4a O 109/19 – Anschlusselement für Leitungssystem

Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3357

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 21. März 2024, Az. 4a O 109/19

  1.  I. Die Beklagten werden verurteilt,
  2. 1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Fall wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft an dem gesetzlichen Vertreter der Beklagten zu vollziehen ist,
  3. zu unterlassen,
  4. ein Anschlusselement für ein Leitungssystem, das mit mindestens einem Rohr des Leitungssystems koppelbar ist, wobei das Anschlusselement eine Stützhülse und eine Presshülse aufweist und die Presshülse in montiertem Zustand zumindest teilweise die Stützhülse umschließt, wobei die Stützhülse mindestens eine umlaufende Nut zur Aufnahme eines Dicht-ringes umfasst sowie eine Außenfläche mit einer Profilierung, wobei die Profilierung eine Tiefe (TP) und eine Gesamtlänge (LG) aufweist und das Verhältnis von Gesamtlänge (LG) der Profilierung zur Tiefe (TP) der Profilierung im Bereich 20 bis 2 liegt, und wobei ein Haltering auf der Außenseite der Stützhülse zwischen Presshülse und Stützhülse vorgesehen ist,
  5. in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
  6. wobei ein Führungsring an der Außenseite der Presshülse vorgesehen ist, der als Führungselement für Presswerkzeuge ausgebildet ist,
  7. wobei die Stützhülse zwei Dichtringe und zwei derartige Profilierungen zur Verpressung mit dem Rohr aufweist, wobei jeder Profilierung einer der Dichtringe zugeordnet ist, und wobei die Profilierungen jeweils in Form einer Nut ausgebildet sind, die jeweils einen ersten ansteigenden Bereich und einen im Wesentlichen flach verlaufenden daran anschließenden, zweiten Bereich mit der Tiefe (TP) aufweist,
  8. wobei der erste ansteigende Bereich jeweils in Richtung des zugeordnetes Dichtrings (9.1, 9.2) ansteigt, wobei durch die ersten ansteigenden Bereiche mit einem dreieckförmigen Querschnitt im Längsschnitt dadurch, dass die ersten ansteigenden Bereiche und jeweils eine radial verlaufende Flanke der zugeordneten Nut einen spitzen Winkel ausbilden, Spitzen zur Verfügung gestellt werden, in deren Nähe der zugeordnete Dichtring liegt, derart, dass sich die Spitzen im Längsschnitt punktförmig in die Innenwandung des Rohres eingraben können;
  9. 2. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie die zu I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 20.09.2018 begangen hat, und zwar unter Angabe
  10. a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
  11. b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für welche die Anschlusselemente für Leitungssysteme bestimmt waren,
  12. c) der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Anschlusselemente für Leitungssysteme sowie über die Preise, die für die betreffenden Anschlusselemente für Leitungssysteme bezahlt wurden,
  13. wobei
  14. – zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in elektronischer Form vorzulegen sind,
  15. – geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen,
  16. – die Aufstellung mit den Daten der Auskunft in einer mittels EDV auswertbaren, elektronischen Form zu übermitteln ist; und
  17. 3. der Klägerin in einer chronologisch geordneten und nach Kalendervierteljahren und Typen gegliederten Aufstellung darüber Rechnung zu legen in welchem Umfang sie die zu I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 01.08.2018 begangen hat, und zwar unter Angabe
  18. a) der Herstellungsmengen und -zeiten,
  19. b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und jeweiligen Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer, einschließlich der Verkaufsstellen für die die Anschlusselemente für Leitungssysteme bestimmt waren,
  20. c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen und den jeweiligen Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
  21. d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internet-Werbung der Domain, den Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume, und bei direkter Werbung wie Rundbriefen, den Namen und Anschriften der Empfänger,
  22. e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
  23. wobei
  24. – die Aufstellung mit den Daten der Rechnungslegung in einer mittels EDV auswertbaren, elektronischen Form zu übermitteln ist; und
  25. – es den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn zugleich ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
  26. – die Angaben zu e) bezüglich der zu I. 1. bezeichneten Handlungen nur für die Zeit seit dem 20.10.2018 zu machen sind.
  27. II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, der Klägerin für die unter I. 1. bezeichneten in der Zeit vom 01.08.2018 bis zum 19.10.2018 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen, sowie, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I. 1. bezeichneten, seit dem 20.10.2018 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
  28. III. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, die in der Bundesrepublik Deutschland in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz und/oder Eigentum befindlichen oben unter I. 1. fallenden Anschlusselemente für Leitungssysteme auf eigenen Kosten zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten zu 1) – Kosten herauszugeben.
  29. IV. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, die unter I. 1. bezeichneten, seit dem 20.09.2018 in Verkehr gebrachten Anschlusselemente für Leitungssysteme gegenüber gewerblichen Abnehmern schriftlich unter Hinweis auf den gerichtlich (Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 21.03.2024, Az. 4a O 109/19) festgestellten patentverletzenden Zustand der Anschlusselemente für Leitungssysteme und mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen und die Anschlusselemente für Leitungssysteme wieder an sich zu nehmen, wobei der Klägerin ein Muster der Rückrufschreiben sowie eine Liste der Adressaten mit Namen und postalischer Anschrift oder — nach Wahl der Beklagten — eine Kopie sämtlicher Rückrufschreiben zu überlassen sind.
  30. V. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
  31. VI. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.
  32. VII. Das Urteil ist für die Klägerin vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 500.000,00. Darüber hinaus werden für die Klägerin folgende Teilsicherheiten festgesetzt: Die Ansprüche auf Unterlassung, Rückruf und Vernichtung (Ziff. I.1., III., IV.) sind gemeinsam gesondert vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 375.000,00; ferner sind die Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung (Ziff. I.2., I.3.) gemeinsam gesondert vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 25.000,00. Die Kostenentscheidung ist gesondert vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
  33. Tatbestand
  34. Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen unmittelbarer Verletzung des Deutschen Patents DE 11 2008 003 XXA C5 (nachfolgend: Klagepatent) auf Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung, Feststellung einer Schadensersatz- sowie Entschädigungspflicht dem Grunde nach, Vernichtung, Rückruf sowie Zahlung von vorgerichtlichen Kosten in Höhe von 5.759,01 Euro in Anspruch.
  35. Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des Klagepatents (vgl. Registerauszug vom 27.11.2019 als Anlage KAP 5). Das Klagepatent wurde am 23.12.2008 als PCT-Anmeldung angemeldet und nimmt eine innere Priorität vom 28.12.2007 in Anspruch. Die Anmeldung wurde am 09.07.2009 veröffentlicht. Das Deutsche Patent- und Markenamt (nachfolgend: DPMA) veröffentlichte am 20.08.2018 den Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents. Das Klagepatent betrifft laut seiner Bezeichnung ein „Anschlusselement für ein Leitungssystem“.
  36. Das Klagepatent steht in Kraft. Die Beklagte zu 1) hat zunächst am 04.03.2019 Einspruch gegen das Klagepatent beim DPMA eingelegt. Das DPMA hat das Klagepatent im Einspruchsverfahren mit Beschluss vom 24.11.2021 (Anlage KAP 17) beschränkt aufrechterhalten. Gegen diesen Beschluss haben beide Parteien Beschwerde eingelegt. Das Bundespatentgericht (nachfolgend: BPatG) hat im Beschwerdeverfahren das Klagepatent in einer weiter eingeschränkten Fassung mit Beschluss vom 11.05.2023 (Az. 12 W (pat) 4/22, Anlage B 49) aufrechterhalten. Der Beschluss des BPatG vom 11.05.2023 ist rechtskräftig. Das DPMA veröffentlichte daraufhin am 26.10.2023 eine geänderte Patentschrift (C5), wobei sich die Beschreibung und die Figuren des Klagepatents nicht änderten. Die Beklagte zu 1) hat nunmehr unter dem 25.08.2023 Nichtigkeitsklage gegen das Klagepatent in der aufrechterhaltenen Fassung beim BPatG eingereicht (Az. 8 Ni 63/23, Anlage B 50). Eine Entscheidung ist bislang nicht ergangen.
  37. Der geltend gemachte Anspruch 1 des Klagepatents in der im Einspruchsverfahren rechtskräftig aufrechterhaltenen Fassung lautet:
  38. „1. Anschlusselement (1) für ein Leitungssystem, das mit mindestens einem Rohr (50) des Leitungssystems koppelbar ist, wobei das Anschlusselement
    (1) eine Stützhülse (5) und eine Presshülse (3) aufweist und die Presshülse (3) in montiertem Zustand zumindest teilweise die Stützhülse (5) umschließt, wobei die Stützhülse (5) mindestens eine umlaufende Nut (7.1,7.2) zur Aufnahme eines Dichtringes (9.1,9.2) umfasst sowie eine Außenfläche mit einer Profilierung, wobei die Profilierung eine Tiefe (TP) und eine Gesamtlänge (LG) aufweist und das Verhältnis von Gesamtlänge (LG) der Profilierung zur Tiefe (TP) der Profilierung im Bereich 20 bis 2 liegt, und wobei ein Haltering (30) auf der Außenseite der Stützhülse (5) zwischen Presshülse (3) und Stützhülse (5) vorgesehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass ein Führungsring (40) an der Außenseite der Presshülse (3) vorgesehen ist, der als Führungselement für Presswerkzeuge ausgebildet ist, wobei die Stützhülse (5) zwei Dichtringe (9.1,9.2) und zwei derartige Profilierungen zur Verpressung mit dem Rohr (50) aufweist, wobei jeder Profilierung einer der Dichtringe (9.1,9.2) zugeordnet ist, und wobei die Profilierungen jeweils in Form einer Nut ausgebildet sind, die jeweils einen ersten ansteigenden Bereich (12.1,12.2) und einen im Wesentlichen flach verlaufenden daran anschließenden, zweiten Bereich (13′.1,13.2) mit der Tiefe (TP) aufweist, wobei der erste ansteigende Bereich (12.1,12.2) jeweils in Richtung des zugeordneten Dichtrings (9.1,9.2) ansteigt, wobei durch die ersten ansteigenden Bereiche mit einem dreieckförmigen Querschnitt im Längsschnitt dadurch, dass die ersten ansteigenden Bereiche (12.1,12.2) und jeweils eine radial verlaufende Flanke der zugeordneten Nut (7.1,7.2) einen spitzen Winkel ausbilden, Spitzen zur Verfügung gestellt werden, in deren Nähe der zugeordnete Dichtring (9.1,9.2) liegt, derart, dass sich die Spitzen im Längsschnitt punktförmig in die Innenwandung des Rohres (50) eingraben können.“
  39. Zur Veranschaulichung der beanspruchten Lehre werden nachfolgend Figuren 1 und 2 der Klagepatentschrift eingeblendet:
  40. In den Absätzen [0018] ff. der Klagepatentschrift sind die Ausführungsbeispiele wie folgt beschrieben: Die Figur 1 zeigt einen Längsschnitt durch ein erfindungsgemäßes Anschlusselement (1) ohne Rohr, bei dem der Haltering (30) an der Presshülse (3) anliegt, während Figur 2 einen entsprechenden Längsschnitt mit eingeschobenem Rohr (50), aber ebenfalls noch nicht verpresster Presshülse, d.h. noch vor der Verpressung, zeigt.
  41. Das gezeigte erfindungsgemäße Anschlusselement (1) umfasst gem. Abs. [0019] der Klagepatentbeschreibung eine Presshülse (3) sowie eine Stützhülse (5), wobei die Stützhülse (5) zwei in axialem Abstand voneinander die Zylinderachse umlaufende Nuten (7.1), (7.2), in die Dichtringe, beispielsweise O-Ringe (9.1), (9.2) eingelegt sein können, umfasst. Der Bereich der Außenfläche der Stützhülse (5) ist zudem mit einer Kontur, das heißt einer Profilierung in Form von Nuten (11.1), (11.2), versehen. Die Form der Nuten (11.1), (11.2) weist im Längsschnitt des um die Achse RA rotationssymmetrischen Körpers zwei Bereiche auf, einen ersten, ansteigenden Bereich (12.1), (12.2) mit dreieckförmigem Querschnitt und einer Länge L1 und einen zweiten, auslaufenden flachen Bereich (13.1), (13.2) mit einer Länge L2, so dass die Gesamtlänge der Profilierung LG = L1 + L2 ist. Erfindungsgemäß ist weiterhin in den Figuren gezeigt, dass an der Außenfläche der Stützhülse (5) ein Haltering (30) anzubringen ist, der auch als Anschlag für das einzuschiebende Rohr (50) dient. An der Außenseite der Presshülse (3) ist ein Führungsring (40), beispielsweise für ein Presswerkzeug, mit welchem man die Presshülse (3) verpressen kann, angeordnet.
  42. Die Klägerin vertrieb zunächst als Einzelunternehmerin unter „B“ Anschlusselemente für Leitungssysteme. Im Jahr 2010 stellte die Klägerin als Einzelunternehmerin einen Insolvenzantrag, woraufhin ein Insolvenzverwalter tätig wurde. Später war sie als Handelsvertreterin der C GmbH tätig. Die Beklagte zu 1) wurde mit Vertrag vom 17.10.2012 gegründet. Sie ist im Bereich der Installationstechnik tätig. Der Beklagte zu 2) ist der Geschäftsführer der Beklagten zu 1).
  43. Herr D, der Vater des Beklagten zu 2), zu dem die Klägerin bereits zuvor geschäftlichen Kontakt hatte, führte das Unternehmen E GmbH & Co. F KG und ist bzw. war Gesellschafter und Geschäftsführer der G GmbH. Die G GmbH erwarb im Jahr 2010 auf Bitte der Klägerin aus der Insolvenz des Einzelunternehmens der Klägerin „sämtliche materiellen und immateriellen Rechte am Namen des Unternehmens H bzw. C“ sowie das Warenlager der Klägerin von dem Insolvenzverwalter (Anlage B1, Anlage B2).
  44. Mit Vertrag vom 27.08.2010 wurde die „C GmbH“ gegründet, deren Gesellschaftsanteile zu 49% dem Sohn der Klägerin, Herrn I, gehören sowie zu 51% der G GmbH. Die Klägerin war federführend für die C GmbH tätig und hatte als Handelsvertreterin ein Interesse am wirtschaftlichen Erfolg der C GmbH.
  45. Ab dem Jahr 2013 kam es zur intensiven Zusammenarbeit zwischen der Beklagten zu 1) und der C GmbH. Die Technologie für die später in Zusammenarbeit hergestellten und vertriebenen Pressfittings stammte von der Klägerin. Die Beklagten verfügten etwa über Kontakte für eine kostengünstige Produktion in Fernost und China, um sich am Markt wettbewerbsfähiger zu positionieren. Für beide Seiten sind – in streitigem Umfang – hierbei Kosten angefallen. Die Zusammenarbeit sah u.a. die Weiterentwicklung und Ausweitung des Produktsortiments vor. Die Klägerin begleitete dabei auf Seiten der C GmbH den gesamten Anpassungs-, Entwicklungs- und Fertigungsprozess.
  46. Die Beklagten sollten die C GmbH mit Pressfittings, u.a. nach den Vorgaben der Klägerin, beliefern. Nach einer Absprache zwischen der Klägerin und den Beklagten sollte mittelfristig die komplette Pressfittingproduktion ausschließlich durch die Beklagte zu 1) durchgeführt werden, während die C GmbH unter Einsatz der Klägerin den Vertrieb übernehmen sollte. In diesem Zusammenhang wurde auch vereinbart, dass die Klägerin den Beklagten zu 2) eingehend bei der Errichtung der Produktion, des Qualitätsmanagements sowie der Auditierung von Lieferanten unterstützen wird.
