4c O 42/20 – Decodierer zur Bildrekonstruktion

Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3210

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 21. Dezember 2021, Az. 4c O 42/20

  1. I. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin in einer gesonderten Aufstellung, soweit vorhanden auch in elektronischer Form – hinsichtlich der Angaben a) und b) unter Vorlage von Rechnungen, hilfsweise Lieferscheinen, weiter hilfsweise Quittungen in Kopie, wobei Daten, auf die sich die geschuldete Auskunft und Rechnungslegung nicht bezieht und hinsichtlich derer ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse der Beklagten besteht, abgedeckt oder geschwärzt sein können – darüber Angaben zu machen, in welchem Umfang sie seit dem 28. Januar 2017
  2. 1. Decodierer zum Rekonstruieren eines Bildes aus einem Datenstrom, in den das Bild in Einheiten von Stücken codiert ist, in die das Bild partitioniert ist, wobei der Decodierer dazu ausgebildet ist, die Stücke gemäß einer Stückreihenfolge aus dem Datenstrom zu decodieren, und der Decodierer auf einen Syntaxelementabschnitt innerhalb eines aktuellen Stückes der Stücke anspricht, um das aktuelle Stück gemäß einem von zumindest zwei Modi zu decodieren, und
  3. das aktuelle Stück gemäß einem ersten der zumindest zwei Modi unter Verwendung von kontextadaptiver Entropiedecodierung einschließlich einer Ableitung von Kontexten über Stückgrenzen hinweg, einer fortlaufenden Aktualisierung von Symbolwahrscheinlichkeiten der Kontexte und einer Initialisierung der Symbolwahrscheinlichkeiten abhängig von gespeicherten Zuständen von Symbolwahrscheinlichkeiten eines zuvor decodierten Stückes, sowie voraussagender Decodierung über die Stückgrenzen hinweg aus dem Datenstrom zu decodieren, und
  4. das aktuelle Stück gemäß einem zweiten der zumindest zwei Modi unter Verwendung von kontextadaptiver Entropiedecodierung mit einem Beschränken der Ableitung der Kontexte, um die Stückgrenzen nicht zu überschreiten, einer fortlaufenden Aktualisierung von Symbolwahrscheinlichkeiten der Kontexte und einer Initialisierung der Symbolwahrscheinlichkeiten unabhängig von jeglichem zuvor decodierten Stück, sowie voraussagender Decodierung mit einem Beschränken der voraussagenden Decodierung, um die Stückgrenzen nicht zu überschreiten, aus dem Datenstrom zu decodieren und
  5. wobei das Bild in Codierblöcke partitioniert ist, die in Zeilen und Spalten angeordnet sind und eine untereinander definierte Rasterabtastreihenfolge aufweisen, und der Decodierer dazu ausgebildet ist, jedes Stück einem fortlaufenden Teilsatz der Codierblöcke in der Rasterabtastreihenfolge zuzuordnen, so dass die Teilsätze einander entlang der Rasterabtastreihenfolge gemäß der Stückreihenfolge folgen, und
  6. wobei der Decodierer dazu ausgebildet ist, Symbolwahrscheinlichkeiten, wie bei einer kontextadaptiven Entropiedecodierung des zuvor decodierten Stückes bis zu einem zweiten Codierblock in einer Zeile gemäß der Rasterabtastreihenfolge erhalten, zu speichern, und bei einem Initialisieren der Symbolwahrscheinlichkeiten für die kontextadaptive Entropiedecodierung des aktuellen Stückes gemäß dem ersten Modus zu überprüfen, ob ein erster Codierblock des fortlaufenden Teilsatzes von Codierblöcken, der dem aktuellen Stück zugeordnet ist, ein erster Codierblock in einer Zeile gemäß der Rasterabtastreihenfolge ist, und, falls dies zutrifft, die Symbolwahrscheinlichkeiten für die kontextadaptive Entropiedecodierung des aktuellen Stückes abhängig von den gespeicherten Symbolwahrscheinlichkeiten, wie bei der kontextadaptiven Entropiedecodierung des zuvor decodierten Stückes bis zu einem zweiten Codierblock in einer Zeile gemäß der Rasterabtastreihenfolge erhalten, zu initialisieren, und, falls dies nicht zutrifft, die Symbolwahrscheinlichkeiten für die kontextadaptive Entropiedecodierung des aktuellen Stückes abhängig von Symbolwahrscheinlichkeiten, wie bei der kontextadaptiven Entropiedecodierung des zuvor decodierten Stückes bis zu dem Ende des zuvor decodierten Stückes erhalten, zu initialisieren,
  7. in der Bundesrepublik Deutschland angeboten, in den Verkehr gebracht, gebraucht oder zu den genannten Zwecken entweder eingeführt oder besessen hat;
  8. 2. Dritten in der Bundesrepublik Deutschland
  9. Mittel zum Durchführen eines Verfahrens zum Rekonstruieren eines Bildes aus einem Datenstrom, in den das Bild in Einheiten von Stücken codiert ist, in die das Bild partitioniert ist, wobei das Verfahren ein Decodieren der Stücke aus dem Datenstrom gemäß einer Stückreihenfolge aufweist, und das Verfahren auf einen Syntaxelementabschnitt innerhalb eines aktuellen Stückes der Stücke anspricht, um das aktuelle Stück gemäß einem von zumindest zwei Modi zu decodieren, wobei
  10. das aktuelle Stück gemäß einem ersten der zumindest zwei Modi unter Verwendung von kontextadaptiver Entropiedecodierung einschließlich einer Ableitung von Kontexten über Stückgrenzen hinweg, einer fortlaufenden Aktualisierung von Symbolwahrscheinlichkeiten der Kontexte und einer Initialisierung der Symbolwahrscheinlichkeiten abhängig von gespeicherten Zuständen von Symbolwahrscheinlichkeiten eines decodierten Stückes, sowie voraussagender Decodierung über die Stückgrenzen hinweg aus dem Datenstrom decodiert wird, und das aktuelle Stück gemäß einem zweiten der zumindest zwei Modi unter Verwendung von kontextadaptiver Entropiedecodierung mit einem Beschränken der Ableitung der Kontexte, um die Stückgrenzen nicht zu überschreiten, einer fortlaufenden Aktualisierung von Symbolwahrscheinlichkeiten der Kontexte und einer Initialisierung der Symbolwahrscheinlichkeiten unabhängig von jeglichem zuvor decodierten Stück, sowie voraussagender Decodierung mit einem Beschränken der voraussagenden Decodierung, um die Stückgrenzen nicht zu überschreiten, aus dem Datenstrom decodiert wird,
  11. wobei das Bild in Codierblöcke partitioniert ist, die in Zeilen und Spalten angeordnet sind und eine untereinander definierte Rasterabtastreihenfolge aufweisen, und das Verfahren ein Zuordnen jedes Stückes zu einem fortlaufenden Teilsatz der Codierblöcke in der Rasterabtastreihenfolge aufweist, so dass die Teilsätze einander entlang der Rasterabtastreihenfolge gemäß der Stückreihenfolge folgen, und wobei das Verfahren ein Speichern von Symbolwahrscheinlichkeiten, wie bei einer kontextadaptiven Entropiedecodierung des zuvor decodierten Stückes bis zu einem zweiten Codierblock in einer Zeile gemäß der Rasterabtastreihenfolge erhalten, und bei einem Initialisieren der Symbolwahrscheinlichkeiten für die kontextadaptive Entropiedecodierung des aktuellen Stückes gemäß dem ersten Modus ein Überprüfen, ob ein erster Codierblock des fortlaufenden Teilsatzes von Codierblöcken, der dem aktuellen Stück zugeordnet ist, ein erster Codierblock in einer Zeile gemäß der Rasterabtastreihenfolge ist, und, falls dies zutrifft, ein Initialisieren der Symbolwahrscheinlichkeiten für die kontextadaptive Entropiedecodierung des aktuellen Stückes abhängig von den gespeicherten Symbolwahrscheinlichkeiten, wie bei einer kontextadaptiven Entropiedecodierung des zuvor decodierten Stückes bis zu einem zweiten Codierblock in einer Zeile gemäß der Rasterabtastreihenfolge erhalten, und, falls dies nicht zutrifft, ein Initialisieren der Symbolwahrscheinlichkeiten für die kontextadaptive Entropiedecodierung des aktuellen Stückes abhängig von Symbolwahrscheinlichkeiten, wie bei einer kontextadaptiven Entropiedecodierung des zuvor decodierten Stückes bis zu dem Ende des zuvor decodierten Stückes erhalten, aufweist
  12. zur Benutzung in der Bundesrepublik Deutschland angeboten oder geliefert hat;
  13. und zwar unter Angabe
  14. a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
    b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen, den jeweiligen Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
    c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen, der jeweiligen Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
    d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internet-Werbung der Domain, den Zugriffszahlen und den Schaltungszeiträumen, und
  15. wobei es der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht-gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von ihr zu bezeichnenden, der Klägerin gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.
  16. II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die in Ziffer I. bezeichneten Handlungen seit dem 28. Januar 2017 entstanden ist und noch entstehen wird.
  17. III. Im Übrigen wird die Klage als derzeit unbegründet abgewiesen.
  18. IV. Auf die Widerklage wird festgestellt, dass die Klägerin der Beklagten sämtlichen Schaden zu ersetzen hat, der der Beklagten seit dem XXXXXX dadurch entstanden ist, dass die Klägerin und die XXXX den Anspruch von XXXX auf Abschluss eines Lizenzvertrages, der auch das Klagepatent umfasst, zu angemessenen und nicht-diskriminierenden Bedingungen nicht erfüllt haben.
  19. V. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 80 % und der Beklagten zu 20 % auferlegt.
  20. VI. Das Urteil ist für die Klägerin hinsichtlich Ziff. I. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 250.000,- und für beide Parteien hinsichtlich Ziff. V. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
  21. VII. Der Streitwert wird auf EUR 2.500.000,00 festgesetzt.
  22. Tatbestand
  23. Die Klägerin macht – als eingetragene und allein verfügungsberechtigte Inhaberin – Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Rückruf und Vernichtung sowie Feststellung der Schadensersatzverpflichtung dem Grunde nach wegen Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents EP XXX (Anlage ES 2, in deutscher Übersetzung als Anlage ES 2b vorgelegt; im Folgenden: Klagepatent) geltend, das unter Inanspruchnahme zweier US-amerikanischer Prioritäten XXX angemeldet und als Anmeldung am XXX offengelegt wurde. Der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents wurde am XXX bekanntgemacht. Das Klagepatent steht mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft. Über die mit Schriftsatz vom XXX (vgl. Anlage B 4) von der Beklagten zum Bundespatentgericht (XXX) erhobene Nichtigkeitsklage ist noch nicht entschieden.
