I-2 U 27/24 – Zentrifulgalreinigungsgerät 1

Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3347

Oberlandesgericht Düsseldorf

Urteil vom 18. Juli 2024, I-2 U 27/24

Vorinstanz: 4b O 102/21

  1. A.
    Die Berufung der Beklagten gegen das am 14.03.2023 verkündete Urteil der 4b Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor zu I. 1. a) die aus dem nachfolgenden Urteilsausspruch zu B. ersichtliche Fassung erhält.
  2. B.
    Auf die Anschlussberufung der Klägerin wird – unter Zurückweisung der weitergehenden Anschlussberufung – das vorbezeichnete Urteil des Landgerichts teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
  3. I.
    Die Beklagten werden verurteilt,
  4. 1.
    es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00 – ersatzweise Ordnungshaft – oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der Beklagten zu 1) an ihrem Geschäftsführer zu vollziehen ist, zu unterlassen,
  5. a)
    Zentrifugen zum Reinigen magnetischer Partikel in einer Reaktionsgefäßeinheit,
  6. in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen, die aufweisen:
  7. – einen Rotor zum Halten mindestens einer Reaktionsgefäßeinheit, wobei ihre Öffnung(en) nach außen gerichtet ist/ sind,
  8. – einen Motor zum Rotieren des Rotors um eine horizontale Rotationsachse,
  9. – ein Gehäuse, das eine im Wesentlichen zylindrische innere Oberfläche aufweist,
  10. – wobei ein Abfluss zum Ablaufen der Flüssigkeit bereitgestellt wird, die aus der Reaktionsgefäßeinheit ausgestoßen wird,
  11. – ein magnetisches Element, welches in dem Rotor angeordnet ist, um ein magnetisches Feld auf ein oder mehrere Reaktionsgefäße einer Reaktionsgefäßeinheit, die von dem Rotor gehalten wird, anzuwenden;
  12. – wobei das magnetische Element eingerichtet ist, um magnetische Partikel, die in einem oder mehreren der Reaktionsgefäße der Reaktionsgefäßeinheit beinhaltet sind, während des Zentrifugierens der Reaktionsgefäßeinheit zu halten;
  13. b)
    Zentrifugen, die aufweisen
  14. – einen Rotor zum Halten mindestens einer Reaktionsgefäßeinheit, wobei ihre Öffnung(en) nach außen gerichtet ist/sind,
  15. – einen Motor zum Rotieren des Rotors um eine horizontale Rotationsachse,
  16. – ein Gehäuse, das eine im Wesentlichen zylindrische innere Oberfläche aufweist,
  17. – wobei ein Abfluss zum Ablaufen der Flüssigkeit bereitgestellt wird, die aus der Reaktionsgefäßeinheit ausgestoßen wird,
  18. Abnehmern im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder an solche zu liefern,
  19. welche Zentrifugen dazu geeignet sind, durch Aufnahme eines Reaktionsgefäßeinheitsträgers
  20. Zentrifugen zum Reinigen magnetischer Partikel in einer Reaktionsgefäßeinheit zu bilden, die
  21. – ein magnetisches Element aufweisen, welches in dem Rotor angeordnet ist, um ein magnetisches Feld auf ein oder mehrere Reaktionsgefäße einer Reaktionsgefäßeinheit, die von dem Rotor gehalten wird, anzuwenden,
  22. – wobei das magnetische Element eingerichtet ist, um magnetische Partikel, die in einem oder mehreren der Reaktionsgefäße der Reaktionsgefäßeinheit beinhaltet sind, während des Zentrifugierens der Reaktionsgefäßeinheit zu halten,
  23. ohne
  24. – im Falle des Anbietens im Angebot ausdrücklich und unübersehbar darauf hinzuweisen, dass die Zentrifugen nicht ohne Zustimmung der Klägerin als Inhaberin des deutschen Gebrauchsmusters DE 20 2014 011 XXA U1 als Zentrifugen zum Reinigen magnetischer Partikel in einer Reaktionsgefäßeinheit, die mit den vorstehend bezeichneten Merkmalen ausgestattet sind, verwendet werden dürfen,
  25. – im Falle der Lieferung ausdrücklich und unübersehbar darauf hinzuweisen, dass die Zentrifugen nicht ohne Zustimmung der Klägerin als Inhaberin des deutschen Gebrauchsmusters DE 20 2014 011 XXA U1 als Zentrifugen zum Reinigen magnetischer Partikel in einer Reaktionsgefäßeinheit, die mit den vorstehend bezeichneten Merkmalen ausgestattet sind, verwendet werden dürfen;
  26. c)
    magnetische Reaktionsgefäßeinheitsträger,
  27. aufweisend ein magnetisches Element,
  28. Abnehmern im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder an solche zu liefern,
  29. welche magnetischen Reaktionsgefäßeinheitsträger dazu geeignet sind,
  30. in dem Rotor einer Zentrifuge angeordnet zu sein, um ein magnetisches Feld auf ein oder mehrere Reaktionsgefäße einer Reaktionsgefäßeinheit, die von dem Rotor gehalten wird, anzuwenden, wobei das magnetische Element eingerichtet ist, magnetische Partikel, die in einem oder mehreren der Reaktionsgefäße der Reaktionsgefäßeinheit beinhaltet sind, während des Zentrifugierens der Reaktionsgefäßeinheit zu halten,
  31. und durch Anordnung in dem Rotor einer Zentrifuge Zentrifugen zum Reinigen magnetischer Partikel in einer Reaktionsgefäßeinheit zu bilden, die aufweisen:
  32. – einen Rotor zum Halten mindestens einer Reaktionsgefäßeinheit, wobei ihre Öffnung(en) nach außen gerichtet ist/sind,
  33. – einen Motor zum Rotieren des Rotors um eine horizontale Rotationsachse,
  34. – ein Gehäuse, das eine im Wesentlichen zylindrische innere Oberfläche aufweist,
  35. – wobei ein Abfluss zum Ablaufen der Flüssigkeit bereitgestellt wird, die aus der Reaktionsgefäßeinheit ausgestoßen wird;
  36. 2.
    der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie (die Beklagten) die zu I. 1. a), b) und c) bezeichneten Handlungen seit dem 12.10.2017 begangen haben, und zwar unter Angabe
  37. a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
  38. b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
  39. c) der Menge der ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden,
  40. wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
  41. 3.
    der Klägerin in einer geordneten Aufstellung darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie (die Beklagten) die zu I. 1. a), b) und c) bezeichneten Handlungen seit dem 12.11.2017 begangen haben, und zwar unter Angabe
  42. a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten,
    -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
  43. b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
  44. c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internet-Werbung der Domain, den Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume,
  45. d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
  46. wobei es den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob bestimmte nichtgewerbliche Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten sind,
  47. wobei die gesamten Rechnungslegungsdaten in einer mittels EDV auswertbaren elektronischen Form zu übermitteln sind,
  48. wobei im Rahmen der Rechnungslegung betreffend die zu I. 1. b) bezeichneten Handlungen diejenigen Lieferungen und Abnehmer besonders kenntlich zu machen sind, die die Zentrifugen gebrauchsmustergemäß verwendet haben;
  49. 4.
    nur die Beklagten zu 1): die vorstehend unter Ziffer I. 1. a) bezeichneten, seit dem 12.11.2017 in Verkehr gebrachten Erzeugnisse gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf den gerichtlich festgestellten gebrauchsmusterverletzenden Zustand der Erzeugnisse und mit der verbindlichen Zusage aus den Vertriebswegen zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen, und diese Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen;
  50. 5.
    nur die Beklagte zu 1): die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder in ihrem Eigentum befindlichen, vorstehend unter Ziffer I. 1. a) bezeichneten Erzeugnisse auf ihre, der Beklagten zu 1), Kosten zu vernichten oder an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten zu 1) herauszugeben.
  51. II.
    Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I. 1. a), b) und c) bezeichneten, seit dem 12.11.2017 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
  52. III.
    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
  53. C.
    Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Beklagten. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagten 95 % und die Klägerin 5 % zu tragen.
  54. D.
    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
  55. Den Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 500.000,00 EUR abzuwenden, falls nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten wegen ihrer Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, falls nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
  56. E.
    Die Revision wird nicht zugelassen.
  57. F.
    Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 500.000,00 EUR festgesetzt, wovon 250.000,00 EUR auf die Berufung der Beklagten und 250.000,00 EUR auf die Anschlussberufung der Klägerin entfallen.
  58. Gründe:
  59. I.
  60. Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des deutschen Gebrauchsmusters DE 20 2014 011 XXA U1 (im Folgenden: Klagegebrauchsmuster, Anlage K(A)1). Aus diesem Schutzrecht nimmt sie die Beklagten auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung, Rückruf und Vernichtung sowie Feststellung ihrer Verpflichtung zum Schadensersatz in Anspruch.
  61. Das Klagegebrauchsmuster wurde aus der europäischen Patentanmeldung EP 14 753 XXB.8, veröffentlicht als WO 2015/018XXC A2 (im Folgenden: Stammanmeldung, Anlage K(A)2, deutsche Übersetzung Anlage K(A) 2a), abgezweigt, deren Anmeldetag vom 06.08.2014 es in Anspruch nimmt. Durch diese Abzweigung beansprucht das Klagegebrauchsmuster auch die Priorität der europäischen Anmeldung EP 13 179 XXD.2 vom 06.08.2013. Die Bekanntmachung der Eintragung des Klagegebrauchsmusters erfolgte am 12.10.2017.
  62. Das Klagegebrauchsmuster betrifft eine Zentrifuge zum Zentrifugieren einer Reaktions-Gefäßeinheit. Seine eingetragenen Schutzansprüche 1 und 2 lauten wie folgt:
  63. „1.
    Zentrifuge zum Reinigen magnetischer Partikel (59) in einer Reaktionsgefäßeinheit, die aufweist:
    einen Rotor (8) zum Halten mindestens einer Reaktionsgefäßeinheit (2), wobei ihre Öffnung(en) nach außen gerichtet ist/sind;
    einen Motor zum Rotieren des Rotors (8) um eine horizontale Rotationsachse (18);
    ein Gehäuse (23), das eine im Wesentlichen zylindrische Oberfläche aufweist, wobei ein Abfluss (30) zum Ablaufen der Flüssigkeit bereitgestellt wird, die aus der Reaktionsgefäßeinheit (2) ausgestoßen wird; und
    ein magnetisches Element, welches in dem Rotor angeordnet ist, um ein magnetisches Feld auf ein oder mehrere Reaktionsgefäße (3) einer Reaktionsgefäßeinheit (2), die von dem Rotor gehalten wird anzuwenden.“
  64. „2.
    Zentrifuge gemäß Anspruch 1, wobei das magnetische Element eingerichtet ist, um magnetische Partikel, die in einem oder mehreren der Reaktionsgefäße der Reaktionsgefäßeinheit beinhaltet sind, während des Zentrifugierens der Reaktionsgefäßeinheit zu halten“
  65. Die nachfolgend wiedergegebenen Figuren 1 und 2 der Klagegebrauchsmusterschrift erläutern den Gegenstand des Klagegebrauchsmusters anhand einer bevorzugten Ausgestaltung, wobei Figur 1 eine gebrauchsmustergemäße Zentrifuge zeigt. Figur 2 zeigt einen Rotor und ein Gehäuse der Zentrifuge.
    .
  66. Auf einen das Klagegebrauchsmuster betreffenden Löschungsantrag der Beklagten zu 1) hat die Löschungsabteilung des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA) mit Zwischenbescheid vom 27.06.2023 (Anlage K(A) 14, Bl. 441 ff. eA-OLG) mitgeteilt, dass dieser voraussichtlich keinen Erfolg haben werde. Wegen der genauen Begründung wird auf den zu den Akten gereichten Zwischenbescheid Bezug genommen. Durch Beschluss vom 23.04.2024 hat die Löschungsabteilung des DPMA – während des vorliegenden Berufungsverfahrens – den Löschungsantrag der Beklagten zu 1) zurückgewiesen (vgl. Niederschrift zur mündlichen Verhandlung v. 23.04.2024, Anlage K(A) 17, Bl. 547 ff. eA-OLG).
  67. Die Klägerin ist ferner Inhaberin des deutschen Gebrauchsmusters 20 2014 011XXE U1 (im Folgenden: DE‘XXE). Wegen Verletzung dieses weiteren Schutzrechts nimmt sie die Beklagten in dem vor dem Senat anhängigen Berufungsverfahren mit dem Aktenzeichen I-2 U 28/24 (im Folgenden: Parallelverfahren) ebenfalls in Anspruch. Auf einen das Gebrauchsmuster DE‘XXE betreffenden Löschungsantrag der Beklagten zu 1) hat die Löschungsabteilung des DPMA mit Zwischenbescheid vom 26.06.2023 (Anlage SSM2-BER1, Bl. 564 ff. eA-OLG) mitgeteilt, dass dieser Löschungsantrag voraussichtlich Erfolg haben werde, weil der eingetragene Schutzanspruch 1 des DE‘XXE unzulässig erweitert sei. Durch Beschluss vom 23.04.2024 hat die Löschungsabteilung den Schutzanspruch 1 des DE‘XXE in dem Umfang gelöscht, wie er über einen in der Sitzung vom selben Tag von der Beklagten zu 1) gestellten Hilfsantrag 1 hinausgeht (vgl. Niederschrift zur mündlichen Verhandlung v. 23.04.2024, Anlage K(B) 20 der Verfahrensakte I-2 U 28/24, dort Bl. 555 eA-OLG).
  68. Die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2) seit dem 05.01.2016 ist,
    entwickelt und vermarktet Geräte, Reagenzien und Kits für biologisch-medizinische Forschung, Entwicklung sowie Diagnostik. Zu ihrem Produktangebot zählt unter anderem ein Reinigungsgerät in der Art einer Zentrifuge mit der Bezeichnung „A“, das in einer Standardausführung und einer „XL-Version“ erhältlich ist. Die beiden Ausführungen unterscheiden sich im Hinblick auf die hier maßgebliche technische Ausgestaltung nicht. Das in Rede stehende Reinigungsgerät weist einen sich um die Horizontalachse drehenden Rotor auf. In das Reinigungsgerät kann ein mit einer Vielzahl von einzelnen Magneten ausgestatteter magnetischer Träger (Mikrotiterplattenträger/Reaktionsgefäßeinheitsträger) verbracht werden, der dort von dem Rotor gehalten wird.
  69. Die Klägerin hat über die Internetseite www.B.com abrufbare Abbildungen dieser magnetischen Träger in unterschiedlichen Formaten vorgelegt (Bl. 434 eA-OLG), die nachfolgend eingeblendet werden:
  70. Die Beklagte bietet an und vertreibt das Reinigungsgerät „A“ mit einem solchen magnetischen Träger (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform 1), in welcher Konfiguration das Reinigungsgerät zum Waschen/Reinigen magnetischer Partikel dient, die sich in Mikrotiterplatten befinden. Die Beklagte zu 1) bezeichnet diese Konfiguration auch als „magnetic bead assay“ (vgl. Anlage K(AT) 7).
  71. Die nachfolgend wiedergegebenen Abbildungen zeigen die angegriffene Ausführungsform 1, wobei die linke Abbildung die angegriffene Ausführungsform 1 von außen und die rechte Abbildung die angegriffene Ausführungsform 1 (schematisch) von innen zeigt:
  72. Neben der vorbeschriebenen Kombination (Reinigungsgerät mit magnetischem Träger) bietet die Beklagte zu 1) sowohl das Reinigungsgerät (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform 2) als auch die magnetischen Träger (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform 3) auch gesondert an.
  73. Die Klägerin sieht in dem Angebot und Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform 1 eine unmittelbare Verletzung des Klagegebrauchsmusters, wobei sie die Beklagten in zweiter Instanz außerdem wegen mittelbarer Verletzung des Klagegebrauchsmusters in Anspruch nimmt.
  74. Die Klägerin hat vor dem Landgericht geltend gemacht: Die angegriffene Ausführungsform 1 verwirkliche sämtliche Merkmale des eingetragenen Schutzanspruchs 1. Insbesondere seien die Magnete der angegriffenen Ausführungsform 1 im Sinne der Lehre des Klagegebrauchsmusters in dem Rotor angeordnet. Hierfür sei ausreichend, dass diese als Teil des magnetischen Trägers in das Reinigungsgerät verbracht werden könnten.
  75. Die Beklagten, die Klageabweisung und hilfsweise Aussetzung bis zur Entscheidung im Löschungsverfahren beantragt haben, haben eine Verletzung des Klagegebrauchsmusters in Abrede gestellt und eingewandt, dass das Klagegebrauchsmuster nicht schutzfähig sei, wobei sie unter anderem geltend gemacht haben: Die Magnete der angegriffenen Ausführungsform 1 seien nicht im Sinne des Klagepatents „in dem Rotor angeordnet“, weil sie – insoweit unstreitig – in dem von dem Reinigungsgerät lösbaren magnetischen Träger ausgebildet seien. Zudem fehle es dem Klagegebrauchsmuster an der Schutzfähigkeit. Denn sein Gegenstand gehe über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Gebrauchsmusteranmeldung hinaus, sei nicht neu und beruhe nicht auf einem erfinderischen Schritt. Es sei zu beachten, dass Zentrifugen vorbekannt gewesen seien, in denen auch magnetische Elemente installiert seien, und der Fachmann die sog. Magnetic-Beads-Technologie als solche bereits gekannt habe.
  76. Durch Urteil vom 14.03.2023 hat das Landgericht dem erstinstanzlichen Klagebegehren entsprochen, wobei es in der Sache wie folgt erkannt hat:
  77. „A.
    Die Beklagten werden verurteilt,
  78. I.
    es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00 – ersatzweise Ordnungshaft – oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der Beklagten zu 1) an ihrem Geschäftsführer zu vollziehen ist, zu unterlassen,
  79. Zentrifugen zum Reinigen magnetischer Partikel in einer Reaktionsgefäßeinheit,
  80. in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen, die aufweisen:
  81. – einen Rotor zum Halten mindestens einer Reaktionsgefäßeinheit, wobei ihre Öffnung(en) nach außen gerichtet ist/ sind,
  82. – einen Motor zum Rotieren des Rotors um eine horizontale Rotationsachse,
  83. – ein Gehäuse, das eine im Wesentlichen zylindrische innere Oberfläche aufweist,
  84. – wobei ein Abfluss zum Ablaufen der Flüssigkeit bereitgestellt wird, die aus der Reaktionsgefäßeinheit ausgestoßen wird,
  85. – ein magnetisches Element, welches in dem Rotor angeordnet ist, um ein magnetisches Feld auf ein oder mehrere Reaktionsgefäße einer Reaktionsgefäßeinheit, die von dem Rotor gehalten wird, anzuwenden;
  86. II.
    der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie (die Beklagten) die zu Ziffer I. bezeichneten Handlungen seit dem 12.10.2017 begangen haben, und zwar unter Angabe
  87. a. der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
  88. b. der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
  89. c. der Menge der ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden;
  90. wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
  91. III.
    der Klägerin in einer geordneten Aufstellung darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie (die Beklagten) die unter Ziffer A. I. bezeichneten Handlungen seit dem 12.11.2017 begangen haben, und zwar unter Angabe
  92. a. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
  93. b. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
  94. c. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internet-Werbung der Domain, den Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume,
  95. d. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten des erzielten Gewinns,
  96. wobei es den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob bestimmte nichtgewerbliche Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten sind,
  97. wobei die gesamten Rechnungslegungsdaten in einer mittels EDV auswertbaren elektronischen Form zu übermitteln sind,
  98. IV.
    nur die Beklagten zu 1): die vorstehend unter Ziffer A. I. bezeichneten, seit dem 12.11.2017 in Verkehr gebrachten Erzeugnisse gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf den gerichtlich festgestellten gebrauchsmusterverletzenden Zustand der Erzeugnisse und mit der verbindlichen Zusage aus den Vertriebswegen zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen, und diese Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen;
  99. 5.
    nur die Beklagte zu 1): die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder in ihrem Eigentum befindlichen, vorstehend unter Ziffer A. I. bezeichneten Erzeugnisse auf ihre, der Beklagten zu 1), Kosten zu vernichten oder an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten zu 1) herauszugeben.
