I-15 U 16/23 – Unterbauleiste

Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3333

Oberlandesgericht Düsseldorf

Urteil vom 07. Dezember 2023, I-15 U 39/22

Vorinstanz: 4c O 9/21

  1. I.
    Die Berufung der Beklagten gegen das am 13. Januar 2022 verkündete Urteil der 4c Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.
  2. II.
    Die Beklagten haben auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
  3. III.
    Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar.
  4. Den Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 200.000,00 EUR abzuwenden, falls nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
  5. IV.
    Die Revision wird nicht zugelassen.
  6. V.
    Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 200.000,00 EUR
    festgesetzt.
  7. Gründe
  8. I.
    Die Klägerin ist nach ihren Angaben Inhaberin einer ausschließlichen Lizenz an dem Gegenstand des deutschen Patents 10 2007 009 XXA B4 (Anlage K4; Klagepatent), dessen eingetragener Inhaber seit dem 01.08.2019 ihr Geschäftsführer ist. Aus diesem Schutzrecht nimmt sie die Beklagten auf Unterlassung, Rechnungslegung, Auskunftserteilung, Vernichtung und Rückruf der als patentverletzend angegriffenen Gegenstände, Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten sowie Feststellung ihrer Verpflichtung zum Schadensersatz in Anspruch.
  9. Die dem Klagepatent zugrunde liegende Anmeldung wurde am 28.02.2007 unter Inanspruchnahme einer inneren Priorität vom 23.05.2006 eingereicht. Die Veröffentlichung der Patenterteilung erfolgte am 31.10.2012. Die Beklagte zu 1. hat mit Schriftsatz vom 19.05.2021 Nichtigkeitsklage gegen das Klagepatent erhoben. Diese hat das Bundespatentgericht – nach Erlass des landgerichtlichen Urteils – durch Urteil vom 26.04.2023 (Az.: 6 Ni 24/22) abgewiesen
  10. Das Klagepatent betrifft eine Unterbauleiste für den Außenbereich, z.B. für Balkone oder Terrassen. Der im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemachte Anspruch 1 des Klagepatents lautet wie folgt:
  11. „Unterbauleiste für den Außenbereich, z. B. für Balkone oder Terrassen, welche auf einem Boden, insbesondere Teerpappe, aufliegt und auf welche eine Trittfläche, insbesondere Bretter, gelegt wird, dadurch gekennzeichnet, dass die Unterbauleiste als zweiteiliges Profil (8, 8a) ausgebildet ist, dessen einer Teil ein U-Profil (1, 1a) und dessen anderer Teil ein Vierkantprofil (2) ist, welche gegeneinander zusammensteckbar sind, in Art eines Aufstülpens des U-Profils (1, 1a) über das Vierkantprofil (2), wobei im zusammengesteckten Zustand das Vierkantprofil (2) über die zwei Schenkel (9, 9a) des U-Profils (1, 1a) mehrere Millimeter hinaussteht (3), die untere offene Seite (10 ) des U-Profils (1, 1a) zum Boden weist und der geschlossene obere Teil (11, 11a) des U-Profils (1, 1a) zur Trittfläche zeigt und das Profil (1, 1a) Schrauben der Trittfläche aufnimmt, wobei das U-Profil (1, 1a) aus Aluminium und das Vierkantprofil (2) aus Gummi oder Gummigranulat bestehen, und wobei das U-Profil (1, 1a) innen an den beiden Schenkeln (9, 9a) Zacken (5, 5a) aufweist, so dass das Vierkantprofil (2) im U-Profil (1, 1a) geklemmt wird.“
  12. Die nachfolgend wiedergegebenen Figuren der Klagepatentschrift erläutern die Erfindung anhand bevorzugter Ausführungsbeispiele, wobei Figur 1 eine schematische Darstellung des Profils bzw. der Unterbauleiste im Querschnitt zeigt. Figur 2 zeigt eine schematische Darstellung des Profils bzw. der Unterbauleiste von oben und Figur 3 zeigt eine weitere schematische Darstellung des Profils bzw. Unterbauleiste im Querschnitt.
  13. Die Beklagte zu 1. ist im Bereich der Terrassen-Montagesysteme und Terrassenzubehör tätig. Der Beklagte zu 2. ist der Geschäftsführer ihrer Komplementär-GmbH. Zu dem Produktportfolio der Beklagten zu 1. zählen Unterbauleisten für Terrassen. Unter anderem bietet die Beklagte zu 1. an und vertreibt sie unter der Bezeichnung „A“ die in den nachfolgend wiedergegebenen Abbildungen gezeigte Unterbauleiste (angegriffene Ausführungsform). Die obere Abbildung zeigt ein von der Klägerin im Rahmen eines Testkaufs erworbenes Erzeugnis. Die untere Abbildung stammt aus einer von der Klägerin überreichten Produktbroschüre der Beklagten zu 1. (Anlage K2b, S. 28).
  14. Bei der angegriffenen Ausführungsform handelt sich um eine Unterbauleiste für den Außenbereich, welche auf einem Boden aufgelegt und auf welche eine Trittfläche gelegt werden kann. Die Unterbauleiste ist als zweiteiliges Profil ausgebildet, dessen einer Teil ein Aluminiumprofil und dessen anderer Teil ein aus Gummi oder Gummigranulat bestehendes Vierkantprofil ist. Die beiden Profile sind dergestalt zusammensteckbar, dass das Aluminiumprofil auf das Vierkantprofil aufgestülpt werden kann. Im zusammengesteckten Zustand nimmt das Aluminiumprofil das Vierkantprofil teilweise in sich auf, wobei das Vierkantprofil in diesem Zustand in Richtung Boden mehrere Millimeter über das Aluminiumprofil hinaus steht. In dem Bereich, in dem das Aluminiumprofil das Vierkantprofil aufnimmt, weist es innen an seinen beiden Schenkeln jeweils zwei Zacken auf. An seiner der Trittfläche zugewandten Seite weist das Aluminiumprofil zur Verschraubung mit der Trittfläche einen „Schraubkanal“ auf, der an seinem dem Boden zugewandten Ende geschlossen ist.

    Die Klägerin sieht im Angebot und Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform eine Verletzung des Klagepatents. Mit Anwaltsschreiben vom 16.11.2020 mahnte sie die Beklagten ohne Erfolg ab.

  15. Die Klägerin hat vor dem Landgericht geltend gemacht:
  16. Die angegriffene Ausführungsform mache von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch. Sie weise insbesondere ein „U-Profil“ auf. Ihr Aluminiumprofil sei in seinem unteren Bereich U-förmig gestaltet und zur Aufnahme des quaderförmigen Profils aus Gummi oder Gummigranulat vorgesehen und geeignet. Ob und aus welchen Gründen oberhalb des unteren, zur Aufnahme des quaderförmigen Profils ausgebildeten Teils des Profils Hohlkammern und Schraubkanäle angeordnet seien, spiele für die Verwirklichung des das U-Profil betreffenden Anspruchsmerkmals keine Rolle. Es komme ausschließlich auf denjenigen Teil des U-Profils an, der zum Boden weise und der auf das quaderförmige Gummiprofil aufgestülpt werden könne. Ob das U-Profil in seinem oberen, zur Trittfläche weisenden Bereich zur Vergrößerung der Bauhöhe mit stärkerem Material versehen sei oder ob dort Hohlkammern vorgesehen seien, habe für die Verwirklichung des betreffenden Merkmals keine Relevanz. Jedenfalls verwirkliche die angegriffene Ausführungsform das betreffende Anspruchsmerkmal mit äquivalenten Mitteln. Die angegriffene Ausführungsform nehme auch entsprechend den weiteren Vorgaben des Klagepatents die Schrauben der Trittfläche auf. Dies gelte selbst dann, wenn man annehmen wollte, dass die Schrauben bei der angegriffenen Ausführungsform lediglich in den Schraubkanal, nicht aber in das an dessen unteren Teil befindliche Aluminiummaterial eindringen. Denn es sei unerheblich, in welchem Teil des Profils Schrauben aufgenommen werden könnten, so lange dies von der Trittfläche aus gesehen geschehe. Das patentgemäße U-Profil setze nicht zwingend eine Ausgestaltung voraus, bei der die von der Trittfläche kommenden Schrauben die Wandung unterhalb der beiden Hohlkammern durchdringen könnten. Abgesehen davon sei das Aluminiumprofil der angegriffenen Ausführungsform dafür vorgesehen, dass die Schrauben vom Schraubkanal lediglich geführt, anschließend aber durch den unteren Teil des Profils gebohrt werden müssten. Eben deshalb sei am Boden des Schraubkanals das Material dicker ausgeführt und weise dieses dort eine Wandstärke von mindestens 3 mm auf. Im Übrigen seien die von der Beklagten zu 1. im Zusammenhang mit der Montage ihres Systems angebotenen Standardschrauben solche, die gerade dazu vorgesehen seien, das Aluminium bei der Verschraubung durchdringen zu können, weil sie über einen „Bohrkopf“ verfügten. Die Beklagte zu 1. biete standardmäßig Schrauben an, die von ihrer Länge her ausreichend seien, um bis in die Wandung hineinzureichen. Eine unmittelbare Patentverletzung liege auch dann vor, wenn man annehme, dass Trittfläche und Schrauben Bestandteile der geschützten Unterbauleiste seien. Jedenfalls sei in diesem Fall eine mittelbare Patentverletzung gegeben.
  17. Die Beklagten, die Klageabweisung und hilfsweise Aussetzung des Rechtsstreits bis zur Entscheidung des Bundespatentgerichts über die Nichtigkeitsklage beantragt haben, haben eine Verletzung des Klagepatents in Abrede gestellt und geltend gemacht:
  18. Mit der angegriffenen Ausführungsform machten sie weder unmittelbar noch mittelbar von der Lehre des Klagepatents Gebrauch. Bei der Aluminium-Profilleiste der angegriffenen Ausführungsform handele es sich nicht um ein „U-Profil“, sondern um ein sog. Hohlkammer- bzw. Konstruktionsprofil. Ein solches stelle deutlich höhere Anforderungen an die Fertigung als ein einfaches U-Profil. Konstruktionsprofile zeichneten sich gegenüber einem einfachen U-Profil durch eine komplexere Querschnittsgeometrie aus. Insbesondere weise die Querschnittsfläche solcher Profile häufig sog. Schraubkanäle auf. In diese könne eine Schraube mit entsprechendem Gewinde direkt und ohne Vorarbeit eingeschraubt werden. Die Klägerin negiere den Unterschied zwischen einem U-Profil und einem Konstruktionsprofil und reduziere beide Profile auf die Grundform des U-Profils. Die von der Klägerin vorgenommene Unterteilung der Aluminium-Profilleiste in ein unteres U-Profil und einen oberen geschlossenen Teil gehe an der Sache vorbei, da sie außer Acht lasse, wozu der geschlossene obere Teil der Aluminium-Profilleiste dienen solle. Wie der Patentanmelder selbst im Erteilungsverfahren ausgeführt habe, sei die technische Lehre des Klagepatents so zu verstehen, dass Schrauben von oben kommend die Trittfläche und anschließend das U-Profil durchdringen, so dass sich in Trittfläche und im U-Profil anschließend jeweils ein Bohrloch befinde. Im Unterschied hierzu würden bei der angegriffenen Aluprofilleiste die Schrauben nicht in das U-Profil gedreht, sondern in den extra dafür vorgesehenen Schraub- bzw. Gewindekanal. Die Schrauben könnten nachträglich auch wieder aus diesem entfernt werden, ohne dass an der Aluminium-Profilleiste irgendeine Formänderung zurückbleibe. Damit werde das Anspruchsmerkmal, wonach das Profil Schrauben der Trittfläche aufnehme, von der angegriffenen Ausführungsform nicht verwirklicht.
  19. Darüber hinaus sei das Klagepatent nicht rechtsbeständig, weshalb das Verfahren jedenfalls bis zur Entscheidung des Nichtigkeitsverfahrens auszusetzen sei.
  20. Durch Urteil vom 13.01.2022 hat das Landgericht der Klage nach den zuletzt gestellten (Haupt-)Anträgen der Klägerin entsprochen, wobei es in der Sache wie folgt erkannt hat:
  21. „I.
    Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeld bis zu 250.000,- EUR – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der Beklagten zu 1. an ihrem Geschäftsführer zu vollziehen ist, in der Bundesrepublik Deutschland zu unterlassen,
  22. Unterbauleisten für den Außenbereich, z.B. für Balkone oder Terrassen, welche auf einem Boden, insbesondere Teerpappe, aufliegen und auf welche eine Trittfläche,
    insbesondere Bretter, gelegt werden,
  23. herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den
    genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
  24. wobei die Unterbauleisten als zweiteiliges Profil ausgebildet sind, dessen einer Teil ein U-Profil und dessen anderer Teil ein Vierkantprofil ist, welche gegeneinander zusammensteckbar sind, in Art eines Aufstülpens des U-Profils über das Vierkantprofil, wobei im zusammengesteckten Zustand das Vierkantprofil über die zwei Schenkel des
    U-Profils mehrere Millimeter hinaussteht, die untere offene Seite des U-Profils zum
    Boden weist und der geschlossene obere Teil des U-Profils zur Trittfläche zeigt und das Profil Schrauben der Trittfläche aufnimmt, wobei das U-Profil aus Aluminium und das Vierkantprofil aus Gummi oder Gummigranulat bestehen, und wobei das U-Profil innen an den beiden Schenkeln Zacken aufweist, so dass das Vierkantprofil im U-Profil geklemmt wird.
  25. II.
    Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der
    Klägerin für alle Handlungen gemäß Ziffer I. seit dem 23.04.2020 all denjenigen
    Schaden zu ersetzen, der der Klägerin entstanden ist und noch entstehen wird.
  26. III.
    Die Beklagten werden weiter verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen und unter Vorlage eines geordneten – soweit vorhanden – elektronischen Verzeichnisses Rechnung zu legen über Handlungen gemäß Ziffer I. seit dem 23.04.2020 und zwar über
  27. a) Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
    b) Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Auftraggeber,
    c) Menge der erhaltenen und bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden,
    d) die Herstellungsmengen und -zeiten,
    e) die einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie Namen und Anschriften der gewerblichen
    Abnehmer,
    f) die einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
    g) die betriebene Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
    h) die nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und den erzielten Gewinn,
  28. wobei es den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger nicht der Klägerin mitzuteilen, sondern einem gegenüber der Klägerin zur Verschwiegenheit verpflichteten öffentlich bestellten Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer, sofern die Beklagten dessen Kosten übernehmen und ihn beauftragen und ermächtigen, auf konkrete Fragen der Klägerin dieser Auskunft zu geben, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Auskunft enthalten ist,
  29. und wobei die Beklagten der Klägerin zum Nachweis der Angaben gemäß Ziffer III. c) und e) die entsprechenden Einkaufs- und Verkaufsbelege (Rechnungen) und zu Ziffer III. f) die Angebote in gut lesbaren Kopien vorzulegen haben.