  24. Das Klagepatent betrifft das Gebiet der Bild(de)codierung mit geringer Verzögerung. Die Ansprüche 1 und 15 des – in englischer Sprache angemeldeten und erteilten – Klagepatents lauten:
  25. „1. Decoder for reconstructing a picture (10) from a datastream (12) into which the picture is coded in units of slices (14) into which the picture (10) is partitioned, wherein the decoder is configured to decode the slices (14) from the datastream (12) in accordance with a slice order (16) and the decoder is responsive to a syntax element portion (18) within a current slice of the slices, so as to decode the current slice in accordance with one of at least two modes (20, 22), and in accordance with a first (20) of the at least two modes, decode the current slice from the datastream (12) using context adaptive entropy decoding (24) including a derivation of contexts across slice boundaries, a continuous update of symbol probabilities of the contexts and an initialization (38, 40) of the symbol probabilities depending on saved states of symbol probabilities of a previously decoded slice, and predictive decoding across the slice boundaries, and in accordance with a second (22) of the at least two modes, decode the current slice from the datastream (12) using context adaptive entropy decoding with restricting the derivation of the contexts so as to not cross the slice boundaries, a continuous update of symbol probabilities of the contexts and an initialization of the symbol probabilities independent on any previously decoded slice, and predictive decoding with restricting the predictive decoding so as to not cross the slice boundaries, wherein the picture (10) is partitioned in coding blocks (32) arranged in rows and columns and having a raster scan order (36) defined among each other, and the decoder is configured to associate each slice (14) with a continuous subset of the coding blocks (32) in the raster scan order (36) so that the subsets follow each other along the raster scan order (36) in accordance with the slice order, and wherein the decoder is configured to save symbol probabilities as obtained in context adaptive entropy decoding the previously decoded slice up to a second coding block (32) in a row in accordance with the raster scan order (36), and, in initializing the symbol probabilities for the context adaptive entropy decoding of the current slice in accordance with the first mode, check as to whether a first coding block of the continuous subset of coding blocks (32) associated with the current slice is a first coding block (32) in a row in accordance with the raster scan order, and, if so, initialize (40) the symbol probabilities for the context adaptive entropy decoding of the current slice depending on the saved symbol probabilities as obtained in context adaptive entropy decoding the previously decoded slice up to a second coding block in a row in accordance with the raster scan order (36), and, if not, initialize (38) the symbol probabilities for the context adaptive entropy decoding of the current slice depending on symbol probabilities as obtained in context adaptive entropy decoding the previously decoded slice up to the end of the previously decoded slice.
  26. 15. Method for reconstructing a picture (10) from a datastream (12) into which the picture is coded in units of slices (14) into which the picture (10) is partitioned, wherein the method comprises decoding the slices (14) from the datastream (12) in accordance with a slice order (16) and the method is responsive to a syntax element portion (18) within a current slice of the slices, so as to decode the current slice in accordance with one of at least two modes (20, 22), wherein in accordance with a first (20) of the at least two modes), the current slice is decoded from the datastream (12) using context adaptive entropy decoding (24) including a derivation of contexts across slice boundaries, a continuous update of symbol probabilities of the contexts and an initialization (38, 40) of the symbol probabilities depending on saved states of symbol probabilities of a previously decoded slice, and predictive decoding across the slice boundaries, and in accordance with a second (22) of the at least two modes, the current slice is decoded from the datastream (12) using context adaptive entropy decoding with restricting the derivation of the contexts so as to not cross the slice boundaries, a continuous update of symbol probabilities of the contexts and an initialization of the symbol probabilities independent on any previously decoded slice, and predictive decoding with restricting the predictive decoding so as to not cross the slice boundaries, wherein the picture (10) is partitioned in coding blocks (32) arranged in rows and columns and having a raster scan order (36) defined among each other, and the method comprises associating each slice (14) with a continuous subset of the coding blocks (32) in the raster scan order (36) so that the subsets follow each other along the raster scan order (36) in accordance with the slice order, and wherein the method comprises saving symbol probabilities as obtained in context adaptive entropy decoding the previously decoded slice up to a second coding block (32) in a row in accordance with the raster scan order (36), and, in initializing the symbol probabilities for the context adaptive entropy decoding of the current slice in accordance with the first mode, checking as to whether a first coding block of the continuous subset of coding blocks (32) associated with the current slice is a first coding block (32) in a row in accordance with the raster scan order, and, if so, initializing (40) the symbol probabilities for the context adaptive entropy decoding of the current slice depending on the saved symbol probabilities as obtained in context adaptive entropy decoding the previously decoded slice up to a second coding block in a row in accordance with the raster scan order (36), and, if not, initializing (38) the symbol probabilities for the context adaptive entropy decoding of the current slice depending on symbol probabilities as obtained in context adaptive entropy decoding the previously decoded slice up to the end of the previously decoded slice.“
  27. Übersetzt lautet der Anspruch 1:
  28. „1. Ein Decodierer zum Rekonstruieren eines Bildes (10) aus einem Datenstrom (12), in den das Bild in Einheiten von Stücken (14) codiert ist, in die das Bild (10) partitioniert ist, wobei der Decodierer dazu ausgebildet ist, die Stücke (14) gemäß einer Stückreihenfolge (16) aus dem Datenstrom (12) zu decodieren, und der Decodierer auf einen Syntaxelementabschnitt (18) innerhalb eines aktuellen Stückes der Stücke anspricht, um das aktuelle Stück gemäß einem von zumindest zwei Modi (20, 22) zu decodieren, und das aktuelle Stück gemäß einem ersten (20) der zumindest zwei Modi unter Verwendung von kontextadaptiver Entropiedecodierung (24) einschließlich einer Ableitung von Kontexten über Stückgrenzen hinweg, einer fortlaufenden Aktualisierung von Symbolwahrscheinlichkeiten der Kontexte und einer Initialisierung (38, 40) der Symbolwahrscheinlichkeiten abhängig von gespeicherten Zuständen von Symbolwahrscheinlichkeiten eines zuvor decodierten Stückes, sowie voraussagender Decodierung über die Stückgrenzen hinweg aus dem Datenstrom (12) zu decodieren, und das aktuelle Stück gemäß einem zweiten (22) der zumindest zwei Modi unter Verwendung von kontextadaptiver Entropiedecodierung mit einem Beschränken der Ableitung der Kontexte, um die Stückgrenzen nicht zu überschreiten, einer fortlaufenden Aktualisierung von Symbolwahrscheinlichkeiten der Kontexte und einer Initialisierung der Symbolwahrscheinlichkeiten unabhängig von jeglichem zuvor decodierten Stück, sowie voraussagender Decodierung mit einem Beschränken der voraussagenden Decodierung, um die Stückgrenzen nicht zu überschreiten, aus dem Datenstrom (12) zu decodieren und wobei das Bild (10) in Codierblöcke (32) partitioniert ist, die in Zeilen und Spalten angeordnet sind und eine untereinander definierte Rasterabtastreihenfolge (36) aufweisen, und der Decodierer dazu ausgebildet ist, jedes Stück (14) einem fortlaufenden Teilsatz der Codierblöcke (32) in der Rasterabtastreihenfolge (36) zuzuordnen, so dass die Teilsätze einander entlang der Rasterabtastreihenfolge (36) gemäß der Stückreihenfolge folgen, und wobei der Decodierer dazu ausgebildet ist, Symbolwahrscheinlichkeiten, wie bei einer kontextadaptiven Entropiedecodierung des zuvor decodierten Stückes bis zu einem zweiten Codierblock (32) in einer Zeile gemäß der Rasterabtastreihenfolge (36) erhalten, zu speichern, und bei einem Initialisieren der Symbolwahrscheinlichkeiten für die kontextadaptive Entropiedecodierung des aktuellen Stückes gemäß dem ersten Modus zu überprüfen, ob ein erster Codierblock des fortlaufenden Teilsatzes von Codierblöcken (32), der dem aktuellen Stück zugeordnet ist, ein erster Codierblock (32) in einer Zeile gemäß der Rasterabtastreihenfolge ist, und, falls dies zutrifft, die Symbolwahrscheinlichkeiten für die kontextadaptive Entropiedecodierung des aktuellen Stückes abhängig von den gespeicherten Symbolwahrscheinlichkeiten, wie bei der kontextadaptiven Entropiedecodierung des zuvor decodierten Stückes bis zu einem zweiten Codierblock in einer Zeile gemäß der Rasterabtastreihenfolge (36) erhalten, zu initialisieren (40), und, falls dies nicht zutrifft, die Symbolwahrscheinlichkeiten für die kontextadaptive Entropiedecodierung des aktuellen Stückes abhängig von Symbolwahrscheinlichkeiten, wie bei der kontextadaptiven Entropiedecodierung des zuvor decodierten Stückes bis zu dem Ende des zuvor decodierten Stückes erhalten, zu initialisieren (38).
  29. 15. Ein Verfahren zum Rekonstruieren eines Bildes (10) aus einem Datenstrom (12), in den das Bild in Einheiten von Stücken (14) codiert ist, in die das Bild (10) partitioniert ist, wobei das Verfahren ein Decodieren der Stücke (14) aus dem Datenstrom (12) gemäß einer Stückreihenfolge (16) aufweist, und das Verfahren auf einen Syntaxelementabschnitt (18) innerhalb eines aktuellen Stückes der Stücke anspricht, um das aktuelle Stück gemäß einem von zumindest zwei Modi (20, 22) zu decodieren, wobei das aktuelle Stück gemäß einem ersten (20) der zumindest zwei Modi unter Verwendung von kontextadaptiver Entropiedecodierung (24) einschließlich einer Ableitung von Kontexten über Stückgrenzen hinweg, einer fortlaufenden Aktualisierung von Symbolwahrscheinlichkeiten der Kontexte und einer Initialisierung (38, 40) der Symbolwahrscheinlichkeiten abhängig von gespeicherten Zuständen von Symbolwahrscheinlichkeiten eines decodierten Stückes, sowie voraussagender Decodierung über die Stückgrenzen hinweg aus dem Datenstrom (12) decodiert wird, und das aktuelle Stück gemäß einem zweiten (22) der zumindest zwei Modi unter Verwendung von kontextadaptiver Entropiedecodierung mit einem Beschränken der Ableitung der Kontexte, um die Stückgrenzen nicht zu überschreiten, einer fortlaufenden Aktualisierung von Symbolwahrscheinlichkeiten der Kontexte und einer Initialisierung der Symbolwahrscheinlichkeiten unabhängig von jeglichem zuvor decodierten Stück, sowie voraussagender Decodierung mit einem Beschränken der voraussagenden Decodierung, um die Stückgrenzen nicht zu überschreiten, aus dem Datenstrom (12) decodiert wird, wobei das Bild (10) in Codierblöcke (32) partitioniert ist, die in Zeilen und Spalten angeordnet sind und eine untereinander definierte Rasterabtastreihenfolge (36) aufweisen, und das Verfahren ein Zuordnen jedes Stückes (14) zu einem fortlaufenden Teilsatz der Codierblöcke (32) in der Rasterabtastreihenfolge (36) aufweist, so dass die Teilsätze einander entlang der Rasterabtastreihenfolge (36) gemäß der Stückreihenfolge folgen, und wobei das Verfahren ein Speichern von Symbolwahrscheinlichkeiten, wie bei einer kontextadaptiven Entropiedecodierung des zuvor decodierten Stückes bis zu einem zweiten Codierblock (32) in einer Zeile gemäß der Rasterabtastreihenfolge (36) erhalten, und bei einem Initialisieren der Symbolwahrscheinlichkeiten für die kontextadaptive Entropiedecodierung des aktuellen Stückes gemäß dem ersten Modus ein Überprüfen, ob ein erster Codierblock des fortlaufenden Teilsatzes von Codierblöcken (32), der dem aktuellen Stück zugeordnet ist, ein erster Codierblock (32) in einer Zeile gemäß der Rasterabtastreihenfolge ist, und, falls dies zutrifft, ein Initialisieren (40) der Symbolwahrscheinlichkeiten für die kontextadaptive Entropiedecodierung des aktuellen Stückes abhängig von den gespeicherten Symbolwahrscheinlichkeiten, wie bei einer kontextadaptiven Entropiedecodierung des zuvor decodierten Stückes bis zu einem zweiten Codierblock in einer Zeile gemäß der Rasterabtastreihenfolge (36) erhalten, und falls dies nicht zutrifft, ein Initialisieren (38) der Symbolwahrscheinlichkeiten für die kontextadaptive Entropiedecodierung des aktuellen Stückes abhängig von Symbolwahrscheinlichkeiten, wie bei einer kontextadaptiven Entropiedecodierung des zuvor decodierten Stückes bis zu dem Ende des zuvor decodierten Stückes erhalten, aufweist.“
  30. Die nachstehend verkleinert wiedergegebenen Figuren sind dem Klagepatent entnommen und erläutern dessen technische Lehre anhand bevorzugter Ausführungsbeispiele:
  31. Figur 14 zeigt ein Beispiel für die Partitionierung eines Bildes für die Wellenfrontparallelverarbeitung („wavefront parallel processing“; WPP) in einen regulären Slice und – für eine niedrige Verzögerung beim Verarbeiten – abhängige Slices. Figur 27 zeigt die Partitionierung eines Bildes in normale und abhängige Slices, hier auch Slice-Segmente genannt.