  100. B.
    Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die in Ziffer A. I. bezeichneten, seit dem 12.11.2017 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.“
  101. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt:
  102. Der Gegenstand des eingetragenen Schutzanspruchs 1 sei neu. Das Klagegebrauchsmuster stelle eine Vorrichtung unter Schutz, die einerseits zum Auswerfen von Flüssigkeiten aus Reaktionsgefäßen hinreichende Zentrifugalkräfte erzeuge und andererseits ein magnetisches Feld ausbilde, das magnetische Partikel gegen eben diese Zentrifugalkräfte in den Reaktionsgefäßen halte. Hiervon ausgehend zeigten die DE 2 210 XXF (im Folgenden: D1) und die US 2004/0208XXH A1 (im Folgenden: D4) schon keine Zentrifuge im Sinne der geschützten Lehre. Die EP 0 937 XXG A2 (im Folgenden: D2) und die JP 2009/264XXI A (im Folgenden: D3) zeigten zwar Zentrifugen, offenbarten aber jeweils keine magnetischen Elemente. Die WO 2005/021XXJ A1 (im Folgenden: D5) offenbare nicht, dass während der Zentrifugation noch eine magnetische Kraft wirke. Die US 2006/0024XXK A1 (im Folgenden: D6) beschreibe lediglich, dass magnetische Partikel in einem Behälter in der Form eines Zentrifugenröhrchens aufbewahrt würden. Dieser Offenbarungsgehalt lasse nicht den sicheren Schluss zu, dass die Trennung magnetisch markierter Zieleinheiten auch mit Hilfe einer Zentrifuge erfolge. Die geschützte Lehre sei auch nicht durch den vorbekannten Technikstand nahegelegt. Die D1 biete schon keinen geeigneten Ausgangspunkt für eine naheliegende Weiterentwicklung. Ausgehend von der D2 erweise sich die Lehre des Klagegebrauchsmusters ebenfalls nicht als naheliegend. Diese Druckschrift gebe dem Fachmann bereits keinen Anlass, sich mit dem Waschen magnetischer Partikel zu beschäftigen. Ferner gebe sie keine Anregung, eine Zentrifuge zum Waschen magnetischer Partikel zu verwenden. Vielmehr seien im Stand der Technik verschiedene Verfahren, Flüssigkeiten von den magnetischen Partikeln zu trennen bzw. Magnete zum Waschen von magnetischen Partikeln zu verwenden, bekannt. Schließlich sei auch nicht anzunehmen, dass der Fachmann die D4 mit der D1 oder der D2 kombiniere, weil diese in Ausgestaltung, Funktion und Aufgabe verschieden seien. In vergleichbarer Weise fehle es auch im Zusammenhang mit der D3 an einer Anregung, die vorbekannte Zentrifuge in der beanspruchten Weise auszugestalten. Denn dieser Druckschrift liege mit dem Entfernen von Luftblasen bzw. von Flüssigkeiten zur besseren Handhabung kleinerer Gefäßeinheiten eine ganz andere Aufgabe als dem Klagegebrauchsmuster zugrunde. Mit Blick auf die D5 gebe es keinen Anlass, die in einem ersten Schritt verwendeten magnetischen Kräfte für den weiteren Schritt des Zentrifugierens fruchtbar zu machen. Auch ausgehend von dem Offenbarungsgehalt der D6 könne nicht angenommen werden, dass eine Kombination unter Verwendung einer Zentrifuge mit einem im Rotor angeordneten magnetischen Element naheliegend gewesen sei. Jedenfalls bliebe dann auch offen, wo und wie das magnetische Element anzuordnen sei. Der Gegenstand des Klagegebrauchsmusters sei auch nicht unzulässig gegenüber der Stammanmeldung erweitert. Sofern in dem Klagegebrauchsmusteranspruch 1 die in Anspruch 1 der Stammanmeldung enthaltenen Merkmale eines „Spalts“ und einer „Saugpumpe“ nicht enthalten seien, stünden diese in keinem untrennbaren Zusammenhang mit solchen Merkmalen, die Eingang in den Schutzanspruch 1 gefunden haben.Die angegriffene Ausführungsform 1 mache von der Lehre des Klagegebrauchsmusters Gebrauch. Insbesondere weise sie in einem Rotor angeordnete magnetische Elemente entsprechend der geschützten Lehre auf. Erfasst würden auch solche Ausgestaltungen, bei denen das magnetische Element – wie bei der angegriffenen Ausführungsform 1 – in einem von der Zentrifuge lösbaren Reaktionsgefäßeinheitsträger angeordnet sei. Dies ergebe sich bereits aus den Unteransprüchen 3 und 4, die derartige Ausgestaltungen beanspruchten. Auch technisch-funktional sei eine solche Ausführung ebenso geeignet, der Zentrifugalkraft entgegenzuwirken.
  103. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen.
  104. Gegen dieses Urteil haben die Beklagten Berufung eingelegt, mit der sie ihr in erster Instanz erfolglos gebliebenes Klageabweisungsbegehren weiterverfolgen. Die Klägerin hat ihrerseits Anschlussberufung eingelegt, mit der sie die Beklagten auch wegen mittelbarer Verletzung des Klagegebrauchsmusters durch das isolierte Angebot und die isolierte Lieferung der angegriffenen Ausführungsform 2 und der angegriffenen Ausführungsform 3 in Anspruch nimmt.
  105. Mit ihrer Berufung machen die Beklagten unter Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens geltend:
  106. Das Landgericht habe zu Unrecht eine Verletzung des Klagegebrauchsmusters angenommen, da es bei der angegriffenen Ausführungsform 1 an einer Anordnung des magnetischen Elements in dem Rotor im Sinne des Klagegebrauchsmusters fehle. Auch die Löschungsabteilung sei in dem Löschungsverfahren betreffend das DE‘XXE davon ausgegangen, dass es sich bei der Anordnung des magnetischen Elements direkt in dem Rotor einerseits und der Anordnung desselben in einem entnehmbaren Reaktionsgefäßeinheitsträger andererseits um zwei getrennte Alternativen handele, die nicht miteinander kombiniert werden dürften. Dieses Verständnis sei auch im Rahmen der Auslegung des vorliegenden Klagegebrauchsmusters zu berücksichtigen. Aus der gebotenen Berücksichtigung des Ergebnisses dieses Löschungsverfahrens folge weiter, dass die geschützte Lehre lediglich „ein“ (verstanden als Zahlwort) magnetisches Element vorsehe.
  107. Das Landgericht sei zudem zu Unrecht davon ausgegangen, dass das Klagegebrauchsmuster schutzfähig sei. Die durch dieses geschützte Lehre beruhe nicht auf einem erfinderischen Schritt. Sie sei vielmehr nahegelegt, wenn in eine bekannte Zentrifuge, wie sie etwa die D2 oder die D3 zeige, ein vorbekannter magnetischer Reaktions-Gefäßeinheitsträger, wie ihn z. B. die US 2013/0065XXL A1 (im Folgenden: D8) und die CN 10241XXH2 A (im Folgenden: D9) offenbarten, eingesetzt werde. Hierzu habe der Fachmann auch Anlass gehabt, weil ihm ein solcher Reaktions-Gefäßeinheitsträger bekannt gewesen sei und er aus der D4 den Hinweis erhalte, dass magnetische Reaktions-Gefäßeinheitsträger ohne weiteres auf den Kopf gedreht werden könnten. Auch ausgehend von der D4 sei die geschützte Lehre bei einer Kombination mit der D1, der D2 oder der D3 nahegelegt. Einem Fachmann, dem die Bewegung der Rotations- und Ausklopfvorrichtung der D4 zu schwach sei, stelle sich die Aufgabe, die auf die Reaktionsgefäße wirkende Entleerungskraft zu erhöhen. In dem Wissen, dass mit einer Zentrifugalkraft eine stärkere Entleerungskraft erzeugt werde, werde er weiter auch beachten, dass der Magnet der D4 ausreichend stark sein müsse, um die magnetischen Partikel zu halten. Schließlich sei die geschützte Lehre auch ausgehend von der – im Berufungsverfahren neu vorgelegten – US 8,313,XXM B2 (im Folgenden: D10) nahelegt. Der dort offenbarten Zentrifuge zum Waschen bzw. Reinigen magnetischer Partikel fehle es lediglich an einer horizontalen Rotationsachse im Sinne des Klagegebrauchsmusters. Da aber dem Fachmann Zentrifugen mit horizontaler Drehachse ebenfalls bekannt seien, gelange dieser ohne weiteres zu der geschützten Lehre.
  108. Die Beklagten beantragen,
  109. das Urteil des Landgerichts abzuändern und die Klage abzuweisen;
  110. hilfsweise, den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung in dem Gebrauchsmusterlöschungsverfahren auszusetzen.
  111. Die Klägerin beantragt sinngemäß (vgl. Bl. 417-420, 610-611 eA-OLG),
  112. I.
    die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass zusätzlich der Wortlaut des Schutzanspruchs 2 in den Tenor zu A. I. des Urteils des Landgerichts aufgenommen wird;
  113. II.
    auf ihre Anschlussberufung das Urteil des Landgerichts derart abzuändern, dass
  114. A.
    die Beklagten weiterhin verurteilt werden:
  115. 1.
    es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00 – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der Beklagten zu 1) an ihrem Geschäftsführer zu vollziehen ist, zu unterlassen,
  116. a)
    Zentrifugen, die aufweisen
  117. – einen Rotor zum Halten mindestens einer Reaktionsgefäßeinheit, wobei ihre Öffnung(en) nach außen gerichtet ist/sind,
  118. – einen Motor zum Rotieren des Rotors um eine horizontale Rotationsachse,
  119. – ein Gehäuse, das eine im Wesentlichen zylindrische innere Oberfläche aufweist,
  120. – wobei ein Abfluss zum Ablaufen der Flüssigkeit bereitgestellt wird, die aus der Reaktionsgefäßeinheit ausgestoßen wird,
  121. Abnehmern im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder an solche zu liefern,
  122. die Zentrifugen dazu geeignet sind, durch Aufnahme eines Reaktionsgefäßeinheitsträgers
  123. Zentrifugen zum Reinigen magnetischer Partikel in einer Reaktionsgefäßeinheit zu bilden, die
  124. – ein magnetisches Element, welches in dem Rotor angeordnet ist, um ein magnetisches Feld auf ein oder mehrere Reaktionsgefäße einer Reaktionsgefäßeinheit, die von dem Rotor gehalten wird, anzuwenden,
  125. – wobei das magnetische Element eingerichtet ist, um magnetische Partikel, die in einem oder mehreren der Reaktionsgefäße der Reaktionsgefäßeinheit beinhaltet sind, während des Zentrifugierens der Reaktionsgefäßeinheit zu halten;
  126. ohne
  127. – im Falle des Anbietens im Angebot ausdrücklich und unübersehbar darauf hinzuweisen, dass die Zentrifugen nicht ohne Zustimmung der Klägerin als Inhaberin des deutschen Gebrauchsmusters DE 20 2014 011 XXA U1 als Zentrifugen zum Reinigen magnetischer Partikel in einer Reaktionsgefäßeinheit verwendet werden dürfen,
  128. – im Falle der Lieferung den Abnehmern unter Auferlegung einer an die Gebrauchsmusterinhaberin zu zahlenden Vertragsstrafe von EUR 10.000,00 pro Zentrifuge, mindestens jedoch EUR 5.000,00 für jede Zuwiderhandlung, die schriftliche Verpflichtung aufzuerlegen, die Zentrifugen nicht ohne Zustimmung der Klägerin als Inhaberin des Gebrauchsmusters DE 20 2014 011 XXA U1 als Zentrifugen zum Reinigen magnetischer Partikel in einer Reaktionsgefäßeinheit zu verwenden, die mit den vorstehend bezeichneten Merkmalen ausgestattet sind;
  129. hilfsweise:
  130. – im Falle der Lieferung ausdrücklich und unübersehbar darauf hinzuweisen, dass die Zentrifugen nicht ohne Zustimmung der Klägerin als Inhaberin des Gebrauchsmusters DE 20 2014 011 XXA U1 als Zentrifugen zum Reinigen magnetischer Partikel in einer Reaktionsgefäßeinheit verwendet werden dürfen, die mit den vorstehend bezeichneten Merkmalen ausgestattet sind;
  131. b)
    Magnetische Reaktionsgefäßeinheitsträger
  132. Abnehmern im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder an solche zu liefern,
  133. die magnetischen Reaktionsgefäßeinheitsträger dazu geeignet sind,
  134. in dem Rotor einer Zentrifuge angeordnet zu sein, um ein magnetisches Feld auf ein oder mehrere Reaktionsgefäße einer Reaktionsgefäßeinheit, die von dem Rotor gehalten wird, anzuwenden, wobei das magnetische Element eingerichtet ist, magnetische Partikel, die in einem oder mehreren der Reaktionsgefäße der Reaktionsgefäßeinheit beinhaltet sind, während des Zentrifugierens der Reaktionsgefäßeinheit zu halten,
  135. und durch Anordnung in dem Rotor einer Zentrifuge Zentrifugen zum Reinigen magnetischer Partikel in einer Reaktionsgefäßeinheit zu bilden, die aufweisen
  136. – einen Rotor zum Halten mindestens einer Reaktionsgefäßeinheit, wobei ihre Öffnung(en) nach außen gerichtet ist/sind,
  137. – einen Motor zum Rotieren des Rotors um eine horizontale Rotationsachse,
  138. – ein Gehäuse, das eine im Wesentlichen zylindrische innere Oberfläche aufweist,
  139. – wobei ein Abfluss zum Ablaufen der Flüssigkeit bereitgestellt wird, die aus der Reaktionsgefäßeinheit ausgestoßen wird;
  140. 2.
    der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen in welchem Umfang sie (die Beklagten) die zu 1. a) und 1. b) bezeichneten Handlungen seit dem 12.10.2017 begangen haben, und zwar unter Angabe
  141. a. der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
  142. b. der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
  143. c. der Menge der ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden,
  144. wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
  145. 3.
    der Klägerin in einer geordneten Aufstellung darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie (die Beklagten) die unter Ziffer 1. a) und 1. b) bezeichneten Handlungen seit dem 12.11.2017 begangen haben, und zwar unter Angabe
  146. a. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
  147. b. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
  148. c. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internet-Werbung der Domain den Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume,
  149. d. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten des erzielten Gewinns,
  150. wobei es den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob bestimmte nichtgewerbliche Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten sind,
  151. wobei die gesamten Rechnungslegungsdaten in einer mittels EDV auswertbaren elektronischen Form zu übermitteln sind,
  152. wobei diejenigen Lieferungen und Abnehmer besonders kenntlich zu machen sind, die die Zentrifugen gebrauchsmustergemäß verwendet haben;
  153. B.
    festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, ihr allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die in Ziffer 1. a) und Ziffer 1. b) bezeichneten, seit dem 12.11.2017 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
  154. Sie verteidigt das angefochtene Urteil als zutreffend und tritt den Ausführungen der Beklagten unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens wie folgt entgegen:
  155. Das Landgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass die angegriffene Ausführungsform 1 von der Lehre des Klagegebrauchsmusters Gebrauch mache. Diese erfasse auch Ausgestaltungen, bei welchen das magnetische Element derart in dem Rotor angeordnet sei, dass ein von der Zentrifuge körperlich lösbarer Reaktionsgefäßeinheitsträger in diesen verbracht werde. Ein anderes Verständnis sei auch nicht auf der Grundlage des Ergebnisses des Löschungsverfahrens zu dem Gebrauchsmuster DE‘XXE veranlasst. Dieses habe keine Auswirkung auf das vorliegende Verfahren bzw. für die Auslegung des vorliegenden Klagegebrauchsmusters. Die Angabe „ein magnetisches Element“ sei deshalb auch nicht dahin zu verstehen, dass sich lediglich ein baueinheitlich ausgestalteter Magnet in dem Rotor befinde. Das betreffende Anspruchsmerkmal sei vielmehr so auszulegen, dass „ein magnetisches Element“ als unbestimmter Artikel zu verstehen sei, der ein einziges magnetisches Element sowie eine Vielzahl an magnetischen Elementen umfasse.
  156. Das Klagegebrauchsmuster sei auch schutzfähig. Der Fachmann erhalte aus dem Stand der Technik keine Anregung für eine Kombination einer vorbekannten Zentrifuge mit einem vorbekannten magnetischen Reaktionsgefäßeinheitsträger in der klagegebrauchsmustergemäßen Weise.
  157. Die Beklagten verletzten das Klagegebrauchsmuster auch mittelbar, und zwar dadurch, dass sie die angegriffene Ausführungsform 2 und die angegriffene Ausführungsform 3 – insoweit unstreitig – Abnehmern im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland jeweils isoliert zur Verwendung mit der jeweils anderen angegriffenen Ausführungsform anböten und an diese lieferten. Ihr stünden deshalb auch die mit der Anschlussberufung geltend gemachten Ansprüche zu.
  158. Die Beklagten beantragen,
  159. die Anschlussberufung zurückzuweisen.
  160. Sie stellen auch eine mittelbare Verletzung des Klagepatents in Abrede und machen diesbezüglich geltend, dass eine mittelbare Gebrauchsmusterverletzung aufgrund ihres Vorbringens zur angegriffenen Ausführungsform 1 ebenfalls ausscheide. Hinzu komme, dass aufgrund der Teillöschung des DE‘XXE von einer Offensichtlichkeit einer gebrauchsmusterverletzenden Benutzung durch die Abnehmer nicht ausgegangen werden könne. Es fehle Vortrag der Klägerin zu der Frage der Offensichtlichkeit und des subjektiven Tatbestandes unter Berücksichtigung der einzigen Verletzungsform, die sich aus der beanstandeten Internetwerbung ergeben solle.
  161. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.
  162. Die zu Informationszwecken beigezogene Verfahrensakte des Parallelverfahrens I-2 U 28/24 (LG Düsseldorf 4b O 20/22) hat vorgelegen.
  163. II.
  164. Die zulässige Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Die angegriffene Ausführungsform 1 (Reinigungsgerät „A“ mit magnetischem Träger) macht von der technischen Lehre des Klagegebrauchsmusters, auch in der nunmehr geltend gemachten Fassung, Gebrauch. Diese technische Lehre ist als schutzfähig anzusehen. Die zulässige Anschlussberufung der Klägerin hat überwiegend Erfolg. Denn die Beklagten verletzen das Klagegebrauchsmuster mittelbar dadurch, dass sie die angegriffene Ausführungsform 2 (Reinigungsgerät „A“) und die angegriffene Ausführungsform 3 (magnetische Träger) in Deutschland Abnehmern anbieten und auch an sie liefern. Der Klägerin stehen daher auch die auf die Anschlussberufung zuerkannten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung sowie Schadensersatz wegen mittelbarer Gebrauchsmusterverletzung gegen die Beklagten zu. Zur besseren Übersichtlichkeit hat der Senat den Tenor insgesamt neu gefasst, wobei er berücksichtigt hat, dass die Klägerin in zweiter Instanz den Schutzanspruch 1 in Kombination mit dem Schutzanspruch 2 geltend macht.
  165. A.
  166. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet.
  167. 1.
    Soweit die Klägerin ihre Klage in zweiter Instanz (vorsorglich) auf eine Kombination des Schutzanspruchs 1 mit dem in erster Instanz noch nicht geltend gemachten Schutzanspruch 2 stützt, bestehen hiergegen keine prozessualen Bedenken.