  47. Die Klägerin stellte der Beklagten zu 1) zahlreiche Informationen und Unterlagen zur Verfügung, die diese für die Herstellung der Fittings benötigte. Damit – wie vereinbart – die Beklagte zu 1) die Pressfittingrohteile fertigen und beschaffen konnte, übergab die Klägerin sämtliche Konstruktionszeichnungen der Pressfittings an den Beklagten zu 2). Dies erfolgte bereits schrittweise ab 2012 sowie 2013 nochmals komplett durch Übersendung der entsprechenden Dateien. Auch später übersandte die Klägerin den Beklagten immer wieder Zeichnungen. Die Beklagten legen diesbezüglich Kopien von E-Mails der Klägerin in einem Zeitraum von 2014 bis 2017 als Anlagenkonvolut B 9 vor. Auch in die Kommunikation mit Dritten, welche etwa Einzelteile für die Beklagte zu 1) und die C GmbH herstellten, war die Klägerin insbesondere mit Bezug auf den Herstellungsprozess eingebunden. U.a. unternahmen die Klägerin und der Beklagte zu 2) auf Kosten der Beklagten zu 1) gemeinsame Geschäftsreisen zu Lieferanten. Darüber hinaus unterstützte die Klägerin die Beklagten bei Abstimmungen und Klärungen mit Lieferanten sowie bei Zertifizierungen bezüglich der Pressfittings.
  48. Die Beklagten organisierten den Absatz der – vermeintlich klagepatentgemäßen – Pressfittings teilweise auch ohne Beteiligung von der C GmbH, etwa über die Firmen E und J des Herrn D (vgl. Anlage B 8). Die Pressfittings wurden sodann auch über andere Firmen verkauft, ohne dass die Klägerin davon direkt finanziell profitierte.
  49. Unter dem 31.07.2018, d.h. nach Patenterteilungsbeschluss des DPMA, aber vor Veröffentlichung der Klagepatenterteilung, mahnte die Klägerin die beiden Beklagten durch ein anwaltliches Schreiben ab (Anlage KAP 2, nachfolgend: Abmahnung). Darin wurde die Inhaberschaft des Klagepatents der Klägerin erläutert sowie die Beklagten darauf aufmerksam gemacht, dass die Pressfittings der Beklagten den Anspruch 1 des Klagepatents verwirklichten. Auf Seite 5 des Schreibens heißt es u.a. „Unsere Mandantschaft ist dabei bereit, Ihnen auch nach Veröffentlichung des Patents eine Nutzung des Patents für die von ihnen angebotenen Pressfittinge auf Basis einer Lizenzanalogie zu gewähren.“. Die Klägerin setzte den Beklagten in dem Schreiben weiter eine Frist zur Rechnungslegung, um eine angemessene Vergütung für die Vergangenheit ermitteln zu können. Mit Schreiben vom 12.09.2018 (Anlage KAP 3) antworteten die anwaltlichen Vertreter der Beklagten, dass die Beklagten das Klagepatent nicht für rechtsbeständig hielten. Anschließende Vergleichsgespräche scheiterten.
  50. Die Beklagte zu 1) stellt nunmehr in Deutschland her, vertreibt und bietet u.a über die deutschsprachige Website www.K.de sogenannte „Pressfittings“ für Rohre in verschiedenen Ausfertigungen (nachfolgend gemeinsam: angegriffene Ausführungsformen) an, vgl. Anlage KAP 8. Die Anschlusselemente der Pressfittings weisen u.a. eine Stützhülse, eine Presshülse, einen Führungsring und einen Haltering auf.
  51. Einige der Pressfittings der Beklagten weisen eine Öffnung in einem an der Außenseite liegenden Führungsring sowie eine zweistückige Ausgestaltung von Führungsring und Haltering auf (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform 1), wie nachfolgend abgebildet und von der Klägerin mit Pfeilen markiert:
  52. Davon stellt die rechte Seite, beginnend ab dem schwarzen Ring (schwarzer Pfeil), ein Anschlusselement dar. Zwischen der Stützhülse (roter Pfeil) und der Presshülse (blauer Pfeil) kann ein Rohr eingeschoben werden.
  53. Nach Scheitern der Vergleichsgespräche stellte die Beklagte zu 1) ihre Produktion von der angegriffenen Ausführungsform 1 auf ein abgewandeltes Pressfitting um, welches im Gegensatz zu der angegriffenen Ausführungsform 1 keine Öffnung im Führungsring, sondern in der Hülse aufweist und bei welchem der Haltering und der Führungsring einstückig anstatt zweistückig ausgebildet sind (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform 2). Bei der angegriffenen Ausführungsform 2 sind der Haltering und der Führungsring zu einem Element verschmolzen. Die übrigen Bauteile sind bei beiden angegriffenen Ausführungsformen unstreitig identisch. Zum Vergleich werden Abbildungen der angegriffenen Ausführungsform 1 (links) und 2 (rechts) eingeblendet, wobei die Pfeile von der Klägerin stammen:
  54. Weiter wird eine Gegenüberstellung der Presshülse der angegriffenen Ausführungsform 1 (links) und der angegriffenen Ausführungsform 2 (rechts) abgebildet, wobei die Pfeile von der Klägerin stammen und auf den jeweiligen Führungsring (grün) und Haltering (gelb) deuten:
  55. Die Stützhülsen der angegriffenen Ausführungsformen 1 und 2 unterscheiden sich nicht voneinander. Nachfolgend wird eine abgetrennte Stützhülse (einer angegriffenen Ausführungsform 1) eingeblendet, wobei die Pfeile und Markierungen von der Klägerin stammen:
  56. Die Klägerin hat ein Muster der angegriffenen Ausführungsform 1 als Anlage KAP 9 und der angegriffenen Ausführungsform 2 als Anlage KAP 11 zur Gerichtsakte gereicht.

    Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagten machten durch das Herstellen und Anbieten der angegriffenen Ausführungsformen in der Bundesrepublik Deutschland von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch. Einwendungen, wie etwa ein Benutzungsrecht oder Verwirkung, stünden den Beklagten nicht zu.

  57. Zunächst sei das Merkmal, wonach die Nut einen ersten ansteigenden Bereich (12.1,12.2) und einen im Wesentlichen flach verlaufenden daran anschließenden, zweiten Bereich (13.1,13.2) mit der Tiefe (TP) aufweist, durch die angegriffenen Ausführungsformen verwirklicht.
  58. Der Anspruch sei hierdurch nicht darauf beschränkt, dass sich der flache Bereich am oberen Ende der Steigung anschließen müsse. Er besage lediglich, dass beide Bereiche einander anschließen sollen, weil diese die Profilierung ausgestalteten. Damit sei nicht festgelegt, an welche Seite des ansteigenden Bereichs sich der flache Bereich anschließen müsse. Dies verdeutliche auch Figur 1 des Klagepatents anhand des nachfolgend von der Klägerin kolorierten Ausschnitts:
  59. Die Bezeichnung L1 kennzeichne dabei einen ersten ansteigenden Bereich der Profilierung und L2 einen im Wesentlichen flach verlaufenden zweiten Bereich. Der erste Bereich steige in Richtung des Dichtrings 7.2 auf (gelber Pfeil). Der daran anschließende Bereich sei flach (blauer Balken). Nach der Auslegung der Beklagten fielen die Figuren des Klagepatents nicht unter den Anspruch, was jedoch nicht zulässig sei.
  60. Dieser Auslegung stehe auch Abs. [0009] der Klagepatentbeschreibung nicht entgegen. Vielmehr würden gem. Abs. [0009] durch die ersten ansteigenden Bereiche im Längsschnitt Spitzen zur Verfügung gestellt. Um solche Spitzen zur Verfügung zu stellen, müsse der ansteigende Bereich am Dichtring enden. Denn nur die Nut für den Dichtring ermögliche Spitzen nach dem ansteigenden Bereich. Solche Spitzen bildeten sich nicht aus, wenn sich der flache Bereich an den höchsten Punkt des ansteigenden Bereichs anschließen müsste. Funktional seien diese Spitzen notwendig, damit die Presshülse die erforderliche Längskraftschlüssigkeit aufweise und nicht herausgleiten könne.
  61. Die angegriffenen Ausführungsformen wiesen dieselbe klagepatentgemäße Profilierung wie die in den Figuren des Klagepatents gezeigte auf. Weiterhin zeige der nachfolgend eingeblendete Ausschnitt der Stützhülse der angegriffenen Ausführungsform 1 den ersten ansteigenden Bereich (roter Balken) sowie den flach verlaufenden daran anschließenden zweiten Bereich (grüner Balken):
  62. Da die beiden angegriffenen Ausführungsformen sich in der Ausgestaltung der Stützhülse – insoweit unstreitig – nicht unterschieden, verwirklichten beide dieses Merkmal.
  63. Weiterhin werde das Merkmal, wonach die Spitzen, in deren Nähe der zugeordnete Dichtring (9.1, 9.2) liegt, derart zur Verfügung gestellt werden, dass sich die Spitzen im Längsschnitt punktförmig in die Innenwandung des Rohres (50) eingraben können, durch beide angegriffenen Ausführungsformen verwirklicht.
  64. Anhand des nachfolgend eingeblendeten längsseitig aufgeschnittenen, verpressten Anschlusselements der Beklagten sei sichtbar, dass die angegriffenen Ausführungsformen zugeordnete Dichtringe (gelber Pfeil) aufwiesen, die an die Spitzen (grüner Pfeil) derart angrenzten, dass diese sich im Längsschnitt punktförmig in die Innenwandung des Rohres eingraben könnten (roter Kreis):
  65. Entgegen der Behauptung der Beklagten platze der Dichtring nicht, wenn Rohrmaterial in die Nut des Dichtrings eindringe. Vielmehr vertrage der Dichtring Krafteinwirkungen. Es sei erforderlich, dass es zur Abdichtung zu einer Verformung des Dichtrings komme. Dabei gebe es – unbestritten – angegriffene Ausführungsformen mit dickerem sowie mit dünnerem Gummi des Dichtrings, wobei solche mit dünnerem Gummi undicht sein könnten und solche mit dickerem Gummi gerade dicht sein sollten.
  66. Nicht nur die zuerst angegriffene Ausführungsform 1, sondern auch die abgewandelte angegriffenen Ausführungsform 2 weise einen klagepatentgemäßen Haltering sowie Führungsring auf.
  67. Der Anspruchswortlaut setze nicht voraus, dass Führungsring und Haltering räumlich voneinander getrennt sein müssten. Etwas anderes lasse sich auch der Beschreibung des Klagepatents nicht entnehmen. Es komme maßgeblich darauf an, dass funktional betrachtet ein Haltering sowie ein Führungsring vorhanden seien.
  68. Entgegen der Ansicht der Beklagten, komme es in Abgrenzung zu der DE 20 2006 010 XXB U1 (nachfolgend auch: DE ‘XXB), welche in Abs. [0006] des Klagepatents genannt sei, nicht darauf an, ob Haltering und der Führungsring ein- oder zweiteilig ausgestaltet seien. Maßgeblich sei ausschließlich, ob das Anschlusselement funktional einen Führungsring aufweise, welcher das Werkzeug führen kann. Die zum Stand der Technik zitierte DE ‘XXB weise jedoch keinen Führungsring auf und könne das Werkzeug daher auch nicht hinreichend führen. Aus der Abgrenzung zu der DE ‘XXB könne der Fachmann nicht schließen, dass Haltering und Führungsrings zwingend zweiteilig ausgestaltet sein müssten.
  69. Klagepatentgemäß sei ein Führungsring derart ausgestaltet, dass ein Werkzeug so geführt werden könne, dass dieses in keine Richtung verrutschen und es beim Anlegen automatisch millimetergenau positioniert werden könne. Zu Veranschaulichung hat die Klägerin der Figur 1 des Klagepatents nachträglich ein Werkzeug, welches die Presshülse (blau) durch den Führungsring (pink) an der richtigen Stelle verpressen könne, hinzugefügt. Wenn der Führungsring und der Haltering (rot) miteinander (in orange) verbunden würden, verändere sich die Funktion des Führungsrings nicht:
  70. Die von der Beklagten auszugsweise zitierte Erteilungsakte sei kein zulässiges Auslegungsmaterial.
  71. Die einstückige Ausgestaltung des Halterings und des Führungsrings der angegriffenen Ausführungsform 2 stehe der Verletzung des Klagepatents damit nicht entgegen. Der Führungsring (nachfolgend grüner Pfeil) sei lediglich mit dem Haltering (nachfolgend gelber Pfeil) verbunden, ohne die Funktionen zu beeinträchtigen:
  72. Trotz der einteiligen Ausgestaltung befinde sich der Führungsring an der Außenseite der Presshülse und sei als Führungselement für Presswerkzeuge ausgebildet. Ebenso befinde sich, wie aus den nachfolgend eingeblendeten Bildern von der Innenseite ersichtlich und mit Pfeilen markiert sei, bei der angegriffenen Ausführungsform 2 der Haltering zwischen Press- und Stützhülse:
  73. Die Klägerin meint, den Beklagten habe zu keiner Zeit ein Benutzungsrecht an dem Klagepatent zugestanden, auch nicht in der Zeit der Zusammenarbeit. Die Klägerin habe ihnen weder eine konkludente kostenlose Lizenz, noch sonst ein Nutzungsrecht eingeräumt, noch dies gegenüber irgendjemand Drittem durch konkludentes Handeln zu verstehen gegeben. Einer unentgeltlichen Nutzung habe sie nie zugestimmt. Selbst wenn ein Benutzungsrecht bestanden hätte, sei dies jedenfalls mit der Abmahnung vom 31.07.2018 widerrufen worden. Vielmehr versuchten die Beklagten seit Jahren, sich auf Kosten der Klägerin ungerechtfertigt zu bereichern.
  74. Für die Annahme einer konkludenten kostenlosen Lizenz fehle es an einer konkreten Einigung sowie an einer im Geschäftsverkehr üblichen schriftlichen Dokumentation eines Abschlusses eines Lizenzvertrags, aus denen sich der rechtsverbindliche Wille der Klägerin ergebe. Es habe auch keinen Anlass gegeben, über eine Erlaubnis der Benutzung der klagepatentgemäßen Lehre zu sprechen, da die Benutzung vor der Erteilung des Klagepatents nicht rechtswidrig gewesen sei.
  75. Die Reaktion der Beklagten vom 12.09.2019 (Anlage KAP 3) auf die Abmahnung der Klägerin sowie die darauffolgende Korrespondenz einschließlich der Einspruchseinlegung zeigten, dass die Beklagten selbst nicht von einer Zustimmung der Klägerin ausgegangen seien (Anlagen KAP 3, KAP 12, KAP 13, KAP 14). Ein etwaig bestehendes Nutzungsrecht sei darin nicht angesprochen worden. Wären die Beklagten davon ausgegangen, dass ihnen ein Nutzungsrecht zugestanden habe, hätten sie nicht am 05.03.2019 Einspruch beim DPMA einlegen, sondern auf die Abmahnung vielmehr eine negative Feststellungsklage erhoben.
  76. Auch aus der Zusammenarbeit zwischen der C GmbH und der Beklagten zu 1) ergebe sich keine Benutzungsbefugnis der Beklagten.