  32. Die Klägerin ist ein Tochterunternehmen der XXX und hat vor Jahren ein Patentportfolio von der XXX erworben, zu dem auch das hiesige Klagepatent gehörte.
  33. Bei der Beklagten handelt es sich um die deutsche Tochtergesellschaft der XXX, die zu den weltweit größten Herstellern von TV-Geräten und Set-Top-Boxen zählt. Die Beklagte fungiert insoweit als Vertriebsgesellschaft für die Regionen Deutschland, Österreich und Schweiz und betreibt zudem die deutschsprachige Internetseite XXX, über die u.a. auch HEVC-fähige Fernsehgeräte und Set-Top-Boxen unter den verschiedenen Marken der XXX angeboten werden (nachfolgend: angegriffene Ausführungsformen). Über die Internetseite der Beklagten ist u.a. der als Anlage ES 3b zur Akte gereichte Produktkatalog XXX abrufbar, in dem auch Fernseher mit 4K-Ultra HD-Eigenschaft beworben werden und zudem die Angabe erfolgt, dass die Fernseher den mittlerweile in Deutschland verbreiteten DVB-T2-Standard für terrestrisches Fernsehen unterstützen. Über verschiedene (Internet-)Händler wie XXX und XXX sind in Deutschland zudem Fernseher der Marke XXX erhältlich, die mit der Kompatibilität zum HECV-Standard beworben werden und in deren Bedienungsanleitung als Importeur und Vertreiber die Beklagte angegeben wird (vgl. Anlage ES 3c).
  34. Bei dem DVB-T2-Standard handelt es sich um den internationalen Nachfolgestandard zum DVB-T-Standard, der in der Bundesrepublik Deutschland bundesweit zum Einsatz gekommen war. Der DVB-T2-Standard ist effizienter als der ältere DVB-T-Standard und erlaubt bei gleicher Frequenznutzung die Übertragung von mehr Programmen und/oder das Erreichen einer besseren Bildqualität (sog. HDTV). In der Bundesrepublik Deutschland macht der DVB-T2-Standard Gebrauch von dem Codierverfahren nach dem Standard H.265/MPEG-H High Efficiency Video Coding – HEVC (nachfolgend: HEVC-Standard), welcher seinerseits als Nachfolgestandard des H.264/MPEG-4 Advanced Video Coding – AVC Standards seitens der Internationalen Fernmeldeunion (International Telecommunication Union, ITU) entwickelt wurde. Die Klägerin gab gegenüber der ITU eine SEP-FRAND-Erklärung ab. Der HEVC-Standard wurde von der Klägerin auszugsweise als Anlage ES 3d zur Akte gereicht.
  35. Das Klagepatent ist Teil des XXX (nachfolgend: (Patent-) Pool). Der Patentpool umfasst zum Schluss der mündlichen Verhandlung gut 15.000 Patente, die inklusive der Klägerin von ca. 35 Lizenzgebern eingebracht worden sind. Zuletzt kamen XXX und XXX als Lizenzgeber hinzu und haben ca. 1.200 HEVC-essentielle Schutzrechte, welche zuvor über den XXX lizensiert wurden, in den Patentpool eingebracht.
    Der Pool, in den nach Berechnungen der Klägerin ca. 70 % aller Patente des HEVC-Standards eingeflossen sind, wird von der XXX aus Boston, nunmehr handelnd unter „XXX“ (nachfolgend: XXX) verwaltet.
  36. Im Jahr 2020 hatten 29 Lizenzgeber ihre Schutzrechte in den Patentpool eingebracht. Zu den Lizenzgebern gehören neben der Klägerin Unternehmen wie die XXX, XXX, XXX, XXX, XXX, XXX, XXX, XXX, XXX und XXX.
  37. Mehr als 160 Unternehmen waren im Juli 2020 Lizenznehmer des Pools. Inzwischen ist deren Anzahl auf rund 225 gestiegen. Zu den Lizenznehmern des Pools gehören Unternehmen wie XXX (Anlage ES-Kart 36). Eine Übersicht der Lizenzsituation ergibt sich aus der Anlage ES 1f., auf welche ergänzend Bezug genommen wird.
  38. Neben dem XXX Patentpool existiert ein von der XXX verwalteter Pool an HEVC-Patenten. Diese beiden Patentpools weisen inhaltliche Überschneidungen auf, deren konkrete Höhe zwischen den Parteien in Streit steht und sich zwischen mindestens 30 % bis maximal rund 70 % bewegt. XXX schloss, was von der Klägerin bestritten wird, am 12. Dezember 2018 einen Lizenzvertrag mit XXX über deren HEVC-Portfolio (vgl. Anlage GRÜ 6). Neben XXX gibt es rund 90 andere Lizenznehmer, die gleichzeitig eine Lizenz am XXX und XXX HEVC-Pool halten.
  39. XXX hält auf ihrer Website unter der Domain www.hevcXXX.com allgemeine Informationen zum Lizenzprogramm, zur Struktur der Lizenzgebühren (vgl. Anlage ES 1d) sowie ein downloadbares Dokument des HEVC XXX Patentportfolio Lizenzvertrages (im Folgenden auch: PPL, Anlage ES 1h) bereit. Abrufbar sind ferner Patentlisten (claim charts), die auf entsprechende Passagen im Standard Bezug nehmen.
  40. Die Grobstruktur des Gebührensystems stellt sich (für vertragstreue Lizenznehmer) wie folgt dar (Auszug aus der Anlage ES 1e):
  41. Gegenüber Lizenznehmern, die nicht auch eine Markenlizenz genommen haben, weichen die Lizenzgebühren leicht nach oben ab. Die Türkei wird in die Region 1 eingruppiert, XXX. Im Übrigen wird wegen des weiteren Inhalts des Poollizenzangebots auf dieses verwiesen.
  42. Mit Blick auf an einzelnen, in den HEVC-Patentpool eingebrachten Schutzrechten etwaig bereits bestehende Lizenzverträge sah XXX auf ihrer Website unter der Überschrift „XXX“ nachfolgende Handhabe vor (Abbildung entstammt der Anlage GRÜ 75):
  43. Wie dieser Umgang mit doppelt gezahlten Lizenzgebühren gegenüber einem Lizenznehmer wirksam werden soll, wird ferner in dem als GRÜ 76 zur Akte gereichten Dokument „XXX“ dargestellt:
  44. Im Frühjahr 2017 fand eine erste Kontaktaufnahme zwischen XXX und XXX statt (Anlage GRÜ 1), mit welcher XXX XXX auf eine aus ihrer Sicht bestehende Patentverletzung hinwies. Im Dezember 2017 trafen sich Vertreter von XXX, namentlich XXX und von HEVC XXX, XXX, persönlich, um den Abschluss eines Lizenzvertrages zu besprechen. Kurze Zeit später trat XXX an Abnehmer von XXX heran und wies diese in ähnlicher Weise auf den behaupteten patentverletzenden Zustand der angegriffenen Ausführungsformen hin (Sommer/Herbst 2017; Anlage GRÜ 2).
  45. Im Januar 2018 konkretisierte XXX den Verletzungsvorwurf. Sie ließ XXX erste Claim Charts zukommen und teilte XXX mit, dass 17 Patente aus dem Pool als relevant im Hinblick auf eine Verletzung erachtet würden (Anlage GRÜ 3). Das erste Angebot auf Abschluss eines Poollizenzvertrages übermittelte die Poolverwalterin am 15. Mai 2018 (Anlage ES 1g), wozu XXX die Klägerin mit Schreiben vom 9. Mai 2018 aufgefordert hatte (Anlagen ES-Kart 2, ES-Kart 3).
  46. Im Rahmen eines persönlichen Treffens der Parteien in XXX am 11. Juni 2018 wurden XXX das White Paper von XXX, vorgelegt als Anlage ES 1e 1/2, sowie weitere Claim Charts ausgehändigt. Es handelte sich um ein vorwiegend von technischen Fragestellungen geprägtes Meeting. Am 11. Juli 2018 wies XXX auf weitere Patente anderer Inhaber hin, die ebenfalls verletzt würden. Ferner wurde auf die Möglichkeit, bilaterale Lizenzverträge abzuschließen, hingewiesen.
  47. Mitte November 2018 erfolgte wiederum ein persönliches Treffen der Parteien, um den Abschluss eines Lizenzvertrages in die Wege zu leiten. Die Parteien erörterten dazu die Vorlage von Vergleichslizenzverträgen und die Bedingungen, wie den Abschluss eines NDA, unter denen dies ermöglicht werden könnte. Diskutiert wurde auch über die Höhe der Lizenzgebühr, welche die Beklagte als übersetzt ansah. Seit den ersten Treffen thematisierten die Parteien auch den Umgang mit der Gebührenhöhe angesichts bereits außerhalb des XXX-Pools einlizensierter HEVC-Patente.
  48. Im Januar 2019 erhob XXX Klage gegen XXX und XXX zum Londoner High Court of Justice (Anlage ES 1h bzw. Anlage GRÜ 7). Damit begehrte sie insbesondere die Feststellung, dass die in ihrem Gegenangebot vom XXX an XXX (Anlage GRÜ 8) enthaltenen Lizenzgebühren FRAND sind. Sowohl erst- als auch zweitinstanzlich wurde die Klage wegen Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts abgewiesen (Anlage ES 1i; Anlage ES-Kart 9).
