die Öffnung über die Stange hinweggeführt werden könne, so dass der Aufnahmeraum die Stange aufnehme. Dass das Klagegebrauchsmuster dabei unter „Durchmesser“ der Stange immer denselben Stangendurchmesser verstehe, folge bereits aus dem Anspruchswortlaut „der Durchmesser“. Damit erreiche die Erfindung, dass nach dem Aufsetzen des Werkzeugs auf die Stange diese sogleich geklemmt werden könne, ohne dass zwischen diesen Schritten noch eine axiale Schiebebewegung zu einem anderen Stangenabschnitt mit größerem Durchmesser erforderlich sei (Abs. [0008], [0009] des Klagegebrauchsmusters). Insoweit solle nach Absatz [0009] des Klagegebrauchsmusters das Aufsetzen und Klemmen am „bestimmungsgemäßen Ort“ erfolgen und nicht an zwei verschiedenen Orten. Auch die in der Figur 1 des Klagegebrauchsmusters dargestellte bevorzugte Ausführungsform stehe dieser Auslegung nicht entgegen, da es dort so aussehe, als ob die Öffnung des Gehäuses breit genug sei, um über den verbreiterten Abschnitt und damit an die Stelle geschoben zu werden, wo die Übertragung des Drehmomentes erfolge.
- Den erfindungsgemäßen Vorteil des Nicht-Verschieben-Müssens des Werkzeugs könne die angegriffene Ausführungsform nicht leisten, da sie zwar zwischen dem Haltering und dem Gelenkkopf an die Spurstange angesetzt, dann aber in axialer Richtung bis über die Gelenkschale verschoben werden müsse, um erst dort festgespannt zu werden. Das Klemmelement der angegriffenen Ausführungsform könne die Stange selbst hingegen nicht erreichen, da ihr Durchmesser zu klein sei. Dementsprechend sei die angegriffene Ausführungsform darauf angewiesen, dass die „Stange“ zumindest zwei verschiedene Durchmesser aufweise, nämlich einen kleinen, um das Werkzeug mit seiner Öffnung aufschieben zu können, und einen größeren, um im Aufnahmeraum klemmen zu können. Würde man – wie es die Klägerin fälschlicherweise vertrete – eine Kombination von Stange und Gelenkschale als anspruchsgemäße Stange ansehen, weise das Gehäuse keine sich über die gesamte Länge des Gehäuses erstreckende Öffnung mit einer Breite auf, die größer als der Durchmesser der Stange sei. Denn die Öffnung des Gehäuses der angegriffenen Ausführungsform sei nicht so groß wie der große Durchmesser der Gelenkschale.
- Die Beklagte ist weiter der Ansicht, sie könne sich auf ein Vorbenutzungsrecht berufen. Schon im Juli 2019 habe sie Besitz an der Erfindung gehabt und diese in Benutzung genommen.
- Die Beklagte ist ferner der Auffassung, das Klagegebrauchsmuster sei löschungsreif. Seine Merkmale würden durch die am 18. Dezember 2008 offengelegte D1 (Anlage GDM 3) neuheitsschädlich vorweggenommen, insbesondere durch das in den Fig. 3 bis 8 dargestellte Ausführungsbeispiel. Insoweit erfordere das Klagegebrauchsmuster keine „dauerhaft geöffnete“ Öffnung. Dergleichen lasse sich weder dem Anspruchswortlaut noch der Beschreibung entnehmen. Ausweislich des Absatzes [0015] der Beschreibung sehe das Klagegebrauchsmuster vielmehr ausdrücklich eine schließbare Öffnung vor.
- Entscheidungsgründe
- Die zulässige Klage ist unbegründet.
- Die Klägerin kann aus dem Klagegebrauchsmuster keine Ansprüche herleiten, da es nicht schutzfähig ist (s. Ziff. III.).
-
I.
Das Klagegebrauchsmuster (nachfolgend entstammen Absätze ohne Quellenangabe dem Klagegebrauchsmuster) betrifft ein Werkzeug zur Montage und/oder Demontage einer an beiden Enden verschraubten Stange, insbesondere einer Spurstange im Fahrwerksbereich eines Fahrzeugs. - Zu dem Hintergrund der Erfindung führt das Klagegebrauchsmuster einleitend in Absatz [0002] aus, dass die innere Spurstange in einem Fahrwerk mit einem ersten Ende im Lenkgetriebe verschraubt und mit einem zweiten Ende mit einer äußeren Spurstange verschraubt sei, die wiederum mit dem Radträger verbunden sei. Während des Betriebs seien die Spurstangen dynamischen und statischen Belastungen ausgesetzt. Ferner führten Witterungseinflüsse zu Korrosion, insbesondere im Bereich der Schraubverbindungen. Diese seien bei einer notwendigen Demontage dann kaum mehr lösbar. Ferner sei der Raum für die Montage bzw. Demontage einer Spurstange sehr begrenzt, so dass kaum mit großen Werkzeugen, die ein ausreichendes Drehmoment übertragen, gearbeitet werden könne.