  77. Eines Hinweises seitens der Klägerin auf die anhängige Anmeldung des Klagepatents habe es nicht bedurft. Den Beklagten sei zumutbar gewesen, die Schutzrechtslage selbst zu prüfen, was sie zu keinem Zeitpunkt getan hätten. Zudem behauptet die Klägerin, der Vater des Beklagten zu 2), Herr D, sei seit 2010 über die Anmeldung des Klagepatents informiert gewesen. Die Klägerin habe dem Vater des Beklagten zu 2) im Rahmen des Insolvenzverfahrens die Anmeldung zum Kauf angeboten. Dieser habe sich bewusst gegen den Kauf der Patentanmeldung entschieden, wohl weil er sie für wertlos gehalten habe. Die Klägerin habe die Schutzrechtssituation keinesfalls verheimlicht, zumal sie die Beklagten noch vor Veröffentlichung der Patenterteilung abgemahnt habe. Selbst wenn die Beklagten nichts von der Patentanmeldung gewusst hätten, hätten sie jedenfalls auch ohne Hinweis der Klägerin davon wissen müssen.
  78. Der Vortrag der Beklagten zu den Geschäftsbeziehungen der Parteien sei unerheblich sowie teilweise unzutreffend. Keine der von den Beklagten vorgelegten E-Mails enthalte Aussagen zu etwaigen Schutzrechten. Ein juristisches Momentum habe es dabei nie gegeben. Die Klägerin behauptet, die Zusammenarbeit zwischen ihr und den Beklagten sei nicht über diejenige eines Zulieferers bzw. Herstellers mit einem Besteller hinausgegangen. Lediglich zu diesem Zweck und nicht als Anerkennung eines Nutzungsrechts habe die Klägerin Konstruktionszeichnungen an die Beklagten übergeben. Arbeiten, an denen die Beklagten beteiligt gewesen seien, beträfen nur die Erweiterung des Pressfitting-Sortiments – für welche die C GmbH die Kosten getragen hätte – um weitere Größen und nicht die Weiterentwicklung der Technologie. Die Klägerin behauptet, die Beklagten hätten die Rohteile mit einem Aufschlag in Höhe von bis ca. 20% und nicht etwa zum Selbstkostenpreis an die Klägerin weiterverkauft.
  79. Die Klägerin meint, die Beklagten hätten durch die Organisation des Vertriebs der Pressfittings über andere Firmen als die C GmbH absichtlich eine indirekte Kompensation für das Klagepatent unterbunden, um auf Kosten der Klägerin ihre eigenen Profite zu maximieren.
  80. Die Klägerin bestreitet, dass die C GmbH und die Beklagte zu 1) sich wechselseitig unterstützt hätten sowie, dass die Beklagten wollten, dass die C GmbH von Lieferantenbeziehungen in Asien profitiere. Mit Nichtwissen bestreitet sie, dass die Klägerin in China bei allen Terminen und Besprechungen anwesend gewesen sei.
  81. Die Ansprüche der Klägerin seien auch weder verjährt, noch verwirkt. Die Klägerin habe die Beklagten noch vor Veröffentlichung der Patenterteilung abgemahnt. Danach hätten sich die Verjährung hemmende Verhandlungen angeschlossen.
  82. Weiterhin seien weder die Klageerhebung, noch die Abmahnung vom 31.07.2018 rechtsmissbräuchlich gewesen. Zum einen habe die Beklagte zu 1) bereits vor Klageerhebung den Rechtsbestand des Klagepatents – soweit unbestritten – angegriffen und die juristische Auseinandersetzung initiiert. Zum anderen habe die Klägerin sich mit der Abmahnung nicht widersprüchlich verhalten. So behauptet die Klägerin, die geschäftliche Beziehung zwischen den Parteien sei zum Zeitpunkt der Abmahnung bereits zerrüttet gewesen. Zudem habe mindestens der Vater des Beklagten zu 2) von der Patentanmeldung gewusst. Selbst aus einer etwaigen Unkenntnis der Beklagten könne sich keine Rechtsmissbräuchlichkeit ergeben, da es auf eine Kenntnis der Beklagten wegen deren Überwachungspflicht schon nicht ankomme.
  83. Das Klagepatent sei rechtsbeständig. Eine erneute Aussetzung aufgrund der Nichtigkeitsklage sei nicht geboten. Eine wiederholte Aussetzung sei unter dem Gesichtspunkt effektiver Rechtsverfolgung nur ausnahmsweise zulässig. Hätten die Beklagten die „neuen“ Entgegenhaltungen bereits im Einspruchsverfahren vorgetragen, hätte das BPatG bereits über diese entscheiden können.
  84. Die japanische Entgegenhaltung JP 2007/330XXC A, die der erfinderischen Tätigkeit des Klagepatents nach der Beklagten entgegenstehen solle, offenbare bereits diverse Merkmale des Anspruchs des Klagepatents nicht. Dieser Entgegenhaltung und dem Klagepatent lägen bereits verschiedene Aufgabenstellungen sowie verschiedene Gattungen von Leitungszubehör zugrunde. Das Klagepatent habe davon ausgehend jedenfalls nicht nahegelegen. Die Beklagten hätten auch keinen Anlass des Fachmanns zu einer Kombination vorgetragen, welche zum Gegenstand des Klagepatents geführt hätte.
  85. Ursprünglich hat die Klägerin eine unmittelbare Verletzung der Ansprüche 1, 2, 3, 4 der erteilten Fassung des Klagepatents geltend gemacht sowie Rechnungslegung und die Feststellung einer Entschädigungspflicht bereits ab dem 09.08.2009 beantragt. Weiterhin hat sie ursprünglich auch die endgültige Entfernung von seit dem 20.09.2018 in Verkehr gebrachten Anschlusselementen aus den Vertriebswegen unter Ergreifung aller zumutbaren Maßnahmen durch die Beklagten beantragt. Zudem hat die Klägerin zunächst mit der Klageschrift vom 27.11.2019 lediglich die Verletzung durch die angegriffene Ausführungsform 1 und nicht auch hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsform 2 geltend gemacht.
  86. Der Klägerin beantragt nunmehr,
  87. I. die Beklagten zu verurteilen,
  88. 1. – wie erkannt –
  89. 2. – wie erkannt –
  90. 3. der Klägerin in einer chronologisch geordneten und nach Kalendervierteljahren und Typen gegliederten Aufstellung darüber Rechnung zu legen in welchem Umfang sie die zu I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 17.11.2012 begangen hat, und zwar unter Angabe
  91. a) der Herstellungsmengen und -zeiten
  92. b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und jeweiligen Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer, einschließlich der Verkaufsstellen, für die die Anschlusselemente für Leitungssysteme bestimmt waren,
  93. c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen und den jeweiligen Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
  94. d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internet-Werbung der Domain, den Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume, und bei direkter Werbung wie Rundbriefen, den Namen und Anschriften der Empfänger,
  95. e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
  96. wobei
  97. – die Aufstellung mit den Daten der Rechnungslegung in einer mittels EDV auswertbaren, elektronischen Form zu übermitteln ist; und
  98. – es den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn zugleich ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
  99. – die Angaben zu e) bezüglich der zu I.1. bezeichneten Handlungen nur für die Zeit seit dem 20.10.2018 zu machen sind.
  100. II. festzustellen, dass die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, der Klägerin für die unter I. 1. bezeichneten in der Zeit vom 17.11.2012 bis zum 19.10.2018 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen, sowie, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I. 1. bezeichneten, seit dem 20.10.2018 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
  101. III. – wie erkannt –
  102. IV. – wie erkannt –
  103. V. (ursprünglich als Klageantrag zu VI.) die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin EUR 5.759,01 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit als Gesamtschuldner zu zahlen.
  104. Weiterhin beantragt die Klägerin für die vorläufige Vollstreckbarkeit Teilsicherheiten festzusetzen.
  105. Die Beklagten beantragen,
  106. die Klage abzuweisen,
  107. sowie hilfsweise
  108. gem. § 148 ZPO die Verhandlung bis zur Entscheidung des Bundespatentgerichts im Nichtigkeitsverfahren gegen das Klagepatent (Az. des Bundespatentgerichts: 8 Ni 62/23) auszusetzen.
  109. Sie meinen, die geltend gemachten Ansprüche stünden der Klägerin nicht zu.
  110. Hinsichtlich des mit Klageantrag zu Ziff. II. geltend gemachten Entschädigungsanspruchs gem. § 33 PatG erheben die Beklagten die Einrede der Verjährung, soweit dieser Anspruch nicht bereits verwirkt sei.
  111. Die angegriffenen Ausführungsformen verwirklichten bereits nicht die Lehre des Klagepatents.
  112. Das Merkmal, wonach die Nut jeweils einen ersten ansteigenden Bereich (12.1,12.2) und einen im Wesentlichen flach verlaufenden daran anschließenden, zweiten Bereich (13.1,13.2) mit der Tiefe (TP) aufweist, werde durch die angegriffenen Ausführungsformen nicht verwirklicht.
  113. Klagepatentgemäß müsse sich demnach dem beschriebenen Bereich nach einem Anstieg ein zweiter flach verlaufender Bereich anschließen, d.h. es müsse sich dort ein Hochplateau befinden. Die Profilierung müsse also von links nach rechts entweder erst ansteigend, dann flach oder erst flach, dann abfallend sein. Etwas anderes entspreche nicht dem Anspruchswortlaut. Gezeichnet müsse dies wie folgt aussehen:
  114. Der Umstand des „Anstiegs“ gebe dem Fachmann eine Betrachtungsrichtung vor, nämlich diejenige Richtung, in der die Kontur ansteige, also dicker werde, und der Hinweis „daran anschließend“ gebe vor, dass der flache Bereich dem Anstieg in derselben Richtung folgen solle. Der Formulierung sei nicht zu entnehmen, dass der flache Bereich am Fuße des Anstiegs liege. In Abs. [0009] des Klagepatents werde dies noch deutlicher klargestellt.
  115. Die Figur 1 des Klagepatents entspreche nicht dem Anspruchswortlaut, der dieses Merkmal betreffe. In der Figurenbeschreibung sei kein Hinweis zu finden, dass das dort gezeigte Ausführungsbeispiel im Sinne des vorgenannten Merkmals, welches dem ursprünglichen Unteranspruch 4 der erteilten Fassung entspreche, interpretiert werden müsse. Die Klägerin müsse sich daran festhalten lassen, dass sie den flachen Bereich der Profilierung an dem oberen Ende des ansteigenden Bereichs platziert habe.
  116. Die angegriffenen Ausführungsformen wiesen eine solche Profilierung nicht auf, da sie unstreitig kein Plateau aufwiesen. Der flach verlaufende, sich an den ansteigenden Bereich anschließende Bereich befinde sich nicht oberhalb, sondern unterhalb dieses ansteigenden Bereichs. Die Kontur des Pressfittings der Beklagten entspreche damit nicht dem Anspruchswortlaut des Klagepatents, sondern sehe aus wie die in der Figur 1 des Klagepatents gezeigten Profilierung, nämlich wie folgt:
  117. Entsprechend sei auch das Merkmal, wonach die Stützhülse zwei Dichtringe und zwei derartige Profilierungen zur Verpressung mit dem Rohr aufweist, nicht durch die angegriffenen Ausführungsformen verwirklicht, da es eben an „derartigen“ Profilierungen fehle.
  118. Es mangele den angegriffenen Ausführungsformen auch an dem Merkmal, wonach die Spitzen, in deren Nähe der zugeordnete Dichtring (9.1, 9.2) liegt, derart zur Verfügung gestellt werden, dass sich die Spitzen im Längsschnitt punktförmig in die Innenwandung des Rohres (50) eingraben können.
  119. Der Anspruch fordere ein punktförmiges Eindringen. Anhand der Figur 1 des Klagepatents sei zu sehen, dass das Verpressen nur über der Nut stattfinde. Dadurch werde Druck nur rechts von dem Dichtring ausgeübt. In dieser Situation dringe das Material nicht in die Nut des Dichtrings ein.
  120. Bei den angegriffenen Ausführungsformen sei ein Eingraben der Spitzen in das Rohrmaterial bei bestimmungsgemäßem Verpressen mit der vorgegebenen Presszange nicht gegeben. Die Spitzen berührten die Rohrwand allenfalls. Anhand der Bilder, welche die Klägerin in ihren Schriftsätzen vorgelegt habe, sei nicht zu erkennen, wie dort das Verpressen vorgenommen worden sei. Der Dichtring platze, wenn das Rohrmaterial zu stark in die Nut eindringe. Ein punktförmiges Eindringen der Spitze in die Rohrwandung könne bei den angegriffenen Ausführungsformen nicht erfolgen, da die Rohrwandung vor der Spitze gegen den ansteigenden Bereich der Nut und hinter der Spitze gegen den Dichtring verpresst werde.
  121. Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass es sich bei den von der Klägerin zur Verletzung des vorgenannten Merkmals eingeblendeten Schnitten eines Produkts um Produkte der Beklagten handele sowie, dass es sich dabei um Produkte handele, die eine Patentverletzung konstituierten. In einer Abbildung eines Schnittes sei kein Führungsring erkennbar, den jedoch das Produkt der Beklagten zu 1) unstreitig aufweise.
    Die von der Klägerin zur Verwirklichung des Merkmals angeführten Bilder im hiesigen Verfahren sowie im Einspruchsverfahren zeigten Widersprüche auf. Während in einem Schnitt der Dichtring sehr klein sei und Material in die Ringnut eintrete, zeige ein anderes Bild aus der Klageschrift, dass die Dichtringe die Nuten weitgehend füllten, also zwar flachgedrückt würden, aber nicht zur Seite wichen. Diesem Bild könne entnommen werden, dass die Dichtringe die Nuten füllten und die Rohrwandung nicht, oder allenfalls minimal, über die Spitzen gedrückt werde.
  122. Die Dichtringe der angegriffenen Ausführungsformen füllten die Nuten auf. Das Material des Rohres könne um die Spitzen herum kaum eindringen. Bewegt werde das Material nur in den Nuten der Profilierung. Auf den Dichtringen finde praktisch keine Verpressung statt, so dass dort auch kaum Material in die Ringnuten gelange. Es erfolge also ein sehr breites Abdrücken der Kontur in das Innere der Rohrwand, keinesfalls ein, in der Realität ohnehin abwegiges, punktförmiges Eindringen. Vor diesem Hintergrund könne nicht nachvollzogen werden, wie die Klägerin mit welcher Art von Pressfitting und unter Anwendung welcher Art von Druck das zuerst eingeblendete Bild erlangt haben könne.
  123. Schließlich weise zumindest die angegriffene Ausführungsform 2 keinen klagepatentgemäßen Führungsring oder Haltering auf.
  124. Der Haltering und der Führungsring dürften klagepatentgemäß nicht einteilig ausgestaltet, d.h. nicht zu einem Bauteil verschmolzen, sein.
  125. In der vorbekannten DE ‘XXB (vorgelegt als Anlage B 37) werde in der Figur 2a der einteilige Haltering (26) sowohl als Führungsring als auch als Haltering eingesetzt. Das Teil 26 halte zum einen die verpresst dargestellte Presshülse an der Stützhülse fest und werde zum anderen von dem Presswerkzeug 41 als Führungsring verwendet:
  126. Noch im Erteilungsverfahren des Klagepatents habe die Klägerin die Abgrenzung zur DE ‘XXB mit einem separat ausgebildeten Führungsring begründet, wozu die Beklagte auf die Eingabe der Klägerin vom 04.10.2017 im Erteilungsverfahren (Anlage B 38) verweist. Der Vortrag der Klägerin im Verletzungsverfahren stehe im krassen Gegensatz zu ihren Ausführungen im Erteilungsverfahren. Der kombinierte Halte- und Führungsring der DE ‘XXB erlaube offensichtlich eine Führung der Presszange. Es handele sich dabei durchaus um einen Führungsring im Sinne des Klagepatents. Die Pressbacken und deren Presskonturen seien ohnehin genormt. Jedenfalls seien in den Figuren des Klagepatents separate Halte- und Führungsringe dargestellt.