  49. Ende April 2019 fand ein Treffen der Parteien in XXX statt. Thematisiert wurden dort vor allem Zahlungen für die Vergangenheit sowie die Höhe der künftigen Lizenzgebühren. Ein Diskussionspunkt zwischen den Parteien war dabei außerdem die Beauskunftung von Verkaufszahlen durch XXX. XXX fragte wiederholt nach derlei Informationen und fasste zu unterbreiteten Angaben mehrfach nach, wie diese im Einzelnen zu verstehen wären, insbesondere hinsichtlich des Umstands unter welcher Marke sie vertrieben und für welches Unternehmen sie hergestellt würden. XXX legte hierzu Angaben zu Produkten vor, die in der Zeit vom 31. Dezember 2018 bis zum 31. August 2020 vertrieben wurden (Anlage GRÜ 20, GRÜ 22). Wegen des Austauschs zu dieser Fragestellung wird ergänzend auf die als Anlagen GRÜ 26 ff. zur Akte gereichten E-Mails Bezug genommen.
  50. Am 24. Juli 2020 erhob XXX in Den Haag Klage gegen XXX, XXX und XXX (Anlage GRÜ 11); gegen XXX wurde die Klage am 31. August 2020 erweitert (Anlage GRÜ 12). Auf diesem Wege verfolgt die Beklagte ihr Interesse weiter, zu einer gerichtlichen Bestimmung einer FRAND-Gebühr zu gelangen, wobei ihr Gegenangebot auch hier als Grundlage herangezogen werden sollte. Eine Entscheidung in diesen Streitigkeiten ist bislang nicht ergangen.
  51. Der Austausch zwischen den Parteien über Vertragsbedingungen setzte sich bis Mitte des Jahres 2021 fort (vgl. Anlagenkonvolut ES-Kart 35) fort. Hierbei unterbreitete die Klägerin XXX im März 2021 ein hinsichtlich der pauschalen Schadensersatzzahlung für die Vergangenheit aktualisiertes Angebot. Schon zuvor unter dem 21. Oktober 2020 und 6. November 2020 nahm die Klägerin Aktualisierungen an ihrem Poolangebot vor (vgl. Anlage ES-Kart 14 ff.). Die Beklagte ihrerseits aktualisierte im September 2021 wiederum ihr Gegenangebot mit einer wiederum höheren Lizenzgebühr von nunmehr USD XXX (Anlage GRÜ 105).
  52. Die Klägerin persönlich unterbreitete XXX im April 2019 ein bilaterales Lizenzangebot (Anlage ES1l), welches eine Lizenzgebühr in Höhe von USD XXX vorsah. Die Klägerin nahm XXX Gegenangebot aus November 2020 (vgl. Anlage GRÜ 58) nicht an. Die sich daran anschließende Korrespondenz zwischen den Parteien führte letztlich nicht zu einem Vertragsschluss. Die Klägerin hat bisher keine bilateralen Lizenzverträge abgeschlossen.
  53. Abgesehen von dem hiesigen Rechtsstreit führt die Klägerin unter dem Az. XXX ein Verfahren wegen Patentverletzung gegen die Beklagte. Außerdem nehmen die weiteren Poolmitglieder XXX die Beklagte in ebenfalls vor der Kammer geführten Rechtsstreitigkeiten aus einem bzw. zwei (XXX) Poolpatenten in Anspruch.
  54. Die Klägerin ist der Auffassung, dass der HEVC-Standard und infolgedessen auch die angegriffenen Ausführungsformen von der Lehre des Klagepatents Gebrauch machen.
  55. Dem Klagepatent käme es – wie sich bereits aus Absatz [0015] eindeutig ergebe – gerade darauf an, das allgemein vorbekannte Slice-Konzept weiterzuentwickeln, so dass es nicht allein nur auf das herkömmliche Verständnis des Begriffs Slice in der Video(de)codierung abstelle. Es sehe daher die Abkehr von dem bis dahin geltenden Grundsatz vor, dass die Grenzen eines Slice stets die Prädiktion brechen müssten. Insoweit sehe es die Unterteilung der Slice in unabhängige und abhängige Slices vor. Zwar sei im Klagepatent in Absatz [0154] ein Bruch der Nomenklatur zu erkennen, da bis zu dieser Passage nur von (un)abhängigen Slices gesprochen werde, während im Anschluss noch die Begriffe der (un)abhängigen Slice-Segmente eingeführt würden. Das Klagepatent würde aber explizit klarstellen, dass es die Begriffe Slice und Slice-Segment synonym verstehen wolle. Dieses fachmännische Verständnis ergebe sich schließlich auch aus Abschnitt 3.3.1 des Fachbuches „High Efficiency Video Coding (HEVC) – Algorithms and Architectures“ von Sze V. et al. (auszugsweise vorgelegt als Anlage ES 3e).
  56. Die Lehre des Klagepatents betreffe nicht nur die Codierseite des Standards, da auch der Decodierer in der Lage sein müsse, die beiden vorgeschlagenen Modi zu verarbeiten. Auch sehe die Lehre des Klagepatents keine eigene Wahlmöglichkeit für den Decodierer vor, vielmehr solle dieser auf ein vom Codierer bestimmtes Syntaxelementabschnitt ansprechen, welcher ihm von Fall zu Fall mitteile, welchen Modus er zu verwenden habe. Je nach dem Wert des Elementes „dependent_slice_segment_flag“, mithin dem Vorliegen eines abhängigen oder unabhängigen Slice-Segmentes, werde die Variable „SliceAddrRs“ auf einen neuen Wert gesetzt oder nicht. Sofern zwei Blöcke den gleichen Wert „SliceAddrRs“ aufweisen würden, stünde der Nachbarblock für die Codierung zur Verfügung.
  57. Ferner ist die Klägerin der Auffassung, das Klagepatent werde sich in der Entscheidung über die Nichtigkeitsklage der Beklagten als rechtsbeständig erweisen.
  58. Die Klägerin meint, dass der von der Beklagten erhobene Kartellrechtseinwand unbegründet sei und die Ansprüche auf Unterlassung, Rückruf und Vernichtung derzeit durchsetzbar seien. Die Beklagte habe sich bereits nicht lizenzwillig gezeigt. XXX habe im Jahr 2017 nicht auf den Verletzungshinweis reagiert. In der Folgezeit seien besondere Anstrengungen, um gleichwohl als lizenzwillig angesehen werden zu können, unterblieben. Umso mehr würden die angestrengten ausländischen Parallelverfahren die mangelnde Lizenzbereitschaft belegen, zumal dort Anträge auf Erlass einer Anti-Suit Injunction gestellt worden seien. XXX lege eine Verzögerungstaktik an den Tag, um den Abschluss eines Lizenzvertrages zu verhindern. Dies sei auch an dem schleppenden Austausch zum Abschluss eines NDA, was der Klägerin die Vorlage von Vergleichslizenzverträgen ermöglichen sollte, ersichtlich. Ebenso wenig könne das unterbreitete Gegenangebot ernst genommen werden. Das Standard-Poollizenzangebot von XXX dagegen sei inhaltlich nicht zu beanstanden und führe zu keinem Ausbeutungsmissbrauch zulasten der Beklagten. Insbesondere verhalte sich die Klägerin mit dem in der XXX beschriebenen Umgang betreffend den Ausgleich von Doppellizenzgebühren FRAND-gemäß. Es sei die Angelegenheit der Doppellizenzgeber und des Lizenzsuchers, einen Ausgleichsmechanismus zu finden. Betragsmäßig könne ein zu erstattender Gebührenanteil gegenüber der Beklagten nicht angegeben werden, da es dafür auf Angaben der Beklagten ankomme, die erst während eines laufenden Lizenzverhältnisses nach einer Abrechnungsperiode vorlägen. Ferner spreche für die FRAND-Gemäßheit die Vielzahl der bereits geschlossenen Lizenzverträge. Diese Lizenznehmer hätten keinen Anstoß an der Rückerstattungshandhabe genommen. Daraus ergebe sich ein erhebliches Indiz für faire und angemessene Vertragsbedingungen. Hinzukomme nach Ansicht der Klägerin, dass andere Patentpools auf dieselbe Weise verfahren würden und ebenso wenig eine konkrete Regelung für die Erstattung von doppelten Lizenzgebühren vorsähen. Jedenfalls hinsichtlich des XXXHEVC-Pools habe die Beklagte eine solche Regelung auch akzeptiert. Zudem sei es XXX hinsichtlich bestimmter Parameter des Lizenzvertrages nicht möglich, zugunsten der Beklagten von dem Standardlizenzvertrag abweichen.
  59. Ferner sei der kartellrechtliche Zwangslizenzeinwand auch mit Blick auf das von der Klägerin unterbreitete bilaterale Lizenzangebot unbegründet. Die Klägerin habe ihren FRAND-Obliegenheiten genügt. Die Lizenzgebührenhöhe von USD XXX für 4k/UHD-Fernseher baue auf den HEVC-Poollizenzgebühren auf und orientiere sich des Weiteren an dem Anteil der klägerischen Patente im Pool zuzüglich eines XXX-igen Aufschlags für anfallende Verwaltungskosten. Diese rechtfertigten sich daraus, dass die Klägerin anders als ein Patentpool weniger effizient lizensieren könne. Die besonderen Vorteile der Poollizensierung kämen nicht mehr zum Tragen. Unbeschadet dessen, sei die Beklagte aber nicht an einer bilateralen Lizensierung interessiert, was aus dem Gegenangebot aus November 2020 nebst dem zugehörigen Schriftwechsel folge (vgl. Anlage ES-Kart 19).