  168. Die Modifikation des Antrags derart, dass die angegriffene Ausführungsform zusätzlich anhand der Merkmale eines Unteranspruchs beschrieben wird, mithin eine insoweit beschränktere Anspruchsfassung des Klageschutzrechts geltend gemacht wird, stellt keine Klageänderung im Sinne von § 263 ZPO dar, sondern – sofern man darin überhaupt eine Antragsänderung und nicht nur eine Konkretisierung des Antrags erblicken will – allenfalls eine Beschränkung des Klageantrags nach § 264 Nr. 2 ZPO (vgl. Senat, GRUR 2022, 1136 Rn. 88 – Signalsynthese II; Urt. v. 25.08.2022 – I-2 U 31/18, GRUR-RS 2022, 21391 Rn. 37 – Faserstrangherstellung, jeweils m.w.N). Eine solche ist auch im Berufungsverfahren ohne weiteres zulässig, weil § 533 ZPO keine Anwendung findet (vgl. BGH, NJW 2004, 2152 (2154)). Dies folgt daraus, dass der Klagegrund bei einem Hinzufügen von Anspruchsmerkmalen identisch bleibt, indem das Begehren der Klägerin unverändert auf denselben Lebenssachverhalt und dasselbe Schutzrecht gestützt wird. Die Klägerin verfolgt unverändert das Klageziel, das Anbieten, Inverkehrbringen etc. der angegriffenen Ausführungsform wegen Verletzung desselben Gebrauchsmusters zu untersagen (vgl. Senat, Urt. v. 25.08.2022 – I-2 U 31/18, GRUR-RS 2022, 21391 Rn. 37 – Faserstrangherstellung m.w.N.).
  169. 2.
    Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht im Angebot und Vertrieb der angegriffene Ausführungsform 1 eine wortsinngemäße Benutzung von Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters gesehen und die Beklagten wegen unmittelbarer Gebrauchsmusterverletzung zur Unterlassung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung, zur Vernichtung, zum Rückruf sowie zum Schadensersatz verurteilt. Diese Verurteilung hat Bestand mit der Maßgabe, dass der Tenor zu A. I. des landgerichtlichen Urteils an die von der Klägerin nunmehr geltend gemachte, von der angegriffenen Ausführungsform 1 ebenfalls verwirklichte Anspruchsfassung (Schutzanspruch 1 in Kombination mit Schutzanspruch 2) anzupassen ist.
  170. a)
    Das Klagegebrauchsmuster betrifft mit seinem Schutzanspruch 1 eine Zentrifuge zum Zentrifugieren einer Reaktions-Gefäßeinheit (Anlage K(A)1, Abs. [0001]; die nachfolgenden Bezugnahmen beziehen sich jeweils auf die Klagegebrauchsmusterschrift).
  171. Die Klagegebrauchsmusterschrift geht einleitend auf die US 2009/0181XXN A1 ein, die nach ihren Angaben ein automatisiertes Immunoassay-Verfahren mit einem hohen Durchsatz und einer hohen Sensitivität offenbart (Abs. [0002]). Das Verfahren verwende magnetische Teilchen, mit denen spezifische Bindungs-Elemente reagierten und einen Komplex ausbildeten, so dass die Konzentration oder die Menge des Komplexes bestimmt werden könne (Abs. [0002]). Hierbei, so die Klagegebrauchsmusterschrift weiter, sei das Waschen des mit den magnetischen Teilchen verbundenen Komplexes ein wichtiger Schritt (Abs. [0002]). Denn die Wasch-Schritte nähmen großen Einfluss auf die Durchsatz-Sensitivität, Spezifizität und die Kosten des gesamten Verfahrens (Abs. [0002]). Je weniger Wasch-Schritte desto schneller sei das Verfahren (Abs. [0002]) und je besser die Komplexe von den nicht spezifisch gebundenen Komplexen getrennt würden, desto besser sei die Sensitivität des Verfahrens (Abs. [0002]).
  172. Als Stand der Technik erwähnt die Klagegebrauchsmusterschrift in ihrer Einleitung ferner die US 8,329,475 B2, die ein Wasch-Verfahren zum Entfernen von unerwünschten Komponenten in Proben offenbart, um diese Proben zu analysieren (Abs. [0003]). Das Verfahren sehe vor, den Füllstand eines Wasch-Fluids in einem Container zu oszillieren, wodurch kleine Mengen des Wasch-Fluids abgegeben und aus dem Container entfernt würden (Abs. [0003]). Die Aktion des Oszillierens des Wasch-Fluids erzeuge einen sich bewegenden Meniskus, der den Konzentrations-Gradienten an der Grenzschicht der Container-Wand durch ständiges Auffrischen des Wasch-Fluids an der Oberfläche der Container-Wand reduziere (Abs. [0003]).
  173. Außerdem erwähnt die Klagegebrauchsmusterschrift eine unter dem Handelsnamen D verfügbare Multi-Format-Mikroplatten-Waschvorrichtung der Firma E, USA (Abs. [0004]). Diese Wasch-Vorrichtung, die zwischen verschiedenen SBS/ANSI-Mikrotiterplatten- („micro-well plates“) -Formaten (96, 384, 1536 usw.) kompatibel sei, weise Düsen zum Spritzen der Wasch-Lösung und der Luft in die Reaktions-Gefäße der Mikrotiterplatte auf (Abs. [0004]). Ein automatisches Umdreh-Element drehe die Mikrotiterplatte so um, dass ein Waschen von oben nach unten ausgeführt werde (Abs. [0004]).
  174. Die Klagegebrauchsmusterschrift befasst sich in ihrem einleitenden Beschreibungsteil weiter mit vorbekannten Reaktions-Gefäßen, indem sie einerseits die US 2009/0117XXO A1 in Bezug nimmt, die ein Labor-Automatisierungssystem offenbare, bei welchem Mikrotiterplatten und tiefe Multiwellplatten („deep multi-well plates“) als Reaktions-Gefäße Verwendung fänden (Abs. [0006]). Sie ermöglichten es, Immunoassays mit hohem Durchsatz durchzuführen (Abs. [0006]). Andererseits verweist die Klagegebrauchsmusterschrift auf andere Labor-Automatisierungssysteme, die mit so genannten Gel-Karten anstatt der Multiwellplatten ausgestattet seien (Abs. [0007]). Diese erwiesen sich insoweit als vorteilhaft, als sie durch Scannen der Seiten-Oberflächen automatisch optisch analysiert werden könnten (Abs. [0007]). Dies erlaube die Implementierung des automatischen Analysierens biologischer Substanzen durch ein Trennen dieser in der Gel-Spalte (Abs. [0007]).
  175. Im Anschluss daran schildert die Klagegebrauchsmusterschrift ein in der EP 937 XXG A2 beschriebenes Verfahren zur Handhabung einer Mikrotiterplatte (Abs. [0008]). Bei diesem werde Flüssigkeit in Reaktions-Gefäßen dosiert und entfernt (Abs. [0008]). Hierbei werde die Mikrotiterplatte nach dem Dosieren der Flüssigkeit in die Reaktions-Gefäße so zentrifugiert, dass die Zentrifugalkraft in die Richtung der Böden der Reaktions-Gefäße ausgeübt werde (Abs. [0008]). Das Leeren der Reaktions-Gefäße geschehe hingegen derart, dass die Zentrifugalkraft von den Böden der Reaktions-Gefäße weg ausgeübt werde (Abs. [0008]).
  176. Darüber hinaus geht die Klagegebrauchsmusterschrift auf zahlreiche weitere Druckschriften ein, nämlich auf die JP 2009-264XXI A (Abs. [0009]), die CN 102 175 XXP A (Abs. [0010]), die US 4 953 XXQ (Abs. [0011]), die IT TO20 110 XXS A (Abs. [0012]), US 5 419 XXR (Abs. [0013]), die US 6,150,XXT (Abs. [0014]), die WO 93/10XXU A1 (Abs. [0015]), die DE 10 2008 042 XXV A1 (Abs. [0016]), die CN 102 417 XXW A (Abs. [0017]), die US 2006/0198XXX A1 (Abs. [0018]) und die EP 1 952 XXY A2 (Abs. [0019]).
  177. Ohne den von ihr referierten Stand der Technik im Übrigen zu kritisieren, beschreibt die Klagegebrauchsmusterschrift es einleitend „lediglich“ im Zusammenhang mit Wasch-Vorrichtungen, die durch ein Abgeben oder Absaugen der Wasch-Lösung und/ oder der Luft in die und aus den Reaktionsgefäßen waschen, als nachteilig, dass verunreinigendes Material, das in den oberen Bereichen der Reaktionsgefäße vorliege, nicht immer erfolgreich entfernt werden könne (Abs. [0005]). Ferne bestehe die Gefahr, dass die äußeren Oberflächen der Düsen verunreinigt werden könnten (Abs. [0005]). Mit Blick auf typische Humandiagnostik-Tests sei zudem zu berücksichtigen, dass in dem Ausgangsmaterial (in Form von Plasma oder einem Serum) vorhandene Proteine dazu neigten, Komplexe zu bilden. Daraus ergäben sich das Zusetzen von Proteinen und das anschließende Scheitern des Absaugens als weitere Nachteile konventioneller Wasch-Systeme, was zum Ausfall in automatisierten Systemen und zur Unterbrechung des gesamten Arbeitsablaufs zu Wartungszwecken führe (Abs. [0005]).
  178. Die Klagegebrauchsmusterschrift bezeichnet es als Aufgabe der vorliegenden Erfindung, eine Zentrifuge zum Waschen magnetischer Partikel (Beads) in einer Reaktionsgefäßeinheit bereitzustellen (Abs. [0020]). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bestimmt sich das von einer Schutzrechtslehre gelöste Problem allerdings danach, was die Erfindung objektiv leistet (vgl. BGH, GRUR 2010, 602 Rn.  27 – Gelenkanordnung; GRUR 2011, 607 Rn. 12 – Kosmetisches Sonnenschutzmittel III GRUR 2012, 1130 Rn. 9 – Leflunomid; GRUR 2012, 1123 Rn. 22 – Palettenbehälter III; GRUR 2015, 352 Rn. 11 – Quetiapin; GRUR 2018, 390 Rn. 32 – Wärmeenergieverwaltung). Dies ist wiederum durch Auslegung des Patentanspruchs unter Heranziehung von Beschreibung und Zeichnungen zu entwickeln. Aus der Funktion der einzelnen Merkmale im Kontext des Patentanspruchs ist abzuleiten, welches technische Problem diese Merkmale für sich und in ihrer Gesamtheit tatsächlich lösen. In der Beschreibung enthaltene Angaben zur Aufgabenstellung können zwar einen Hinweis auf das richtige Verständnis enthalten, entheben aber nicht davon, den Schutzanspruch anhand der dafür maßgeblichen Kriterien auszulegen und aus der Funktion der einzelnen Merkmale im Kontext des Patentanspruchs abzuleiten, welches technische Problem diese Merkmale für sich und in ihrer Gesamtheit tatsächlich lösen; auch eine in der Patentschrift angegebene Aufgabe stellt insoweit lediglich ein Hilfsmittel bei der Ermittlung des objektiven technischen Problems dar. Zu beachten ist hierbei, dass Elemente, die zur technischen Lösung gehören, nicht bereits bei der Bestimmung des der Erfindung zugrundeliegenden Problems zu berücksichtigen sind; das technische Problem ist vielmehr so allgemein und neutral zu formulieren, dass sich die Frage, welche Anregungen der Fachmann durch den Stand der Technik erhielt, ausschließlich bei der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit stellt (BGH, GRUR 2020, 603 Rn. 12 – Tadalafil; Urt. v. 15.11.2022 – X ZR 102/20, GRUR-RS 2022, 36350 Rn. 15 – Rauchsubtitution). Hiervon ausgehend kann – ohne dass es hierauf für die Entscheidung des Streitfalles entscheidend ankommt – das dem Klagegebrauchsmuster zugrunde liegende technische Problem vor dem Hintergrund der umfangreichen Darstellung des unterschiedlichen Standes der Technik in der Klagegebrauchsmusterschrift darin gesehen werden, eine verbesserte Vorrichtung zum Waschen magnetischer Partikel bereitzustellen.
  179. Zur Lösung dieser Problemstellung schlägt Schutzanspruch 1 in der hier geltend gemachten Kombination mit Schutzanspruch 2 eine Vorrichtung mit den folgenden Merkmalen vor:
  180. 1. Zentrifuge zum Reinigen magnetischer Partikel (59) in einer Reaktionsgefäßeinheit aufweisend:
  181. 1.1 einen Rotor (8),
    1.2 einen Motor,
    1.3 ein Gehäuse (23) und
    1.4 ein magnetisches Element.
  182. 2. Der Rotor (8) dient zum Halten mindestens einer Reaktionsgefäßeinheit (2).
  183. 2.1 Die Öffnung(en) der mindestens einen Reaktionsgefäßeinheit (2) ist/ sind nach außen gerichtet.
  184. 3. Der Motor dient zum Rotieren des Rotors (8) um eine horizontale Rotationsachse (18).
  185. 4. Das Gehäuse (23) weist eine im Wesentlichen zylindrische innere Oberfläche auf.
  186. 5. Es wird ein Abfluss (30) bereitgestellt zum Ablaufen der Flüssigkeit, die aus der Reaktionsgefäßeinheit (2) ausgestoßen wird.
  187. 6. Das magnetische Element ist in dem Rotor angeordnet,
  188. 6.1 um ein magnetisches Feld auf ein oder mehrere Reaktionsgefäße (3) einer Reaktionsgefäßeinheit (2), die von dem Rotor gehalten wird, anzuwenden.6.2 Das magnetische Element ist dazu eingerichtet, um magnetische Partikel (59), die in einem oder mehreren der Reaktionsgefäße (3) der Reaktionsgefäßeinheit (2) beinhaltet sind, während des Zentrifugierens der Reaktionsgefäße (2) zu halten.
  189. Unter Schutz gestellt ist hiernach eine Zentrifuge, die zum Reinigen magnetischer Partikel in einer Reaktionsgefäßeinheit geeignet ist. Zu diesem Zweck ist die Zentrifuge mit einem Rotor ausgestattet (Merkmal 1.1), der, veranlasst durch einen Motor (Merkmal 1.2), um eine horizontale Rotationsachse rotieren kann (Merkmal 3). Zugleich ist die geschützte Vorrichtung mit einem im Rotor angeordneten magnetischen Element ausgestattet (Merkmal 6), das dazu dient, ein magnetisches Feld anzuwenden (Merkmal 6.1). Das magnetische Feld wirkt derart auf die magnetischen Partikel ein, dass diese während des Waschvorgangs gegen eine Zentrifugalkraft in dem mindestens einen Reaktionsgefäß gehalten werden (Merkmal 6.2).
  190. Dies vorausgeschickt bedürfen das Merkmal 1 bzw. der darin vorkommende Begriff der Zentrifuge und die Merkmalsgruppe 6 näherer Erläuterung.
  191. aa)
    Mit dem Begriff „Zentrifuge“ (Merkmal 1) beschreibt das Klagegebrauchsmuster eine Vorrichtung, mittels derer eine Drehbewegung umsetzbar ist, die mit Blick auf Geschwindigkeit, Beschleunigung und Dauer hinreichend ist, um eine Zentrifugalkraft auf den Inhalt der Reaktionsgefäße, insbesondere die magnetischen Partikel, auszuüben.
  192. Dem Fachmann, einem Diplom-Ingenieur oder Master (FH) des Maschinenbaus mit mehrjähriger Erfahrung in der Konstruktion und Entwicklung von Laborgeräten zur automatischen Durchführung von Analysen (vgl. auch Zwischenbescheid des DPMA v. 27.06.2023, Anlage K(A)14, S. 4, Ziff. 3.), ist eine „Zentrifuge“ als Vorrichtung bekannt, bei welcher durch eine Drehbewegung eine Zentrifugalkraft auf ein zu zentrifugierendes Gut ausgeübt wird, die groß genug ist, um eine Auftrennung von Stoffen zu bewirken (vgl. auch Zwischenbescheid des DPMA v. 27.06.2023, Anlage K(A)14, S. 5, Ziff. 4.). Dass der Begriff der Zentrifuge auch im Kontext der geschützten Lehre in diesem Sinne zu verstehen ist, erschließt sich dem Fachmann insbesondere daraus, dass als Bestandteile der geschützten Vorrichtung ein Rotor (Merkmal 1.1) und ein Motor (Merkmal 1.2) vorgesehen sind, und der Motor „zum Rotieren des Rotors um eine horizontale Rotationsachse“ dient (Merkmal 3). In diesem sich bei Orientierung an dem Anspruchswortlaut ergebenden Verständnis sieht sich der Fachmann durch den Inhalt der Klagegebrauchsmusterbeschreibung bestätigt. In dieser wird nämlich beschrieben, dass mit der beanspruchten Zentrifuge ein zentrifugaler Effekt (Abs. [0100]) bzw. ein Zentrifugationseffekt erzielt werden kann (Abs. [0105]).
  193. bb)
    Das magnetische Element (Merkmalsgruppe 6) ist klagegebrauchsmustergemäß derart in einer räumlich-körperlichen Nähe zu dem Rotor verortet, dass diejenigen Vorrichtungsbestandteile, die den Rotor bilden, auch das magnetische Element (zumindest im Wesentlichen) umgeben. Wie der Fachmann eine solche Anordnung innerhalb des Raumgebildes umsetzt, steht in seinem Belieben. Insbesondere schränkt die geschützte Lehre die Anordnung des magnetischen Elements in dem Rotor nicht weiter dahingehend ein, dass das magnetische Element fest mit dem Rotor verbunden ist. Weiter erfasst der Schutzbereich des Klagegebrauchsmusters sowohl Ausgestaltungen, bei denen das magnetische Element durch einen (im Sinne eines Zahlworts) baueinheitlich ausgestalteten Magneten gebildet wird, als auch solche, bei denen mehrere Magneten zusammenwirken, um ein magnetisches Feld zu erzeugen.
  194. (1)
    Nach dem Anspruchswortlaut (Merkmal 6) ist das magnetische Element erfindungsgemäß „in dem Rotor angeordnet“. Erforderlich, aber auch ausreichend hierfür ist, dass das magnetische Element im Rotor verortet ist, sich mithin in dem Raumgebilde befindet, das durch die Vorrichtungsbestandteile, die den Rotor bilden, vorgegeben ist. Aus dem Anspruchswortlaut folgt indes nicht notwendigerweise eine Anordnung, bei der das magnetische Element in eine Basiswand integriert oder in anderer Weise fest mit Vorrichtungsbestandteilen des Rotors verbunden ist. Aus der Formulierung „in dem Rotor angeordnet“ lässt sich ein entsprechendes Erfordernis nicht herleiten. Weder heißt es im Schutzanspruch 1, dass das magnetische Element in den Rotor oder ein bestimmtes Teil des Rotors integriert ist, noch ist in diesem von einer „festen Verbindung“ des magnetischen Elements mit dem Rotor die Rede. Ebenso wird eine „direkte“ Anordnung des magnetischen Elements in dem Rotor nicht gefordert. Die Art und Weise, wie das magnetische Element im Rotor angeordnet ist, lässt der Schutzanspruch 1 vielmehr offen. Gleiches gilt für den Schutzanspruch 2.