  30. IV.
    Die Beklagte zu 1. wird verurteilt, die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder in ihrem Eigentum befindlichen, unter Ziffer I. bezeichneten Erzeugnisse zu vernichten.
  31. V.
    Die Beklagte zu 1. wird verurteilt, die vorstehend zu Ziffer I. bezeichneten, seit dem 23.04.2020 im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse zurückzurufen und aus den
    Vertriebswegen zu entfernen, indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagte oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Patentes erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagte zu 1.
    zurückzugeben, und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe zugesagt wird.
  32. VI.
    Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin einen Betrag von 6.079,00,- Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.04.2021 zu zahlen.“
  33. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt:
  34. Unter einem „U-Profil“ sei ein Bauteil zu verstehen, das drei geschlossene Seiten und eine offene Seite aufweise. Es verfüge über Seitenwände bzw. zwei Schenkel und einen oberen geschlossenen Teil. In den dadurch bereitgestellten Innenraum könne ganz oder zumindest teilweise ein anderer Körper aufgenommen werden. Dieser andere Körper solle von drei Seiten umfasst werden und durch das U-Profil aus Aluminium fest gehalten werden. Zugleich trage der geschlossene Teil zur Befestigung der Balkonbretter mit der Unterbauleiste bei. Das Klagepatent gebe keinen Anhaltspunkt, dass das erfindungsgemäße U-Profil einer ganz konkreten Ausgestaltung unterliegen solle. Es komme der erfindungsgemäßen Lehre darauf an, zwei komplementäre Elemente zur Verfügung zu stellen, von denen das U-förmige auf ein anderes ausgestülpt werden solle. Dafür sei nur erforderlich, dass diese Bestandteile miteinander korrespondierende Bereiche aufweisen. Eine strenge U-Form werde dafür nicht benötigt. Entscheidend sei ein flacher/waagerechter oberer Abschluss, um die Elemente der Trittfläche auf der Unterbauleiste befestigen zu können. Zudem sei dem Fachmann bewusst, dass das U-Profil nicht nur mit dem Vierkantprofil zusammenwirken solle, sondern auch mit den von oben kommenden Bodenplatten. Hierfür sei es erforderlich aber auch ausreichend, dass das U-Profil eine zu diesen gewandte geschlossene Seite bereitstelle. Ein vollständig mit Material gefüllter Oberbereich werde dafür nicht benötigt. Soweit das Klagepatent verlange, dass das Profil Schrauben der Trittfläche aufnehme, sei unter dem „Profil“ das gesamte Profil zu verstehen.
  35. Hiervon ausgehend mache die angegriffene Ausführungsform von der Lehre des Klagepatents unmittelbar und wortsinngemäß Gebrauch. Bei dem Aluminiumprofil der angegriffenen Unterbauleiste handele es sich um ein U-Profil. Dass dessen oberer, zur Trittfläche hin gewandter Teil mit Hohlkörpern versehen und dadurch im Vergleich zu den beiden Schenkeln erheblich dicker ausgestaltet sei, sei unschädlich. Der gesamte obere Bereich sei zum U-Profil hinzuzurechnen. Insbesondere sei das Aluminiumprofil durch seine U-Form in der Lage, mit dem Vierkantprofil zusammengesteckt zu werden, und auf seiner Oberseite könnten Trittflächen angeordnet werden. Indem Schrauben der Trittflächen in den Schraubkanal eingebracht werden könnten, könne das Profil Schrauben aufnehmen. Die angegriffene Ausführungsform sei gemäß dem Vortrag der Klägerin geeignet, von Schrauben durchbohrt zu werden, und zwar das Profil insgesamt, also sowohl das U-Profil als auch das sich daran anschließende Vierkantgummiprofil. Soweit die Beklagte im Verhandlungstermin vorgebracht habe, Schrauben könnten allenfalls in den Schraubkanal eingebracht und deshalb vom Profil nicht aufgenommen werden, habe dies die Kammer nicht vom Gegenteil zu überzeugen vermocht. Selbst wenn mit der von den Beklagten im Termin präsentierten Schraube keine Bohrung bis in das Vierkantprofil realisiert werden könne, seien andere Schrauben am Markt erhältlich, die dazu geeignet seien. Der Klägerin, die aktivlegitimiert sei, stünden damit die zuerkannten Ansprüche zu.
  36. Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der diese ihr erstinstanzlich erfolglos gebliebenes Klageabweisungsbegehren weiter verfolgen. Die Beklagten machen geltend:
  37. Die angegriffene Ausführungsform sei kein U-Profil, sondern ein Konstruktionsprofil. Dieses umfasse einen Schraub- oder Gewindekanal für die Aufnahme einer metrischen Schraube. Ein U-Profil im Sinne des Klagepatents habe einen geschlossenen oberen Teil. Der obere Teil des angegriffenen Profils weise jedoch eine Lücke für den Schraubkanal auf. Allenfalls der untere Bereich des angegriffenen Profils habe die Form eines auf dem Kopf stehenden U. Dieser Bereich nehme jedoch keine Schrauben auf. Bei dem angegriffenen Profil endeten die metrischen Schrauben im Schraubkanal, ohne in den unteren Bereich einzudringen. Der Vorteil des angegriffenen Profils bestehe darin, dass das Profil bereits ein Gegengewinde für metrische Schrauben aufweise, wodurch die Notwendigkeit entfalle, mit einer selbstbohrenden Schraube ein Loch in das Metallprofil zu bohren. Die metrische Schraube ende in dem Schraubkanal oberhalb des nach unten offenen Kanals für die Granulatleiste. Entgegen der Annahme des Landgerichts gebe es daher auch keine handelsüblichen Schrauben, die durch den Schraubkanal hindurchgingen und in den unteren Bereich des Profils eindringen. Die Einstufung des angegriffenen Profils als einfaches U-Profil, das eine Schraube aufnehme, durch das Landgericht treffe nicht zu. Die Klagepatentschrift zeige in allen dargestellten Ausführungsformen ein U-Profil im üblichen Sinne mit drei geschlossenen Seiten, die alle die gleiche Wandstärke hätten. Das angegriffene Profil sei jedoch ein Konstruktionsprofil, das sich durch die beiden Hohlkammern und den Schraubkanal über dem nach unten offenen Kanal von einem einfachen U-Profil unterscheide. Eine Verschraubung mit metrischer Schraube statt mit selbstbohrender Schraube sei im Klagepatent nicht offenbart. Das Landgericht habe den Unterschied zwischen einer selbstbohrenden Schraube und einer metrischen Schraube nicht erkannt und damit fälschlicherweise angenommen, mit einer beliebigen (selbstbohrenden oder metrischen) Schraube ließe sich in und durch das Profil bohren, was indes nicht zutreffe. Die Befestigung eines Profils an einem plattenförmigen Gegenstand mittels Schraubkanal sei schon lange vor dem Klagepatent bekannt gewesen. Wie die in zweiter Instanz vorgelegten Druckschriften gemäß den Anlagen B8 und B9 zeigten, habe das Befestigen eines Moduls an einer Unterkonstruktion über ein Montage- oder Tragprofil mit Schraubkanal zum Stand der Technik gehört.
  38. Die Beklagten beantragen,
  39. das Urteil des Landgerichts „aufzuheben“ und die Klage abzuweisen.
  40. Die Klägerin beantragt,
  41. die Berufung zurückzuweisen,
  42. hilfsweise, die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Beklagten unter Ziffer I. verurteilt werden,
  43. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der Beklagten zu 1. an ihrem Geschäftsführer zu vollziehen ist, in der Bundesrepublik Deutschland zu unterlassen,
  44. für ein System für den Außenbereich, z.B. für Balkone oder Terrassen, umfassend eine Trittfläche, Schrauben, einen Boden und eine Unterbauleiste,
  45. Unterbauleisten, welche auf den Boden gelegt werden und auf welche die Trittfläche gelegt wird,
  46. Dritten zur Benutzung in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder zu liefern wenn die Unterbauleisten als zweiteiliges Profil ausgebildet sind, dessen einer Teil ein U-Profil und dessen anderer Teil ein Vierkantprofil ist, welche gegeneinander zusammensteckbar sind, in Art eines Aufstülpens des U-Profils über das Vierkantprofil, wobei im zusammengesteckten Zustand das Vierkantprofil über die zwei Schenkel des
    U-Profils mehrere Millimeter hinaussteht, die untere offene Seite des U-Profils zum
    Boden weist und der geschlossene obere Teil des U-Profils zur Trittfläche zeigt und das Profil Schrauben der Trittfläche aufnimmt, wobei das U-Profil aus Aluminium und das Vierkantprofil aus Gummi oder Gummigranulat bestehen, und wobei das U-Profil innen an den beiden Schenkeln Zacken aufweist, so dass das Vierkantprofil im U-Profil geklemmt wird;
  47. weiter hilfsweise,
  48. ohne im Falle des Anbietens ausdrücklich und unübersehbar darauf hinzuweisen, dass diese Unterbauleisten nicht ohne Zustimmung der Klägerin zur Verschraubung mit einer Trittfläche verwendet werden dürfen;
  49. im Falle der Lieferung den Abnehmern unter Auferlegung einer an die Klägerin zu zahlenden Vertragsstrafe in Höhe von 5.000,– EUR pro für jeden Fall der Zuwiderhandlung, die schriftliche Verpflichtung aufzuerlegen, die Unterbauleisten nicht ohne Zustimmung der Klägerin zur Verschraubung mit einer Trittfläche verwendet werden dürfen;
  50. ferner hilfsweise, die Beklagten mit der Maßgabe zu verurteilen, dass Ziffer II. wie folgt lautet:
  51. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin für alle Handlungen gemäß Ziffer I. seit dem 23.04.2020 all denjenigen Schaden zu ersetzen, der dem Geschäftsführer der Klägerin und der B GmbH & Co. KG entstanden ist und noch entstehen wird.
  52. Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil als zutreffend und tritt dem Berufungsvorbringen der Beklagten unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrages im Einzelnen entgegen, wobei sie zu ihrer Aktivlegitimation im Einzelnen neu vorträgt.
  53. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen, insbesondere auf die Hinweisbeschlüsse des Senats vom 12.05.2023 (Bl. 311-312 eA) und vom 29.06.2023 (Bl. 393-394 eA), Bezug
    genommen.
  54. II.
    Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht eine Übereinstimmung der angegriffenen Ausführungsform mit der im Klagepatent unter Schutz gestellten technischen Lehre bejaht und der Klage im zuerkannten Umfang stattgegeben. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Berufung führen zu keiner anderen Beurteilung.
  55. A.
    Die Klägerin ist als Inhaberin einer ausschließlichen (Unter-)Lizenz an dem Gegenstand des Klagepatents insgesamt klagebefugt und aktivlegitimiert.
  56. 1.
    Die Klägerin ist nach den Feststellungen des Landgerichts im Tatbestand des angefochtenen Urteils Inhaberin einer ausschließlichen Lizenz an dem Gegenstand des Klagepatents (LG-Urt., S. 5), ohne dass dies die Beklagten im Wege eines Tatbestandsberichtigungsantrags gerügt haben. Damit ist diese Feststellung für den Senat als Berufungsgericht nach §§ 314, 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an sich bindend. Feststellungen dazu, seit wann die Klägerin ausschließliche Lizenznehmerin ist, hat das Landgericht allerdings nicht getroffen. Im Tatbestand des angefochtenen Urteils (LG-Urt., S. 5) heißt es nur, dass der Geschäftsführer der Klägerin dieser eine ausschließliche Lizenz am Klagepatent eingeräumt hat. Ebenso wird in den Gründen des angefochtenen
    Urteils unter Bezugnahme auf die als Anlage K13 überreichte „Bestätigung“ des Geschäftsführers der Klägerin nur ausgeführt, dieser „Bestätigung“ lasse sich entnehmen, dass der Klägerin mündlich eine ausschließliche Lizenz am Klagepatent eingeräumt worden sei (LG-Urt., S. 13). Die betreffende „Bestätigung“ gemäß Anlage K13 trägt das Datum 27.10.2021. Von der Klägerin geltend gemacht werden allerdings Ansprüche auf Schadensersatz, Rechnungslegung und Auskunftserteilung bereits seit dem 23.04.2020. Insoweit hat der Senat jedenfalls zwingend eigene Feststellungen dazu treffen, dass die Klägerin bereits seit diesem Zeitpunkt Inhaberin einer ausschließlichen Lizenz an dem Klagepatent ist.
  57. Darüber hinaus ist aber auch die Frage, ob die Klägerin Inhaberin einer ausschließlichen Lizenz an dem Klagepatent ist, auf der Grundlage des zweitinstanzlichen Vortrags der Klägerin neu zu beurteilen. Denn die Klägerin trägt hierzu in zweiter Instanz – abweichend von ihrem erstinstanzlichen Sachvortrag – völlig neu vor. In erster Instanz hat die Klägerin noch vorgetragen, ihr Geschäftsführer habe ihr an dem Klagepatent eine ausschließliche Lizenz erteilt (Bl. 7 LG-Akte). Hierzu hat sie die vom Landgericht in Bezug genommene „Bestätigung und Ermächtigung“ (Anlage K13) ihres Geschäftsführers vom 27.10.2021 vorgelegt, in der dieser bestätigt, der Klägerin als Inhaber des Klagepatents eine ausschließliche Lizenz an dem Klagepatent erteilt zu haben, wobei der Lizenzvertrag mündlich geschlossen worden sei. Diesen Vortrag hat das Landgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt (LG-Urt., S. 13). Abweichend hiervon trägt die Klägerin nunmehr im Berufungsrechtszug unter Vorlage der entsprechenden Verträge vor, dass ihr Geschäftsführer am 17.07.2019 einen Lizenzvertrag (Anlage K20) mit der B GmbH & Co. KG geschlossen und dass die B GmbH & Co. KG sodann mit ihr – der Klägerin – am 31.07.2019 einen weiteren Lizenzvertrag (Anlage K21) abgeschlossen hat. Mit dem zwischen ihrem Geschäftsführer und der B GmbH & Co. KG geschlossenen Lizenzvertrag vom 17.07.2019 (Anlage K20) ist nach dem zweitinstanzlichen Vortrag der Klägerin der B GmbH & Co. KG von ihrem Geschäftsführer eine ausschließliche Lizenz u.a. an dem Klagepatent erteilt worden, wobei dieser Lizenzvertrag bereits vorsieht, dass die B GmbH & Co. KG als Lizenznehmerin berechtigt ist, die lizenzierten Schutzrechte an die Klägerin unter zu lizenzieren. Mit dem zwischen der B GmbH & Co. KG und der Klägerin geschlossenen Lizenzvertrag vom 31.07.2019 (Anlage K21) ist der Klägerin nach ihrem zweitinstanzlichen Vortrag von der B GmbH & Co. KG eine ausschließliche Lizenz eingeräumt worden, wobei es sich bei dieser Lizenz nach den Angaben der Klägerin, da die B GmbH & Co. KG lediglich Inhaberin einer ausschließlichen Lizenz war, tatsächlich um eine ausschließliche Unterlizenz handelt. Dieser Vortrag ist, wie sogleich noch weiter ausgeführt wird, zwischen den Parteien jedenfalls im Wesentlichen unstreitig. Insbesondere ist in der Berufungsinstanz unstreitig, dass der Geschäftsführer der Klägerin am 17.07.2019 den als Anlage K20 vorgelegten Lizenzvertrag mit der B GmbH & Co. KG geschlossen hat, und dass die B GmbH & Co. KG ihrerseits am 31.07.2019 mit der Klägerin den als Anlage K21 vorgelegten Lizenzvertrag abgeschlossen hat. Die Beklagten bestreiten weder die Echtheit dieser Lizenzverträge noch stellen sie in Abrede, dass diese zu den angegebenen Zeitpunkten zwischen den jeweiligen Vertragsparteien abgeschlossen worden sind.