  60. Die Klägerin beantragt,
  61. I. die Beklagte zu verurteilen,
  62. 1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000 – ersatzweise Ordnungshaft – oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlungen von bis zu insgesamt 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft an dem Geschäftsführer der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen,
  63. a) Decodierer zum Rekonstruieren eines Bildes aus einem Datenstrom, in den das Bild in Einheiten von Stücken codiert ist, in die das Bild partitioniert ist, wobei der Decodierer dazu ausgebildet ist, die Stücke gemäß einer Stückreihenfolge aus dem Datenstrom zu decodieren, und der Decodierer auf einen Syntaxelementabschnitt innerhalb eines aktuellen Stückes der Stücke anspricht, um das aktuelle Stück gemäß einem von zumindest zwei Modi zu decodieren, und
  64. das aktuelle Stück gemäß einem ersten der zumindest zwei Modi unter Verwendung von kontextadaptiver Entropiedecodierung einschließlich einer Ableitung von Kontexten über Stückgrenzen hinweg, einer fortlaufenden Aktualisierung von Symbolwahrscheinlichkeiten der Kontexte und einer Initialisierung der Symbolwahrscheinlichkeiten abhängig von gespeicherten Zuständen von Symbolwahrscheinlichkeiten eines zuvor decodierten Stückes, sowie voraussagender Decodierung über die Stückgrenzen hinweg aus dem Datenstrom zu decodieren, und
  65. das aktuelle Stück gemäß einem zweiten der zumindest zwei Modi unter Verwendung von kontextadaptiver Entropiedecodierung mit einem Beschränken der Ableitung der Kontexte, um die Stückgrenzen nicht zu überschreiten, einer fortlaufenden Aktualisierung von Symbolwahrscheinlichkeiten der Kontexte und einer Initialisierung der Symbolwahrscheinlichkeiten unabhängig von jeglichem zuvor decodierten Stück, sowie voraussagender Decodierung mit einem Beschränken der voraussagenden Decodierung, um die Stückgrenzen nicht zu überschreiten, aus dem Datenstrom zu decodieren und
  66. wobei das Bild in Codierblöcke partitioniert ist, die in Zeilen und Spalten angeordnet sind und eine untereinander definierte Rasterabtastreihenfolge aufweisen, und der Decodierer dazu ausgebildet ist, jedes Stück einem fortlaufenden Teilsatz der Codierblöcke in der Rasterabtastreihenfolge zuzuordnen, so dass die Teilsätze einander entlang der Rasterabtastreihenfolge gemäß der Stückreihenfolge folgen, und
  67. wobei der Decodierer dazu ausgebildet ist, Symbolwahrscheinlichkeiten, wie bei einer kontextadaptiven Entropiedecodierung des zuvor decodierten Stückes bis zu einem zweiten Codierblock in einer Zeile gemäß der Rasterabtastreihenfolge erhalten, zu speichern, und bei einem Initialisieren der Symbolwahrscheinlichkeiten für die kontextadaptive Entropiedecodierung des aktuellen Stückes gemäß dem ersten Modus zu überprüfen, ob ein erster Codierblock des fortlaufenden Teilsatzes von Codierblöcken, der dem aktuellen Stück zugeordnet ist, ein erster Codierblock in einer Zeile gemäß der Rasterabtastreihenfolge ist, und, falls dies zutrifft, die Symbolwahrscheinlichkeiten für die kontextadaptive Entropiedecodierung des aktuellen Stückes abhängig von den gespeicherten Symbolwahrscheinlichkeiten, wie bei der kontextadaptiven Entropiedecodierung des zuvor decodierten Stückes bis zu einem zweiten Codierblock in einer Zeile gemäß der Rasterabtastreihenfolge erhalten, zu initialisieren, und, falls dies nicht zutrifft, die Symbolwahrscheinlichkeiten für die kontextadaptive Entropiedecodierung des aktuellen Stückes abhängig von Symbolwahrscheinlichkeiten, wie bei der kontextadaptiven Entropiedecodierung des zuvor decodierten Stückes bis zu dem Ende des zuvor decodierten Stückes erhalten, zu initialisieren,
  68. in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen;
  69. b) Dritten in der Bundesrepublik Deutschland
  70. Mittel zum Durchführen eines Verfahrens zum Rekonstruieren eines Bildes aus einem Datenstrom, in den das Bild in Einheiten von Stücken codiert ist, in die das Bild partitioniert ist, wobei das Verfahren ein Decodieren der Stücke aus dem Datenstrom gemäß einer Stückreihenfolge aufweist, und das Verfahren auf einen Syntaxelementabschnitt innerhalb eines aktuellen Stückes der Stücke anspricht, um das aktuelle Stück gemäß einem von zumindest zwei Modi zu decodieren, wobei
  71. das aktuelle Stück gemäß einem ersten der zumindest zwei Modi unter Verwendung von kontextadaptiver Entropiedecodierung einschließlich einer Ableitung von Kontexten über Stückgrenzen hinweg, einer fortlaufenden Aktualisierung von Symbolwahrscheinlichkeiten der Kontexte und einer Initialisierung der Symbolwahrscheinlichkeiten abhängig von gespeicherten Zuständen von Symbolwahrscheinlichkeiten eines decodierten Stückes, sowie voraussagender Decodierung über die Stückgrenzen hinweg aus dem Datenstrom decodiert wird, und das aktuelle Stück gemäß einem zweiten der zumindest zwei Modi unter Verwendung von kontextadaptiver Entropiedecodierung mit einem Beschränken der Ableitung der Kontexte, um die Stückgrenzen nicht zu überschreiten, einer fortlaufenden Aktualisierung von Symbolwahrscheinlichkeiten der Kontexte und einer Initialisierung der Symbolwahrscheinlichkeiten unabhängig von jeglichem zuvor decodierten Stück, sowie voraussagender Decodierung mit einem Beschränken der voraussagenden Decodierung, um die Stückgrenzen nicht zu überschreiten, aus dem Datenstrom decodiert wird,
  72. wobei das Bild in Codierblöcke partitioniert ist, die in Zeilen und Spalten angeordnet sind und eine untereinander definierte Rasterabtastreihenfolge aufweisen, und das Verfahren ein Zuordnen jedes Stückes zu einem fortlaufenden Teilsatz der Codierblöcke in der Rasterabtastreihenfolge aufweist, so dass die Teilsätze einander entlang der Rasterabtastreihenfolge gemäß der Stückreihenfolge folgen, und wobei das Verfahren ein Speichern von Symbolwahrscheinlichkeiten, wie bei einer kontextadaptiven Entropiedecodierung des zuvor decodierten Stückes bis zu einem zweiten Codierblock in einer Zeile gemäß der Rasterabtastreihenfolge erhalten, und bei einem Initialisieren der Symbolwahrscheinlichkeiten für die kontextadaptive Entropiedecodierung des aktuellen Stückes gemäß dem ersten Modus ein Überprüfen, ob ein erster Codierblock des fortlaufenden Teilsatzes von Codierblöcken, der dem aktuellen Stück zugeordnet ist, ein erster Codierblock in einer Zeile gemäß der Rasterabtastreihenfolge ist, und, falls dies zutrifft, ein Initialisieren der Symbolwahrscheinlichkeiten für die kontextadaptive Entropiedecodierung des aktuellen Stückes abhängig von den gespeicherten Symbolwahrscheinlichkeiten, wie bei einer kontextadaptiven Entropiedecodierung des zuvor decodierten Stückes bis zu einem zweiten Codierblock in einer Zeile gemäß der Rasterabtastreihenfolge erhalten, und, falls dies nicht zutrifft, ein Initialisieren der Symbolwahrscheinlichkeiten für die kontextadaptive Entropiedecodierung des aktuellen Stückes abhängig von Symbolwahrscheinlichkeiten, wie bei einer kontextadaptiven Entropiedecodierung des zuvor decodierten Stückes bis zu dem Ende des zuvor decodierten Stückes erhalten, aufweist
  73. zur Benutzung in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder zu liefern;
  74. 2. der Klägerin in einer gesonderten Aufstellung, auch in elektronischer Form – hinsichtlich der Angaben a) und b) unter Vorlage von Rechnungen, hilfsweise Lieferscheinen, weiter hilfsweise Quittungen in Kopie, wobei Daten, auf die sich die geschuldete Auskunft und Rechnungslegung nicht bezieht und hinsichtlich derer ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse der Beklagten besteht, abgedeckt oder geschwärzt sein können – darüber Angaben zu machen, in welchem Umfang sie die unter Ziffer 1.a) und 1.b) bezeichneten Handlungen seit dem 28. Januar 2017 begangen hat, und zwar unter Angabe
  75. a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
    b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen, den jeweiligen Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
    c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen, der jeweiligen Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
    d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internet-Werbung der Domain, den Zugriffszahlen und den Schaltungszeiträumen, und
    e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
  76. wobei es der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht-gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von ihr zu bezeichnenden, der Klägerin gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
  77. 3. die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder in ihrem Eigentum befindlichen, unter Ziffer 1.a) bezeichneten Erzeugnisse (Decodierer) an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten – Kosten herauszugeben;
  78. 4. die unter Ziffer 1.a) bezeichneten, bereits in Verkehr gebrachten Erzeugnisse (Decodierer) gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf den gerichtlich festgestellten (Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom … ) patentverletzenden Zustand der Sache und mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen und die Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen;
  79. II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die in Ziffern I.1.a) und l.1.b) bezeichneten Handlungen seit dem 28. Januar 2017 entstanden ist und noch entstehen wird.
  80. Die Beklagte beantragt,
  81. I. das Verfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss über das zwischen der Klägerin, XXX sowie XXX und der Beklagten vor der Rechtsbank Den Haag geführte Verfahren, wie mit Klage vom 24. Juli 2020 eingeleitet, auszusetzten;
    II. die Klage abzuweisen;

    III. hilfsweise zu II.
    1. die Klage als derzeit unbegründet im Hinblick auf die Ansprüche auf Unterlassung, Rückruf und Entfernung aus den Vertriebswegen sowie Vernichtung abzuweisen;

  82. 2. widerklagend:
  83. festzustellen, dass die Klägerin der Beklagten sämtlichen Schaden zu ersetzen hat, der der Beklagten seit dem XXX dadurch entstanden ist, dass die Klägerin und die XXX LLC den Anspruch von XXX auf Abschluss eines Lizenzvertrages, der auch das Klagepatent umfasst, zu angemessenen und nicht-diskriminierenden Bedingungen nicht erfüllt haben;
  84. IV. weiter hilfsweise
    1. das Verfahren auszusetzen;
  85. 2. dem EuGH folgende Fragen zur Klärung vorzulegen:
  86. Konkretisierung der Anforderungen aus der Entscheidung des Gerichtshofs in Sachen Huawei./. ZTE (Urteil vom 16.07.2015 -10-170/13):
  87. 1. Besteht ungeachtet dessen, dass die vom SEP-Inhaber und vom SEP-Benutzer wechselseitig vorzunehmenden Handlungspflichten (Verletzungsanzeige, Lizenzierungsbitte, FRAND-Lizenzangebot; Lizenzangebot an den vorrangig zu lizenzierenden Zulieferer) vorgerichtlich zu erfüllen sind, die Möglichkeit, Verhaltenspflichten, die im vorgerichtlichen Raum versäumt wurden, rechtswahrend im Laufe eines Gerichtsverfahrens nachzuholen?
  88. 2. Kann von einer beachtlichen Lizenzierungsbitte des Patentbenutzers nur dann ausgegangen werden, wenn sich aufgrund einer umfassenden Würdigung aller Begleitumstände klar und eindeutig der Wille und die Bereitschaft des SEP-Benutzers ergibt, mit dem SEP-Inhaber einen Lizenzvertrag zu FRAND-Bedingungen abzuschließen, wie immer diese (mangels eines zu diesem Zeitpunkt formulierten Lizenzangebotes überhaupt noch nicht absehbaren) FRAND-Bedingungen aussehen mögen?
  89. a) Gibt ein Verletzer, der mehrere Monate auf den Verletzungshinweisschweigt, damit regelmäßig zu erkennen, dass ihm an einer Lizenznahme nicht gelegen ist, so dass es – trotz verbal formulierter Lizenzbitte – an einer solchen fehlt, mit der Folge, dass der Unterlassungsklage des SEP-Inhabers stattzugeben ist?
