4a O 49/21 – Einrichtung für Belichtungssystem

Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3354

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 7. Mai 2024, Az. 4a O 49/21

  1. 1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. 2. Der Klägerin werden die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
  3. 3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
  4. Tatbestand
  5. Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen unmittelbarer wortsinngemäßer sowie hilfsweise äquivalenter Verletzung des Deutschen Gebrauchsmusters DE 20 2018 006 XXA U1 (Anlage HLA 1, nachfolgend: Klagegebrauchsmuster) auf Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung, Vernichtung, Rückruf und Feststellung einer Schadensersatzpflicht dem Grunde nach in Anspruch.
  6. Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des Klagegebrauchsmusters (vgl. Registerauszug als Anlage HLA 3). Das Klagegebrauchsmuster wurde am 20.03.2018 angemeldet bzw. es geht auf eine Gebrauchsmusterabzweigung aus der am 20.03.2018 eingereichten Europäischen Patentanmeldung mit der Veröffentlichungsnummer EP 18 71 3XXB.9 zurück und nimmt die Priorität der US 62/473,XXC vom 20.03.2017 in Anspruch. Das Deutsche Patent- und Markenamt (nachfolgend: DPMA) veröffentlichte am 25.03.2021 die Erteilung des Klagegebrauchsmusters. Es betrifft laut seiner Bezeichnung eine „Einrichtung zum Anpassen des Bodens einer flexografischen Druckplatte in einem gesteuerten bzw. geregelten Belichtungssystem“.
  7. Das Klagegebrauchsmuster steht in Kraft. Die B GmbH, eine Tochtergesellschaft der Beklagten zu 2), hat unter dem 27.09.2021 beim DPMA die Löschung des Klagegebrauchsmusters beantragt. Die Gebrauchsmusterabteilung des DPMA hat mit Beschluss vom 15.05.2023 (Anlage HLA 17) das Klagegebrauchsmuster in beschränkter Fassung aufrechterhalten und im Übrigen gelöscht. Beide Parteien des Löschungsverfahrens haben unter dem 18.07.2023 bzw. 19.07.2023 Beschwerde gegen den Beschluss des DPMA eingelegt. Das Beschwerdeverfahren ist beim Bundespatentgericht (nachfolgend: BPatG) anhängig (Az.: 35 W (pat) 429/23). Eine Entscheidung ist bislang nicht ergangen.
  8. Die Klägerin macht das Klagegebrauchsmuster im hiesigen Verletzungsverfahren nunmehr im Hauptantrag in der Fassung geltend, in welcher die Gebrauchsmusterabteilung des DPMA es beschränkt aufrechterhalten hat (vgl. Anspruchssatz gem. Anlage HLA 20). Hilfsweise macht die Klägerin das Klagegebrauchsmuster auch in der Fassung geltend, in der sie es im Beschwerdeverfahren vor dem BPatG mit dem dortigen Hauptantrag verteidigt (vgl. Anspruchssatz gem. Anlage HLA 20a).
  9. Die geltend gemachten Ansprüche 1 und 16 des Klagegebrauchsmusters gemäß der vom DPMA beschränkt aufrechterhaltenen Fassung lauten (vgl. Anlage HLA 20):
  10. „1. Einrichtung (100, 800) zum Herstellen einer digitalen flexografischen Druckplatte (130, 830), die ein lichtempfindliches Polymer (134) umfasst, das durch Belichtung mit Strahlung aktiviert wird, wobei die Druckplatte (130, 830) eine nicht druckende Hinterseite und eine druckende Vorderseite mit einer Maske (132) zum Definieren eines zu druckenden Bildes aufweist, wobei die Einrichtung (100, 800) umfasst:
    mehrere Strahlungsquellen, die umfassen:
    wenigstens eine vordere Quelle (110, 810), die positioniert ist, um die Vorderseite der Druckplatte (130, 830) Strahlung auszusetzen, und
    wenigstens eine hintere Quelle (120, 820), die positioniert ist, um die Hinterseite der Druckplatte (130, 830) Strahlung auszusetzen,
    wobei die wenigstens eine vordere Quelle und die wenigstens eine hintere Quelle jeweils ein Strahlungsfeld aufweisen, das einen Bereich abdeckt, der wenigstens mit einer Breite der Druckplatte koextensiv ist;
    einen Halter (160, 860), der dafür ausgelegt ist, die Druckplatte (130, 830) in einer stationären Position aufzunehmen, um einfallende Strahlung von den mehreren Strahlungsquellen aufzunehmen;
    ein Antriebsmechanismus, der dafür ausgelegt ist, die wenigstens eine vordere Quelle zu bewegen, um eine Relativbewegung zwischen der Platte und dem Strahlungsfeld von der wenigstens einen vorderen Quelle bereitzustellen, und/oder der dafür ausgelegt ist, die wenigstens eine hintere Quelle zu bewegen, um eine Relativbewegung zwischen der Platte und dem Strahlungsfeld von der wenigstens einen einen hinteren Quelle bereitzustellen; und
    eine Steuerung bzw. Regelung (140, 840), die mit den mehreren Strahlungsquellen verbunden ist;
    wobei die Einrichtung dafür ausgelegt ist, für jede spezifische Koordinate entsprechend einem Querschnittsabschnitt der Druckplatte zunächst (a) mit dem Bestrahlen der Hinterseite der Platte zu beginnen, sodann (b) automatisch eine genau definierte Zeitverzögerung einzusetzen und sodann (c) unmittelbar nach dem Ablauf der Zeitverzögerung mit dem Bestrahlen der Vorderseite der Platte zu beginnen, ohne eine spezifische Koordinate gleichzeitig der Vorderseiten- und Hinterseitenbestrahlung auszusetzen, und
    wobei die Einrichtung des Weiteren dafür ausgelegt ist, eine Bodendicke der Druckplatte anzupassen, indem ein oder mehrere nur die Hinterseite belichtende Schritte vor dem Durchführen des Schrittes (a) bereitgestellt werden.
  11. 16. Einrichtung (100, 800) zum Herstellen einer digitalen flexografischen Druckplatte (130, 830), die ein lichtempfindliches Polymer (134) umfasst, das durch Belichtung mit Strahlung aktiviert wird, wobei die Druckplatte (130, 830) eine nicht druckende Hinterseite und eine druckende Vorderseite mit einer Maske (132) zum Definieren eines zu druckenden Bildes aufweist, wobei die Einrichtung (100, 800) umfasst:
    mehrere Strahlungsquellen, die umfassen:
    wenigstens eine vordere Quelle (110, 810), die positioniert ist, um die Vorderseite der Druckplatte (130, 830) Strahlung auszusetzen, und
    wenigstens eine hintere Quelle (120, 820), die positioniert ist, um die Hinterseite der Druckplatte (130, 830) Strahlung auszusetzen,
    wobei die wenigstens eine vordere Quelle und die wenigstens eine hintere Quelle jeweils ein Strahlungsfeld aufweisen, das einen Bereich abdeckt, der wenigstens mit einer Breite der Druckplatte koextensiv ist;
    einen Halter (160, 860), der dafür ausgelegt ist, die Druckplatte (130, 830) in einer Position aufzunehmen, um einfallende Strahlung von den mehreren Strahlungsquellen aufzunehmen; und
    eine Steuerung bzw. Regelung (140, 840), die mit den mehreren Strahlungsquellen verbunden ist;
    wobei die Einrichtung dafür ausgelegt ist, für jede spezifische Koordinate entsprechend einem Querschnittsabschnitt der Druckplatte zunächst (a) mit dem Bestrahlen der Hinterseite der Platte zu beginnen, sodann (b) automatisch eine genau definierte Zeitverzögerung einzusetzen und sodann (c) unmittelbar nach dem Ablauf der Zeitverzögerung mit dem Bestrahlen der Vorderseite der Platte zu beginnen, ohne eine spezifische Koordinate gleichzeitig der Vorderseiten- und Hinterseitenbestrahlung auszusetzen,
    wobei die Einrichtung des Weiteren dafür ausgelegt ist, eine Bodendicke der Druckplatte anzupassen, indem ein oder mehrere nur die Hinterseite belichtende Schritte vor dem Durchführen des Schrittes (a) bereitgestellt werden,
    wobei die mehreren Strahlungsquellen mehrere LED-Quellen (1212) umfassen, die dafür ausgelegt sind UV-Licht zu emittieren, und wobei jede LED-Quelle (1212) ein Element einer Gruppe ist, die mehrere LED-Quellen umfasst,
    und wobei die Steuerung bzw. Regelung dafür ausgelegt ist, eine individuelle Steuerung bzw. Regelung der Lichtintensität aus jeder Gruppe bereitzustellen und Schwankungen der Lichtausgabe einer Gruppe relativ zu einer anderen auszugleichen, und/oder
    wobei die Steuerung bzw. Regelung dafür ausgelegt ist, eine individuelle Steuerung bzw. Regelung der Lichtintensität aus jeder Gruppe der wenigstens einen hinteren Quelle bereitzustellen und Schwankungen der Transmissivität des Halters, der zwischen der wenigstens einen hinteren Quelle und der Platte angeordnet ist, auszugleichen.“
  12. Wegen der jeweils im Rahmen des Hauptantrags als Insbesondere-Anträge geltend gemachten Ansprüche 6, 7, 8, 9, 13 und 14 in der vom DPMA beschränkt aufrechterhaltenen Fassung wird auf die Anlage HLA 20 verwiesen. Für die im Rahmen des Hilfsantrags geltend gemachten Ansprüche 1 und 17 sowie die dort als Insbesondere-Anträge geltend gemachten Ansprüche 2, 7, 8, 9, 10, 14 und 15 in der im Beschwerdelöschungsverfahren von der Klägerin verteidigten Fassung wird auf die Anlage HLA 20a verwiesen.
  13. Zur Veranschaulichung der beanspruchten Lehre werden nachfolgend Figuren 1A und 12 der Klagegebrauchsmusterschrift eingeblendet:
  14. Die Figur 1A ist gemäß der Figurenliste der Klagegebrauchsmusterschrift eine schematische Zeichnung zur Darstellung einer exemplarischen Einrichtung (100) für die hintere Belichtung einer lichtempfindlichen Druckplatte (130) entsprechend Aspekten der Erfindung. Die Druckplatte (130) umfasst ein lichtempfindliches Polymer (134), auf dem eine Maske (132) angeordnet ist, die Abschnitte der Platte, die bezüglich der Strahlungsbelichtung maskiert werden sollen, im Gegensatz zu Abschnitten der Platte, an denen die Vornahme der Belichtung erwünscht ist, definiert (Abs. [0013] der Klagegebrauchsmusterschrift). Die Figur 1A zeigt weiterhin zwei UV-Strahlungsquellen (110, 120) mit vorbestimmten Leistungsdichten, die dafür ausgelegt sind, die Druckplatte mit derselben Geschwindigkeit (v) abzutasten (Abs. [0014] der Klagegebrauchsmusterschrift). Gemäß Abs. [0015] der Klagegebrauchsmusterschrift kann die Zeitverzögerung zwischen der hinteren Belichtung mit der UV-Strahlungsquelle (120) und der primären Belichtung mit der UV-Strahlungsquelle (110) durch das Steuer- bzw. Regelsystem (140) angepasst werden, indem die Geschwindigkeit der Quellen angepasst wird und/oder indem mechanisch ein konstanter Abstand (D) zwischen den Quellen während des Abtastprozesses eingestellt wird. Mit der Ziffer (160) ist in der Figur 1A ein transparentes Substrat (beispielsweise Glas) bezeichnet; mit der Ziffer (170) ein Aufhänger. Gemäß Abs. [0017] der Klagegebrauchsmusterschrift ist in Figur 1A weiter gezeigt, dass jede von der vorderen Quelle (110) und der hinteren Quelle (120) ein Strahlungsfeld aufweist, das eine Fläche abdeckt, die mit einer Breite der Platte wenigstens koextensiv ist, wobei die „Breite“ entlang der dritten Dimension gegeben ist, die in dem zweidimensionalen Bild von Figur 1A nicht gezeigt ist, jedoch mit einer vollen Länge der Platte nicht koextensiv ist, wobei die „Länge“ entlang der X-Achse gegeben ist, wie in Figur 1A gezeigt ist.
  15. Weiterhin zeigt Figur 12 gemäß der Figurenliste der Klagegebrauchsmusterschrift eine schematische Darstellung einer Ausführungsform mit einer Lichtquelle, die mehrere Einheiten mit mehreren Reihen von Punktquellen umfasst. Gemäß Abs. [0021] der Klagegebrauchsmusterschrift ist in Figur 12 gezeigt, dass jedes Sortiment (1200) der LED-Quellen mehrere diskrete Einheiten (1210) umfassen kann, die mehrere einzelne LED-Punktquellen (1212) an jeder Einheit aufweisen, wobei die mehreren Punktquellen in mehreren Linien (1220, 1222, 1224, 1226, 1228, 1230) angeordnet sind.
  16. Die Klägerin ist im Bereich der Verpackungs- und Druckindustrie tätig. Sie stellt u.a. Vorrichtungen zur Herstellung von Flexodruckplatten her. Die Beklagten sind ebenso im Segment der Verpackungs- und Druckindustrie tätig. Bei der Klägerin und den Beklagten bzw. deren Mutterkonzern handelt es sich um die Hauptwettbewerber auf dem deutschen Markt im Bereich für Vorrichtungen für den digitalen Flexodruck.
  17. Die Beklagten bieten jeweils an und vertreiben Einrichtungen zum Herstellen von Druckplatten, insbesondere eine Vorrichtung mit der Bezeichnung C (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform).
  18. Folgende Abbildung der angegriffenen Ausführungsform stammt aus einem als Anlage HLA 5 bzw. HLA 5a von der Klägerin vorgelegten, auf den Webseiten der Beklagten abrufbaren, Produktdatenblatt:
  19. Unter der Rubrik „Contact Us“ als deutsche Vertriebsgesellschaft benannt, bietet die Beklagte zu 1) die Kontaktaufnahme hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsform über die Webseite https://D.com an (vgl. Anlagenkonvolut HLA 6). Zudem bot die Beklagte zu 1) die angegriffene Ausführungsform bereits mehreren Kunden in Deutschland an und verkaufte wenigstens eine angegriffene Ausführungsform an einen Kunden in Hamburg.
  20. Auf der Webseite der Beklagten zu 2) (https://E.com), welche nach dem Vortrag der Beklagten nicht mehr operativ ist, fanden sich jedenfalls in der Vergangenheit Darstellungen und Erläuterungen zu der angegriffenen Ausführungsform (vgl. Anlagenkonvolut HLA 8). Ein zumindest zeitweise auf der Website der Beklagten zu 2) abrufbares Produktvideo der angegriffenen Ausführungsform überreicht die Klägerin als Anlage HLA 7. Die Beklagte zu 2) stellte zudem auf ihrer Webseite eine als Anlage HLA 23 zur Akte gereichte Videoaufzeichnung eines Webinars über die angegriffene Ausführungsform in deutscher Sprache zur Verfügung. Das Webinar wurde von dem ehemaligen General Manager der Beklagten zu 2), Herrn F, am 06.07.2020 mit dem Titel „G“ in deutscher Sprache abgehalten.
  21. Bei der angegriffenen Ausführungsform findet eine Belichtung einer Druckplatte durch eine vordere und eine hintere Strahlungsquelle statt. Die vordere Strahlungsquelle weist „LED-Streifen“ mit jeweils einzelnen LEDs auf, während die hintere Strahlungsquelle aus Kacheln mit einzelnen LEDs besteht. Zur Veranschaulichung wird nachfolgend ein Standbild aus dem als Anlage HLA 7 vorgelegten Produktvideo der angegriffenen Ausführungsform eingeblendet:
  22. Der Benutzer kann für die Rückseitenbelichtung der Druckplatte („J“) verschiedene Parameter einstellen. Er hat für den „J“ die Wahl zwischen den drei Belichtungsmodi „H“, „I“ und einem dritten Modus, wonach die Rückseitenbelichtung nach der Vorderseitenbelichtung stattfindet, wie etwa anhand von seitens der Klägerin vorgelegten Fotografien der Benutzeroberfläche zu sehen ist:
  23. Wegen weiterer Einzelheiten der angegriffenen Ausführungsform wird auf ein Produktdatenblatt (Anlagen HLA 5 und HLA 5a), eine Produktbroschüre der Beklagten (Anlagen HLA 22 und HLA 22a) und ein Produktvideo (Anlage HLA 7) verwiesen.
  24. Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagten machten durch das Anbieten der angegriffenen Ausführungsform in der Bundesrepublik Deutschland von der Lehre des Klagegebrauchsmusters Gebrauch. Es seien sämtliche Merkmale der Ansprüche 1 und 16 unmittelbar und wortsinngemäß sowie hilfsweise äquivalent erfüllt.
  25. So verwirkliche die angegriffene Ausführungsform die Merkmale sowohl von Anspruch 1 als auch von Anspruch 16, welche die Bestrahlungsabfolge beschrieben und insbesondere das Merkmal, wonach die Einrichtung ausgelegt ist, sodann (b) automatisch eine genau definierte Zeitverzögerung einzusetzen.