  58. Stellen die Parteien eine Tatsache in der zweiten Instanz übereinstimmend anders dar als im Tatbestand des Urteils beurkundet, gilt das neue Vorbringen. § 314 S. 1 ZPO steht dem nicht entgegen. Der Tatbestand eines angefochtenen Urteils ist zwar grundsätzlich bindend. Neuer Sachvortrag ist damit aber nicht ausgeschlossen (vgl. BGH NJW-RR 2021, 1223 Rn. 19; BeckOK ZPO/Elzer, 48. Ed. Stand: 01.03.2023, ZPO § 314 Rn. 30). Schon im Rahmen des § 531 Abs. 2 S. 1 ZPO hindert der Tatbestand des angegriffenen Urteils nicht zwingend die Berücksichtigung neuen Sachvortrags (vgl. BGH NJW-RR 2021, 1223 Rn. 19; BeckOK ZPO/Elzer, 48. Ed. Stand: 01.03.2023, ZPO § 314 Rn. 30). Dies gilt erst recht, wenn – wie hier – die Parteien übereinstimmend neu, anders oder abweichend vortragen (BeckOK ZPO/Elzer, 48. Ed. Stand: 01.03.2023, ZPO § 314 Rn. 30). Denn unstreitige neue Tatsachen können unabhängig von den Zulassungsvoraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO stets in das Berufungsverfahren eingeführt werden (BeckOK ZPO/Elzer, 48. Ed. Stand: 01.03.2023, ZPO § 314 Rn. 30). Der Ausschluss neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel im Berufungsrechtszug gilt nämlich nicht für unstreitige Tatsachen. Aus der die Zwecke des Zivilprozesses und der Präklusionsvorschriften berücksichtigenden Auslegung der §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 ZPO ergibt sich, dass unter „neue Angriffs- und Verteidigungsmittel” im Sinne des § 531 ZPO lediglich streitiges und beweisbedürftiges Vorbringen fällt. Nicht beweisbedürftiges Vorbringen hat das Berufungsgericht gemäß § 529 Abs. 1 ZPO seiner Entscheidung ohne weiteres zu Grunde zu legen (BGHZ 161, 138, 141 ff. = NJW 2005, 291; BGHZ 166, 29 = NJW-RR 2006, 630 Rn. 6; BGHZ 177, 212 = NJW 2008, 3434 Rn. 9 ff.; BGH, NJW-RR 2006, 755 Rn. 5; NJW 2009, 2532 Rn. 15; Beschl. v. 27.10.2015 – VIII ZR 288/14, BeckRS 2016, 482 Rn. 11; GRUR 2022, 1550 Rn. 13 – Gehörsverletzung). Unstreitige neue Tatsachen können daher in das Berufungsverfahren eingeführt werden und sind beachtlich, auch wenn die Tatsache in erster Instanz noch anders dargestellt worden war (BeckOK ZPO/Elzer, 48. Ed. Stand: 01.03.2023, ZPO § 314 Rn. 30).
  59. 2.
    Die Klägerin hat in zweiter Instanz schlüssig dargetan, dass sie bereits seit dem 23.04.2020 Inhaberin einer ausschließlichen Unterlizenz an dem Klagepatent ist.
  60. a)
    Eingetragener Inhaber des Klagepatents ist nach den unangegriffenen Feststellungen des Landgerichts seit dem 01.08.2018 der Geschäftsführer und Alleingesellschafter der Klägerin.
  61. Anmelderin und ursprüngliche Inhaberin des Klagepatents war die C GmbH mit Sitz in D (vgl. Anlagen K4 und K5).
  62. Diese übertrug das Klagepatent auf die E GmbH & Co. KG mit Sitz in F, die seit dem 18.11.2015 als Patentinhaberin im Register eingetragen war (vgl. Anlage K5). Wie die Klägerin in zweiter Instanz dargetan und durch Vorlage eines Handelsregisterauszugs belegt hat, entstand aus der E GmbH & Co. KG (AG Wetzlar, HRA 7321) im Jahre 2019 durch formwechselnde Umwandlung die E GmbH (Anlage K18). Die E GmbH wurde als übernehmender Rechtsträger nach Maßgabe eines Verschmelzungsvertrages vom 16.08.2019 sowie der Zustimmungsbeschlüsse der beteiligten Rechtsträger vom selben Tag mit der G GmbH mit Sitz in F (AG Wetzlar, HRB XXB) verschmolzen, wobei diese Verschmelzung am 03.09.2019 im Handelsregister eingetragen wurde (Anlage K18). Gleichzeitig wurde die Firma der Gesellschaft in G GmbH geändert (Anlage K18).
  63. Die frühere E GmbH & Co. KG übertrug das Klagepatent auf den Geschäftsführer der Klägerin, der seit dem 01.08.2018 als Patentinhaber im Register eingetragen ist. Dass der Geschäftsführer der Klägerin seit diesem Zeitpunkt eingetragener Inhaber des Klagepatents ist, wird von den Beklagten auch im Berufungsrechtszug nicht in Abrede gestellt.
  64. b)
    Der Geschäftsführer der Klägerin schloss unstreitig mit der B GmbH & Co. KG den von der Klägerin nunmehr als Anlage K20 vorgelegte Lizenzvertrag vom 17.07.2019 (Anlage K20).
  65. Nach dem unwidersprochen gebliebenen zweitinstanzlichen Vortrag der Klägerin wurde die B GmbH & Co. KG im Zuge der Übertragung des Klagepatents und weiterer Schutzrechte auf ihren Geschäftsführer im Jahre 2019 gegründet. Alleiniger Kommanditist dieser Gesellschaft ist der Geschäftsführer der Klägerin (Anlage K9a). Persönlich haftende Gesellschafterin ist die E Verwaltungs GmbH mit Sitz in F, deren Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter ebenfalls der Geschäftsführer der Klägerin ist (Anlage K9b). Nach dem ebenfalls unwidersprochen gebliebenen zweitinstanzlichen Vortrag der Klägerin sollte die B GmbH & Co. KG formal die Schutzrechte ihres Geschäftsführers verwalten, wobei die Klägerin von Anfang an alleinige Nutzungsberechtigte bleiben sollte.
  66. Mit dem – als solchem unstreitigen – Lizenzvertrag vom 17.07.2019 (Anlage K20) erteilte der Geschäftsführer der Klägerin eine ausschließliche Lizenz an den in der Tabelle gemäß Anlage 1 zu diesem Lizenzvertrag aufgeführten Schutzrechtsanmeldungen und Schutzrechten. Das erste in dieser Anlage aufgeführte Schutzrecht ist das Klagepatent. Dass in der Tabelle als Patentinhaberin noch die E GmbH & Co. KG aufgeführt ist, erklärt sich damit, dass diese früher eingetragene Inhaberin des Klagepatents war und die Umschreibung des Klagepatents auf den Geschäftsführer der Klägerin erst nach Abschluss des Lizenzvertrags erfolgt ist.
  67. c)
    Die B GmbH & Co. KG hat ihrerseits unstreitig den von der Klägerin als Anlage K21 vorgelegten Lizenzvertrag vom 31.07.2019 mit der Klägerin geschlossen. Mit diesem Lizenzvertrag ist der Klägerin bzw. ihrer Rechtsvorgängerin eine ausschließliche (Unter-)Lizenz an dem Gegenstand des Klagepatents erteilt worden.
  68. aa)
    Die Beklagten bestreiten nicht, dass von der B GmbH & Co. KG mit diesem Vertrag auch eine ausschließliche Lizenz an dem Klagepatent erteilt worden ist. Zwar weisen die Beklagten (zutreffend) darauf hin, dass der in Rede stehende Lizenzvertrag (Anlage K21) in Ziffer I auf eine „anliegende Tabelle“ mit Schutzrechtsanmeldungen bzw. Schutzrechten verweist, die von der Klägerin nicht vorgelegt worden ist. Soweit die Beklagten geltend machen, dass aus diesem Grund nicht prüfbar sei, ob das Klagepatent zu den unterlizensierten Schutzrechten gehöre, trifft auch dies prinzipiell zu. Eine solche Prüfung und eine entsprechende Feststellung ist aber erst erforderlich, wenn die Beklagten bestreiten würden, dass der Klägerin mit dem überreichten Lizenzvertrag vom 31.07.2019 (Anlage K21) auch eine ausschließliche (Unter-)Lizenz an dem Klagepatent erteilt worden ist bzw. dass das Klagepatent in der Tabelle zum Lizenzvertrag vom 31.07.2019 aufgeführt ist. Letzteres ist jedoch nicht der Fall.
  69. Zu der in Rede stehenden „Tabelle“ hat die Klägerin im Übrigen mit Schriftsatz vom 28.06.2023 weiter vorgetragen. Danach fehlt in dem Vertrag gemäß Anlage K21 die besagte „anliegende Tabelle“, wobei heute nicht mehr nachvollzogen werden könne, ob diese Tabelle verloren gegangen oder lediglich versehentlich nicht zum Vertrag genommen worden sei. Gegenstand der Vereinbarung zwischen der B GmbH & Co. KG und ihr seien aber exakt diejenigen Schutzrechte ihres Geschäftsführers gewesen, die auch in der Anlage 1 zum Lizenzvertrag zwischen diesem und der B GmbH & Co. KG aufgeführt seien. Diesbezüglich hat die Klägerin eine „ergänzende Bestätigung“ ihres Geschäftsführers (Anlage K25) überreicht, in der dieser erklärt, dass der Lizenzvertrag vom 31.07.2019 zwar auf eine „anliegende Tabelle“ Bezug nehme, diese dem Vertrag jedoch nicht beigefügt worden sei. Gemeint gewesen sei jedoch die Tabelle 1 zum Lizenzvertrag vom 17.07.2019 (Anlage K20) zwischen der B GmbH & Co. KG und ihm. Die Verträge seien von der Steuerberaterin vorbereitet worden, wobei er insoweit von einem Versehen ausgehe. Es sei ausschließlich um die Schutzrechte gegangen, die auch Gegenstand seines Vertrages mit der B GmbH & Co. KG gewesen seien.
  70. Dieser Vortrag ist plausibel und wird von den Beklagten auch nicht bestritten. Nach der von der Klägerin vorgelegten Erklärung ihres Geschäftsführers muss davon ausgegangen werden, dass es keine eigene „Tabelle“ zum Lizenzvertrag vom 31.07.2019 (Anlage K21) gibt. Es spricht unter den gegebenen Umständen alles dafür, dass sich der Lizenzvertrag vom 31.07.2019 nach dem übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien auf die in der Anlage 1 zum Lizenzvertrag vom 17.07.2019 (Anlage K20) aufgeführten Schutzrechtsanmeldungen und Schutzrechte, zu denen das Klagepatent gehört, bezogen hat, diese Schutzrechtspositionen also auch „Vertragsgegenstand“ des Lizenzvertrags vom 31.07.2019 (Anlage K21) sein sollten. Denn nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Klägerin sollte die B GmbH & Co. KG formal die Schutzrechte ihres Geschäftsführers verwalten und die Klägerin alleinige Nutzungsberechtigte eben dieser Schutzrechte bleiben. Außerdem ergibt sich bereits aus dem
    Lizenzvertrag vom 17.07.2019 (Anlage K20), dass die B GmbH & Co. KG berechtigt sein sollte, die zu ihren Gunsten lizenzierten Schutzrechte, mithin auch das Klagepatent, an die „G GmbH (HRB XXB des AG Wetzlar)“ zu unterlizenzieren. Anhaltspunkte dafür, dass ausgerechnet das deutsche Patent 10 2007 009 XXA
    (Klagepatent) des Geschäftsführers der Klägerin nicht Gegenstand des Lizenzvertrags zwischen der B GmbH & Co. KG und der Klägerin sein sollte, sind weder dargetan noch ersichtlich. Es ist vor diesem Hintergrund davon auszugehen, dass auch das Klagepatent Gegenstand des Lizenzvertrags vom 31.07.2019 ist. Demgemäß haben die Beklagten zuletzt auch selbst ausgeführt, dass aufgrund der ergänzenden
    Bestätigung des Geschäftsführers der Klägerin nunmehr davon auszugehen sein dürfte, dass auch das Klagepatent von der Unterlizenz erfasst war (Bl. 411 eA).
  71. bb)
    Der Lizenzvertrag vom 31.07.2019 (Anlage K21) ist – wovon offenbar auch die Beklagten ausgehen – dahin auszulegen, dass es sich bei der der Klägerin erteilten ausschließlichen Lizenz um eine ausschließliche Unterlizenz handelt. Auch eine Unterlizenz kann eine ausschließliche Lizenz sein (Benkard PatG/Deichfuß/Tochtermann, 12. Aufl., PatG § 15 Rn. 94). Eine solche war hier gewollt. Die Klägerin sollte praktisch die gleiche Stellung erlangen wie der Inhaber einer – vom Schutzrechtsinhaber selbst – erteilten ausschließlichen Lizenz. Dies ging nur im Wege der möglichen (vgl. Benkard PatG/Deichfuß/Tochtermann, a.a.O., PatG § 15 Rn. 94) Erteilung einer ausschließlichen Unterlizenz, da die B GmbH & Co. KG nach dem unwidersprochen Vortrag der Klägerin tatsächlich – entgegen der entsprechenden Angabe in der Präambel des Lizenzvertrages vom 31.07.2019 (Anlage K21) – selbst nicht Inhaberin der lizenzierten Schutzrechte und Schutzrechtsanmeldungen war. Dies war und ist vielmehr der Geschäftsführer der Klägerin. Der zwischen diesem und der B GmbH & Co. KG geschlossene Lizenzvertrag vom 17.07.2019 (Anlage K20) sieht demgemäß vor, dass die B GmbH & Co. KG (als Lizenznehmerin) berechtigt ist, der „G GmbH (HRB XXB des AG Wetzlar)“ eine Unterlizenz an den Schutzrechten zu erteilen.