  90. b) Kann aus Lizenzbedingungen, die der SEP-Benutzer mit einem Gegenangebot eingebracht hat, auf eine mangelnde Lizenzbitte geschlossen werden, mit der Folge, dass der Unterlassungsklage des SEP-Inhabers ohne vorherige Prüfung, ob das eigene Lizenzangebot des SEP-Inhabers (welches dem Gegenangebot des SEP-Benutzers vorausgegangen ist) überhaupt FRAND-Bedingungen entspricht, daraufhin stattgegeben wird?
  91. c) Verbietet sich ein solcher Schluss jedenfalls dann, wenn diejenigen Lizenzbedingungen des Gegenangebotes, aus denen auf eine mangelnde Lizenzbitte geschlossen werden soll, solche sind, für die weder offensichtlich noch höchstrichterlich geklärt ist, dass sie sich mit FRAND-Bedingungen nicht vereinbaren lassen?
  92. V. weiter hilfsweise – je zu II., III. und IV. – soweit die Kammer auf Verletzung des Klagepatent erkannt hat und Ansprüche der Klägerin als begründet erkennt:
    das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die von der Beklagten gegen das Klagepatent mit Wirkung für Deutschland erhobene Nichtigkeitsklage vor dem Bundespatentgericht (XXX) auszusetzen;
  93. VI. weiter hilfsweise:
    der Beklagten eine Aufbrauchsfrist bis zu dem Zeitpunkt einzuräumen, zu dem die Produkte gemäß Antrag I.1 a. der Klageschrift, sowie Mittel gemäß Antrag I.1. b der Klageschrift, sowie kerngleiche Ausführungsformen, die bis zur Verkündung des Urteils von Kunden der Beklagten bestellt wurden, ausgeliefert sind, zuzüglich einer Frist von zwei Monaten, maximal jedoch für die Dauer von sechs Monaten ab Verkündung des Urteils.
  94. Die Klägerin beantragt,
    die Widerklage der Beklagten abzuweisen.
  95. Die Beklagte meint, die Lehre des Klagepatents sei für den HEVC-Standard nicht essentiell.
  96. Entgegen der Ansicht der Klägerin würde das Klagepatent in technischer Hinsicht sehr wohl zwischen einem Slice und einem Slice-Segment unterscheiden, so dass diese beiden Begriffe nicht synonym verwendet würden. Das Klagepatent verstehe unter einem Slice – wie in den Video(de)codierstandards AVC und HEVC üblich – eine bestimmte Anzahl von Bildblöcken, die für die Codierung/Decodierung gebildet würde. Demgegenüber handele es sich bei einem Slice-Segment um eine bestimmte Anzahl von Blöcken innerhalb eines Slices. Daraus folge, dass das Klagepatent auch zwischen den Grenzen der Slices (Slice Boundaries) und den Grenzen der Slice-Segmente (Slice Segment Boundaries) unterscheide. Dem Klagepatent käme es indes allein darauf an, in bestimmten Fällen ein Brechen der Prädiktion über Slice-Grenzen hinweg (Slice-Boundaries) zu verhindern.
  97. Insoweit würden der HEVC-Standard und daher auch die angegriffenen Ausführungsformen keinen Gebrauch von der Lehre des Klagepatents machen.
  98. So beziehe sich die Lehre des Klagepatents bereits allein auf die Codierseite, da der Decodierer keinen Einfluss darauf habe, welche Modi die Codiereinrichtung verwende. Daher sei auch keine Wahlmöglichkeit im Decodierer implementiert, welchen Modi er verwende. Da der Decodierer der Entscheidung des Codierers folgen müsse, spiele es auch für den Decodierer keine Rolle, ob es sich bei den jeweils zu decodierenden Slices um unabhängige oder abhängige Slices handele.
  99. Das Konzept der abhängigen Slices habe keinen Eingang in den HEVC-Standard gefunden. Der HEVC-Standard würde vielmehr auf eine Aufteilung der Slices in getrennt übertragbare Segmente setzen, wobei nur die Grenzen zwischen den Slice-Segmenten gebrochen werden dürften, nicht indes die Grenzen zwischen den Slices selbst. Ein Slice im HEVC-Standard könne daher aus einem einzigen unabhängigen Slice-Segment oder aus einem unabhängigen und ein bis mehreren abhängigen Slice-Segmenten bestehen, wobei im letzten Fall das unabhängige Slice-Segment immer das erste Segment bilden müsse. Dementsprechend würde das Syntaxelement „dependent_slice_segment_flag“ auch nur bestimmen, ob für ein Slice-Segment bestimmte Werte aus dem Slice-Header übernommen werden sollen; darin liege aber kein Brechen von Slice-Grenzen (Slice-Boundaries). Gleiches gelte auch für die Variable „SliceAddrRs“. Wie dem Abschnitt 7.4.7.1 des HEVC-Standards entnommen werden könne, werde diese Variable für jedes unabhängige Slice-Segment auf einen neuen Wert gesetzt, so dass keine Slice-Grenzen durchbrochen würden. Soweit auch der Prozess 6.4.1 Bezug nehme auf die Variable „SliceAddrRs“, so sei diese dafür relevant, ob ein Nachbarblock für die Codierung zur Verfügung stehe oder nicht. Es dürften dabei aber nur Blöcke innerhalb eines Slices verwendet werden, da die Variable für Blöcke unterschiedlicher Slices auch jeweils unterschiedlich sei und daher das Flag „availableN“ auf FALSE gesetzt werde, so dass kein Nachbarblock zu Verfügung stünde.
  100. Ferner meint die Beklagte, der erhobene Kartellrechtseinwand greife durch.
  101. Die Beklagte selbst habe sich lizenzwillig gezeigt. Das ursprünglich in Großbritannien sowie das in den Niederlanden geführte Verfahren belege die Lizenzbereitschaft, weil die Beklagte damit die FRAND-Gemäßheit ihres Gegenangebots feststellen lassen wolle. Sie ergebe sich ferner daraus, dass die Beklagte schon eine XXXHEVC-Lizenz genommen habe. Es sei demgegenüber die Klägerin, die nicht ernsthaft verhandelte und auf die Positionen der Beklagten eingehe.
  102. Außerdem seien die unterbreiteten Lizenzvertragsangebote weder fair noch angemessen. Dies gelte insbesondere für die Regelungen zu den Doppellizenzzahlungen. Es sei mit FRAND-Grundsätzen nicht vereinbar, zunächst Lizenzgebühren auch für bereits einlizensierte Schutzrechte zu verlangen und erst im Anschluss einen Ausgleich zu bieten, welcher zudem auf Verhandlungen zwischen den jeweiligen Lizenzgebern und Lizenznehmern abgewälzt werde. Keiner der seitens der Klägerin gelieferten Begründungsansätze könne diesen Umgang rechtfertigen und keines der Lizenzangebote trage dieser Situation Rechnung. Ungeachtet dessen ändere ein Lizenzgeber, der einen Poolwechsel von XXX hin zu XXX vornehme, seine Lizensierungspraxis insoweit zum Nachteil künftiger Lizenznehmer. Umso weniger gelinge der Verweis auf abgeschlossene Vergleichslizenzverträge, da mit XXX allenfalls ein Unternehmen Lizenznehmer sei, welches als XX-Hersteller mit dem Unternehmen der Beklagten vergleichbar sei. Auf andere Lizenzverträge könne daher schon nicht zurückgegriffen werden.
  103. Der mit der Widerklage verfolgte Schadensersatzanspruch sei begründet. Die Einbeziehung einer Muttergesellschaft sei in FRAND-Konstellationen anerkannt; ein Angebot werde in der Regel gegenüber ihr abgegeben und sie sei Ausstellerin eines Gegenangebots. Da der FRAND-Einwand nicht für sich genommen zu einer Beschränkung der Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüche führe, müsse diese im Wege der Widerklage separat geltend gemacht werden.
  104. Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Widerklage unbegründet sei. Weshalb die Klägerin für ein Verhalten der XXX einstehen solle, sei nicht ersichtlich. Ebenso wenig sei nachvollziehbar, aus welchen Gründen die Beklagte einen ihrer Muttergesellschaft zustehenden Schadensersatzanspruch geltend machen könne. Jedenfalls habe die Klägerin mehrere Angebote zu FRAND-Bedingungen gemacht, sodass der Anspruch unbegründet sei. Die Ansprüche auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung blieben ungeachtet des FRAND-Einwands uneingeschränkt bestehen. Sie seien nicht teilweise erfüllt worden.
  105. Die Beklagte ist der Auffassung, das Klagepatent werde sich in der Entscheidung über die beim Bundespatentgericht anhängige Nichtigkeitsklage als nicht rechtsbeständig erweisen. Es habe die Priorität der beiden Voranmeldungen nicht wirksam in Anspruch genommen, da diese eine Aufteilung der Slices in unabhängige und abhänge Slice-Segmente nicht offenbaren würden. Daher stünde der am 18. Dezember 2012 veröffentlichte Working Draft 9 zum HEVC-Standard (Anlage B 5) der Lehre des Klagepatents neuheitsschädlich entgegen.
  106. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie auf die zu den Akten gereichten Unterlagen ergänzend Bezug genommen.
  107. Entscheidungsgründe
  108. Die zulässige Klage hat derzeit in der Sache nur zum Teil Erfolg. Die zulässige Widerklage ist begründet.
  109. A.
    Das Verfahren war nicht gemäß Art. 29 Abs. 1 EuGVVO (VO (EU) 1215/2012) auszusetzen.
  110. Danach hat – wenn bei Gerichten verschiedener Mitgliedstaaten Klagen wegen desselben Anspruchs zwischen denselben Parteien anhängig gemacht werden – das später angerufene Gericht unbeschadet des Art. 31 Abs. 2 EuGVVO das Verfahren von Amts wegen auszusetzen, bis die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts feststeht. Anders als etwa Art. 30 EuGVVO, sieht Art. 29 Abs. 1 EuGVVO für die Aussetzungsentscheidung keinen Ermessenspielraum vor („setzt … von Amts wegen aus“) mit der Folge, dass die Aussetzung des später eingeleiteten Verfahrens bei Vorliegen der Voraussetzungen der Norm zwingend ist. Neben der Parteiidentität setzt Art. 29 Abs. 1 EuGVVO auch die Identität der Streitgegenstände in beiden Verfahren voraus.