  195. Hierfür spricht auch eine an der Funktion des magnetischen Elements orientierte Auslegung. Anspruchsgemäß ist das magnetische Element in dem Rotor angeordnet, um ein magnetisches Feld an die Vielzahl von Reaktionsgefäßen der Reaktionsgefäßeinheit anzulegen (Merkmal 6.1), wobei das magnetische Feld bevorzugt dazu eingerichtet ist, die magnetischen Partikel, die in einem oder mehreren Reaktionsgefäßen der Reaktionsgefäßeinheit beinhaltet sind, zu halten (Merkmal 6.2; Unteranspruch 2). Dadurch sollen die magnetischen Partikel beim Waschen durch Zentrifugation während der Zentrifugation in den Reaktionsgefäßen gehalten werden (vgl. Abs. [0021].). Hierfür muss das magnetische Element nicht notwendig in eine Basiswand etc. des Rotors integriert sein. Es muss vielmehr nur räumlich-körperlich in Nähe zu den Reaktionsgefäßen bzw. den darin enthaltenen magnetischen Partikeln vorgesehen sein. Eben aus diesem Grunde gibt Schutzanspruch 1 vor, dass das magnetische Element in dem Rotor angeordnet ist (Merkmal 6). Denn der Rotor hält die Reaktionsgefäßeinheit mit den Reaktionsgefäßen (Merkmal 2). Durch die Anordnung des magnetischen Elements in dem die Reaktionsgefäßeinheit haltenden Rotor befindet sich das magnetische Element räumlich-körperlich in der Nähe der Reaktionsgefäße und der darin enthaltenen magnetischen Partikeln.
  196. Nichts anderes ergibt sich aus der zur Auslegung des Schutzanspruchs 1 heranzuziehenden Gebrauchsmusterbeschreibung. Diese bestätigt das vorstehend dargetane Verständnis vielmehr gerade. Die Klagegebrauchsmusterbeschreibung (Abs. [0021]) erläutert nämlich, dass das magnetische Element in dem Rotor integriert, insbesondere in einer Basiswand angeordnet sein kann, es aber auch Teil eines Reaktionsgefäßeinheitsträgers sein kann. Wörtlich heißt es in der allgemeinen Gebrauchsmusterbeschreibung (Abs. [0021]) hierzu:
  197. „… Die Magnetelemente können in dem Rotor integriert sein, insbesondere in einer Basiswand des Rotors oder können Teil eines Reaktions-Gefäßeinheitsträgers sein. …“
  198. Nach der Gebrauchsmusterbeschreibung kann das magnetische Element somit auch Teil eines Reaktionsgefäßeinheitsträgers sein. Dadurch, dass der mit dem magnetischen Element ausgerüstete Reaktionsgefäßeinheitsträger in den Rotor eingeführt und dort platziert wird, ist dort auch das magnetische Element angeordnet.  Ein Ausführungsbeispiel, bei dem das magnetische Element Teil eines Reaktionsgefäßeinheitsträgers ist, ist überdies in Figur 16 der Klagegebrauchsmusterschrift gezeigt. In der zugehörigen Figurenbeschreibung (Abs. [0094]) heißt es zu dieser Ausführungsform, dass der gezeigte Mikrotiterplattenträger (20) eine Platte umfasst, die eine „Anzahl von Magneten“ umfasst, welche ein Magnetfeld an die Reaktionsgefäße anlegen. Bei diesem Ausführungsbeispiel ist das magnetische Element somit Teil eines Reaktionsgefäßeinheitsträgers (Mikrotiterplattenträgers). In Übereinstimmung hiermit beansprucht Unteranspruch 3 ausdrücklich Schutz für eine Zentrifuge nach Anspruch 1 (oder Anspruch 2), bei der das magnetische Element Teil eines lösbaren Trägers für eine Reaktionsgefäßeinheit ist. Da Unteranspruch 3 Schutz für eine besondere Ausgestaltung nach Schutzanspruch 1 beansprucht, folgt aus Unteranspruch 3 zwingend, dass das magnetische Element auch dann im Rotor angeordnet ist, wenn es Teil eines aus dem Rotor entnehmbaren Reaktionsgefäßeinheitsträgers ist. Gegenstand des Unteranspruchs 4 ist demgegenüber eine weitere (alternative) Ausgestaltung nach Anspruch 1, bei der das magnetische Element „in den Rotor integriert ist“. Gemäß Unteranspruch 5 ist das magnetische Element hierbei bevorzugt in eine Basiswand des Motors integriert. Der allgemeinere Hauptanspruch des Klagegebrauchsmusters verlangt derartiges nicht, wobei dies auch für den hier in Kombination mit diesem geltend gemachten Schutzanspruch 2 gilt. Er gibt nur vor, dass das magnetische Element in dem Rotor angeordnet ist, was es auch dann ist, wenn er Teil eines aus dem Rotor entnehmbaren Reaktionsgefäßeinheitsträgers ist.
  199. Soweit die Beklagten auf den vorliegenden Zwischenbescheid der Löschungsabteilung des DPMA vom 26.06.2023 (Anlage SSM2-BER1) betreffend das von der Klägerin im Parallelverfahren geltend gemachte Gebrauchsmuster DE‘XXE verweisen, gibt dieser keinen Anlass zu einer anderweitigen Auslegung des Klagegebrauchsmusteranspruchs.
  200. Die das parallele Gebrauchsmuster der Klägerin betreffenden Ausführungen der Löschungsabteilung des DPMA mögen zwar als sachverständige Äußerung zu berücksichtigen sein (vgl. BGH, GRUR 1996, 757 (759) – Zahnkranzfräse; GRUR 1998, 895 (896) – Regenbecken; GRUR 2010, 950 Rn. 14 – Walzenformgebungsmaschine), sie entfalten aber keinerlei Bindungswirkung. Das gilt schon deshalb, weil sie nicht das Klagegebrauchsmuster betreffen. Der das vorliegende Klagegebrauchsmuster betreffende Zwischenbescheid der Löschungsabteilung enthält keine entsprechenden bzw. vergleichbaren Ausführungen.
  201. Aus dem das parallele Gebrauchsmuster DE‘XXE betreffenden Zwischenbescheid ergibt sich zudem nicht eindeutig, dass die Löschungsabteilung in Bezug auf dieses Schutzrecht davon ausgeht, dass das magnetische Element derart im Rotor angeordnet sein muss, dass es in den Rotor integriert und damit Teil des Rotors ist. Die Löschungsabteilung führt in dem vorgenannten Bescheid aus, dass sie die teilweise Löschung des Gebrauchsmusters für geboten halte, weil eine unzulässige Erweiterung vorliege (Anlage SSM2-BER1, S. 6 f.). Die teilweise Löschung des eingetragenen Schutzanspruchs 1 des DE‘XXE, wie sie sodann mit Beschluss vom 23.04.2024 angeordnet worden ist (vgl. Sitzungsniederschrift v. 23.04.2024, Anlage K(B)20 d. Verfahrensakte I-2 U 28/24, S. 2, dort Bl. 556 eA-OLG), spricht dafür, dass die Löschungsabteilung an dieser Auffassung festgehalten hat. In dem in Rede stehenden Zwischenbescheid begründet die Löschungsabteilung ihre diesbezügliche Auffassung damit, dass die Stammanmeldung die Ausgestaltung einer Zentrifuge mit mehreren magnetischen Elementen (ausschließlich) in Figur 16 sowie auf Seite 16 (Z. 34) bis Seite 17 (Z. 5) der Beschreibung (S. 16, Z. 34 – S. 17. Z. 5) offenbare. In den so in Bezug genommenen Passagen stehe die Ausgestaltung mit mehreren magnetischen Elementen stets in einem Zusammenhang mit einem Merkmal, ausweislich dessen die magnetischen Elemente als Teil eines entnehmbaren Reaktionsgefäß-Trägers in den Rotor verbracht würden. Eine Anordnung derart, dass mehrere magnetische Elemente ein integraler Bestandteil des Rotors seien, sei indes nicht gezeigt. Der eingetragene Hauptanspruch des Gebrauchsmusters DE‘XXE, so das DPMA weiter, enthalte aber eben diese Merkmalskombination nicht. Diesen Ausführungen lässt sich nicht entnehmen, dass die Löschungsabteilung angenommen hat, dass das Merkmal, wonach das magnetische Element oder die mehreren magnetischen Elemente in dem Rotor angeordnet ist/sind, so zu verstehen ist, dass dieses/diese derart im Rotor angeordnet sein muss/müssen, dass es/sie in den Rotor integriert ist/sind. Aus dieser Stellungnahme ergibt sich nur, dass die Löschungsabteilung eine Ausgestaltung mit mehreren magnetischen Elementen in der Stammanmeldung allein im Zusammenhang mit dem Merkmal eines entnehmbaren Reaktionsgefäßeinheitsträgers als offenbart angesehen hat, welches Merkmal der Schutzanspruch 1 des Gebrauchsmusters DE‘XXE nicht enthält.
  202. Aus den weiteren Ausführungen der Löschungsabteilung ergibt sich ebenfalls nicht, jedenfalls nicht eindeutig, dass die Löschungsabteilung in Bezug auf das Gebrauchsmuster DE‘XXE davon ausgegangen ist, dass das magnetische Element nach dessen Schutzanspruch 1 zwingend in den Rotor integriert sein muss und eine Anordnung in einem lösbaren, vom Rotor entnehmbaren Reaktionsgefäßeinheitsträger nicht anspruchsgemäß ist. Zwar heißt es in dem in Rede stehenden Zwischenbescheid auch (Anlage SSM2-BER1, S. 6 unten):
  203. „Dort [Anm.: in Anspruch 9 der Stammanmeldung, wonach das magnetische Element in einem lösbaren Reaktionsgefäß-Träger integriert ist] ist also das magnetische Element nicht direkt im Rotor angeordnet, sondern in einem entnehmbaren Träger, wie in Figur 16 der Stammanmeldung dargestellt.“ (Anlage SSM2-BER1, S. 6, unten).
  204. Das könnte darauf hindeuten, dass die Löschungsabteilung bei ihren Erwägungen von einem anderen, engeren Verständnis ausgegangen ist. Indes kann diese Aussage zwanglos auch im Sinne des hier dargetanen Auslegungsergebnisses verstanden werden, wenn es darin heißt, dass das magnetische Element nicht „direkt“ in dem Rotor angeordnet sei. Damit nimmt die Löschungsabteilung nämlich einen Begriff auf, der dem Anspruchswortlaut nicht zu entnehmen ist, und mit dem gerade eine Anordnung des magnetischen Elements im Sinne der Alternative „in dem Rotor integriert“ in Bezug genommen sein kann. Selbst wenn die Löschungsabteilung aber doch einem anderen Verständnis zuneigen sollte, lassen sich dem Zwischenbescheid jedenfalls keine inhaltlichen Erwägungen entnehmen, die ein in dem dargestellten Sinne engeres Verständnis des hier geltend gemachten Klagegebrauchsmusteranspruchs rechtfertigen könnten.
  205. (2)
    Der Schutzbereich des Klagegebrauchsmusters erfasst als magnetisches Element (Merkmal 1.4) sowohl Ausgestaltungen, bei denen ein baueinheitlich ausgestalteter Magnet zur Anwendung eines magnetischen Feldes vorgesehen ist, als auch solche Ausführungsformen, bei denen eine Mehrzahl von Magneten vorhanden ist.
  206. Aus dem Anspruchswortlaut, wonach „ein“ magnetisches Element (Merkmal 1.4) Teil der geschützten Zentrifuge ist, lässt sich eine Beschränkung auf Ausgestaltungen mit nur einem einzigen Magneten nicht entnehmen. Dass das Wort „ein“ zwingend im Sinne eines Zahlworts zu verstehen ist, geht aus dem Anspruchswortlaut nicht hervor. Vielmehr lässt dieser ohne weiteres auch ein Verständnis zu, wonach das magnetische Element unter Verwendung des unbestimmten Artikels („ein“) seiner Gattung nach beschrieben ist.
  207. Auch die gebotene technisch-funktionale Betrachtung führt zu keinem engeren Verständnis. Wie bereits ausgeführt, ist dem magnetischen Element klagegebrauchsmustergemäß die Funktion zugewiesen, ein magnetisches Feld zu erzeugen, das auf die in dem mindestens einen Reaktionsgefäß enthaltenen magnetischen Partikel einwirkt. Diese Wirkung kann sowohl durch einen einzigen (großen) Magneten als auch durch eine Mehrzahl von (kleinen) Magneten herbeigeführt werden. Es gibt auch keine sonstigen technischen Gründe für die Anordnung lediglich eines (einzigen) Magnetelements im Rotor. Ob ein Magnetelement oder mehrere Magnetelemente verwendet werden, ist für die Zwecke des Klagegebrauchsmusters irrelevant. Es bleibt dem Fachmann überlassen, wie viele magnetische Elemente er verwendet (Anzahl eins oder mehr) und welche Größe diese haben.
  208. Der Gebrauchsmusterbeschreibung entnimmt der Fachmann zudem, dass das Klagegebrauchsmuster unter „einem magnetischen Element“ auch mehrere magnetische Elemente versteht. Denn in Absatz [0021] heißt es (Hervorhebungen hinzugefügt):
  209. „Zum Waschen magnetischer Partikel (magnetic beads) wird der Rotor einer Zentrifuge zum Reinigen und Waschen von Reaktions-Gefäßeinheiten mit einem magnetischen Element bereitgestellt zum Anlegen eines magnetischen Felds an die Reaktions-Gefäße, so dass magnetische Partikel, die in den Reaktions-Gefäßen enthalten sind, durch das magnetische Feld an der Stelle Stele gehalten werden. Die Magnetelemente können in dem Rotor integriert sein, insbesondere in einer Basiswand des Rotors oder können Teil eines Reaktions-Gefäßeinheitsträgers sein. Mit solch einem Magnetelement können die Magnetpartikel durch Zentrifugation gewaschen werden ohne die magnetischen Partikel zu verlieren.“
  210. Bereits aus dieser Beschreibungsstelle ergibt sich, dass der Begriff bzw. die Formulierung „ein magnetisches Element“ auch „Magnetelemente“ (Plural), d.h. mehr als ein magnetisches Element umfasst.
  211. Darüber hinaus heißt es in Absatz [0094] in Bezug auf das in Figur 16 gezeigte Ausführungsbeispiel (Hervorhebung hinzugefügt):
  212. Zum Waschen von magnetischen Partikeln, wird ein Mikrotiterplattenträger 20 (Fig. 16) bereitgestellt, der eine Platte umfasst, welche eine Anzahl von magnetischen Elementen 57 aufweist. Die Anzahl kann eins sein für einen großen Magneten, der die Plattenfläche abdeckt, oder kann mehr als eins sein …“
  213. Der Fachmann sieht sich hierdurch voll und ganz in seiner Annahme bestätigt, dass „ein magnetisches Element“ im Sinne des Klagegebrauchsmusters nicht notwendig ein einziges Magnetelement sein muss, sondern das von diesem Begriff bzw. Teil-Merkmal auch mehrere Magnetelemente umfasst sind.
  214. Soweit die Löschungsabteilung des DPMA in dem das DE‘XXE betreffenden Löschungsverfahren den Schutzanspruch 1 des DE‘XXE teilweise gelöscht hat, indem es dort die Alternative „oder mehrere magnetische Elemente“ aus diesem Anspruch gestrichen hat, weil es diesen insoweit für unzulässig erweitert angesehen hat, hat dies in Bezug auf den Schutzbereich des vorliegenden Klagegebrauchsmusters keine Konsequenzen.
  215. Zwar entspricht es der Rechtsprechung des Senats zum Patentrecht, dass das Verletzungsgericht wegen der strikten Bindung an den Erteilungsakt und dessen weiteres Schicksal daran gehindert ist, im Wege der Auslegung Ausführungsformen in den Schutzbereich des Wortsinns einzubeziehen, um die das Patent nach dem Inhalt einer Rechtsbestandsentscheidung beschränkt worden ist (Senat, Urt. v. 14.12.2022 – I-2 U 2/17, GRUR-RS 2022, 38378 Rn. 23 – Lichtemittierende Bauelemente; Urt. v. 23.11.2023 – I-2 U 36/17, GRUR-RS 2023, 35703 Rn. 99 – Zusammensetzung auf der Basis von Zirkoniumoxid und Ceroxid; Urt. v. 02.05.2024 – I-2 U 70/23; Kühnen, Hdb. d. Patentverletzung, 16. Auflage, 2024, Kap. A. Rn. 125). Auf die Gründe für die erfolgte Beschränkung kommt es dabei nicht an, weshalb auch solche Ausführungsvarianten, die wegen unzulässiger Erweiterung der Anmeldung ausgenommen worden sind, nicht in den Wortsinn des Patentanspruchs einbezogen werden dürfen (Senat, Urt. v. 14.12.2022 – I-2 U 2/17, GRUR-RS 2022, 38378 Rn. 23– Lichtemittierende Bauelemente; Kühnen, a.a.O., Kap. A. Rn. 125). Diese Problematik stellt sich in Bezug auf das vorliegende Klagegebrauchsmuster indes nicht, weil dieses – im Gegensatz zum DE‘XXE – nicht teilweise gelöscht worden ist. Vielmehr hat das DPMA den das Klagegebrauchsmuster betreffenden Löschungsantrag der Beklagten zu 1) durch Beschluss vom 23.04.2024 zurückgewiesen. Den Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters hat die Gebrauchsmusterlöschungsabteilung damit nicht als unzulässig erweitert angesehen.
  216. Ohne Erfolg machen die Beklagten ferner geltend, das dargelegte Verständnis verbiete sich, weil (auch) das Klagegebrauchsmuster auf der Grundlage eines solchen Verständnisses unzulässig erweitert sei. Unbeschadet dessen, dass der Senat eine unzulässige Erweiterung des Klagegebrauchsmusteranspruchs nicht zu erkennen vermag (dazu nachfolgend), kommt es darauf für die Auslegung des geltend gemachten Schutzanspruchs nicht an.  Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf ein Patentanspruch nicht – zur Vermeidung einer unzulässigen Erweiterung – nach Maßgabe des ursprünglich Offenbarten ausgelegt werden, ihm darf also nicht deshalb ein bestimmter Sinngehalt beigelegt werden, weil sein Gegenstand andernfalls gegenüber den Ursprungsunterlagen unzulässig erweitert wäre (BGH, GRUR 2012, 1124 Rn. 28 – Polymerschaum I; GRUR 2015, 875 Rn. 17 – Rotorelemente; OLG Düsseldorf, Urt. v. 17.10.2019 – 2 U 11/18, GRUR-RR 2020, 137 Rn. 136 – Bakterienkultivierung; Urt. v. 11.11.2021 – I-15 U 25/20, GRUR-RS 2021, 37635 Rn. 88 – Sanitäre Einsetzeinheit; Urt. v. 24.05.2024 – I-2 U 67/23, GRUR-RS 2024, 1618 Rn. 53 – Kinderreisesitzbasis, m.w.N.). Grundlage der Auslegung ist vielmehr allein die Patentschrift (BGH, GRUR 2004, 47 – blasenfreie Gummibahn I; GRUR 2012, 1124 Rn. 28 – Polymerschaum; OLG Düsseldorf, Urt. v. 17.10.2019 – 2 U 11/18, GRUR-RR 2020, 137 Rn. 136 – Bakterienkultivierung; Urt. v. 11.11.2021 – I-15 U 25/20, GRUR-RS 2021, 37635 Rn. 88 – Sanitäre Einsetzeinheit; Urt. v. 25.08.2022 – I-2 U 31/18, GRUR-RS 2022, 21391 Rn. 53 – Faserstrangherstellung; Urt. v. 24.05.2024 – I-2 U 67/23, GRUR-RS 2024, 16189 Rn. 53 – Kinderreisesitzbasis, m.w.N.). Ein Gebrauchsmuster ist in derselben Weise wie ein Patent auszulegen (BGH, GRUR 2007, 1059 – Zerfallszeitmessgerät; Senat, Urt. v. 08.04.2021 – I-2 U 46/20, GRUR-RS 2021, 9045 Rn. 54 – Roller), weshalb für die Auslegung eines Gebrauchsmusteranspruchs nichts anderes gilt.
  217. b)
    Das Klagegebrauchsmuster ist ferner in der geltend gemachten Fassung schutzfähig.
