Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3353
Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 7. Mai 2024, Az. 4a O 31/22
- I.
Die Klage wird abgewiesen. - II.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin. - III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. - Tatbestand
- Das Europäische Patent mit der Nummer EP 1 954 XXA B1 (Anlage MSP 11a, deutsche Übersetzung der Beschreibung in Anlage MSP 11b, im Folgenden: Klagepatent) wurde unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 01.12.2005 am 22.11.2006 bei dem Europäischen Patent- und Markenamt (im Folgenden: EPA) angemeldet. Die Anmeldung des Klagepatents wurde am 13.08.2008, der Hinweis auf seine Erteilung wurde am 22.02.2017 veröffentlicht. Als Inhaber war jedenfalls noch am 02.08.2021 die „B“ mit der weiteren Angabe „C“ eingetragen. Das Klagepatent wurde im Rahmen eines Einspruchsverfahrens in vollem Umfang aufrechterhalten. Auf eine gegen den deutschen Teil des Klagepatents gerichtete Nichtigkeitsklage hielt das Bundespatentgericht den Anspruch 1 des Klagepatents mit Urteil vom 21.11.2023 (Protokoll mit Urteilstenor s. Anlage MSP 28, vollständiges Urteil in Anlage MSP 29) eingeschränkt aufrecht.
- Der deutsche Teil des Klagepatents steht in dem aus dem Tenor des Urteils des Bundespatentgerichts vom 21.11.2023 ersichtlichen Umfang, den die Klägerin vorliegend geltend macht, in Kraft. Das Klagepatent betrifft eine Gaszufuhrinstallation für Maschinen, die auf Behältern eine Barriereschicht abscheiden.
- Der ursprünglich erteilte Anspruch 1 des in französischer Verfahrenssprache abgefassten Klagepatents lautet in deutscher Übersetzung:
- „Gaszufuhrinstallation für Maschinen, die eine Barriereschicht auf der Innenwand von Behältern durch kaltes Plasma abscheiden, dadurch gekennzeichnet, dass sie Folgendes umfasst:
- – mindestens einen ersten Teil umfassend einen Behälter (1), der mit einer flüssigen Komponente gefüllt ist, wobei der Behälter (1) temperatur- und druckgeregelt ist, um die flüssige Komponente zu verdampfen, um sie in die Gasphase übergehen zu lassen, wobei der erste Teil durch mindestens eine Gasleitung mit dem Rest der Installation verbunden ist;
– mindestens einen zweiten Teil umfassend eine Verteilungsvorrichtung (M), die mindestens einen Mischkopf (48, 50) umfasst, der vorgelagert an die Gasleitungen (54, 56, 76, 78) angeschlossen ist, die ihm durch Magnetventile (58, 60, 80, 82) entsprechen, und nachgelagert durch ein gesteuertes Magnetventil (64, 84) an mindestens eine Einspritzdüse (44) angeschlossen ist, die dazu bestimmt ist, in ein zu behandelndes Gefäß (42) eingefügt zu werden, wenn dieses in einem Vakuumbehälter (40) angeordnet ist;
– ein Mittel zum Inbetriebsregimebringen (E), das mit der Verteilungsvorrichtung (M) zusammenwirkt, um mindestens ein Gasgemisch einzuspritzen, und das mit der Einspritzdüse (44) verbunden ist, wobei jeder Mischkopf (48, 50) an das Mittel zum Inbetriebsregimebringen (E) direkt durch ein jeweiliges Magnetventil (66, 85) parallel zu der Einspritzdüse (44) angeschlossen ist.“ - Durch Urteil des Bundespatentgerichts vom 21.11.2023 wurde der ursprüngliche Anspruch 1 am Ende um folgende Passage ergänzt:
- „, wobei die Verteilungsvorrichtung eine Einheit aus zwei Mischmitteln, die jeweils einen Mischkopf umfassen, aufweist.“
- Wegen des Wortlauts der lediglich im Rahmen von „insbesondere-Anträgen“ geltend gemachten Unteransprüche 4 und 7 sowie der weiteren in den „insbesondere-Anträgen“ zitierten Beschreibungsstellen wird auf die Klagepatentschrift verweisen.
- Nachfolgend sind die Figuren 1 und 2 der Klagepatentschrift eingeblendet. Figur 1 zeigt einen ersten Teil der Zufuhrinstallation zum Erzeugen mindestens eines Vorläufergases, Figur 2 zeigt einen zweiten Teil der Zufuhrinstallation, der die Druckbeaufschlagung mindestens eines Gefäßes während der Einspritzphase mindestens eines Gasgemisches ermöglicht.
- Die Klägerin ist eine Gesellschaft des D-Konzerns und stellt Anlagen zur Verpackung von Flüssigkeiten her. Die Beklagte stellt Abfüll- und Verpackungslösungen für Glas, PET, Keg und Dosen her und bietet diese an. Über ihren Internetauftritt bewirbt die Beklagte die „E“, der sie die Vorrichtungen „F“, „G“ und „H“ (im Folgenden insgesamt: angegriffene Ausführungsform) zuordnet, wie aus Anlage MSP 6 ersichtlich. Im vorliegenden Verfahren nimmt die Klägerin die Beklagte auf Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung, Rückruf, Vernichtung und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch. Zur Erläuterung der Funktionsweise der angegriffenen Ausführungsform bezieht sie sich auf ein durch die I GmbH in Deutschland hergestelltes und im Jahr 2015 (also vor Erteilung des Klagepatents) nach Indien geliefertes System J zur Innenbeschichtung von PET-Flaschen, auf das sich das als Anlage MSP 8 vorgelegte Handbuch bezieht.
- Im August 2001 schlossen die K GmbH & Co. KG (Handelsregisterauszug in Anlage ES 2) und die T Glas einen Kooperationsvertrag (Anlage ES 18) für ein Gemeinschaftsentwicklungsprojekt zur Entwicklung, Konstruktion und Inbetriebnahme einer industriellen Plasma-Beschichtungsanlage für PET-Flaschen.
- In den Jahren 2003 und 2004 verkaufte die K GmbH & Co. KG mehrere Maschinen, mit denen Barriereschichten auf der Innenwand von PET-Flaschen mittels eines kalten Plasmas abgeschieden wurden, und lieferte diese aus. Dabei handelte es sich um Maschinen der Serie I, die die Bezeichnung L trugen. Zu einer Maschine mit der laufenden Nummer 004, teilweise auch M04 genannt, die an das japanische Unternehmen M., Ltd. geliefert wurde, legt die Beklagte, die meint, sie sei Rechtsnachfolgerin der K GmbH & Co. KG, als Anlage ES 10 einen in englischer Sprache abgefassten Kaufvertrag zwischen der K GmbH & Co. KG (bezeichnet als „Seller“) und der N, Corporation (bezeichnet als „Buyer“) für den Endnutzer („end-user“) M., Ltd. sowie das Abnahmeprotokoll (Anlage ES 11) und die EG-Konformitätserklärung (Anlage ES 12) vor, auf die wegen der weiteren Einzelheiten des Verkaufs und der Auslieferung Bezug genommen wird.
- Die K GmbH & Co. KG wurde nach Umbenennung in O GmbH & Co. KG im Wege des Formwechsels, der am 19.10.2010 wirksam wurde, in die O GmbH umgewandelt (s. Handelsregisterauszug der K GmbH & Co. KG, Anlage ES 2). Die O GmbH wiederum ist als übertragender Rechtsträger durch Verschmelzung mit der Beklagten, die am 01.03.2021 wirksam wurde (s. Handelsregisterauszüge, Anlagen ES 3 und ES 4), erloschen.