- Das Klagegebrauchsmuster beschreibt in Absatz [0003], dass aus dem Stand der Technik vor diesem Hintergrund bereits Spezialwerkzeuge bekannt seien, mit denen die Demontage bzw. Montage einer Spurstange vereinfacht werden könne. Beispielsweise sei aus dem Stand der Technik ein Spezialschlüssel bekannt, der aus einer hohl gebohrten Verlängerung mit einem Vierkantantrieb und Klemmrollen ausgebildet sei. Die rohrförmige Verlängerung weise somit einen in Axialrichtung verlaufenden Aufnahmeraum für ein Ende der Spurstange auf. Einem Zugang zu dem Aufnahmeraum gegenüberliegend an der Verlängerung sei der Vierkantantrieb angeordnet, der mit einem Drehmomentschlüssel, einem Ratschen- oder einem Knarrenschlüssel verbunden werden könne, um die rohrförmige Verlängerung um ihre Längsachse zu drehen und hierbei die Verschraubung im Lenkgetriebe zu lösen. Zu diesem Zweck sei das freie Ende der Spurstange mit der Innenmantelfläche der Verlängerung kraft- oder formschlüssig zu verbinden. Diese Verbindung erfolge über die Klemmrollen, die in einem erweiterten Abschnitt der rohrförmigen Verlängerung angeordnet seien und sich bei einer Drehung der Verlängerung an die Außenmantelfläche der Spurstange anlege, wobei die Verdrehung der Klemmrollen relativ zum erweiterten Abschnitt beschränkt sei, so dass über die Klemmrollen bei Erreichen der Endstellung eine Reibkraft auf die Spurstange übertragen werde, mit der das Losschrauben der Spurstange möglich sei.
-
Ferner nennt das Klagegebrauchsmuster in Absatz [0004] einen sog. Exzenterschlüssel als alternative Ausgestaltung eines vorbekannten Werkzeugs, der ein ringförmiges Gehäuse aufweise, das auf die Spurstange aufschiebbar sei. An dem Gehäuse sei außermittig ein Vierkantantrieb angeordnet, der mit einem Drehmomentschlüssel, einem Ratschen- oder einem Knarrenschlüssel verbunden werden könne. Über diesen Vierkantantrieb werde ein im Gehäuse angeordneter Exzenter an die Außenmantelfläche der Spurstange gepresst und bei weiterer Drehung des Vierkantantriebs werde durch die Drehung des Exzenters ein Reibschluss auf die Außenmantelfläche der Spurstange übertragen, so dass die Spurstange in der Folge aus dem Lenkgetriebe gelöst werde.
Zwar hätten sich beide Spezialwerkzeuge – so das Klagegebrauchsmuster in Absatz [0005] – grundsätzlich in der Praxis bewährt, wiesen aber diverse Nachteile auf. Zum einen müsse vor der Demontage der inneren Spurstange das zur äußeren Spurstange zeigende Ende der inneren Spurstange gelöst werden und damit die aus innerer und äußerer Spurstange bestehende Spurstange zerlegt werden. Diese Arbeit sei am Fahrzeug in beengten Raumverhältnissen durchzuführen. Zudem komme es durch festsitzende Schrauben nicht selten zu einem Abrutschen des angesetzten Werkzeugs mit den möglichen Folgen des Anschlagens des abrutschenden Werkzeugs an Fahrzeugteilen und des Anschlagens von Händen oder Armen am Fahrzeug, woraus Verletzungen resultieren könnten. Je nach Korrosion im Bereich der Verschraubungen sei eine zerstörungsfreie Demontage nicht möglich. Weiterhin sei bei einer Demontage der inneren Spurstange nach einer vorherigen Demontage der äußeren Spurstange und nach anschließender Montage von Ersatzteilen eine aufwendige Justierung der Spur zur korrekten Einstellung der Fahrwerksgeometrie am Fahrzeug notwendig.
- Vor dem Hintergrund dieses Standes der Technik formuliert das Klagegebrauchsmuster in Absatz [0006] die (technische) Aufgabe der Erfindung, ein Werkzeug bereit zu stellen, dass die voranstehend beschriebenen Merkmale vermeidet und eine vereinfachte, das heißt in kürzerer Zeit durchzuführende Demontage bzw. Montage einer an ihren beiden Enden verschraubten Stange ermöglicht, wobei das Werkzeug konstruktiv einfach gestaltet und handhabbar ist.
- Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagegebrauchsmuster in Anspruch 1 eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor:
-
1. Werkzeug zur Montage und/oder Demontage einer an beiden Enden verschraubten Stange, insbesondere einer Spurstange im Fahrwerksbereich eines Fahrzeugs,
2. bestehend aus einem Gehäuse mit einem Aufnahmeraum zur Aufnahme eines Abschnitts der Stange,
3. einem im Gehäuse angeordneten und in den Aufnahmeraum eingreifenden Klemmelement
4. und einem Kupplungselement zum Anschluss eines Hebels, insbesondere in Form eines Drehmomentschlüssels, eines Knarren- oder Ratschenwerkzeugs;
5. das Gehäuse weist eine Länge auf, die kürzer als eine Länge der Stange ist;
6. der Aufnahmeraum weist eine lichte Weite auf, die größer als ein Durchmesser der Stange ist;
7. das Gehäuse (5) weist eine sich über die gesamte Länge (L) des Gehäuses (5) erstreckende Öffnung (15) mit einer Breite (B) auf, die größer als der Durchmesser der Stange (1) ist. -
II.
Vor dem Hintergrund des Streits der Parteien und des entgegengehaltenen Standes der Technik bedürfen nur die Merkmale 1, 6 und 7 der weiteren Erörterung. Dabei erfolgt die Auslegung des Klagegebrauchsmusters nach den auch für Patente anwendbaren Grundsätzen, da § 12a GebrMG mit § 14 PatG / Art. 69 Abs. 1 EPÜ inhaltlich übereinstimmt (vgl. BGH, GRUR 2007, 1059 Rn. 24 – Zerfallszeitmessgerät; BeckOK PatR/Loth, 30. Ed. 15. Oktober 2023, GebrMG § 12a, Vor Rn. 1). -
1.