  218. aa)
    Die Schutzfähigkeit des Gebrauchsmusters, aus welchem der Kläger in einem Verletzungsverfahren Rechte herleitet, ist grundsätzlich durch das Verletzungsgericht selbst zu prüfen (OLG Düsseldorf, Urt. v. 18.07.2019 – I-15 U 46/18, GRUR-RS 2019, 45774 Rn. 68 – Heizgerät; LG Düsseldorf, Urt. v. 15.09.2011 – 4b O 99/11, GRUR-RR 2012, 66 (68) – Tintenpatronen-Verfügung; Cepl/Voß/Cepl, Prozesskommentar zum Gewerblichen Rechtsschutz, 3. Aufl., 2022, § 148 Rn. 180). Etwas anderes gilt gem. § 19 Satz 3 GebrMG dann, wenn zwischen den Parteien des Verletzungsstreits auch ein Löschungsverfahren geführt worden und dort eine das Gebrauchsmuster (ggf. auch nur teilweise) aufrechterhaltende Entscheidung ergangen ist. Die Bindungswirkung besteht allerdings erst dann, wenn die Zurückweisungsentscheidung rechtskräftig ist (OLG Düsseldorf, Urt. v. 18.07.2019 – I-15 U 46/18, GRUR-RS 2019, 45774 Rn. 67 – Heizgerät). An einer solchen Rechtskraft des Beschlusses des DPMA vom 23.04.2024 fehlt es vorliegend, weshalb nicht bereits deshalb von der Schutzfähigkeit des Klagegebrauchsmusters auszugehen ist. Der Beklagten zu 1) steht gem. § 18 Abs. 1 GebrMG gegen den am 23.04.2024 ergangenen Beschluss des DPMA, mit dem ihr Löschungsantrag zurückgewiesen worden ist, das Rechtsmittel der Beschwerde zu. Diese ist gem. § 18 Abs. 1 GebrMG i. V. m. § 73 Abs. 2 Satz 1 PatG binnen eines Monats nach Zustellung des Beschlusses einzureichen. Das gilt auch dann, wenn der Beschluss bereits zuvor im Zusammenhang mit einer mündlichen Verhandlung verkündet worden ist (Schulte/Püschel, PatG, 12. Auflage, 2022, § 73 Rn. 61). Im Streitfall hat der Lauf der Rechtsmittelfrist noch nicht begonnen, da ein schriftlicher Beschluss im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch nicht zugestellt gewesen ist.
  219. Auch wenn die Zurückweisung des Löschungsantrages damit noch nicht rechtskräftig ist, ist eine Aussetzung des Verletzungsprozesses im Hinblick auf das noch nicht abgeschlossene Löschungsverfahren indes weder gem. § 19 S. 2 GebrMG notwendig noch nach § 19 S. 1 GebrMG angebracht. Wird ein Gebrauchsmuster im Löschungsverfahren aufrechterhalten, so genügen für eine Aussetzung – anders als vor einer erstinstanzlichen Löschungsentscheidung – nicht schon berechtigte Zweifel am Rechtsbestand, sondern es ist der in einem Patentverletzungsprozess geltende Maßstab heranzuziehen (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.6.2018 – 15 W 30/18, BeckRS 2018, 58963 Rn. 6; Urt. v. 18.07.2019 – I-15 U 46/18, GRUR-RS 2019, 45774 Rn. 68 – Heizgerät, m.w.N.), wonach eine Aussetzung nur angezeigt ist, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass das Schutzrecht dem erhobenen Angriff auf seinen Rechtsbestand nicht standhalten wird (BGH, GRUR 2014, 1237 – Kurznachrichten). Dies ist deshalb gerechtfertigt, weil nach Prüfung und Bejahung der Schutzfähigkeit durch die fachkompetente Löschungsabteilung eine Entscheidung vorliegt, welche die Vermutung der Rechtsbeständigkeit des Gebrauchsmusters (in seiner geltend gemachten Fassung) begründet. Es handelt sich dann nicht mehr nur um ein ungeprüftes Schutzrecht, sondern die Rechtsbestandssituation ist vergleichbar mit derjenigen, die bei einem – nach Prüfung durch das fachkundige Amt – erteilten Patent besteht (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.6.2018 – 15 W 30/18, BeckRS 2018, 58963 Rn. 6; Urt. v. 18.07.2019 – I-15 U 46/18, GRUR-RS 2019, 45774 Rn. 68 – Heizgerät; vgl. auch Senat, Urt. v. 06.05.2021 – I-2 U 48/20, GRUR-RS 2021, 10556 Rn. 64 – Kindersitz, für den Fall der Erteilung eines parallelen Patents). Auch wenn im Gebrauchsmusterverletzungsverfahren das Trennungsprinzip nicht gilt und das Verletzungsgericht infolgedessen selbständig über die Schutzfähigkeit des Gebrauchsmusters zu entscheiden hat, erscheint es sachgerecht, in einer solchen Situation denselben Maßstab anzuwenden wie bei einer Aussetzungsentscheidung betreffend ein Patent nach § 148 ZPO und somit der von einer fachkundigen Stelle beschiedenen Rechtsbeständigkeit Beachtung zu verleihen (OLG Düsseldorf, Urt. v. 18.07.2019 – I-15 U 46/18, GRUR-RS 2019, 45774 Rn. 68 – Heizgerät; OLG Karlsruhe, GRUR 2014, 352 (354) – Stanzwerkzeug).
  220. bb)
    Hiervon ausgehend kommt im Streitfall eine Aussetzung des Verletzungsprozesses nicht in Betracht. Vielmehr ist von der Bestandskraft des hier geltend gemachten Klagegebrauchsmusteranspruchs auszugehen. Für diese spricht, dass die Löschungsabteilung des DPMA sogar den eingetragenen Schutzanspruch 1 im Rahmen des erstinstanzlichen Löschungsverfahrens unter Berücksichtigung des auch im vorliegenden Verletzungsprozess entgegengehaltenen Standes der Technik für schutzfähig erachtet hat. Dass die Beurteilung der Löschungsabteilung unter Berücksichtigung der hier in Rede stehende Fassung des Klagegebrauchsmusters unzutreffend ist, vermögen die Beklagten nicht aufzuzeigen und dies vermag der Senat auch nicht zu erkennen.
  221. (1)
    Die Beklagten wenden gegen die Schutzfähigkeit des Gegenstands des Klagegebrauchsmusters im Wesentlich ein, dass die Erfindung nicht auf einem erfinderischen Schritt beruht (§ 1 Abs. 1 GebrMG). Sofern sie sich in erster Instanz auch darauf berufen haben, dass es der geschützten Lehre an der Neuheit fehlt, haben sie – bereits erstinstanzlich – keine konkreten Ausführungen dazu gemacht, die diesen Einwand stützen, weshalb das Landgericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass es dem Gegenstand des Klagegebrauchsmusters nicht an der Neuheit fehlt. Dies wird von den Beklagten im Rahmen ihres Berufungsangriffs auch nicht gesondert beanstandet.
  222. Die Wertung, ob eine erfinderische Leistung vorliegt, vollzieht sich grundsätzlich nach denselben Grundsätzen wie im Patentrecht (BGH, GRUR 2006, 842 Rn. 19 – Demonstrationsschrank). Danach ist die erforderliche erfinderische Leistung zu verneinen, wenn der Stand der Technik die erfindungsgemäße Lösung nahelegt (Benkard/Engel, PatG, 12. Aufl., 2023, § 1 Rn. 16b). In den Stand der Technik sind alle der Öffentlichkeit vor dem Prioritätstag zugänglichen Lehren (Beschreibungen und Benutzungen) einzubeziehen (Benkard/Engel, a.a.O., § 4 Rn. 21). Es ist zu fragen, ob ein über durchschnittliche Kenntnisse und Fähigkeiten verfügender Fachmann, wie er auf dem technischen Gebiet der Erfindung in einschlägig tätigen Unternehmen am Prioritätstag typischerweise mit Entwicklungsaufgaben betraut wurde, und dem unterstellt wird, dass ihm der gesamte am Prioritätstag öffentlich zugängliche Stand der Technik bei seiner Entwicklungsarbeit bekannt zur Verfügung stand, in der Lage gewesen wäre, den Gegenstand der Erfindung aufzufinden, ohne eine das durchschnittliche Wissen und Können einschließlich etwaiger Routineversuche übersteigende Leistung erbringen zu müssen (Benkard/Engel, a.a.O., § 4 Rn. 21).
  223. Das kann hier mit Blick auf den dem Klagegebrauchsmuster entgegengehaltenen Stand der Technik nicht bejaht werden.
  224. (1.1)
    Es bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Fachmann in dem hier maßgeblichen Prioritätszeitpunkt (06.08.2013) bei einer Kombination der D1, der D2 oder der D3 mit einer vorbekannten magnetischen Reaktions-Gefäßeinheit in naheliegender Art und Weise zu der technischen Lehre des Klagegebrauchsmusters in der hier geltend gemachten Fassung gelangt wäre.
  225. Mit Blick auf die D1 kann schon nicht angenommen werden, dass diese eine Zentrifuge im Sinne des Klagegebrauchsmusters zeigt. Bereits deshalb führt auch eine Kombination der in Rede stehenden Druckschrift mit einem vorbekannten magnetischen Reaktions-Gefäßeinheitsträger nicht zu der Lehre des Klagegebrauchsmusters.  Die D1 beschreibt einen „Rotator für Gefäße“, der in Laboratorien benutzt werden kann, um den Inhalt der Gefäße schonend, aber gründlich zu durchmischen (D1, S. 1, Abs. 1). Der Gefäßinhalt soll zwar ausreichend, nicht aber zu intensiv durchmischt werden (D1, S. 1, Abs. 2). Dass in diesem Zusammenhang eine Drehbewegung in Bezug genommen ist, mittels derer eine Zentrifugalkraft erzeugt wird, ist nicht erkennbar. Die insoweit bestehenden Bedenken des Senats werden auch durch die als fachkundige Äußerung zu würdigende Stellungnahme des DPMA in dem das Klagegebrauchsmuster betreffenden Zwischenbescheid vom 27.06.2023 (Anlage K(A) 14, Bl. 441 ff. eA-OLG) gestützt. Dort nämlich wird eine Zentrifuge im Sinne des Klagegebrauchsmusters zu einem Mischer abgegrenzt, bei dem es sich um ein Gerät zur Vermischung bzw. Homogenisierung von Stoffen handelt (Anlage (K(A) 14, S. 5, unter Ziff. 4, 1. Abs.). In konsequenter Fortsetzung dieser Einschätzung hat auch die Löschungsabteilung ausgeführt, dass sich die hier in Rede stehende Druckschrift, da eine gebrauchsmustergemäße Zentrifuge nicht offenbart werde, für den Fachmann nicht als Ausgangspunkt eigne, um zu der geschützten Lehre zu gelangen (Anlage K(A) 14, S. 6 unter lit. (c), 2. Abs.).
  226. Die D2 offenbart zwar eine Zentrifuge im Sinne des Klagegebrauchsmusters, denn dort wird unter anderem ein Vorgang der Zentrifugation beschrieben, um Flüssigkeit aus den Reaktions-Gefäßeinheiten zu beseitigen (D2, Sp. 1, Z. 45 f.; Sp. 3, Z. 24 f. sowie Sp. 8, Z. 52 f.). Sofern die Klägerin dem entgegentritt und meint, die Druckschrift sei gattungsfremd, weil sie sich nicht mit dem Waschen von magnetischen Partikeln befasse, ist nicht erkennbar, dass sich aus dem Waschvorgang besondere Anforderungen an die Ausgestaltung einer klagegebrauchsmustergemäßen Zentrifuge ergeben. Indes kann – wie nachfolgend ausgeführt wird – nicht angenommen werden, dass der Fachmann bei einer Kombination der D2 mit einer vorbekannten magnetischen Reaktions-Gefäßeinheit in naheliegender Art und Weise zu der geschützten Lehre gelangt.
  227. Die Beklagten führen als Beispiele für vorbekannte magnetische Reaktions-Gefäßeinheiten die Gegenstände der D8 und der D9 an. Dabei handelt es sich zwar um Mikrotiterplatten, die mit magnetischen Elementen ausgestattet sind, indes geht aus diesen Druckschriften nicht hervor, dass die Mikrotiterplatten geeignet sind, ein magnetisches Feld zu erzeugen, das die magnetischen Partikel während der Zentrifugation und damit gegen eine wirkende Zentrifugalkraft hält (Merkmal 6.2). Die D8 beschreibt, worauf auch die Beklagten verweisen, dass eine Sammelplatte auf einem Magneten, der für eine 96-Well-Sammelplatte hergerichtet ist, platziert wird (Abs. [0049] der D8). Dadurch, so heißt es in dieser Druckschrift, haften die magnetischen Partikel an der Sammelplatte an (Abs. [0049] der D8). Daraus ergibt sich indes nicht, dass ein magnetisches Feld erzeugt wird, das ausreichend ist, um die magnetischen Partikel gegen eine Zentrifugalkraft zu halten. Denn ein Vorgang der Zentrifugation steht mit dem dargestellten Inhalt der D8 in keinem erkennbaren Zusammenhang. Im Kontext der in Bezug genommenen Passage wird beschrieben, dass die in der Mikrotiterplatte enthaltene Lösung im Anschluss an die Anbindung der magnetischen Partikel an die Sammelplatte „durch Pipettieren“ entfernt werden kann (Abs. [0049] der D8), eine Zentrifugation gelangt hier nicht erkennbar zum Einsatz. Es findet sodann zwar Erwähnung, dass die magnetischen Partikel nach dem Entfernen der Lösung gewaschen werden (Abs. [0049] der D8). Dass dies durch Zentrifugation geschieht, ist indes nicht offenbart. Ein Vorgang der Zentrifugation lässt sich dem von den Beklagten in Bezug genommenen Teil der Druckschrift schließlich nur in einem Zusammenhang mit dem Waschen und/oder Entfernen von nicht-magnetischen Partikeln aus einer Lösung entnehmen (Abs. [0049] der D8 a. E.). Für eine eindeutige und unmittelbare Offenbarung eines zum Halten magnetischer Partikel hinreichenden magnetischen Feldes streitet daher auch dieser Beschreibungsinhalt nicht.
  228. Vergleichbare Bedenken bestehen im Zusammenhang mit dem Offenbarungsgehalt der D9, den die Beklagten in Form der Figur 1 und dem als „Zusammenfassung“ überschriebenen Beschreibungsteil in Bezug nehmen. Dort ist gezeigt, dass eine Mikrowellplatte 2 auf einer magnetischen Platte 1 gehalten ist (Abs. [0029] und Abs. [0034] der D9). Die Funktion der magnetischen Platte wird dahingehend beschrieben, dass sie die in der Mikrowellplatte befindlichen magnetischen Partikel hält (Abs. [0029] der D9).
  229. Damit kann der Fachmann zu der klagegebrauchsmustergemäßen Lehre nur dann gelangen, wenn er zusätzlich zu der Kombination der D2 mit der D8 bzw. der D9 ein ausreichend starkes magnetisches Feld erzeugt. Dazu wird er jedoch durch keine dieser Schriften angeregt. Allein das bloße Wissen des Fachmannes um einen technischen Sachverhalt, hier die Existenz der sog. Magnetic-Beads-Technologie, rechtfertigt nicht die Annahme, dass es für den Fachmann auch nahgelegen hat, sich bei der Lösung eines bestimmten Problems dieser Kenntnis zu bedienen (BGH, GRUR 2018, 716 Rn. 28 – Kinderbett; GRUR 2009, 743 Rn. 37 – Airbag-Auslösesteuerung; GRUR 2023, 39 Rn. 88 – Leuchtdiode).
  230. In Übereinstimmung hiermit hat die Löschungsabteilung ausweislich des vorliegenden Zwischenbescheides weder der D8 noch der D9 einen Inhalt entnommen, der gegen die Annahme eines erfinderischen Schritts spricht (vgl. Zwischenbescheid v. 27.06.2023, Anlage K(A) 14, S. 7, 3. Abs.). Nach der Auffassung der fachkundigen Löschungsabteilung fehlt es überdies an einer Veranlassung des Fachmannes zu der hier in Rede stehenden Kombination (vgl. Zwischenbescheid v. 27.06.2023, Anlage K(A) 14, S. 6, vorletzter Abs.).
  231. Die vorstehenden Ausführungen zur Kombination der D2 mit einer vorbekannten magnetischen Reaktions-Gefäßeinheit gelten entsprechend im Hinblick auf die Kombination einer Zentrifuge, wie sie aus D3 bekannt ist, mit vorbekannten magnetischen Reaktions-Gefäßeinheiten.
  232. (1.2)
    Die Schutzfähigkeit des Klagegebrauchsmusters steht auch ausgehend von der D4 aufgrund einer Kombination mit der D1 oder mit der D2 nicht in Frage.
  233. Ähnlich wie bereits für eine Kombination der D2 mit einer vorbekannten magnetischen Reaktions-Gefäßeinheit ausgeführt, ist auch im Hinblick auf eine Kombination der D4 mit der D1 oder der D2 nicht ersichtlich, dass der Fachmann durch eine solche in naheliegender Art und Weise zu der Lehre des Klagegebrauchsmusters gelangt. Denn es fehlt auch bei einer Kombination dieser Druckschrift daran, dass das magnetische Feld hinreichend ist, um die magnetischen Partikel während des Vorgangs des Zentrifugierens zu halten (Merkmal 6.2). Dies zeigt keine der vorgenannten Druckschriften auf.
  234. Mit Blick auf die D4 ist den Beklagten zwar zuzugestehen, dass diese Druckschrift auf die Magnetic-Beads-Technologie Bezug nimmt (Abs. [0003] der D4) und dieser die Fähigkeit zuschreibt, magnetische Partikel über magnetische Kräfte anzuziehen (Abs. [0003] der D4) und so in einem Gefäß zu halten (Abs. [0004] der D4). Indes steht auch der sich so ergebende Offenbarungsgehalt in keinem Zusammenhang mit einem Vorgang der Zentrifugation. Schutzgegenstand der D4 ist eine sog. „Rotations- und Ausklopfvorrichtung“, mittels derer Flüssigkeit aus einer Multiwell-Platte entfernt werden kann (Abs. [0006] der D4). Die Vorrichtung weist Plattenhalter (11) mit 24 Magneten (13) auf (Abs. [0012] a. E. der D4), die bewirken, dass die in einer Flüssigkeit der Multiwell-Platte enthaltenen magnetischen Partikel angezogen werden (Abs. [0016] der D4). Für die Vorrichtung ist eine Drehbewegung um 180 Grad beschrieben (Abs. [0013], Abs. [0017], Abs. [0020] und Figuren 1, 4 und 5 der D4), so dass ein Großteil der in den Multiwell-Platten befindlichen Flüssigkeit – unter Zurückhalten der magnetischen Partikel – ausläuft. Dieser Drehbewegung schließt sich ein „Ausklopfen“ an (Abs. [0013], Abs. [0019] sowie Figur 1 der D4), womit bewirkt werden soll, dass auch die restliche, nach der Drehbewegung noch in der Multiwell-Platte verbliebene Flüssigkeit aus dieser gelangt (Abs. [0018] f. der D4). Dass diese so beschriebene Drehbewegung, die die Beklagten selbst lediglich als „Vorstufe einer Zentrifugation“ charakterisieren, eine Zentrifugalkraft erzeugt, geht aus der D4 nicht hervor. Sofern in deren Beschreibung ein Vorgang der Zentrifugation Erwähnung findet, erfährt dieser keine Umsetzung durch die offenbarte Apparatur. Vielmehr wird ausgeführt, dass eine Multiwell-Platte mit einer Bakterienkultur zunächst für 5 Minuten einer Zentrifugation unterzogen und erst im Anschluss daran in die „Rotations- und Ausklopfvorrichtung“ verbracht wird (Abs. [0022] der D4). Hier kommt es dann – durch Ausführen der Dreh- und Ausklopfbewegung – zum Entfernen der Lösung aus der Multiwell-Platte und zu einem nicht näher spezifizierten Waschvorgang der zurückgehaltenen magnetischen Partikel (Abs. [0022] der D4).