- Die Klägerin behauptet – insoweit streitig –, die von der Beklagten unter der Bezeichnung „P“ beworbenen und angebotenen Maschinen seien ausgestaltet wie die im Jahr 2015 von der I GmbH nach Indien gelieferte Maschine. Dazu nimmt sie Bezug auf YouTube-Videos aus den Jahren 2021 und 2019 (Screenshots gemäß Anlagen MSP 15 und MSP 16) sowie auf einen von der Beklagten verfassten Artikel (Anlage MSP 17), der sich – ebenso wie das Handbuch gemäß Anlage MSP 8 – auf Beschichtungsstationen der zweiten Generation bezieht. Daraus schlussfolgert die Klägerin, dass die aktuell angebotenen Vorrichtungen wie die im Jahr 2015 nach Indien gelieferte Maschine funktionieren. Schließlich verweist die Klägerin auf eine Pressemitteilung der Beklagten aus dem Jahr 2020 (Anlage MSP 18), in der davon die Rede ist, dass „O, das patentierte Q-Beschichtungsverfahren“, zum Einsatz komme. Die Klägerin meint, es handele sich dabei um das im Zusammenhang mit der nach Indien gelieferten Maschine geschilderte Verfahren.
- Nachfolgend sind zur Veranschaulichung der Funktionsweise der angegriffenen Ausführungsform zwei dem Schriftsatz vom 08.01.2024 entnommene und mit Markierungen der Klägerin versehene Abbildungen, die eine dem Handbuch (Anlage MSP 8) entnommene Schalttafel sowie einen vergrößerten Ausschnitt daraus zeigen, eingeblendet.
- Bei den mit R und S bezeichneten Einrichtungen handelt es sich jeweils um einen Tank mit einer Flüssigkeit, die vaporisiert wird. Über die Ventile V301, V108 und V109 können Stickstoff, Sauerstoff und Argon bereitgestellt werden. Die Gase Stickstoff, Sauerstoff, Argon und die von den Tanks bereitgestellten Gase werden miteinander vermischt, was im mittleren Bereich der Schalttafel dargestellt ist.
- Die Tanks S und R enthalten jeweils einen Drucksensor, der ein mögliches Überschreiten eines als kritisch anzusehenden Drucks überwacht. Wird der kritische Druck für mehr als 60 Sekunden überschritten, wird zunächst der Zulauf an Behältern in die Anlage gestoppt und die Anlage in den Standby-Betrieb versetzt. Wenn der Druck für eine weitere Zeit zu hoch bleibt, wird die Anlage abgeschaltet. Zu anderen Maßnahmen führt die Messung des Drucks in den Tanks nicht. Um die Heizleistung eines Heizmittels anzupassen, ist bei der angegriffenen Ausführungsform ein Temperatursensor in einen Regelkreis integriert; ein Drucksensor ist in diesen Regelkreis nicht integriert.
- Die im Jahr 2015 nach Indien gelieferte Maschine wies eine sog. Bypassleitung auf, die in den vorstehend eingeblendeten Abbildungen am oberen rechten Rand in schwarzer Farbe und in der nachfolgend eingeblendeten, der Anlage MSP 9 entnommenen Figur im linken oberen Bereich dargestellt ist. Auch die aktuell angebotenen Maschinen der P-Reihe weisen eine Bypassleitung auf, deren Anordnung zwischen den Parteien in Streit steht. Während des Beschichtungsbetriebes der Anlage, in der die Anlage Barriereschichten auf Innenwände von Behältern abscheidet, ist das die Bypassleitung beherrschende Ventil geschlossen. Die Bypassleitung ist vorgesehen, um vor Aufnahme des Beschichtungsbetriebes in den Leitungen des Gaserzeugers ein Vorvakuum, also einen ersten Unterdruck, zu erreichen. Zu diesem Zeitpunkt ist der Zustrom von Behältern in die Anlage gesperrt und es kann keinerlei Gasgemisch eingespritzt werden. Nach Erreichen eines gewissen Vorvakuums wird die Bypassleitung geschlossen und bleibt inaktiv.
- Die nachfolgend eingeblendete und mit Anmerkungen der Klägerin versehene Abbilddung ist ebenfalls dem Schriftsatz vom 08.01.2024 entnommen und zeigt Leitungen, die Gasgemische (TC, BA und AL) zur Einspritzdüse führen.
- Die in der angegriffenen Ausführungsform verbauten Ventile, mittels derer die Mischköpfe vorgelagert an die Gasleitungen und nachgelagert an die Einspritzdüse sowie – in der im Jahr 2015 nach Indien gelieferten Maschine – an die Bypassleitung angeschlossen sind, sind sog. Faltenbalgventile, die durch die Beaufschlagung mit Druckluft betätigt werden. Die Druckluft zuführende Leitung ist jeweils durch ein elektromagnetisch angesteuertes Ventil beherrscht, wobei die Beklagte mit Schriftsatz vom 11.03.2024 detailliert zur angeblichen Ausgestaltung der Ventile vorgetragen hat und die Klägerin zur Erwiderung auf diesen Vortrag in der mündlichen Verhandlung einen Schriftsatznachlass beantragt hat.
- Die Klägerin ist der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform mache von Anspruch 1 des Klagepatents in der aufrechterhaltenen Fassung unmittelbar wortsinngemäß Gebrauch. Insbesondere stellten die Tanks R und S temperatur- und druckgeregelte Behälter im Sinne des Klagepatents dar. Bereits die Funktion, dass der Druck im Behälter gemessen und bei Überschreiten des kritischen Drucks für mehr als 60 Sekunden der Zulauf von zu beschichtenden Behältern in die Anlage gestoppt werde, stelle eine Druckregelung im Sinne des Klagepatents dar. Ein Abschalten sei nichts anderes als eine Regelmaßnahme. Darüber hinaus liege in einem – wie die Klägerin behauptet – zwangsweise geschlossenen Behälter, in dem ein Evaporieren erfolge, ein Druck vor, der auch von der Temperatur der Flüssigkeit im Behälter abhänge. Sofern eine Temperaturregelung vorgesehen sei, sei damit automatisch auch eine Druckregelung vorgesehen, da die Größen Druck und Temperatur stets inhärent miteinander verknüpft seien. Dies folge auch aus der (oben eingeblendeten) Schalttafel, in der für die Behälter S und R Druck- und Temperaturwerte (P601, P602 und T601, T602) angegeben seien. Der in Anspruch 1 des Klagepatents enthaltene Zusatz, nach dem der Behälter temperatur- und druckgeregelt ist, um die flüssige Komponente zu verdampfen, um sie in die Gasphase übergehen zu lassen, stelle lediglich einen funktional technischen Zusammenhang her, nämlich, dass eine Flüssigkeit in eine Gasform überführt werden solle. Dazu sei erforderlich, dass durch die Einwirkung von Temperatur, nämlich durch das Einbringen von Heizenergie, zumindest ein Teil der Flüssigkeit in die Gasphase überführt werde. Dadurch, dass die Behälter im Betrieb der Maschine teilweise mit Flüssigkeit gefüllt seien und derart erwärmt würden, dass sich in einem Volumenbereich oberhalb des Flüssigkeitsspiegels das zu verarbeitende Gas ausbilde, sei diesem Volumenbereich zwangsweise auch ein entsprechender Druck zugeordnet. Es liege in der Natur dieses Gasvolumens, dass es einen gewissen Druck aufweise, der insbesondere auch davon abhänge, wie viel Flüssigkeit in die Gasphase übergegangen sei, was wiederum von der Temperatur abhänge, der die Flüssigkeit ausgesetzt sei. Das gesamte System des Behälters mit Gas und Flüssigkeit sei ein System, bei dem die Änderungen von Temperatur und Druck unmittelbar zusammenhingen. Eine Temperaturänderung werde somit zwangsweise immer auch eine Druckänderung veranlassen, womit eine Temperaturregulierung technisch zwingend immer auch eine Druckregulierung bedinge. Nach der Lehre des Klagepatents seien keine zwei separaten Regelschleifen (eine für die Temperatur und eine für den Druck) erforderlich. Bei der angegriffenen Ausführungsform würden allein mit dem Einstellen der Heizenergie Temperatur und Druck reguliert. Die Klägerin behauptet, das Ändern der eingebrachten Heizenergie scheine auch die einzig technisch sinnvolle Maßnahme, um den Druck zu ändern, da eine direkte Druckänderung, beispielsweise durch eine Volumenänderung oder ein Verschließen der Ventile, im Kontext des anspruchsgemäßen Gegenstands technisch sinnlos sei.