Merkmal 1 des Klagegebrauchsmusteranspruchs 1 gibt vor, dass das erfindungsgemäße Werkzeug zur Montage und/oder zur Demontage einer an beiden Enden verschraubten Stange, insbesondere einer Spurstange im Fahrwerksbereich eines Fahrzeugs, bestimmt ist. - Bei der Bestimmung des Werkzeugs zur Montage und/oder Demontage der Stange handelt es sich um eine sogenannte Zweck- bzw. Funktionsangabe, die den Gegenstand des Sachanspruchs regelmäßig nicht auf den angegebenen Zweck oder die angegebene Funktion beschränkt. Denn mit der Konkretisierung des Patentgegenstands anhand einer mit der Zweck- oder Funktionsangabe zum Ausdruck gebrachten objektiven Eignung bleibt der auf eine Vorrichtung gerichtete Anspruch ein Sachanspruch. Es kommt weder auf die tatsächliche Verwendung einer Sache an, noch für welche Verwendung sie „dient“ (vgl. BGH, GRUR 2018, 1128 Rn. 12 – Gurtstraffer). Zweck- oder Funktionsangaben sind aber gleichwohl nicht bedeutungslos. Sie definieren den durch das Patent geschützten Gegenstand regelmäßig dahin, ggf. neben der Erfüllung der weiteren räumlich-körperlichen Merkmale auch so ausgebildet zu sein, dass er für den im Patentanspruch angegebenen Zweck verwendet werden oder die angegebene Funktion erfüllen kann. Er muss mithin objektiv geeignet sein, den angegebenen Zweck oder die angegebene Funktion zu erfüllen (vgl. BGH, GRUR 2012, 475 Rn. 17 – Elektronenstrahltherapiesystem; GRUR 2018, 1128 Rn. 12 – Gurtstraffer; GRUR 2023, 1259 Rn. 12 – Schlossgehäuse).
- In diesem Sinne konkretisiert Merkmal 1 den Gebrauchsmustergegenstand auf Vorrichtungen, die objektiv geeignet sind, zur Montage und/oder zur Demontage einer an beiden Enden verschraubten Stange verwendet zu werden. Auch wenn die Stange selbst nicht Gegenstand des Vorrichtungsanspruches ist, ist der Umstand, was das Klagegebrauchsmuster unter einer solchen Stange versteht, für die Auslegung des Klagegebrauchsmusteranspruchs damit jedenfalls mittelbar von Bedeutung.
- Nach dem Anspruchswortlaut ist die Stange an ihren beiden Enden verschraubt. Weiter wird die Stange im Anspruch nicht konkretisiert. Nach dem allgemeinen Sprachverständnis handelt es sich bei einer Stange um ein langes, meist rundes Konstrukt, das im Verhältnis zu seiner Länge relativ dünn ist. Aus dem Gesamtkontext der Klagegebrauchsmusterschrift erkennt der Fachmann indes, dass die zu montierende oder demontierende Stange auch aus mehreren Teilen bestehen kann, die unterschiedliche Durchmesser aufweisen. Insoweit geht für den Fachmann aus der „insbesondere“-Formulierung hervor, dass das anspruchsgemäße Werkzeug jedenfalls die objektive Eignung aufweisen muss, eine Spurstange im Fahrwerksbereich eines Fahrzeugs zu montieren bzw. zu demontieren. Der Fachmann weiß, dass solche Spurstangen aus mehreren Teilen bestehen und so versteht es auch das Klagegebrauchsmuster. Dies geht bereits aus der in Abs. [0005] genannten Problemstellung hervor, wonach die aus dem Stand der Technik vorbekannten Werkzeuge den Nachteil haben, dass die „aus innerer und äußerer Spurstange bestehende Spurstange“ für die Demontage der inneren Spurstange – mit den daraus folgenden Nachteilen – zerlegt werden muss. Dieses Verständnis wird durch das in den Figuren 1 bis 3 veranschaulichte Ausführungsbeispiel bestätigt. Insoweit ist auch hier „die Spurstange 1, 2“ in Abs. [0020] sowohl mit dem Bezugszeichen 1, das die innere Spurstange kennzeichnet, als auch mit dem Bezugszeichen 2, das die äußere Spurstange kennzeichnet, versehen. Innere und äußere Spurstange sind verschraubt und bilden „die Spurstange 1, 2“.
- Ferner geht für den Fachmann aus dem in Figur 1 gezeigten Ausführungsbeispiel unmittelbar hervor, dass die Spurstange, für deren Montage/Demontage das Werkzeug geeignet sein muss, in der Dicke verschiedene Durchmesser aufweisen kann. So ist aus der nachfolgend nochmals eingeblendeten Figur 1 des Klagegebrauchsmusters ersichtlich, dass die innere Spurstange, die in diesem Falle ausgetauscht werden soll, in ein Lenkgetriebe (3) geschraubt ist (vgl. auch Abs. [0020]):
- Das anspruchsgemäße Werkzeug soll in der dargestellten bevorzugten Ausführungsform die innere Spurstange (1) aus dem Lenkgetriebe (3) schrauben (Abs. [0021]). Aus der Figur 1 geht hervor, dass die miteinander verschraubten inneren und äußeren Spurstangen und damit die Stange an sich, wie ersichtlich, unterschiedliche Durchmesser aufweisen kann.