  72. Dass es sich bei der durch den Lizenzvertrag vom 31.07.2019 erteilten ausschließlichen Lizenz um eine ausschließliche Unterlizenz handelt, haben die B GmbH & Co. KG und die Klägerin durch die als Anlage K22 vorgelegte Ergänzungsvereinbarung vom 31.05.2023 im Übrigen nachträglich ausdrücklich klargestellt. Mit dieser Vereinbarung haben sie den Lizenzvertrag teilweise neu gefasst und den tatsächlichen Gegebenheiten bzw. dem tatsächlich gewollten Vertragsinhalt angepasst. Was die Erteilung einer ausschließlichen Unterlizenz anbelangt, handelt es sich hierbei lediglich um eine Klarstellung. Eine solche Lizenz ist der Rechtsvorgängerin der Klägerin bereits mit dem Lizenzvertrag vom 31.07.2019 erteilt worden.
  73. cc)
    Soweit die Beklagten darauf hinweisen, dass nach Ziffer II des Lizenzvertrags vom 31.07.2019 (Anlage K20) die Erteilung einer ausschließlichen Unterlizenz nur an die („alte“) G GmbH (HRB XXB des AG Wetzlar) zulässig gewesen sei, ist die Lizenz eben dieser Gesellschaft erteilt worden. Die Klägerin ist Gesamtrechtsnachfolgerin dieser Gesellschaft und damit selbst Inhaberin der ausschließlichen Unterlizenz.
  74. Wie bereits erwähnt, ging die E GmbH durch formwechselnde Umwandlung aus der E GmbH & Co. KG hervor, wobei die formwechselnde Umwandlung am 05.08.2019 im Handelsregister eingetragen wurde (Anlage K 18). Die E GmbH wurde wiederum als übernehmender Rechtsträger mit der „alten“ G GmbH (AG Wetzlar, HRB XXB) verschmolzen, wobei diese Verschmelzung am 03.09.2019 im Handelsregister eingetragen wurde (Anlage K18). Gleichzeitig wurde die Firma der E GmbH (= übernehmender Rechtsträger) in G GmbH geändert (Anlage K18). Bei der Klägerin, der „neuen“ G GmbH (AG Wetzlar, HRB 7792), handelt es sich damit nicht nur um die ehemalige E GmbH. Die Klägerin ist als übernehmender Rechtsträger auch Gesamtrechtsnachfolgerin der früheren G GmbH mit Sitz in F (AG Wetzlar, HRB XXB).
  75. Bei der Verschmelzung durch Aufnahme erfolgt die Verschmelzung unter Auflösung ohne Abwicklung gemäß § 2 Nr. 1 UmwG im Wege der Aufnahme durch Übertragung des Vermögens eines Rechtsträgers oder mehrerer Rechtsträger (übertragende Rechtsträger) als Ganzes auf einen anderen bestehenden Rechtsträger (übernehmender Rechtsträger). Das Vermögen des übertragenden Rechtsträgers geht dabei als Ganzes auf den übernehmenden Rechtsträger über (Gesamtrechtsnachfolge). § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG kodifiziert das Prinzip der Gesamtrechtsnachfolge für die Verschmelzung. Das Vermögen des übertragenden Rechtsträgers geht als Ganzes kraft Gesetz und ohne gesonderten Übertragungsakt auf den übernehmenden oder neu gegründeten Rechtsträger über. Davon sind grundsätzlich alle Vermögenspositionen wie insbesondere alle Aktiva und Passiva erfasst (Henssler/Strohn GesR/Heidinger, 5. Aufl., UmwG § 2 Rn. 7 und § 20 Rn. 4). So gehen beispielsweise gewerbliche Schutzrechte, wie z.B. Patente, automatisch auf den übernehmenden Rechtsträger über (Henssler/Strohn GesR/Heidinger, a.a.O., UmwG § 20 Rn. 39; Semler/Stengel/Leonard/Leonard/Simon, 5. Aufl., UmwG § 20 Rn. 11). Gleiches gilt für diesbezügliche Lizenzen (Henssler/Strohn GesR/Heidinger, a.a.O., UmwG § 20 Rn. 39; Semler/Stengel/Leonard/Leonard/Simon, a.a.O., UmwG § 20 Rn. 11).
  76. Davon, dass die Klägerin demgemäß als Gesamtrechtsnachfolgerin der „alten“ G GmbH (AG Wetzlar, HRB XXB) Lizenznehmerin ist, gehen nunmehr zu Recht im Übrigen auch die Beklagten aus. Denn sie haben zuletzt ausgeführt, dass aufgrund des ergänzenden Vortrags der Klägerin davon auszugehen ist, dass die „neue“ G GmbH (HRB 7792 des AG Wetzlar) das Vermögen der „alten“ G GmbH (HRB XXB des AG Wetzlar) als Ganzes übernommen hat (Bl. 412 eA).
  77. B.
    Das Klagepatent betrifft eine Unterbauleiste für den Außenbereich, z.B. für Balkone oder Terrassen, welche auf einem Boden, insbesondere Teerpappe, aufliegt und auf welche eine Trittfläche, insbesondere Bretter, gelegt wird (Anlage K4, Abs. [0001]; die nachfolgenden Bezugnahmen betreffen jeweils die Klagepatentschrift).
  78. Wie die Klagepatentschrift in ihrer Einleitung ausführt, ist im Stand der Technik aus mehreren Druckschriften ein Profil für den Außenbereich, z.B. für Balkone oder Terrassen, bekannt, das aus zwei Teilen besteht, wobei vorgesehen ist, dass das Profil eine Unterbauleiste darstellt, die auf einem Boden, insbesondere Teerpappe, aufliegt und auf der Unterbauleiste eine Trittfläche, insbesondere Bretter, gelegt wird (Abs. [0002]).
  79. Nach den Angaben der Klagepatentschrift besteht ein Hauptproblem der bekannten Lösungen darin, dass Bodenunebenheiten nicht ausreichend automatisch ausgeglichen werden und durch die Holzteile eine Verrottung möglich ist (Abs. [0003]).
  80. Die Klagepatentschrift erläutert in diesem Zusammenhang, dass der Balkon eines Hauses oft mit sog. Teerpappe abgedichtet wird. Da die Teerpappe als Trittfläche nicht geeignet ist, wird sie mit einem zusätzlichen Belag versehen. Dieser Belag kann z.B. aus Steinplatten oder Holzbrettern bestehen. Entscheidet man sich für Holzbretter als Trittfläche, werden üblicherweise Holzleisten auf die Teerpappe gelegt. Auf diese werden dann die eigentlichen Balkonbretter geschraubt, genagelt oder anderweitig befestigt. Die Holzleisten, die direkt auf der Teerpappe liegen, müssen allerdings oft ausgeglichen werden, da die Teerpappe z.B. durch Überlappungen oder Teerreste nicht immer eine ebene Fläche aufweist. Die im Fachhandel angebotenen Holzbretter für den Außenbereich weisen zwar eine relativ lange Lebensdauer auf. Trotzdem kommt es nach den Angaben der Klagepatentschrift häufig vor, dass nach einiger Zeit einzelne Bretter ausgetauscht werden müssen. Dann kann es aber vorkommen, dass die unteren Leisten verrottet, gesplittert oder anderweitig beschädigt sind, so dass ein Austausch einzelner Bretter nicht möglich ist. In einem solchen Fall muss der sog. Unterbau großflächig erneuert werden, was einen erheblichen Mehraufwand bedeutet (Abs. [0003]).
  81. Die Klagepatentschrift gibt einleitend ferner an, dass eine gattungsgemäße Unterbauleiste aus der DE 200 15 672 U1 bekannt ist. Weitere Unterbaustrukturen seien aus der US 6 108 992 A, der US 5 148 644 A, der US 2 115 238 A und der DE 37 27 152 A1 bekannt (Abs. [0003]).
  82. Das Klagepatent hat sich vor diesem Hintergrund zur Aufgabe gemacht, eine Unterbauleiste bereitzustellen, die nicht „verrotet oder kaputtgeht“, die automatisch einen relativen Bodenausgleich ohne weitere Hilfsmittel bewirkt und die ein komfortables, leicht federndes Auftrittsgefühl vermittelt. Zugleich soll die Unterbauleiste so konzipiert sein, dass sie die Teerpappe, auf der sie aufliegt, nicht beschädigt, d.h. sie soll in dem Bereich der Teerpappe keine scharfen Kanten aufweisen und aus einem weichen Material bestehen. Weiterhin soll die Unterbauleiste rutschhemmend auf dem Untergrund aufliegen, damit sie beim Aufschrauben der Balkonbretter nicht wegrutscht. Auch soll ein Verschrauben der Trittfläche gegen die Unterbauleiste ermöglicht werden (Abs. [0006]; BPatG, qualifizierter Hinweis v. 15.12.2022, Anlage K16, S. 3 [Bl. 206 eA]).
  83. Zur Lösung dieser Problemstellung schlägt Patentanspruch 1 des Klagepatents eine Unterbauleiste mit folgenden Merkmalen vor:
  84. 1. Unterbauleiste für den Außenbereich, zum Beispiel für Balkone oder Terrassen,
  85. 1.1 welche auf einem Boden aufliegt und
  86. 1.2 auf welche eine Trittfläche, insbesondere Bretter, gelegt wird.
  87. 2. Die Unterbauleiste ist als zweiteiliges Profil (8, 8a) ausgebildet.
  88. 2.1 Der eine Teil des Profils (8, 8a) ist ein U-Profil (1,1a) aus Aluminium.
  89. 2.2 Der andere Teil des Profils (8, 8a) ist ein Vierkantprofil (2) aus Gummi oder Gummigranulat.
  90. 2.3 Die zwei Teile des Profils (8, 8a) sind gegeneinander zusammensteckbar, in Art eines Aufstülpens des U-Profils (1,1a) über das Vierkantprofil (2).
  91. 3. Im zusammengesteckten Zustand steht das Vierkantprofil (2) über die zwei Schenkel (9, 9a) des U-Profils (1, 1a) mehrere Millimeter hinaus.
  92. 4. Die untere offene Seite (10) des U-Profils (1, 1a) weist zum Boden und der geschlossene obere Teil (11, 11a) des U-Profils (1, 1a) zeigt zur Trittfläche.
  93. 5. Das Profil (1, 1a) nimmt Schrauben der Trittfläche auf.
  94. 6. Das U-Profil (1, 1a) weist innen an den beiden Schenkeln (9, 9a) Zacken (5, 5a) auf, so dass das Vierkantprofil (2) im U-Profil (1, 1a) geklemmt wird.
  95. Schutzgegenstand des Klagepatents ist hiernach eine Unterbauleiste, die zur Verwendung im Außenbereich, beispielsweise auf Balkonen oder Terrassen, geeignet ist (Merkmal 1). Die Unterbauleiste kann auf einem Boden, insbesondere Teerpappe, aufliegen und auf sie kann eine Trittfläche, insbesondere bestehend aus Brettern, gelegt werden (Merkmal 1.1 und 1.2). Ebenso wie der Boden ist auch die Trittfläche kein Bestandteil des Gegenstands des Klagepatents. Patentanspruch 1 betrifft kein System bzw. keine Einheit aus Trittfläche und Unterbauleiste, sondern stellt die Unterbauleiste als solche (isoliert) unter Schutz. Die Merkmale 1.1 und 1.2 beschreiben lediglich die Einbausituation der erfindungsgemäßen Unterbauleiste (vgl. BPatG, qualifizierter Hinweis v. 15.12.2022, S. 4). Auf diese Einbausituation stellt auch das Merkmal 4, wonach die untere offene Seite des U-Profils der Unterbauleiste zum Boden weist und der geschlossene obere Teil des U-Profils der Unterbauleiste zur Trittfläche zeigt, ab (vgl. auch BPatG, qualifizierter Hinweis v. 15.12.2022, S. 5). Für die beanspruchte Unterbauleiste folgt hieraus, dass diese zur Verwirklichung der in den Merkmalen 1.1 und 1.2 beschriebenen Einbausituation geeignet sein muss (vgl. BPatG, qualifizierter Hinweis v. 15.12.2022, S. 4). Sie muss deshalb so ausgebildet sein, dass sie auf einen Boden aufgelegt und auf sie eine Trittfläche gelegt werden kann. Ferner muss die Unterbauleiste so ausgestaltet sein, dass ihr U-Profil in der Einbausituation, in der die Unterbauleiste auf dem Boden aufliegt und auf ihr eine Trittfläche liegt, mit seiner unteren offenen Seite und seinem geschlossenen oberen Teil so angeordnet ist, wie dies in Merkmal 4 angegeben ist. Die die Trittfläche erwähnenden Anspruchsmerkmale (Merkmale 1.2, 4 und 5) sind im Rahmen von Patentanspruch 1 vor diesem Hintergrund „nur“ insofern rechtlich bedeutsam, als sich aus der im Patentanspruch 1 erwähnten Trittfläche bzw. dem Zusammenwirken der Trittfläche mit der Unterbauleiste – ebenso wie aus dem im Patentanspruch 1 auch vorausgesetzten Boden – bestimmte Anforderungen an die Ausgestaltung der isoliert unter Patentschutz stehenden Unterbauleiste ergeben. Ebenfalls kein Bestandteil des Patentgegenstandes sind die in Merkmal 5 erwähnten Schrauben, mittels derer die Trittfläche an der Unterbauleiste befestigt werden kann. Denn bei den besagten Schrauben handelt es sich nach dem Wortlaut des Patentanspruchs 1 um „Schrauben der Trittfläche“. Der Patentanspruch ordnet die Schrauben damit der Trittfläche zu, die – wie ausgeführt – kein Teil der beanspruchten Unterbauleiste ist. Soweit es im Patentanspruch 1 heißt, dass das Profil Schrauben der Trittfläche „aufnimmt“, bedeutet dies nicht, dass die Unterbauleiste auch Schrauben umfasst. Hiermit wird vielmehr wiederum bloß auf die Einbausituation der Unterbauleiste abgestellt, wobei aus Merkmal 5 folgt, dass die Unterbauleiste (genauer: ihr U-Profil) so ausgestaltet sein muss, dass sie Schrauben der Trittfläche aufnehmen kann (vgl. auch BPatG, qualifizierter Hinweis v. 15.12.2022, S. 5/6).
  96. Schützt Patentanspruch 1 somit lediglich eine Unterbauleiste und nicht eine Kombination einer solchen Leiste mit einer dazu passenden Trittfläche und auch keine Unterbauleiste mit passenden Schrauben für die Befestigung einer Trittfläche, verlangt eine Verwirklichung derjenigen Merkmale des Patentanspruchs 1, in denen die Trittfläche und/oder die Schrauben der Trittfläche angesprochen ist/sind, nicht, dass der Lieferant der Unterbauleiste auch eine dazu passende Trittfläche und/oder passende Schrauben liefert. Die Herstellung und/oder der Vertrieb einer den Anforderungen des Anspruchs 1 des Klagepatents entsprechenden Unterbauleiste, d.h. einer Unterbauleiste, die sämtliche Merkmale von Patentanspruch 1 verwirklicht, stellt vielmehr eine unmittelbare und nicht bloß eine mittelbare Benutzung des Anspruchs 1 des Klagepatents dar.