  26. Zwischen dem Bestrahlen der Rückseite und dem Beginn des Bestrahlens der Plattenvorderseite müsse automatisch eine genau definierte Zeitverzögerung einsetzen, ohne dass ein Maß für die Zeitverzögerung vorgegeben sei. Das Klagegebrauchsmuster setze dabei lediglich voraus, dass die Zeitverzögerung genau definiert sei und diese automatisch einsetze, nicht jedoch, dass die Zeitverzögerung für jede Koordinate der Druckplatte identisch sein müsse. Hierfür spreche schon der Wortlaut, welcher „genau definiert“ und eben nicht „identisch“ laute.
  27. Auch aus einer Zusammenschau des streitigen Merkmals, wonach automatisch eine genau definierte Zeitverzögerung einsetzt, mit dem Merkmal, wonach unmittelbar nach dem Ablauf der Zeitverzögerung mit dem Bestrahlen der Vorderseite begonnen wird, ergebe sich, dass die Zeitverzögerung für jede spezifische Koordinate unterschiedlich sein könne. Demnach werde nur verlangt, dass automatisch eine genau definierte Zeitverzögerung einsetze bevor mit der Plattenvorderseitenbelichtung begonnen werde. Da das zweitgenannte Merkmal nur auf den Beginn der Plattenvorderseitenbelichtung abstelle und gerade nicht auf den Zeitpunkt, zu dem jede spezifische Koordinate belichtet werde, folge, dass die Zeitverzögerung nicht für jede spezifische Koordinate gleich sein müsse. Selbst wenn sich das Merkmal, welches das Einsetzen der genau definierten Zeitverzögerung betrifft, auf „jede spezifische Koordinate“ bezöge, bliebe es dabei, dass die Zeitverzögerung für jede spezifische Koordinate nur „genau definiert“, aber gerade nicht identisch sein müsse.
  28. Die Klagegebrauchsmusterbeschreibung gehe, etwa in Abs. [0012] und [0027], von einer Zeitspanne oder einem Bereich für die Zeitverzögerung aus, die variieren könnten. Aus der Verwendung des Begriffs Zeitspanne werde deutlich, dass das Klagegebrauchsmuster auch Zeitverzögerungen umfasse, die unterschiedlich sein könnten und die Zeitverzögerung gerade nicht immer gleich lang sein müsse. Auch Figur 9 des Klagegebrauchsmusters, welche nur eine umlaufende Strahlungsquelle offenbare, stütze die Auslegung der Klägerin. Es komme für die Verzögerungszeit nicht auf einen einzelnen optimalen Zeitpunkt, sondern auf eine optimale Zeitspanne an, innerhalb derer gute Ergebnisse erreicht werden könnten, wie sich auch aus den in Figur 4 der Klagegebrauchsmusterschrift gezeigten Ergebnissen ergebe. In diesem Zusammenhang sei dem Fachmann bekannt, dass der Diffusionsprozess träge sei. Es sei unschädlich, wenn sich die Zeitverzögerung über die Platte hinweg verändere, solange der Unterschied nicht zu groß werde.
  29. Dass das Klagegebrauchsmuster auch eine nicht identische Zeitverzögerung als anspruchsgemäß zulasse, ergebe sich insbesondere aus Abs. [0039] der Klagegebrauchsmusterbeschreibung. Dort stelle das Klagegebrauchsmuster klar, dass die Zeitverzögerung für Abschnitte der Platte auch unterschiedlich sein könne. Die Klagegebrauchsmusterschrift verwende in Abs. [0039] bewusst den Begriff des „Abschnitts“ und beziehe sich damit auf den Querschnittabschnitt und somit auf die im Schutzanspruch genannten spezifischen Koordinaten.
  30. Die gegenteilige Auslegung der Gebrauchsmusterabteilung des DPMA, wonach für jede Koordinate ein und dieselbe Zeitverzögerung gemeint sei (Anlage HLA 17, S.16), überzeuge nicht. Die Gebrauchsmusterabteilung habe Abs. [0039] der Klagegebrauchsmusterschrift übersehen.
  31. Eine funktionsorientierte Auslegung ergebe ebenfalls, dass eine identische Zeitverzögerung nicht erforderlich sei. Der offenbarten technischen Lehre gehe es primär darum, eine gleichzeitige Rück- und Vorderseitenbelichtung bezüglich eines Abschnitts der Platte zu vermeiden. Das Vermeiden der gleichzeitigen Belichtung von Plattenrück- und -vorderseite bezüglich eines Abschnitts der Platte solle sicherstellen, dass es nach der Rückseitenbelichtung und vor der Vorderseitenbelichtung zu einer technisch vorteilhaften Diffusion von Sauerstoff zur Hinterseite der Druckplatte komme. Einer für alle Koordinaten jeweils identischen Zeitverzögerung bedürfe es für diesen Effekt nicht.
  32. Die Beklagten stützten sich (bzgl. der Abs. [0024] bis [0027] des Klagegebrauchsmusters) fälschlicherweise auf besondere Ausführungsformen und nicht auf die Funktionalität der beanspruchten allgemeinen technischen Lehre. Selbst aus dem fehlerhaften funktionalen Verständnis der Beklagten folge keine identische Zeitverzögerung für alle Koordinaten, sondern ein Bereich an vorteilhaften Zeitverzögerungen, mithin eine vorteilhafte Zeitspanne der Verzögerung. Funktional werde nicht nur genau eine Zeitverzögerung von dem Klagegebrauchsmuster als vorteilhaft angesehen.
  33. Bei der angegriffenen Ausführungsform liege aufgrund des automatisierten Ablaufs eine klagegebrauchsmustergemäße, genau definierte Zeitverzögerung vor.
  34. Mit ihrem Betriebsmodus „H“, in welchem die Rückseitenbelichtung vor der Haupt- bzw. Vorderseitenbelichtung stattfinde, werde – soweit unbestritten – bei der angegriffenen Ausführungsform für jede Koordinate der Druckplatte zunächst mit der Bestrahlung der Hinterseite begonnen, sodann werde automatisch eine genau definierte Zeitverzögerung eingesetzt und unmittelbar nach dem Ablauf der Zeitverzögerung mit dem Bestrahlen der Vorderseite der Platte begonnen. Der gesamte Belichtungsschritt finde bei der angegriffenen Ausführungsform vollautomatisiert in einer durch eine Abdeckung abgeschlossenen Umgebung statt und mache keine Bedienereingriffe und kein manuelles Plattenhandling mehr erforderlich, wie aus dem Produktdatenblatt (Anlagen HLA 5, HLA 5a) hervorgehe. Es sei unschädlich, wenn die Verzögerung bei der angegriffenen Ausführungsform möglicherweise für eine spezifische Koordinate länger oder kürzer sei als für eine andere spezifische Koordinate. Der automatisierte Ablauf führe dennoch dazu, dass die Zeitverzögerung genau definiert sei und automatisch einsetze. Soweit die vordere Quelle mehrfach über die Plattenvorderseite hinwegfahre und diese sukzessive bestrahle, könne der ganze Bestrahlungsvorgang der Vorderseite noch in der optimalen Zeitspanne liegen.
  35. Überdies werde von der angegriffenen Ausführungsform das Merkmal der Ansprüche 1 und 16, wonach die Einrichtung dafür ausgelegt ist, eine Bodendicke der Druckplatte anzupassen, indem ein oder mehrere nur die Hinterseite belichtende Schritte vor dem Durchführen des Schrittes (a) bereitgestellt werden, wortsinngemäß verwirklicht.
  36. Das Merkmal beschreibe ein für den Flexodruck selbstverständliches, standardmäßiges Vorgehen. Anspruchsgemäß erfolge zunächst eine Rückseitenbelichtung, mit der die Bodendicke angepasst werde, dann die Rückseitenbelichtung in Form des Durchführens von Schritt (a) sowie nach Ablauf der Zeitverzögerung die Vorderseitenbelichtung.
  37. Dabei werde nicht verlangt, dass nach der Rückseitenbeleuchtung zur Anpassung der Bodendicke und vor dem Durchführen des Schrittes (a) eine wie auch immer geartete Zeitverzögerung eintrete. Die Rückseitenbelichtung könne fließend und ohne zeitliche Zäsur in den Schritt (a) der Belichtungsschritte übergehen. Im Vergleich zum Schritt (b), welcher eine Zeitverzögerung zwischen den Belichtungsschritten explizit fordere, sehe der Wortlaut des Merkmals, welche die Hinterseitenbelichtung zur Anpassung der Bodendicke beschreibe, gerade keine Zeitverzögerung oder Zäsur vor. Die Klagegebrauchsmusterschrift beschreibe sogar in ihren Abs. [0061] und [0062] das Gegenteil einer Zeitverzögerung als vorzugswürdig, da danach der zusätzliche Schritt der hinteren Belichtung vorzugsweise direkt vor dem Beginn der aufeinanderfolgenden Belichtungsschritte ausgeführt werde. Eine Zäsur sei gerade nicht gewollt.
  38. Funktional ziele das Merkmal nicht – wie aber Schritt (b) – auf eine Sauerstoffdiffusion ab, sondern darauf, die Gesamtenergie der Rückseitenbelichtung zu erhöhen und die Plattenrückseite mit ausreichend Energie zu bestrahlen, um die Bodendicke anzupassen, wie sich aus den Abs. [0040] ff. der Klagegebrauchsmusterbeschreibung ergebe. Hierfür sei eine zeitliche Zäsur gleich welcher Art weder erforderlich noch vorteilhaft. Die Klagegebrauchsmusterbeschreibung sehe die Notwendigkeit des Zuführens der „fehlenden“ UV-Leistung durch einen weiteren Rückseitenbelichtungsschritt vor. In der Klagegebrauchsmusterbeschreibung sei „zusätzlich“ nicht dahingehend zu verstehen, dass ein weiterer abgrenzbarer, numerischer Schritt erfolge, sondern es werde verlangt, dass die Gesamtenergie der Rückseitenbelichtung erhöht werde. Entscheidend sei alleine, dass die nötige Gesamtstrahlungsenergie zur Aushärtung der Rückseite erreicht werde, was ohne funktionale Abstriche auch dann möglich sei, wenn die Bestrahlungsschritte nahtlos ineinander übergingen und nur noch gedanklich nebeneinander existierten.
  39. Die angegriffene Ausführungsform sei jedenfalls in dem Belichtungsmodus „H“ anspruchsgemäß dafür ausgelegt, eine Bodendicke der Druckplatte durch nur die Hinterseite belichtende Schritte anzupassen. Das Merkmal sei immer dann verwirklicht, wenn – wie bei der angegriffenen Ausführungsform – zunächst eine Rückseitenbelichtung stattfinde und daran anschließend (nach Ablauf der Zeitverzögerung) mit der Vorderseitenbelichtung begonnen werde. Im Modus „H“ werde zunächst nur die Hinterseite mit der technisch zwingenden Folge belichtet, dass die Rückseite der Platte aushärte und damit, je nach Dauer und Belichtungsintensität, die Bodendicke der Platte angepasst werde. Dabei erfolge die Rückseitenbelichtung, mithilfe derer die Bodendicke eingestellt werden könne, auch merkmalsgemäß vor dem Durchführen des „Schrittes (a)“.
  40. Jedenfalls verwirkliche die angegriffene Ausführungsform hilfsweise das Merkmal, welches die Hinterseitenbelichtung zur Anpassung der Bodendicke der Druckplatte betreffe, in äquivalenter Weise. Das äquivalente Austauschmittel stelle ein entsprechend angepasstes Bestrahlen der Hinterseite der Platte gemäß Schritt (a) dar. Dies könne durch die Anpassung der Dauer oder der Intensität des Schrittes (a) bzw. durch Erhöhung des Energieeintrags geschehen. Dadurch werde die gleiche Wirkung wie durch ein oder mehrere nur die Hinterseite belichtenden Schritte vor Schritt (a) erzielt, da die technische Wirkung allein darin bestehe, die Plattenrückseite mit ausreichend Energie zu bestrahlen, um eine Anpassung der Bodendicke der Druckplatte zu ermöglichen. Das Austauschmittel sei auch für den Fachmann auffindbar. Eine Zäsur ergebe technisch gerade keinen Sinn. Die Lösung des Austauschmittels sei auch gleichwertig, da der Fachmann der Klagegebrauchsmusterschrift in den Abs. [0040] ff., etwa in Abs. [0058] und [0059], entnehmen könne, dass mit der Hinterseitenbelichtung die Bestrahlung der Plattenrückseite mit ausreichend Energie bezweckt werde, etwa durch Verlängerung der Belichtung.
  41. Die angegriffene Ausführungsform verwirkliche auch die Merkmale des Anspruchs 16, wonach jede LED-Quelle (1212) ein Element einer Gruppe ist, die mehrere LED-Quellen umfasst, sowie wobei die Steuerung bzw. Regelung dafür ausgelegt ist, eine individuelle Steuerung bzw. Regelung der Lichtintensität aus jeder Gruppe bereitzustellen und Schwankungen der Lichtausgabe einer Gruppe relativ zu einer anderen auszugleichen, und/oder eine individuelle Steuerung bzw. Regelung der Lichtintensität aus jeder Gruppe der wenigstens einen hinteren Quelle bereitzustellen und Schwankungen der Transmissivität des Halters, der zwischen der wenigstens einen hinteren Quelle und der Platte angeordnet ist, auszugleichen.
  42. Die „Gruppe“ umfasse sowohl eine physikalisch-statische Gruppierung auf unterscheidbaren Modulen als auch eine logisch-dynamische Gruppierung von LED-Quellen im Sinne einer losen, variablen Zusammensetzung. Die Klagegebrauchsmusterschrift definiere in Abs. [0021] in Verbindung mit Figur 12 „Gruppe“ als dynamische Gruppierung durch logische Ansteuerbarkeit. Eine anspruchsgemäße „Gruppe“ setze nicht voraus, dass die LEDs ausschließlich gruppenweise gesteuert bzw. geregelt würden. Eine Gruppe könne aus an sich einzeln ansteuerbaren LED-Quellen bestehen. Eine Gruppierung erfolge, um einen Schwankungsausgleich zu ermöglichen, sei es zwischen den Gruppen untereinander oder in Bezug auf die Transmissivität des Halters.
  43. Beide Strahlungsquellen der angegriffenen Ausführungsform wiesen sogar physikalisch-statische Gruppen von LEDs auf, jedenfalls aber Gruppen von LEDs im Sinne einer logisch-dynamischen Gruppierung. So bestehe die hintere Strahlungsquelle der angegriffenen Ausführungsform aus mehreren LED-Kacheln, die ihrerseits mehrere LEDs enthielten, wie sich etwa aus der als Anlage HLA 22/22a vorgelegten Produktbroschüre unter „Technische Daten“ oder aus den Webinar-Unterlagen der Beklagten (Anlage HLA 9) ergebe. Hinsichtlich der hinteren Belichtungsquelle der angegriffenen Ausführungsform liege zudem auch eine logisch-dynamische Gruppierung vor, denn wie in dem als Anlage HLA 7 vorgelegten Produktvideo etwa bei Minute 1:20 erkennbar sei, könne die hintere Belichtung – insoweit unstreitig – an die Größe verschieden großer Druckplatten angepasst werden und nur entsprechend der Abmessung der verwendeten Druckplatte aktiviert sein.
  44. Bei der angegriffenen Ausführungsform finde auch ein anspruchsgemäßer Schwankungsausgleich insbesondere auch hinsichtlich der vorderen Belichtungsquelle der angegriffenen Ausführungsform statt.
  45. Dadurch, dass die Vorder- und Rückseitenbelichtung der angegriffenen Ausführungsform in Gruppen von LED-Quellen steuer- bzw. regelbar sei, könnten durch die Steuerung bzw. Regelung auch Schwankungen der Lichtausgabe einer Gruppe relativ zu einer anderen ausgeglichen werden. Die angegriffene Ausführungsform weise eine Autokalibrierungsfunktion auf, um die Schwankungen, gerade auch bezogen auf die vordere Quelle, auszugleichen, wie sich übereinstimmend aus dem Produktvideo bei Minute 1:04 (Anlage HLA 7), den Webinar-Unterlagen (Anlage HLA 9) sowie dem Webinar-Video (Anlage HLA 23) ergebe. Es werde beschrieben, dass durch eine Autokalibrierung der UV-LEDs eine Autokompensation erfolge und damit eine konsistente Leistungsabgabe der vorhandenen Gruppen von LEDs erzielt werde. Die angegriffene Ausführungsform werde bis heute damit beworben, dass auch bezogen auf die Hauptbelichtungsquelle, also die Vorderseitenbelichtung, die Lichtintensität der LEDs automatisch überprüft werde, wie aus der auf der Website der Beklagten zu 1) abrufbaren Produktbroschüre (Anlagen HLA 22 und 22a), dort insbesondere unter der Überschrift „L“, ersichtlich sei. Die Produktbroschüre werbe zudem damit, dass die Möglichkeit eines einfachen Austauschs einzelner LED-Module ein Höchstmaß an Konsistenz bezüglich der Belichtung gewährleiste. Solle durch und nach einem Austausch einzelner LED-Module eine konsistente Belichtung gewährleistet werden, müsse die Belichtungsintensität der gesamten Strahlungsquelle, bei der der Austausch stattgefunden habe, technisch zwangsläufig kalibriert werden.