- Auch aus der Beschreibung folgt, dass das Werkzeug dergestalt ausgebildet sein kann, dass es für die Montage bzw. Demontage einer Stange unterschiedlicher Durchmesser geeignet ist. So ist als vorteilhafte Weiterbildung der Erfindung vorgesehen, dass die Reibelemente unterschiedliche Formgebung, insbesondere Durchmesser, aufweisen und das Klemmelement als Exzenter ausgebildet sein kann, so dass das Werkzeug bei Spurstangen unterschiedlicher Durchmesser verwendet werden kann (Abs. [0012], [0013]), wie es beispielsweise auch im Unteranspruch 8 zum Ausdruck kommt.
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2.
Nach Merkmal 6 weist der Aufnahmeraum des Gehäuses eine lichte Weite auf, die größer als ein Durchmesser der Stange ist. Dabei bezieht sich der Durchmesser der Stange auf den Abschnitt der Stange, an dem das Drehmoment auf die Stange übertragen wird. - Nach dem Anspruchswortlaut (Merkmal 2) besteht das Werkzeug aus einem Gehäuse mit einem Aufnahmeraum zur Aufnahme eines Abschnitts der Stange. Maßgeblich ist damit, dass der Aufnahmeraum des Gehäuses räumlich-körperlich so ausgebildet sein muss, dass er objektiv dazu geeignet ist, einen Abschnitt der Stange aufzunehmen. Damit in Einklang stehend weist der Aufnahmeraum gemäß dem insoweit konkretisierenden Merkmal 6 eine lichte Weite auf, die größer als ein Durchmesser der Stange ist, da andernfalls eine Aufnahme der Stange nicht möglich wäre.
- Zwar gibt der Anspruchswortlaut nicht weiter vor, was unter „ein Durchmesser der Stange“ zu verstehen ist. Dass der Aufnahmeraum eine lichte Weite aufweisen muss, die größer als der Durchmesser des Abschnitts der Stange ist, an dem das für die Montage/Demontage erforderliche Drehmoment auf die Stange übertragen wird, ergibt sich für den Fachmann indes aus dem technischen Gesamtzusammenhang des Klagegebrauchsmusters.
- Insoweit ist bei der Auslegung eines Patents nicht am Wortlaut zu haften, sondern auf den technischen Gesamtzusammenhang abzustellen, den der Inhalt der Patentschrift dem Fachmann vermittelt. Nicht die sprachliche oder logisch-wissenschaftliche Bestimmung der in der Patentschrift verwendeten Begriffe ist entscheidend, sondern das Verständnis des unbefangenen Fachmanns (BGH, GRUR 1999, 909 – Spannschraube). Im Zuge dessen sind der Sinngehalt des Patentanspruchs in seiner Gesamtheit und der Beitrag, den die einzelnen Merkmale zum Leistungsergebnis der Erfindung liefern, zu bestimmen. Für das Verständnis entscheidend ist zumindest im Zweifel die Funktion, die das einzelne technische Merkmal für sich und im Zusammenwirken mit den übrigen Merkmalen des Patentanspruchs bei der Herbeiführung des erfindungsgemäßen Erfolgs hat (BGH, GRUR 2012, 1124 (Rn. 27) – Polymerschaum; GRUR 2020, 159 (Rn 18) – Lenkergetriebe).
- Insoweit erkennt der Fachmann in Zusammenschau mit Merkmal 3, wonach in dem Gehäuse des Werkzeugs ein Klemmelement angeordnet ist, das in den Aufnahmeraum eingreift, dass in dem Aufnahmeraum das Festklemmen eines Abschnitts der Stange und damit die Übertragung des Drehmoments erfolgt. Entsprechend wird in Abs. [0009] der Beschreibung ausgeführt, dass das in den Aufnahmeraum eingreifende Klemmelement in den Kontakt mit der Außenmantelfläche der Spurstange gebracht wird und über die reibschlüssige Verbindung das Drehmoment auf die Spurstange übertragen und diese so relativ zum Lenkgetriebe gedreht und gelöst wird.
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3.
Nach Merkmal 7 weist das Gehäuse eine sich über die gesamte Länge des Gehäuses erstreckende Öffnung mit einer Breite auf, die größer als der Durchmesser der Stange ist. Weder muss die Breite der Öffnung zwingend genau so groß oder größer sein als der Durchmesser des Abschnitts der Stange, an welchem das Drehmoment auf die Stange übertragen wird (a.) noch muss es sich um eine dauerhaft geöffnete Öffnung handeln (b.). -
a.
Die Breite der Öffnung muss dabei nicht zwingend genau so groß sein wie oder gar größer sein als der Durchmesser des Abschnitts der Stange gemäß Merkmal 6, an welchem das Drehmoment auf die Stange übertragen wird. Das Klagegebrauchsmuster gibt insoweit nicht vor, dass die Gehäuseöffnung räumlich-körperlich so ausgebildet sein muss, dass es die Stange zwingend genau an dem Abschnitt aufnehmen können muss, wo das Drehmoment auf die Stange übertragen wird. Vielmehr kann das erfindungsgemäße Werkzeug die Stange auch an einer Stelle aufnehmen, die einen geringeren Durchmesser aufweist und dann an den für die Übertragung des Drehelements geeigneten Abschnitt der Stange geschoben werden, der einen veränderten bzw. größeren Durchmesser aufweist. - Wie bereits ausgeführt weist der Aufnahmeraum gemäß Merkmal 6 eine lichte Weite auf, die größer als „ein Durchmesser“ der Stange ist, um den für die Übertragung des Drehmoments geeigneten Abschnitt der Stange aufnehmen zu können. Nach Merkmal 7 weist das Gehäuse eine sich über die gesamte Länge des Gehäuses erstreckende Öffnung mit einer Breite auf, die größer als „der Durchmesser der Stange“ ist. Zwar weist der Wortlaut darauf hin, dass derselbe Durchmesser gemeint sein könnte. Insoweit haben gleiche Begriffe im Zusammenhang eines Patent- bzw. Gebrauchsmusteranspruchs im Zweifel auch gleiche Bedeutung (BGH, GRUR 2017, 152 – Zungenbett). Der Fachmann erkennt indes wiederum in der Gesamtbetrachtung der Gebrauchsmusterschrift unter Berücksichtigung des Zwecks der Merkmale sowie der Beschreibung und der Zeichnungen, dass abweichend davon auch unterschiedliche Durchmesser erfasst sind.