  235. Die D2 offenbart schon kein magnetisches Element als solches. In der D1 ist zwar ein magnetisches Element beschrieben (S. 2, 8. Abs. der D1), aber auch dieses wirkt, da die D1 eine klagegebrauchsmustergemäße Zentrifuge nicht offenbart (dazu zuvor), einer Zentrifugalkraft nicht entgegen. Es dient vielmehr dazu, ein Behälter während des Vorgangs des Durchmischens zu halten (S. 2, 8. Abs. der D1).
  236. Dass der Fachmann – ausgehend von dem dargestellten Offenbarungsgehalt der in Rede stehenden Druckschriften – gleichwohl ohne weiteres zur Anwendung eines magnetischen Felds gelangt, das hinreichend ist, um magnetische Partikel während eines Vorgangs der Zentrifugation zu halten, kann nicht angenommen werden. Die Beklagten beschränken sich insoweit auf die Feststellung, dass der Fachmann beachte, dass der Magnet ausreichend stark sein müsse (vgl. Berufungsbegründung v. 13.06.2023 in dem Verfahren I-2 U 28/24, S. 8, Rn. 22, dort Bl. 166 eA-OLG). Dem vermag der Senat schon deshalb nicht zu folgen, weil die Beklagten hierbei unterstellen, dass der Fachmann durch die D4 veranlasst werde, die Entleerungskraft der „Rotations- und Ausklopfvorrichtung“ zu erhöhen und die Lösung in der Verwendung einer Zentrifuge zu suchen. Die Entleerungskraft wird dem Fachmann aber im Kontext der D4 nicht als unzureichend beschrieben. Vielmehr wird als bevorzugt hervorgehoben, dass sich die Reinigungsgeschwindigkeit mit der offenbarten Vorrichtung erhöhen lasse (Abs. [0025] der D4), weshalb für sie ein industrieller Anwendungsbereich eröffnet sei und ihr ein hoher wirtschaftlicher Wert zukomme (Abs. [0027] der D4). Sofern eine Erhöhung der Entleerungskraft unter dem Aspekt angezeigt sein könnte, dass nach der Drehung der Multiwell-Platte durch die offenbarte Apparatur ein Rest der Flüssigkeit in der Platte verbleibt (Abs. [0018] der D4), stellt die Druckschrift selbst auch dafür eine Lösung derart bereit, dass die Apparatur einige Male ausgeklopft („tapped“) wird (Abs. [0019] der D4), so dass es auch unter diesem Gesichtspunkt einer erhöhten Entleerungskraft nicht bedarf.
  237. In Übereinstimmung hiermit ist auch die Löschungsabteilung in ihrem das Klagegebrauchsmuster betreffenden Zwischenbescheid davon ausgegangen, dass die Lehre des Klagegebrauchsmusters auch bei Berücksichtigung der D4 schutzfähig ist (vgl. Zwischenbescheid v. 27.06.2023, Anlage K(A) 17, S. 6, unter lit. (c), 2. Abs.).
  238. (1.3)
    Die durch das Klagegebrauchsmuster geschützte Lehre ist auch nicht durch eine Kombination der D10 mit der D2 oder der D3 nahegelegt.
  239. Die D10 lehrt ein Verfahren zur Trennung von an magnetische Partikel gebundenen Komponenten von einer Lösung unter Einsatz magnetischer und zentrifugaler Kräfte (Sp. 1, Z. 13 – Z. 15, Sp. 2, Z. 14f. der D10 und Hauptanspruch 1). In diesem Zusammenhang beschreibt die D10 eine „Container“- Vorrichtung, die zur Anwendung des geschützten Verfahrens geeignet ist (Sp. 3, Z. 41 der D10). Diese Vorrichtung enthält ein oder mehrere Abteile („compartments“) (Sp. 3, Z. 42 f. der D10), die jeweils in eine Kammer (8) und einen äußeren Bereich (10) zweigeteilt sind (Sp. 3, Z. 42 – Z. 46 der der D10). Ein einzelnes Abteil in diesem Sinne ist etwa mit den Figuren 1 und 5 der D10 illustriert. Auf der Grundlage dieses Beschreibungsinhalts zeigt die D10 – anders als die bisher erörterten Druckschriften – zwar ein magnetisches Element, dessen magnetisches Feld hinreichend ist, um einer Zentrifugalkraft entgegenzuwirken. Denn mit Bezugnahme auf die „Container“-Vorrichtung wird erläutert, dass eine in der Kammer (8) enthaltene Lösung durch Ausüben von Zentrifugalkraft in den äußeren Bereich (10) gelangt (Sp. 4, Z. 9 – Z. 13 und Z. 44 – Z. 50 der D10), während die in der Lösung enthaltenen magnetischen Partikel über einen Magneten (12) in der Kammer (8), dort insbesondere in deren unterem Bereich (5), verbleiben (Sp. 4, Z. 13 – Z. 17 und Sp. 6, Z. 6 der D10). Indes sind, worüber zwischen den Parteien kein Streit besteht, Motor und Rotor der D10 – anders als nach der Lehre des Klagegebrauchsmusters – nicht derart konfiguriert, dass sich der Rotor veranlasst durch den Motor um eine horizontale Rotationsachse bewegt (Merkmal 3). Vielmehr entsteht die Zentrifugalkraft durch eine rotierende Bewegung entlang einer Vertikalachse (Sp. 4. Z. 37f. der D10 in einer Zusammenschau mit Figur 3 der D10). Hinzukommt, dass der Beschreibungsinhalt der D10, der auf eine „axis 19“ Bezug nimmt (Sp. 4, Z. 37 f. der D10 und Figur 4 der D10), zwar die Existenz eines Rotors (Merkmal 1.1) nahelegt. Der Fachmann entnimmt der Druckschrift indes nichts über dessen nähere Ausgestaltung, geschweige denn einer solchen im Sinne der Lehre des Klagegebrauchsmusters (Merkmalsgruppe 2).
  240. Auf der Grundlage dieses Offenbarungsgehalts der D10 gibt diese Schrift aus fachmännischer Sicht keinen Anlass, die Vertikal- gegen eine Horizontalbewegung durch Konfiguration eines Rotors in klagegebrauchsmustergemäßer Weise auszutauschen, um so eine alternative Vorrichtung für das Waschen magnetischer Partikel durch Zentrifugation bereitzustellen. Dies hat auch die Löschungsabteilung des DPMA so gesehen (vgl. Zwischenbescheid v. 27.06.2023, Anlage K(A) 14, S. 6, vorletzter Abs.). Ohne Erfolg machen die Beklagten in diesem Zusammenhang geltend, dem Fachmann seien sowohl Zentrifugen mit horizontaler als auch mit vertikaler Drehachse bekannt, weshalb der Fachmann keine Probleme bei der Realisierung einer klagegebrauchsmustergemäßen Zentrifuge habe. Unbeschadet dessen, dass das Auffinden einer neuen Lehre zum technischen Handeln nicht schon dann als nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (hier einem erfinderischen Schritt) beruhend bewertet werden kann, wenn keine Hinderungsgründe zutage treten, von im Stand der Technik Bekanntem zum Gegenstand der Lehre zu gelangen (BGH, GRUR 2010, 407 Rn. 17 – einteilige Öse), liegen mit Blick auf den Offenbarungsgehalt der D10 gerade solche Umstände vor, die von einer Kombination mit einer Zentrifuge, deren Rotator eine Horizontalbewegung vollzieht, wegführen. Die aus Figur 9 der D10 erkennbare Umrandung der einzelnen Abteile („compartements“) ist nicht geeignet, diese gegen eine Horizontalbewegung derart festzuhalten, dass diese an ihrem Platz verbleiben. Andere Haltemittel für die Abteile sind in der Druckschrift nicht gezeigt. Des Weiteren wirkt sich im Falle einer Horizontalbewegung die jeweils innerhalb der Kammer (8) angeordnete innere Barriere (6) (Sp. 3, Z. 46 – Z. 49 der D10 und Sp. 3, Z. 66 – Sp. 4, Z. 1 der D10 sowie Figur 1 der D10) derart aus, dass die zwischen dieser und der inneren Wand 4 befindliche Flüssigkeit nicht in Richtung des äußeren Bereichs 10 gelangen kann. Dieser aber ist gerade dazu vorgesehen, die Flüssigkeit aus der Kammer (8) aufzunehmen.
  241. (1.4)
    Die geschützte Lehre ergibt sich auch nicht in naheliegender Art und Weise aus einer Kombination der D1 mit der D2 oder der D3. Auf die diesbezüglichen Ausführungen des Landgerichts, denen die Beklagten mit ihrer Berufung auch nicht gesondert entgegengetreten sind, wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.
  242. Soweit die Beklagten schließlich auf die D5 und die D6 Bezug nehmen, um aufzuzeigen, dass dem Fachmann die Kombination der Magnetic-Beads-Technologie mit der Zentrifugaltechnik bekannt war, steht auch dies der Schutzfähigkeit des Klagegebrauchsmusters unter dem Gesichtspunkt eines fehlenden erfinderischen Schritts nicht entgegen. Auch insoweit kann auf die landgerichtlichen Ausführungen verwiesen werden, denen sich der erkennende Senat nach eigener Prüfung anschließt und die auch der Auffassung der Löschungsabteilung entsprechen (vgl. Zwischenbescheid v. 27.06.2023, Anlage K(A) 14, S. 6 f.). Die diesbezügliche Würdigung des Landgerichts haben die Beklagten mit der Berufung ebenfalls nicht gesondert angegriffen.
  243. (2)
    Das Klagegebrauchsmuster ist auch nicht unzulässig erweitert.
  244. (2.1)
    Eine unzulässige Erweiterung ergibt sich zunächst nicht daraus, dass der Schutzbereich des Klagegebrauchsmusters – wie aufgezeigt – auch solche Ausführungsformen erfasst, bei denen das magnetische Element (Merkmal 1.4) von mehreren, baulich getrennt ausgestalteten Magneten gebildet wird. Dies haben die Beklagten im Rahmen des auf das Klagegebrauchsmuster bezogenen Löschungsverfahrens – soweit ersichtlich – auch nicht geltend gemacht.
  245. Aus dem (bisherigen) Ergebnis des das DE‘XXE betreffenden Löschungsverfahrens kann für eine unzulässige Erweiterung des hiesigen Klagegebrauchsmusters nichts hergeleitet werden. Ausgehend davon, dass der eingetragene Schutzanspruch 1 des DE‘XXE auf eine Zentrifuge mit „einem oder mehreren magnetischen Elementen“ gerichtet ist, hat – wie bereits ausgeführt – die Löschungsabteilung ein Bedürfnis für eine teilweise Löschung insoweit gesehen, wie die Alternative „mehrere magnetische Elemente“ beansprucht war. Eine solche Teillöschung kommt mit Blick auf das Klagegebrauchsmuster, dessen Schutzanspruch 1 auf eine Zentrifuge mit „einem magnetischen Element“ gerichtet ist, nicht in Betracht.
  246. Unbeschadet dessen sind von dem Offenbarungsgehalt der Stammanmeldung aber auch Ausgestaltungen mit mehreren magnetischen Elementen umfasst. Wie auch die Löschungsabteilung in dem das DE‘XXE betreffenden Löschungsverfahren anerkannt hat (Anlage SSM2-BER1, S. 7 oben), sind in der Stammanmeldung Ausführungsformen mit mehreren, baulich getrennt ausgestalteten Magneten beschrieben (Anlage K(A) 2, S. 16, Z. 34 – S. 17, Z. 5 und Figur 16). Sie finden in der Stammanmeldung – neben einer Ausgestaltung mit nur einem (einzigen) Element – als eine technisch-funktional gleichermaßen mögliche Gestaltungsalternative eines magnetischen Elements wie folgt Erwähnung (Hervorhebungen hinzugefügt):
  247. „The number [of magnetic elements] can be one for one big magnet covering the plate area or more than one, wherein the magnetic elements are regularly distributed on said plate. These magnetic elements 57 apply a magnetic field to the reaction vessels.“ (Anlage K(A) 2, S. 16, Z. 35 f.),
  248. deutsche Übersetzung:
    „Die Anzahl kann eins sein für einen großen Magneten, der die Plattenfläche abdeckt oder kann mehr sein als eins sein, wobei die magnetischen Elemente gleichmäßig auf der Platte verteilt sind. Diese magnetischen Elemente 57 legen ein Magnetfeld an die Reaktions-Gefäße an.“ (Anlage K(A) 2a, S. 26, 1. Abs.).
  249. Eine unzulässige Erweiterung ergibt sich auch nicht daraus, dass in der Stammanmeldung eine Ausgestaltung mit mehreren Magneten lediglich in einer Kombination mit einem von dem Rotor lösbaren Träger konkret beschrieben ist, während eine Ausgestaltung mit mehreren fest in den Rotor integrierten Magneten nicht gezeigt ist. Denn auch eine solche Ausgestaltung entnimmt der Fachmann dem Gesamtzusammenhang der Anmeldeunterlagen als zur Erfindung gehörend.
  250. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist für die ursprüngliche Offenbarung eines beanspruchten Gegenstandes erforderlich, dass die im Anspruch bezeichnete technische Lehre den Ursprungsunterlagen in ihrer Gesamtheit unmittelbar und eindeutig als mögliche Ausführungsform der Erfindung zu entnehmen ist (BGH, GRUR 2018, 175 Rn. 30 – digitales Buch; GRUR 2022, 1575 Rn. 68 – Übertragungsparameter; Urt. v. 13.12.2022 – X ZR 115/20, GRUR-RS 2022, 39089 Rn. 37 f. – Gurtaufroller). Bei der Ausschöpfung des Offenbarungsgehalts sind grundsätzlich auch Verallgemeinerungen von ursprünglich offenbarten Ausführungsbeispielen zulässig (BGH, GRUR, 2022, 1575 Rn. 70 – Übertragungsparameter; Urt. v. 13.12.2022 – X ZR 115/20, GRUR-RS 2022, 39089 Rn. 38 – Gurtaufroller). Danach ist ein „breit“ formulierter Anspruch unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Erweiterung jedenfalls dann unbedenklich, wenn sich ein in der Anmeldung beschriebenes Ausführungsbeispiel der Erfindung aus fachlicher Sicht als Ausgestaltung der im Anspruch umschriebenen allgemeineren technischen Lehre darstellt und diese Lehre in der beanspruchten Allgemeinheit bereits der Anmeldung als zu der angemeldeten Erfindung gehörend entnehmbar ist – sei es in Gestalt eines in der Anmeldung formulierten Anspruchs, sei es nach dem Gesamtzusammenhang der Unterlagen. Das gilt insbesondere dann, wenn von mehreren Merkmalen eines Ausführungsbeispiels, die zusammengenommen, aber auch für sich betrachtet dem erfindungsgemäßen Erfolg förderlich sind, nur eines oder nur einzelne in den Anspruch aufgenommen worden sind (BGH, Urt. v. 13.12.2022 – X ZR 115/20, GRUR-RS 2022, 39089 Rn. 38 – Gurtaufroller).
  251. Nach diesen Grundsätzen gilt hier Folgendes:
  252. Auf der Grundlage des Gesamtzusammenhangs der Stammanmeldung stellt sich das Ausführungsbeispiel, bei dem das magnetische Element Teil eines in den Rotor einbringbaren lösbaren Trägers ist, für den Fachmann als eine Ausgestaltung der allgemeineren technischen Lehre dar, wonach das magnetische Element in dem Rotor angeordnet ist. Die integrative Anordnung im Rotor bildet demgegenüber eine andere Ausgestaltungsmöglichkeit der allgemeinen Lehre.
  253. Dies ergibt sich – in Entsprechung zu Absatz [0021] der Klagegebrauchsmusterschrift – aus der Textstelle auf Seite 8, Zeile 39 f. d. Stammanmeldung (Anlage K(A) 2), die wie folgt lautet (Hervorhebungen hinzugefügt):
  254. „The magnetic element can be integrated into the rotor, particularly in a base wall of the rotor, or can be part of a reaction vessel unit carrier.“,
  255. Hinsichtlich des angesprochenen Reaktionsgefäßeinheitsträgers ist dem Fachmann hierbei im Hinblick auf die Gesamtoffenbarung der Stammanmeldung klar, dass diese in den Rotor eingebracht wird.
  256. Ferner offenbart die Stammanmeldung in Anspruch 8 eine Zentrifuge zum Waschen von magnetischen Partikeln in einer Reaktionsgefäßeinheit, welche u.a. ein magnetisches Element aufweist, welches in dem Rotor angeordnet ist, um ein magnetisches Feld an die Reaktionsgefäße einer Reaktionsgefäßeinheit anzulegen. Gegenstand des Anspruchs 9 ist eine Zentrifuge nach Anspruch 8, bei der das Magnetelement Teil eines lösbaren Trägers einer Reaktionsgefäßeinheit ist. Infolge des Rückbezugs des Anspruchs 9 ist wiederum klar, dass bei der von diesem beschriebenen Zentrifuge, bei der das Magnetelement Teil eines lösbaren Reaktionsgefäßeinheitsträgers ist, das Magnetelement im Sinne des Anspruchs 8 „in dem Rotor angeordnet“ ist.
  257. Hiervon ausgehend sieht der Fachmann auch eine Ausgestaltung, bei welcher mehrere Magnete in den Rotor integriert sind, als zu der angemeldeten Erfindung gehörig an. Sie ergibt sich für ihn ohne weiteres aus einer Kombination der ihm – im Hinblick auf die Ausgestaltung des magnetischen Elements einerseits sowie der Anordnung desselben im Rotor andererseits – jeweils als technisch-gleichwertig offenbarten Gestaltungsmöglichkeiten. Das gilt umso mehr, als ihm die Stammanmeldung im Zusammenhang mit einer Ausgestaltung, bei welcher das magnetische Element Teil eines lösbaren Trägers ist, die Austauschbarkeit eines Magneten gegen mehrere Magneten ausdrücklich vor Augen führt (Anlage K(A) 2, S. 16, Z. 35 f.). Auf dieser Grundlage ergibt sich eine Austauschbarkeit ohne weiteres auch für eine Ausgestaltung, bei welcher das magnetische Element in den Rotor integriert ist. Denn eine solche Ausgestaltung stellt sich – wie aufgezeigt – gleichermaßen als eine Anordnung des magnetischen Elements in dem Rotor dar. Aus dem Gesamtzusammenhang der Anmeldeunterlagen ergeben sich auch keine technisch-funktionalen Gesichtspunkte, die der Austauschbarkeit eines einzelnen Magnetes gegen mehrere Magneten im Falle einer integrativen Anordnung in dem Rotor entgegenstehen.
  258. (2.2)
    Eine unzulässige Erweiterung folgt auch nicht daraus, dass – was die Beklagten in erster Instanz geltend gemacht haben – der eingetragene Schutzanspruch 1 die Merkmale des „Spalts“ und der „Saugpumpe“, wie sie in Anspruch 1 der Stammanmeldung enthalten sind, nicht enthält. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen, die die Beklagten mit der Berufung nicht gesondert angegriffen haben. Wie der den Löschungsantrag der Beklagten zu 1) zurückweisende Beschluss vom 23.04.2024 zeigt, ist auch die Löschungsabteilung insoweit nicht von einer unzulässigen Erweiterung des Klagegebrauchsmusters ausgegangen.
  259. c)
    Die angegriffene Ausführungsform 1 macht wortsinngemäß von der technischen Lehre des Klagegebrauchsmusters in der geltend gemachten Fassung Gebrauch. Sie verwirklicht, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, sämtliche Merkmale des Schutzanspruchs 1 und sie entspricht auch den zusätzlichen Vorgaben des Schutzanspruchs 2.