- Die angegriffene Ausführungsform umfasse auch ein Mittel zum Inbetriebsregimebringen, das mit der Verteilungsvorrichtung zusammenwirke, um mindestens ein Gasgemisch einzuspritzen. Bei der angegriffenen Ausführungsform stelle der Bypass das Mittel zum Inbetriebsregimebringen dar. Wie aus den vorstehenden Abbildungen erkennbar, lasse sich über die Ventile V925/1 und V925/2 und die braunen Leitungen Gas in den Bereich der Gasleitungen, die der Verteilungsvorrichtung, nämlich dem in der vorstehenden Abbildung seitens der Klägerin eingezeichneten Mischkopf M1, nachgeschaltet sind, einleiten. Der Bypass und der Mischkopf M1 seien daher dazu geeignet, die in der Klagepatentschrift in Absätzen [0087] und [0088] (alle Absatzangaben ohne nähere Bezeichnung sind solche (der Übersetzung) des Klagepatents) beschriebenen Verfahren durchzuführen. Bezüglich des Mischkopfes M2 sei dies – wie ebenfalls aus den eingeblendeten Abbildungen ersichtlich – über die Ventile V725/1 und 725/2 und die grünen Leitungen möglich. Das Zusammenwirken von Mittel zum Inbetriebsregimebringen und Verteilungsvorrichtung müsse nach der Lehre des Klagepatents nicht während des Beschichtungsvorgangs realisiert werden; die Vorrichtung müsse lediglich dazu geeignet sein, dass sie mit der Verteilungsvorrichtung zusammenwirke, um ein Gasgemisch einzuspritzen. Dafür sprächen auch Absatz [0087] der Klagepatentschrift, aus dem hervorgehe, dass in den Gasleitungen ein Vakuum erzeugt werde, während die Ventile für die Injektion geschlossen blieben, und Absatz [0090], nach dem das Ventil (66), das die Verbindung zum Mittel zum Inbetriebsregimebringen darstelle, beim eigentlichen Einspritzen geschlossen sei. Unter dem Mittel zum Inbetriebsregimebringen sei eine Vorrichtung zu verstehen, die dazu ausgelegt sei, die Beschichtungsmaterialien führenden Leitungen zu evakuieren; das Mittel zum Inbetriebsregimebringen müsse nicht zwischen jedem Flaschenwechsel zum Evakuieren benutzt werden. Es handele sich um strukturelle Maßnahmen, die es gestatteten, dass möglichst optimale Voraussetzungen für den eigentlichen Einspritzvorgang der Beschichtungsmaterialien gegeben seien, insbesondere indem für eine Stabilisierung in den Beschichtungsleitungen vor dem Einspritzen gesorgt werde. Das Mittel zum Inbetriebsregimebringen und die Einspritzdüse müssten dazu nicht gleichzeitig betätigt werden. Das vom Klagepatentanspruch 1 geforderte Zusammenwirken sei gerade dann realisiert, wenn ein stabiles Gasgleichgewicht in den Leitungen erzeugt werde, das dann beim Einspritzen von den Beschichtungsgasen genutzt werde. In keinem der in der Klagepatentschrift geschilderten Ausführungsbeispiele seien die Ventile zur Einspritzdüse und zum Mittel zum Inbetriebsregimebringen gleichzeitig geöffnet. Nach der Lehre des Klagepatents gehe es um ein Zusammenwirken, das zeitlich vor dem eigentlichen Einspritzen erfolge und dem Zweck diene, kontinuierlich und unverzüglich das gewünschte Gasgemisch bereitstellen zu können. Dies werde dadurch erreicht, dass die Leitungen stromabwärts der Mischköpfe evakuiert würden und so für ein betriebsoptimiertes Druckniveau gesorgt werde. Auch die Absätze [0020] und [0078] bis [0081] der Klagepatentschrift verdeutlichten, dass es darum gehe, die Leitungen und Verteilungsvorrichtung für den oder die nachfolgenden Einspritzvorgänge vorzubereiten. Die Vakuumbildung im Vorbereitungsmodus nehme auch unmittelbar Einfluss auf den tatsächlichen Einspritzvorgang; in dieser Situation sei ein Zusammenwirken mit dem Mittel zum Inbetriebsregimebringen offensichtlich. Die entsprechende Evakuierung müsse nicht vor dem jeweiligen Einspritzvorgang vorgenommen werden, sondern könne auch während einer Installationszeit vorgesehen sein. Der Anspruchswortlaut greife die Unterscheidung der Beschreibung des Klagepatents zwischen Start- oder Bereitstellungsmodus und einem Modus zum Abscheiden von Schichten nicht auf.
- Die Klägerin ist weiter der Auffassung, die den im Anspruch 1 des Klagepatents genannten Ventilen entsprechenden Ventile der angegriffenen Ausführungsform (s. Auflistung in Rn. 49 der Triplik, Bl. 336 f. GA) seien allesamt Magnetventile. Sie behauptet unter Bezugnahme auf Lexikoneinträge (Anlage MSP 25), einen Internetauszug (Wikipedia, Anlage MSP 24) sowie ein Privatgutachten (Anlage MSP 30), der Fachmann verstehe unter Magnetventilen im Sinne des Klagepatents nicht nur direkt angesteuerte Magnetventile, sondern auch sog. Druckluft- (pneumatisch) gesteuerte Ventile, insbesondere Faltenbalgventile. Zudem verweist sie auf das als Anlage MSP 26 vorgelegte technische Datenblatt zu den in der angegriffenen Ausführungsform verbauten Festmodulen von W.
- Weiter meint die Klägerin, die angegriffene Ausführungsform umfasse eine Verteilungsvorrichtung, die eine Einheit aus zwei Mischmitteln aufweise, die jeweils einen Mischkopf umfassten. Die angegriffene Ausführungsform umfasse eine Verteilungsvorrichtung mit insgesamt drei Mischmitteln, deren Mischkopf jeweils gemäß den Anforderungen des Anspruchs 1 ausgestaltet sei. Dadurch, dass die Verteilungsvorrichtung drei Mischmittel umfasse, weise sie auch eine Einheit aus zwei Mischmitteln auf.
- Die Klägerin ist der Auffassung, der Beklagten stehe kein privates Vorbenutzungsrecht zu, aufgrund dessen diese zur Nutzung der klagepatentgemäßen Lehre berechtigt sein könnte. Sie behauptet, bei den Maschinen der Serie I habe es sich lediglich um Prototypen gehandelt, die noch im Teststadium gewesen seien. Die K GmbH & Co. KG habe vor dem Prioritätszeitpunkt des Klagepatents nicht die Absicht gehabt, eine serienmäßige Herstellung von Beschichtungsmaschinen anzubieten. Es sei davon auszugehen, dass marktreife Maschinen erst ab ca. dem Jahr 2013 angeboten worden seien, so dass ein Zeitraum von etwa zehn Jahren zwischen dem Verkauf einer Testversion und der Herstellung marktreifer Beschichtungsmaschinen gelegen habe. Insoweit verweist die Klägerin auf die Presseerklärung in Anlage MSP 17.
- Die Klägerin ist der Ansicht, es sei nicht dargelegt, dass die K GmbH & Co. KG jemals Erfindungsbesitz gehabt hätte. Sie behauptet, es sei höchst fraglich, ob dieses Unternehmen einen bestimmenden, wirtschaftlich wirksamen Einfluss auf Art und Umfang der vermeintlichen Vorbenutzung gehabt habe. Angesichts der vorgelegten Unterlagen sei insbesondere fraglich, ob sich die K GmbH & Co. KG überhaupt über die Bedeutung eines Mittels zum Inbetriebsregimebringen bewusst gewesen sei, da die Bypassleitung in das Aufgabengebiet und die Kompetenz des Unternehmens T gefallen sei. Auch habe die K GmbH & Co. KG nicht über etwaige andere Unternehmen Erfindungsbesitz erworben. Sollte ein Erfindungsbesitz der K GmbH & Co. KG vorgelegen haben, fehle es jedenfalls an einer Betätigung des Erfindungsbesitzes, wie sich aus Anlage MSP 17 ergebe, da vor dem Prioritätsdatum des Klagepatents das Teststadium nicht verlassen worden sei. Zudem sei nicht ersichtlich, dass die K GmbH & Co. KG eine etwaige Vorbenutzung fortgesetzt habe, so dass davon auszugehen sei, dass ein etwaiger Erfindungsbesitz jedenfalls aufgegeben worden sei.