- Zweck der konkreten Ausgestaltung des Werkzeugs betreffend die in Merkmal 7 näher beschriebene Öffnung ist, dass das Gehäuse des Werkzeugs in Radialrichtung der Stange über diese geführt werden kann, so dass der Nachteil der aus dem Stand der Technik vorbekannten Werkzeuge, nämlich ein Ende der Stange freilegen bzw. die Spurstange zerlegen zu müssen, vermieden wird (vgl. Abs. [0005], [0006]). Gerade das Zerlegen der aus innerer und äußerer Spurstange bestehenden Spurstange ist nach Abs. [0005] mit diversen Nachteilen verbunden (Abrutsch-/Verletzungsgefahr, aufwendige Neujustierung). Neben dem Ermöglichen einer vereinfachten, d.h. in kürzerer Zeit durchzuführenden Demontage bzw. Montage, ist es nach Abs. [0006] Aufgabe der Erfindung, gerade diese beschriebenen Nachteile („Merkmale“) zu vermeiden. Die sich über die gesamte Länge des Gehäuses erstreckende Öffnung gemäß Merkmal 7 stellt dabei die Lösung „dieser Aufgabenstellung“ dar (Abs. [0007]). Ein Verschieben-Müssen des Werkzeugs von dem freigelegten Ende der zerlegten Spurstange an eine für die Übertragung des Drehmoments geeignete Stelle wird indes nicht als Problem genannt und auch bei dem in den Abs. [0003] und [0004] beschriebenen vorbekannten Stand der Technik nicht als Nachteil aufgeführt.
- Etwas Anderes ergibt sich auch nicht aus den Abs. [0008] und [0009] der Beschreibung. In Abs. [0008] wird insoweit ausgeführt, dass durch die im Gehäuse vorgesehene Öffnung der Vorteil erzielt wird, das Gehäuse des Werkzeuges in Radialrichtung der Spurstange über diese führen zu können, so dass es im Unterschied zum Stand der Technik nicht mehr notwendig ist, ein Ende der Spurstange freizustellen, um dann das Gehäuse des Werkzeuges in Längsachsenrichtung der Spurstange an den geeigneten Ort der Spurstange zu schieben, um das für die Lösung der Spurstange erforderliche Drehmoment auf die Spurstange zu übertragen. Durch diese Ausgestaltung kann bei der Demontage der Spurstange auf die vorherige Trennung von innerer und äußerer Spurstange verzichtet werden. Aus dem Kontext mit der weiteren Formulierung in Abs. [0008], dass „hierdurch“ die Demontagezeit deutlich verkürzt wird und sich auch Vorteile bei der abschließenden Einstellung der Fahrwerksgeometrie ergeben, wodurch ebenfalls Zeit und damit Kosten eingespart werden können, erkennt der Fachmann, dass diese Vorteile gerade durch die Vermeidung der Trennung von innerer und äußerer Spurstange erzielt werden, nicht vornehmlich durch die Vermeidung des Verschiebens des Gehäuses in Längsrichtung. Auch aus der Formulierung des Abs. [0009], dass nachdem das Gehäuse in Radialrichtung der Spurstange „am bestimmungsgemäßen Ort aufgesetzt ist“, das Klemmelement in Kontakt mit der Außenmantelfläche der Spurstange gebracht und so das Drehmoment schließlich auf die Spurstange übertragen werden kann, folgt nicht, dass das Gehäuse und die Öffnung des Werkzeugs zwingend räumlich-körperlich so ausgebildet sein müssen, dass an derselben Stelle der Stange sowohl die Aufnahme der Stange in den Aufnahmeraum als auch die Übertragung des Drehmoments erfolgen können muss. Denn dieser Umstand hat weder im Anspruchswortlaut seinen Niederschlag gefunden noch trägt er zur erfindungsgemäßen Lösung der Aufgabe bei. Das Ermöglichen einer vereinfachten, d.h. in kürzerer Zeit durchzuführenden Demontage bzw. Montage sowie das Vermeiden der mit den aus dem Stand der Technik vorbekannten Werkzeugen verbundenen Nachteile wird bereits dadurch erreicht, dass das erfindungsgemäße Werkzeug (an irgendeiner Stelle der Stange) in radialer Richtung auf die Spurstange geschoben werden kann, ohne die Spurstange zerlegen zu müssen.
- Auch die Ausführungsbeispiele gehen mit der hier vorgenommenen Auslegung konform. Der Fachmann entnimmt der Figur 1 insoweit, dass das erfindungsgemäße Werkzeug auch an einem Abschnitt der Spurstange zum Einsatz kommen kann, aber nicht muss, der einen zu anderen Abschnitten der Stange vergrößerten Durchmesser aufweist. Dass die dargestellte Öffnung des Gehäuses eine Breite aufweist, die größer als der Durchmesser der Stange gerade an der dort ersichtlichen Stelle ist, ist der lediglich schematischen Zeichnung nicht zu entnehmen (vgl. BGH, GRUR 2012, 1242 Rn. 9 – Steckverbindung, m.w.N.).