  97. Die unter Schutz gestellte Unterbauleiste ist erfindungsgemäß als zweiteiliges Profil ausgebildet (Merkmal 2). Sie besteht aus einem U-Profil aus Aluminium (Merkmal 2.1) und aus einem Vierkantprofil aus Gummi oder Gummigranulat (Merkmal 2.2). Die beiden die Unterbauleiste bildenden Profile sind (gegeneinander) zusammensteckbar, und zwar in Art eines Aufstülpens des U-Profils über das Vierkantprofil (Merkmal 2.3). Das bedeutet, dass die die Unterbauleiste bildenden beiden Profile so ausgebildet und aufeinander abstimmt sind, dass das U-Profil aus Aluminium über das Vierkantprofil aus Gummi/Gummigranulat gestülpt werden kann. Im zusammengesteckten Zustand steht das Vierkantgummiprofil über die zwei Schenkel des Aluminium-U-Profils mehrere Millimeter hinaus (Merkmal 3), so dass die Unterbauleiste in der Einbausituation mit ihrem Vierkantgummiprofil auf dem Boden aufliegt. Gemäß Merkmal 4 weist hierbei die untere offene Seite des U-Profils zum Boden und der geschlossene obere Teil des U-Profils zeigt zur Trittfläche. Das U-Profil weist innen an seinen beiden Schenkeln Zacken auf, so dass das Vierkantgummiprofil – im zusammengesteckten Zustand – im U-Profil geklemmt ist (Merkmal 6). Dadurch soll verhindert werden, dass das Vierkantgummiprofil leicht aus dem Aluminium-U-Profil herausrutschen kann (vgl. Abs. [0010]). Ein Verkleben des Vierkantgummiprofils mit dem U-Profil ist dadurch nicht erforderlich (Abs. [0017]).
  98. Dieses vorausgeschickt, bedürfen im Hinblick auf den Streit der Parteien die Merkmale 2.1 und 5 der oben wiedergegebenen Merkmalsgliederung weiterer Erläuterung.
  99. 1.
    Bei dem einen Teil der als zweiteiliges Profil ausgebildeten Unterbauleiste handelt es sich gemäß Merkmal 2.1 um ein aus Aluminium bestehendes „U-Profil“. Dieses wird im Patentanspruch weiter beschrieben. Es weist hiernach zwei Schenkel (Merkmale 2.3 und 6), einen geschlossenen oberen Teil und eine unten offene Seite auf, wobei in der Einbausituation der obere geschlossene Teil zur Trittfläche zeigt und die unten offene Seite zum Boden weist (Merkmal 4). Wie sich aus den Merkmalen 2.3, 3, 4 und 6 ergibt, nimmt das U-Profil das Vierkantgummiprofil in bestimmter Weise auf. Zu diesem Zwecke kann es mit seiner unteren offenen Seite über das Vierkantgummiprofil aufgestülpt werden (Merkmal 2.3).
  100. a)
    Was die mit dem Teil-Merkmal bzw. Begriff „U-Profil“ geforderte U-Form des Aluminiumprofils anbelangt, wird hiermit eine Kontur des Aluminiumprofils vorgegeben (vgl. auch BPatG, qualifizierter Hinweis v. 15.12.2022, S. 4). Diese muss, wie sich bereits aus den Figuren der Klagepatentschrift ergibt, nicht zwingend streng
    U-förmig sein. Denn bei den in den Figuren 1 und 3 gezeigten Ausführungsbeispielen haben die Aluminiumprofile (1, 1a) keine durchgängig parallelen Schenkel (9, 9a). Vielmehr weisen die gezeigten Aluminiumprofile (1, 1a) in ihrem oberen Bereich innen jeweils Ausbuchtungen (4, 4a) auf (vgl. auch Unteranspruch 2), in die sich das Vierkantprofil beim Bodenausgleich reinziehen kann (vgl. Abs. [0010]). Eine solche Ausgestaltung beschreibt das Klagepatent in seiner Beschreibung selbst als kein „normales U-Profil“ (Abs. [0010]).
  101. b)
    Dem Patentanspruch entnimmt der Fachmann zudem, dass es dem Klagepatent hinsichtlich des geforderten U-Profils um ein Profil geht, das zwei Schenkel, einen geschlossenen oberen Teil und eine untere offene Seite hat. Eben eine solche Ausgestaltung mit zwei Seitenwänden (Schenkeln), einem geschlossenen Teil und einer offenen Seite zeichnet ein U-Profil aus. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich bei einem solchen um ein Bauteil, das drei Wandseiten und eine offene Seite aufweist. Es stellt dadurch einen Innenraum bereit, in dem ganz oder teilweise ein anderer Körper aufgenommen werden kann. Das macht sich das Klagepatent zu Nutzen. Es verwendet als den einen Teil der als zweiteiliges Profil ausgebildeten Unterbauleiste ein Aluminiumprofil, das zwei Schenkel, einen geschlossenen (oberen) Teil und eine (untere) offene Seite aufweist. Diese Ausgestaltung ermöglicht es, dass das Aluminiumprofil den anderen Teil der Unterbauleiste in Gestalt des Vierkantgummiprofils nach Maßgabe der Merkmale 2.3, 3, 4 und 6 aufnehmen kann, wobei das Aluminiumprofil hierzu mit seiner offenen Seite über das Vierkantgummiprofil aufgestülpt werden kann. Dadurch, dass das Aluminiumprofil einen oberen geschlossenen Teils hat, der – in der Einbausituation – zur Trittfläche zeigt, kann eine Trittfläche auf das U-Profil gelegt (Merkmal 1.2) und auf dieses aufgeschraubt werden (Merkmal 5).
  102. c)
    Ob das U-Profil aus Aluminium in seinem oberen, zur Trittfläche weisenden Bereich zur Vergrößerung der Bauhöhe etc. mit stärkerem Material versehen ist oder ob dort z. B. noch Hohlkammern vorgesehen sind, hat für die technische Funktion des patentgemäßen U-Profils keine Bedeutung. Das Klagepatent schließt solche Ausgestaltungen nicht aus.
  103. So ist es z.B. ohne weiteres denkbar und möglich, bei dem U-Profil (1) des in Figur 1 gezeigten Ausführungsbeispiels, welches U-Profil innen Ausbuchtungen (4) aufweist, die von Patentanspruch 1 nicht vorausgesetzt werden und welche technisch nicht zwingend erforderlich sind (Abs. [0010]), den sich an den oberen geschlossenen Teil (11, 11a) anschließenden Ausbuchtungsbereich vollständig mit Material auszufüllen, so dass der obere Bereich des Profils im Vergleich zu den verbleibenden Schenkeln (9) deutlich dicker ausgestaltet ist. Die Verstärkung des oberen Bereichs mit Material ändert nichts daran, dass ein solches Aluminiumprofil (1) weiterhin die für ein U-Profil typische Ausgestaltung mit zwei Schenkeln (9), einem oben geschlossenen Teil (11) und einer unten offenen Seite (10) besitzt. Auch kann ein so aufgebautes Aluminiumprofil ebenfalls in der patentgemäßen Weise ein passendes Vierkantgummiprofil aufnehmen, wobei es mit diesem Gummiprofil so gegeneinander zusammensteckbar ist, dass es mit seiner offenen Seite über das Vierkantgummiprofil aufgestülpt werden kann.
  104. Ebenso gut kann das Aluminiumprofil in seinem oberen, zur Trittfläche weisenden Bereich statt Vollmaterial auch eine Hohlkammer aufweisen, welche beispielsweise erhalten wird, wenn in Figur 1 in das U-Profil unterhalb des Ausbuchtungsbereichs eine die beiden Schenkel verbindende Innenwand eingezogen wird. Patentanspruch 1 schließt derartige Ausgestaltungen, soweit sie seinen weiteren Vorgaben nicht entgegenstehen, nicht aus. Ihm lässt sich insbesondere nicht entnehmen, dass in Bezug auf die geforderte U-Form des Aluminiumprofils Proportionen oder Wandstärken eine maßgebliche Rolle spielen, und der Patentanspruch 1 macht auch im Übrigen keine diesbezüglichen Vorgaben hinsichtlich der beiden Schenkel und/oder den geschlossenen oberen Teil des U-Profils. Der Klagepatentbeschreibung lässt sich in dieser Hinsicht ebenfalls nichts entnehmen. Für die von Merkmal 2.1 geforderte Ausgestaltung des Aluminiumprofils als U-Profil mit zwei Schenkeln, einer unten offenen Seite, welche zum Boden zeigt, und einem oben geschlossenen Teil, der zur Trittfläche zeigt, spielt es auch keine Rolle, wenn in dem oberen Teil des Aluminiumprofils zum Zwecke der Befestigung der Trittfläche an der Unterbauleiste ein an seinem unteren Ende geschlossener Schaubkanal, der Schrauben der Trittfläche aufnehmen kann, eingelassen ist. Denn ein solcher Gewindekanal dient gerade dazu, dass das U-Profil entsprechend dem Merkmal 5 Schrauben der Trittfläche aufnehmen kann (dazu sogleich noch).
  105. d)
    Ob das U-Profil in seinem oberen, zur Trittfläche weisenden Bereich mit stärkerem Material versehen ist oder ob dort Hohlkammern vorgesehen sind und/oder ob dort ein Schraubkanal ausgebildet ist, ist auch im Übrigen für die Zwecke der Erfindung ohne Belang. Das Klagepatent will eine Unterbauleiste bereitstellen, die nicht verrottet oder kaputtgeht, die automatisch einen relativen Bodenausgleich ohne weitere Hilfsmittel bewirkt und die ein komfortables, leicht federndes Auftrittsgefühl vermittelt (Abs. [0006]). Die Unterbauleiste soll hierbei gleichzeitig so konzipiert sein, dass sie, wenn sie auf Teerpappe aufgelegt wird, diese nicht beschädigt (Abs. [0006]). Außerdem will das Klagepatent gewährleisten, dass die Unterbauleiste rutschhemmend auf dem Untergrund aufliegt, damit sie beim Aufschrauben der Trittfläche nicht wegrutscht (Abs. [0006]). Für diese Effekte und Vorteile haben die vorstehend angesprochenen Maßnahmen allesamt keine Relevanz. Soweit das Klagepatent des Weiteren ein Verschrauben der Trittfläche gegen die Unterbauleiste ermöglichen will (Abs. [0006]), stehen die erwähnten Ausgestaltungen schließlich auch einer solchen Verschraubung nicht entgegen. Entscheidend ist, dass das U-Profil an seiner oberen Seite eine
    (waagerechte) Fläche bereitstellt, auf welche eine Trittfläche aufgelegt werden kann, und dass das U-Profil ein Aufschrauben der Trittfläche auf das Profil gewährleistet.
  106. Auf eine einfache Herstellung der Unterbauleiste kommt es dem Klagepatent hingegen nicht an. Weder grenzt sich das Klagepatent dadurch, dass es sich bei dem einen Teil der Unterlegbauleiste um ein U-Profil handelt, von Hohlkammer- oder Konstruktionsprofilen ab, noch hat es sich zur Aufgabe gemacht, eine Unterbauleiste zur Verfügung zu stellen, die einfach hergestellt werden kann. Mit fertigungstechnischen Aspekten befasst sich das Klagepatent überhaupt nicht. Dem Klagepatent geht es allein um eine einfache Verbindung der beiden Teile der Unterbauleiste, d.h. des U-Profils aus Aluminium und des Vierkantgummiprofils. Diese beiden Teile sollen dergestalt gegeneinander zusammensteckbar sein, dass das U-Profil über das Vierkantgummiprofil aufgestülpt werden kann.
  107. e)
    Ohne Erfolg wendet die Beklagte ein, unter einem U-Profil sei allgemein ein Werkstück zu verstehen, dass ausschließlich oder im Wesentlichen zwei Seitenwände aufweise, die an ihrem jeweiligen Fußpunkt über eine Basisplatte miteinander verbunden seien, wobei die Wandstärke der Seitenwände und der Basisplatte (in etwa) gleich groß sei.