  46. Die rückseitige Kalibrierung der angegriffenen Ausführungsform erfasse zudem die Schwankungen der Transmissivität des Halters. Der die Lichtintensität messende Sensor des Autokalibrierungssystems befinde sich, ausgehend von der hinteren Strahlungsquelle, aufgrund des Aufbaus hinter der Glasplatte, die die Druckplatte aufnehme. D.h. der Kalibrierungssensor messe UV-Licht, das durch die Glasplatte bzw. den Halter bereits hindurchgetreten sei, wie etwa in dem als Anlage HLA 7 vorgelegten Produktvideo ab Minute 1:04 ersichtlich sei. Zwangsläufig würden demzufolge Schwankungen in der Transmissivität des Halters, wie z. B. Trübungen, von dem Sensor erfasst und im Rahmen der Autokalibrierung ausgeglichen.
  47. Weiterhin sei auch der weitere Hilfsantrag begründet, da der mit dem hiesigen Hauptantrag geltend gemachte Anspruchssatz im Vergleich zu den dem weiteren Hilfsantrag zugrundeliegenden Fassungen der Ansprüche 1 und 17 lediglich zusätzliche Merkmale aufweise.
  48. Schließlich sei das Klagegebrauchsmuster in der geltend gemachten Fassung auch rechtsbeständig. Der Aussetzungsantrag der Beklagten sei abzuweisen, da die Gebrauchsmusterabteilung des DPMA das Klagegebrauchsmuster in der nunmehr verfolgten Form aufrechterhalten habe und überwiegende Zweifel an der Schutzfähigkeit im Übrigen nicht bestünden. Neue Löschungsgründe seien von den Beklagten nicht vorgetragen worden.
  49. Ursprünglich hat die Klägerin die wortsinngemäße Verletzung des Schutzanspruchs 1 in seiner erteilten Fassung sowie sodann die wortsinngemäße Verletzung der unabhängigen Ansprüche 1 und 2 in eingeschränkt verteidigter Fassung geltend gemacht. Nach der erstinstanzlichen Löschungsentscheidung der Gebrauchsmusterabteilung des DPMA macht die Klägerin nunmehr die Verletzung der unabhängigen Schutzansprüche 1 und 16 in ihrer aufrechterhaltenen, eingeschränkten Fassung wortsinngemäß sowie hilfsweise in äquivalenter Weise geltend. Ursprünglich hat die Klägerin zudem Auskunft (Ziff. I.2.) und Rechnungslegung (Ziff. I.3.) in elektronischer und zusätzlich schriftlicher Form verlangt.
  50. Die Klägerin beantragt nunmehr,
  51. I. die Beklagten zu verurteilen,
  52. 1. es bei Meidung eines Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu € 250.000,00 für jeden Fall der Zuwiderhandlung – hilfsweise Ordnungshaft – oder Ordnungshaft bis 6 Monate, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft an den gesetzlichen Vertretern der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen,
  53. a) Einrichtungen zum Herstellen einer digitalen flexografischen Druckplatte, die ein lichtempfindliches Polymer umfasst, das durch Belichtung mit Strahlung aktiviert wird, wobei die Druckplatte eine nicht druckende Hinterseite und eine druckende Vorderseite mit einer Maske zum Definieren eines zu druckenden Bildes aufweist, wobei die Einrichtungen umfassen: mehrere Strahlungsquellen, die umfassen: wenigstens eine vordere Quelle, die positioniert ist, um die Vorderseite der Druckplatte Strahlung auszusetzen, und wenigstens eine hintere Quelle, die positioniert ist, um die Hinterseite der Druckplatte Strahlung auszusetzen, wobei die wenigstens eine vordere Quelle und die wenigstens eine hintere Quelle jeweils ein Strahlungsfeld aufweisen, das einen Bereich abdeckt, der wenigstens mit einer Breite der Druckplatte koextensiv ist; einen Halter, der dafür ausgelegt ist, die Druckplatte in einer stationären Position aufzunehmen, um einfallende Strahlung von den mehreren Strahlungsquellen aufzunehmen; einen Antriebsmechanismus, der dafür ausgelegt ist, die wenigstens eine vordere Quelle zu bewegen, um eine Relativbewegung zwischen der Platte und dem Strahlungsfeld von der wenigstens einen vorderen Quelle bereitzustellen, und/oder der dafür ausgelegt ist, die wenigstens eine hintere Quelle zu bewegen, um eine Relativbewegung zwischen der Platte und dem Strahlungsfeld von der wenigstens einen hinteren Quelle bereitzustellen; und eine Steuerung bzw. Regelung, die mit den mehreren Strahlungsquellen verbunden ist; wobei die Einrichtung dafür ausgelegt ist, für jede spezifische Koordinate entsprechend einem Querschnittsabschnitt der Druckplatte zunächst (a) mit dem Bestrahlen der Hinterseite der Platte zu beginnen, sodann (b) automatisch eine genau definierte Zeitverzögerung einzusetzen und sodann (c) unmittelbar nach dem Ablauf der Zeitverzögerung mit dem Bestrahlen der Vorderseite der Platte zu beginnen, ohne eine spezifische Koordinate gleichzeitig der Vorderseiten- und Hinterseitenbestrahlung auszusetzen, und wobei die Einrichtungen des Weiteren dafür ausgelegt sind, eine Bodendicke der Druckplatte anzupassen, indem ein oder mehrere nur die Hinterseite belichtende Schritte vor dem Durchführen des Schrittes (a) bereitgestellt werden,
  54. (DE 20 2018 006 XXA U1 – Anspruch 1)
  55. in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen, oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,
  56. b) Einrichtungen zum Herstellen einer digitalen flexografischen Druckplatte, die ein lichtempfindliches Polymer umfasst, das durch Belichtung mit Strahlung aktiviert wird, wobei die Druckplatte eine nicht druckende Hinterseite und eine druckende Vorderseite mit einer Maske zum Definieren eines zu druckenden Bildes aufweist, wobei die Einrichtungen umfassen: mehrere Strahlungsquellen, die umfassen: wenigstens eine vordere Quelle, die positioniert ist, um die Vorderseite der Druckplatte Strahlung auszusetzen, und wenigstens eine hintere Quelle, die positioniert ist, um die Hinterseite der Druckplatte Strahlung auszusetzen, wobei die wenigstens eine vordere Quelle und die wenigstens eine hintere Quelle jeweils ein Strahlungsfeld aufweisen, das einen Bereich abdeckt, der wenigstens mit einer Breite der Druckplatte koextensiv ist; einen Halter, der dafür ausgelegt ist, die Druckplatte in einer Position aufzunehmen, um einfallende Strahlung von den mehreren Strahlungsquellen aufzunehmen; und eine Steuerung bzw. Regelung, die mit den mehreren Strahlungsquellen verbunden ist; wobei die Einrichtungen dafür ausgelegt sind, für jede spezifische Koordinate entsprechend einem Querschnittsabschnitt der Druckplatte zunächst (a) mit dem Bestrahlen der Hinterseite der Platte zu beginnen, sodann (b) automatisch eine genau definierte Zeitverzögerung einzusetzen und sodann (c) unmittelbar nach dem Ablauf der Zeitverzögerung mit dem Bestrahlen der Vorderseite der Platte zu beginnen, ohne eine spezifische Koordinate gleichzeitig der Vorderseiten- und Hinterseitenbestrahlung auszusetzen, wobei die Einrichtungen des Weiteren dafür ausgelegt sind, eine Bodendicke der Druckplatte anzupassen, indem ein oder mehrere nur die Hinterseite belichtende Schritte vor dem Durchführen des Schrittes (a) bereitgestellt werden, wobei die mehreren Strahlungsquellen mehrere LED-Quellen umfassen, die dafür ausgelegt sind UV-Licht zu emittieren, und wobei jede LED-Quelle ein Element einer Gruppe ist, die mehrere LED-Quellen umfasst, und wobei die Steuerung bzw. Regelung dafür ausgelegt ist, eine individuelle Steuerung bzw. Regelung der Lichtintensität aus jeder Gruppe bereitzustellen und Schwankungen der Lichtausgabe einer Gruppe relativ zu einer anderen auszugleichen, und/oder wobei die Steuerung bzw. Regelung dafür ausgelegt ist, eine individuelle Steuerung bzw. Regelung der Lichtintensität aus jeder Gruppe der wenigstens einen hinteren Quelle bereitzustellen und Schwankungen der Transmissivität des Halters, der zwischen der wenigstens einen hinteren Quelle und der Platte angeordnet ist, auszugleichen,
  57. (DE 20 2018 006 XXA U1 – Anspruch 16)
  58. in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen, oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen;
  59. hilfsweise zu I.1.:
  60. es bei Meidung eines Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu € 250.000,00 für jeden Fall der Zuwiderhandlung – hilfsweise Ordnungshaft – oder Ordnungshaft bis 6 Monate, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft an den gesetzlichen Vertretern der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen,
  61. a) Einrichtungen zum Herstellen einer digitalen flexografischen Druckplatte, die ein lichtempfindliches Polymer umfasst, das durch Belichtung mit Strahlung aktiviert wird, wobei die Druckplatte eine nicht druckende Hinterseite und eine druckende Vorderseite mit einer Maske zum Definieren eines zu druckenden Bildes aufweist, wobei die Einrichtungen umfassen: mehrere Strahlungsquellen, die umfassen: wenigstens eine vordere Quelle, die positioniert ist, um die Vorderseite der Druckplatte Strahlung auszusetzen, und wenigstens eine hintere Quelle, die positioniert ist, um die Hinterseite der Druckplatte Strahlung auszusetzen, wobei die wenigstens eine vordere Quelle und die wenigstens eine hintere Quelle jeweils ein Strahlungsfeld aufweisen, das einen Bereich abdeckt, der wenigstens mit einer Breite der Druckplatte koextensiv ist; einen Halter, der dafür ausgelegt ist, die Druckplatte in einer stationären Position aufzunehmen, um einfallende Strahlung von den mehreren Strahlungsquellen aufzunehmen; einen Antriebsmechanismus, der dafür ausgelegt ist, die wenigstens eine vordere Quelle zu bewegen, um eine Relativbewegung zwischen der Platte und dem Strahlungsfeld von der wenigstens einen vorderen Quelle bereitzustellen, und/oder der dafür ausgelegt ist, die wenigstens eine hintere Quelle zu bewegen, um eine Relativbewegung zwischen der Platte und dem Strahlungsfeld von der wenigstens einen hinteren Quelle bereitzustellen; und eine Steuerung bzw. Regelung, die mit den mehreren Strahlungsquellen verbunden ist; wobei die Einrichtung dafür ausgelegt ist, für jede spezifische Koordinate entsprechend einem Querschnittsabschnitt der Druckplatte zunächst (a) mit dem Bestrahlen der Hinterseite der Platte zu beginnen, sodann (b) automatisch eine genau definierte Zeitverzögerung einzusetzen und sodann (c) unmittelbar nach dem Ablauf der Zeitverzögerung mit dem Bestrahlen der Vorderseite der Platte zu beginnen, ohne eine spezifische Koordinate gleichzeitig der Vorderseiten- und Hinterseitenbestrahlung auszusetzen, und wobei die Einrichtungen des Weiteren dafür ausgelegt sind, eine Bodendicke der Druckplatte anzupassen, indem das Bestrahlen der Hinterseite der Platte gemäß Schritt (a) entsprechend angepasst ist,
  62. (DE 20 2018 006 XXA U1 – äquivalente Verletzung von Anspruch 1)
  63. in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen, oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,
  64. b) Einrichtungen zum Herstellen einer digitalen flexografischen Druckplatte, die ein lichtempfindliches Polymer umfasst, das durch Belichtung mit Strahlung aktiviert wird, wobei die Druckplatte eine nicht druckende Hinterseite und eine druckende Vorderseite mit einer Maske zum Definieren eines zu druckenden Bildes aufweist, wobei die Einrichtungen umfassen: mehrere Strahlungsquellen, die umfassen: wenigstens eine vordere Quelle, die positioniert ist, um die Vorderseite der Druckplatte Strahlung auszusetzen, und wenigstens eine hintere Quelle, die positioniert ist, um die Hinterseite der Druckplatte Strahlung auszusetzen, wobei die wenigstens eine vordere Quelle und die wenigstens eine hintere Quelle jeweils ein Strahlungsfeld aufweisen, das einen Bereich abdeckt, der wenigstens mit einer Breite der Druckplatte koextensiv ist; einen Halter, der dafür ausgelegt ist, die Druckplatte in einer Position aufzunehmen, um einfallende Strahlung von den mehreren Strahlungsquellen aufzunehmen; und eine Steuerung bzw. Regelung, die mit den mehreren Strahlungsquellen verbunden ist; wobei die Einrichtungen dafür ausgelegt sind, für jede spezifische Koordinate entsprechend einem Querschnittsabschnitt der Druckplatte zunächst (a) mit dem Bestrahlen der Hinterseite der Platte zu beginnen, sodann (b) automatisch eine genau definierte Zeitverzögerung einzusetzen und sodann (c) unmittelbar nach dem Ablauf der Zeitverzögerung mit dem Bestrahlen der Vorderseite der Platte zu beginnen, ohne eine spezifische Koordinate gleichzeitig der Vorderseiten- und Hinterseitenbestrahlung auszusetzen, wobei die Einrichtungen des Weiteren dafür ausgelegt sind, eine Bodendicke der Druckplatte anzupassen, indem das Bestrahlen der Hinterseite der Platte gemäß Schritt (a) entsprechend angepasst ist, wobei die mehreren Strahlungsquellen mehrere LED-Quellen umfassen, die dafür ausgelegt sind UV-Licht zu emittieren, und wobei jede LED-Quelle ein Element einer Gruppe ist, die mehrere LED-Quellen umfasst, und wobei die Steuerung bzw. Regelung dafür ausgelegt ist, eine individuelle Steuerung bzw. Regelung der Lichtintensität aus jeder Gruppe bereitzustellen und Schwankungen der Lichtausgabe einer Gruppe relativ zu einer anderen auszugleichen, und/oder wobei die Steuerung bzw. Regelung dafür ausgelegt ist, eine individuelle Steuerung bzw. Regelung der Lichtintensität aus jeder Gruppe der wenigstens einen hinteren Quelle bereitzustellen und Schwankungen der Transmissivität des Halters, der zwischen der wenigstens einen hinteren Quelle und der Platte angeordnet ist, auszugleichen,
  65. (DE 20 2018 006 XXA U1 – äquivalente Verletzung von Anspruch 16)
  66. in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen, oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen;
  67. weiter hilfsweise zu I.1.:
  68. es bei Meidung eines Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu € 250.000,00 für jeden Fall der Zuwiderhandlung – hilfsweise Ordnungshaft – oder Ordnungshaft bis 6 Monate, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft an den gesetzlichen Vertretern der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen,
  69. a) Einrichtungen zum Herstellen einer digitalen flexografischen Druckplatte, die ein lichtempfindliches Polymer umfasst, das durch Belichtung mit Strahlung aktiviert wird, wobei die Druckplatte eine nicht druckende Hinterseite und eine druckende Vorderseite mit einer Maske zum Definieren eines zu druckenden Bildes aufweist, wobei die Einrichtungen umfassen: mehrere Strahlungsquellen, die umfassen: wenigstens eine vordere Quelle, die positioniert ist, um die Vorderseite der Druckplatte Strahlung auszusetzen, und wenigstens eine hintere Quelle, die positioniert ist, um die Hinterseite der Druckplatte Strahlung auszusetzen, wobei die wenigstens eine vordere Quelle und die wenigstens eine hintere Quelle jeweils ein Strahlungsfeld aufweisen, das einen Bereich abdeckt, der wenigstens mit einer Breite der Druckplatte koextensiv ist; einen Halter, der dafür ausgelegt ist, die Druckplatte in einer stationären Position aufzunehmen, um einfallende Strahlung von den mehreren Strahlungsquellen aufzunehmen; ein Antriebsmechanismus, der dafür ausgelegt ist, die wenigstens eine vordere Quelle und/oder die wenigstens eine hintere Quelle zu bewegen; und eine Steuerung bzw. Regelung, die mit den mehreren Strahlungsquellen verbunden ist; wobei die Einrichtungen dafür ausgelegt sind, für jede spezifische Koordinate entsprechend einem Querschnittsabschnitt der Druckplatte zunächst (a) mit dem Bestrahlen der Hinterseite der Platte zu beginnen, sodann (b) automatisch eine genau definierte Zeitverzögerung einzusetzen und sodann (c) unmittelbar nach dem Ablauf der Zeitverzögerung mit dem Bestrahlen der Vorderseite der Platte zu beginnen,
  70. (DE 20 2018 006 XXA U1 – Anspruch 1)
  71. in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen, oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,
  72. b) Einrichtungen zum Herstellen einer digitalen flexografischen Druckplatte, die ein lichtempfindliches Polymer umfasst, das durch Belichtung mit Strahlung aktiviert wird, wobei die Druckplatte eine nicht druckende Hinterseite und eine druckende Vorderseite mit einer Maske zum Definieren eines zu druckenden Bildes aufweist, wobei die Einrichtungen umfassen: mehrere Strahlungsquellen, die umfassen: wenigstens eine vordere Quelle, die positioniert ist, um die Vorderseite der Druckplatte Strahlung auszusetzen, und wenigstens eine hintere Quelle, die positioniert ist, um die Hinterseite der Druckplatte Strahlung auszusetzen, wobei die wenigstens eine vordere Quelle und die wenigstens eine hintere Quelle jeweils ein Strahlungsfeld aufweisen, das einen Bereich abdeckt, der wenigstens mit einer Breite der Druckplatte koextensiv ist; einen Halter, der dafür ausgelegt ist, die Druckplatte in einer Position aufzunehmen, um einfallende Strahlung von den mehreren Strahlungsquellen aufzunehmen; und eine Steuerung bzw. Regelung, die mit den mehreren Strahlungsquellen verbunden ist; wobei die Einrichtungen dafür ausgelegt sind, für jede spezifische Koordinate entsprechend einem Querschnittsabschnitt der Druckplatte zunächst (a) mit dem Bestrahlen der Hinterseite der Platte zu beginnen, sodann (b) automatisch eine genau definierte Zeitverzögerung einzusetzen und sodann (c) unmittelbar nach dem Ablauf der Zeitverzögerung mit dem Bestrahlen der Vorderseite der Platte zu beginnen, wobei die mehreren Strahlungsquellen mehrere LED-Quellen umfassen, die dafür ausgelegt sind UV-Licht zu emittieren, und wobei jede LED-Quelle ein Element einer Gruppe ist, die mehrere LED-Quellen umfasst, und wobei die Steuerung bzw. Regelung dafür ausgelegt ist, eine individuelle Steuerung bzw. Regelung der Lichtintensität aus jeder Gruppe bereitzustellen und Schwankungen der Lichtausgabe einer Gruppe relativ zu einer anderen auszugleichen, und/oder wobei die Steuerung bzw. Regelung dafür ausgelegt ist, eine individuelle Steuerung bzw. Regelung der Lichtintensität aus jeder Gruppe der wenigstens einen hinteren Quelle bereitzustellen und Schwankungen der Transmissivität des Halters, der zwischen der wenigstens einen hinteren Quelle und der Platte angeordnet ist, auszugleichen
  73. (DE 20 2018 006 XXA U1 – Anspruch 17)
  74. in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen, oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen.