  260. aa)
    Dass die angegriffene Ausführungsform 1 die Merkmale 1 bis 1.3 sowie die Merkmale 2 bis 5 wortsinngemäß verwirklicht, steht zwischen den Parteien im Berufungsrechtszug – zu Recht – außer Streit, weshalb weitere Ausführungen des Senats hierzu entbehrlich sind.
  261. bb)
    Die angegriffene Ausführungsform 1 weist auch ein magnetisches Element (Merkmal 1.4) auf, das in klagegebrauchsmustergemäßer Weise in dem Rotor angeordnet ist (Merkmal 6). Die geschützte Lehre erfasst – wie ausgeführt – auch Ausgestaltungen, bei denen mehrere baulich getrennte Magneten Teil eines lösbaren Trägers für eine Reaktionsgefäßeinheit sind, der sich im Betrieb der Zentrifuge im Rotor befindet, wie dies bei der angegriffenen Ausführungsform 1 der Fall ist. Was die Verwirklichung des Teil-Merkmals der „Anordnung im Rotor“ durch die angegriffene Ausführungsform 1 anbelangt, wird im Übrigen auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts verwiesen.
  262. cc)
    Schließlich ist bei der angegriffenen Ausführungsform das magnetische Element in Gestalt der Mehrzahl von Magnetelementen – wie zwischen den Parteien unstreitig ist – auch eingerichtet, um magnetische Partikel, die in einem oder mehreren der Reaktionsgefäße der Reaktionsgefäßeinheit beinhaltet sind, während des Zentrifugierens der Reaktionsgefäßeinheit zu halten (Merkmal 6.2). Dass die angegriffene Ausführungsform 1 den Vorgaben dieses Merkmals entspricht, stellen die Beklagten nicht in Abrede.
  263. d)
    Dass die Beklagten im Hinblick auf die vorstehend dargelegte unmittelbare Schutzrechtsverletzung bzw. -benutzung zur Unterlassung, Auskunftserteilung, Vernichtung sowie zum Rückruf und, weil sie das Klagegebrauchsmuster schuldhaft verletzt haben, auch zum Schadenersatz verpflichtet sind und der Klägerin, um ihr die Berechnung ihrer Schadenersatzansprüche zu ermöglichen, über den Umfang ihrer Benutzungs- und Verletzungshandlungen Rechnung zu legen haben, hat das Landgericht im angefochtenen Urteil zutreffend dargelegt; auf diese – von der Berufung nicht gesondert angegriffenen – Ausführungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
  264. B.
  265. Die Anschlussberufung der Klägerin ist zulässig und in dem aus dem Tenor zu B. dieses Urteils ersichtlichen Umfang begründet.
  266. 1.
    Soweit die Klägerin im Rahmen des Berufungsverfahrens nunmehr zusätzlich auch auf eine mittelbare Verletzung des Klagegebrauchsmusters gestützte Ansprüche geltend macht, ist dies zulässig.
  267. a)
    Ein in erster Instanz obsiegender Kläger muss sich nach gefestigter Rechtsprechung der Berufung der Gegenseite anschließen, wenn er sich nicht nur auf die Abwehr der Berufung beschränken, sondern seinerseits eine Klageerweiterung vornehmen oder neue Ansprüche einführen will (vgl. z.B. OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.12.2016 – I-15 U 31/14, GRUR-RR 2017, 249 Rn. 24 – Lichtemittierende Vorrichtung; Urt. v. 17.01.2019 – I-15 U 132/14, GRUR-RS 2019, 7922 Rn. 35 – Monolythischer Vielschichttaktor; Urt. v. 14.03.2019 – I-2 U 114/09, GRUR-RS 2019, 6081 Rn. 30 – Mehrpolige Steckverbindung). Daher ist im Fall einer Klageerweiterung die Einlegung einer Anschlussberufung erforderlich (OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2018, 1037 (1041) – Flammpunktfunktionsprüfung; Urt. v. 21.02.2019 – I-2 U 3/18, GRUR-RS 2019, 6090 Rn. 61 – Vorschubeinrichtung). Eine solche hat die Klägerin hier fristgerecht eingelegt. Gemäß § 524 Abs. 2 ZPO ist eine Anschlussberufung bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung zulässig. Diese Frist hat die Klägerin eingehalten. Mit prozessleitender Verfügung vom 14.06.2023 ist ihr eine Frist zur Berufungserwiderung bis zum 14.09.2023 gesetzt worden (Bl. 384 eA-OLG). Auf einen Fristverlängerungsantrag der Klägerin ist diese Frist bis zum 21.09.2023 verlängert worden (Bl. 410 eA-OLG). Mit Schriftsatz vom 21.09.2023, der am selben Tag bei Gericht eingegangen ist, hat die Klägerin nicht nur auf die Berufung der Beklagten erwidert, sondern ausdrücklich auch Anschlussberufung eingelegt.
  268. b)
    Die im Wege der Anschlussberufung vorgenommene Klageerweiterung ist im Berufungsverfahren auch zulässig (§ 533 ZPO).
  269. Die Voraussetzungen einer Klageänderung nach § 533 Nr. 1 ZPO liegen vor, denn die Beklagten haben stillschweigend eingewilligt (§ 533 Nr. 1, 1. Alt. ZPO). Ihre Einwilligung ist entsprechend § 267 ZPO unwiderleglich zu vermuten, da sie sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat rügelos auf die erweiterte Klage eingelassen haben. Die Klageerweiterung ist überdies sachdienlich im Sinne von § 533 Nr. 1, 2. Alt. ZPO. Die nunmehr ferner geltend gemachte mittelbare Verletzung des Klagegebrauchsmusters ist auf solche Tatsachen gestützt, die der Senat seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat. Sie betrifft mit der angegriffenen Ausführungsform 2 und der angegriffenen Ausführungsform 3 die beiden Bestandteile der in erster Instanz angegriffenen Kombination aus Zentrifuge und magnetischem Reaktionsgefäßeinheitsträger (angegriffene Ausführungsform 1). Dass die Beklagte zu 1) die angegriffene Zentrifuge und die angegriffenen magnetischen Träger auch isoliert vertreibt, ist unstreitig. Indem auf dieser Grundlage darüber entschieden wird, ob (auch) eine mittelbare Klagegebrauchsmusterverletzung durch das isolierte Anbieten und die isolierte Lieferung der angegriffenen Ausführungsformen 2 und 3 vorliegt, wird ein weiterer Prozess zwischen den Parteien vermieden. Aus dem Vorstehenden folgt zugleich, dass die Voraussetzungen einer Klageerweiterung nach § 533 Nr. 2 ZPO vorliegen.
  270. 2.
    Die Anschlussberufung ist auch überwiegend begründet. Die Beklagten verletzen das Klagepatent dadurch mittelbar, dass sie die angegriffene Ausführungsform 2 und die angegriffene Ausführungsform 3 in Deutschland Abnehmern anbieten und auch an sie liefern, die ihrerseits zur Benutzung des durch das Klagegebrauchsmuster geschützten Gegenstandes nicht berechtigt sind (§ 11 Abs. 2 Satz 1 GebrMG). Der Klägerin stehen infolge dieser mittelbaren Gebrauchsmusterverletzung auch die nunmehr zuerkannten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung sowie Schadensersatz zu, §§ 24 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, § 24b Abs. 1, 3 GebrMG, §§ 242, 259 BGB. Keinen Erfolg hat die Anschlussberufung lediglich insoweit, als die Klägerin betreffend die angegriffene Ausführungsform 2 in erster Linie eine Unterlassungsverurteilung in der Form begehrt, dass den Beklagten für den Fall der Lieferung der angegriffenen Ausführungsform 2 aufgegeben werden soll, ihren Abnehmern ein Vertragsstrafeversprechen abzuverlangen. Die Klägerin kann insoweit nur verlangen, dass den Beklagten aufgegeben wird, auch die Lieferung der angegriffenen Ausführungsform 2 mit einem Warnhinweis zu verbinden.
  271. a)
    Die Beklagten verletzten das Klagegebrauchsmuster durch das jeweils isolierte Anbieten und Liefern der angegriffenen Ausführungsform 2 und der angegriffenen Ausführungsform 3 mittelbar.
  272. Nach § 11 Abs. 2 Satz 1 GebrMG ist es jedem Dritten verboten, ohne Zustimmung des Patentinhabers in der Bundesrepublik Deutschland anderen als zur Benutzung der gebrauchsmustergemäßen Erfindungen berechtigten Personen, Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen, zur Benutzung der Erfindung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder zu liefern, wenn der Dritte weiß oder es auf Grund der Umstände offensichtlich ist, dass diese Mittel dazu geeignet und bestimmt sind, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden.
  273. Diese Voraussetzungen liegen hier in Bezug auf die angegriffenen Ausführungsformen 2 und 3 vor.
  274. aa)
    Die angegriffene Ausführungsform 2 und die angegriffene Ausführungsform 3 sind jeweils objektiv dazu geeignet, für die Benutzung der Erfindung gemäß dem geltend gemachten Klagegebrauchsmusteranspruch verwendet zu werden.
  275. Ein Mittel ist dann geeignet, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden, wenn es im Zusammenhang mit weiteren Elementen in eine Gestaltung gebracht werden kann, die von allen Merkmalen des unter Gebrauchsmusterschutzes stehenden Gegenstandes Gebrauch macht und damit eine Benutzungshandlung im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 GebrMG verwirklicht (vgl. BGH, GRUR 2005, 848 (850) – Antriebsscheibenaufzug). Ob die erforderliche Eignung des Mittels vorliegt, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden, beurteilt sich nach der objektiven Beschaffenheit des Gegenstands, der angeboten oder geliefert werden soll oder worden ist (BGH, GRUR 2005, 848 (850) – Antriebsscheibenaufzug). Das Mittel muss so ausgebildet sein, dass eine unmittelbare Benutzung der geschützten Lehre mit allen Merkmalen durch die Abnehmer möglich ist (BGH, GRUR 2007, 773, Rn. 18 – Rohrschweißverfahren).
  276. Das trifft auf die angegriffenen Ausführungsformen 2 und 3 jeweils zu. Die entsprechende objektive Eignung der angegriffenen Ausführungsformen 2 und 3 folgt aus den Ausführungen zur unmittelbaren Gebrauchsmusterverletzung. Danach verwirklicht die angegriffene Ausführungsform 1, bestehend aus Zentrifuge (angegriffene Ausführungsform 2) und magnetischem Träger (angegriffene Ausführungsform 3), sämtliche Merkmale des Klagegebrauchsmusteranspruchs wortsinngemäß. Auf die entsprechenden Ausführungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.
  277. bb)
    Bei der angegriffenen Ausführungsform 2 und der angegriffenen Ausführungsform 3 handelt es sich ferner jeweils um ein Mittel im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 1 GebrMG, das sich auf ein wesentliches Element der Erfindung bezieht.
  278. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bezieht sich ein Mittel auf ein wesentliches Element der Erfindung, wenn es geeignet ist, mit einem solchen bei der Verwirklichung des geschützten Erfindungsgedankens funktional zusammenzuwirken (BGH, GRUR 2004, 758 (761) – Flügelradzähler; GRUR 2006, 570 Rn. 10 – extracoronales Geschiebe; GRUR 2007, 769 Rn. 18 – Pipettensystem; GRUR 2012, 1230 Rn. 32 – MPEG-2-Videosignalcodierung). Da der Schutzanspruch maßgeblich für den Umfang der geschützten Lehre ist, sind regelmäßig alle im Schutzanspruch benannten Merkmale wesentliche Elemente der Erfindung (BGH, GRUR 2007, 769 Rn. 18 – Pipettensystem), soweit sie nicht ausnahmsweise zum erfindungsgemäßen Leistungsergebnis nichts oder praktisch nichts beitragen (BGH, GRUR 2007, 769 Rn. 20 – Pipettensystem; GRUR 2007, 773 Rn. 14 – Rohrschweißverfahren; GRUR 2015, 467 Rn. 58 – Audiosignalcodierung; OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.02.2021 – I-15 U 1/20, GRUR-RR 2021, 337 Rn. 83 – Filtervorrichtung).
  279. Hiervon ausgehend bezieht sich sowohl die angegriffene Ausführungsform 2 als auch die angegriffene Ausführungsform 3 auf ein wesentliches Element der Erfindung. Bei der angegriffenen Ausführungsform 2 handelt es sich um eine Zentrifuge, die – bis auf das magnetische Element (Merkmal 1.4; Merkmalsgruppe 6) – sämtliche Bestandteile der durch das Klagegebrauchsmuster geschützten Vorrichtung aufweist. Die angegriffene Ausführungsform 3 stellt das magnetische Element bereit und ist geeignet, erfindungsgemäß in den Rotor der angegriffenen Ausführungsform 2 eingesetzt zu werden, wodurch die klagegebrauchsmustergemäße Vorrichtung entsteht.
  280. cc)
    Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte zu 1) die angegriffene Ausführungsform 2 und die angegriffene Ausführungsform 3 jeweils gesondert über die Internetseite www.B.com angeboten und diese auch jeweils gesondert an Abnehmer im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland geliefert hat.
  281. Eine Angebotshandlung der Beklagten zu 1) ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Werbung der Beklagten zu 1. auf der Internetseite nach Durchführung des erstinstanzlichen Verfahrens einen Disclaimer mit folgendem Inhalt enthielt:
  282. „Aufgrund eines Gerichtsurteils des LG Düsseldorf richtet sich die Bewerbung eines Systems bestehend aus A mit Magnet Carrier im Rotor auf dieser Internetseite nicht an in Deutschland ansässige Kunden, weshalb auch solche Systeme bis zum 06.08.2024 an solche Kunden nicht geliefert werden können.“
  283. Dieser Disclaimer erweist sich, wie das Oberlandesgericht Düsseldorf in dem Zwangsvollstreckungsverfahren mit dem Aktenzeichen I-15 W 25/23 festgestellt hat, als unzureichend, auf die angegriffene Ausführungsform 1 bezogene Angebotshandlungen für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland auszuschließen, weil er seinerseits eine Angebotshandlung enthält. Insoweit wird auf die Ausführungen in dem Beschluss vom 07.12.2023 in der Sache I-15 W 25/23 verwiesen. Was die im Wege der Anschlussberufung angegriffenen Ausführungsformen 2 und 3 anbelangt, betrifft der Disclaimer bei verständiger Würdigung nach dem objektiven Empfängerhorizont nicht den isolierten Vertrieb dieser Ausführungsformen. Abgesehen davon haben die Beklagten den Disclaimer auch erst nach Erlass des angefochtenen Urteils verwendet, weshalb er für die Zeit davor von vornherein irrelevant ist.
  284. dd)
    Die in Deutschland belieferten Abnehmer der Beklagten zu 1) verwenden, wovon mangels gegenteiliger Anhaltspunkte auszugehen ist, die angegriffenen Ausführungsformen 2 und 3 in Deutschland, weshalb auch der für eine mittelbare Gebrauchsmusterverletzung erforderliche „doppelte Inlandsbezug“ gegeben ist.
  285. ee)
    Die Abnehmer der Beklagten zu 1) sind schließlich zur Benutzung der durch das Klagegebrauchsmuster geschützten Zentrifuge nicht berechtigt. Für eine „Berechtigung“ der Abnehmer der Beklagten zu 1) haben die Beklagten nichts dargetan und hierfür ist auch nichts ersichtlich.
  286. ff)
    Des weiteren sind auch die subjektiven Voraussetzungen für eine mittelbare Gebrauchsmusterverletzung im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 1 GebrMG gegeben.
  287. (1)
    Der Tatbestand des § 11 Abs. 2 GebrMG setzt – ebenso wie der Tatbestand des § 10 Abs. 1 PatG – in subjektiver Hinsicht voraus, dass der Dritte weiß oder es auf Grund der Umstände offensichtlich ist, dass die angebotenen oder gelieferten Mittel dazu geeignet und bestimmt sind, für die Benutzung der geschützten Erfindung verwendet zu werden. Damit sind zwei Alternativen eröffnet, das nach dem gesetzlichen Tatbestand erforderliche subjektive Moment festzustellen. Entweder ist dem Dritten bekannt, dass der Abnehmer die Mittel zur gebrauchsmustergemäßen Benutzung bestimmt hat, oder aus der Sicht des Dritten ist bei objektiver Betrachtung nach den Umständen mit hinreichender Sicherheit zu erwarten (ist „offensichtlich“), dass der Abnehmer die angebotenen oder gelieferten Mittel zur gebrauchsmusterverletzenden Verwendung bestimmen wird (vgl. BGH, GRUR 2006, 839 (841) – Deckenheizung; GRUR 2007, 679 Rn. 35 – Haubenstretchautomat).
  288. Da der Nachweis der Verwendungsbestimmung des Abnehmers für den insoweit darlegungs- und beweisbelastenden Patentinhaber mit Schwierigkeiten verbunden ist, lässt sich § 11 Abs. 2 GebrMG – ebenso wie § 10 Abs. 1 PatG –  entnehmen, dass es zum Nachweis des Handlungswillens des Abnehmers und der Kenntnis und des Wollens des Anbietenden oder Lieferanten genügt, dass das Bestimmtsein der Mittel zur unmittelbar patentverletzenden Verwendung – im Zeitpunkt des Angebots bzw. der Lieferung – auf Grund der Umstände offensichtlich ist (BGH, GRUR 2005, 848 (851) – Antriebsscheibenaufzug; OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.05.2023 – I-15 U 75/22 Rn. 109, zitiert nach juris). Zur Feststellung des Tatbestandsmerkmals kann deshalb auf objektive Indizien und Erfahrungen des täglichen Lebens zurückgegriffen werden (BGH, GRUR 2005, 848 (851) – Antriebsscheibenaufzug; GRUR 2006, 839 Rn. 24 – Deckenheizung; GRUR 2007, 679 Rn. 37 – Haubenstretchautomat; OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.05.2023 – I-15 U 75/22 Rn. 109, zitiert nach juris). In diesem Zusammenhang können insbesondere das Maß der Eignung des Mittels für den patentgemäßen Gebrauch und für andere, patentfreie Zwecke, die übliche Verwendung und Anwendungshinweise des Liefernden Bedeutung erlangen (OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.02.2014 – I-2 U 93/12, BeckRS 2014, 5736 – Folientransfermaschine; GRUR-RR 2016, 97 (104) – Primäre Verschlüsselungslogik; Urt. v. 25.05.2023 – I-15 U 75/22 Rn. 109, zitiert nach juris). Abgesehen von den Fällen ausschließlich patentgemäß verwendbarer Mittel (BGH, GRUR 2005, 848 (852) – Antriebsscheibenaufzug) ist eine Verwendungsbestimmung regelmäßig dann zu bejahen, wenn der Lieferant in einer Gebrauchsanweisung, Bedienungsanleitung oder dergleichen auf die Möglichkeit patentgemäßer Verwendung hinweist oder diese gar empfiehlt (BGH, GRUR 2006, 839 Rn. 24 – Deckenheizung; BGH, GRUR 2007, 679 Rn. 37 – Haubenstretchautomat). Gleiches kann gelten, wenn ein Mittel infolge seiner technischen Eigenart und Zweckbestimmung auf eine zu einem Schutzrechtseingriff führende Benutzung zugeschnitten und zu einem entsprechenden Gebrauch angeboten wird (BGH, GRUR 2005, 848 (851) – Antriebsscheibenaufzug OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.02.2018 – I-2 U 20/17, BeckRS 2018, 9235 Rn. 78; Urt. v. 15.12.2022 – I-15 U 65/21, GRUR-RS 2022, 55370 Rn. 107 – Tabaksticks).
  289. (2)
    Unter Anwendung dieser Rechtsgrundsätze liegen hier die subjektiven Voraussetzungen sowohl in Bezug auf die angegriffene Ausführungsform 2 als auch hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsform 3 vor.