- Die Klägerin verweist zudem auf Unterschiede zwischen den Maschinen der Serie I und denen der Serie II, denen auch die angegriffene Ausführungsform angehöre. Die Unterschiede beträfen etwa die Anzahl der Mischvorrichtungen und Pumplevel, die Ausgestaltung der Plasmakammer und der Lanze sowie die Anordnung der Ventile und der Greifvorrichtungen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen auf Seiten 49 ff. der Replik (Bl. 174 ff. GA) Bezug genommen. Zudem würden die seitens der Beklagten vorgelegten Dokumente nicht zeigen, dass in der Maschinenserie I die technische Lehre des Anspruchs 1 des Klagepatents verwirklicht gewesen sei.
- Die Klägerin ist der Ansicht, die Verletzung werde gegenüber der angeblichen Vorbenutzung auch dadurch vertieft, dass die angegriffene Ausführungsform Gegenstände der abhängigen Ansprüche verwirkliche, während die vermeintliche Vorbenutzung insoweit anders ausgestaltet gewesen sei. Dies sei vorliegend bezüglich der Unteransprüche 4 und 7 der Fall. Insoweit wird auf die Ausführungen auf Seiten 50 ff. der Replik (Bl. 180 ff. GA) verwiesen.
- Nachdem die Klägerin ursprünglich eine Verletzung des Anspruchs 1 des Klagepatents geltend gemacht hatte, hat sie die Anträge in der Folge um verschiedene insbesondere-Anträge ergänzt, die sie teilweise nicht aufrechterhält, und nach der Entscheidung des Bundespatentgerichts an den Wortlaut der aufrechterhaltenden Fassung des Anspruchs 1 des Klagepatents angepasst hat. Sie beantragt nunmehr,
- I.
die Beklagte zu verurteilen,
1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an dem jeweiligen gesetzlichen Vertreter der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen, - eine Gaszufuhrinstallation für Maschinen, die eine Barriereschicht auf der Innenwand von Behältern durch kaltes Plasma abscheiden, wenn sie Folgendes umfasst:
- – mindestens einen ersten Teil umfassend einen Behälter, der mit einer flüssigen Komponente gefüllt ist, wobei der Behälter temperatur- und druckgeregelt ist, um die flüssige Komponente zu verdampfen, um sie in die Gasphase übergehen zu lassen, wobei der erste Teil durch mindestens eine Gasleitung mit dem Rest der Installation verbunden ist;
- – mindestens einen zweiten Teil umfassend eine Verteilungsvorrichtung, die mindestens einen Mischkopf umfasst, der vorgelagert an die Gasleitungen angeschlossen ist, die ihm durch Magnetventile entsprechen, und nachgelagert durch ein gesteuertes Magnetventil an mindestens eine Einspritzdüse angeschlossen ist, die dazu bestimmt ist, in ein zu behandelndes Gefäß eingefügt zu werden, wenn dieses in einem Vakuumbehälter angeordnet ist;
- – ein Mittel zum Inbetriebsregimebringen, das mit der Verteilungsvorrichtung zusammenwirkt, um mindestens ein Gasgemisch einzuspritzen, und das mit der Einspritzdüse verbunden ist, wobei jeder Mischkopf an das Mittel zum Inbetriebsregimebringen direkt durch ein jeweiliges Magnetventil parallel zu der Einspritzdüse angeschlossen ist, wobei die Verteilungsvorrichtung eine Einheit aus zwei Mischmitteln, die jeweils einen Mischkopf umfassen, aufweist;
(aufrechterhaltener Anspruch 1 der EP 1 954 XXA B1) - in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen;
- 2.
der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie seit dem 22. Februar 2017 die unter Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen begangen hat, und zwar unter Angabe
a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
c) der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der hierfür bezahlten Preise,
wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen; - 3.
der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 22. Februar 2017 begangen hat, und zwar unter Angabe:
a) der Herstellungsmengen und -zeiten,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen,
-zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist; - 4.
die unter Ziffer I.1. bezeichneten Erzeugnisse gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf den gerichtlich (unter Nennung des Gerichts, des Urteilsdatums und des Aktenzeichens) festgestellten patentverletzenden Zustand der Sache und mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen und die Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen; - 5.
die unter Ziffer I.1. bezeichneten, in ihrem Besitz oder Eigentum befindlichen Erzeugnisse an einen, von der Klägerin zu benennenden, Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben; - II.
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziffer I.1. bezeichneten, seit dem 22. Februar 2017 begangenen Handlungen bereits entstanden ist oder noch entstehen wird. - Wegen der lediglich im Rahmen von insbesondere-Anträgen geltend gemachten Unteransprüche und Passagen der Klagepatentschrift wird auf die Triplik vom 22.02.2024 (dort Seiten 2 ff., Bl. 319 ff.GA) verwiesen.
- Die Beklagte beantragt,
- die Klage abzuweisen,
- hilfsweise,
die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils davon abhängig zu machen, dass die Klägerin eine Sicherheitsleistung in Höhe von mindestens EUR 20 Mio. erbringt. - Die Beklagte behauptet, in den aktuell vertriebenen und hergestellten P- Maschinen sei die Bypassleitung nicht – wie in den oben eingeblendeten Schalttafeln dargestellt – zwischen der Verteilungsvorrichtung und der Einspritzdüse angekoppelt, sondern vor den von der Klägerin als Mischköpfe bezeichneten Bereichen, also dort, wo noch keinerlei Mischung der Gase erfolge. Sie meint, die von der Klägerin als Mischköpfe bezeichneten Bereiche stellten allenfalls Mischmittel dar.
- Die Beklagte ist der Auffassung, die Klägerin habe nicht in ausreichender Weise dargelegt, dass sie, die Beklagte, nach Erteilung des Klagepatents überhaupt eine Maschine ausgeliefert habe, die in ihrer Ausgestaltung der Maschine aus dem Jahr 2015 entsprochen habe. Da quasi jeder ausgelieferte Artikel ein Unikat darstelle, sei es auch nicht Aufgabe der Beklagten, jede der seit Eintragung des Klagepatents ausgelieferte Maschine auf ihre technische Beschaffenheit hin zu überprüfen und dazu vorzutragen.
- Weiter meint die Beklagte, die Klägerin habe ihre Aktivlegitimation nicht dargelegt. Sie habe keinen aktuellen Registerauszug, aus dem sich die angebliche Aufnahme des Rechtsformzusatzes ergebe, vorgelegt. Zudem sei auch die Passivlegitimation der Beklagten nicht dargetan. Eine etwaig bei der I GmbH entstandene Wiederholungsgefahr sei durch die gesellschaftsrechtlichen Verschmelzungsvorgänge entfallen.