  75. 2. der Klägerin in elektronischer Form darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie die in Ziffer I.1 bezeichneten Handlungen seit dem 25. März 2021 begangen haben, und zwar unter Angabe
  76. a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Erzeugnisse,
  77. b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
  78. c) der Mengen der ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden;
  79. wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
  80. 3. der Klägerin in einer geordneten und vollständigen Aufstellung unter Vorlage von Belegen, wie Rechnungen oder Lieferscheinen oder Quittungen, in elektronischer Form, darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die in Ziffer I.1 bezeichneten Handlungen seit dem 25. April 2021 begangen haben, und zwar unter Angabe:
  81. a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, und -preisen, einschließlich der Rechnungsnummern und den jeweiligen Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer, einschließlich der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
  82. b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen und den jeweiligen Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
  83. c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internet-Werbung der Domain, den Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume, und bei direkter Werbung, wie Rundbriefen, den Namen und Anschriften der Empfänger,
  84. d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
  85. wobei
  86. – den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der erteilten Rechnungslegung enthalten ist;
  87. – wobei Daten, auf die sich die geschuldete Auskunft und Rechnungslegung nicht bezieht und hinsichtlich derer ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse der Beklagten besteht, abgedeckt oder geschwärzt sein können;
  88. 4. die vorstehend unter Ziffer I.1 bezeichneten, seit dem 25. März 2021 im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in Verkehr gebrachten Erzeugnisse gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf den gerichtlich (Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom …) festgestellten gebrauchsmusterverletzenden Zustand der Erzeugnisse und mit der verbindlichen Zusage aus den Vertriebswegen zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen, oder diese Erzeugnisse endgültig aus den Vertriebswegen zu entfernen, indem die Beklagten diese Erzeugnisse wieder an sich nehmen.
  89. II. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder in ihrem Eigentum befindlichen, unter Ziffer I.1 bezeichneten Erzeugnisse an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zweck der Vernichtung auf ihre – der Beklagten zu 1) – Kosten herauszugeben.
  90. III. festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr wegen der in Ziffer I.1 beschriebenen, seit dem 25. April 2021 begangenen Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.
  91. Wegen der lediglich als Insbesondere-Anträge geltend gemachten Ansprüche 6, 7, 8, 9, 13 und 14 (Hauptantrag gem. Ziff. I.1. und Hilfsantrag zu Ziff. I.1.) bzw. Ansprüche 2, 7, 8, 9, 10, 14, 15 (weiterer Hilfsantrag zu Ziff. I.1.) wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 20.02.2024 verwiesen.
  92. Die Klägerin beantragt weiterhin, für jede der Tenorziffern des Urteils und für jede Beklagte gesondert Teilsicherheiten festzusetzen.
  93. Die Beklagten beantragen,
  94. die Klage abzuweisen
  95. hilfsweise
  96. den Rechtsstreit bis zur Entscheidung über den gegen das Klagegebrauchsmuster anhängigen Löschungsantrag auszusetzen.
  97. Die Klägerin tritt dem Aussetzungsantrag der Beklagten entgegen.
  98. Die Beklagten meinen, die geltend gemachten Ansprüche stünden der Klägerin nicht zu, da es an einer Verwirklichung der Lehre von Anspruch 1 und 16 des Klagegebrauchsmusters durch die angegriffene Ausführungsform fehle und die Klägerin überdies aus der geänderten Fassung des Klagegebrauchsmusters wegen einer Erweiterung des Gegenstands der Stammanmeldung keine Rechte herleiten könne.
  99. Zunächst würden die Merkmale, welche die Belichtungsabfolge der Druckplatte vorgeben, insbesondere das Merkmal gemäß Schritt (b), welches die automatisch einzusetzende genau definierte Zeitverzögerung betreffe, durch die angegriffene Ausführungsform nicht verwirklicht.
  100. Die Schritte (a), (b) und (c) der Merkmalsgruppe, welche in Anspruch 1 und Anspruch 16 jeweils die Bestrahlungsabfolge beschreibe, bezögen sich auf jede spezifische Querschnittskoordinate der Druckplatte und besagten, dass jede Querschnittskoordinate zunächst auf der Rückseite der Platte bestrahlt werde, wonach automatisch eine genau definierte, identische Zeitverzögerung einsetze, und unmittelbar nach dem Ablauf der Zeitverzögerung mit dem Bestrahlen der entsprechenden Querschnittskoordinate auf der Vorderseite der Platte begonnen werde. Der Bezugspunkt der spezifischen Koordinate sei für die einzelnen Schritte vor die Klammer gezogen.
  101. Die genau definierte Zeitverzögerung müsse insbesondere für jede spezifische Querschnittskoordinate der Druckplatte identisch sein. Diese Auffassung teile auch die Gebrauchsmusterabteilung des DPMA in ihrem Beschluss vom 15.05.2023 (Anlage HLA 17). Für jede Koordinate müsse derselbe zeitliche Abstand zwischen Bestrahlen der Hinterseite und Bestrahlen der Vorderseite liegen. Wenn etwa die Rückseitenbelichtung aller Querschnittskoordinaten simultan durchgeführt werde (sog. Flooding), müsse dies auch bei der Vorderseitenbelichtung der Fall sein.
  102. Auch die funktionale Auslegung sowie die Bewertung der Figuren ergebe, dass die genau definierte Zeitverzögerung eine einheitliche Zeitverzögerung für jede spezifische Koordinate entsprechend einen Querschnittsabschnitt der Druckplatte bedeuten müsse. Die einzustellende genau definierte Zeitverzögerung zwischen dem Durchführen der hinteren Belichtung und der primären Belichtung diene der Optimierung von feinen Details auf der Druckplatte durch Erzeugung der kleinsten stabilen Drucktupfer (vgl. Absatz [0008]). Der Vorteil werde auf der mikroskopischen Ebene des kleinsten bearbeiteten Einzeltupferelementes erzielt. Die Optimierung der Verzögerungszeit für eine bestimmte Druckplatte sei Gegenstand des einzigen in den Abs. [0024] bis [0027] gezeigten Beispiels des Klagegebrauchsmusters. Die Lehre des Klagegebrauchsmusters bestehe im Kern darin, eine optimale, einheitliche Zeitverzögerung für einen Typ Druckplatte und einen Satz Belichtungsparameter zu entwickeln. Eine Einrichtung gemäß der Lehre des Klagegebrauchsmusters müsse geeignet sein, für jede spezifische Koordinate entsprechend einem Querschnittsabschnitt der Druckplatte eine identische genau definierte Zeitverzögerung zu gewährleisten. Der Fachmann erkenne, dass die Optimierung nur für einzelne Drucktupfer technisch sinnlos sei, so dass sie für alle Koordinaten identisch sein müsse. Die etwa in Figuren 1A und 1B sowie den Abs. [0014] und [0015] des Klagegebrauchsmusters beschriebene Zeitverzögerung t = D/v sei einheitlich für jede Koordinate, da der Abstand D und die Geschwindigkeit v für die Belichtung der Druckplatte konstant seien.
  103. Der Fachmann erkenne weiterhin auch aus den Figuren 5 und 6, dass das Klagegebrauchsmuster auf ein genau definiertes Optimum der Zeitverzögerung abstelle und nicht auf einen optimalen Bereich. Der Diffusionsprozess könne nicht nur punktuell für bestimmte Koordinaten beeinflusst werden, da der Sauerstoff nicht bloß in einzelnen Koordinaten der Platte enthalten sei, sondern in der ganzen Platte. Entsprechend sei auch keine optimale Zeitspanne der Verzögerung beansprucht, sondern eine genau definierte. Dass die optimale Zeitverzögerung gemäß Abs. [0012] des Klagegebrauchsmusters in Abhängigkeit von den Eigenschaften der Druckplatte variieren könne, sei Teil der Lehre des Klagegebrauchsmusters, wonach für jede Druckplatte und jeden Satz von Belichtungsparametern eine optimale Zeitverzögerung zu ermitteln sei. Die Bereichsangaben in Abs. [0027] der Klagegebrauchsmusterschrift besagten nicht, dass ein beanspruchter bestimmter Parameter in einer Ausführungsform variabel sein dürfe bzw. dass unterschiedliche Verzögerungszeiten für unterschiedliche Koordinaten vorkommen könnten. Es seien stattdessen Bereiche angegeben, aus welchen der Zeitverzögerungswert gewählt werden könne.
  104. Bei Abs. [0039] der Klagegebrauchsmusterschrift handele es sich nicht um ein Ausführungsbeispiel, sondern um eine allgemeine Beschreibung einer möglichen Variante, die aber nicht zwingend anspruchsgemäß sei. Zudem sei danach lediglich als Möglichkeit angegeben, dass eine Druckplatte in mehrere Flächen oder Abschnitte unterteilt sein könne, die nach Bedarf unterschiedlich bestrahlt werden könnten. In Abs. [0039] der Klagegebrauchsmusterschrift sei hingegen nicht die Möglichkeit einer unterschiedlichen Verzögerungszeit angedeutet.
  105. Die angegriffene Ausführungsform sei nicht dafür ausgelegt, die Belichtungsabfolge gemäß dem Klagegebrauchsmuster durchzuführen und entsprechend für jede Koordinate eine einheitlich definierte Zeitverzögerung zwischen der Belichtung der Hinterseite und der Vorderseite einzusetzen. Dies gelte insbesondere auch für den Betriebsmodus „H“. Denn in diesem Betriebsmodus werde zunächst die Rückseite der Druckplatte vollständig im Wege des Floodings belichtet, also durch simultane Belichtung der gesamten Druckplattenrückseite, wofür die Beklagten auf Folie 12 der Anlage HLA 9 verweisen. Die Rückseitenbelichtung beginne und ende dabei für jede Querschnittskoordinate gleichzeitig. Die Vorderseitenbelichtung (Hauptbelichtung) erfolge dagegen nicht im Wege des Floodings, sondern sequentiell durch Verfahren einer sich über die Breite der Druckplatte erstreckenden linearen Lichtquelle längs der Druckplatte, so dass die Querschnittskoordinaten an der Vorderseite der Platte in einer zeitlichen Abfolge, die von der Geschwindigkeit der Bewegung der linearen Lichtquelle abhänge, bestrahlt würden. Im Ergebnis unterscheide sich die Zeitverzögerung zwischen den Querschnittskoordinaten. Die Zeitverzögerung variiere bei der angegriffenen Ausführungsform sogar über einen sehr weiten Bereich, von sehr kurz auf der einen Seite der Platte zu sehr lang auf der anderen Seite der Platte. Die angegriffene Ausführungsform erfülle damit auch die Aufgabe des Klagegebrauchsmusters, feine Details auf der Druckplatte zu optimieren, nicht, da es ihrer Art der Bestrahlung nicht möglich sei, die Zeitverzögerung zu optimieren.
  106. Auch das in Ansprüche 1 und 16 identisch vorkommende Merkmal, wonach die Einrichtung dafür ausgelegt ist, eine Bodendicke der Druckplatte anzupassen, indem ein oder mehrere nur die Hinterseite belichtende Schritte vor dem Durchführen des Schrittes (a) bereitgestellt werden, weise die angegriffene Ausführungsform nicht auf.
  107. Damit werde gefordert, dass bereits eine Rückseitenbelichtung erfolge, bevor mit Schritt (a) der Belichtungsabfolge begonnen werde. Erforderlich sei mindestens ein gesonderter, zusätzlicher und unterscheidbarer Belichtungsschritt vor der eigentlichen Belichtung.
  108. Die Hinterseite werde anspruchsgemäß zunächst – zeitlich vorausgehend – in einem oder mehreren Schritten bestrahlt, um eine Bodendicke sicherzustellen, die der Druckplatte Stabilität verleihe. In einem sich daran anschließenden Schritt werde die Hinterseite erneut bestrahlt und dadurch in den Vorgang eingetreten, durch den die kleinsten stabilen Drucktupfer erzeugt werden sollen. Eine Belichtung der Rückseite, die mit deren Belichtung zur Anpassung der Bodendicke der Druckplatte beginnen und ohne Zäsur in die Rückseitenbelichtung nach Schritt (a) zur Erzeugung der kleinsten stabilen Drucktupfer übergehen würde, sei nicht erfasst, da ansonsten entgegen des Anspruchs ein einziger Belichtungsvorgang vorläge. Der Fachmann erkenne ohne Weiteres, dass mit dem Merkmal, wonach zunächst (a) mit dem Bestrahlen der Hinterseite der Platte zu „beginnen“ sei, ein zweiter Beginn der Hinterseitenbestrahlung gefordert werde, der sich von dem Beginn der die Hinterseite belichtenden Schritte zur Anpassung der Bodendicke unterscheide. Es müsse daher eine Zäsur zwischen der zunächst erfolgenden Hinterseitenbelichtung zur Anpassung der Bodendicke und dem Beginn der Hinterseitenbelichtung gemäß Schritt (a) geben, die nicht notwendigerweise eine Zeitverzögerung erfordere. Beispielsweise könne die Zäsur auch durch eine Änderung der Belichtungsparameter realisiert sein. Ein einheitlicher Belichtungsschritt ohne eine irgendwie geartete Zäsur könne aber a priori nicht beide Merkmale erfüllen.
  109. Die in den Abs. [0057], [0058] und [0059] der Klagegebrauchsmusterschrift beschriebenen Möglichkeiten, der Rückseitenbelichtung zusätzliche Energie zur Verfügung zu stellen, sehe das Klagegebrauchsmuster im Gegensetz zu den in Abs. [0061] vorgestellten zusätzlichen Belichtungsschritten nicht als vorteilhaft an. Die von der Klägerin geltend gemachte Fassung beanspruche jedoch die Variante des Abs. [0061] der Klagegebrauchsmusterschrift. Da gem. Abs. [0061], [0062] und Figur 10 der eine oder die mehreren nur hinten belichtenden Schritte zum Anpassen des Plattenbodens „nacheinander unmittelbar vor“ Schritt 1000 durchgeführt würden, scheide ein einheitlicher und gleichzeitiger Belichtungsvorgang aus. Wäre ein gleichzeitiger Belichtungsvorgang erfasst, fänden die Belichtungsschritte zum Anpassen des Plattenbodens nicht unmittelbar vor Schritt (a) statt, sondern fielen mit diesem zusammen. Die Formulierung mache deutlich, dass eine mehrfache Belichtung erforderlich sei. Hierfür sprächen auch die Ausführungen der Gebrauchsmusterabteilung des DPMA in ihrem Beschluss vom 15.05.2023.
  110. Nach der Auslegung der Klägerin falle das Merkmal, wonach mindestens ein die Hinterseite belichtender Schritt vor dem Schritt (a) bereitgestellt werden muss, mit dem Merkmal, welches Schritt (a) beschreibe, zusammen und müsse nicht eigens verwirklicht sein. Bei einem – nach Ansicht der Beklagten nicht anspruchsgemäßen – einheitlichen Schritt der Hinterseitenbestrahlung stünde dieser zudem im konkreten zeitlichen Kontext zur Vorderseitenbestrahlung (vorgegebene automatische Zeitverzögerung) und erfülle immer den Zweck der mit der Belichtungsabfolge befassten Merkmalsgruppe, nämlich durch eine optimierte Zeitverzögerung zwischen dem Beginn der Hinterseitenbestrahlung und dem Beginn der Vorderseitenbestrahlung die Drucktupfer zu optimieren.