  127. Der Anspruch sei nicht verletzt, da bei der angegriffenen Ausführungsform 2 der Haltering- mit dem Führungsring zu einem Element verschmolzen sei, wie dies auch bereits vor dem Anmeldetag des Klagepatents aus dem Stand der Technik bekannt und üblich gewesen sei.
  128. Die Beklagten meinen zudem, sie hätten mit Zustimmung der Klägerin gehandelt. Diese habe durch ihr Verhalten gezeigt, dass sie einverstanden mit dem Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen gewesen sei. Die Klägerin habe die beiden Beklagten u.a. durch die Übermittlung von Zeichnungen und Informationen überhaupt erst in die Lage versetzt, derartige Pressfittings herstellen zu lassen, die unter das Klagepatent fallen. Die Klägerin habe stets durch konkludentes Handeln verdeutlicht, dass eine Benutzung des klagepatentgemäßen Fittings durch die Beklagten in ihrem Sinne sei.
  129. Die Beklagten behaupten, die Anmeldung des Klagepatents durch die Klägerin sei den Beklagten bis zu der Abmahnung vom 31.07.2018 nicht bekannt gewesen. Weder von der Anmeldung, noch von der am 09.07.2009 erfolgten Offenlegung sei im Rahmen der Gespräche anlässlich der Insolvenz der Klägerin im Jahr 2010 die Rede gewesen. Die Klägerin habe die Beklagten während der gesamten Zusammenarbeit nie über die Patentanmeldung oder etwaige Bedenken bezüglich des Produktes der Beklagten und der Vereinbarkeit mit ihrer Patentanmeldung informiert. Selbst eine Kenntnis der Patentanmeldung des Herrn D hätte nicht automatisch zur Kenntnis der Beklagten geführt. Der klägerische Vortrag zu einem etwaigen Kaufangebot der Klagepatentanmeldung gegenüber dem Vater des Beklagten zu 2) sei unsubstantiiert.
  130. Die Klägerin habe die Beklagten vielmehr arglistig in Unkenntnis von der Anmeldung des Klagepatents gelassen. Die Beklagten meinen, aufgrund der engen Zusammenarbeit zwischen den Parteien habe keine Notwendigkeit für die Beklagten bestanden, die Schutzrechtslage des Klagepatents zu überprüfen.
  131. Im Rahmen der Wiederaufnahme ihres Geschäftsbetriebes, d.h. nach 2010, sei der Klägerin klar gewesen, dass das Pressfitting von der C GmbH weiterhin in derselben Form hergestellt und vertrieben worden sei, wie dies nach Kenntnis der Beklagten schon seit 2005/2006 unter der damaligen Einzelfirma der Klägerin erfolgt sei. Dabei sei von Anfang an auch klar gewesen, dass die Beklagte zu 1) neben der Fertigung für die C GmbH Pressfittings an eigene Kunden, darunter auch, aber nicht nur, Unternehmen von Herrn D (E und J), verkaufen würde. Die Klägerin sei einverstanden gewesen. Dies ergebe sich aus der als Anlage B 8 vorgelegten E-Mail von Herrn D vom 26.06.2013, u.a. an die Klägerin selbst. Diese habe zudem von dem Beklagten zu 2) mit einer E-Mail vom 03.07.2014 (Anlagenkonvolut B 24) die Kundenpreise der Beklagten zu 1), auch gegenüber Dritten, mitgeteilt bekommen, die sie als „sensationell“ bezeichnet habe. Auch die E-Mail des Beklagten zu 2) vom 08.07.2016 (Anlagenkonvolut B 29) belege, dass die Klägerin darüber informiert gewesen sei, dass die Fittings von der Beklagten zu 1) auch an anderen Unternehmen als die C GmbH verkauft worden seien.
  132. Die Beklagten behaupten, bis August 2018 sei die Zusammenarbeit zwischen der C GmbH und den Beklagten gut verlaufen. Erst die Abmahnung habe die Geschäftsbeziehung gestört. Sie behaupten zudem, die Klägerin habe dem Beklagten zu 2) auf einer China-Reise gesagt, dass eine Patentanmeldung nicht mehr in Frage komme, weil die Technik seit 25 Jahren bekannt sei.
  133. Ein etwaiger – nach Ansicht der Beklagten rechtsmissbräuchlicher – Widerruf der Klägerin durch die Abmahnung vom 31.07.2018 könne allenfalls für die Zeit nach der Abmahnung Rechtswirkung entfalten. Die Beklagte ist zudem der Ansicht, die Formulierung der Abmahnung „[…] bereit, Ihnen auch nach Veröffentlichung des Patents eine Nutzung […] auf Basis einer Lizenzanalogie zu gewähren“ impliziere, dass bereits vor Veröffentlichung des Klagepatents eine Nutzung gewährt worden sei.
  134. Es stelle sich als besonders krassen Rechtsmissbrauch dar, wenn die Klägerin über viele Jahre hinweg mit den Beklagten intensiv zusammengearbeitet habe und diese veranlasst habe, ihr Geschäftsfeld zu erweitern, ohne ihre dahingehende Patentanmeldung zu erwähnen, um nun patentrechtliche Ansprüche gegen sie geltend zu machen. Hätten die Beklagten Kenntnis von der Anmeldung des Klagepatents gehabt, hätten sie entweder auf einer förmlichen Zustimmung seitens der Klägerin bestanden oder die geschilderten Anstrengungen überhaupt nicht unternommen. Damit habe sie die Beklagten wohlwissend ins offene Messer laufen lassen. Der Beginn der streitigen Auseinandersetzung sei nicht der Einspruch, sondern die Abmahnung gewesen.
  135. Das Verletzungsverfahren sei erneut auszusetzen, da das Klagepatent in der nunmehr durch das BPatG mit Beschluss vom 11.05.2023 im Einspruchsverfahren beschränkt aufrechterhaltenen Fassung weiterhin nicht rechtsbeständig sei und infolge der Nichtigkeitsklage vollständig widerrufen werde.
  136. Nur aufgrund der im Einspruchsverfahren eingeführten speziellen Geometrie der Profilierung der Stützhülse habe das Klagepatent beschränkt aufrechterhalten werden können. Aufgrund der im Einspruchsverfahren vorgenommenen zahlreichen Einschränkungen des Klagepatents sei die Recherche umfangreichen weiteren Stands der Technik erforderlich gewesen. Das einzig zur Schutzfähigkeit verhelfende Merkmal werde in der JP 2007/330XXC A (nachfolgend: D1; Anlage B 51 und B 52 in deutscher Übersetzung) identisch abgedeckt. Der D1 sei bis auf einige Details die exakt gleiche Anordnung von flachen und ansteigenden Bereichen und Dichtringen zu entnehmen wie dem Klagepatent. Die D1 lasse sich mit dem nächstliegenden Stand der Technik zwanglos kombinieren. Es mangele dem Klagepatent aufgrund dessen an erfinderischer Tätigkeit. Im Nichtigkeitsverfahren habe die Beklagte zu 1) zudem u.a. unzulässige Erweiterung geltend gemacht, da die Spitzen, welche sich eingraben können, nicht ursprungsoffenbart seien.

    Für die Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die ausgetauschten Schriftsätze samt Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 23.01.2024 verwiesen.

  137. Entscheidungsgründe
  138. Die Klage ist zulässig und teilweise, nämlich hinsichtlich Benutzungshandlungen seit dem 01.08.2018, begründet.
  139. Die Beklagten verletzen das Klagepatent. Die angegriffenen Ausführungsformen 1 und 2 verwirklichen die Lehre des Klagepatents unmittelbar wortsinngemäß (hierzu unter II.). Die Einwendungen der Beklagten haben jedoch teilweise Erfolg (hierzu unter III.).
    Der Klägerin stehen gegen die Beklagten wegen des Herstellens und des Vertriebs der angegriffenen Ausführungsformen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung, Vernichtung, Rückruf sowie Feststellung der Schadensersatz- und Entschädigungspflicht gem. §§ 139, 140a, 140b PatG i. V. m. §§ 242, 259 BGB, § 33 PatG in dem tenorierten Umfang für Benutzungs- und Verletzungshandlungen seit dem 01.08.2018 zu. Ein Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten besteht hingegen nicht (hierzu unter IV.).
  140. Die Verhandlung war nicht gem. § 148 ZPO im Hinblick auf das Nichtigkeitsverfahren auszusetzen (hierzu unter V.).
  141. I.
    Die Kammer hat keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage.
  142. 1.
    Das Einführen der zweiten angegriffenen Ausführungsform im Laufe des Verfahrens stellt eine gem. § 263 ZPO zulässige Klageänderung dar. Nach dieser Norm ist nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet. Zwar ist die behauptete Verletzung durch eine weitere, abgewandelte Ausführungsformen als ein neuer Streitgegenstand und damit als Klageänderung anzusehen sein (vgl. OLG Düsseldorf Urt. v. 9.6.2022 – 15 U 50/21, GRUR-RS 2022, 14773 Rn. 53). Die auf einer Erweiterung um eine zweite angegriffene Ausführungsformen basierende Klageänderung war hier jedoch sachdienlich, da die hinzugefügte angegriffene Ausführungsform in ihren für die Verletzung relevanten Eigenschaften überwiegend baugleich mit der ursprünglichen angegriffenen Ausführungsform ist und damit einheitlich in einem Rechtsstreit über diese entschieden werden konnte.
  143. 2.
    Soweit die Klägerin ursprünglich gegen die erst am 17.10.2012 gegründete Beklagte zu 1) und den Beklagten zu 2) auch Ansprüche für Zeiträume vor dem Gründungsdatum (ab 09.08.2009) geltend gemacht hat, handelt es sich bei der Umstellung der Anträge auf spätere Daten um eine teilweise Klagerücknahme. Eine solche war gem. § 269 Abs. 1 ZPO vor der mündlichen Verhandlung der Beklagten ohne deren Zustimmung möglich.
  144. Ebenso wurde der Antrag auf endgültige Entfernung der klagepatentgemäßen Anschlusselemente für Leitungssysteme (ursprünglicher Klageantrag zu Ziff. V.) in zulässiger Weise noch vor Beginn der mündlichen Verhandlung der Beklagten zur Hauptsache gem. § 269 Abs. 1 ZPO zurückgenommen.
  145. 3.
    Soweit die Klägerin die Klage beschränkt hat, indem sie die Anträge nunmehr allein noch auf eine Verletzung des Klagepatents in der beschränkt aufrechterhaltenen Fassung, stützt, bestehen gegen die Zulässigkeit einer solchen Antragsänderung ebenfalls keine Bedenken. Eine solche Anpassung der Anträge auf eine zwischenzeitlich im Rechtsbestandsverfahren erfolgte beschränkte Aufrechterhaltung des Anspruchs stellt keine Klageänderung im Sinne von § 263 ZPO, sondern – sofern man darin überhaupt eine Antragsänderung und nicht nur eine Konkretisierung des Antrags erblicken will – allenfalls eine Beschränkung des Klageantrags nach § 264 Nr. 2 ZPO dar (OLG Düsseldorf Urt. v. 18.3.2021 – 2 U 18/19, GRUR-RS 2021, 6714 Rn. 38).
  146. II.
    Beide angegriffenen Ausführungsformen machen von der Lehre des Anspruchs 1 des Klagepatents unmittelbar wortsinngemäß Gebrauch.
  147. 1.
    Das Klagepatent, dessen geänderter Patentschrift vom 26.10.2023 die nachfolgend ohne Quellenangaben zitierten Absätze entstammen, betrifft ein Anschlusselement für ein Leitungssystem, das mit mindestens einem Rohr des Leitungssystems koppelbar ist, wobei das Anschlusselement eine Stützhülse und eine Presshülse aufweist, Abs. [0001].
  148. a)
    Das Klagepatent schildert, dass Stützhülsen und Anschlusselemente für Leitungssysteme, die mit mindestens einem Rohr des Leitungssystems koppelbar sind, aus einer Vielzahl von Schriften bekannt sind, Abs. [0002]. Das Klagepatent verweist zum Hintergrund der Erfindung in Abs. [0003] ff. auf die EP 1 288 XXE A1, die EP 1 267 XXD A1 und die DE 20 2006 010 XXB U1 sowie in Abs. [0007], jedoch ohne weitere Erläuterung, auf die US 4,522,XXF A, die US 4,544,XXG A und die EP 1 174 XXH A2.
  149. Das Klagepatent erläutert in Abs. [0003], dass die EP 1 288 XXE A1 ein Anschlusselement zeigt, bei dem eine Stützhülse und eine Presshülse vorgesehen ist. Durch ein Verpressen, beispielsweise ein radiales Verpressen der äußeren Presshülse auf dem Rohrende wird eine Verklemmung hervorgerufen. Beispielsweise ist dies möglich unter Verwendung einer Presszange. Durch das Verpressen werden Haltekräfte aufgrund plastischer Verformung erzeugt.
  150. Weiterhin lehrt das Klagepatent in Abs. [0004], dass die vorbekannte EP 1 267 XXD A1 ebenfalls ein Anschlusselement für ein Leitungssystem mit einer Stützhülse und einer Presshülse zeigt. Um die Dichtheit eines derartigen Anschlusssystemes zu erhöhen, schlägt die EP 1 267 XXD A1 danach vor, das Eindringen von Schmutz mit einem Schutzelement in dem Bereich des Anschlusselementes zu verhindern, um durch derartige Schmutzpartikel hervorgerufene undichte Stellen im Bereich des Anschlusselementes zu vermeiden.
  151. Weiterhin benennt das Klagepatent in Abs. [0006] als vorbekanntes gattungsgemäßes Anschlusselement dasjenige der DE 20 2006 010 XXB U1. Dieses umfasst eine Stützhülse mit umlaufenden Nuten zur Aufnahme von Dichtringen und eine Profilierung. Ferner wird in der DE 20 2006 010 XXB U1 nach dem Klagepatent eine Presshülse offenbart sowie ein Haltering, der zwischen Presshülse und Stützhülse vorgesehen ist.
  152. b)
    Aus Sicht des Klagepatents ist es an der Ausführungsform gemäß der EP 1 288 XXE A1 nachteilig, dass das Rohr, das in das Anschlusselement eingebracht wird, direkt an der Stützhülse anliegt. Es kommt somit gem. Abs. [0003] zu einem Kontakt zwischen der Stützhülse und dem Rohr. Dies hat laut des Klagepatents den Nachteil, dass aufgrund des Kontaktes zwischen dem Metall im anzuschließenden Rohr und dem Metall der Stützhülse Kontaktkorrosion auftreten kann. Des Weiteren ist es bei derartigen Systemen erforderlich, einen Potentialausgleich vorzunehmen, Abs. [0003]. Gem. Abs. [0004] des Klagepatents liegt auch bei dem System der EP 1 267 XXD A1 in nachteiliger Weise das anzuschließende Rohr direkt an der Stützhülse an, so dass auch bei diesem System Kontaktkorrosion nicht verhindert werden kann und ebenfalls ein Potentialausgleich nötig ist.
  153. Zudem weisen die aus dem Stand der Technik, d.h. aus der EP 1 267 XXD A1 oder der EP 1 288 XXE A1, bekannten Stützhülsen aus Sicht der klagepatentgemäßen Lehre den Nachteil auf, dass die mit diesen Stützhülsen verpressten Rohre nicht über eine ausreichende Längskraftschlüssigkeit verfügen und die Rohre aus der Stützhülse herausgleiten. Andererseits verfügen Stützhülsen, die eine ausreichende Längskraftschlüssigkeit aufweisen, über keine ausreichende Dichtheit.