-
b.
Bei der erfindungsgemäßen Öffnung gemäß Merkmal 7 muss es sich ferner nicht um eine dauerhaft geöffnete Öffnung handeln. - Der Anspruchswortlaut ist in dieser Hinsicht offengehalten. Auch nach dem Sinn und Zweck des Merkmals, nämlich das Gehäuse des Werkzeuges in Radialrichtung der Spurstange über diese führen zu können, erfordert keine dauerhafte Öffnung, sondern lediglich eine Öffnung im Zeitpunkt des Führens über die Spurstange. Wie diese Öffnung konstruktiv erreicht wird, bleibt dem Fachmann überlassen.
- Zudem sieht das Klagegebrauchsmuster ausdrücklich auch solche Ausführungsformen als vom Klagegebrauchsmuster umfasst an, bei denen eine Öffnung schließbar bzw. nur vorübergehend vorhanden ist. Nach Abs. [0015] ist insoweit bei einer alternativen Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Werkzeugs vorgesehen, dass das Gehäuse aus zwei gelenkbeweglich miteinander verbundenen Elementen besteht, deren freie Enden zum Öffnen oder zum Schließen der Öffnung aufeinander zu oder voneinander weg bewegbar sind. Bei dieser Ausgestaltung können die beiden gelenkbeweglich miteinander verbundenen Elemente zur Anordnung an der Spurstange derart bewegt werden, dass eine Öffnung (erst) geöffnet wird, durch die das Werkzeug über die Spurstange gelegt werden kann. Anschließend werden die beiden Elemente wieder aufeinander zubewegt, bis das Klemmelement zur Anlage mit der Außenmantelfläche der Spurstange gelangt, wobei die beiden Elemente in dieser Position verriegelt werden. Nach Beendigung der Demontage oder Montage der Stange kann die Verriegelung der beiden Elemente aufgehoben werden, so dass die Elemente wieder in eine Position bewegt werden können, die eine Entfernung des Werkzeugs von der Spurstange ermöglicht. Soweit die Klägerin anführt, dass bei diesem Ausführungsbeispiel eine Gehäuseöffnung stets vorhanden sei und die bereits vorhandene Öffnung durch das Bewegen der Elemente lediglich vergrößert und verkleinert werden könne, geht dies nach dem Verständnis des Fachmanns aus der Beschreibung nicht hervor. Denn das Klagegebrauchsmuster spricht in Abs. [0015] nicht von einer „Vergrößerung“ oder „Verkleinerung“ der Öffnung, sondern explizit von einem „Öffnen“ oder „Schließen“ der Öffnung. Letzteres umfasst nach dem allgemeinen Sprachverständnis auch ein vollständiges Schließen der Öffnung.
- Die so verstandene vorbeschriebene Ausführungsform hat auch in Unteranspruch 6 des Klagegebrauchsmusters seinen Niederschlag gefunden. Dieser schützt ein Werkzeug nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass das Gehäuse aus zwei gelenkbeweglich miteinander verbunden Elementen besteht, deren freie Enden „zum Öffnen oder zum Schließen der Öffnung“ aufeinander zu oder voneinander weg bewegbar sind. Insoweit kann die Ermittlung des Sinngehalts eines Unteranspruchs grundsätzlich zur richtigen Auslegung des Hauptanspruchs beitragen. Denn Unteransprüche gestalten die im Hauptanspruch unter Schutz gestellte Lösung weiter aus und können daher – mittelbar – Erkenntnisse über deren technische Lehre zulassen, auch wenn sie regelmäßig den Gegenstand des Hauptanspruchs nicht einengen, sondern, nicht anders als Ausführungsbeispiele, lediglich – gegebenenfalls mit einem zusätzlichen Vorteil verbundene – Möglichkeiten seiner Ausgestaltung aufzeigen (BGH, GRUR 2016, 1031 Rn. 15 – Wärmetauscher, m.w.N.). Demzufolge sind Ausführungsformen, bei denen sich die Öffnung im Gehäuse öffnen und schließen lässt, vom Gegenstand des Klagegebrauchsmusters umfasst – unabhängig davon wie die Öffnung geschlossen wird und ob die beweglichen Segmente des Gehäuses beim Einsatz des Werkzeugs an der Spurstange, die ohnehin nicht Teil der Lehre des Schutzanspruchs 1 ist, zur Anlage gelangen oder nicht.
- Soweit das in den Figuren 1 bis 3 gezeigte Ausführungsbeispiel ausschließlich eine dauerhafte Öffnung zeigt, stellt dies schließlich ebenfalls lediglich eine bevorzugte Gestaltung dar, auf welche die Erfindung nicht reduziert werden darf (BGH, GRUR 2008, 779 – Mehrgangnabe; GRUR 2012, 1242 – Steckverbindung).
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III.
Die Schutzfähigkeit des Klagegebrauchsmusters im Sinne von § 1 Abs. 1 GebrMG kann nicht zur Überzeugung der Kammer festgestellt werden, so dass Ansprüche aus diesem nicht hergeleitet werden können. - Es bedarf daher weder einer Entscheidung, ob die angegriffene Ausführungsform die Merkmale des Klagegebrauchsmusteranspruchs 1 verwirklicht noch ob der Beklagten ein privates Vorbenutzungsrecht gemäß § 13 Abs. 3 GbMG i.V.m. § 12 PatG zusteht.