- Die Beklagte ist der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform verwirkliche die Lehre des Anspruchs 1 des Klagepatents nicht. Es fehle an einem Behälter der temperatur- und druckgeregelt sei, um die flüssige Komponente zu verdampfen. Bei der angegriffenen Ausführungsform finde insoweit allein eine Temperaturregelung statt. Eine Regelung im Sinne des Klagepatents, die mit dem allgemeinen Verständnis des Fachmanns von einer Regelung übereinstimme, erfordere, dass die entsprechenden Größen, vorliegend Temperatur und Druck, fortlaufend erfasst und mit Sollwerten, hier Solltemperatur und Solldruck, verglichen würden, um fortlaufend regelnd einzugreifen, z.B. durch Verändern einer Heizleistung und/oder durch Verändern einer abgegebenen Gasmenge. Bei der angegriffenen Ausführungsform liege kein Regelkreis vor, in den ein Drucksensor integriert sei. Der gemessene Druck werde an keinen Regler übermittelt, um einen Regeleingriff zu ermöglichen. Der Drucksensor sei in die Steuerung des Behälters zur Verdampfung der flüssigen Komponente nicht eingebunden, es handele sich lediglich um einen intelligenten NOT-AUS-Schalter. Eine Regelung des Behälters, um die flüssige Komponente zu Verdampfen unter Einbindung sowohl der Temperatur als auch des Drucks als Ist-Größen und Soll-Größen liege bei der angegriffenen Ausführungsform nicht vor. Die Beklagte führt weiter aus, der Behälter, in dem das Evaporieren erfolge, sei auch nicht „zwangsweise geschlossen“, da ihm laufend verdampftes Gas entnommen werde, um Beschichtungsvorgänge ausführen zu können. Zudem liege bei Vorsehen einer Temperaturregelung nicht zwangsweise gleichzeitig eine Druckregelung vor, selbst wenn Druck und Temperatur miteinander verknüpft seien. Denn ein Temperatursensor messe nie den Druck, weshalb eine Temperaturregelung auch dann keine Druckregelung sei, wenn Temperatur und Druck voneinander abhingen. Beide Größen müssten gemessen werden und beide gemessenen Werte müssten auf die Regelung Einfluss nehmen. Sowohl die Temperatur der zu verdampfenden Flüssigkeit als auch der Druck im Gasvolumen oberhalb des Flüssigkeitspegels seien zu betrachten. Erforderlich seien zwar keine separaten Regelschleifen, sowohl Temperatur- als auch Druckmesswerte müssten aber in der – gegebenenfalls gemeinsamen – Regelung verarbeitet werden. Die Beklagte behauptet, eine Regelung des Drucks sei auch technisch sinnvoll, da der Druck im Gasraum oberhalb des Flüssigkeitspegels die für den Beschichtungsvorgang zur Verfügung stehende Gasmenge bestimme. Schließlich ist sie der Ansicht, das Abschalten, das bei Überschreitung eines bestimmten Druckwertes erfolge, sei keine Regelmaßnahme, um Druck und Temperatur zu beeinflussen. Denn das Abschalten der Anlage beende jede Regelung bzw. Steuerung.
- Die angegriffene Ausführungsform umfasse auch kein klagepatentgemäßes Mittel zum Inbetriebsregimebringen, das mit der Verteilungsvorrichtung zusammenwirke, um mindestens ein Gasgemisch einzuspritzen. Nach der Lehre des Klagepatents wirke das Mittel zum Inbetriebsregimebringen durch das zwischenzeitliche Abführen von Gasgemisch im Beschichtungsbetrieb mit der Verteilungsvorrichtung zusammen. Das Klagepatent verstehe unter einem Zusammenwirken von Mittel zum Inbetriebsregimebringen und Verteilungsvorrichtung, um mindestens ein Gasgemisch einzuspritzen, einen Ablauf, wie er in der Beschreibung der Figur 2 des Klagepatents geschildert sei. Dabei werde stets im Wechsel entweder über die Einspritzdüse das vom Mischkopf kommende Gasgemisch in den Behälter eingespritzt (während das Vakuummittel (E) nicht mit dem Mischkopf wirkverbunden sei) oder das Vakuummittel (E) werde mit dem Mischkopf wirkverbunden und dann kontinuierlich das im Mischkopf entstehende Gasgemisch abgeführt (, wenn zum Behälterwechsel durch Schließen des entsprechenden Ventils das Gasgemisch vom Mischkopf nicht zur Einspritzdüse geführt werde). Dies ergebe sich aus der in den Absätzen [0012] und [0013] des Klagepatents erkennbaren Zielrichtung des Klagepatents, die Betriebsbedingungen der einzelnen Komponenten zwischen zwei Schichtabscheidungsvorgängen zu kontrollieren. Diese Aufgabe des Klagepatents könne nur in einem Betriebsmodus gelöst werden, in dem Schichtabscheidungsvorgänge stattfänden. Die im Klagepatent formulierte Aufgabe werde dadurch gelöst, dass in der Einheit aus zwei Mischmitteln, die jeweils einen Mischkopf umfassen, einer der beiden Mischköpfe mit dem Mittel zum Inbetriebsregimebringen verbunden sei, während der andere Mischkopf mit der Einspritzdüse verbunden sei und Prozessgas in den Behälter für einen Abscheideprozess eingeführt werde; es werde alternierend hin- und hergeschaltet, welcher der beiden Mischköpfe der Einheit mit dem Mittel zum Inbetriebsregimebringen und welcher der beiden Mischköpfe mit der Einspritzdüse verbunden sei. Da die Bypassleitung der angegriffenen Ausführungsform im Beschichtungsbetrieb stets geschlossen sei, sei sie an dem Einspritzvorgang gar nicht beteiligt und wirke daher auch nicht mit der Verteilungsvorrichtung zusammen, um mindestens ein Gasgemisch einzuspritzen. Die Bypassleitung der angegriffenen Ausführungsform sei dazu ohne Umprogrammierung auch nicht in der Lage. Auch ein Umprogrammieren würde – so die Beklagte – nicht zu einer klagepatentgemäßen Maschine führen, da die Bypassleitung nur an eine zentrale Versorgungsleitung für Prozessgas angeschlossen sei, die alle Stationen versorge. Auch bei der Vorevakuierung der Maschine durch die Bypassleitung wirke diese nicht mit der Verteilungsvorrichtung zusammen, um mindestens ein Gasgemisch einzuspritzen, da die Verteilungsvorrichtung noch kein Gasgemisch einspritze und noch keine Behälter in die Beschichtungsstationen einliefen. Das einzige Ausführungsbeispiel des Anspruchs 1 des Klagepatents sei in Absätzen [0027] ff. der Klagepatentschrift beschrieben. Die Absätze [0086] ff. des Klagepatents beschrieben kein Ausführungsbeispiel des Anspruchs 1. Es sei dort gerade kein klagepatentgemäßes Zusammenwirken von Mittel zum Inbetriebsregimebringen und Verteilungsvorrichtung geschildert. Vielmehr entspreche die dort beschriebene Betriebsart einem Vorevakuieren, das eine zusätzliche zweite Betriebsart darstelle. Die Lehre des Anspruchs 1 verwirkliche aber allein die erste Betriebsart. So sei in Absatz [0088] beschrieben, dass die Ventile 64 und 84 geschlossen seien, und zwar deswegen, weil keine Einspritzvorgänge und kein Anschluss an die Ausgleichskammer und die Einspritzdüse erfolgen sollten. Nach der Lehre des Klagepatents könne die Maschine zusätzlich zu der ersten unter Anspruch 1 fallenden Betriebsart eine zweite Betriebsart aufweisen, die aber nicht unter Anspruch 1 falle, sondern den in Unteranspruch 13, der auf zwei aufeinanderfolgende Modi gerichtet sei, genannten zweiten Modus darstelle. Dieser Start- und Bereitschaftsmodus, den die Beklagte auch als Vorevakuierung bezeichnet, stelle lediglich eine optionale Art dar, eine klagepatentgemäße Maschine zu betreiben, die in ihrem Produktionsbetrieb zwingend von der Lehre des Anspruchs 1 des Klagepatents Gebrauch mache.