  154. Weiterhin hat sich hinsichtlich der Lehre der DE 20 2006 010 XXB U1 laut des Klagepatents gem. Abs. [0006] herausgestellt, dass Presswerkzeuge bei dieser Lösung nur unzureichend geführt werden können.
  155. c)
    Das Klagepatent beschreibt es ausgehend hiervon in Abs. [0008] als seine Aufgabe, die Nachteile des Standes der Technik zu überwinden.
  156. 2.
    Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent eine Vorrichtung in Form eines Anschlusselements für ein Leitungssystem gemäß seines Anspruchs 1 in der im Einspruchsverfahren aufrechterhaltenen Fassung vor. Dieser lässt sich anhand der folgenden Merkmalsgliederungen darstellen:
  157. 1. Anschlusselement (1) für ein Leitungssystem
  158. 1.1. Das Anschlusselement (1) ist mit mindestens einem Rohr (50) des Leitungssystems koppelbar.
  159. 1.2. Das Anschlusselement (1) weist eine Stützhülse (5) auf.
  160. 1.2.1. Die Stützhülse (5) umfasst mindestens eine umlaufende Nut (7.1,7.2) zur Aufnahme eines Dichtringes (9.1,9.2).
  161. 1.2.2. Die Stützhülse (5) umfasst eine Außenfläche mit einer Profilierung.
  162. 1.2.2.1. Die Profilierung weist eine Tiefe (TP) und eine Gesamtlänge (LG) auf.
  163. 1.2.2.2. Das Verhältnis von Gesamtlänge (LG) der Profilierung zur Tiefe (TP) der Profilierung liegt im Bereich 20 bis 2.
  164. 1.2.3. Auf der Außenseite der Stützhülse (5) ist ein Haltering (30) zwischen Presshülse (3) und Stützhülse (5) vorgesehen.
  165. 1.2.4. Die Stützhülse (5) weist zwei Dichtringe (9.1,9.2) und zwei derartige Profilierungen zur Verpressung mit dem Rohr (50) auf.
  166. 1.2.4.1. Jeder Profilierung ist einer der Dichtringe (9.1,9.2) zugeordnet.
  167. 1.2.4.2. Die Profilierungen sind jeweils in Form einer Nut ausgebildet.
  168. 1.2.4.3. Die Nut weist jeweils einen ersten ansteigenden Bereich (12.1,12.2) und einen im Wesentlichen flach verlaufenden daran anschließenden, zweiten Bereich (13.1,13.2) mit der Tiefe (TP) auf.
  169. 1.2.4.4. Der erste ansteigende Bereich (12.1,12.2) steigt jeweils in Richtung des zugeordneten Dichtrings (9.1,9.2) an.
  170. 1.2.4.5. Durch die ersten ansteigenden Bereiche werden mit einem dreieckförmigen Querschnitt im Längsschnitt dadurch, dass die ersten ansteigenden Bereiche (12.1,12.2) und jeweils eine radial verlaufende Flanke der zugeordneten Nut (7.1,7.2) einen spitzen Winkel ausbilden, Spitzen zur Verfügung gestellt.
  171. 1.2.4.6. Die Spitzen, in deren Nähe der zugeordnete Dichtring (9.1, 9.2) liegt, werden derart zur Verfügung gestellt, dass sich die Spitzen im Längsschnitt punktförmig in die Innenwandung des Rohres (50) eingraben können.
  172. 1.3. Das Anschlusselement (1) weist eine Presshülse (3) auf.
  173. 1.3.1. Die Presshülse (3) umschließt in montiertem Zustand zumindest teilweise die Stützhülse (5).
  174. 1.3.2. An der Außenseite der Presshülse (3) ist ein Führungsring (40) vorgesehen, der als Führungselement für Presswerkzeuge ausgebildet ist.
  175. 3.
    Vor dem Hintergrund des Streits der Parteien bedarf die Auslegung der Merkmale 1.2.4.3, 1.2.4.6 sowie von Teilen der Merkmale 1.2.3 und 1.3.2 der Erörterung. Alle anderen Merkmale des geltend gemachten Anspruchs sind zu Recht zwischen den Parteien unstreitig, so dass es weiterer Ausführungen hierzu nicht bedarf.
  176. Bei den angegriffenen Ausführungsformen 1 und 2 handelt es sich um ein Anschlusselement für Leitungssysteme nach Anspruch 1 des Klagepatents, da sie alle Merkmale des geltend gemachten Anspruchs verwirklichen.
  177. a)
    Das Merkmal 1.2.4.3, wonach die Nut jeweils einen ersten ansteigenden Bereich (12.1,12.2) und einen im Wesentlichen flach verlaufenden daran anschließenden, zweiten Bereich (13.1,13.2) mit der Tiefe (TP) aufweist, wird durch beide angegriffenen Ausführungsformen verwirklicht.
  178. aa)
    Das Merkmal 1.2.4.3 verlangt nicht, dass der im Wesentlichen flach verlaufende Bereich der Nut sich am oberen Ende des Anstiegs anschließen muss. Eine Auslegung, wonach der flach verlaufende Bereich am oberen Ende des ansteigenden Bereichs ein Hochplateau ausbilden müsste, hat keinen Einzug in den weiter gefassten Anspruch gefunden und widerspräche auch dem figürlich gezeigten, erfindungsgemäßen Ausführungsbeispiel. Klagepatent gemäß kann der flach verlaufende Bereich auch am unteren Ende des ansteigenden Bereichs liegen, solange diese Bereiche nebeneinander liegen, d. h. sich aneinander anschließen.
  179. (1)
    Der Wortlaut gibt lediglich vor, dass ein im Wesentlichen flach verlaufender zweiter Bereich sich an einen ersten ansteigenden Bereich anschließen soll („daran anschließenden“). Hinsichtlich der Zuordnung dieser beiden Bereiche zueinander gibt der Wortlaut lediglich ein Anschließen vor. Der Fachmann erkennt hieran, dass diese Bereiche nebeneinander liegen und der eine auf den anderen folgt. An welchem Ende bzw. an welcher Seite des ersten ansteigenden Bereichs der Anschluss des im Wesentlichen flachen Bereichs stattfinden soll, lässt der Wortlaut offen. Eine Festlegung der Reihenfolge ergibt sich auch nicht aus der Wortwahl „ansteigend“, etwa im Vergleich zu „absteigend“. Insbesondere ergibt sich aus dem Wortlaut kein einschränkendes Verständnis, wonach sich der flach verlaufende Teil am oberen Ende des ansteigenden Teils anschließen müsste. Der Fachmann erkennt, dass sich die Worte „daran anschließend“ nur auf die beiden Bereiche und nicht auf ein Ende oder einen Anfang einer Steigung beziehen.
  180. (2)
    Insbesondere zeigen die Figuren 1 und 2 gem. der Abs. [0017] ff. dem Fachmann ein erfindungsgemäßes Anschlusselement, in welchem die Profilierung der Stützhülse so ausgestaltet ist, dass der flache Bereich sich am unteren bzw. niedrigeren Ende der Steigung befindet. Es wird das Gegenteil eines Hochplateaus gezeigt.
  181. Beschreibungen und Zeichnungen, die dem Fachmann die Lehre des Patentanspruchs erläutern und veranschaulichen, sind nicht nur für die Bestimmung des Schutzbereichs (Art. 69 Abs. 1 EPÜ, § 14 PatG), sondern ebenso für die Auslegung des Patentanspruchs heranzuziehen, und zwar unabhängig davon, ob diese Auslegung die Grundlage der Verletzungsprüfung, der Prüfung des Gegenstandes des Patentanspruchs auf seine Patentfähigkeit oder der Prüfung eines anderen Nichtigkeitsgrundes ist (BGH, Urteil vom 17. Juli 2012 – X ZR 117/11, BGHZ 194, 107 Rn. 27 – Polymerschaum I; Urteil vom 12. Mai 2015 – X ZR 43/13, Rn. 15 – Rotorelemente). Dabei ist die Patentschrift in einem sinnvollen Zusammenhang zu lesen und der Patentanspruch im Zweifel so zu verstehen, dass sich keine Widersprüche zu den Ausführungen in der Beschreibung und den bildlichen Darstellungen in den Zeichnungen ergeben (BGH, Urteil vom 10. Mai 2011 – X ZR 16/09, BGHZ 189, 330 Rn. 24 – Okklusionsvorrichtung). Solche Widersprüche zu den Figuren würden sich jedoch nach der Auslegung der Beklagten ergeben.
  182. (3)
    Funktional ist gem. Abs. [0013] vorgesehen, dass die Stützhülse eine Kontur aufweist, um eine ausreichende Verklemmung und eine Längskraftschlüssigkeit sowie Dichtheit des Anschlusselementes (nach Verpressung der Presshülse auf die Stützhülse mit einem Presswerkzeug, vgl. Abs. [0020]) zu gewährleisten. Die in Merkmal 1.2.4.3 beschriebene Kontur hat gem. Abs. [0009] den Vorteil, dass sich ein mit dieser Kontur verpresstes Rohr an die Stützhülse oder das Fitting in perfekter Weise in dem flach auslaufenden, zweiten Bereich anschmiegen kann. Auf diese Art und Weise soll eine hohe und zuverlässige Dichtheit erreicht werden. Auf der anderen Seite werden gem. Abs. [0009] durch die ersten ansteigenden Bereiche im Längsschnitt Spitzen zur Verfügung gestellt, die sich in das Rohr eingraben können. Hierdurch soll eine erforderliche Längskraftschlüssigkeit bereitgestellt werden.
  183. Diese Funktion lässt sich für den Fachmann auch aus einem Zusammenhang mit den Merkmalen 1.2.4.4., 1.2.4.5 und 1.2.4.6 lesen. Danach steigt der erste ansteigende Bereich (12.1,12.2) jeweils in Richtung des zugeordneten Dichtrings (9.1,9.2) an (Merkmal 1.2.4.4). Durch die ersten ansteigenden Bereiche (12.1,12.2) werden […] dadurch, dass diese und jeweils eine radial verlaufende Flanke der zugeordneten Nut (7.1,7.2) einen spitzen Winkel ausbilden, Spitzen zur Verfügung gestellt, die sich dann im Längsschnitt punktförmig in die Innenwandung des Rohres (50) eingraben können (Merkmale 1.2.4.5 und 1.2.4.6). Solche klagepatentgemäßen und funktional sinnvollen Spitzen würden sich nach der Auslegung der Beklagten jedoch nicht ergeben.
  184. Damit gibt es auch in funktionaler Hinsicht gerade keine Gründe für eine einschränkende Auslegung, wonach der Bereich zunächst ansteigen und sich nach dem Anstieg ein flach verlaufender Bereich als Hochplateau anschließen müsste. Die funktionale Auslegung spricht vielmehr gegen die einschränkende Auslegung der Beklagten.
  185. bb)
    Demnach erfüllen beide angegriffenen Ausführungsformen das Merkmal 1.2.4.3. Die Ausgestaltung der Profilierung der Nuten der Stützhülse der angegriffenen Ausführungsformen entspricht unstreitig der des erfindungsgemäßen Ausführungsbeispiels aus Figur 1 des Klagepatents. Der flach verlaufende Bereich der angegriffenen Ausführungsformen schließt sich unmittelbar an den ansteigenden Bereich an. Insbesondere führt nicht aus der Verletzung hinaus, dass der flache Bereich unterhalb bzw. am niedrigeren Ende des ansteigenden Bereichs liegt.
  186. b)
    Die angegriffenen Ausführungsformen verwirklichen folglich auch das Merkmal 1.2.4, wonach die Stützhülse zwei Dichtringe und zwei derartige Profilierungen zur Verpressung mit dem Rohr aufweist. In Abrede gestellt war von den Beklagten insoweit nur, dass die Stützhülse eine „derartige“ Profilierung aufweist. Wie aufgezeigt, weisen die angegriffenen Ausführungsformen Profilierungen auf, die von der Lehre des Klagepatents nach den auf das Merkmal 1.2.4. folgenden Merkmalen erfasst sind, d.h. welche „derartig“ sind und durch welche die Verpressung mit dem Rohr erfindungsgemäß stattfinden kann.
  187. c)
    Das Merkmal, wonach die Spitzen, in deren Nähe der zugeordnete Dichtring (9.1, 9.2) liegt, derart zur Verfügung gestellt werden, dass sich die Spitzen im Längsschnitt punktförmig in die Innenwandung des Rohres (50) eingraben können, wird durch beide angegriffenen Ausführungsformen verwirklicht. Insbesondere graben sich die Spitzen anspruchsgemäß ein.
  188. aa)
    Der Anspruch erfordert, dass sich die Spitzen nach bzw. bei dem Verpressen jedenfalls geringfügig in die Rohrinnenwandung eingraben können, um ein Verklemmen im Sinne einer hinreichenden Längskraftschlüssigkeit zu erzeugen. Der Anspruch schützt insoweit den noch nicht verpressten Zustand des Anschlusselements. Eine Mindesttiefe des Eingrabens gibt der Anspruch nicht vor. Er fordert ebenso wenig, dass dabei Rohrmaterial in die Nut eindringt oder sich um den in der Nut befindlichen Dichtring herum schiebt.
  189. (1)
    Der Wortlaut fordert, dass Spitzen derart zur Verfügung gestellt werden, dass sie in der Lage sind, sich punktförmig in die Innenwand des Rohres eingraben zu können. Hierunter versteht der Fachmann die bereitgestellte Möglichkeit eines irgendwie gearteten Eindringens oder Hineinragens der Spitzen in das Material der Rohrinnenwand. Aus der Formulierung „eingraben können“ des streitgegenständlichen Vorrichtungsanspruchs erkennt der Fachmann, dass die Möglichkeit des Eingrabens der Spitzen genügt. Insbesondere wird durch den Anspruch nicht der bereits verpresste Zustand geschützt, was im Übrigen auch mit den Figuren des Klagepatents, welche jeweils einen Zustand noch vor Verpressung zeigen, im Einklang steht.
  190. Wie auch das BPatG in seinem Beschluss vom 11.05.2023 ausführt (Anlage B 49, dort Seite 16), bezieht sich der Anspruchswortlaut „punktförmig“ auf den Zustand vor der Verpressung. Denn der Fachmann versteht, dass die Spitzen während des Verpressens verformt und zusammengedrückt werden, so dass sie nach erfolgtem Verpressen regelmäßig nicht mehr punktförmig sind.
  191. Der Anspruch macht zudem keine Angabe dazu, wie tief das Eingraben sein können muss, so dass bereits ein minimales Hineinragen oder Eingreifen der Spitze in die Innenwandung nach dem Wortlaut genügt. Insbesondere macht der Wortlaut keinerlei Vorgaben dazu, dass sich das Rohrmaterial dabei überhaupt in die Nut bzw. in eine etwaige Lücke in der Nut neben dem Dichtring einschieben müsste.
  192. (2)
    Die Spitzen und deren Eingraben in die Rohrinnenwandung haben die Funktion, die Längskraftschlüssigkeit zu fördern, um zu verhindern, dass das Rohr wieder herausgleiten kann. Dies kann der Fachmann aus Abs. [0009] und [0014] in Verbindung mit dem vom Klagepatent beschriebenen Nachteil mangelhafter Längskraftschlüssigkeit im bekannten Stand der Technik folgern. Gem. Abs. [0009] werden durch die ersten ansteigenden Bereiche im Längsschnitt Spitzen zur Verfügung gestellt, die sich in das Rohr eingraben können, wodurch die erforderliche Längskraftschlüssigkeit dargestellt wird. Der Abs. [0014] lehrt ebenso, dass beim Verpressen die Profilierung in Form der dreieckförmigen Nuten punktförmig in die Innenwandung des mit dem Anschlusselement zu befestigenden Rohres eingreift und so die Längskraftschlüssigkeit sichert. Merkmal 1.2.4.6 fordert daher funktional, dass das Eingraben der Spitzen ein Verklemmen des Rohres fördern kann, so dass es sich nicht mehr verschieben oder herausrutschen kann. Hierzu genügt bereits, dass die Spitzen in der Lage sind, sich minimal in die Rohrinnenwand einzugraben, wenn dies zu dem gewünschten Festhalten führt.