  111. Bei der angegriffenen Ausführungsform finde, insbesondere im Modus „H“, lediglich eine einzige und einheitliche Belichtung der Rückseite statt. Die Rückseite werde nicht zunächst ein- oder mehrfach belichtet, bevor es nach einer Unterbrechung zu einer weiteren Belichtung der Rückseite komme. Im Modus „H“ werde die Rückseite der Druckplatte nur einmal – im Wege des Floodings – belichtet, also durch simultane Belichtung der gesamten Druckplattenrückseite ohne eine wie auch immer geartete Zäsur. Die Hinterseitenbelichtung der angegriffenen Ausführungsform bewirke auch nicht in einem ersten Abschnitt die Anpassung der Bodendicke der Druckplatte und in einem zweiten Abschnitt die Ausbildung der Drucktupfer bzw. des Drucktupfergrundes. Die Wirkung der Hinterseitenbelichtung im „J“ sei vielmehr durchgängig und einheitlich und beinhalte keine Änderung des Bestrahlungszweckes während des einheitlichen Belichtungsschrittes.
  112. Ebenso wenig verletze die angegriffene Ausführungsform das vorgenannte Merkmal in äquivalenter Weise. Der Äquivalenzantrag der Klägerin sei bereits zu unbestimmt. Es mangele an der Benennung eines konkreten Austauschmittels. Der geltend gemachte Anspruch sei zudem gerade auf einen zusätzlichen Hinterseitenbelichtungsschritt, wie ihn Abs. [0061] der Klagegebrauchsmusterschrift beschreibe, gerichtet. Die in den Abs. [0057], [0058] der Klagegebrauchsmusterschrift genannten Mittel stellten keine Austauschmittel dar, sondern eine Abkehr von der Lösung des Klagegebrauchsmusters.
  113. Es mangele der angegriffenen Ausführungsform auch an den Merkmalen, wonach jede LED-Quelle (1212) ein Element einer Gruppe ist, die mehrere LED-Quellen umfasst sowie wobei die Steuerung bzw. Regelung dafür ausgelegt ist, eine individuelle Steuerung bzw. Regelung der Lichtintensität aus jeder Gruppe bereitzustellen und Schwankungen der Lichtausgabe einer Gruppe relativ zu einer anderen auszugleichen, und/oder eine individuelle Steuerung bzw. Regelung der Lichtintensität aus jeder Gruppe der wenigstens einen hinteren Quelle bereitzustellen und Schwankungen der Transmissivität des Halters, der zwischen der wenigstens einen hinteren Quelle und der Platte angeordnet ist, auszugleichen.
  114. Der Fachmann verstehe, dass sich eine Gruppe von LEDs dadurch qualifiziere, dass die LEDs ausschließlich gruppenweise gesteuert bzw. geregelt würden. Dies ergebe sich aus Abs. [0021] der Klagegebrauchsmusterschrift, in dem zwischen drei Varianten unterschieden werde, wobei der Anspruch auf die dritte Variante, also die Steuerung/Regelung aller Punktquellen in Gruppen, beschränkt sei. Eine individuelle Ansteuerbarkeit aller LEDs einzeln sei nicht anspruchsgemäß. Das Merkmal der „Gruppe“ werde nicht von einer losen variablen Zusammensetzung von individuell ansteuerbaren LEDs erfüllt. Für die Zugehörigkeit der LEDs zu einer Gruppe sei auch nicht ausreichend, dass diese in Modulen angeordnet seien.
  115. Bei der angegriffenen Ausführungsform seien die LEDs der Strahlungsquelle für die Rückseitenbelichtung kein Teil einer Gruppe. Bei der hinteren Strahlungsquelle der angegriffenen Ausführungsform bestehe ausschließlich die Möglichkeit, die einzelnen LEDs individuell anzusteuern. Sie seien nicht kachelweise ansteuerbar. Die Rückseitenbelichtung werde durch eine individuelle Ansteuerung jeder einzelnen LED-Quelle auf die Plattengröße angepasst.
  116. Jedenfalls finde eine Ausgleichung der Lichtintensität durch eine individuelle Steuerung bzw. Regelung der Gruppen von LEDs bei der angegriffenen Ausführungsform nicht statt. Bei der hinteren Quelle finde kein Ausgleich von Schwankungen einer Gruppe relativ zu einer anderen Gruppe statt, sondern es werde die Intensität einer einzelnen LED relativ zu einer anderen LED oder mehrerer umgebender LEDs angepasst und dies unabhängig von der räumlichen Zuordnung einer LED zu einer „Kachel“ oder einer logischen Gruppe. Für die Vorderseitenbelichtungsquelle sei ein Ausgleich der Lichtausgabe der LED-Quellen in der Software und der Hardware nicht vorgesehen.
  117. Die fehlerhaft beworbene, beidseitige Autokalibrierungsfunktion sei in der in Deutschland auf dem Markt befindlichen angegriffenen Ausführungsform nicht realisiert worden. Diese besitze lediglich einen Mechanismus, um defekte LEDs erkennen zu können, den „K“. Würden defekte LEDs entdeckt, bestehe jedoch keine Möglichkeit, deren Ausfall durch die Ansteuerung anderer LEDs auszugleichen. Es finde bei der angegriffenen Ausführungsform auch kein irgendwie gearteter Ausgleich von Schwankungen der Transmissivität des Halters bzw. der Glasplatte durch Steuerung bzw. Regelung der Lichtintensität statt.
  118. Darüber hinaus könne die Klägerin aus dem Klagegebrauchsmuster in der geänderten Fassung keine Rechte herleiten, da diese den Gegenstand der Anmeldung gem. § 4 Abs. 5 Satz 2 GebrMG unzulässig erweitere. Jedenfalls sei das Verfahren hilfsweise auszusetzen, da sich das Klagegebrauchsmuster in der Beschwerde des anhängigen Löschungsverfahrens als nicht rechtsbeständig erweisen werde.
  119. Die Klage sei auch mit dem weiteren Hilfsantrag mangels Verletzung abzuweisen. In jedem Fall sei das Klagegebrauchsmuster in der im Hilfsantrag geltend gemachten Anspruchsfassung (Anlage HLA 20a) unzulässig erweitert und insgesamt nicht rechtsbeständig.
  120. Für die Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die ausgetauschten Schriftsätze samt Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20.02.2024 verwiesen.
  121. Entscheidungsgründe
  122. Die zulässige Klage ist unbegründet.
  123. Die Beklagten verletzen durch das Angebot der angegriffenen Ausführungsform das Klagegebrauchsmuster nicht. Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht die Lehre des Klagegebrauchsmusters in der Fassung des Hauptantrags weder wortsinngemäß, noch (hilfsweise) äquivalent (hierzu unter II. und III.). Sie verwirklicht die geschützte Lehre ebenfalls nicht in der weiter hilfsweise geltend gemachten Fassung (hierzu unter IV.). Der Klägerin stehen daher gegen die Beklagten die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung, Vernichtung, Rückruf sowie Feststellung der Schadensersatzpflicht wegen unmittelbarer wortsinngemäßer oder äquivalenter Gebrauchsmusterverletzung gem. §§ 24, 24a, 24b, 11 GebrMG i.V.m. §§ 242, 259 BGB nicht zu.
  124. I.
    Soweit die Klägerin die Klage beschränkt hat, indem sie den Hauptantrag sowie den ersten Hilfsantrag nunmehr allein noch auf eine Verletzung des Klagegebrauchsmusters in der durch das DPMA beschränkt aufrechterhaltenen Fassung stützt, ist eine solche Antragsänderung zulässig. Eine solche Anpassung der Anträge auf eine zwischenzeitlich im Rechtsbestandsverfahren erfolgte beschränkte Aufrechterhaltung des Anspruchs stellt keine Klageänderung im Sinne von § 263 ZPO, sondern allenfalls eine stets zulässige Beschränkung des Klageantrags nach § 264 Nr. 2 ZPO dar (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 18.3.2021 – 2 U 18/19, GRUR-RS 2021, 6714 Rn. 38).
  125. II.
    Die angegriffene Ausführungsform macht von der Lehre der geltend gemachten Fassungen der Ansprüche 1 und 16 des Klagegebrauchsmusters nicht unmittelbar wortsinngemäß Gebrauch.
  126. 1.
    Das Klagegebrauchsmuster, dessen in Anlage HLA 1 eingereichter Gebrauchsmusterschrift die nachfolgend ohne Quellenangaben zitierten Absätze entstammen, betrifft eine Einrichtung zum Anpassen des Bodens einer flexografischen Druckplatte in einem gesteuerten bzw. geregelten Belichtungssystem.
  127. a)
    Das Klagegebrauchsmuster befasst sich mit dem Prozess der Herstellung und des Härtens von Polymerdruckplatten zum Bedrucken unterschiedlichster Substrate. In seiner einleitenden Beschreibung schildert das Klagegebrauchsmuster in Abs. [0004] zum Hintergrund, dass auf dem Gebiet des Druckwesens das Minimieren der Größe eines Tupfers bzw. Punktes (dot), der auf ein Substrat gedruckt wird, erwünscht ist, wobei kleinere Tupfer kleineren Druckplattenelementen entsprechen, die während der Verwendung stärker schadensanfällig sind. Entsprechend ist laut des Klagegebrauchsmusters im Stand der Technik stets die Notwendigkeit vorhanden, die Größe der gedruckten Tupfer zu verkleinern und dabei zudem eine optimale Stabilität der Druckelemente auf der Platte zur Erzeugung dieser gedruckten Tupfer sicherzustellen.
  128. b)
    In Abs. [0001] erläutert das Klagegebrauchsmuster, dass im Stand der Technik viele Prozesse zum Herstellen von Polymerdruckplatten bekannt sind, z.B. von flexografischen Fotopolymerplatten und Buchdruckplatten, die mit einem Fotopolymermaterial beschichtet sind. Bei einem bekannten Prozess wird danach, ausgehend von einer Platte, auf der ein abtragbares Material befindlich ist, in einem digitalen Bildgeber ein Bild auf die Platte übertragen, um das abtragbare Material entsprechend den Bilddaten abzutragen, woraufhin die belichtete Platte durch Belichten der Platte mit Strahlung, z.B. mit ultravioletter (UV) Lichtenergie, aushärtet.

    Gemäß Abs. [0002] des Klagegebrauchsmusters sind weiter verschiedene Prozesse zum Aushärten der Platte sowohl auf der mit dem Bild versehenen Seite als auch der Hinterseite der Platte bekannt. Dies geschieht durch Belichten mittels einer funktionalen Energiequelle, darunter Verfahren zum Bereitstellen einer allumfassenden (blanket) Belichtung (z.B. durch fluoreszierende Lichtröhren, die UV-Licht emittieren) und Verfahren zum Bereitstellen der gewünschten Strahlung unter Verwendung der LED-Technologie (Licht emittierende Diode LED). Letztere ist laut dem Klagegebrauchsmuster in dem US-Patent 8,389,XXE beschrieben. Aus Sicht des Klagegebrauchsmusters ist eine besonders nützliche LED-Anordnung in dem US-Patent 8,578,XXF gezeigt und beschrieben.

  129. Ausweislich Abs. [0003] des Klagegebrauchsmusters beinhalten bekannte Prozesse ein Belichten des Hinteren einer Platte, ein sodann erfolgendes Durchführen einer Laserabtragung an der Vorderseite der Platte und ein sodann erfolgendes Durchführen einer Vorderseitenbelichtung. Andere Prozesse beinhalten ein Laserabtragen der Vorderseite der Platte, ein sodann erfolgendes Aushärten der einen Seite der Platte unter Verwendung einer allumfassenden Belichtung, ein manuelles Umdrehen der Platte und ein sodann erfolgendes Aushärten der anderen Seite der Platte. Jeder der vorgenannten Prozesse setzt laut dem Klagegebrauchsmuster eine nichtdefinierte, variable Zeitverzögerung zwischen der ersten und der zweiten Belichtung ein, die von der Zeitdauer des Laserabtragungsschrittes beim ersten Prozess oder von der Zeit, die das manuelle Umdrehen der Platte benötigt, bei dem zweiten Schritt abhängt. Wieder andere Prozesse können ein gleichzeitiges Belichten sowohl der Hinterseite als auch der Vorderseite einer Platte beinhalten, vgl. Abs. [0003].
  130. Das Klagegebrauchsmuster erläutert weiterhin zum Stand der Technik in Abs. [0004], dass die PCT-Anmeldung PCT/IB2016/001XXG Systeme und Verfahren beschreibt, die für jede spezifische Koordinate entsprechend einem Querschnittsabschnitt der Platte zunächst mit dem Bestrahlen der Hinterseite der Platte beginnen, sodann automatisch eine genau definierte und wiederholbare Zeitverzögerung einsetzen und sodann unmittelbar nach dem Ablauf der Zeitverzögerung mit dem Bestrahlen der Vorderseite der Platte beginnen, ohne eine spezifische Koordinate gleichzeitig mit Vorderseiten- und Hinterseitenstrahlung zu belichten.
  131. c)
    Aus Sicht des Klagegebrauchsmusters ist es gem. Abs. [0003] nachteilig, dass bei Prozessen, die variable Zeitverzögerungen zwischen der ersten und der zweiten Belichtung einsetzen, die Variabilität mit Blick auf die abgelaufene Zeit zwischen der ersten und der zweiten Belichtung eine unerwünschte Schwankung der Qualität der Platte bedingt.
  132. Auch ein gleichzeitiges Belichten sowohl der Hinterseite als auch der Vorderseite einer Platte ist gem. Abs. [0003] weiterhin nicht optimal, obwohl es laut des Klagegebrauchsmusters zu besser vorhersagbaren Ergebnissen als bei einem Prozess führt, der eine variable Zeitverzögerung einsetzt.
  133. d)
    Das Klagegebrauchsmuster benennt in seiner einleitenden Beschreibung keine ausdrückliche Aufgabe. Es möchte daher allgemein eine im Vergleich zum Stand der Technik verbesserte Lösung bereitstellen. Die Abs. [0011], [0012] wird der Fachmann dahingehend verstehen, dass das Klagegebrauchsmuster das Druckbild von durch Belichtung auszuhärtenden Polymerdruckplatten im Detail verbessern und Qualitätsschwankungen reduzieren möchte. Nach Abs. [0011], [0012] können bei Prozessen, bei denen sowohl eine hintere Belichtung als auch eine primäre Belichtung an einer Platte durchgeführt werden, durch eine definierte Verzögerung zwischen der hinteren Belichtung und der primären Belichtung feine Details auf der Platte optimiert werden, wobei die Druckplatte möglichst kleine, möglichst stabile Tupfer aufweisen soll.
  134. 2.
    Zur Lösung schlägt das Klagegebrauchsmuster eine Vorrichtung in Form einer Einrichtung zum Herstellen einer digitalen flexografischen Druckplatte gemäß seiner vom DPMA beschränkt aufrechterhaltenen, unabhängigen Ansprüche 1 und 16 vor. Diese lassen sich anhand der folgenden Merkmalsgliederungen darstellen:
  135. Anspruch 1:
  136. 1. Einrichtung (100, 800) zum Herstellen einer digitalen flexografischen Druckplatte (130, 830)
  137. 1.1 Die Einrichtung umfasst ein lichtempfindliches Polymer (134), das durch Belichtung mit Strahlung aktiviert wird.
  138. 1.2 Die Druckplatte (130, 830) weist eine nicht druckende Hinterseite und eine druckende Vorderseite mit einer Maske (132) zum Definieren eines zu druckenden Bildes auf.
  139. 2. Die Einrichtung (100, 800) umfasst mehrere Strahlungsquellen.
  140. 2.1 Die mehreren Strahlungsquellen umfassen wenigstens eine vordere Quelle (110,810), die positioniert ist, um die Vorderseite der Druckplatte (130, 830) Strahlung auszusetzen; und
  141. 2.2 die mehreren Strahlungsquellen umfassen wenigstens eine hintere Quelle (120, 820), die positioniert ist, um die Hinterseite der Druckplatte (130, 830) Strahlung auszusetzen.
  142. 2.3 Die wenigstens eine vordere Quelle und die wenigstens eine hintere Quelle weisen jeweils ein Strahlungsfeld auf, das einen Bereich abdeckt, der wenigstens mit einer Breite der Druckplatte koextensiv ist.
  143. 3. Die Einrichtung (100, 800) umfasst einen Halter (160, 860), der dafür ausgelegt ist, die Druckplatte (130, 830) in einer stationären Position aufzunehmen, um einfallende Strahlung von den mehreren Strahlungsquellen aufzunehmen.
  144. 3a. Die Einrichtung (100, 800) umfasst ein Antriebsmechanismus.
  145. 3a.1 Der Antriebsmechanismus ist dafür ausgelegt, die wenigstens eine vordere Quelle zu bewegen, um eine Relativbewegung zwischen der Platte und dem Strahlungsfeld von der wenigstens einen vorderen Quelle bereitzustellen;
  146. 3a.2 und/oder der Antriebsmechanismus ist dafür ausgelegt, die wenigstens eine hintere Quelle zu bewegen, um eine Relativbewegung zwischen der Platte und dem Strahlungsfeld von der wenigstens einen hinteren Quelle bereitzustellen.
  147. 4. Die Einrichtung (100, 800) umfasst eine Steuerung bzw. Regelung (140, 840), die mit den mehreren Strahlungsquellen verbunden ist.