- Die Beklagte behauptet zudem, bei der angegriffenen Ausführungsform stelle sich in den Beschichtungsleitungen kein stabiles Gasgleichgewicht ein, das beim Einspritzvorgang von den Beschichtungsgasen genutzt werde. Denn das voreingestellte Gasgleichgewicht verfalle, wenn die Nutzung nicht mit einer gewissen Gleichzeitigkeit erfolge, sich die Ventile für das Einspritzen also gleichzeitig mit dem Schließen des Bypassventils öffneten. Da dies bei der angegriffenen Ausführungsform nicht der Fall sei, staue sich das nachfolgende Gasgemisch sukzessive und löse das von der Klägerin angeführte Gasgleichgewicht auf. Im Produktionsbetrieb der angegriffenen Ausführungsform würden kontinuierlich die Leitungen der Gaszufuhreinrichtung, der zu beschichtende Behälter und die den Behälter umgebende Kammer auf für den Beschichtungsprozess erforderliche Unterdruckbedingungen eingestellt, was zu Produktionsbeginn aufgrund der über die Bypassleitung erfolgten Vorevakuierung schneller möglich sei als ohne Vorevakuierung. Ein auf das Einspritzen bezogenes Zusammenwirken liege darin aber nicht.
- Die Beklagte behauptet weiter, die bei der angegriffenen Ausführungsform verbauten Faltenbalgventile seien keine Magnetventile im Sinne des Klagepatents. Magnetventile seien solche, die von einem Elektromagneten betätigt würden. Hingegen handele es sich bei den Ventilen der angegriffenen Ausführungsform um Pneumatikventile, da sie durch Druckluft betätigt würden, nämlich indem der Membranantrieb mit Druckluft beaufschlagt werde. Ob die Steuerdruckluftleitung zum Ventil von einem Magnetventil oder einem anders gearteten Ventil beherrscht werde, sei für die Einordnung irrelevant. Wenn das Ventil selbst durch Druckluft gesteuert werde, handele sich jedenfalls um ein Pneumatikventil. Bei der angegriffenen Ausführungsform seien im feststehenden Teil Pneumatikventile verbaut, die vom Hersteller U selbst als „pneumatische Faltenbalgventile“ bezeichnet würden. Die Druckluftleitungen, die zu diesen pneumatischen Faltenbalgventilen führten, verliefen über eine sogenannte Ventilinsel der Serie „V“ von W; in der Ventilinsel seien insgesamt 24 Magnetventile angeordnet, die unter anderem die Steuerdruckluftleitungen beherrschten, die zu den entfernt davon, hinter einer Trennwand im beheizten Raum der Gaszufuhrinstallation angeordneten, pneumatischen Faltenbalgventilen führten. Bezüglich der Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform verweist sie insoweit auf die auf Seite 27 der Quadruplik (Bl. 386 GA) eingeblendeten Lichtbilder nebst Erläuterung. Bei den in der angegriffenen Ausführungsform verbauten pneumatischen Faltenbalgventilen handele es sich auch nicht um Pneumatikventile mit integriertem Magnetventil, die möglicherweise sowohl als Pneumatik- als auch als Magnetventil eingeordnet werden könnten.
- Zudem weise die Verteilungsvorrichtung der angegriffenen Ausführungsform keine Einheit aus zwei Mischmitteln, die jeweils einen Mischkopf umfassen, auf. Dieses im Nichtigkeitsverfahren hinzugekommene Merkmal beschränke den Anspruch auf eine Ausgestaltung gemäß des in Absätzen [0057] ff. geschilderten Ausführungsbeispiels der Figur 2 der Klagepatentschrift, so dass eine Einheit aus genau zwei Mischmitteln vorliegen müsse. Denn die Formulierung entspreche derjenigen des Absatzes [0058], nach der die Verteilungsvorrichtung eine Einheit aus zwei Mischmitteln umfasse, die jeweils einen Mischkopf umfassten, und zwar unter Bezugnahme auf den in Absatz [0057] genannten Zweck, aus zwei Gemischen von jeweils zwei verschiedenen Gasen nacheinander zwei übereinanderliegende Innenschichten herzustellen. Da die angegriffene Ausführungsform eine Einheit aus – unstreitig – drei Mischmitteln aufweise, verwirkliche sie die Lehre des Klagepatents nicht. Hinzu komme, dass die seitens der Klägerin in der Schalttafel rot umrandeten Bereiche keine Mischköpfe, sondern allenfalls Mischmittel darstellten, wobei ein Mischen in den rot umrandeten Bereichen (etwa vor den Ventilen V601 bis V607) nicht stattfinde
- Die Beklagte ist der Auffassung, dass ihr – falls die angegriffene Ausführungsform von der Lehre des Klagepatents Gebrauch machen sollte – jedenfalls ein privates Vorbenutzungsrecht zustehe. Denn die angegriffene Ausführungsform unterscheide sich in den relevanten Bauteilen nicht von den Maschinen der Serie I, von denen die K GmbH & Co. KG bereits in den Jahren 2003 und 2004 mehrere Maschinen, u.a. die Maschine L M04, verkauft und ausgeliefert habe. Dadurch sei bei der K GmbH & Co. KG ein Vorbenutzungsrecht entstanden, das auf sie, die Beklagte, als deren Rechtsnachfolgerin übergangen sei. Die angegriffene Ausführungsform beinhalte zwar Weiterentwicklungen gegenüber den Maschinen der Serie I, jedoch gingen diese nicht über den Umfang der bisherigen Benutzung hinaus, da sie nicht in Zusammenhang mit dem Gegenstand der im Klagepatent unter Schutz gestellten Erfindung stünden. Ein etwaiger Schutzbereichseingriff werde daher durch die Weiterentwicklungen gegenüber dem ursprünglichen Vorbenutzungsgegenstand nicht vertieft, auch nicht in Bezug auf die Unteransprüche 4 und 7. Insoweit wird auf die Ausführungen auf Seiten 48 ff. der Duplik (Bl. 290 ff. GA) Bezug genommen.
- Die Beklagte behauptet, die K GmbH & Co. KG habe einen signifikanten Beitrag zur Entwicklung der Maschinen der Serie I geleistet. Sie meint, die Vorbenutzungshandlung liege in dem Herstellen der Maschine, ihrem Anbieten und Inverkehrbringen sowie im Besitz zu diesen Zwecken, wobei die Handlungen jeweils im Inland erfolgt seien. Genau diese Tätigkeiten weise die Anlage ES 18 als Kooperationszweck aus. Da die K GmbH & Co. KG vor dem Zeitrang des Klagepatents mehrere Maschinen der Serie I hergestellt und verkauft habe, sei sie im Erfindungsbesitz gewesen und habe diesen mehrfach planmäßig verwirklicht. Das folge auch daraus, dass im Rahmen des Errichtens der Anlage beim Kunden Funktionstests hätten durchgeführt werden müssen, etwa ein Vorevakuieren des Gaserzeugers, was ein Verständnis der im Gaserzeuger ablaufenden Vorgänge voraussetze. Aus dem Abnahmeprotokoll gemäß Anlage ES 11 ergebe sich zudem, dass die Maschine voll funktionsfähig übergeben worden sei.
- Die Beklagte ist der Auffassung, selbst wenn man davon ausginge, dass ein Vorbenutzungsrecht nicht originär bei der K GmbH & Co. KG, sondern bei der X GmbH entstanden sei, sei dieses in der Folge vollständig auf die K GmbH & Co. KG übergegangen.
- Zu dem hilfsweise gestellten Antrag auf Anordnung einer Sicherheitsleistung trägt die Beklagte vor, die angegriffenen Gaszufuhrinstallationen seien Teil von Maschinen zur Beschichtung von Behältern, die zu Preisen von netto EUR 5 Mio. und mehr verkauft würden. Derzeit gebe es Ausschreibungen von Y für mehrere Anlagen, bei denen sich beide Parteien beworben hätten. Für den Fall, dass die Beklagte solche Ausschreibungen wegen eines vorläufig vollstreckbaren Urteils verlöre, das Urteil aber später aufgehoben würde, träte bei ihr ein Millionenschaden ein, von dem unsicher sei, ob die Klägerin dann noch finanziell in der Lage wäre, diesen auszugleichen. Auch ein vorläufig vollstreckbarer Rückruf- oder Vernichtungsanspruch würde zu einem Schaden in Millionenhöhe führen.
- Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung ergänzend Bezug genommen.
- Entscheidungsgründe
- Die zulässige Klage hat keinen Erfolg. Sie ist unbegründet.
- A.