  193. Auch funktional fordert das Merkmal daher nicht zwingend, dass das Rohrmaterial an den Spitzen vorbei in die Nuten (9.1, 9.2) eindringt, insbesondere nicht, dass es die Nuten – soweit nicht bereits vollständig durch den Dichtring geschehen – ausfüllt. Es mag funktional vorteilhaft für den Effekt der Längskraftschlüssigkeit und einen (noch) besseren Halt sein, wenn Rohrmaterial nicht nur durch das Eingraben der Spitzen leicht punktiert wird, sondern dieses sich auch (etwa durch Druck) in die Nut schiebt. Erforderlich ist dies klagepatentgemäß jedoch nicht.
  194. (3)
    Weiterhin wird weder in dem Anspruch, noch in der Beschreibung das Größenverhältnis von Spitzen und Dichtring vorgegeben. Insbesondere wird nicht vorgegeben, dass oder wie weit der Dichtring die Nut auszufüllen hat. Die Nut (7.1., 7.2) soll den Dichtring (9.1, 9.2) gemäß dem Anspruch (Merkmal 1.2.1) lediglich aufnehmen („zur Aufnahme eines Dichtrings“). Dies besagt jedoch nicht, ob der Dichtring die Nut auch komplett ausfüllen muss.
  195. Ausweislich Abs. [0019] a.E. der Beschreibung eines von der Erfindung umfassten Ausführungsbeispiels soll das Rohr im verpressten Zustand an den Dichtringen und erfindungsgemäß „teilweise an den Zacken des dreieckförmigen, ersten Bereiches 12.1, 12.2, die eine Längskraftschlüssigkeit gewährleisten“, anliegen. Mithin erkennt der Fachmann auch aus der Beschreibung, dass ein teilweises Anliegen an den „Zacken“ jedenfalls ausreichend für die Längskraftschlüssigkeit ist und damit auch ein vollständiges Eingraben der Spitzen, bei dem Rohrmaterial in die Nut eindringen würde, nicht erforderlich ist.
  196. Den Figuren ist hinsichtlich des Merkmals 1.2.4.6 mit Blick auf das Eingraben der Spitzen keine darüber hinausgehende Vorgabe zu entnehmen, da keine der Figuren den bereits verpressten Zustand des Anschlusselements zeigt.
  197. (4)
    Der Vortrag der Beklagten, wonach in Bezug auf das Merkmal 1.2.4.6 eine unzulässige Erweiterung und unzureichende Offenbarung gegeben sei, ist im Rahmen der Auslegung und Verletzungsdiskussion unbeachtlich.
  198. bb)
    Nach dieser Auslegung erfüllen die angegriffenen Ausführungsformen das Merkmal 1.2.4.6. Die Beklagten vermochten dies nicht zu widerlegen. In dem von der Klägerin vorgelegten Bild eines Schnitts einer bereits verpressten angegriffenen Ausführungsform ist hinreichend und eindeutig erkennbar, dass sich die mit dem roten Kreis umrahmte Spitze in die Innenwand eingräbt, in dem sich auf beiden Seiten Rohrmaterial befindet und die Spitze dort zum verbesserten Halt führt:
  199. Selbst wenn bei den angegriffenen Ausführungsformen nicht, wie in dem Bild abgebildet, das Rohrmaterial neben dem Dichtring in die Nut eindringen würde und das Eingraben der Spitze demnach bei den angegriffenen Ausführungsformen geringfügiger wäre, wäre das Merkmal 1.2.4.6 dennoch verwirklicht. Wie aufgezeigt, genügt die Möglichkeit eines geringfügigen Eindrückens der Rohrwand über die Spitzen. Da ein Vorrichtungsanspruch geschützt ist, nach welchem die Spitzen lediglich so zur Verfügung gestellt werden müssen, dass sie sich eingraben können, führt es ohnehin nicht aus der Verletzung hinaus, soweit es Varianten der angegriffenen Ausführungsformen gibt, in denen sich die Spitzen je nach eingesetztem Druck beim Verpressen tatsächlich nicht in die Rohrwand eingraben. Die Kammer hat keine Zweifel daran, dass sie dennoch dazu in der Lage wären. Das Fehlen einer hinreichenden Längskraftschlüssigkeit nach dem Verpressen der angegriffenen Ausführungsformen behaupten auch die Beklagten nicht.
  200. Die Beklagten sind dem substantiierten Vortrag der Klägerin insoweit nicht erheblich entgegengetreten. Weder behaupten die Beklagten ausdrücklich, dass die angegriffenen Ausführungsformen in ihren Spitzen umfassenden Profilierungen der Presshülsen überhaupt von den in Figuren 1 und 2 des Klagepatents gezeigten Profilierungen bzw. Nuten abweichen würden, noch zeigen sie auf, inwiefern bei den angegriffenen Ausführungsformen hinsichtlich des Merkmals 1.2.4.6 ein Unterschied zu dem in Figur 1 klagepatentgemäß gezeigten Aufbau von Press- und Stützhülse vor Verpressung bestehen würde.
  201. Sie können sich hinsichtlich der von der Klägerin zur Substantiierung der Verwirklichung vorgelegten Bilder nicht gem. § 138 Abs. 4 ZPO mit Nichtwissen erklären. Zwar waren die Beklagten bei der Entstehung der Bilder bzw. der abgebildeten Schnitte nicht dabei, jedoch sind den Beklagten ihre Produkte hinreichend bekannt, um konkret vorzutragen, wie diese unter welchem Druck reagieren würden. Die Beklagten wären jedenfalls in der Lage, vorzutragen, ob es sich bei dem abgebildeten Produkt – unabhängig von den angewendeten Druckbedingungen – um ihr Produkt handeln kann oder nicht. Der Umstand, dass in der Schnitt-Abbildung der Klägerin kein Führungsring zu sehen ist, führt nicht bereits zu einem Widerspruch, da dieser sich schlicht neben dem ausgewählten, abgebildeten Ausschnitt befinden kann. Die Kammer hat auch keine Bedenken, dass es sich bei den von der Klägerin im Laufe des Verfahrens vorgelegten, in sich einheitlichen Abbildungen um Schnitte von verpressten angegriffenen Ausführungsformen der Beklagten handelt. Insbesondere vermag die Kammer Widersprüche in den von der Klägerin aus verschiedenen Perspektiven vorgelegten Bildern nicht zu erkennen, zumal die Beklagten an den Bildern hauptsächlich die abweichende Größe der Dichtringe sowie die Menge des herein drückenden Rohrwandmaterials rügen und die angegriffenen Ausführungsformen nach dem unbestrittenen Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung tatsächlich in Varianten mit verschieden dicken Dichtringen existieren.
  202. Auch war eine in der mündlichen Verhandlung zur Ansicht angebotene Videoanimation, welche zeigen sollte, wie sich das Material bei bestimmungsgemäßer Verpressung verhalten würde, nicht geeignet, die von der Klägerin substantiiert dargelegte Verwirklichung von Merkmal 1.2.4.6 zu widerlegen. Eine bloße Animation ist bereits nicht geeignet, das Bestreiten der Beklagten zu substantiieren. Demgegenüber wäre es ihr möglich und zumutbar gewesen, im Laufe des Verfahrens – tatsächliche, nicht bloß animierte – Schnitte einer angegriffenen Ausführungsform nach dem Verpressen zu erzeugen und der Kammer vorzulegen.
  203. d)
    Die angegriffene Ausführungsform 2 weist einen erfindungsgemäßen Haltering sowie Führungsring auf und verwirklicht damit die Merkmale 1.2.3 und 1.3.2, wonach auf der Außenseite der Stützhülse (5) ein Haltering (30) zwischen Presshülse (3) und Stützhülse (5) vorgesehen ist (MM 1.2.3) sowie an der Außenseite der Presshülse (3) ein Führungsring (40) vorgesehen ist, der als Führungselement für Presswerkzeuge ausgebildet ist (MM 1.3.2).
  204. Dass die angegriffene Ausführungsform 1 von den Merkmalen 1.2.3 und 1.3.2 Gebrauch macht bzw. einen jeweils erfindungsgemäßen Halte- und Führungsring aufweist, ist zwischen den Parteien unstreitig.
  205. aa)
    In einer Linie mit dem BPatG in seinem Beschluss vom 11.05.2023 (Anlage B 49, dort Seite 11) ist die Kammer der Auffassung, dass der Anspruch nicht beschränkt ist auf zweistückig, d.h. getrennt voneinander, ausgestaltete Halte- und Führungsringe. Eine räumliche Trennung ist nicht erforderlich. Ein klagepatentgemäßer Führungsring muss die Funktion des zuverlässigen Führens eines Presswerkzeugs erfüllen können, während der Haltering einen Anschlag für das einzuschiebende Rohr und eine Potentialsperre zur Verfügung stellen soll. Mehr wird von dem Anspruch nicht gefordert.
  206. (1)
    Der Wortlaut macht keine Vorgaben zur räumlich-körperlichen Ausgestaltungen des Halte- und Führungsrings, insbesondere nicht dazu, ob es sich um zwei getrennte Bauteile handeln müsste. Erforderlich ist nach dem Anspruch lediglich, dass sich der Haltering auf der Außenseite der Stützhülse sowie zwischen der Presshülse und der Stützhülse befindet (Merkmal 1.2.3) sowie, dass sich der Führungsring auf der Außenseite der Presshülse befindet (Merkmal 1.3.2). Eine räumliche Trennung fordert der Wortlaut nicht. Weiterhin muss der Führungsring nach dem Anspruchswortlaut so ausgestaltet sein, dass er ein Führungselement für Presswerkzeuge sein kann. Eine von dem Haltering zwingend getrennte Ausgestaltung gibt dies jedoch nicht vor. Auch aus dem Umstand, dass die beiden Ringe in unterschiedlichen Merkmalen näher beschrieben werden, lässt sich keine zwingende zweistückige Ausgestaltung entnehmen.
  207. (2)
    Funktional soll der Haltering gleichzeitig Anschlagring für das aufzunehmende Rohr sein, Abs. [0010], [0019]. Des Weiteren dient der er gem. Abs. [0011] als eine Potentialsperre. Durch das Einbringen des Halteringes kann eine Kontaktkorrosion, die zwischen Metallkern und Presshülse und/oder Stützhülse auftreten könnte, verhindert werden, Abs. [0011]. Ein Kontakt des Rohrendes mit Metallkern zur Presshülse und/oder Stützhülse wird durch den Haltering vermieden, Abs. [0012]. Demgegenüber kommt dem Führungsring entsprechend seiner Bezeichnung eine Führungsfunktion zu. Gem. Abs. [0013] ist der Führungsring erfindungsgemäß als Führungselement für ein Presswerkzeug ausgebildet, das dazu dient, die Presshülse auf die Stützhülse aufzupressen und so eine Verklemmung des Rohres im Anschlusselement zu erreichen, Abs. [0013], [0023]. Der Fachmann erkennt, dass eine Erfüllung dieser Funktionen sowohl durch eine separate zweistückige, als auch durch eine einstückige Ausgestaltung möglich ist.
  208. (3)
    Auch aus einem Vergleich mit dem in Abs. [0006] zitierten Stand der Technik ergibt sich nicht das Erfordernis einer zweistückigen Ausgestaltung. Der Fachmann entnimmt dem Abs. [0006], dass die Lehre des Klagepatents gegenüber der DE ‘XXB zwar eine verbesserte Führung von Presswerkzeugen vorsieht, die jedoch nicht zwingend durch eine zweistückige Ausgestaltung erreicht werden muss. Zu einer etwaigen Ein- oder Zweiteiligkeit macht Abs. [0006] keine Angaben. Das mit der Ziffer 26 bezeichnete Bauteil nennt die DE ‘XXB zudem „Kunststoff-Haltering“. Es ist nicht zwingend zu folgern, dass dieser zugleich auch ein Führungsring sein soll.

    Im Übrigen kann die Erteilungsakte zur Auslegung nicht herangezogen werden, da sie in § 14 PatG / Art. 69 EPÜ nicht genannt wird. Äußerungen des Anmelders oder des Prüfers im Erteilungsverfahren können grundsätzlich jeweils nur als Indizien herangezogen werden. Sie können hingegen nicht ohne weiteres als alleinige Grundlage für die Auslegung herangezogen werden, sondern nur als zusätzliche Bestätigung für seine auf andere Gesichtspunkte gestützte Auslegung verwendet werden (vgl. BGH, Urteil vom 14.06.2016 – X ZR 29/15, Rn. 40 – Pemetrexed).

  209. (4)
    Die Figuren zeigen zwar eine getrennte Ausgestaltung von Haltering und Führungsring. Dabei handelt es sich jedoch lediglich um ein Ausführungsbeispiel, welches den weiter gefassten Anspruch nicht einschränken kann. Zudem ist für den Fachmann aufgrund der räumlichen Nähe von Halte- und Führungsring, die sich aus Figuren 1 und 2 ergibt, jedenfalls eine einstückige Ausgestaltung denkbar.
  210. bb)
    Nach dieser Auslegung verwirklicht auch die angegriffene Ausführungsform 2 die Merkmale 1.2.3 und 1.3.2, da auch sie einen erfindungsgemäßen Halte- und Führungsring aufweist. Dass dieser einstückig ausgestaltet ist, führt nicht aus der Verletzung hinaus, da er dennoch sowohl die Funktion des Führens sowie des Haltens und Anschlag-Gebens erfüllt und sich an den klagepatentgemäß vorgesehenen Stellen von Stütz- und Presshülse befindet. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass es durch die einstückige Ausgestaltung in der angegriffenen Ausführungsform 2 zu Einbußen der Halte- und / oder der Führungsfunktion komme.
  211. e)
    Die Verwirklichung der übrigen Merkmale des geltend gemachten Anspruchs durch die angegriffenen Ausführungsformen steht zwischen den Parteien zu Recht nicht in Streit, so dass weitere Ausführungen entbehrlich sind.
  212. III.
    Die Einwendungen der Beklagten hinsichtlich eines Benutzungsrechts zu ihren Gunsten haben teilweise – nur für Benutzungshandlungen bis zum Erhalt der Abmahnung vom 31.07.2018, d.h. bis einschließlich zum 31.07.2018 – Erfolg. In eine Benutzung der klagepatentgemäßen Lehre durch die Beklagten hat die Klägerin bis zum Zeitpunkt der Abmahnung einseitig eingewilligt. Mit der Abmahnung vom 31.07.2018 hat die Klägerin ihre Zustimmung jedoch zulässigerweise für künftige Benutzungshandlungen widerrufen.
  213. Zwar ist die Nutzung einer Erfindung bis zur Veröffentlichung des Hinweises auf die Patenterteilung (hier: 20.09.2018) grundsätzlich nicht rechtswidrig und kann vom Inhaber der Patentanmeldung auch nicht untersagt werden. Jedoch besteht gem. § 33 PatG ein Anspruch auf Entschädigung bereits vor Patenterteilung ab Veröffentlichung der Anmeldung (hier: 09.07.2009). Auf ein Wissen oder Wissenmüssen der Beklagten i.S.d. § 33 Abs. 1 PatG kam es vorliegend aber nicht an, weil die Klägerin jedenfalls in die Benutzung ihrer zum Patent angemeldeten Erfindung durch die Beklagten eingewilligt hat, wobei diese Einwilligung nicht nur auf den Vertrieb durch die C GmbH beschränkt war.