  111. Grundsätzlich sind die in Art. 29 EuGVVO zur Umschreibung der Rechtshängigkeit verwendeten Begriffe autonom auszulegen (Gottwald in MüKo, Kommentar zur ZPO, Brüssel Ia-VO Art. 29, Rn. 9 mit Verweis auf EuGH, EuGHE 1987, 4861 – Gubisch ./. Palumbo). Der EuGH legt den Begriff „desselben Anspruchs“ weit aus, da es Sinn und Zweck der Regelung des Art. 29 EuGVVO ist, im Interesse einer geordneten Rechtspflege parallele Verfahren vor Gerichten verschiedener Vertragsstaaten der Gemeinschaft zu vermeiden, da anderenfalls sich widersprechende Entscheidungen drohen. Daraus folgt, dass ein (Patent-)Verletzungsverfahren gerichtet auf Unterlassung und/oder Schadensersatz und eine negative Feststellungsklage, mit der die Feststellung der Nichtverletzung des von der Leistungsklage umfassten Schutzrechts begehrt wird, regelmäßig als derselbe Anspruch im Sinne des Art. 29 EuGVVO anzusehen sind und daher das in der Regel später in Gang gesetzte Verletzungsverfahren bis zu einer Entscheidung über die Zuständigkeit im Feststellungsprozess auszusetzen ist (zu den sog. Torpedo-Fällen: Kühnen in Hdb. d. Patentverletzung, 13. Auflage 2021, Kapitel E., Rn. 102). Für die Frage, ob zwei Klagen, die zwischen denselben Parteien bei Gerichten verschiedener Vertragsstaaten anhängig gemacht werden, denselben Gegenstand haben, sind indes nur die Klageansprüche des jeweiligen Klägers und nicht auch die vom Beklagten erhobenen Einwendungen zu berücksichtigen (EuGH NJW 2003, 2596, Rn. 32 – Ganter ./. Basch). Dies folgt daraus, dass Art. 29 Abs. 1 EuGVVO an den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit anknüpft, zu dem nur die jeweiligen Klageansprüche, nicht jedoch das Verteidigungsvorbringen der beklagten Partei feststeht. Dies betrifft insbesondere auch Fälle, in denen SEPs betroffen sind, da es sich bei dem sog. FRAND-Einwand (Kartellrechtseinwand) um ein im Laufe des Verfahrens erhobenes Verteidigungsvorbringen des vermeintlichen Patentverletzers handelt (vgl. Kühnen, a.a.O., Kapitel E., Rn. 241f.).
  112. Ausgehend von diesen Grundsätzen war das hiesige Verfahren nicht nach Art. 29 Abs. 1 EuGVVO auszusetzen, da es vorliegend bereits an einem vorgreiflichen Verfahren fehlt. Das zum Zeitpunkt der Klageeinreichung noch rechtshängig gewesene Verfahren in England ist zwischenzeitlich zweitinstanzlich abgeschlossen, wobei sich die dortigen Gerichte für unzuständig erklärt haben. Das Verfahren vor der Rechtbank Den Haag umfassend eine negative Feststellungsklage der Beklagten und ihrer Muttergesellschaft gegen HEVC wurde erst am 24. Juli 2020 und damit nach Erhebung der hiesigen Klage am 17. Juli 2020 initiiert. Daher fehlt es schon an den zeitlichen Voraussetzungen des Art. 29 EuGVVO.
  113. Aus vorgenannten Gründen kommt auch eine Aussetzung gemäß § 148 ZPO vorliegend nicht in Betracht.
  114. B.
    Der Klage war nur teilweise stattzugeben.
  115. Die angegriffenen Ausführungsformen machen von der Lehre des Klagepatents Gebrauch und der Klägerin stehen daher grundsätzlich die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Rückruf, Entfernung aus den Vertriebswegen, Vernichtung sowie Feststellung der Schadenersatzpflicht dem Grunde nach gemäß den §§ 139ff. PatG. Diese sind indes mit Blick auf den mit Erfolg seitens der Beklagten erhobenen Kartellrechtseinwand derzeit teilweise nicht durchsetzbar.
  116. I.
    Das Klagepatent betrifft die Codierung von Bildern mit geringer Verzögerung, insbesondere mit Blick auf eine Codierung nach dem HEVC-Standard.
  117. Aus der Entwicklung des HEVC-Standards waren zum Prioritätszeitpunkt, wie das Klagepatent einleitend in Absatz [0002] darstellt, Slices, Entropie Slices (früher Light Weight Slices) und WPP als Werkzeuge für die Parallelisierung bekannt.
  118. Wie das Klagepatent in Absatz [0003] weiter ausführt, hat die Partitionierung auf Bildebene für eine Parallelisierung von Videocodierern und -decodierern mehrere Vorteile im Vergleich zu anderen Lösungsansätzen. In früheren Videocodecs, wie z.B. H.264/AVC, waren Bildpartitionen nur möglich mit gleichmäßigen Slices mit hohen Kosten bezüglich der Codiereffizienz. Für skalierbare parallele H.264/AVC-Decodierung ist es notwendig, Makroblockebenenparallelität für Bildrekonstruktion und Rahmenebenenparallelität für Entropiedecodierung zu kombinieren. Dieser Lösungsansatz liefert jedoch eine begrenzte Reduktion bei Bildlatenzzeiten bei hoher Speichernutzung. Um diese Beschränkungen zu überwinden, wurden in den HEVC-Codec neue Bildpartitionsstrategien aufgenommen. Die Referenzsoftwareversion (HM-6) enthält vier unterschiedliche Lösungsansätze; reguläre oder normale Slices, Entropieslices, Wellenfrontparallelverarbeitung (WPP) -TeiIströme und Kacheln. Diese Bildpartitionen weisen typischerweise einen Satz von größten Codiereinheiten (LCU = Largest Coding Unit) oder synonym ausgedrückt, Codierbaumeinheiten (CTU = Coding Tree Unit) auf, wie es in HEVC definiert ist, oder sogar einen Teilsatz derselben.
  119. An dieser bekannten Technik kritisiert das Klagepatent in den Absätzen [0004]f., dass normale Slices wie sie aus dem H.264/AVC bekannt sind, die Entropiecodierung und die Prädiktionscodierung brechen, wobei Entropieslices eine Überschreitung von Slice-Grenzen erlaubten. In Absatz [0007] nimmt das Klagepatent sodann Bezug auf die WPP-Technik, die zur Verringerung von Codierverlusten beitragen kann.
  120. Wie das Klagepatent in den Absätzen [0010]ff. weiter erläutert, führen mehr Partitionen im Allgemeinen zu höheren Komprimierungsverlusten. Bei WPP ist jedoch die Verlustausbreitung nicht so hoch und daher kann die Anzahl von Bildpartitionen sogar auf eine pro Zeile festgelegt werden. Dies führt ebenfalls zu mehreren Vorteilen. Zunächst ist für WPP Bitstromkausalität garantiert. Zweitens können Decodiererimplementierungen annehmen, dass eine bestimmte Menge an Parallelität verfügbar ist, die sich auch mit der Auflösung erhöht. Und schließlich muss keine der Kontextauswahl- und Prädiktionsabhängigkeiten durchbrochen werden, wenn in Wellenfrontreihenfolge decodiert wird, was zu relativ geringen Codierverlusten führt. Bis jetzt sind jedoch alle Paralleldecodierungen bei transformationsbasierten Konzepten nicht in der Lage, eine hohe Komprimierungseffizienz zu erreichen in Kombination damit, die Verzögerung gering zu halten. Dies gilt auch für das WPP-Konzept. Die Stücke sind die kleinsten Transporteinheiten in der Codierpipeline und mehrere WPP-Teilströme müssen nach wie vor seriell transportiert werden.
  121. Vor dem Hintergrund dieses Standes der Technik formuliert es das Klagepatent in Absatz [0013] als (technische) Aufgabe, ein Bildcodierkonzept bereitzustellen, das eine parallele Decodierung, beispielsweise gemäß Wellenfrontparallelverarbeitung, mit erhöhter Effizienz ermöglicht, wie zum Beispiel mit einer weiteren Reduzierung der Ende-zu-Ende-Verzögerung oder Verbesserung der Codiereffizienz durch Reduzieren des Codiermehraufwands, der aufgewendet werden muss.
  122. Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent in Anspruch 1 eine Vorrichtung und in Anspruch 15 ein Verfahren mit folgenden Merkmalen vor:
  123. Anspruch 1
    1.1. Decodierer zum Rekonstruieren eines Bildes (10) aus einem Datenstrom (12), in den das Bild in Einheiten von Stücken (14) codiert ist, in die das Bild (10) partitioniert ist,
    1.2. wobei der Decodierer dazu ausgebildet ist, die Stücke (14) gemäß einer Stückreihenfolge (16) aus dem Datenstrom (12) zu decodieren, und
    1.3. der Decodierer auf einen Syntaxelementabschnitt (18) innerhalb eines aktuellen Stückes der Stücke anspricht, um das aktuelle Stück gemäß einem von zumindest zwei Modi (20, 22) zu decodieren, und
    1.3.1. das aktuelle Stück gemäß einem ersten (20) der zumindest zwei Modi unter Verwendung von kontextadaptiver Entropiedecodierung (24) einschließlich einer Ableitung von Kontexten über Stückgrenzen hinweg, einer fortlaufenden Aktualisierung von Symbolwahrscheinlichkeiten der Kontexte und einer Initialisierung (38, 40) der Symbolwahrscheinlichkeiten abhängig von gespeicherten Zuständen von Symbolwahrscheinlichkeiten eines zuvor decodierten Stückes, sowie voraussagender Decodierung über die Stückgrenzen hinweg aus dem Datenstrom (12) zu decodieren, und
    1.3.2. das aktuelle Stück gemäß einem zweiten (22) der zumindest zwei Modi unter Verwendung von kontextadaptiver Entropiedecodierung mit einem Beschränken der Ableitung der Kontexte, um die Stückgrenzen nicht zu überschreiten, einer fortlaufenden Aktualisierung von Symbolwahrscheinlichkeiten der Kontexte und einer Initialisierung der Symbolwahrscheinlichkeiten unabhängig von jeglichem zuvor decodierten Stück, sowie voraussagender Decodierung mit einem Beschränken der voraussagenden Decodierung, um die Stückgrenzen nicht zu überschreiten, aus dem Datenstrom (12) zu decodieren und
    1.4. wobei das Bild (10) in Codierblöcke (32) partitioniert ist, die in Zeilen und Spalten angeordnet sind und eine untereinander definierte Rasterabtastreihenfolge (36) aufweisen, und
    1.5. der Decodierer dazu ausgebildet ist, jedes Stück (14) einem fortlaufenden Teilsatz der Codierblöcke (32) in der Rasterabtastreihenfolge (36) zuzuordnen, so dass die Teilsätze einander entlang der Rasterabtastreihenfolge (36) gemäß der Stückreihenfolge folgen, und
    1.6. wobei der Decodierer dazu ausgebildet ist, Symbolwahrscheinlichkeiten, wie bei einer kontextadaptiven Entropiedecodierung des zuvor decodierten Stückes bis zu einem zweiten Codierblock (32) in einer Zeile gemäß der Rasterabtastreihenfolge (36) erhalten, zu speichern, und
    1.6.1. bei einem Initialisieren der Symbolwahrscheinlichkeiten für die kontextadaptive Entropiedecodierung des aktuellen Stückes gemäß dem ersten Modus zu überprüfen, ob ein erster Codierblock des fortlaufenden Teilsatzes von Codierblöcken (32), der dem aktuellen Stück zugeordnet ist, ein erster Codierblock (32) in einer Zeile gemäß der Rasterabtastreihenfolge ist, und,
    1.6.2. falls dies zutrifft, die Symbolwahrscheinlichkeiten für die kontextadaptive Entropiedecodierung des aktuellen Stückes abhängig von den gespeicherten Symbolwahrscheinlichkeiten, wie bei der kontextadaptiven Entropiedecodierung des zuvor decodierten Stückes bis zu einem zweiten Codierblock in einer Zeile gemäß der Rasterabtastreihenfolge (36) erhalten, zu initialisieren (40), und
    1.6.3. falls dies nicht zutrifft, die Symbolwahrscheinlichkeiten für die kontextadaptive Entropiedecodierung des aktuellen Stückes abhängig von Symbolwahrscheinlichkeiten, wie bei der kontextadaptiven Entropiedecodierung des zuvor decodierten Stückes bis zu dem Ende des zuvor decodierten Stückes erhalten, zu initialisieren (38).