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1.
Gem. §§ 13 Abs. 1, 15 Abs. 1 Nr. 1 GebrMG wird der Gebrauchsmusterschutz durch die Eintragung (§ 11 GebrMG) nicht begründet, soweit gegen den als Inhaber Eingetragenen für jedermann ein Anspruch auf Löschung besteht. Ein solcher Löschungsanspruch besteht nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 GebrMG dann, wenn der Gegenstand des Gebrauchsmusters nach den §§ 1 bis 3 GebrMG nicht schutzfähig ist. Nach den §§ 1 bis 3 GebrMG sind solche Erfindungen einem Gebrauchsmusterschutz zugänglich, die neu sind und auf einem erfinderischen Schritt beruhen. Nach § 15 Abs. 1 Nr. 3 GebrMG besteht ein Löschungsanspruch auch dann, wenn der Gegenstand des Gebrauchsmusters über den Inhalt in der Fassung hinausgeht, in der sie ursprünglich eingereicht worden ist. - Die Schutzfähigkeit eines Gebrauchsmusters muss insoweit positiv zur Überzeugung des Verletzungsgerichts feststehen, wenn es aus dem Gebrauchsmuster verurteilen will (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.06.2018 – I-15 W 30/18). Bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit ist die Kammer nicht an den Recherchebericht des DPMA (hier vorgelegt als Anlage K 2) gebunden (OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.04.2021 – I-2 U 46/20, GRUR-RS 2021, 9045 Rn. 98). Der Überzeugung von der Schutzfähigkeit des Klagegebrauchsmusters bedarf es zwar dann nicht, wenn aufgrund eines rechtskräftig abgeschlossenen Löschungsverfahrens zwischen den Parteien des Verletzungsverfahrens bindend feststeht, dass das Klagegebrauchsmuster im geltend gemachten Umfang die Schutzvoraussetzungen erfüllt (Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 16. Auflage 2024, Kap. E Rn. 1078). Eine Abkehr vom Prüfungsmaßstab ist im Streitfall aber nicht veranlasst, da gegen das Klagegebrauchsmuster bisher kein Löschungsverfahren eingeleitet wurde, daher auch noch keine Rechtsbestandsentscheidung vorliegt.
- Bei der Frage der Schutzfähigkeit müssen nur diejenigen Einwände geprüft werden, die der mögliche Verletzter konkret geltend macht. Da infolge der Eintragung eines Gebrauchsmusters eine Registerposition mit Rechtsschein entsteht, die zur Geltendmachung des Schutzes ohne Rücksicht auf die Schutzfähigkeit berechtigt, ist die Schutzfähigkeit zunächst, das heißt bis zur Erhebung der Einrede, grundsätzlich zu vermuten. Es bedarf insofern nicht der Substantiierung der anspruchsbegründenden Tatsache „Schutzfähigkeit“, so dass der vermeintliche Verletzer jedenfalls die Darlegungslast für das Fehlen der Schutzfähigkeit trägt (h.M., OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.04.2021 – I-2 U 46/20, GRUR-RS 2021, 9045 Rn. 100; Benkard PatG/Grabinski/Zülch/Tochtermann, 12. Aufl. 2023, GebrMG § 24 Rn. 18, m.w.N.; Meier-Beck, GRUR 1988, 861, 864; a.A. Keukenschrijver in: Busse/Keukenschrijver, Patentgesetz, 9. Aufl. 2020, § 24, Rn. 4 f., m.w.N., wonach es einer Einrede nicht bedarf und der Verletzer zwar nicht die Beweislast für die mangelnde Schutzfähigkeit trägt, ihn aber jedenfalls die Nichtfeststellbarkeit schutzhindernden Materials trifft).
-
2.
In Betrachtung der von der Beklagten vorgebrachten Entgegenhaltung D1 (Anlage GDM 3) lässt sich die Schutzfähigkeit des Klagegebrauchsmusters in der geltend gemachten Anspruchsfassung nicht zur Überzeugung der Kammer feststellen. Denn unter Berücksichtigung der Lehre der D1 ist das Klagegebrauchsmuster in der hier geltend gemachten Anspruchsfassung nicht neu. -
a.
Die Beurteilung der Frage, ob der Gegenstand eines Patents bzw. eines Gebrauchsmusters durch eine Vorveröffentlichung neuheitsschädlich getroffen ist, erfordert die Ermittlung des Gesamtinhalts der Vorveröffentlichung. Maßgeblich ist, welche technische Information dem Fachmann offenbart wird. Der Offenbarungsgebegriff ist dabei kein anderer als er auch sonst im Patentrecht zu Grunde gelegt wird (BGH, GRUR 2009, 382 – Olanzapin; GRUR 2004, 407, 411 – Fahrzeugleitsystem). Zu ermitteln ist deshalb nicht, in welcher Form der Fachmann etwa mit Hilfe seines Fachwissens eine gegebene allgemeine Form der Lehre ausführen oder wie er diese Lehre gegebenenfalls abwandeln kann, sondern ausschließlich, was der Fachmann der Vorveröffentlichung als den Inhalt der von ihr gegebenen (allgemeinen) Lehre „unmittelbar und eindeutig“ entnimmt (BGH, GRUR 2002, 146 – Luftverteiler; GRUR 2004, 133, 135 – Elektronische Funktionseinheit; GRUR 2008, 597 – Betonstraßenfertiger; GRUR 2011, 999, 1001 – Memantin). -
b.