  214. 1.
    Es kann auf Grundlage des vorgetragenen Sach- und Streitstands nicht festgestellt werden, dass ein Lizenzvertrag über die Nutzung des Klagepatents bzw. der Erfindung zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) bestanden hat – weder ausdrücklich, noch konkludent. Zwar ist auch eine lediglich zum Patent angemeldete Erfindung lizenzierbar, jedoch tragen die Beklagten bereits nicht vor, wann es zu einer für einen Vertragsschluss erforderlichen konkreten Vereinbarung im Sinne von Angebot und Annahme gekommen sein soll.
  215. 2.
    Die Klägerin hat jedoch durch ihr Verhalten einseitig in die Benutzung ihrer erfindungsgemäßen Lehre insbesondere hinsichtlich des Entschädigungsanspruchs gem. § 33 PatG eingewilligt. Diese Einwilligung hat sie jedoch mit dem Abmahnschreiben vom 31.07.2018 widerrufen. Dieser Widerruf war auch nicht rechtsmissbräuchlich.
  216. a)
    Ein rechtswidriger Eingriff in das Klagepatent ist auch dann ausgeschlossen, wenn der Berechtigte zwar kein dingliches oder schuldrechtliches Benutzungsrecht eingeräumt, sondern lediglich einseitig in die rechtsverletzende Handlung eingewilligt hat. Es bedarf dabei keiner auf den Eintritt der besagten Rechtfertigungsfolge gerichteten rechtsgeschäftlichen Willenserklärung. Erforderlich ist nur, dass dem gesamten Verhalten des Berechtigten oder den sonstigen Umständen bei objektiver Würdigung entnommen werden kann, dass die Benutzung der patentgemäßen Lehre erlaubt wird (Kühnen, Hbd. der Patentverletzung, 16. Aufl. 2024, Kap. E Rn. 255; BGH, GRUR 2010, 628 – Vorschaubilder (zum Urheberrecht)). Allein der Umstand, dass der Berechtigte seine Ansprüche über längere Zeit nicht verfolgt hat, reicht im Allgemeinen jedoch nicht aus, weil dieses Verhalten auch aus reiner Nachlässigkeit erklärbar sein kann (Kühnen, Hbd. der Patentverletzung, 16. Aufl. 2024, Kap. E Rn. 255).
  217. Bei objektiver Würdigung durften die Beklagten hier darauf vertrauen, die erfindungsgemäße und bereits zum Patent angemeldete Lehre – unabhängig von einer Kenntnis der Anmeldung des Klagepatents – nutzen zu dürfen, ohne sich später Entschädigungsansprüchen der Klägerin ausgesetzt zu sehen. Nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten bestand über Jahre hinweg eine intensive Zusammenarbeit zwischen der C GmbH und den Beklagten, in deren Rahmen vereinbart wurde, dass die Beklagte zu 1) die angegriffene Ausführungsform 1 sowie andere von der Lehre des Klagepatents Gebrauch machende Produkte fertigt und an die C GmbH lieferte. Die Klägerin räumt selbst ein, dass sie ein Interesse am wirtschaftlichen Erfolg der C GmbH hatte, weil sie als Handelsvertreterin für dieses Unternehmen tätig war. Sie war zudem federführend für die C GmbH tätig und ihr waren die Tätigkeiten der Beklagten bekannt. Sie bestreitet insbesondere nicht, dass sie wusste, dass die Beklagten die Lehre des Klagepatents benutzen. Ihre Absprache mit den Beklagten setzte gerade voraus, dass die C GmbH den Vertrieb der Pressfittings organisierte, welche die Beklagte zu 1) vorher herstellen sollte. Da die Klägerin unstreitig in die Zusammenarbeit zwischen der C GmbH und den Beklagten federführend eingebunden war, ist von ihrer Einwilligung in die Benutzung ihres Klagepatents auszugehen. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang insbesondere, dass die Klägerin der Beklagten zu 1) unstreitig diverse Konstruktionszeichnungen überließ, die der Beklagten zu 1) erst die Herstellung und den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen ermöglichte. Dies belegen die Beklagten nachvollziehbar mit verschiedenen E-Mails.
  218. Zwar behauptet die Klägerin, die Übermittlung der Konstruktionszeichnungen sei nur zu Zwecken einer normalen Beziehung von Zulieferer bzw. Hersteller und einem Besteller erfolgt. Jedoch trägt sie schon nicht vor, dies auch geäußert zu haben. Denn bei objektiver Würdigung der Gesamtumstände der Zusammenarbeit geht diese hier deutlich über eine „gewöhnliche“ Beziehung zwischen Hersteller und Besteller hinaus. Nach dem unstreitigen Vortrag sind die Parteien vielmehr arbeitsteilig und partnerschaftlich vorgegangen, wobei beide Seiten von dem Beitrag des jeweils anderen profitiert haben und der Anteil der Klägerin eben u.a. in dem Einbringen der klagepatentgemäßen Technologie lag. Unstreitig verfügten die Beklagten über die Kontakte, welche zu einer kostengünstigeren und damit wettbewerbsfähigeren Produktion führten, von welcher auch die Klägerin profitierte. Unstreitig waren beide Parteien gemeinschaftlich an der Weiterentwicklung des Produktsortiments beteiligt. In diesem Zusammenhang war nicht erforderlich, dass die Beklagten auch an einer etwaigen Weiterentwicklung der Technologie beteiligt gewesen wären.
  219. Vor dem Hintergrund der intensiven und langen Zusammenarbeit der Parteien hätte es einer ausdrücklichen Erläuterung bedurft, wenn die Beklagten aus der Übermittlung der Konstruktionszeichnungen bei objektiver Würdigung nicht auf die Einwilligung in die Nutzung der patentgemäßen Lehre hätten schließen sollen. Soweit die Klägerin einwendet, es habe etwa in dem E-Mail-Verkehr bzw. in der Kommunikation zwischen den Parteien kein auf die Einräumung einer Duldung bezogenes juristisches Momentum gegeben, war ein solches auch nicht erforderlich. Für die Einwilligung, welche die Rechtswidrigkeit der Benutzungshandlung ausschließt, bedurfte es gerade keiner bewussten, auf eine bestimmte Rechtsfolge gerichteten Willenserklärung.
  220. b)
    Die nach objektiver Würdigung vorliegende Einwilligung der Klägerin bis zum 31.07.2018 war auch nicht auf Lieferungen an die C GmbH beschränkt, sondern galt auch hinsichtlich der Lieferung an Dritte.
  221. Die insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten haben dargetan, dass die Klägerin Kenntnis von der Lieferung an Dritte hatte und hat entsprechende E-Mails vorgelegt, aus denen sich ergibt, dass die Klägerin über den Verkauf der angegriffenen Ausführungsform 1 an Dritte im Bilde war und diesen gebilligt hat. Zu nennen sind hierbei etwa die E-Mail vom 26.06.2013 (Anlagenkonvolut B 8), die E-Mail vom 03.07.2014 (Anlagenkonvolut B 24) oder die E-Mail vom 08.07.2016 (Anlagenkonvolut B 29). Die E-Mail vom 26.06.2013 von dem Beklagten zu 2) u.a. an die Klägerin enthält eine Aufstellung von Rahmenbedingungen, aus der hervorgeht, dass auch die Drittfirmen E und J alle aus der Zusammenarbeit hervorgehenden Waren ebenfalls ohne Aufschlag von den Beklagten erhalten (Anlage B 8). In der E-Mail vom 08.07.2016 unterrichtet der Beklagte zu 2) die Klägerin darüber, dass ein Dritter nun bei der Beklagten zu 1) bestellen möchte anstatt bei der Klägerin (Anlagenkonvolut B 29).
  222. Ihre Kenntnis und Billigung hat die Klägerin nicht hinreichend bestritten, wenngleich sie nunmehr bemängelt, dass die Beklagten ohne ihre finanzielle Beteiligung ihren Gewinn maximieren wollten. Die Klägerin wusste vielmehr und trägt selbst vor, dass die Beklagten dazu übergegangen sind, die von der Klägerin entwickelten Pressfittings über andere Firmen zu verkaufen. Sie wirft den Beklagten in diesem Zusammenhang vor, die C GmbH absichtlich ausbluten gelassen zu haben und damit eine indirekte Kompensation für das Klagepatent unterbunden zu haben, trägt jedoch keine Umstände vor, aus denen ein nach außen hin erkennbares Fehlen ihrer Einwilligung – insbesondere in Abgrenzung zu der Einwilligung in die Benutzung für die C GmbH – hervorgegangen wäre. Der bloße Einwand, dass sie an dem Umsatz Dritter kein wirtschaftliches Interesse gehabt habe, genügt in Anbetracht der Gesamtumstände nicht.
  223. Aus dem Vortrag der Beklagten ergibt sich vielmehr, dass die Klägerin ein Verhalten gezeigt hat, welches nach dem objektiven Empfängerhorizont als Zustimmung des Vertriebs an Dritte verstanden werden kann. Die Beklagten haben insoweit dargelegt, dass die Klägerin dem Vertrieb an Dritte grundsätzlich positiv gegenübergestanden hat und legen etwa eine E-Mail vom 03.07.2014 (Anlagenkonvolut B 24) der Klägerin vor, mit der sie auf die an sie und einen Dritten (der Firma J) gerichtete Nachricht des Beklagten zu 2) mit dem Betreff „Individueller Kaufpreise – H und L“ antwortete: „Vielen Dank – und die Preise für 63 sind ja sensationell.“ Dies war nach dem objektiven Empfängerhorizont so zu verstehen, dass sie einverstanden mit dem entsprechenden Angebot gegenüber Dritten war. Dem ist die Klägerin nicht substantiiert entgegengetreten.
  224. c)
    Ihre Einwilligung hat die Klägerin jedoch mit der Abmahnung vom 31.07.2018 widerrufen. Eine einmal erteilte Erlaubnis ist nachträglich, allerdings nur mit Wirkung für die Zukunft, frei widerruflich, § 183 S. 1 BGB (Kühnen, Hbd. der Patentverletzung, 16. Aufl. 2024, Kap. E Rn. 255; BGH, GRUR 2010, 628 – Vorschaubilder (zum Urheberrecht)). Für einen rechtlich beachtlichen Widerruf bedarf es grundsätzlich eines gegenläufigen Verhaltens (BGH, GRUR 2010, 628, Rn.37 – Vorschaubilder). Ein solch gegenläufiges Verhalten stellt das Abmahnschreiben vom 31.07.2018 (Anlage KAP 2) dar. In diesem hat die Klägerin durch ihre anwaltlichen Vertreter hinreichend klar zum Ausdruck gebracht, dass eine kostenlose Nutzung ihres Klagepatents in der Zukunft – sowie nach dem Willen der Klägerin aufgrund der darin enthaltenen Entschädigungsforderung wohl auch für die Vergangenheit – nicht mehr infrage kommt. Ab Erhalt der Abmahnung durften die Beklagten jedenfalls nicht mehr von einer Einwilligung der Klägerin ausgehen.
  225. 3.
    Weiterhin war weder die Erhebung der Verletzungsklage, noch der in der Abmahnung vom 31.07.2018 liegende Widerruf der Benutzungszustimmung rechtsmissbräuchlich, sodass die Klägerin auch nicht an der Geltendmachung ihrer Ansprüche aufgrund eines Rechtsmissbrauchseinwands gem. § 242 BGB gehindert ist.
  226. a)
    So ist zwar das aufgezeigte Verhalten der Klägerin in der Vergangenheit als Einwilligung in die Benutzung der Erfindung zu verstehen sein. Die einseitige Einwilligung konnte sie jedoch jederzeit ohne besonderen Grund frei widerrufen (s.o.).
  227. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang zunächst, dass die Beklagten die Erfindung bis einschließlich zum 31.07.2018 lizenz- bzw. entschädigungsfrei nutzen konnten. Weiterhin bestand für die Klägerin trotz der engen Zusammenarbeit keine Pflicht zur Offenlegung ihrer Patentanmeldung. Eine Rechtsgrundlage für eine solche Pflicht ist nicht ersichtlich. Es handelt sich bei dem Register des DPMA um ein öffentlich für jedermann einsehbares Register. Vielmehr wäre den Beklagten eine dahingehende Recherche unabhängig von einer bestehenden Kooperation zumutbar gewesen. Grundsätzlich obliegt dem Verletzer eine vorherige Recherche etwaiger Schutzrechte. Im Rahmen der Sorgfaltspflicht im geschäftlichen Verkehr waren die Beklagten auch aufgrund der Zusammenarbeit mit der Klägerin hiervon nicht entbunden – dies bereits insoweit nicht, als dass mit den angegriffenen Ausführungsformen auch Patentrechte Dritter hätten verletzt werden können und eine Recherche seitens der Beklagten damit im Rahmen der gebotenen Sorgfalt ohnehin nicht obsolet sein konnte.
  228. Wäre der Widerruf der Klägerin rechtsmissbräuchlich, würde dies zudem dazu führen, dass die Klägerin sich nicht mehr von einer kostenfreien Nutzungserlaubnis lösen könnte und damit erheblich an der Verwertung ihres gewerblichen Schutzrechtes gehindert wäre. Überdies würden die Beklagten dann bessergestellt werden, als wenn ihnen ein schuldrechtliches oder dingliches Rechts aufgrund eines gegenseitig verpflichtenden Lizenzvertrags eingeräumt worden wäre, der regelmäßig das Recht zur außerordentlichen Kündigung beinhaltet. Ein Grund für eine solche Besserstellung der Beklagten ist nicht ersichtlich.
  229. Nach Erhalt der Abmahnung vom 31.07.2018 bestand auch kein schutzwürdiges Vertrauen der Beklagten mehr. Soweit die Beklagten im Vertrauen auf die Nutzung der sodann patentierten Lehre der Klägerin Ausgaben getätigt und Geschäftsbeziehungen aufgebaut haben, war zu berücksichtigen, dass sie in der Zeit, in der sie die erfindungsgemäße Lehre nutzten, erheblich finanziell davon profitiert haben – auch durch Geschäfte mit Dritten, von denen die Klägerin ihrerseits finanziell nicht profitiert hat.
  230. b)
    Der Erhebung der Verletzungsklage können die Beklagten bereits nicht mit dem Einwand der Rechtsmissbräuchlichkeit begegnen, da die Beklagte zu 1) ihrerseits bereits vor Erhebung der Verletzungsklage den Rechtsbestand des Klagepatents mit einem Einspruch angegriffen hatte.
  231. IV.
    Aufgrund des Herstellens und des Vertriebs bzw. Anbietens der angegriffenen Ausführungsformen durch die Beklagte zu 1) (§ 9 S. 2 Nr. 1 PatG) in Deutschland, etwa über die deutschsprachige Website www.M.de ergeben sich für entsprechende Handlungen seit dem 01.08.2018 die zuerkannten Rechtsfolgen.
  232. Der Beklagte zu 2) haftet aufgrund seiner Stellung als Geschäftsführer der Beklagten zu 1) auf Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung und Schadensersatz (vgl. zum Patentrecht: BGH, Urteil vom 15.12.2015, X ZR 30/14 – Glasfasern II).
  233. Die Ansprüche der Klägerin sind nicht verjährt oder verwirkt.
  234. 1.