  108. aa)
    Selbst wenn der Fachmann eine solche Ausgestaltung gemeinhin mit dem Begriff
    „U-Profil“ verbinden bzw. ein solches Vorverständnis haben sollte, gibt dies keinen Anlass zu einer anderweitigen Auslegung des Klagepatents. Denn bei der Auslegung eines patentgemäßen Begriffs kommt es nicht auf das allgemeine Sprachverständnis auf dem jeweiligen technischen Gebiet an (vgl. z.B. OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.12.2019 – I-15 U 97/16, GRUR-RS 2019, 54492 Rn. 39 – Einrichtung zum Installieren von Versorgungsleitungen; Urt. v. 29.04.2021 – I-15 U 4/20, GRUR-RS 2021, 16129 Rn. 70 – Endoskopievorrichtung). Es stellt vielmehr einen festen Grundsatz der Patentauslegung dar, dass jede Patentschrift ihr eigenes Lexikon für die in ihr
    gebrauchten Begrifflichkeiten darstellt und deswegen nur unter Heranziehung der
    Beschreibung und Zeichnungen Aufschluss darüber gewonnen werden kann, was der Anspruch mit einer bestimmten Formulierung meint. Das Auslegungsgebot gilt dabei generell und somit auch für Begriffe, die von der Formulierung her scheinbar eindeutig sind (BGH, GRUR 2015, 875 Rn. 16 – Rotorelemente, m.w.N.; GRUR 2021, 942 Rn. 21 – Anhängerkupplung II). In Anbetracht der lexikalischen Bedeutung jeder
    Patentschrift verbietet es sich, die Merkmale eines Patentanspruchs anhand der
    Definition in Fachbüchern oder nach dem allgemeinen Sprachverständnis auszulegen; vielmehr müssen sie aus der Patentschrift selbst heraus verstanden werden (BGH, GRUR 1999, 909 – Spannschraube; GRUR 2005, 754 – werkstoffeinstückig; OLG Düsseldorf, 27.10.2011 – I-2 U 3/11, GRUR-RS 2011, 26945 Rn. 16 – Wärmedämmelement). Handelt es sich bei dem in Rede stehenden Begriff um einen Begriff oder Ausdruck, der in dem betreffenden Fachgebiet gebräuchlich und mit einem bestimmten Inhalt versehen ist, darf deshalb nicht unbesehen dieser nach dem allgemeinen oder üblichen fachlichen Sprachgebrauch gegebene Inhalt zugrunde gelegt werden. Es ist vielmehr stets die Möglichkeit in Rechnung zu stellen, dass das Patent den Ausdruck gerade nicht in diesem geläufigen, sondern in einem davon abweichenden (z.B. weitergehenden) Sinne verwendet. Das Gesagte bedeutet zwar nicht, dass bei der Auslegung eines Patents unter keinen Umständen der übliche Sprachgebrauch und Begriffsinhalt in Betracht gezogen werden darf. Vielfach wird dies – im Gegenteil – angezeigt sein, weil bei der Abfassung einer Patentschrift Begriffe in der Regel mit ihrem auf dem betroffenen Fachgebiet üblichen Inhalt gebraucht zu werden pflegen (vgl. BGH, GRUR 2016, 169 Rn. 17 – Luftkappensystem; OLG Düsseldorf, GRUR-RS 2019, 54492 Rn. 39 – Einrichtung zum Installieren von Versorgungsleitungen; Urt. v. 15.12.2022 – I-15 U 43/21, GRUR-RS 2022, 37687 Rn. 66 – Kabelwickelband). Stets ist aber zu prüfen, ob im Einzelfall Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sich der Anmelder dieses üblichen Sprachgebrauchs ausnahmsweise nicht bedient hat und deshalb das Merkmal im Zusammenhang mit der Erfindung in einem anderen Sinne zu verstehen ist. Ist dies der Fall, ist der sich aus der Beschreibung ergebende, vom allgemeinen technischen Sprachgebrauch abweichende Begriffsinhalt maßgeblich (BGH, GRUR 1999, 909, 912 – Spannschraube; GRUR 2005, 754 – werkstoffstückig; GRUR 2015, 868 Rn. 26 – Polymerschaum II; GRUR 2015, 972 Rn 22 – Kreuzgestänge; GRUR 2016, 1031 Rn. 13 – Wärmetauscher; GRUR 2015, 1095 Rn. 13 –
    Bitdatenreduktion). Ein eigenes Begriffsverständnis kommt hierbei nicht nur dann in Betracht, wenn der Beschreibungstext (z.B. durch eine Legaldefinition) explizit deutlich macht, dass ein bestimmter Begriff des Patentanspruchs in einem ganz bestimmten, sich vom Üblichen unterscheidenden Sinne verstanden wird, sondern auch dann, wenn sich ein solches Verständnis aus der grundsätzlich gebotenen funktionsorientierten Auslegung ergibt (OLG Düsseldorf, Urt. v. 27.10.2011 – I-2 U 3/11, GRUR-RS 2011, 26945 Rn. 16 – Wärmedämmelement; Urt. v. 14.01.2016 – I-2 U 77/14,
    GRUR-RS 2016, 03043 Rn. 44 – Kontrollsystem; Urt. v. 29.04.2021 – I-15 U 4/20, GRUR-RS 2021, 16129 Rn. 70 – Endoskopievorrichtung). So ist es beispielsweise verfehlt, für die Deutung des Patentanspruchs an einem hergebrachten Begriffsverständnis zu haften, wenn dieses zu einer Differenzierung zwischen vom Anspruch
    erfassten und außerhalb des Patentanspruchs liegenden Ausführungsformen führt, die angesichts des technischen Inhalts der Erfindung unangebracht ist (OLG Düsseldorf, Urt. v. 14.01.2016 – I-2 U 77/14, GRUR-RS 2016, 03043 Rn. 44 – Kontrollsystem).
  109. bb)
    In Anwendung dieser Grundsätze ist vorliegend bei der Auslegung des Begriffs bzw. Teil-Merkmals „U-Profil“ zu beachten, dass das Klagepatent in seiner Beschreibung betont, dass es sich bei diesem nicht zwingend um ein „normales U-Profil“ handeln muss (Abs. [0010]). Aus den Figuren der Klagepatentschrift ergibt sich – wie bereits ausgeführt – insoweit, dass das patentgemäße U-Profil jedenfalls keine durchgängig parallelen Schenkel aufweisen muss.
  110. Außerdem kommt es, wie der Fachmann unschwer erkennt, aus den oben angeführten Gründen für die Funktion des U-Profils nicht darauf an, ob dieses exakt den von der Beklagten angeführten Bedingungen entspricht. Insbesondere ist es unter Berücksichtigung der dem Klagepatent zugrundeliegenden Aufgabe und deren Lösung für das
    U-Profil aus Aluminium unerheblich, ob die Wandstärke seiner beiden Schenkel und des oberen geschlossenen Teils (in etwa) gleich groß ist. Bei den
    U-Profilen (1, 1a) der in den Figuren 1 und 3 gezeigten Unterbauleisten ist letzteres zwar der Fall. Bei diesen handelt es sich aber lediglich um Ausführungsbeispiele. Solche dienen grundsätzlich nur der Beschreibung von Möglichkeiten der Verwirklichung des Erfindungsgedankens. Sie erlauben daher regelmäßig keine einschränkende Auslegung eines die Erfindung allgemein kennzeichnenden Patentanspruchs (BGHZ 160, 204, 210 = GRUR 2004, 1023 – Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung; BGH, GRUR 2007, 778 Rn. 14, 21 – Ziehmaschinenzugeinheit; GRUR 2008, 779 Rn. 34 – Mehrgangnabe; GRUR 2016, 1031 Rn. 23 – Wärmetauscher; GRUR 2017, 152 Rn. 21 – Zungenbett).
  111. Auch grenzt das Klagepatent das in Rede stehende U-Profil – wie bereits erwähnt – nicht von Hohlkammer- bzw. Konstruktionsprofilen ab. Solche werden in der Klagepatentschrift überhaupt nicht erwähnt. Letztlich wäre es angesichts des technischen Inhalts der Erfindung nach dem Klagepatent auch gänzlich unangebracht, Aluminiumprofile, die zwei Schenkel, einen geschlossenen oberen Teil und eine untere Seite aufweisen, aufgrund welchen Aufbaus sie in der im Patentanspruch 1 beschriebenen Weise ein Vierkantgummiprofil aufnehmen können, und aufgrund welcher Ausgestaltung auf den geschlossenen oberen Teil der Profile eine Trittfläche gelegt werden kann, nur deshalb als außerhalb des Patentanspruchs liegend anzusehen, weil bei ihnen der zur Trittfläche weisende obere Bereich des Profils mit stärkerem Material versehen ist oder dort Hohlkammern vorgesehen sind.
  112. 2.
    Merkmal 5 gibt vor, dass das Profil Schrauben der Trittfläche aufnimmt.
  113. a)
    Mit dem in diesem Merkmal angesprochenen „Profil“ ist – entgegen der Auffassung des Landgerichts und wohl auch der Auffassung des Bundespatentgerichts (vgl. BPatG, qualifizierter Hinweis v. 15.12.2022, S. 6) – nicht das gesamte Profil, sondern das U-Profil der Unterbauleiste gemeint. Zwar bezeichnet Patentanspruch 1 den einen Teil der als zweiteiliges Profil ausgebildeten Unterbauleiste, nämlich das Aluminiumprofil, ansonsten als „U-Profil“ (Merkmale 2.1, 2.3, 4 und 6), wohingegen in Merkmal 5 nur von „Profil“ die Rede ist. Als „Profil“ wird im Patentanspruch zuvor das zweiteilige Profil (8, 8a) bezeichnet (Merkmale 2.1, 2.2 und 2.3). Dieses wird auch in der Patentbeschreibung „Profil (8, 8a)“ genannt (vgl. Abs. [0016]), wobei das zweiteilige Profil dort auch als das „gesamte Profil (8, 8a)“ bezeichnet wird (vgl. Abs. [0017]). Gleichwohl ist mit dem in Merkmal 5 angesprochenen „Profil“ aber das „U-Profil“ angesprochen. Denn bei den für das besagte „Profil“ im Patentanspruch 1 angegebene Bezugszeichen 1 und 1a handelt es sich um die vom Klagepatent in seinen Patentansprüchen und seiner Beschreibung für das U-Profil verwandten Bezugsziffern. Zur Kennzeichnung des ganzen Profils (der aus dem Aluminium-U-Profil und dem Vierkantgummiprofil gebildeten Unterbauleiste) verwendet das Klagepatent hingegen die Bezugszeichen 8 und 8a. Außerdem heißt es in der allgemeinen Patentbeschreibung in Absatz [0010] auch, dass das „Aluminium-U-Profil“ die Schrauben des Balkonbrettes aufnimmt. Letztlich kommt es hierauf allerdings nicht an.
  114. b)
    Auch wenn mit dem in Merkmal 5 angesprochenen „Profil“ das U-Profil gemeint ist und damit anspruchsgemäß das U-Profil die Schrauben der Trittfläche aufnehmen können muss, bedeutet dies nicht, dass die Unterbauleiste so aufgebaut sein muss, dass allein ihr U-Profil zur Aufnahme der Schrauben der Trittfläche in der Lage ist. Ebenso gut können die Schrauben der Trittfläche auch von dem U-Profil und dem Vierkantprofil aufgenommen werden.
  115. c)
    Patentanspruch 1 verlangt hierbei nicht zwingend, dass die Schrauben der Trittfläche das U-Profil durchdringen (durchbohren) können müssen, so dass sich im U-Profil nach der Verschraubung der Trittfläche auf die Unterbauleiste ein Bohrloch befindet. Von einem solchen „Durchdringen“ oder „Durchbohren“ ist in Patentanspruch 1 nicht die Rede. Dieser spricht vielmehr lediglich davon, dass die Schrauben der Trittfläche in dem Profil (U-Profil) „aufgenommen“ werden. Auch ist in Merkmal 5 nur von „Schrauben“, nicht aber von „selbstbohrenden“ oder „selbstschneidenden“ Schrauben die Rede. Dazu, wie die Schrauben der Trittfläche konkret von dem U-Profil aufgenommen werden, verhält sich Patentanspruch 1 nicht. Er gibt auch nicht vor, in welchem Bereich des U-Profils die Schrauben von diesem aufgenommen werden. Aus Merkmal 5 folgt nur, dass das U-Profil die Schrauben der Trittfläche aufnehmen können muss, wenn diese bei der Montage der Trittfläche an die Unterbauleiste von der Trittfläche kommend in die Unterbauleiste geschraubt werden.
  116. aa)
    Patentanspruch 1 schließt insbesondere nicht aus, dass in dem oberen geschlossenen Teil des U-Profils ein der Aufnahme der Schrauben dienender, an seinem unteren Ende geschlossener Schraubkanal vorgesehen ist, der die Schrauben der Trittfläche aufnehmen kann. Der Klagepatentschrift kann nicht entnommen werden, dass ein patentgemäßes Aluminium-U-Profil keine „vorgefertigte Einrichtung“ für die Aufnahme der Schrauben der Trittfläche aufweist. Allein aus der Nicht-Offenbarung einer solchen Ausgestaltung in der Klagepatentschrift folgt nicht im Umkehrschluss, dass lediglich und ausschließlich ein U-Profil den Vorgaben des Patentanspruchs 1 entspricht und damit in den Schutzbereich des Klagepatents fällt, dass bei der Verschraubung einer Trittfläche von deren Schrauben durchdrungen werden kann, so dass sich nach der Verschraubung in dem U-Profil ein Bohrloch befindet. Denn Offenbarung und Schutzbereich haben unmittelbar nichts miteinander zu tun, wie sich schon daran zeigt, dass in der Patentschrift nicht offenbarte, sondern anhand des Patentanspruchs nur naheliegende Abwandlungen unter Äquivalenzgesichtspunkten in den Schutzbereich einbezogen werden (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 17.10.2019 – I-2 U 11/18).
  117. bb)
    Soweit die Beklagte in der Berufungsinstanz betreffend die Verwendung von Schraubkanälen auf die als Anlagen B6 und B7 überreichten Gebrauchsmusterschriften Bezug nehmen, können diese Druckschriften, die keine Unterbauleiste, auf die eine Trittfläche gelegt werden kann, sondern ein Montageprofil für Sonnenkollektoren und Solarzellenmodule bzw. ein Tragprofil für Solarmodule betreffen, bei der Auslegung des Patentanspruchs 1 des Klagepatents bereits deshalb keine Berücksichtigung finden, weil sie weder in der Patentbeschreibung des Klagepatents noch auf dessen Deckblatt erwähnt sind.
  118. cc)
    Eine abweichende Auslegung ist auch nicht aufgrund der Fassung des Unteranspruchs 3 geboten, welcher Schutz für eine besondere Ausgestaltung nach Anspruch 1 (oder Anspruch 2) beansprucht, bei der das U-Profil außen mittig eine Markierungslinie aufweist, wie sie auch bei den in den Figuren des Klagepatents gezeigten Ausführungsbeispielen vorgesehen ist. Zwar dürfte eine solche mittige Kennzeichnung des U-Profils nur Sinn machen, wenn die Schrauben der Trittfläche an der Markierung in das U-Profil eingeschraubt werden sollen. Daraus kann aber nicht gefolgert werden, dass das patentgemäße U-Profil an seiner oberen Seite von den Schrauben der Trittfläche durchbohrt werden können muss und/oder dass es sich bei einem Aluminiumprofil mit einem Schraubkanal etc. um kein U-Profil oder um kein U-Profil mit einem oben geschlossenen Teil im Sinne des Klagepatents handeln kann.