  148. 5.1 Die Einrichtung ist dafür ausgelegt, für jede spezifische Koordinate entsprechend einem Querschnittsabschnitt der Druckplatte zunächst (a) mit dem Bestrahlen der Hinterseite der Platte zu beginnen;
  149. 5.2 die Einrichtung ist dafür ausgelegt, für jede spezifische Koordinate entsprechend einem Querschnittsabschnitt der Druckplatte sodann (b) automatisch eine genau definierte Zeitverzögerung einzusetzen und
  150. 5.3 die Einrichtung ist dafür ausgelegt, für jede spezifische Koordinate entsprechend einem Querschnittsabschnitt der Druckplatte sodann (c) unmittelbar nach dem Ablauf der Zeitverzögerung mit dem Bestrahlen der Vorderseite der Platte zu beginnen;
  151. 5.4 die Einrichtung ist dafür ausgelegt, die Bestrahlung durchzuführen, ohne eine spezifische Koordinate gleichzeitig der Vorderseiten- und der Hinterseitenbestrahlung auszusetzen.
  152. 6. Die Einrichtung ist des Weiteren dafür ausgelegt ist, eine Bodendicke der Druckplatte anzupassen, indem ein oder mehrere nur die Hinterseite belichtenden Schritte vor dem Durchführen des Schrittes (a) bereitgestellt werden.
  153. Anspruch 16:
  154. 1. Einrichtung (100, 800) zum Herstellen einer digitalen flexografischen Druckplatte (130, 830)
  155. 1.1 Die Einrichtung umfasst ein lichtempfindliches Polymer (134), das durch Belichtung mit Strahlung aktiviert wird.
  156. 1.2 Die Druckplatte (130, 830) weist eine nicht druckende Hinterseite und eine druckende Vorderseite mit einer Maske (132) zum Definieren eines zu druckenden Bildes auf.
  157. 2. Die Einrichtung (100, 800) umfasst mehrere Strahlungsquellen.
  158. 2.1 Die mehreren Strahlungsquellen umfassen wenigstens eine vordere Quelle (110,810), die positioniert ist, um die Vorderseite der Druckplatte (130, 830) Strahlung auszusetzen; und
  159. 2.2 die mehreren Strahlungsquellen umfassen wenigstens eine hintere Quelle (120, 820), die positioniert ist, um die Hinterseite der Druckplatte (130, 830) Strahlung auszusetzen;
  160. 2.3 Die wenigstens eine vordere Quelle und die wenigstens eine hintere Quelle weisen jeweils ein Strahlungsfeld auf, das einen Bereich abdeckt, der wenigstens mit einer Breite der Druckplatte koextensiv ist.
  161. 3. Die Einrichtung (100, 800) umfasst einen Halter (160, 860), der dafür ausgelegt ist, die Druckplatte (130, 830) in einer Position aufzunehmen, um einfallende Strahlung von den mehreren Strahlungsquellen aufzunehmen.
  162. 4. Die Einrichtung (100, 800) umfasst eine Steuerung bzw. Regelung (140, 840), die mit den mehreren Strahlungsquellen verbunden ist.
  163. 5.1 Die Einrichtung ist dafür ausgelegt, für jede spezifische Koordinate entsprechend einem Querschnittsabschnitt der Druckplatte zunächst (a) mit dem Bestrahlen der Hinterseite der Platte zu beginnen;
  164. 5.2 die Einrichtung ist dafür ausgelegt, für jede spezifische Koordinate entsprechend einem Querschnittsabschnitt der Druckplatte sodann (b) automatisch eine genau definierte Zeitverzögerung einzusetzen und
  165. 5.3 die Einrichtung ist dafür ausgelegt, für jede spezifische Koordinate entsprechend einem Querschnittsabschnitt der Druckplatte sodann (c) unmittelbar nach dem Ablauf der Zeitverzögerung mit dem Bestrahlen der Vorderseite der Platte zu beginnen;
  166. 5.4 die Einrichtung ist dafür ausgelegt, die Bestrahlung durchzuführen, ohne eine spezifische Koordinate gleichzeitig der Vorderseiten- und der Hinterseitenbestrahlung auszusetzen.
  167. 6. Die Einrichtung ist des Weiteren dafür ausgelegt ist, eine Bodendicke der Druckplatte anzupassen, indem ein oder mehrere nur die Hinterseite belichtenden Schritte vor dem Durchführen des Schrittes (a) bereitgestellt werden.
  168. 7. Die mehreren Strahlungsquellen umfassen mehrere LED-Quellen (1212), die dafür ausgelegt sind, UV-Licht zu emittieren.
  169. 7.1 Jede LED-Quelle (1212) ist ein Element einer Gruppe, die mehrere LED-Quellen umfasst.
  170. 8.1 Die Steuerung bzw. Regelung ist dafür ausgelegt, eine individuelle Steuerung bzw. Regelung der Lichtintensität aus jeder Gruppe bereitzustellen und Schwankungen der Lichtausgabe einer Gruppe relativ zu einer anderen auszugleichen;
  171. 8.2 und/oder die Steuerung bzw. Regelung ist dafür ausgelegt, eine individuelle Steuerung bzw. Regelung der Lichtintensität aus jeder Gruppe der wenigstens einen hinteren Quelle bereitzustellen und Schwankungen der Transmissivität des Halters, der zwischen der wenigstens einen hinteren Quelle und der Platte angeordnet ist, auszugleichen.
  172. 3.
    Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht die Lehre des geltend gemachten Anspruchs 1 nicht. Vor dem Hintergrund des Streits der Parteien bedarf von den Merkmalen des Anspruchs 1 die Auslegung der Merkmalsgruppe 5 sowie des Merkmals 6 der Erörterung.
  173. Nach § 12a GebrMG wird der Schutzbereich eines Gebrauchsmusters durch den Inhalt der Schutzansprüche bestimmt, wobei die Beschreibung und die Zeichnungen zur Auslegung der Schutzansprüche heranzuziehen sind. Die Auslegung ist nach den gleichen Grundsätzen vorzunehmen wie bei einem Patent (BGH, GRUR 2007, 1059 – Zerfallszeitmessgerät); so entspricht § 12a GebrMG inhaltlich den für Patente einschlägigen Regelungen in § 14 S. 1 PatG bzw. Art. 69 Abs. 1 S. 1 EPÜ. Das heißt auch bei der Auslegung eines Gebrauchsmusters sind die Worte des betreffenden Schutzanspruchs daraufhin zu würdigen, was ihnen unter Heranziehung von Beschreibung und Zeichnung und des allgemeinen Fachwissens bei sinnvoller Auslegung als offenbart und beansprucht zu entnehmen ist (Scharen, in: Benkard, PatG, 12. Auflage 2023, § 12a GebrMG Rn. 3).
  174. Danach handelt es sich bei der angegriffenen Ausführungsform nicht um eine Einrichtung zum Herstellen einer digitalen flexografischen Druckplatte nach Anspruch 1 des Klagegebrauchsmusters, da sie die Merkmale 5.2 und 6 des geltend gemachten Anspruchs nicht verwirklicht.
  175. a)
    Die Merkmalsgruppe 5, wonach
  176. „die Einrichtung dafür ausgelegt ist, für jede spezifische Koordinate entsprechend einem Querschnittsabschnitt der Druckplatte zunächst (a) mit dem Bestrahlen der Hinterseite der Platte zu beginnen, sodann (b) automatisch eine genau definierte Zeitverzögerung einzusetzen und sodann (c) unmittelbar nach dem Ablauf der Zeitverzögerung mit dem Bestrahlen der Vorderseite der Platte zu beginnen, ohne eine spezifische Koordinate gleichzeitig der Vorderseiten- und Hinterseitenbestrahlung auszusetzen,“
  177. wird durch die angegriffene Ausführungsform nicht verwirklicht. Es fehlt an einer Verwirklichung des Merkmals 5.2 („sodann (b) automatisch eine genau definierte Zeitverzögerung einzusetzen“).
  178. aa)
    Die Merkmalsgruppe 5 gibt die Belichtungsabfolge vor, für welche die anspruchsgemäße Einrichtung ausgelegt sein muss. Der anspruchsgemäße Belichtungsvorgang sieht vor, dass zunächst mit der Hinterseitenbestrahlung begonnen wird, dann eine genau definierte Zeitverzögerung automatisch einsetzt und unmittelbar nach Ablauf der Zeitverzögerung mit der Vorderseitenbestrahlung begonnen wird. Die Einrichtung ist dabei dafür ausgelegt, diese Belichtungsabfolge für jede spezifische Koordinate entsprechend einem Querschnittsabschnitt der Druckplatte durchzuführen, so dass auch die genau definierte Zeitverzögerung gemäß Merkmal 5.2 sich auf die jeweilige spezifische Koordinate bezieht. Das Klagegebrauchsmuster fordert, dass die Zeitverzögerung automatisch einsetzt und (für jede Koordinate) genau definiert ist. Der Fachmann versteht dabei unter „genau definiert“ insbesondere mit Blick auf die gelehrte Funktion, dass es sich für alle Koordinaten einer jeweiligen Druckplatte um die identische Zeitverzögerung handeln muss. Das Klagegebrauchsmuster lehrt ihn, dass die genau definierte Zeitverzögerung dem für die jeweilige Druckplatte nicht-variablen Optimum an Zeitverzögerung, aus welcher der kleinste stabile Drucktupfer unter den jeweiligen Bedingungen resultiert, entspricht. Unterschiedliche Zeitverzögerungen für unterschiedliche Koordinaten der Druckplatte, etwa solche innerhalb einer bestimmten Zeitspanne, sind nicht von Merkmal 5.2 erfasst.
  179. (1)
    Der Fachmann versteht zunächst, dass die einzelnen Schritte (a), (b) und (c) sich jeweils zurückbeziehen auf „jede spezifische Koordinate entsprechend einem Querschnittsabschnitt“. Dies ergibt sich schon aus dem Anspruchswortlaut, nach welchem dem Fachmann durch die Merkmalsgruppe 5 eine zeitliche Abfolge von Schritten gezeigt wird und der Bezugspunkt „jede spezifische Koordinate“ aus Merkmal 5.1 für die Aufzählung der einzelnen Schritte vor die Klammer gezogen ist. Ebenso verhält es sich mit der Formulierung des Abs. [0005], welche die Abfolge ebenso in Bezug auf jede spezifische Koordinate beschreibt.
  180. Entgegen der Ansicht der Klägerin stellt auch Merkmal 5.3 trotz der Formulierung „Bestrahlung der Vorderseite der Platte“ nicht nur auf den Beginn der Plattenvorderseitenbelichtung als solche ab. Aus Merkmal 5.3 schließt der Fachmann vielmehr, dass durch Schritt (c) mit der Bestrahlung der spezifischen Koordinaten der Plattenvorderseite begonnen werden soll. Dieses Verständnis wird auch dadurch bestätigt, dass sich das inhaltlich zugehörige Merkmal 5.4 ebenfalls – insoweit ausdrücklich – wieder auf „eine spezifische Koordinate“ bezieht.
  181. Damit bezieht sich auch die genau definierte Zeitverzögerung gemäß Merkmal 5.2 nicht auf die Platte in ihrer Gesamtheit, sondern auf jede spezifische Koordinate des Querschnittabschnitts der Druckplatte.
  182. (2)
    Weiterhin lehrt bereits der Anspruchswortlaut den Fachmann, dass die sich auf jede spezifische Koordinate beziehende Zeitverzögerung „genau definiert“ sein muss und nicht – etwa innerhalb einer Zeitspanne – variabel sein kann, wenngleich der Wortlaut kein Maß für die Zeitverzögerung vorgibt.
  183. (3)
    Insbesondere funktional sowie aus der Beschreibung versteht der Fachmann, dass für jede spezifische Koordinate entsprechend einem Querschnittsabschnitt der Platte pro jeweiliger Platte dieselbe bzw. identische Verzögerung einsetzen muss. Bei der Auslegung ist nicht am Wortlaut zu haften, sondern auf den technischen Gesamtzusammenhang abzustellen, den der Inhalt der Gebrauchsmusterschrift dem Fachmann vermittelt. Der Fachmann orientiert sich an dem in der Gebrauchsmusterschrift zum Ausdruck gekommenen Zweck eines Merkmals, womit der technische Sinn der in der Gebrauchsmusterschrift benutzten Worte und Begriffe – nicht die philologische oder logisch-wissenschaftliche Begriffsbestimmung – entscheidend ist (vgl. BGH, GRUR 2001, 232 – Brieflocher).
  184. Die einzustellende genau definierte Zeitverzögerung zwischen dem Durchführen der hinteren Belichtung und der primären Belichtung dient anspruchsgemäß der Optimierung von feinen Details auf der Druckplatte durch Erzeugung der kleinsten stabilen Drucktupfer (vgl. Absatz [0008], [0011], [0012]). Ein gewichtiger Aspekt der klagegebrauchsmustergemäßen Lehre besteht darin, die optimale Zeitverzögerung bzw. das Optimum für einen Typ Druckplatte und einen Satz Belichtungsparameter zu entwickeln und so Variabilität der Zeitverzögerung zu vermeiden. Gem. Abs. [0008] gehört zum Prozess zum Optimieren der Zeitverzögerung „ein als Optimum erfolgendes Auswählen der Zeitverzögerung, die dem Druck entspricht, der die kleinsten stabilen Drucktupfer aufweist“. Der Fachmann versteht aus der Gesamtschau des Klagegebrauchsmusters, dass die Implementierung einer zu eruierenden und sodann festzulegenden optimalen Zeitverzögerung für ein optimales Druckergebnis gemäß Merkmal 5.2 für die Lehre maßgeblich ist.
  185. Dabei weiß der Fachmann, wie Abs. [0012] auch erläutert, dass bei einer Polymerdruckplatte die Polymerisierungsreaktion zum Aushärten der Platte genutzt wird. Sauerstoff ist ein Hemmer der Polymerisierungsreaktion, jedoch verteilt dieser sich in einem Fotopolymerharz der Polymerplatte bei der Verarbeitung. Durch Bestrahlung wird verteilter Sauerstoff eingefangen. Jedoch diffundiert er mit der Zeit in das Harz zurück. Dem Fachmann ist bekannt, dass der Diffusionsprozess grundsätzlich träge ist. Durch eine genau definierte Zeitverzögerung zwischen Rück- und Vorderseitenbestrahlung sollen im Wege der Beeinflussung der Sauerstoffdiffusion feine Details auf der Platte optimiert werden können, Abs. [0012]. Die optimale Zeitverzögerung ist gem. Abs. [0008] erreicht, wenn als Ergebnis der Druck die kleinsten stabilen Drucktupfer aufweist.
  186. Abs. [0012] – welcher Bestandteil der Zusammenfassung der allgemeinen Lehre und nicht einer Beschreibung eines Ausführungsbeispiels ist – lehrt den Fachmann weiter, dass eine Verzögerung, die zu lang ist, die gesamte Platte in eine Sauerstoffsättigung zurückversetzt, und eine Verzögerung, die zu kurz ist, gegebenenfalls keine ausreichende Sauerstoffdiffusion ermöglicht, um optimale Ergebnisse zu erzielen. Während die optimale Verzögerung in Abhängigkeit von der Anzahl der Eigenschaften variieren kann, ist daher gem. Abs. [0012] für optimale Ergebnisse wichtig, dass die Verzögerung nicht zu lang oder zu kurz ist. Es wird folglich eine einheitliche Verzögerung für alle Koordinaten der ganzen Platte angestrebt.
  187. Der Fachmann erkennt, dass das Klagegebrauchsmuster auf das Auffinden eines bestimmten Optimums der Zeitverzögerung abstellt. Wenngleich der Fachmann auf dem Gebiet der Drucktechnik versteht, dass es aufgrund der Trägheit des Diffusionsprozesses für die Erreichung von konstant guten Ergebnissen auch ausreichen kann, wenn die Zeitverzögerung für die verschiedenen Koordinaten einer Platte nicht identisch ist, sondern sich bloß innerhalb einer bestimmten Zeitspanne bewegt, erkennt er, dass die Lehre des Klagegebrauchsmusters hierauf nicht abzielt. Sie beinhaltet vielmehr das Eruieren eines einzelnen Optimums an Zeitverzögerung pro jeweiliger Druckplatte. So offenbaren die Abs. [0024] bis [0028] einen Beispielsvorgang bzw. den in der Klagegebrauchsmusterschrift einzig offenbarten Vorgang zum Eruieren der optimalen Zeitverzögerung für eine ganz bestimmte Druckplatte (Nr. DPR 045 von L). Insbesondere aus Abs. [0026], [0027] in Verbindung mit den Figuren 4 bis 6 geht hervor, dass die optimierten Ergebnisse für die jeweilige verwendete Druckplatte spezifisch sind. Aus Abs. [0027] versteht der Fachmann, dass je nach spezifischem Drucksystem und Druckplatte das Optimum der Zeitverzögerung ein anderes ist. Die Figuren 5 und 6 markieren jeweils eine genau definierte Zeitverzögerung in Sekunden, bei der der größte Tupfergrunddurchmesser des kleinsten Einzeltupferelements bzw. der kleinste Drucktupferdurchmesser erreicht werden konnte. Der Fachmann erkennt mithin, dass es dem Klagegebrauchsmuster bei dem Prozess zum Optimieren der Zeitverzögerung um konkrete und genau definierte Höchst- oder Tiefstwerte geht anstatt um variable Werte innerhalb einer Zeitspanne.