    Der Unterlassungsanspruch beruht auf § 139 Abs. 1 PatG, da die Benutzung des Erfindungsgegenstandes im Inland ohne Berechtigung erfolgt. Spätestens ab Erhalt der Abmahnung vom 31.07.2018 handelten die Beklagten gem. § 9 PatG ohne Zustimmung der Klägerin (s.o.). Die Verwirklichung einer Benutzungshandlung verursacht grundsätzlich Wiederholungsgefahr für alle in § 9 PatG, hier § 9 S. 2 Nr. 1 PatG, geschützten Handlungen (Voß in Schulte, PatG, 11. Aufl. 2022, § 139 Rn. 54).
  235. Wenngleich die Produktion zunächst von der angegriffenen Ausführungsform 1 auf 2 und sodann später auf eine nicht mehr das Klagepatent verletzende Ausführungsform umgestellt wurde, wurde keine Unterlassungserklärung abgegeben, so dass weiterhin Wiederholungsgefahr besteht.
  236. 2.
    Die Klägerin hat gegen die Beklagten dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz aufgrund von Verletzungshandlungen seit Erhalt der Abmahnung vom 31.07.2018, der aus § 139 Abs. 2 PatG folgt. Als Fachunternehmen hätte die Beklagte zu 1) die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Aufgrund der Abmahnung vom 31.07.2018 war beiden Beklagten die Möglichkeit der Verletzung des Klagepatents sogar vor Beginn des Schadensersatzzeitraums (ab dem 20.10.2018) bekannt.
  237. Da überdies durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten die Entstehung eines Schadens hinreichend wahrscheinlich ist, der durch die Klägerin aber noch nicht beziffert werden kann, weil sie den Umfang der rechtsverletzenden Benutzungshandlungen ohne ihr Verschulden nicht im Einzelnen kennt, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an der Feststellung der Schadensersatzverpflichtung anzuerkennen, § 256 ZPO.
  238. 3.
    Der Entschädigungsanspruch gegen die Beklagte zu 1) in dem tenorierten zeitlichen Umfang folgt aus § 33 Abs. 1 PatG.
  239. a)
    Von der Veröffentlichung der Patentanmeldung an kann der Anmelder hiernach von demjenigen, der den Gegenstand der Anmeldung benutzt hat, obwohl er wusste oder wissen musste, dass die von ihm benutzte Erfindung Gegenstand der Anmeldung war, eine nach den Umständen angemessene Entschädigung verlangen. Der Anspruch ist hier jedoch zeitlich beschränkt auf den Zeitraum zwischen dem Tag nach Erhalt der Abmahnung (01.08.2018) – da es zuvor an einer für den Entschädigungsanspruch vorwerfbaren Benutzungshandlung fehlt (s.o.) – bis zum 19.10.2018. Die Beklagte zu 1) hätte ihre Benutzung des Erfindungsgegenstands der Anmeldung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt jedenfalls ab Erhalt der Abmahnung vom 31.07.2018 zumindest erkennen können, § 276 BGB.
  240. b)
    Der Anspruch auf Entschädigung gemäß § 33 PatG ist in dem hier zeitlich beschränkten Umfang (erst nach dem 31.07.2018) nicht verjährt. Der Entschädigungsanspruch unterliegt gem. § 33 Abs. 3 PatG i.V.m. den §§ 195, 199 BGB der regelmäßigen Verjährung. D.h. die Verjährungsfrist beträgt 3 Jahre ab dem Ende des Jahres der Anspruchsentstehung. Der Anspruch ist erst nach Erhalt des Abmahnschreibens vom 31.07.2018 entstanden, so dass der Anspruch auf Entschädigung erst zum Ende des Jahres 2021 verjährt sein kann. Die Verjährung wurde jedoch spätestens mit Klageerhebung, welche durch Zustellung an die Beklagten am 06.12.2019 bewirkt wurde, gehemmt, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB.
  241. Eine Verwirkung des Entschädigungsanspruchs ist nicht ersichtlich. Insbesondere kommt diese regelmäßig nicht vor Eintritt der Verjährung in Betracht.
  242. 4.
    Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, ihren Schadensersatz- sowie Entschädigungsanspruch zu beziffern, steht ihr gegen die Beklagten ein Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung im zuerkannten Umfang zu. Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsformen ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus § 140b Abs. 1 PatG, der Umfang der Auskunftspflicht aus § 140b Abs. 3 PatG. Die weitergehende Rechnungslegungspflicht folgt aus §§ 242, 259 BGB. Die Klägerin ist auf die Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt; die Beklagten werden durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.
  243. Der Anspruch besteht – hinsichtlich des Entschädigungsanspruchs gem. § 33 PatG – erst für den Zeitraum nach Erhalt der Abmahnung vom 31.07.2018.
  244. Die Klägerin hat auch einen Anspruch auf Übermittlung der im Rahmen der Auskunft und Rechnungslegung geschuldeten Information in elektronischer Form. Ein legitimes Interesse der Klägerin besteht hieran angesichts der weitgehenden Digitalisierung, im Rahmen derer die begehrten Daten im geschäftlichen Verkehr grundsätzlich auch elektronisch verfügbar sind und verarbeitet werden, während die Beklagten, was sie nicht in Abrede gestellt haben, auch ohne Weiteres in der Lage sind, die Daten elektronisch zur Verfügung zu stellen (vgl. Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 16. Aufl. 2024, Kap. D Rn.1000).
  245. 5.
    Der Klägerin steht auch ein Vernichtungsanspruch nach § 140a Abs. 1 S. 1 PatG zu. Eine Unverhältnismäßigkeit der Vernichtung nach § 140a Abs. 4 PatG ist seitens der insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten zu 1) nicht vorgetragen und auch ohne Weiteres nicht ersichtlich.
  246. 6.
    Die Klägerin kann die Beklagte zu 1) aus § 140a Abs. 3 PatG auch auf Rückruf patentverletzender Erzeugnisse, die nach dem 01.08.2018 in Verkehr gebracht wurden, in Anspruch nehmen.
  247. 7.
    Hingegen steht der Klägerin ein Anspruch auf Ersatz der geltend gemachten Kosten der Abmahnung vom 31.07.2018 unter keinen rechtlichen Gesichtspunkt zu, insbesondere nicht aufgrund Geschäftsführung ohne Auftrag gem. §§ 683 Abs. 1, 677, 670 BGB. Damit die Klägerin die Kosten der Abmahnung erstattet verlangen könnte, wäre eine vor dem Abmahnschreiben vom 31.07.2018 unberechtigte Nutzung der Erfindung
    erforderlich gewesen. Dies ist in der vorliegenden Konstellation zu verneinen. Denn mit dem Schreiben vom 31.07.2018 wurde die Zustimmung der Klägerin gegenüber den Beklagten erst widerrufen, so dass diese erst ab nach Erhalt der Abmahnung ohne eine den Anspruch gem. § 33 PatG ausschließende Einwilligung bzw. ohne die Zustimmung der Klägerin gem. § 9 PatG handelten.
  248. V.
    Im Rahmen des der Kammer nach § 148 ZPO zustehenden Ermessens wird das Verfahren im Hinblick auf das Nichtigkeitsverfahren gegen das Klagepatent nicht ausgesetzt. Eine Prognose, nach der das Klagepatent mit hinreichender Wahrscheinlichkeit widerrufen werden wird, lässt sich nicht stellen.
  249. 1.
    Nach § 148 ZPO kann das Gericht bei der Vorgreiflichkeit eines anderen Verfahrens einen Rechtsstreit aussetzen. Die Vorgreiflichkeit ist aufgrund der angenommenen Verletzung des Schutzrechtes hinsichtlich des anhängigen Nichtigkeitsverfahrens gegeben. Die Erhebung einer Nichtigkeitsklage stellt ohne Weiteres noch keinen Grund dar, den Verletzungsrechtsstreit auszusetzen. Die Patenterteilung ist auch für die (Verletzungs-) Gerichte bindend. Wegen der gesetzlichen Regelung, die für die Ansprüche nach §§ 139 ff. PatG lediglich ein in Kraft stehendes Patent verlangt und für die Beseitigung dieser Rechtsposition nur die in die ausschließliche Zuständigkeit des Patentgerichts fallende Nichtigkeitsklage zur Verfügung stellt, kann der Angriff gegen das Klagepatent nicht als Einwand im Verletzungsverfahren geführt werden. Jedoch darf dies nicht dazu führen, dass diesem Angriff jede Auswirkung auf das Verletzungsverfahren versagt wird. Die Aussetzung des Verletzungsstreits im Rahmen der nach § 148 ZPO zu treffenden Ermessenentscheidung ist vielmehr grundsätzlich, aber auch nur dann geboten, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass das Klagepatent der erhobenen Nichtigkeitsklage nicht standhalten wird (BGH, GRUR 2014, 1237, 1238 – Kurznachrichten; OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.06.2015 – Az. 2 U 64/14, S. 29 f.).
  250. Ohne dass es im vorliegenden Fall schlussendlich darauf ankam, ist eine wiederholte Aussetzung unter dem Gesichtspunkt einer effektiven Rechtsverfolgung nur ausnahmsweise zulässig, da das Interesse des Klägers an einem baldigen Abschluss des vorliegenden Rechtsstreits dann besonders schwer wiegt (vgl. BGH, GRUR 2018, 853 Rn. 18 ff. – Schutzhülle für Tablet-Computer (Designrecht); Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 16. Aufl. 2024, Kap. E Rn. 980). Hier hat bereits der Technische Beschwerdesenat des BPatG das Klagepatent im vorangegangenen Einspruchsverfahren in der hier geltend gemachten Fassung aufrechterhalten. Die nunmehr geltende gemachte Fassung des Klagepatents beruht auf einer Fassung gemäß einem Hilfsantrag der Klägerin im Einspruchsverfahren. Bis zum rechtskräftigen Abschluss des Einspruchsverfahrens war das Verletzungsverfahren bereits ausgesetzt.
  251. 2.
    Die Kammer kann nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit feststellen, dass das BPatG das Klagepatent widerrufen wird.
  252. Insbesondere rechtfertigt der weitgehend pauschale Vortrag der Beklagten nicht, dass die Verhandlung erneut ausgesetzt wird.
  253. a)
    Die Kammer kann nicht feststellen, dass es dem Klagepatent in der aufrechterhaltenen Fassung an erfinderischer Tätigkeit fehlt.
  254. aa)
    Es fehlt hinsichtlich jeder der geltend gemachten Kombinationen von Entgegenhaltungen schon an einem Naheliegen i.S.d. § 4 S. 1 PatG, insbesondere an Vortrag der Beklagten zum Anlass des Fachmanns, die jeweiligen Schriften zu kombinieren. Um das Begehen eines von den bisher beschrittenen Wegen abweichenden Lösungswegs nicht nur als möglich, sondern dem Fachmann nahegelegt anzusehen, bedarf es – abgesehen von den Fällen, in denen für den Fachmann auf der Hand liegt, was zu tun ist – in der Regel zusätzlicher, über die Erkennbarkeit des technischen Problems hinausreichender Anstöße, Anregungen, Hinweise oder sonstiger Anlässe dafür, die Lösung des technischen Problems auf dem Weg der Erfindung zu suchen (BGH, GRUR 2009, 746 – Betrieb einer Sicherheitseinrichtung). Eine solche Anregung oder ein Anlass des Fachmanns sind hier weder vorgetragen, noch ohne Weiteres für die Kammer ersichtlich.
  255. bb)
    Die Beklagten, welche sich auf eine Kombination der D1 insbesondere mit der DE 198 17 XXI C2 (nachfolgend: D10, Anlage B 53), aber auch mit der DE 10 2004 052 XXJ A1 (nachfolgend: D3, Anlage ohne Nummerierung) und der DE 299 20 XXK U1 (nachfolgend: D4, Anlage ohne Nummerierung) stützen, tragen lediglich (teilweise) zu den Merkmalen der D1, jedoch jedenfalls im Verletzungsverfahren nicht zu den Merkmalen der D10, D3 und D4 vor. Insoweit verweisen die Beklagten nur auf die Schriftsätze im Nichtigkeitsverfahren. Ein pauschaler Verweis auf Anlagen ist unzulässig und ersetzt Vortrag nicht (vgl. z.B. OLG Düsseldorf v. 04.03.1993, 18 U 191/92, FHZivR 39 Nr. 7457). Bereits in der gerichtlichen Einleitungsverfügung vom 29.11.2019 (Bl. 32 GA) wurden die Beklagten darauf hingewiesen, dass ein bloßer Verweis auf Anlagen keinen Vortrag zum Rechtsbestand ersetzt. Ohne jegliche Darlegung zu den Merkmalen der zu kombinierenden Schriften, vermag die Kammer ein Fehlen erfinderischer Tätigkeit hinsichtlich des Klagepatents nicht festzustellen.
  256. b)
    Soweit die Beklagten in der mündlichen Verhandlung Ausführungen – insbesondere bezüglich Merkmal 1.2.4.6 – zu einer unzulässigen Erweiterung des Klagepatents in der Fassung, wie es aus dem Einspruchsverfahren hervorgegangen ist, gemacht haben, führen diese ebenfalls nicht zu einer Aussetzung der Verhandlung. Insoweit hat das BPatG im Beschwerdeverfahren in seinem Beschluss vom 11.05.2023 (Anlage B 49, dort Seite 16 ff.) ausdrücklich festgestellt, dass das Klagepatent in der aufrechterhaltenen Fassung durch die ursprüngliche Offenbarung gedeckt ist und etwa die zur Verfügung gestellten Spitzen, in deren Nähe der zugeordnete Dichtring liegt (Merkmal 1.2.4.6), für den Fachmann eindeutig aus den offenbarten Figuren hervorgehen. Die Kammer folgt der Auffassung des mit technischen Fachleuten besetzten Technischen Beschwerdesenats des BPatG. Inwiefern die Auffassung des BPatG unzutreffend wäre, haben die Beklagten hier nicht aufgezeigt.
  257. c)
    Soweit die Beklagten meinen, die Nichtigkeitsklage werde auch aufgrund von Angriffen wegen fehlender Ausführbarkeit, unzulässiger Erweiterung hinsichtlich verschiedener Merkmale oder wegen fehlender Neuheit gegenüber der – nicht zur Gerichtsakte gereichten – Druckschrift DE 20 2007 001 XXL U1 Erfolg haben, vermag die Kammer dies nicht festzustellen. Denn hierzu machen die Beklagten im Verletzungsverfahren keine Ausführungen, sondern verweisen pauschal auf ihre Schriftsätze im Nichtigkeitsverfahren (vorgelegt als Anlagen B 50 und B 54).
  258. VI.
    Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 2 Nr. 1, 269 Abs. 3 S. 2, 100 Abs. 1 ZPO.

  259. Soweit die Klägerin die Klage hinsichtlich der endgültigen Entfernung der angegriffenen Ausführungsformen aus den Vertriebswegen sowie hinsichtlich eines Teil des ursprünglich geltend gemachten Zeitraums zurückgenommen hat, waren ihr zwar grundsätzlich die diesbezüglichen Kosten gem. § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO aufzuerlegen. Da die Summe aus dem Teil der Klageforderung, mit welchem die Klägerin schlussendlich unterlegen ist, nämlich hinsichtlich des Antrags auf Feststellung der Entschädigungspflicht für einen Zeitraum vor der Abmahnung vom 31.07.2018, hinsichtlich des entsprechenden Rechnungslegungsanspruchs sowie hinsichtlich der Forderung von Abmahnkosten und aus dem zurückgenommenen Teil der Klage mit Blick auf die Gesamtheit der Anträge jedoch nur geringfügig höhere Kosten verursacht hat, konnten den Beklagten gem. § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO die gesamten Kosten auferlegt werden.
  260. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
  261. VII.
    Der Streitwert wird auf 500.000,00 EUR festgesetzt.

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