  290. Was die angegriffene Ausführungsform 2 anbelangt, ergibt sich dies zwar nicht bereits daraus, dass das angegriffene Reinigungsgerät ausschließlich mit der angegriffenen Ausführungsform 3 und damit lediglich in klagegebrauchsmustergemäßer Art und Weise verwendet werden kann. Denn das angegriffene Reinigungsgerät ist auch in anderen, nicht klagegebrauchsmustergemäßen Konfigurationen einsetzbar (vgl. Anlage K(A) 9). Die angegriffene Ausführungsform 2 wird den Abnehmern aber jedenfalls auch in einer klagegebrauchsmustergemäßen Verwendung präsentiert, indem sie auf der Internetseite mit der Adresse www.B.com unter der Bezeichnung „magnetic bead assay“ (vgl. Anlage K(AT) 7) zur Reinigung magnetischer Partikel beworben wird. Derjenige Abnehmer, der die angegriffene Ausführungsform 2 zur Reinigung magnetischer Partikel einsetzt, verwendet diese in einer gebrauchsmustergemäßen Ausgestaltung. Denn diese Verwendung setzt eine Konfiguration voraus, bei der das angegriffene Reinigungsgerät mit der angegriffenen Ausführungsform 3 ausgestattet wird. Es gibt mithin keine gebrauchsmusterfreie Nutzungsmöglichkeit der angegriffenen Ausführungsform 2, wenn diese zur Reinigung magnetischer Partikel eingesetzt wird. Davon, dass Abnehmer die angegriffene Ausführungsform 2 jedenfalls auch zu eben diesem Zweck, den die Beklagte zu 1) in ihrer Werbung herausstellt, einsetzen, kann nach der allgemeinen Lebenserfahrung ausgegangen werden. Dass die angegriffene Ausführungsform 2 von Abnehmer auch in dieser Art und Weise verwendet wird, wissen die Beklagten auch. Jedenfalls ist die gebrauchsmustergemäße Verwendungsbestimmung durch die Abnehmer für die Beklagten unter den gegebenen Umständen aber offensichtlich.
  291. Nichts anderes gilt mit Blick auf die angegriffene Ausführungsform 3, die die Beklagte zu 1) auch zusammen mit der angegriffenen Ausführungsform 2 als „magnetic bead assay“ anbietet, so dass ihre Abnehmer diese mit der angegriffenen Ausführungsform 2 und damit in gebrauchsmustergemäßer Weise verwenden sollen.
  292. b)
    Die damit (auch) vorliegende mittelbare Schutzrechtsverletzung führt zu den im Tenor dieses Urteils ausgeurteilten Rechtsfolgen.
  293. aa)
    Da die Beklagten der Vorschrift des § 11 GebrMG zuwider die technische Lehre des Klagegebrauchsmusters benutzt haben, kann die Klägerin sie nach § 24 Abs. 1 GebrMG im tenorierten Umfang auf Unterlassung in Anspruch nehmen. Das Unterlassungsbegehren der Klägerin ist in diesem Umfang aufgrund der festgestellten (mittelbaren) Verletzung des Klagegebrauchsmusters gerechtfertigt. Soweit die Klägerin in Bezug auf die angegriffene Ausführungsform 2 primär die Verurteilung der Beklagten zur Auferlegung einer Vertragsstrafe an ihre Abnehmer im Falle der Lieferung dieser Ausführungsform begehrt, liegen die Voraussetzungen hierfür allerdings nicht vor. Insoweit ist lediglich – wie für den Fall des Anbietens – eine Verurteilung gerechtfertigt, durch die den Beklagten untersagt wird, die angegriffene Ausführungsform 2 ohne einen Warnhinweis zu liefern.
  294. (1)
    Hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsform 3 steht der Klägerin ein uneingeschränkter Unterlassungsanspruch zu.
  295. Eine mittelbare Gebrauchsmusterverletzung hat zwar nicht in jedem Fall eine unbedingte Unterlassungsverurteilung (sog. Schlechthinverbot) zur Folge. Diese kann grundsätzlich nur durchgesetzt werden, wenn das angebotene oder gelieferte Mittel – technisch und wirtschaftlich sinnvoll (OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.07.2018 – I-2 U 46/15, BeckRS 2018, 23979 Rn. 76; Urt. v. 30.09.2021 – I-2 U 52/20, GRUR-RS 2021, 32045 Rn. 86 – Entfernbare Schutzgruppe; Beschl. v. 24.01.2022 – I-15 U 65/21, GRUR-RS 2022, 1513 Rn. 9 – Tabaksticks I) – ausschließlich in gebrauchsmusterverletzender Weise verwendet werden kann (vgl. BGH, GRUR 2006, 839 Rn. 27 – Deckenheizung; OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.07.2018 – I-2 U 46/15, BeckRS 2018, 23979 Rn. 76; Urt. v. 30.09.2021 – I-2 U 52/20, GRUR-RS 2021, 32045 Rn. 86 – Entfernbare Schutzgruppe; Beschl. v. 24.01.2022 – I-15 U 65/21, GRUR-RS 2022, 1513 Rn. 9 – Tabaksticks I). Davon muss hier im Hinblick auf die angegriffene Ausführungsform 3 jedoch ausgegangen werden. Auch wenn die angegriffenen magnetischen Reaktionsgefäßeinheitsträger theoretisch auch anderweitig einsetzbar sein mögen, ist davon auszugehen, dass sie wirtschaftlich sinnvoll praktisch ausschließlich zusammen mit der angegriffenen Ausführungsform 2 verwendbar sind. Denn die Klägerin hat im Verhandlungstermin vorgetragen, dass es keine praktisch relevante Verwendungsmöglichkeit der angegriffenen Ausführungsform 3 als diejenige in Kombination mit der angegriffenen Ausführungsform 2 gebe (vgl. Protokoll zur Sitzung vom 27.06.2024, S. 3, unten, Bl. 612 eA-OLG). Nach ihren Angaben verwenden Abnehmer, die die angegriffenen magnetischen Träger erwerben, diese in der angegriffenen Ausführungsform 2 zur Reinigung magnetischer Partikel. Dem sind die Beklagten nicht konkret entgegengetreten. Sie haben auf den diesbezüglichen Vortrag der Klägerin eine praktisch relevante anderweitige Verwendungsmöglichkeit für die angegriffene Ausführungsform 3 nicht aufgezeigt. Soweit sie im Termin erklärt haben, sie könnten nicht ausschließen, aber auch nicht bestätigen, dass die angegriffene Ausführungsform 3 auch anders als zusammen mit der angegriffenen Ausführungsform 2 genutzt werden könne, etwa derart, dass der Magnetträger auf einen Rüttler gestellt werde, lässt sich dem nicht entnehmen, dass eine technisch und wirtschaftlich sinnvolle anderweitige Verwendungsmöglichkeit für die angegriffene Ausführungsform 3 tatsächlich existiert.
  296. (2)
    Hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsform 2 hat die Klägerin zu Recht ein uneingeschränktes Unterlassungsgebot nicht begehrt. Allerdings kann auch ihrem die angegriffene Ausführungsform 2 betreffenden eingeschränkten Unterlassungsbegehren nur insoweit entsprochen werden, als den Beklagten – im Falle der Lieferung hilfsweise – untersagt werden soll, das angegriffene Reinigungsgerät ohne einen Warnhinweis anzubieten oder zu liefern.
  297. (2.1)
    Kommt – wie bei der angegriffenen Ausführungsform 2 – auch eine schutzrechtsfreie Verwendungsmöglichkeit in Betracht, ist ein nur eingeschränktes Unterlassungsgebot gerechtfertigt (BGH, GRUR 2004, 758 (763)). Hierbei ist einerseits sicherzustellen, dass der wirtschaftliche Verkehr mit dem angegriffenen Gegenstand außerhalb des Schutzrechts unbeeinträchtigt bleibt, und andererseits bedarf es eines hinreichend sicheren Ausschlusses der unmittelbar schutzrechtsverletzenden Gebrauchsmöglichkeit durch den Abnehmer (BGH, GRUR 2006, 839 Rn. 27 – Deckenheizung; Kühnen, a.a.O., Kap. A. Rn. 648). Welche Maßnahmen in diesem Zusammenhang geeignet und ausreichend sind, bestimmt sich nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalls (BGH, GRUR 2006, 839 Rn. 27 – Deckenheizung; GRUR 2007, 679 Rn. 52 – Haubenstretchautomat). In Betracht kommt etwa, dem Beklagten aufzugeben, Anbieten und Liefern der jedenfalls auch in schutzrechtsverletzender Art und Weise verwendbaren angegriffenen Ausführungsform mit einem Warnhinweis dahingehend zu verbinden, dass eine solche Verwendung gerade nicht ohne Zustimmung des Schutzrechtsinhabers erfolgen darf (BGH, GRUR 1961, 627 – Metallspritzverfahren; GRUR 2006, 839 Rn. 27 – Deckenheizung). Weiter kommt als geeignete Maßnahme in Betracht, den Beklagten aufzugeben, den Abnehmern des in Rede stehenden Mittels eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzuverlangen (BGH, GRUR 1961, 627 – Metallspritzverfahren; GRUR 2007, 679 Rn. 52 – Haubenstretchautomat). Insoweit ist allerdings zu berücksichtigen, dass eine solche Maßnahme wegen der unabsehbaren Reaktion der potenziellen Abnehmer wirtschaftlich einem uneingeschränkten Verbot des Vertriebs des Mittels gleichkommt (BGH, GRUR 1961, 627 (628) – Metallspritzverfahren; GRUR 2007, 679 Rn. 52 – Haubenstretchautomat; Senat, Urt. v. 26.03.2023 – I-2 U 17/21, GRUR-RS 2023, 44799 Rn. 82 – Windeleimer). Eine solche Maßnahme kann deshalb nur verlangt werden, wenn ein Warnhinweis nach den konkreten Umständen des Einzelfalls, die festzustellen sind, unzureichend ist (BGH, GRUR 1961, 627 (628) – Metallspritzverfahren; GRUR 1964, 496 (497 f.) – Formsand; GRUR 2007, 679 Rn. 52 – Haubenstretchautomat). Da die Schutzrechtslage im Kreis gewerblicher Abnehmer bekannt ist, ist davon auszugehen, dass diese schon im eigenen Interesse regelmäßig bemüht sein werden, Patent- oder Gebrauchsmusterverletzungen zu vermeiden (BGH, GRUR 1964, 496 (498) – Formsand II; OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.03.2023 – I-2 U 17/21, GRUR-RS 2023, 44799 Rn. 82 – Windeleimer; Urt. v. 25.05.2023 – I-15 U 57/22, GRUR-RS 2023, 13969 Rn. 48 – Kunststoffkante). Der Anspruch auf Unterlassung des Vertriebs von Mitteln, die von den Abnehmern oder Belieferten patent- oder gebrauchsmusterverletzend benutzt werden können, solange sich die Abnehmer nicht auf das Patent bzw. Gebrauchsmuster bezogen strafbewehrt zur Unterlassung verpflichtet haben, setzt deshalb die Feststellung besonderer Umstände voraus (BGH, GRUR 2007, 679 (685) – Haubenstretchautomat; OLG Düsseldorf, Urt. v. 05.07.2018 – I-2 U 41/17, GRUR-RS 2018,23974 Rn. 118 – Anschlussarmaturen; Urt. v. 26.03.2023 – I-2 U 17/21, GRUR-RS 2023, 44799 Rn. 82 – Windeleimer; Urt. v. 25.05.2023 – I-15 U 57/22, GRUR-RS 2023, 13969 Rn. 48 – Kunststoffkante).
  298. Solche Umstände hat die darlegungspflichtige Klägerin im Streitfall in Bezug auf die angegriffene Ausführungsform 2 auch auf einen entsprechenden Hinweis des Senats (vgl. Protokoll zur Sitzung v. 27.06.2024, S. 3, 2. Abs., Bl. 612 eA-OLG) nicht dargetan und solche Umstände sind auch nicht ersichtlich.
  299. (2.2)
    Vor diesem Hintergrund ist den Beklagten („nur“) aufzugeben, Angebot und Lieferung der angegriffenen Ausführungsform 2 mit einem Warnhinweis zu verbinden.
  300. Warnhinweise sind grundsätzlich derart auf der Ware oder in entsprechenden Dokumenten und Werbeunterlagen anzubringen, dass diese ihre (Warn-)Funktion auch mit der erforderlichen Sicherheit erfüllen können. Inhaltlich setzt ein ordnungsgemäßer Warnhinweis daher voraus, dass der Adressat in ihm verständlichen Worten darauf aufmerksam gemacht wird, dass eine bestimmte Verwendung des beworbenen und gelieferten Gegenstandes Schutzrechte Dritter verletzt und er daher auf deren Zustimmung angewiesen ist (OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.05.2023 – I-15 U 57/22, GRUR-RS 2023, 13969 Rn. 55, 56 – Kunststoffkante, m.w.N.). In formaler Hinsicht muss der Warnhinweis unübersehbar, d.h. ohne weiteres ersichtlich sein (OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.02.2021 – I-15 U 1/20, GRUR-RS 2021, 4419 Rn. 115 – Filtervorrichtung), und in einem räumlich-inhaltlichen Zusammenhang mit der Darstellung der schutzrechtsgemäßen Verwendung bzw. mit der konkreten Lieferung des Gegenstandes angebracht werden (BGH, GRUR 2018, 1246 Rn. 41 – Kraftfahrzeugfelgen II; OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.05.2023 – I-15 U 57/22, GRUR-RS 2023, 13969 Rn. 55 – Kunststoffkante). Dies gilt auch für den von den Beklagten hier im Falle des Anbietens und der Lieferung der angegriffenen Ausführungsform 2 jeweils zu erteilenden Warnhinweises.
  301. Zu beachten ist außerdem, dass es für die Frage, ob ein Warnhinweis im Einzelfall geeignet ist, eine Patent- oder Gebrauchsmusterverletzung bei den Abnehmern des Warnenden zu verhindern, grundsätzlich auch darauf ankommt, dass diejenige Person gewarnt wird, d.h. den Warnhinweis zur Kenntnis nehmen (kann), die über den späteren Einsatz des Mittels und damit über eine eventuelle Schutzrechtsverletzung entscheidet. Bei einem Unternehmen kommt es daher grundsätzlich darauf an, dass diejenigen Personen Kenntnis von dem Warnhinweis erhalten, die über den Einsatz des Produktes entscheiden und/oder die sich für die Einhaltung der Schutzrechtslage verantwortlich zeichnen, was in der Regel der Geschäftsführung und/oder von ihr insoweit beauftragten Mitarbeitern obliegt (OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.05.2023 – I-15 U 57/22, GRUR-RS 2023, 13969 Rn. 79 – Kunststoffkante). Dass sich hieraus im Streitfall bestimmte Anforderungen ergeben, wo im Falle der Lieferung der angegriffenen Ausführungsform der Warnhinweis anzubringen ist, z.B. ein Warnhinweis allein auf einer Umverpackung des Produkts nicht ausreicht, macht die Klägerin allerdings nicht geltend. Sie hat im Verhandlungstermin auf Nachfrage des Senats vielmehr erklärt, dass es ihr nicht darauf ankomme, wo im Falle der Lieferung der hilfsweise begehrte Warnhinweis angebracht wird, sondern (nur) darauf, dass in diesem Falle ein Warnhinweis erfolgt (vgl. Protokoll zur Sitzung v. 27.06.2024, S. 2, Bl. 611 eA-OLG). Es reicht hier deshalb z.B. aus, wenn im Falle der Lieferung der angegriffenen Ausführungsform 2 ein Warnhinweis auf der Rechnung und dem Lieferschein angebracht wird. Einer Konkretisierung, wo im Falle der Lieferung der angegriffenen Ausführungsform 2 der Warnhinweis anzubringen ist, bedurfte es vor diesem Hintergrund im Hinblick auf das Begehren der Klägerin im Urteilstenor zu B. I. 1. b) nicht.
  302. (2.3)
    Wie das Landgericht zu den Rechtsfolgen der unmittelbaren Gebrauchsmusterverletzung zutreffend ausgeführt hat, haftet der Beklagte zu 2) als gesetzlicher Vertreter der Beklagten zu 1) neben dieser persönlich auf Unterlassung. Auf diese Ausführungen, die für die Verantwortlichkeit des Beklagten zu 2) wegen der mittelbaren Verletzung des Klagegebrauchsmusters entsprechend gelten, wird verwiesen.
  303. bb)
    Die Beklagten sind der Klägerin nach den §§ 24 Abs. 2, 24b GebrMG, §§ 242, 259 BGB außerdem zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung sowie zum Schadenersatz verpflichtet. Die diesbezüglichen Urteilsaussprüche beruhen auf den von der Klägerin formulierten Anschlussberufungsanträgen. Hinsichtlich der nunmehr ausgeurteilten Verpflichtungen der Beklagten zur Auskunftserteilung, Rechnungslegung und zum Schadensersatz kann auf die Ausführungen des Landgerichts zu den Rechtsfolgen der unmittelbaren Klagegebrauchsmusterverletzung Bezug genommen werden, die für entsprechenden Ansprüche wegen der mittelbaren Gebrauchsmusterverletzung entsprechend gelten.
  304. In Bezug auf die festgestellte Verpflichtung der Beklagten zur Leistung von Schadensersatz wegen der mittelbaren Verletzung des Klagegebrauchsmusters ist lediglich zu ergänzen, dass es für den Feststellungsausspruch ausreicht, dass nach der Lebenserfahrung die hinreichende Wahrscheinlichkeit einer unter Verwendung des Mittels begangenen unmittelbaren Verletzungshandlung besteht. Ein auf Feststellung der Schadensersatzpflicht gerichteter Klageantrag ist, sofern eine Schutzrechtsverletzung vorliegt, schon dann begründet, wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit für den Eintritt eines Schadens besteht. Diese braucht nicht einmal hoch zu sein. Ob und was für ein Schaden entstanden ist, bedarf keiner Klärung, wenn nach der Erfahrung des täglichen Lebens der Eintritt eines Schadens mit einiger Sicherheit zu erwarten ist. Hierfür genügt es in der Regel, wenn zumindest eine rechtswidrig und schuldhaft begangene Verletzungshandlung vorliegt (BGH, GRUR 2013, 713 Rn. 21 – Fräsverfahren). Als Verletzungshandlung in diesem Sinn reicht eine mittelbare Patentverletzung im Sinne von § 10 PatG oder – wie hier – eine mittelbare Gebrauchsmusterverletzung im Sinne § 11 GebrMG grundsätzlich aus. Zwar ist im Falle einer mittelbaren Patent- oder Gebrauchsmusterverletzung nur derjenige Schaden zu ersetzen, der durch die unmittelbare Gebrauchsmusterverletzung der Abnehmer des Mittels entsteht (BGH, GRUR 2005, 848, 854 – Antriebsscheibenaufzug; GRUR 2007, 679 Rn. 45 – Haubenstretchautomat; GRUR 2007, 773 Rn. 33 – Rohrschweißverfahren; GRUR 2013, 713 Rn. 21 – Fräsverfahren). Hieraus ist aber nicht zu folgern, dass die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts nur dann zu bejahen ist, wenn mindestens eine unmittelbare Verletzungshandlung festgestellt worden ist. Grundsätzlich reicht es vielmehr aus, wenn die Voraussetzungen einer mittelbaren Patentverletzung vorliegen (BGH, GRUR 2006, 839 Rn. 26 – Deckenheizung; GRUR 2013, 713 Rn. 21 – Fräsverfahren). Das gilt auch hier, da im Streitfall nach der Lebenserfahrung aufgrund der Werbung der Beklagten zweifellos eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass Abnehmer der Beklagten zu 1) die angegriffenen Ausführungsformen 2 und 3 zur Benutzung der Erfindung verwandt haben.
  305. C.
  306. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97, 92 Abs. 1 ZPO.
  307. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
  308. Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen, weil die hierfür in § 543 ZPO aufgestellten Voraussetzungen nicht vorliegen. Als Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO noch erfordern die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder die Fortbildung des Rechts eine revisionsgerichtliche Entscheidung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

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