  119. Die Ermittlung des Sinngehalts eines Unteranspruchs kann zwar grundsätzlich zur richtigen Auslegung des Hauptanspruchs beitragen, da Unteransprüche die im Hauptanspruch unter Schutz gestellte Lösung weiter ausgestalten und daher – mittelbar – Erkenntnisse über deren technische Lehre zulassen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass sie regelmäßig den Gegenstand des Hauptanspruchs nicht einengen, sondern, nicht anders als Ausführungsbeispiele, lediglich – ggf. mit einem zusätzlichen Vorteil verbundene – Möglichkeiten seiner Ausgestaltung aufzeigen (BGH, GRUR 2016, 1031 Rn. 15 – Wärmetauscher; OLG Düsseldorf Urt. v. 21.12.2017, Az.: I-15 U 88/16, GRUR-RS 2017, 147787, Rn. 35 – Flüssigkeitssprüheinrichtung; Urt. v. 18.06.2020 – I-15 U 65/19, GRUR-RS 2020, 53264 Rn. 35 – Schutzbügel; Urt. v. 30.09.2021 – I-2 U 5/21, GRUR-RS 2021, 34296 Rn. 71 – Laufsohle; Urt. v. 11.11.2021 – I-15 U 25/20; Urt. v. 09.12.2021 – I-2 U 1/21, GRUR-RS 2021, 39600 Rn. 21 – Rasierapparat; Urt. v. 24.02.2022 – I-2 U 19/21, GRUR-RS 2022, 5981 Rn. 40 – Tätowiervorrichtung). Inwieweit sich aus dem Gegenstand eines Unteranspruchs tragfähige Rückschlüsse für das Verständnis des Hauptanspruchs und der in ihm verwendeten Begriffe gewinnen lassen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere auch davon, worin die mit dem Unteranspruch vorgeschlagene Ergänzung der technischen Lehre des Hauptanspruchs besteht und auf welche Weise sie den Gegenstand des Hauptanspruchs fortbildet: Wird dadurch etwa ein Merkmal im Interesse funktionaler Optimierung um einen dieses Merkmal weiter ausformenden Aspekt ergänzt, kann dies unter Umständen eher tragfähige Rückschlüsse auf das dem betreffenden Merkmal im Rahmen der Lehre des Klagepatents beizulegende Verständnis ermöglichen, als wenn den Merkmalen des Hauptanspruchs additiv ein weiteres Element hinzugefügt wird (BGH, GRUR 2016, 1031 Rn. 15 – Wärmetauscher; GRUR 2021, 45 Rn. 28 – Signalumsetzung; OLG Düsseldorf, Urt. v. 18.06.2020 – I-15 U 65/19, GRUR-RS 2020, 53264 Rn. 35 – Schutzbügel; Urt. v. 24.02.2022 – I-2 U 19/21, GRUR-RS 2022, 5981 Rn. 40 – Tätowiervorrichtung). Im Streitfall lehrt Unteranspruch 3 eine vorteilhafte Ausgestaltung eines U-Profils, welches zusätzlich außen mittig eine Markierungsrille aufweist. Rückschlüsse dahingehend, dass das patentgemäße U-Profil zwingend von den Schrauben der Trittfläche durchbohrt werden können muss und/oder keine spezielle Einrichtung zur Aufnahme der Schrauben der Trittfläche aufweisen darf, lassen sich hieraus schon deshalb nicht ziehen, weil auch ein U-Profil mit einem Aufnahmekanal für die Schrauben der Trittfläche an seinem oberen Teil mit einer Markierungsrille versehen werden kann, mag eine solche Markierung bei einer solchen Ausführungsform auch keinen technischen Sinn machen. Interpretiert man den Unteranspruch hingegen dahin, dass das U-Profil danach an der mittigen Kennzeichnung von den Schrauben der Trittfläche durchdrungen werden können muss, fügt er den Merkmalen des Hauptanspruchs additiv ein weiteres Merkmal hinzu, welches gerade dafür spricht, dass der allgemeinere Patentanspruch 1 eine solche Ausgestaltung nicht bereits voraussetzt.
  120. dd)
    Aus der von den Beklagten in Bezug genommenen Eingabe der Patentanmelderin vom 15.04.2011 (Anlage B2) im Erteilungsverfahren, in der diese die betreffend das neu in den Patentanspruch aufgenommene Merkmal 5 ausgeführt hat, die Schrauben „durchbohrten“ zuerst das Profil aus Aluminium, so dass bereits dadurch eine feste Verbindung zwischen der Trittfläche und der Unterbauleiste hergestellt sei, wobei sich die Schrauben, je nach Länge der Schrauben, dann auch in das Vierkantprofil aus Gummi bzw. Gummigranulat bohrten, lässt sich kein Argument für ein abweichendes Ergebnis herleiten. Zwar können Äußerungen des Anmelders im Erteilungsverfahren als Indiz dafür heranzuziehen sein, wie der Fachmann den Gegenstand des Patents versteht (BGH, NJW 1997, 3377, 3380 – Weichvorrichtung II; GRUR 2016, 921 Rn. 39 – Pemetrexed; BGH, Urt. v. 17.12.2020 – X ZR 15/19, GRUR-RS 2020, 42976 Rn. 26 – L-Aminosäureproduktion; OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.07.2017 – I-15 U 61/16, GRUR-RS 2017, 125984 Rn. 64 – Bauteilverbindungsvorrichtung; Urt. v. 03.02.2022 – I-15 U 5/21, m.w.N.). Im Entscheidungsfall kann der angeführten Stellungnahme der Klägerin im Erteilungsverfahren jedoch schon deshalb keine entscheidende indizielle Bedeutung für das fachmännische Verständnis des Merkmals 5 beigemessen werden, weil sie sich nicht näher mit dem Wortlaut des Patentanspruchs 1, der lediglich eine „Aufnahme“ der Schrauben der Trittfläche im U-Profil fordert, auseinandersetzt.
  121. C.
    Zu Recht ist das Landgericht hiervon ausgehend zu dem Ergebnis gekommen, dass die angegriffene Ausführungsform der unter Schutz gestellten technischen Lehre wortsinngemäß entspricht.
  122. 1.
    Bei der angegriffenen Ausführungsform handelt es sich um eine Unterbauleiste im Sinne der Merkmalsgruppe 1, die in wortsinngemäßer Verwirklichung des Merkmals 2 als zweiteiliges Profil ausgebildet ist. Sie besteht aus einem Aluminiumprofil (Merkmal 2.1) und einem Vierkantprofil aus Gummi bzw. Gummigranulat (Merkmal 2.2). Streitig ist zwischen den Parteien nur, ob es sich bei dem Aluminiumprofil um ein U-Profil im Sinne des Klagepatents handelt (Merkmal 2.1), das insbesondere auch einen oberen geschlossenen Teil hat (Merkmal 4). Darüber, dass die angegriffene Ausführungsform im Übrigen den Vorgaben der Merkmalen 2.1, 2.3, 3, 4 und 6 entspricht, besteht
    zwischen den Parteien zu Recht kein Streit.
  123. 2.
    Bei dem Aluminiumprofil der angegriffenen Ausführungsform handelt es sich entgegen der Auffassung der Beklagten um ein „U-Profil“ im Sinne des Klagepatents, das auch einen oben geschlossenen Teil hat, weshalb die angegriffene Ausführungsform das Merkmal 2.1 sowie die Merkmale 2.3, 3, 4 und 6 auch insoweit verwirklicht.
  124. a)
    Der – in der nachfolgend wiedergegebenen Abbildung markierte – untere Bereich des Aluminiumprofils der angegriffenen Ausführungsform, in dem das Vierkantgummiprofil aufgenommen ist, hat für sich betrachtet augenscheinlich die Form eines umgekehrten U.
  125. Betrachtet man nur diesen Bereich des Aluminiumprofils, verfügt dieses damit zweifelsfrei über einen Profilbereich mit einer U-förmigen Kontur. Der betreffende Profilbereich besteht aus zwei Schenkeln, einer unteren offenen Seite und einem oberen geschlossenen Teil in Gestalt einer den unteren Profilbereich nach oben begrenzenden Innenwandung bzw. Platte, an der das Vierkantgummiprofil in Richtung Trittfläche anliegt. Aufgrund dieses U-förmigen Profilbereichs sind die zwei Teile des angegriffenen Profils, das Aluminiumprofil und das Vierkantgummiprofil, gegeneinander zusammensteckbar, und zwar in der Art eines Aufstülpens des Aluminiumprofils über das Vierkantgummiprofil. Im zusammengesteckten Zustand steht das Vierkantgummiprofil über die zwei Schenkel des Aluminiumprofils mehrere Millimeter hinaus. Die untere offene Seite des U-Profilbereichs weist in der Einbausituation zum Boden und der geschlossene obere Teil des U-Profilbereichs zeigt zur Trittfläche. Der U-Profilbereich weist ferner innen an den beiden Profilschenkeln Zacken auf, so dass das Vierkantprofil im U-Profilbereich geklemmt wird. Das Aluminiumprofil der angegriffenen Ausführungsform entspricht insoweit mit seinem U-förmigen Profilbereich für sich betrachtet exakt den Vorgaben der Merkmale 2 bis 4 sowie des Merkmals 6. Fraglich könnte insoweit nur sein, ob das Aluminiumprofil, wenn man hinsichtlich des geschlossenen Teils des Aluminiumprofils allein auf die den unteren Profilbereich nach oben begrenzende Innenwandung abstellt, auch den Vorgaben des Merkmals 5 entspricht, was
    – wie noch ausgeführt wird – allerdings ebenfalls der Fall ist.
  126. b)
    Das Aluminiumprofil der angegriffenen Ausführungsform besteht zwar nicht nur aus dem vorbeschriebenen Profilbereich. Es weist oberhalb dieses Profilbereichs zwei Hohlkammern auf, die durch einen nach unten hin geschlossenen Schraubkanal voneinander getrennt sind. Bei der angegriffenen Unterbauleiste ist damit oberhalb des
    U-förmigen unteren Profilbereichs ein weiterer Profilbereich vorgesehen. Dieser Aufbau ändert aber nichts daran, dass das Aluminiumprofil der angegriffenen Ausführungsform insgesamt ein U-Profil im Sinne des Klagepatents darstellt. Denn der obere Profilbereich kann ohne weiteres als Teil eines U-Profils im Sinne des Klagepatents angesehen werden.
  127. aa)
    Vernachlässigt man zunächst den bei dem Aluminiumprofil der angegriffenen Ausführungsform im oberen Bereich vorgesehenen Schraubkanal, könnte, wenn der gesamte obere Profilbereich aus Vollmaterial ausgebildet wäre, kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass es sich bei diesem Aluminiumprofil um ein patentgemäßes U-Profil handelt. Denn das Klagepatent macht – wie ausgeführt – keine Vorgaben zur Wandstärke der zwei Schenkel und des geschlossenen oberen Teils des Profils. Dass bei der angegriffenen Ausführungsform dort stattdessen zwei Hohlkammern ausgebildet sind, kann für die patentrechtliche Beurteilung keinen Unterschied machen. Die angegriffene Ausführungsform entspricht insoweit im Prinzip einer Ausführungsform entsprechend dem in der Figur 1 oder der Figur 3 der Klagepatentschrift gezeigten Aluminiumprofil, bei dem unterhalb der Ausbuchtungen (4; 4a), welche bei der angegriffenen Ausführungsform fehlen, innen zusätzlich eine die beiden Schenkel verbindende Innenwand vorgesehen ist. Derartiges schließt das Klagepatent nicht aus. Unschädlich ist insbesondere, dass das Vierkantgummiprofil in einem solchen Fall in Richtung Trittfläche an der zusätzlichen Innenwand und nicht an dem geschlossenen oberen Teil des U-Profils anliegt. Denn Patentanspruch 1 verlangt keine derartige Aufnahme des Gummiprofils in dem U-Profil. Im Unterschied zu einer solchen Ausführungsform mit einer Hohlkammer weist das Aluminiumprofil der angegriffenen Ausführungsform in seinem oberen Bereich nur zwei nebeneinander angeordnete Hohlkammern auf.
  128. bb)
    Außerdem unterscheidet sich das Aluminiumprofil der angegriffenen Ausführungsform von einer entsprechenden Ausführungsform dadurch, dass in seinem oberen Bereich ein Schraubkanal ausgebildet ist. Dieser Schraubkanal steht jedoch der Einstufung des Aluminiumprofils als U-Profil im Sinne des Klagepatents ebenfalls nicht entgegen. Denn er dient gerade der vom Patentanspruch 1 (Merkmal 5) auch geforderten Aufnahme der Schrauben der Trittfläche durch das U-Profil.
  129. Der bei der angegriffenen Ausführungsform vorhandene Schraubkanal ändert auch nichts daran, dass das Aluminiumprofil einen geschlossenen oberen Teil im Sinne des Merkmals 4 aufweist. Denn der an seinem unteren Ende geschlossene Schraubkanal dient allein der vom Klagepatent zwingend verlangten Aufnahme der Schrauben der Trittfläche. Er ändert indes nichts daran, dass das U-Profil an seiner oberen Seite
    – anders als an seiner unteren offenen Seite – eine waagerechte Fläche bereitstellt, auf die eine Trittfläche gelegt werden kann. Die angegriffene Ausführungsform weist insoweit nur einen geschlossenen oberen Teil mit einer der Aufnahme der Schrauben der Trittfläche dienenden Vertiefung auf. Entgegen der Auffassung der Beklagten muss es sich bei dem geschlossenen oberen Teil des U-Profils nicht zwingend um eine „durchgängige“ obere Profilseite handeln. Dass der geschlossene obere Teil des U-Profils eine Vertiefung aufweisen darf, folgt vielmehr schon aus dem Unteranspruch 3, nach welchem das U-Profil bevorzugt außen mittig eine Markierungsrille aufweist. Zur Tiefe dieser Rille macht das Klagepatent keine Vorgaben.
  130. cc)
    Ohne Erfolg wenden die Beklagten ein, die Auffassung des Landgerichts bzw. die hier vertretene Auffassung führe dazu, dass auch ein Aluminiumprofil mit einer H-Form unter den Patentanspruch 1 falle. Letzteres trifft nicht zu. Denn ein H-Profil hat im Gegensatz zu einem U-Profil im Sinne des Klagepatents nicht nur eine unten offene Seite, sondern auch eine oben offene Seite. Bei der angegriffenen Ausführungsform ist letzteres augenscheinlich nicht der Fall. Diese verfügt über eine oben geschlossene Seite, in welcher lediglich ein (an seinem unteren Ende geschlossener) Schraubkanal zur Aufnahme der Schrauben der Trittfläche eingelassen ist.
  131. 3.
    Aus dem Vorstehenden folgt zugleich, dass die angegriffene Ausführungsform wortsinngemäß den Vorgaben des Merkmals 5 entspricht.
  132. a)
    Dieses Merkmal ist schon deshalb verwirklicht, weil nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten das Aluminiumprofil der angegriffenen Ausführungsform bei der Verschraubung einer Trittfläche auf die angegriffene Unterbauleiste von der Trittfläche kommende metrische Schrauben aufnehmen kann. Dass solche metrische Schrauben im Schraubkanal enden, ist für die patentrechtliche Beurteilung ohne Bedeutung, weil Patentanspruch 1 nicht verlangt, dass die Schrauben der Trittfläche das U-Profil durchbohren und/oder in das im U-Profil aufgenommene Vierkantgummiprofil eindringen können müssen. Die angegriffene Ausführungsform entspräche damit selbst dann den Vorgaben des Merkmals 5, wenn bei ihr Schrauben der Trittfläche lediglich in dem Schraubkanal aufgenommen werden könnten und die Schrauben den Boden am unteren Ende des Schraubkanals nicht durchdringen könnten.
  133. b)
    Abgesehen davon hat das Landgericht aber auch zutreffend festgestellt, dass die angegriffene Ausführungsform so ausgestaltet ist, dass eine Trittfläche mit (selbstbohrenden) Schrauben derart auf die angegriffene Unterbauleiste aufgeschraubt werden kann, dass sie in das an dem unteren Ende des Schraubkanals befindliche Aluminiummaterial eindringt, den unteren Teil des Aluminiumprofils durchbohrt und sich auch in das Vierkantgummiprofil bohrt.
  134. aa)
    Die Klägerin hat in erster Instanz unter Bezugnahme auf die nachfolgend eingeblendete Abbildung unwidersprochen dargetan, dass bei der angegriffenen Ausführungsform das Aluminium-U-Profil am unteren Ende des Schraubkanals etwas dicker ausgeführt ist und damit dort eine Materialverstärkung aufweist.
