4 O 763/00 – Konstruktion aus Profilstäben

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 9

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 12. Juli 2001, Az. 4 O 763/00

I.

Die Beklagten werden verurteilt,

1.

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,- DM – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,

Konstruktionen aus Profilstäben, insbesondere Leichtmetallstäben, die mit einem längs durchbohrten Zentralstab versehen sind und in ihren Außenflächen hinterschnittene Längsnuten aufweisen, von denen zwei einander paarweise zu dem Zentralstab gegenüberliegen, wobei zwei Profilstäbe winkelig zusammengesetzt und von einer Verbindungsschraube zusammengehalten sind, die mit dem ein Anziehen dieser Schraube ermöglichenden Schraubenkopf in der Hinterschneidung einer Längsnut eines diesen beaufschlagenden Profilstabs angeordnet und mit dem Schraubengewinde von der Stirnseite des zweiten Profilstabs in dessen mit Innengewinde versehenen Zentralstab eingeschraubt ist,

im Geltungsbereich des deutschen Anteils des europäischen Patents 0 136 431 anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei denen der Schraubenkopf der Verbindungsschraube in der dem zweiten Profilstab benachbarten Hinterschneidung des ersten Profilstabs angeordnet ist, der mindestens eine quer durch seinen Zentralstab verlaufende Schraubenverstellbohrung aufweist;

2.

der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 11. Mai 1985 begangen haben, und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsmengen und -zeiten,

der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen (und gegebenenfalls Typenbezeichnungen) sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen (und gegebenenfalls Typenbezeichnungen) sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei

– sich die Verpflichtung zur Rechnungslegung für die Zeit vor dem 1. Mai 1992 auf Handlungen in dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in den bis zum 2. Oktober 1990 bestehenden Grenzen beschränkt;

– vom Beklagten zu 2) sämtliche Angaben und von beiden Beklagten die Angaben zu e) nur für die Zeit seit dem 15. Juli 1989 zu machen sind;

– den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.

II.

Es wird festgestellt,

1.

daß die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, der Klägerin für die zu I.1 bezeichneten, in der Zeit vom 11. Mai 1985 bis zum 14. Juli 1989 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;

2.

daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, zu Händen der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I. 1. bezeichneten, in der Zeit vom 5. November 1990 bis zum 10. März 1998 begangenen Handlungen sowie den Patentinhabern Dipl.-Ing. W1 R1 und G1 P1 durch die zu I.1. bezeichneten, seit dem 11. März 1998 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III.

Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt.

IV.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 42.01,– DM vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte Bürgschaft einer in Deutschland ansässigen, als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die Klägerin war bis zum 10. März 1998 Inhaberin des am 18. Juli 1984 unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 4. April 1983 angemeldeten europäischen Patents 0 136 431 (Klagepatent, Anlage K 9), dessen Anmeldung am 10. April 1985 offengelegt und dessen Erteilung am 15. Juni 1989 veröffentlicht wurde. Mit Wirkung zum 11. März 1998 wurde das Patent auf die geschäftsführenden Gesellschafter der Klägerin umgeschrieben, welche ihr ein Benutzungsrecht einräumten. Mit Vereinbarung vom 14. Februar 2000 (Anlage K 1a im Paralleverfahren 4 O 37/00) ermächtigten die geschäftsführenden Gesellschafter der Klägerin diese, das aus dem Klagepatent folgende Schutzrecht im eigenen Namen durchsetzen zu dürfen, und traten ihr für die Vergangenheit und Zukunft sämtliche Ansprüche auf Entschädigung und Schadensersatz ab. Das Klagepatent betrifft eine Konstruktion aus Profilstäben. Der im vorliegenden Rechtsstreit vornehmlich interessierende Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

„Konstruktion aus Profilstäben (10, 11, 12), insbesondere Leichtmetallstäben, die mit einem längs durchbohrten Zentralstab (17) versehen sind und in ihren Außenflächen (23) hinterschnittene Längsnuten (21) aufweisen, von denen zwei einander paarweise zu dem Zentralstab (17) gegenüberliegen, wobei zwei Profilstäbe (10, 11) winkelig zusammengesetzt und von einer Verbindungsschraube (27) zusammengehalten sind, die mit dem ein Anziehen dieser Schraube (27) ermöglichenden Schraubenkopf (29) in der Hinterschneidung einer Längsnut eines diesen beaufschlagenden Profilstabs (11) angeordnet und mit dem Schraubengewinde von der Stirnseite des zweiten Profilstabs (10) in dessen mit Innengewinde versehenen Zentralstab (17) eingeschraubt ist, dadurch gekennzeichnet, daß der Schraubenkopf (29) der Verbindungsschraube (27) in der dem zweiten Profilstab (10) benachbarten Hinterschneidung (21) des ersten Profilstabs (11) angeordnet ist, der mindestens eine quer durch seinen Zentralstab (17) verlaufende Schraubenverstellbohrung (25) aufweist.“

Die nachfolgenden Abbildungen (Figuren 1, 6 u. 7 der Klagepatentschrift) verdeutlichen die Erfindung anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels.

Die Beklagte zu 1), deren gesetzlicher Vertreter der Beklagte zu 2) ist, vertreibt eine Konstruktion aus Profilstäben, die aus zwei Profilstäben mit und einem Verbindungsstück bestehen. Die nähere Ausgestaltung ergibt sich aus dem von der Klägerin als Anlage K 13 zur Akte gereichten Originalmuster sowie aus den nachfolgenden Lichtbildabbildungen eines von der Beklagten zu 1) im März 1999 ausgelieferten Originalstücks (Anlage K 12).