  188. Wenn Abs. [0027] sodann mögliche und bevorzugte Bereiche der Verzögerungszeit benennt, etwa zwischen 2 und 100 Sekunden, versteht der Fachmann auf dem Gebiet Drucktechnik, dass es sich hierbei nicht um einen Bereich für verschiedene Koordinaten auf einer Platte im Sinne einer optimalen Zeitspanne handelt, sondern um einen Bereich, innerhalb dessen die genau zu definierende Zeitverzögerung identisch für alle Koordinaten auf einer Art von Druckplatte liegen soll. Der Fachmann versteht, dass ein Herausfinden der optimalen Zeitverzögerung für einen speziellen Druckplattentyp nur sinnvoll ist, wenn für jede Koordinate der jeweiligen Platte bzw. des jeweiligen Plattentyps dieselbe – als optimal eruierte – Zeitverzögerung eingesetzt wird. Zwar kann gem. Abs. [0012], [0027] die Zeitspanne für die Zeitverzögerung variieren, jedoch lediglich mit Blick auf unterschiedliche Arten von Platten. Hinsichtlich einer spezifischen Druckplatte variiert die Zeitverzögerung nicht und ist für jede Koordinate identisch. Der Fachmann erkennt, dass eine Optimierung der Zeitverzögerung, wie sie das Klagegebrauchsmuster lehrt, für nur einzelne Drucktupfer, d.h. nur für einzelne spezifische Koordinaten, weniger sinnvoll wäre und mit dem klagegebrauchsmustergemäßen Beispielsvorgang gem. Abs. [0024] ff. auch nicht sinnvoll erreicht werden würde. Das Klagegebrauchsmuster offenbart dem Fachmann insgesamt gerade nicht, dass es technisch sinnvoll sein könnte, wenn verschiedene Punkte auf der Druckplatte verschiedene Verzögerungszeiten hätten. Bei einem einheitlichen Druckvorgang, welcher Anspruch 1 und 16 zugrunde liegt, ist pro Vorgang stets ein und dieselbe Platte gegeben, die einheitliche Eigenschaften hat, sodass pro Platte für jede Koordinate dieselbe anzustrebende optimale Zeitverzögerung gilt.
  189. Für diese Auslegung sprechen auch die Abs. [0014] und [0015], welche eine exemplarische Einrichtung gemäß Figur 1 betreffen. Nach Abs. [0014] tasten die vordere und hintere Strahlungsquelle die Druckplatte mit derselben Geschwindigkeit (v) ab, wobei zur Bereitstellung der gewünschten Verzögerung verschiedene Mittel vorgestellt werden. Gemäß Abs. [0015] gilt für die Zeitverzögerung t = D/v, wobei D der Abstand und v die Geschwindigkeit ist. Das mechanische Variieren von D hat gem. Abs. [0015] genauso wie die Relativgeschwindigkeit zwischen der Platte und den Quellen während der Belichtung Auswirkungen auf die Verzögerung. Weiter wird gelehrt, dass die Zeitverzögerung zwischen der hinteren Belichtung mit der UV-Strahlungsquelle und der primären Belichtung mit der UV-Strahlungsquelle angepasst
    werden kann, indem die Geschwindigkeit der Quellen angepasst wird und/oder indem mechanisch ein konstanter Abstand D zwischen den Quellen während des Abtastprozesses eingestellt wird. Hieraus versteht der Fachmann, dass eine konstante Zeitverzögerung für alle Koordinaten der Platte angestrebt wird.
  190. (4)
    Überdies spricht das Klagegebrauchsmuster in der gesamten Beschreibung durchgehend von „der (genau definierten) Zeitverzögerung“ im Singular sowie von Optimierung der Zeitverzögerung bzw. dem diesbezüglichen Optimum, wie sich nicht zuletzt auch aus dem jeweils höchsten oder niedrigsten in Figur 5 bzw. 6 eingezeichneten Punkt ergibt. Abs. [0026] a.E. definiert die kleinste Drucktupfergröße mit dem größten Tupfergrunddurchmesser als das Optimum. Für den Fachmann wird schließlich auch hieraus deutlich, dass eine einheitliche – nämlich die (einzig) optimale – Zeitverzögerung für alle Koordinaten einer Druckplatte gemeint ist. Denn der Fachmann versteht, dass das Klagegebrauchsmuster nicht bloß die Erreichung guter Ergebnisse anstrebt, sondern das optimale Drucktupferergebnis mit möglichst kleinem Drucktupfer bei möglichst großer Stabilität.
  191. (5)
    Die Beschreibung lehrt den Fachmann hingegen an keiner Stelle, dass für verschiedene Koordinaten der Druckplatte verschiedene Zeitverzögerungen eingesetzt werden können. Von verschiedenen Zeitverzögerungen ist (lediglich) in Abs. [0008] die Rede, jedoch betrifft dies das Austesten verschiedener Zeitverzögerungen pro Plattentyp, um das Optimum der Zeitverzögerung für den jeweiligen Typ der Platte zu finden.
  192. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Abs. [0039]. Danach kann die Zeitverzögerung für jede Fläche der Platte gleich sein sowie auch „in Abhängigkeit von der Ausgestaltung der Strahlungsquellen, der Steuerung bzw. Regelung und des Steuer- bzw. Regelschemas ein Abschnitt der Platte nach Bedarf anders als ein anderer bestrahlt werden“. Hieraus schließt der Fachmann in Anbetracht der Gesamtlehre nicht, dass Merkmal 5.2 unter einer „genau definierten“ Zeitverzögerung auch unterschiedliche Zeitverzögerungen für jede Koordinate erfasst, da dies dem Kern der Lehre zuwiderlaufen würde. Zudem deutet der Abs. [0039] nicht an, dass für verschiedene Abschnitte unterschiedliche Zeitverzögerungen gegeben sein können, sondern, dass „obwohl die Zeitverzögerung für jede Fläche der Platte gleich sein kann, […] ein Abschnitt […] anders als ein anderer bestrahlt werden kann.“ Demnach nennt Abs. [0039] weniger die Möglichkeit von unterschiedlichen Zeitverzögerungen, sondern von unterschiedlicher Bestrahlung in Abhängigkeit verschiedener Parameter. Der Fachmann erkennt hierbei, dass Bestrahlung nicht gleichbedeutend mit Zeitverzögerung ist. Er versteht „Abschnitt“ jedenfalls nicht gleichbedeutend mit „spezifischer Koordinate entsprechend einem Querschnittsabschnitt der Druckplatte“.
  193. (6)
    Dafür, dass eine „genau definierte“ Zeitverzögerung nicht für jede Koordinate der Druckplatte variabel, sondern identisch sein soll, spricht schließlich auch ein von dem Klagegebrauchsmuster genannter Nachteil am Stand der Technik. Gem. Abs. [0003] ist es nachteilig, wenn eine nicht-definierte, variable Zeitverzögerung zwischen der ersten und der zweiten Belichtung eingesetzt wird, da die Variabilität eine unerwünschte Schwankung der Qualität der Platte bedingt. Die Lehre des Klagegebrauchsmusters zielt jedoch gerade darauf ab, die Qualität der Druckplatte zu optimieren. Daraus versteht der Fachmann zum einen, dass gemäß der Lehre des Klagegebrauchsmusters eine variable Zeitverzögerung nicht gleichzeitig eine genau definierte Zeitverzögerung sein kann und zum anderen, dass es eine variable Zeitverzögerung zu vermeiden gilt, um eine Stabilität der Plattenqualität zu gewährleisten. Die genau definierte Zeitverzögerung ist damit nicht ein Zeitpunkt innerhalb einer bestimmten Zeitspanne, sondern einheitlich und identisch für jede Koordinate der Druckplatte.
  194. (7)
    Damit sieht sich die Kammer in einer Linie mit der Auslegung der mit fachkundigen Personen besetzten Gebrauchsmusterabteilung des DPMA in ihrem Beschluss vom 15.05.2023 (Anlage HLA 17, dort S. 16), wonach diese davon ausgeht, dass für jede Koordinate ein und dieselbe Zeitverzögerung gemeint ist.
  195. bb)
    Davon ausgehend verwirklicht die angegriffene Ausführungsform das Merkmal 5.2 nicht, da es ihr an der Ausgestaltung für das Einsetzen einer genau definierten Zeitverzögerung fehlt. Für die Verwirklichung in Frage kommt allenfalls der „J“ mit der Bezeichnung „H“, da nur in diesem die Vorderseitenbelichtung nach der Rückseitenbelichtung und einer Zeitverzögerung stattfindet. Jedoch ist die Zeitverzögerung dabei nicht für jede Koordinate der Druckplatte der angegriffenen Ausführungsform identisch. Vielmehr werden bei der angegriffenen Ausführungsform im Modus „H“ zunächst durch „Flooding“ alle Koordinaten der Druckplatte von der Rückseite gleichzeitig, d.h. simultan bestrahlt. Danach werden – nach einer Verzögerung – diese Koordinaten jedoch nicht auch alle simultan auf der Vorderseite bestrahlt, sondern sequentiell, indem die Quelle der Vorderbestrahlung linear über die Breite der Druckplatte verläuft. Dies hat zur Folge, dass es bei den Koordinaten, bei denen die linear verlaufende Vorderseitenbelichtung beginnt, zu einer kürzeren Verzögerungszeit kommt als bei denen, bei denen die lineare Vorderseitenbeleuchtung endet. Es ist auch nicht vorgetragen oder ersichtlich, dass die angegriffene Ausführungsform zu einer für beide Seiten der Platten identisch langen Verzögerungszeit in der Lage wäre. Schließlich führt es nach der Auslegung der Kammer auch nicht in die Verletzung, wenn die vordere Bestrahlungsquelle der angegriffenen Ausführungsform so über die Druckplatte hinwegfahren könnte, dass der gesamte Bestrahlungsvorgang der Vorderseite innerhalb einer bestimmten Zeitspanne liegt, innerhalb derer mit Blick auf den trägen Diffusionsprozess jeweils gute Drucktupfer-Ergebnisse erzielt werden könnten, da die Verzögerungszeit dann gleichwohl variabel und nicht genau definiert im Sinne des Klagegebrauchsmusters wäre.
  196. b)
    Das Merkmal 6, wonach
  197. „die Einrichtung des Weiteren dafür ausgelegt ist, eine Bodendicke der Druckplatte anzupassen, indem ein oder mehrere nur die Hinterseite belichtenden Schritte vor dem Durchführen des Schrittes (a) bereitgestellt werden,“
  198. wird ebenfalls nicht durch die angegriffene Ausführungsform verwirklicht.
  199. aa)
    Eine anspruchsgemäße Einrichtung muss aufgrund ihrer Ausgestaltung geeignet sein, durch einen oder mehrere nur die Hinterseite einer Druckplatte belichtenden Schritte eine Bodendicke der Druckplatte anzupassen. Die Belichtung nach Merkmal 6 dient dazu, mehr Energie der Hinterseitenbelichtung in die Druckplatte zu bringen (vgl. Abs. [0061]). Diese die Hinterseite belichtenden Schritte müssen (zeitlich) vor dem Durchführen des Schrittes (a) bereitgestellt werden. Wenngleich der Belichtungsschritt (a) gemäß Merkmal 5.1 und der bzw. die Belichtungsschritt(e) gemäß Merkmal 6 jeweils die Rückseite der Druckplatte betreffen, darf die Hinterseitenbelichtung gemäß Merkmal 6 nicht mit der gemäß Merkmal 5.1 in einem einheitlichen Belichtungsschritt zusammenfallen und gleichzeitig mit ihr durchgeführt werden. Zwar ist eine zeitliche Zäsur zwischen den beiden Hinterseitenbelichtungsschritten nicht erforderlich, sodass sie auch ineinander übergehen bzw. sich unmittelbar aneinander anschließen können, jedoch fordern Anspruch 1 und 16 eine irgendwie geartete Unterscheidbarkeit oder Abgrenzbarkeit der Belichtung gemäß Merkmal 6 und der gemäß Merkmal 5.1, wobei die Belichtung gemäß Merkmal 6 eindeutig vor der gemäß Merkmal 5.1 einsetzen muss.
  200. (1)
    Bereits der Anspruchswortlaut von Merkmal 6 spricht dafür, dass die Hinterseitenbelichtung gemäß Merkmal 6 und gemäß Schritt (a) aus Merkmal 5.1 nicht in einem einheitlichen Schritt zusammenfallen, insbesondere nicht gleichzeitig beginnen dürfen. So lehrt der Anspruch den Fachmann ausdrücklich, dass „ein oder mehrere nur die Hinterseite belichtende Schritte vor dem Durchführen des Schrittes (a) bereitgestellt werden“ müssen.
  201. Dieses Verständnis des Wortlauts wird auch durch die allgemeine Zusammenfassung der Erfindung in Abs. [0005] bestätigt. Dort lehrt das Klagegebrauchsmuster ausdrücklich, dass „die Einrichtung dafür ausgelegt [ist], zunächst eine Bodendicke der Druckplatte durch Bereitstellen eines oder mehrerer nur die Hinterseite belichtender Schritte anzupassen und sodann für jede spezifische Koordinate entsprechend einem
    Querschnittsabschnitt der Platte zunächst mit dem Bestrahlen der Hinterseite der Platte zu beginnen […]“. An dieser Stelle der allgemeinen Beschreibung der Lehre wird eine zeitliche Abfolge dargestellt. Aus den Bestandteilen „zunächst“ und „sodann“ versteht der Fachmann, dass die Bestrahlung der Hinterseite zur Anpassung der Bodendicke gemäß Merkmal 6 zeitlich jedenfalls vor dem Beginn von Schritt (a) gemäß Merkmal 5.1 erfolgen muss sowie, dass ein zeitliches Zusammenfallen nicht anspruchsgemäß wäre.
  202. Ebenso eindeutig lehrt Abs. [0007] den Fachmann, dass die Bestrahlung gemäß Merkmal 6 zeitlich vorgelagert vor Schritt (a) der Bestrahlungsabfolge erfolgen muss. Gemäß Abs. [0007], welcher sich ebenfalls im Abschnitt der Klagegebrauchsmusterbeschreibung zur allgemeinen Zusammenfassung der Erfindung befindet, „umfasst [das Verfahren] des Weiteren ein Anpassen einer Bodendicke der Druckplatte durch Bereitstellen eines oder mehrerer nur die Hinterseite belichtender Schritte vor dem Durchführen des Schrittes (a)“. Die Formulierung „vor dem Durchführen des Schrittes (a)“ schließt ein Zusammenfallen der Schritte nach Merkmal 6 und 5.1 oder ein nahtloses Ineinanderübergehen der beiden Schritte, ohne dass Beginn oder Ende der jeweiligen Schritte erkennbar wären, aus.
  203. (2)
    Die die Hinterseite belichtenden Schritte gemäß Merkmal 5.1 und Merkmal 6 haben verschiedene Funktionen. Während der Belichtungsschritt (a) gemäß Merkmal 5.1 auf das Einfangen von Sauerstoff (vgl. Abs. [0012]) abzielt, dient die Belichtung nach Merkmal 6 dem Bereitstellen einer ausreichenden Menge an Energie, die zum Anpassen der Bodendicke führt (vgl. etwa Abs. [0061] ff.). Zwar schließen sich diese beiden Zwecke der jeweiligen Schritte nicht zwangsläufig aus, so dass eine (zeitliche) Zäsur zwischen dem Schritt gemäß Merkmal 6 und dem Schritt gemäß Merkmal 5.1 nicht zwingend erforderlich oder vorteilhaft erscheint. Aber ebenso naheliegend erscheint, dass unterschiedliche Funktionen dazu führen, dass jeweils unterschiedliche Belichtungsparameter zweckmäßig sein können.
  204. Soweit die Beklagte meint, aus den Abs. [0040], [0047], [0048], [0051], [0056], [0062] und [0065] gehe hervor, dass der zusätzliche Belichtungsschritt ausschließlich dem technischen Zweck diene, die Rückseite mit einer ausreichenden Menge an Energie zu bestrahlen, wofür eine zeitliche Zäsur nicht erforderlich sei, mag dies zutreffen. Gleichwohl führt dieser Zweck vor dem Hintergrund der ansonsten eindeutigen Beschreibung nicht dazu, dass die Belichtungsschritte nach Merkmal 6 zeitlich nicht bereits vor dem Schritt (a) einzusetzen bräuchten.
  205. (3)
    So führt die weitere Beschreibung des Klagegebrauchsmusters gem. Abs. [0040] ff., welche den Prozess zum Verstärken der hinteren Belichtung beschreiben, den Fachmann zu einer Auslegung, wonach die Schritte nach Merkmal 5.1 und 6 nicht ununterscheidbar zusammenfallen dürfen. Abs. [0051] lehrt, dass ein Verfahren zum Zuführen fehlender UV-Leistung der hinteren Belichtung darin besteht, einen nur hinten belichtenden Schritt bereitzustellen, um die zusätzliche Energie bei einer nichtunterbrochenen Belichtung für die Rückseite der Platte bereitzustellen, „bevor man mit den kombinierten Schritten der primären und hinteren Belichtung beginnt“.