  135. Sie hat diesbezüglich ausgeführt, dass der Grund hierfür darin liegt, dass zur fachmännischen Montage sowohl für die seitliche Verschraubung als auch für die Verschraubung von Trittflächen mit einem Aluminiumprofil eine Wandstärke von wenigstens 3 mm erforderlich ist. In diesem Zusammenhang hat sich die Klägerin auf die als Anlage K 11 vorgelegte Publikation H bezogen, aus der sich u.a. ergibt, dass bei Aluminiumprofilen Wandstärken von 3 mm empfohlen werden. Die Klägerin hat ausgeführt, dass das Aluminiumprofil der angegriffenen Ausführungsform eine solche Wandstärke nur an den Stellen aufweist, an denen eine Verschraubung im Sinne einer Durchdringung des Aluminiums erfolgen kann und soll.
  136. Die Klägerin hat im ersten Rechtszug ferner ausgeführt, dass sich aus den Produktunterlagen der Beklagten zu 1. ergibt, dass das Aluminiumprofil der angegriffenen Unterbauleiste zumindest an der in der vorstehenden wiedergegebenen Darstellung mit einem roten Kreis markierten Stelle durchbohrt werden soll. Diesbezüglich hat sie unter Bezugnahme auf den im angefochtenen Urteil (S. 21) wiedergegebenen Auszug aus dem Produktkatalog der Beklagten zu 1. darauf hingewiesen, dass die Beklagte zu 1. für die Verschraubung beispielsweise selbstbohrende Schrauben (Speedfixschrauben 5.5 x 45 mm) anbietet. Sie hat dargetan, dass die Benutzung solcher Schrauben mit einer Länge von 45 mm bei einer Diele mit einer Standardhöhe von 25 mm und der von der Beklagten zu 1. empfohlenen, aber nicht zwingend notwendigen Verwendung von Abstandhaltern mit einer Höhe 6 mm dazu führt, dass die Schraube das verstärkte Aluminiummaterial der angegriffenen Ausführungsform von 3 mm um ca. 3 bis 4 mm durchdringt und von dem Vierkantgummiprofil, das bei der angegriffenen Ausführungsform ca. 6 bis 7 mm dick ist, aufgenommen wird. Die Klägerin hat zum Beleg sogar eine Abbildung zu einem von ihr durchgeführten Versuch vorgelegt, aus der ersichtlich ist, dass bei einem solchen Aufbau die verwandte Bohrschraube das Aluminiumprofil durchdringt und in das Vierkantgummiprofil eindringt.
  137. Des Weiteren hat die Klägerin im ersten Rechtszug darauf hingewiesen, dass die von der Beklagten zu 1. im Zusammenhang mit der Montage ihres Systems angebotenen Standardschrauben solche sind, die dazu vorgesehen sind, das Aluminium bei der Verschraubung zu durchdringen, weil sie über einen „Bohrkopf“ verfügen. Sie hat in diesem Zusammenhang dargetan, dass die Beklagte zu 1. ihr „A“-System damit bewirbt, dass eine sichere Verschraubung durch den integrierten Schraubkanal und die 3 mm Wandungsstärke gewährleistet sei. Diesbezüglich hat die Klägerin auf die nachfolgend auszugsweise wiedergegebene Seite 24 der als Anlage K2b vorgelegten Produktbroschüre verwiesen, auf der u.a. verschiedene Arten der Verschraubung, entweder im integrierten Schraubkanal oder im Profil selbst, dargestellt sind.
  138. In allen Fällen, in denen dort eine Verschraubung in einem Schraubkanal gezeigt ist, wird der Schraubkanal augenscheinlich unten von der (selbstbohrenden) Schraube durchbohrt.
  139. Die Klägerin hat außerdem auf die Seite 28 der vorbezeichneten Produktbroschüre Bezug genommen, auf der ebenfalls darauf hingewiesen wird, dass bei dem „A“-System der Beklagten ein 4 mm Schraubkanal und 3 mm Wandstärke für den perfekten Schraubenhalt vorgesehen sind. In diesem Zusammenhang hat sich die Klägerin auf die nachfolgend eingeblendete Darstellung der Beklagten zu 1. bezogen, in welcher explizit auf die Stellen des Alu-Profils mit erhöhter Wandstärke, darunter auch den Boden des Schraubkanals, verwiesen wird.
  140. Diese Darstellung zeigt zwar unstreitig ein anderes Profil der Beklagten zu 1. Nach den unwidersprochen Angaben der Klägerin unterscheidet sich die angegriffene Ausführungsform von dem dargestellten Profil, das nach der Werbung der Beklagten zu 1. in Bezug auf den Schraubkanal und die Wandstärke ihren „kompletten I-Systemen“ entspricht, aber lediglich dadurch, dass sich aufgrund der geringeren Bauhöhe der angegriffenen Ausführungsform das 3 mm dicke Material direkt an der dem Vierkantgummiprofil zugewandten Wandung befindet.
  141. Dem gesamten vorstehend wiedergegebenen Vortrag der Klägerin sind die Beklagten in erster Instanz nicht, jedenfalls aber nicht erheblich, entgegengetreten. So haben sie vor dem Landgericht insbesondere nicht bestritten, dass das Aluminiumprofil der angegriffenen Ausführungsform am unteren Ende des Schraubkanals dicker ausgeführt ist und es dort eine Wandstärke von 3 mm hat. Dass diese erhöhte Wandstärke entgegen dem Vortrag der Klägerin nicht im Zusammenhang mit dem Halt der Schraube im Profil steht, haben die Beklagten in erster Instanz nicht, jedenfalls aber nicht konkret, behauptet. Ebenso haben sie nicht geltend gemacht, dass sich die von der Klägerin in Bezug genommenen Hinweise in ihren Produktunterlagen nicht (auch) auf die hier angegriffene Ausführungsform, sondern ausschließlich auf andere Gegenstände beziehen. Sie haben ferner nicht in Abrede gestellt, dass die Beklagte zu 1. (auch) selbstbohrende Schrauben anbietet und sie haben auch nicht konkret bestritten, dass mittels dieser Schrauben oder mittels anderer am Markt erhältlicher selbstbohrender Schrauben Trittflächen derart auf die hier angegriffene Unterbauleiste aufgeschraubt werden können, dass die Schrauben in den Schraubkanal geschraubt werden, diese das Alu-Material am unteren Ende des Schraubkanals durchbohren und sich hiernach auch in das Vierkantgummiprofil bohren.
  142. Mit Recht ist das Landgericht deshalb davon ausgegangen, dass bei der angegriffenen Ausführungsform mit einer passenden, am Markt erhältlichen Schraube eine Bohrung bis in das Vierkantgummiprofil realisiert werden kann, wobei das Landgericht in diesem Zusammenhang offensichtlich von einer entsprechenden selbstbohrenden Schraube ausgegangen ist.
  143. bb)
    Letzteres wird von den Beklagten auch in zweiter Instanz nicht, jedenfalls aber nicht erheblich bestritten.
  144. (1)
    Was das Berufungsvorbringen der Beklagten anbelangt, ist zunächst festzustellen, dass sich die Beklagten auch in zweiter Instanz weder auf die von der Klägerin in Bezug genommenen Produktunterlagen noch auf die von der Klägerin angesprochenen Materialverstärkungen bei der angegriffenen Ausführungsform näher eingehen. Was die Produktunterlagen angeht, haben sich die Beklagten mit diesen in ihrer Berufungsbegründung überhaupt nicht befasst. Erstmals im Verhandlungstermin am 11.05.2023 haben sie vage angedeutet, dass diese Unterlagen andere Produkte betreffen sollen. Näher erläutert haben die Beklagten dies aber nicht. Insoweit fehlt es an jeglichem nachprüfbarem Sachvortrag. Hinsichtlich der Materialverstärkungen haben die Beklagten schriftsätzlich lediglich ausgeführt, es handele sich um „Spekulationen der Klägerin über unterschiedliche Wandstärken“. Was die Beklagten hiermit gegebenenfalls bestreiten wollen, erschließt sich nicht. Im Verhandlungstermin am 11.05.2023 haben die Beklagten zwar (erstmals) behauptet, die Materialverstärkung/Materialverstärkungen diene/dienten dazu, dass nicht durch das Aluminiumprofil gebohrt werde. Näher und nachvollziehbar erläutert, haben sie auch dies aber nicht. Insbesondere sind sie in diesem Zusammenhang mit keinem Wort auf ihre eigene Werbung eingegangen, nach der sich ihr System generell durch einen 4 mm Schraubkanal und 3 mm Wandstärke „für den perfekten Schraubenhalt“ auszeichnet. Vor allem haben sie nicht aufgezeigt, wie sich ihre Behauptung mit der oben zuletzt wiedergegebenen Darstellung eines der angegriffenen Ausführungsform vergleichbaren Produkts in Einklang zu bringen ist. In dieser Abbildung wird – wie bereits ausgeführt – ausdrücklich auf die drei Stellen des Aluminiumprofils mit erhöhter Wandstärke Bezug genommen, wobei die 3 mm Wandstärken nach der Werbung „für den perfekten Schraubenhalt“ sollen. Dies kann – mangels gegenteiliger Anhaltspunkte – nur dahin verstanden werden, dass an den betreffenden Stellen der gezeigten Unterbauleiste eine Verschraubung im Sinne einer Durchdringung des Aluminiums erfolgen kann und soll. Weshalb dies bei der angegriffenen Ausführungsform anders sein sollte, ist weder dargetan noch ersichtlich. Selbst wenn man in dem Vorbringen der Beklagten aber insoweit ein erstmaliges erhebliches zweitinstanzliches Bestreiten erblicken wollte, ist dieses in jedem Falle verspätet (§ 531 Abs. 2 ZPO).
  145. (2)
    Unabhängig davon lässt sich dem gesamten Berufungsvorbringen der Beklagten nicht entnehmen, dass sie bestreiten wollen, dass bei der angegriffenen Ausführungsform eine Montage der Trittfläche mit selbstbohrenden Schrauben prinzipiell möglich ist und bei Verwendung solcher Schrauben eine Bohrung bis in das Vierkantgummiprofil realisiert werden kann. Zumindest fehlt es insoweit aber an einem erheblichen Bestreiten, weil die Beklagten sich auch in der Berufungsinstanz nicht konkret auf den diesbezüglichen Sachvortrag der Klägerin eingehen. Dies gilt insbesondere auch für die Behauptung der Beklagten, es gebe keine handelsüblichen Schrauben, die durch den Schraubkanal hindurchgehen und in den unteren Bereich des Profils eindringen, sofern sich diese Behauptung nicht nur auf metrische Schrauben beziehen sollte. Im Übrigen könnten die Beklagten mit einem entsprechenden Bestreiten in der Berufungsinstanz auch nicht mehr gehört werden (§ 531 Abs. 2 ZPO).
  146. cc)
    Soweit sich die Beklagten sich auf eine Verwendung von metrischen Schrauben bei der angegriffenen Ausführungsform berufen, kann zu ihren Gunsten unterstellt werden, dass die Befestigung einer Trittfläche gegen die angegriffene Ausführungsform nicht nur mit selbstbohrenden Schraube erfolgen kann, wenn die Verbindung eine ausreichende Festigkeit haben soll, sondern eine solche Verbindung auch mit metrischen Schrauben realisierbar ist. Insoweit kommt es hier weder darauf an, ob die angegriffene Ausführungsform einen für metrische Schrauben geeigneten Schraubkanal aufweist, noch darauf, ob aus fachmännischer Sicht für eine ausreichend feste Verbindung zwingend selbstbohrende Schrauben verwendet werden müssen. Entscheidend ist, dass bei der angegriffenen Ausführungsform die Verschraubung einer Trittfläche auf das Profil mit selbstbohrenden Schrauben möglich ist und bei der Verwendung solcher selbstbohrenden Schrauben eine Bohrung durch das Aluminium-U-Profil bis in das Vierkantgummiprofil realisiert werden kann. Darauf, ob die angegriffene Ausführungsform regelmäßig mit selbstbohrenden oder metrischen Schrauben verwendet wird, kommt es nicht an. Eine Patentverletzung liegt selbst dann vor, wenn die Trittflächen im Regelfall mit – im Schraubkanal – endenden metrischen Schrauben auf das angegriffene Profil aufgeschraubt würden.
  147. dd)
    Soweit die Beklagten in zweiter Instanz geltend machen, das angegriffene Profil sei in allen „hier interessierenden Aspekten baugleich“ mit dem in der deutschen Gebrauchsmusterschrift 200 14 XXD (Anlage B9) offenbarten Profi, steht auch dies der Verwirklichung der Merkmale 2.1 und 5 bzw. der Benutzung des Klagepatents durch die angegriffene Ausführungsform nicht entgegen. Wie bereits erwähnt, ist diese Druckschrift
    – ebenso wie die Anlage B8 – für die Auslegung des Klagepatents nicht relevant. Sollte das diesbezügliche Vorbringen der Beklagten als Erhebung des sog. Formstein-Einwandes zu verstehen sein, ist dieser Einwand hier rechtlich unerheblich. Denn dieser Einwand ist nur bei einer Patentverletzung mit äquivalenten Mitteln von Bedeutung (BGHZ 98, 12, 21 f. = GRUR 1986, 803, 805 f. – Formstein; BGH, GRUR 2016, 169 Rn. 30 – Luftkappensystem). Die Beklagten zeigen im Übrigen auch nicht schlüssig auf, dass aus dieser Druckschrift eine Unterbauleiste mit sämtlichen Merkmalen des Patentanspruchs 1 bekannt ist.
  148. D.
    Dass die Beklagten im Hinblick auf die vorstehend dargelegte Schutzrechtsverletzung bzw. –benutzung zur Unterlassung, zur Auskunftserteilung sowie (nur die Beklagte 1.) zur Vernichtung und zum Rückruf der patentverletzenden Erzeugnisse und, weil sie das Klagepatent schuldhaft verletzt haben, auch zum Schadenersatz verpflichtet sind und der Klägerin, um ihr die Berechnung ihrer Ansprüche auf Schadenersatz zu ermöglichen, über den Umfang ihrer Benutzungs- und Verletzungshandlungen Rechnung zu legen haben, und sie der Klägerin darüber hinaus ihre vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten zu erstatten haben, hat das Landgericht im angefochtenen Urteil zutreffend dargelegt; auf diese – von der Berufung nicht gesondert angegriffenen – Ausführungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
  149. E.
    Zu einer – von den Beklagten zuletzt auch nicht mehr beantragten – Aussetzung der Verhandlung im vorliegenden Verletzungsrechtsstreit (§ 148 ZPO) bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in dem das Klagepatent betreffenden Nichtigkeitsverfahren besteht kein Anlass, nachdem das Bundespatentgericht das Klagepatent durch Urteil vom 26.04.2023 mit dem hier geltend gemachten Patentanspruch 1 unter Berücksichtigung sämtlicher Entgegenhaltungen der Beklagten aufrechterhalten hat.
  150. F.
    Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
  151. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
  152. Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen, weil die hierfür in § 543 ZPO aufgestellten Voraussetzungen nicht vorliegen. Als Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO noch erfordern die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder die Fortbildung des Rechts eine revisionsgerichtliche Entscheidung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

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