Die angegriffene Ausführungsform macht von der Lehre des geltend gemachten Anspruchs 1 des Klagepatents in der durch das Bundespatentgericht mit Urteil vom 21.11.2023 aufrechterhaltenen Fassung keinen Gebrauch. - I.
Das Klagepatent betrifft eine Installation zur Bereitstellung eines gasförmigen Vorläufers, der zur Herstellung einer Barriereschicht in einer Maschine zum Abscheiden von Barriereschichten auf Gefäße, insbesondere Flaschen, verwendet wird (Absatz [0001]). - Aus dem Stand der Technik waren, so das Klagepatent in Absatz [0002], bereits Maschinen bekannt, die mindestens eine Bearbeitungsstation mit einer Vakuumkammer aufweisen, in die die mit einer Barriereschicht zu beschichtenden Gefäße eingebracht wurden. Mit Hilfe einer Gaszufuhrinstallation wurde ein gasförmiger Vorläufer (als Einzelgas oder Gasgemisch) in das Innere des Gefäßes, in dem das Vakuum erzeugt wurde, eingeführt und ein Plasma des Vorläufers wurde unter Verwendung von Mikrowellenenergie erzeugt, die mit Hilfe eines Zünders angelegt wurde. Das Klagepatent benennt in seinem Absatz [0004] die Veröffentlichungen FR-A-2.783.XXB und FR-A-2.791.XXC seines Anmelders und erläutert in Absatz [0005], dass Maschinen zum Abscheiden von Barriereschichten auf Gefäßen mit sehr hohen Produktionsraten eingesetzt werden, weshalb die Zeit für den Aufbau des Gasdrucks, der zum Zünden des Plasmas in dem Gefäß erforderlich ist, extrem kurz sein muss. Das Klagepatent führt in Absatz [0007] weiter aus, dass im Stand der Technik bereits die Verwendung eines Gasgemisches zur Erzeugung des Plasmas beschrieben wurde. In Absatz [0008] erläutert das Klagepatent, dass einige Bestandteile des Gasgemisches in Gasform und andere in flüssiger Form von der Gaszufuhrinstallation der Maschine gespeichert werden können.
- An den im Stand der Technik bekannten Lösungen kritisiert das Klagepatent, dass diese unbefriedigend seien, sobald die Produktionsrate einen gewissen Schwellenwert überschreite (Absatz [0006]). Bei einer reinen Gaszufuhr habe sich gezeigt, dass die Dauer der Gasinjektion zum Sicherstellen eines ausreichenden Gasvolumens in dem Gefäß, nachdem dort ein anfängliches Vakuum erzeugt worden sei, nicht unter einen bestimmten Schwellenwert gesenkt werden könne, was sich nachteilig auf die Gesamtbearbeitungsgeschwindigkeit der Anlage auswirke (Absatz [0009]). Diese Erscheinung werde – so erläutert das Klagepatent in Absatz [0010] – noch verstärkt, wenn der Vorläufer oder einige seiner Bestandteile im Falle eines Gemisches vor der Gaszufuhrinstallation in flüssiger Phase gespeichert werden, da in diesem Fall zuvor ein Phasenwechsel des Vorläufers erfolgen müsse, der in einem Übergang von seiner flüssigen Phase in seine Gasphase bestehe, nachdem das Vakuum im Gefäß hergestellt worden sei und die Vorläuferzufuhrleitung mit dem Inneren des Gefäßes in Verbindung gebracht worden sei.
- In Absatz [0011] nennt das Klagepatent die US-A-5.827.XXD, die eine Gaszufuhrinstallation für Maschinen zum Abscheiden von Schichten offenbart, die einen Gasmischkopf, Mittel zum Inbetriebsregimebringen der Gase und einen Injektor enthält, die in Reihe geschaltet sind. Daran kritisiert das Klagepatent, dass eine solche Anordnung es nicht ermöglicht, die Betriebsbedingungen der einzelnen Komponenten zwischen zwei Schichtabscheidungsvorgängen zu kontrollieren. In Absatz [0012] nennt das Klagepatent die US-A-5.462.XXE, die keine Mittel zum Inbetriebsregimebringen der Gase offenbart. Auch insoweit kritisiert das Klagepatent, dass die Druckschrift somit keine Mittel offenbart, mit denen die Betriebsbedingungen der einzelnen Komponenten zwischen zwei Schichtabscheidungsvorgängen kontrolliert werden können.
- Das Klagepatent stellt sich vor diesem Hintergrund in seinem Absatz [0013] die Aufgabe, die Einschränkungen im Stand der Technik auszuräumen.
- Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent in seinem Anspruch 1 in der vom Bundespatentgericht aufrechterhaltenen Fassung eine Gaszufuhrinstallation mit folgenden Merkmalen vor:
- 1.1 Gaszufuhrinstallation für Maschinen, die eine Barriereschicht auf der Innenwand von Behältern durch kaltes Plasma abscheiden, dadurch gekennzeichnet, dass sie Folgendes umfasst:
1.2 – mindestens einen ersten Teil umfassend einen Behälter (1), der mit einer flüssigen Komponente gefüllt ist, wobei der Behälter (1) temperatur- und druckgeregelt ist, um die flüssige Komponente zu verdampfen, um sie in die Gasphase übergehen zu lassen, wobei der erste Teil durch mindestens eine Gasleitung mit dem Rest der Installation verbunden ist;
1.3a – mindestens einen zweiten Teil umfassend eine Verteilungsvorrichtung (M), die mindestens einen Mischkopf (48, 50) umfasst, der vorgelagert an die Gasleitungen (54, 56, 76, 78) angeschlossen ist, die ihm durch Magnetventile (58, 60, 80, 82) entsprechen, und
1.3b nachgelagert durch ein gesteuertes Magnetventil (64, 84) an mindestens eine Einspritzdüse (44) angeschlossen ist, die dazu bestimmt ist, in ein zu behandelndes Gefäß (42) eingefügt zu werden, wenn dieses in einem Vakuumbehälter (40) angeordnet ist;
1.4 ein Mittel zum Inbetriebsregimebringen (E), das mit der Verteilungsvorrichtung (M) zusammenwirkt, um mindestens ein Gasgemisch einzuspritzen, und
1.4a das mit der Einspritzdüse (44) verbunden ist, wobei jeder Mischkopf (48, 50) an das Mittel zum Inbetriebsregimebringen (E) direkt durch ein jeweiliges Magnetventil (66, 85) parallel zu der Einspritzdüse (44) angeschlossen ist,
1.5 wobei die Verteilungsvorrichtung eine Einheit aus zwei Mischmitteln aufweist, die jeweils einen Mischkopf umfassen. - II.
Die angegriffene Ausführungsform macht von der Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch, da sie nicht alle Merkmale des Anspruchs 1 in der aufrechterhaltenen Fassung verwirklicht. - 1.
Die angegriffene Ausführungsform macht keinen Gebrauch von Merkmal 1.2. Nach Merkmal 1.2 umfasst die Gaszufuhrinstallation mindestens einen ersten Teil umfassend einen Behälter, der mit einer flüssigen Komponente gefüllt ist, wobei der Behälter temperatur- und druckgeregelt ist, um die flüssige Komponente zu verdampfen, um sie in die Gasphase übergehen zu lassen, wobei der erste Teil durch mindestens eine Gasleitung mit dem Rest der Installation verbunden ist. - a.
Dass die angegriffene Ausführungsform einen ersten Teil mit einem Behälter umfasst, der mit einer flüssigen Komponente gefüllt ist, wobei der Behälter temperaturgeregelt ist, um die flüssige Komponente zu verdampfen, um sie in die Gasphase übergehen zu lassen, wobei der erste Teil durch mindestens eine Gasleitung mit dem Rest der Installation verbunden ist, steht zwischen den Parteien zu Recht außer Streit. Streitig ist, ob der Behälter (auch) druckgeregelt ist, um die flüssige Komponente zu verdampfen, um sie in die Gasphase übergehen zu lassen. - b.