  206. Weiterhin lehren die Abs. [0061] und [0062] in Verbindung mit der in Figur 10 schematisch gezeigten Abfolge, dass es sich bei der Hinterseitenbelichtung gemäß Merkmal 6 um einen separaten, zusätzlichen und vorgelagerten Belichtungsschritt im Vergleich zu der Belichtungsabfolge (a) bis (c) gemäß der Merkmalsgruppe 5 handelt. Gemäß Abs. [0061] a.E. wird „der zusätzliche Schritt der hinteren Belichtung vorzugsweise direkt vor dem Beginn der aufeinanderfolgenden Belichtungsschritte ausgeführt“. Der Fachmann versteht aus einer Zusammenschau mit der allgemeinen Beschreibung der Erfindung gem. Abs. [0005] ff., dass sich „vorzugsweise“ nicht auf das zeitliche Vorausgehen von dem Schritt nach Merkmal 6 bezieht, sodass auch ein zeitliches Zusammenfallen grundsätzlich anspruchsgemäß sein könnte, sondern darauf, dass der Belichtungsschritt zur Anpassung der Bodendicke direkt vor den Schritten gemäß Merkmalsgruppe 5 stattfinden soll, d.h. in zeitlicher Nähe. Gemäß Abs. [0062] können Schritte gemäß Merkmal 6 „nacheinander unmittelbar vor dem Schritt 1000“, welcher in Figur 10 gezeigt ist und das Bestrahlen gemäß Merkmal 5.1 betrifft, durchgeführt werden. Insoweit wird dem Fachmann gelehrt, dass es auch anspruchsgemäß ist, wenn keine Zeitverzögerung oder anderweitige zeitliche Zäsur zwischen der Hinterseitenbelichtung gemäß Merkmal 6 und Merkmal 5.1 stattfindet und ein Übergang fließend und unmittelbar ist. Gleichwohl versteht der Fachmann, dass auch im Fall von „direkt vor“ und „unmittelbar vor“ ein Belichtungsschritt gemäß Merkmal 6 in jedem Fall vor der Belichtungsabfolge nach den Merkmalen 5.1 bis 5.3 stattfinden muss und damit irgendwie von diesen abgrenzbar und unterscheidbar sein muss.
  207. Hingegen nennt die Beschreibung an keiner Stelle eine – nach der nunmehr geltend gemachten Fassung – anspruchsgemäße Ausführungsform, bei der die Belichtungsschritte nach Merkmal 6 und Merkmal 5.1 zusammenfallen oder sich erkennbar überschneiden.
  208. Vielmehr lehrt die Klagegebrauchsmusterbeschreibung den Fachmann in den Abs. [0057], [0058] und [0059] nachteilige Varianten zur Durchführung der Hinterseitenbelichtung gemäß Merkmal 6, mit welchen die UV-Lichtbestrahlung bzw. die Energie auf die Plattenhinterseite – ggfs. in einem einheitlichen Hinterseitenbelichtungsschritt – zwecks Aushärtung erhöht werden kann. Diese Varianten sieht das Klagegebrauchsmuster jedoch jeweils gerade nicht als bevorzugt an. So können gem. Abs. [0057] mehrere UV-Köpfe die Hinterseite belichten. Dies sieht das Klagegebrauchsmuster jedoch wegen erhöhter Herstellungskosten für die UV-Köpfe als nachteilig. Gem. Abs. [0058] kann die Pixelzeit der Belichtung verlängert werden, um die erforderliche Bodendicke zu erreichen. Jedoch kann dies Auswirkungen auf die Qualität des Ergebnisses der Vorderseitenbelichtung haben und erscheint daher nachteilig. Weiter nennt Abs. [0059] als Variante die Erhöhung der Belichtungszyklen bis die gesammelte Rückseitenbelichtung ausreichend ist, um die Plattenbodendicke auszuhärten. Dies sieht das Klagegebrauchsmuster jedoch als unvollkommene Lösung an, da es zu anderen Aushärtungs- und Druckergebnissen führen kann. Hingegen beschreibt es das Klagegebrauchsmuster in Abs. [0061] als bevorzugt, einen oder mehrere zusätzliche Schritte der hinteren Belichtung vor den aufeinanderfolgenden kombinierten Schritten der hinteren und vorderen Belichtung – gemäß der Merkmale 5.1 bis 5.3 – auszuführen. Die Lösung des Abs. [0061] entspricht gerade dem Inhalt des Merkmals 6. Hieraus erkennt der Fachmann, dass mindestens ein zusätzlicher, unterscheidbarer Belichtungsschritt der Hinterseite vor dem Schritt (a) gefordert wird, damit sich die Vorteile, welche die klagegebrauchsmustergemäße Lehre anstrebt, realisieren können. Eine gleichzeitig mit dem Schritt (a) erfolgende „zusätzliche“ Hinterseitenbelichtung wäre demgegenüber gerade nicht bevorzugt und auch nicht anspruchsgemäß, wie der Fachmann u.a. aus den Abs. [0057] bis [0059] versteht.
  209. (4)
    Die Einrichtung muss zudem lediglich dafür ausgelegt sein, die Bodendicke der Druckplatte anzupassen, indem sie nur die Hinterseite belichtende Schritte vor Schritt (a) gemäß Merkmal 5.1 durchführt. Das bedeutet, sie muss hinsichtlich ihrer Ausgestaltung ohne vorherige Umbau- oder Programmiermaßnahmen dazu geeignet sein, die nur die Hinterseite belichtende Schritte gemäß Merkmal 6 (vor den Belichtungsschritten gemäß Merkmalsgruppe 5) durchzuführen. Sie muss diese hingegen nicht zwingend auch bei jeder Verwendung durchführen.
  210. (5)
    Die Belichtungsschritte gemäß Merkmal 6 und Merkmal 5.1 haben schließlich auch unterschiedliche Bezugspunkte. Während Merkmal 6 auf die Hinterseite der Druckplatte als solche und deren Bodendicke abstellt, bezieht sich der Belichtungsschritt (a) gemäß Merkmal 5.1 nicht auf die Druckplatte als einheitliche Fläche, sondern auf jede spezifische Koordinate entsprechend einer Querschnittsplatte. Die unterschiedlichen Bezugspunkte sprechen auch für eine Auslegung, wonach die Schritte nicht zusammenfallen.
  211. (6)
    Die Auslegung der Kammer steht damit in Einklang mit der Auslegung der Gebrauchsmusterabteilung des DPMA, wonach die nur die Hinterseite belichtenden Schritte gemäß Merkmal 6 (bzw. Merkmal g-3 gemäß der Merkmalsgliederung des DPMA) den Schritt (a) gemäß Merkmal 5.1 (bzw. Merkmal g-1) gerade ausschließen (vgl. Anlage HLA 17, S. 16).
  212. bb)
    Ausgehend von dieser Auslegung hat die Klägerin nicht dargelegt, dass die angegriffene Ausführungsform das Merkmal 6 verwirklicht. Nicht dargetan ist, dass die angegriffene Ausführungsform im Belichtungsmodus „H“ oder in einem anderen Modus zwei voneinander irgendwie unterscheidbare, nicht zeitlich vollständig zusammenfallende Hinterseitenbelichtungsschritte durchführt oder dazu in der Lage wäre. Der Vortrag der Klägerin, wonach das Merkmal immer dann verwirklicht sei, wenn zunächst eine Rückseitenbelichtung und daran anschließend eine Vorderseitenbelichtung begonnen werde sowie, dass die Hinterseitenbelichtung der angegriffenen Ausführungsform das Aushärten der Druckplatte technisch zwingend zur Folge habe, ist nach der Auslegung der Kammer nicht ausreichend. Erforderlich wäre vielmehr eine Darlegung, dass die angegriffene Ausführungsform dies zusätzlich bzw. unterscheidbar vor der vorgetragenen Hinterseitenbelichtung des „H“-Modus durchführen würde. Dies ist weder behauptet, noch ersichtlich. Vielmehr tragen die Beklagten – insoweit unwiderlegt – vor, dass die angegriffene Ausführungsform die Rückseite der Druckplatte im Modus „H“ in nur einem, einheitlichen Schritt belichtet und auch keine Änderung des Bestrahlungszweckens innerhalb dieses Schrittes vorgesehen ist. In anderen Modi der angegriffenen Ausführungsform wäre ohnehin die Reihenfolge der Schritte der Merkmalsgruppe 5 schon nicht eingehalten.
  213. 4.
    Es handelt es sich bei der angegriffenen Ausführungsform auch nicht um eine Einrichtung zum Herstellen einer digitalen flexografischen Druckplatte nach Anspruch 16 des Klagegebrauchsmusters in der geltend gemachten Fassung. Denn die angegriffene Ausführungsform verwirklicht auch die Merkmale 5.2 und 6 des Anspruchs 16 nicht. Es wird sowohl für die Auslegung als auch für die Verwirklichung auf die Ausführungen zu den inhaltsgleichen Merkmalen des Anspruchs 1 verwiesen.
  214. III.
    Weiterhin macht die angegriffene Ausführungsform nicht in äquivalenter Weise Gebrauch von der Lehre der geltend gemachten Fassungen der Ansprüche 1 und 16, so dass die Klage auch hinsichtlich des (ersten) Hilfsantrags abzuweisen war. Es bestehen bereits Zweifel an der Zulässigkeit der gestellten Äquivalenzanträge. Jedenfalls aber haben sie in der Sache keinen Erfolg.
  215. 1.
    Die erstmalige Geltendmachung einer äquivalenten Verletzung des Klagegebrauchsmusters in der mündlichen Verhandlung vom 20.02.2024 war auf die Rüge der Beklagten nicht schon als verspätet zurückzuweisen. Die Zurückweisung verspäteten Vorbringens setzt gem. §§ 292 Abs. 2, 282 Abs.1, 2 ZPO voraus, dass die Zulassung des entsprechenden Vorbringens nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht. Eine Verspätung scheidet hier mangels Verzögerung des Rechtsstreits aus. Zum einen waren die Beklagten in der mündlichen Verhandlung ohne Weiteres in der Lage, auf den Vortrag der Klägerin zu einer behaupteten äquivalenten Verwirklichung des Merkmals 6 zu erwidern. Zum anderen trägt der entsprechende Vortrag der Klägerin eine Verurteilung der Beklagten wegen äquivalenter Gebrauchsmusterverletzung zur Überzeugung der Kammer nicht, so dass auch aus diesem Grund eine Verzögerung ausscheidet.
  216. 2.
    Damit eine vom Wortsinn des Anspruchs abweichende Ausführung in dessen Schutzbereich fällt, muss regelmäßig dreierlei erfüllt sein. Die Ausführung muss erstens das der Erfindung zugrundeliegende Problem mit zwar abgewandelten, aber objektiv gleichwirkenden Mitteln lösen. Zweitens müssen seine im Prioritätszeitpunkt gegebenen Fachkenntnisse den Fachmann befähigt haben, die abgewandelte Ausführung mit ihren abweichenden Mitteln als gleichwirkend aufzufinden. Die Überlegungen, die der Fachmann hierzu anstellen muss, müssen schließlich drittens am Sinngehalt der im Patent- bzw. Gebrauchsmusteranspruch unter Schutz gestellten technischen Lehre orientiert sein. Nur wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln aus fachmännischer Sicht als eine der wortsinngemäßen Lösung gleichwertige (äquivalente) Lösung in Betracht zu ziehen und damit nach dem Gebot des Art. 2 des Protokolls über die Auslegung des Art. 69 EPÜ bei der Bestimmung des Schutzbereichs zu berücksichtigen (st. Rspr. des BGH; vgl. GRUR 2002, 515 – Schneidmesser I; GRUR 2007, 959 – Pumpeinrichtung; GRUR 2011, 313 – Crimpwerkzeug IV; GRUR 2014, 852 – Begrenzungsanschlag; GRUR 2015, 361 – Kochgefäß; GRUR 2021, 574, 577 – Kranarm; OLG Düsseldorf Urt. v. 10.6.2021 – I – 2 U 19/19, GRUR-RS 2021, 15125 Rn. 56, 57).
  217. 3.
    Nach diesen Maßgaben ist das Merkmal 6 – sowohl in Anspruch 1 als auch in Anspruch 16 – nicht in äquivalenter Weise verwirklicht.
  218. a)
    Die Prüfung der von der Rechtsprechung entwickelten Äquivalenzkriterien setzt zwangsläufig zunächst die Identifizierung und Benennung eines konkreten Austauschmittels voraus. Der Äquivalenzantrag muss wörtlich beschreiben, welche Mittel der angegriffenen Ausführungsform die Wirkung der im Patent- bzw. Gebrauchsmusteranspruch genannten Mittel übernehmen (Haedicke/Timmann PatR-HdB, 2. Aufl., 2020, § 3 Rn. 164). Daran mangelt es vorliegend bereits. Die Klägerin definiert das Austauschmittel als einen entsprechend angepassten Schritt (a) dahingehend, dass er geeignet sein muss, die Bodendicke anzupassen. Eine „entsprechende“ Anpassung stellt kein hinreichend konkretes und damit bestimmtes Austauschmittel dar. Vielmehr wird damit lediglich auf die Wirkung bzw. das Ergebnis, welches das Austauschmittel leisten soll, abgestellt, nämlich eine Anpassung der Bodendicke der Druckplatte zu erreichen. Wie ein angepasster Schritt (a) dies erreichen könnte, d.h. welche Mittel konkret von der angegriffenen Ausführungsform hierfür angeblich eingesetzt würden, wird damit nicht formuliert. Dies ist jedoch erforderlich.
  219. b)
    Weiterhin mangelt es jedenfalls an der erforderlichen Gleichwertigkeit, da sich die Lösung des Austauschmittels gerade nicht an der mit dem geltend gemachten Anspruch geschützten Lehre orientiert.
  220. Offenbart die Beschreibung einer Patent- oder Gebrauchsmusterschrift mehrere Möglichkeiten, wie eine bestimmte technische Wirkung erzielt werden kann, ist jedoch nur eine dieser Möglichkeiten in den Anspruch aufgenommen worden, begründet die Benutzung einer der übrigen Möglichkeiten regelmäßig keine Verletzung des Patents bzw. des Gebrauchsmusters mit äquivalenten Mitteln (BGH, GRUR 2011, 701 – Okklusionsvorrichtung). Eine Verletzung des Schutzrechts mit äquivalenten Mitteln kann in einem solchen Fall nur dann angenommen werden, wenn sich die abgewandelte Lösung in ihren spezifischen Wirkungen mit der unter Schutz gestellten Lösung deckt und sich in ähnlicher Weise wie diese Lösung von der nur in der Beschreibung, nicht aber im Anspruch aufgezeigten Lösungsvariante unterscheidet (BGH, GRUR 2012, 45 – Diglycidverbindung). Eine Orientierung an der technischen Lehre findet nicht statt, wenn mit der Abwandlung dasjenige, was der Anspruch lehrt, nicht ebenfalls, bloß auf andere Weise getan wird, sondern die verwirklichte Abwandlung das Gegenteil dessen ist, wozu das Klagepatent bzw. -gebrauchsmuster den Fachmann anhält (OLG Düsseldorf Urt. v. 16.9.2010 – 2 U 50/09, BeckRS 2011, 2114).
  221. Hiernach ist eine Gleichwertigkeit vorliegend nicht gegeben. Die Klägerin trägt vor, die als Austauschmittel benannte entsprechende Anpassung des Schritts (a) könne durch Erhöhung des Energieeintrags, etwa durch Verlängerung der Belichtung oder durch Erhöhung der Intensität des Schrittes (a) erreicht werden. Dabei übersieht sie, dass das Klagegebrauchsmuster genau diese potentiellen Austauschmittel zwar in den Abs. [0057] bis [0059] in Betracht gezogen hat, aber diese gerade nicht beansprucht sind. Es wird insoweit auf die obigen Ausführungen zur Auslegung der Kammer des Merkmals 6 verwiesen. Einen hiervon abweichenden Weg stellt das Klagegebrauchsmuster in Abs. [0061] durch Bereitstellung mindestens eines vorherigen Hinterseitenbelichtungsschrittes vor. Wenngleich es sich bei der in Abs. [0061] beschriebenen Variante in der ursprünglich erteilten Fassung der Ansprüche lediglich um ein Ausführungsbeispiel gehandelt hat, ist dieses nunmehr in der durch das DPMA eingeschränkt aufrechterhaltenen Fassung mit Merkmal 6 zum Bestandteil des Anspruchs geworden. Die hiervon abweichenden, dem gegenüber als nachteilig bewerteten Varianten in Form von Erhöhung der Bestrahlungsintensität oder Verlängerung der Bestrahlungszeit, sind damit gerade nicht orientiert an der Lehre des (neuen) Anspruchs. Vielmehr ist hier gerade von verschiedenen in der Beschreibung offenbarten Möglichkeiten nur eine bestimmte Möglichkeit, nämlich die Bereitstellung eines oder mehrerer zusätzlicher Belichtungsschritte, in den Anspruch aufgenommen worden, so dass die anderen Möglichkeiten keine dem Merkmal 6 gegenüber gleichwertigen Lösungen für den Fachmann darstellen (vgl. BGH, GRUR 2011, 701 – Okklusionsvorrichtung).
  222. IV.
    Schließlich war die Klage auch hinsichtlich des zulässigen weiteren Hilfsantrags, mit welchem die Klägerin eine im Vergleich zum Hauptantrag weitere Fassung des Klagegebrauchsmusters (in der Form, in der sie die Ansprüche im Beschwerdeverfahren vor dem BPatG verteidigt) geltend macht, als unbegründet abzuweisen. Denn das nach dem Dafürhalten der Kammer nicht verletzte Merkmal 5.2, welches das automatische Einsetzen der genau definierten Zeitverzögerung betrifft, ist sowohl in Anspruch 1, als auch in Anspruch 17 der im Hilfsantrag geltend gemachten Fassung inhaltsgleich enthalten. Es wird insoweit auf die obigen Ausführungen verwiesen.
  223. V.
    Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 100 ZPO.
  224. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
  225. VI.
    Der Streitwert wird auf 400.000,00 EUR festgesetzt.

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