Zwischen den Parteien steht außer Streit, daß die angegriffene Ausführungsform die gleichen Merkmale aufweist wie die von der Klägerin nach dem Klagepatent hergestellten Profilstabkonstruktionen und die angegriffene Ausführungsform sämtliche Merkmale des Patentanspruchs 1 verwirklicht.

Die Klägerin nimmt die Beklagten deshalb mit der vorliegenden Klage aus dem Gesichtspunkt der Patentverletzung auf Unterlassung, Rechnungslegung, Entschädigung und Schadensersatz in Anspruch.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagten wie erkannt zu verurteilen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie sind der Ansicht, der Klägerin stehe hinsichtlich des Unterlassungsantrags kein schutzwürdiges Interesse an der Prozeßführung im eigenen Namen zu. Ferner erheben sie den Einwand der patentrechtlichen Erschöpfung und tragen dazu vor: Seit Ende 1999 vertreibe die Beklagte zu 1) nur noch Profilstabkonstruktionen, die aus der Produktion der Klägerin stammten. Die Beklagte zu 1) beziehe die nunmehr vertriebenen Profilstabkonstruktionen – wie die Rechnungen gemäß Anlagen B 1 und B 2 belegen würden – von der Firma K2 GmbH, welche sie ihrerseits von einer Vertragshändlerin der Klägerin, der Firma K3 GmbH, geliefert bekomme.

Mit Schriftsatz vom 4. April 2001 (Bl. 151 ff GA) hat die Klägerin erklärt, die Klage auf Herrn G5 S6 zu erweitern. Mit Beschluß vom 3. Juli 2001 hat die Kammer das die Klageerweiterung betreffende Verfahren zur gesonderten Verhandlung und Entscheidung abgetrennt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der beiderseitigen Schriftsätze und der mit ihnen vorgelegten Urkunden und Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet.

I.

Die Klägerin ist – entgegen der Ansicht der Beklagten – zur Prozeßführung befugt, soweit sie die Beklagten auf Unterlassung in Anspruch nimmt. Die Patentinhaber haben die Klägerin mit Erklärung vom 14. Februar 2000 (Anlage K 1a im Parallelverfahren 37/00) zur Prozeßführung im eigenem Namen ermächtigt. Die Klägerin hat auch ein eigenes rechtsschutzwürdiges Interesse, das fremde Recht geltend zu machen, da ihr ausweislich dieser Erklärung von den Patentinhabern das Recht zur Benutzung des streitgegenständlichen Schutzrechtes zugestanden worden ist.

II.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß die angegriffene Profilstabkonstruktion von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch macht. Von weiteren Ausführungen zur Lehre des Klagepatents und zur Verletzungsform kann daher abgesehen werden.

III.

Die Beklagten handelten auch widerrechtlich. Der von ihnen erhobene Erschöpfungseinwand greift nicht durch.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß die Beklagte zu 1) zumindest vor Ende 1999 patentgemäße Profilstabkonstruktionen vertrieben hat. Bereits die insoweit gegebenen Verletzungsfälle rechtfertigen die Verurteilung zur Unterlassung unabhängig davon, daß sich die Beklagte zu 1) nach ihrer Einlassung entschlossen haben will, nunmehr nur noch auf Originalteile der Klägerin zurückzugreifen. Die bloße Einstellung der Verletzungshandlungen ist anerkanntermaßen nicht hinreichend, um die durch ein widerrechtliches Verhalten begründete Wiederholungsgefahr zu beseitigen (vgl. nur Benkard/Rogge, PatG, 9. Aufl., § 139 Rdn. 30 m.w.N.). Daß sich der Urteilstenor insoweit nur auf Profilstabkonstruktionen bezieht, die nicht von der Klägerin stammen, stellt eine Selbstverständlichkeit dar, die einer ausdrücklichen Aufnahme in den Tenor nicht bedarf.

Im übrigen belegen die von den Beklagten vorgelegten Rechnungen gemäß den Anlagen B 1 und B 2 auch nicht, daß gerade die in den Rechtsstreit eingeführte Verletzungsform, welche von der Beklagten zu 1) unstreitig vor Ende 1999 vertrieben worden ist, von der Klägerin stammt.

IV.

Aufgrund des festgestellten Verletzungstatbestandes sind die Beklagten der Klägerin gemäß § 139 Abs. 1 PatG zur Unterlassung und, da sie zumindest fahrlässig gehandelt haben, gemäß § 139 Abs. 2 S. 2 PatG aus abgetretenem Recht zum Schadensersatz sowie die Beklagte zu 1) zusätzlich gemäß § 33 Abs. 1 PatG zur Entschädigung verpflichtet. Die Schadens- und Entschädigungshöhe ist derzeit ungewiß. Die Klägerin hat deshalb ein berechtigtes Interesse daran, daß die Schadensersatzhaftung und Entschädigungsverpflichtung der Beklagten zunächst dem Grunde nach gemäß § 256 Abs. 1 ZPO festgestellt wird. Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, ihren Anspruch auf Schadensersatz zu beziffern, haben die Beklagten im zuerkannten Umfang Rechnung über ihre Benutzungshandlungen zu legen, (§§ 242, 259 BGB).

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108 ZPO.

Der Streitwert beträgt 42.01,– DM.

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