Nach der Lehre des Klagepatents erfolgt die Regelung des Behälters über zwei Größen, nämlich die Temperatur und den Druck. Dies impliziert, dass diese Größen nicht nur gemessen werden (Ist-Größen), sondern insoweit auch jeweils Soll-Größen hinterlegt sind, an die die Ist-Größen im Falle einer Abweichung durch Regelungsmaßnahmen herangeführt werden. Diesem von der Beklagten detailliert und unter Bezugnahme auf DIN-Vorschriften dargelegten allgemeinen Verständnis des Fachmanns von einer Regelung ist die Klägerin nicht entgegengetreten. Auch Anhaltspunkte dafür, dass der Lehre des Klagepatents ein abweichendes Verständnis einer Regelung zu Grunde liegen würde, sind weder vorgetragen noch erkennbar. Dass – in einem geschlossenen System – eine Temperaturänderung immer auch eine Änderung des Druckes herbeiführt, sagt nichts darüber aus, ob bei einer Temperaturregelung gleichzeitig eine Druckregelung vorliegt, sondern allein darüber, dass eine Änderung der Temperatur (beispielsweise durch eine Regelungsmaßnahme) auch eine Änderung des Drucks zur Folge hat. Sind in der Vorrichtung bezüglich des Drucks aber keine Soll-Werte hinterlegt, an die der Ist-Druckwert durch eine Maßnahme herangeführt werden soll, handelt es sich bei einer solchen Änderung des Drucks nicht zugleich um eine Druckregelung. Zwar macht die Klagepatentschrift keine Vorgabe dazu, über welche Maßnahmen der Druck geregelt werden soll, so dass grundsätzlich eine Vielzahl von Maßnahmen, die den Druck beeinflussen, in Betracht kommt. Eine Änderung des Drucks kann etwa über ein Öffnen oder Schließen von Ventilen bewirkt werden, die an zuführenden oder ableitenden Leitungen angebracht sind. So beschreibt das Klagepatent in Absatz [0042] in Zusammenhang mit dem Ausführungsbeispiel gemäß Figur 1, dass das Ventil 17 (zum Inbetriebsregimebringen) ein „Bypass“-Ventil darstellt, das die Aufgabe hat, den Druckaufbau (Vakuumniveau) des Kreislaufs zu Beginn des Betriebszyklus zu erleichtern, während im eingeschwungenen Betrieb der Gasdurchfluss über den Durchflussmesser/-regler gesteuert wird. In dem Ausführungsbeispiel gemäß Figur 1 wird der Druck danach über die Menge des (über das Ventil 17 oder den Durchflussmesser/-regler 21) abgeleiteten Gases verändert und geregelt. Dies korrespondiert mit den Ausführungen in Absatz [0051], nach denen die (erste) Steuerung des Ausführungsbeispiels neben der auf das Heizelement aufgebrachten Energie die Öffnungswerte der Durchflussmesser 21 und/oder 29, der Ventile (zum Inbetriebsregimebringen) 17, 37 und / oder des Füllventils 7 einstellen kann. Auch ist plausibel, dass der Druck – jedenfalls in einem geschlossenen System – durch Veränderung der Temperatur geändert werden kann. Eine (Maßnahme zur) Regelung des Drucks kann in dem Herbeiführen einer Temperaturänderung aber nur dann liegen, wenn der Ist-Wert des Drucks erfasst und durch die Maßnahme an einen hinterlegten Soll-Wert des Drucks angeglichen werden soll. Dies erfordert zwingend die Einbindung des Druckwertes in einen Regelkreis. Nach der Lehre des Klagepatents, dessen Anspruch 1 keinerlei Vorgaben dazu enthält, durch welche Maßnahmen die Druckregelung zu erfolgen hat, ist auch eine Regelung der beiden Größen Temperatur und Druck über einen gemeinsamen Regelkreis nicht ausgeschlossen. Vor diesem Hintergrund ist ein eigener Regelkreis für den Druck nicht zwingend. Minimalvoraussetzung ist aber, dass ein Soll-Wert für den Druck hinterlegt ist, an den der (gemessene) Ist-Wert durch Regelungsmaßnahmen herangeführt werden kann. Der gemessene Druckwert muss Einfluss auf die Regelung nehmen. - Merkmal 1.2 sieht ferner vor, dass der Behälter temperatur- und druckgeregelt ist, um die flüssige Komponente zu verdampfen, um sie in die Gasphase übergehen zu lassen. Bei dieser Vorgabe handelt es sich um eine Funktionsangabe, die die durch das Patent geschützte Vorrichtung näher dahin definiert, dass diese nicht nur die räumlich-körperlichen Merkmale erfüllen muss, sondern auch so ausgebildet sein muss, dass sie die im Patentanspruch erwähnte Funktion herbeiführen kann (BGH, GRUR 2009, 837 – Bauschalungsstütze; BGH, GRUR 2021, 462 – Fensterflügel; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 16. Auflage 2024, Abschn. A, Rn. 95). Im vorliegenden Fall bedeutet das, dass die Druckregelung des Behälters derart eingesetzt werden können muss, dass sie zu dem Vorgang des Verdampfens der flüssigen Komponente beiträgt.
- c.
Auf Grundlage dieses Verständnisses verwirklicht die angegriffene Ausführungsform Merkmal 1.2 nicht. Die Behälter der angegriffenen Ausführungsform sind nicht (auch) druckgeregelt, um die flüssige Komponente zu verdampfen, um sie in die Gasphase übergehen zu lassen. Die einzigen Maßnahmen, die bei der angegriffenen Ausführungsform aufgrund eines bestimmten Ist-Wertes des Drucks in einem der Behälter ergriffen werden, liegen darin, dass die Anlage gestoppt und in den Standby-Betrieb versetzt wird (wenn der kritische Druck für mehr als 60 Sekunden überschritten wird) bzw. die Anlage abgeschaltet wird (wenn der Druck für eine weitere Zeit zu hoch bleibt). Diese Maßnahmen regeln jedoch nicht den Behälter bzw. dessen Druckniveau, um die flüssige Komponente zu verdampfen. Sie tragen zu der im Anspruch 1 genannten Funktion, nämlich zur Überführung der flüssigen Komponente in die Gasphase, nicht bei. Vielmehr führen sie zu einer Unterbrechung des Betriebes der Anlage. - Dass im laufenden Betrieb der Anlage etwaige Maßnahmen zur Einstellung der Temperatur im Behälter der angegriffenen Ausführungsform zugleich – möglicherweise – den dort herrschenden Druck beeinflussen, stellt nach Maßgabe des oben geschilderten Verständnisses keine Druckregelung im Sinne des Klagepatents dar, da insoweit kein Soll-Wert für den Druck hinterlegt ist. Etwaige Temperaturregelungen mögen dazu führen, dass sich der Druck im Behälter verändert, sie beinhalten aber keine Druckregelung im Sinne des Klagepatents.
- 2.
Da die angegriffene Ausführungsform Merkmal 1.2 nicht verwirklicht, erübrigen sich Ausführungen zu den weiteren zwischen den Parteien in Streit stehenden Merkmalen. Vor diesem Hintergrund war es nicht erforderlich, der Klägerin eine Schriftsatzfrist auf den neuen Tatsachenvortrag der Beklagten im Schriftsatz vom 11.03.2024 zur Ausgestaltung der Ventile und zur Anordnung von Mischköpfen, Einspritzdüse und Bypassleitung, insbesondere zum Vortrag zur Anordnung der Bypassleitung stromaufwärts der Mischköpfe, nachzulassen, da diese Punkte angesichts der mangelnden Verwirklichung von Merkmal 1.2 nicht entscheidungserheblich sind. - III.
Da die angegriffene Ausführungsform keinen Gebrauch von der Lehre des Klagepatents macht, stehen der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche gegen die Beklagte nicht zu. Vor diesem Hintergrund bedarf es auch keiner Ausführungen zu dem seitens der Beklagten geltend gemachten privaten Vorbenutzungsrecht. -
B.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO. - Streitwert: 750.000,00 EUR