Nach diesen Maßstäben kann der Fachmann der D1 unmittelbar und eindeutig die Merkmale des Klagegebrauchsmusteranspruchs 1 entnehmen. - Die D1 betrifft ein Werkzeug zum Aufbringen eines Drehmoments auf ein Werkstück, insbesondere eine Spurstange oder ein Spurstangenkugelgelenk. Damit ist das Werkzeug zur Montage bzw. Demontage einer an beiden Enden verschraubten Stange, insbesondere Spurstange, geeignet (Merkmal 1). Nachfolgend wird Figur 3, die ein Ausführungsbeispiel der D1 zeigt, zur Veranschaulichung eingeblendet:
- Das Werkzeug umfasst einen Ring (21) mit einer in etwa mittigen Ausnehmung für eine Aufnahme des Werkstücks (Abs. [0011] der D1) und damit ein erfindungsgemäßes Gehäuse mit einem Aufnahmeraum zur Aufnahme eines Abschnitts der Stange (Merkmal 2).
- Weiter verfügt das Werkzeug der D1 über ein Klemmelement in Gestalt eines Klemmstücks (22), das verschwenkbar an dem Ring (21) gelagert ist und eine Klemmfläche (53) aufweist. Mittels eines Hebels (7) kann die Klemmfläche (53) zum Klemmen des Werkstücks zwischen Klemmfläche (53) und Gegenklemmfläche (56) des Rings (21) und damit zum Aufbringen des Drehmoments auf das Werkstück verschwenkt werden. Damit ist das Klemmelement im Gehäuse angeordnet und greift in den durch den Ring gebildeten Aufnahmeraum ein (Merkmal 3).
- Ferner weist der Schaft (50) des Werkzeugs einen Vierkantansatz (58) als Kupplungselement für ein lösbares Verbinden mit einem Vierkant einer Ratsche auf (Abs. [0041] der D1) (Merkmal 4).
- Der Fachmann entnimmt der D1 ferner, dass das Gehäuse in Gestalt des Ringes (20) eine Länge aufweist, die kürzer als eine Länge der Stange ist (Merkmal 5). Für den Fachmann ist dies bereits unmittelbar und eindeutig aus Figur 1 der D1 erkennbar, die ein Beispiel eines allgemein bekannten Werkzeugs zum Aufbringen eines Drehmoments auf ein Spurstangenkugelgelenk und die restliche Spurstange gemäß dem Stand der Technik zeigt, wobei die Länge des gezeigten Rings ersichtlich kürzer als eine Länge der Stange ist. Eine Abgrenzung von diesem Merkmal des Standes der Technik erfolgt ersichtlich nicht und soll daher aus Sicht des Fachmanns beibehalten werden. Im Hinblick darauf, dass der Ring des Werkstücks mit seiner mittigen Ausnehmung das Werkstück bzw. die Stange aufnehmen soll (vgl. Abs. [0011] der D1), entspricht dies auch der aus Sicht des Fachmanns zweckmäßigsten Ausgestaltung.
- Da der in der D1 offenbarte Ring (21) eine Ausnehmung für eine Aufnahme des Werkstücks (Abs. [0011] der D1), insbesondere einer Spurstange, aufweist, weist der Aufnahmeraum zwingend eine lichte Weite auf, die größer als ein Durchmesser der Stange ist (Merkmal 6). Insoweit erkennt der Fachmann auch, dass nicht die Ringelemente als solche die Spurstange einklemmen, sondern das Klemmelement in Gestalt des verschwenkbar an dem Ring (21) gelagerten Klemmstücks (22), das in den Aufnahmeraum eingreift.
- Auch Merkmal 7 ist in der D1 offenbart, wonach das Gehäuse – hier der Ring – eine sich über die gesamte Länge des Rings erstreckende Öffnung mit einer Breite aufweist, die größer als der Durchmesser der Stange ist. Der Ring (21) der D1 weist insoweit wenigstens zwei Segmente (25, 26) auf, die für eine Verstellung zueinander zwischen einer Ringoffenstellung für eine Aufnahme des Werkstücks und einer Ringgeschlossenstellung für das Umfassen des Werkstücks miteinander koppelbar sind. Die Segmente sind über Scharniergelenke (35, 36) miteinander verbunden, von denen eines (26) durch Entfernen des Lagerbolzens (42) manuell geöffnet werden kann (Abs. [0037] der D1). Wenn die zwei Segmente nach der Entfernung des Lagerbolzens (42) zueinander auf verschwenkt werden, kann das Werkzeug an dem Werkstück, bspw. einer Spurstange, angebracht werden, da die Segmente einen Zugang zu dem Aufnahmebereich (31) in radialer Richtung zur Mittelachse (23) freigeben (Abs. [0038] der D1). Daraus geht für den Fachmann unmittelbar und eindeutig hervor, dass der in der Ringoffenstellung bestehende Zugang zum Aufnahmebereich breiter ist als der Durchmesser der Stange. Denn andernfalls könnte das Werkzeug nicht an dem Werkstück bzw. der Stange angebracht werden. Zwar ist diese Öffnung nur in der beschriebenen Ringoffenstellung vorhanden. Dass diese zunächst durch das manuelle Entfernen des Lagerbolzens und ein Verschwenken der Segmente hergestellt werden muss und damit nicht dauerhaft vorhanden ist, steht der Verwirklichung von Merkmal 7 – wie oben ausgeführt – aber nicht entgegen.
- Damit werden alle Merkmale des Klagegebrauchsmusteranspruchs 1 neuheitsschädlich vorweggenommen.
-
IV.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO. - Streitwert: 250.000,00 €