  124. Anspruch 15
    15.1. Verfahren zum Rekonstruieren eines Bildes (10) aus einem Datenstrom (12), in den das Bild in Einheiten von Stücken (14) codiert ist, in die das Bild (10) partitioniert ist.
    15.2. wobei das Verfahren ein Decodieren der Stücke (14) aus dem Datenstrom (12) gemäß einer Stückreihenfolge (16) aufweist, und
    15.3. das Verfahren auf einen Syntaxelementabschnitt (18) innerhalb eines aktuellen Stückes der Stücke anspricht, um das aktuelle Stück gemäß einem von zumindest zwei Modi (20, 22) zu decodieren, wobei
    15.3.1. das aktuelle Stück gemäß einem ersten (20) der zumindest zwei Modi unter Verwendung von kontextadaptiver Entropiedecodierung (24) einschließlich einer Ableitung von Kontexten über Stückgrenzen hinweg, einer fortlaufenden Aktualisierung von Symbolwahrscheinlichkeiten der Kontexte und einer Initialisierung (38, 40) der Symbolwahrscheinlichkeiten abhängig von gespeicherten Zuständen von Symbolwahrscheinlichkeiten eines decodierten Stückes, sowie voraussagender Decodierung über die Stückgrenzen hinweg aus dem Datenstrom (12) decodiert wird, und
    15.3.2. das aktuelle Stück gemäß einem zweiten (22) der zumindest zwei Modi unter Verwendung von kontextadaptiver Entropiedecodierung mit einem Beschränken der Ableitung der Kontexte, um die Stückgrenzen nicht zu überschreiten, einer fortlaufenden Aktualisierung von Symbolwahrscheinlichkeiten der Kontexte und einer Initialisierung der Symbolwahrscheinlichkeiten unabhängig von jeglichem zuvor decodierten Stück, sowie voraussagender Decodierung mit einem Beschränken der voraussagenden Decodierung, um die Stückgrenzen nicht zu überschreiten, aus dem Datenstrom (12) decodiert wird.
    15.4. wobei das Bild (10) in Codierblöcke (32) partitioniert ist, die in Zeilen und Spalten angeordnet sind und eine untereinander definierte Rasterabtastreihenfolge (36) aufweisen, und
    15.5. das Verfahren ein Zuordnen jedes Stückes (14) zu einem fortlaufenden Teilsatz der Codierblöcke (32) in der Rasterabtastreihenfolge (36) aufweist, so dass die Teilsätze einander entlang der Rasterabtastreihenfolge (36) gemäß der Stückreihenfolge folgen, und
    15.6. wobei das Verfahren ein Speichern von Symbolwahrscheinlichkeiten, wie bei einer kontextadaptiven Entropiedecodierung des zuvor decodierten Stückes bis zu einem zweiten Codierblock (32) in einer Zeile gemäß der Rasterabtastreihenfolge (36) erhalten, und
    15.6.1. bei einem Initialisieren der Symbolwahrscheinlichkeiten für die kontextadaptive Entropiedecodierung des aktuellen Stückes gemäß dem ersten Modus ein Überprüfen, ob ein erster Codierblock des fortlaufenden Teilsatzes von Codierblöcken (32), der dem aktuellen Stück zugeordnet ist, ein erster Codierblock (32) in einer Zeile gemäß der Rasterabtastreihenfolge ist, und,
    15.6.2. falls dies zutrifft, ein Initialisieren (40) der Symbolwahrscheinlichkeiten für die kontextadaptive Entropiedecodierung des aktuellen Stückes abhängig von den gespeicherten Symbolwahrscheinlichkeiten, wie bei einer kontextadaptiven Entropiedecodierung des zuvor decodierten Stückes bis zu einem zweiten Codierblock in einer Zeile gemäß der Rasterabtastreihenfolge (36) erhalten, und
    15.6.3. falls dies nicht zutrifft, ein Initialisieren (38) der Symbolwahrscheinlichkeiten für die kontextadaptive Entropiedecodierung des aktuellen Stückes abhängig von Symbolwahrscheinlichkeiten, wie bei einer kontextadaptiven Entropiedecodierung des zuvor decodierten Stückes bis zu dem Ende des zuvor decodierten Stückes erhalten, aufweist.
  125. II.
    Die Parteien streiten mit Blick auf die beiden geltend gemachten Ansprüche 1 und 15, die beide die Decodierseite betreffen, einzig um das fachmännische Verständnis der Begriffe Stück (Slice) und Stück-Grenzen (Slice-Boundaries). Nachfolgende Erläuterungen erfolgen mit Bezug auf den Vorrichtungsanspruch 1, gelten inhaltlich jedoch auch für den Verfahrensanspruch 15.
  126. 1.
    Der Vorrichtungsanspruch 1 stellt einen Decodierer unter Schutz, der zum Rekonstruieren eines Bildes aus einem Datenstrom geeignet ist, in den das Bild in Einheiten von Stücken (im Folgenden wird auf Grund der Maßgeblichkeit der englischen Anmeldesprache nur noch der Begriff Slice verwendet) codiert ist, in die das Bild partitioniert ist (Merkmal 1.1).
  127. Die Merkmale 1.2, 1.4 und 1.5 nehmen sodann Bezug auf eines der grundlegenden Prinzipien der Video(de-)Codierung, die Aufteilung eines Bildes in Blöcke und Slices. Eine der entscheidenden Maßnahmen bei der Codierung stellt das Ein- bzw. Zerteilen der zu codierenden Bilder in kleinere Einheiten (Blöcke) dar, deren zulässige Form und Größe je nach Standard variieren kann (im H.264/AVC-Standard wird insoweit von Makroblöcken und im HEVC-Standard von Codierbaumeinheiten, sog. Coding Tree Units, gesprochen). Im Rahmen der weiteren Codierung stellt die Prädiktion, die auch bereits aus dem älteren H.264/AVC-Standard vorbekannt ist, eine Möglichkeit dar, das Datenvolumen zu reduzieren. Dabei werden die Übereinstimmungen und Ähnlichkeiten von einzelnen Bildern einer Videosequenz bzw. deren Blöcken/Slices genutzt, um nicht sämtliche Pixel eines Bildes bzw. deren Werte vollständig übertragen zu müssen. Während bei der sog. Intra-Prädiktion Ähnlichkeiten von Blöcken innerhalb eines Bildes für die Vorhersage anderer Bereiche des Bildes ausgenutzt werden, betrifft die Inter-Prädiktion die Ähnlichkeit zwischen verschiedenen, zeitlich aufeinanderfolgenden Bildern. Eine weitere Maßnahme bei der Codierung stellt die sog. (Frequenz-)Transformation dar, bei der die Standorte der einzelnen Pixel (Ortsfrequenz) so umgewandelt werden, dass sie einfacher zu kodieren und zu übertragen sind. Dabei werden aus den ursprünglichen Datenwerten die sog. Transformationskoeffizienten. Bei der Quantisierung handelt es sich um eine weitere Maßnahme zur Effizienzsteigerung, bei der die Werte aus der Transformationsmatrix gerundet werden, so dass weniger Bits gespeichert und/oder übertragen werden müssen. Die Quantisierung führt indes zu Qualitätseinbußen, da durch die Rundung und damit zusammenhängenden Rundungsfehler Verluste auftreten können. Schließlich werden die gerundeten Transformationskoeffizienten im Rahmen der sog. Entropiecodierung noch so geordnet, dass die Werte ungleich Null vorne liegen und die Werte gleich Null hinten, da so nochmals weniger Bits zu übertragen werden brauchen. Der HEVC-Standard macht sich zudem den Umstand zunutze, dass das menschliche Auge die Farbwahrnehmung schlechter räumlich auflösen kann als Helligkeitsunterschiede. Daher erfolgt die Codierung nicht im RGB-Farbraum, sondern im sog. YCrCb-Farbraum, wobei dort die erste Komponente Y (= Luma-Komponente) für die Helligkeit eines Pixels und die beiden anderen Komponenten (= Chroma-Komponenten) für die Abweichung der Farbe von einem unbunten Grau in Richtung Rot und Blau stehen. Wegen der schlechteren Farbwahrnehmung des menschlichen Auges werden die Chroma-Komponenten auch nur mit einem Viertel der Abtastwerte der Luma-Komponente dargestellt.
  128. Das grundlegende Konzept der auf Paketen basierenden Übertragung von codierten Videodaten führt unweigerlich zu unerwünschten Verzögerungen (sog. „end-to-end-delay“), da die Senderseite größere Datenmengen codieren und paketieren und die Empfängerseite mit der Decodierung der Videodaten ggf. zuwarten muss, bis sämtliche bzw. alle erforderlichen Datenpakete bei ihr angekommen sind. Daher sorgt die Einteilung eines Bildes in Slices dafür, dass der Decodierer nicht abwarten muss, bis sämtliche Blöcke eines (ganzen) Bildes bei ihm angekommen sind, er kann mit der Entropie- und Prädiktionsdecodierung eines Teiles des Bildes vielmehr schon dann starten, wenn alle Blöcke eines Slices übertragen wurden. Einer Einteilung eines Bildes in zu viele bzw. zu kleine Slices steht indes entgegen, dass dann für die (De-)Codierung unter Umständen zu wenige Informationen vorliegen, um eine hinreichend genaue Vorhersage der zum Zwecke der Kompression weggelassenen Daten vornehmen zu können. Für die Prädiktion ist es daher wesentlich, dass ausreichend viele Daten vorliegen, aus denen dann auf die Farb- und Helligkeitswerte des jeweiligen Blocks geschlossen werden kann.
  129. Die Merkmalsgruppe 1.3 bezieht sich insoweit auf den eigentlichen Clou der Erfindung, der die Möglichkeit der Verwendung von zumindest zwei Modi vorsieht, nach denen der oder die aktuell zu decodierende(n) Slice(s) decodiert werden kann/können. Der zweite Modus, der von Merkmal 1.3.2 näher beschrieben wird, stellt den zum Prioritätszeitpunkt bekannten Modus dar, nach dem für die Entropie- und Prädiktions(de)codierung nur auf solche Blöcke zurückgegriffenen werden darf, die zum selben Slice gehören. Da nur Blöcke innerhalb eines Slices und nicht auch Blöcke eines anderen (benachbarten) Slices verwendet werden dürfen, bedeutet dies auch, dass die Grenzen des Slices (Slice-Boundaries) nicht durch die (De-)Codierung durchbrochen werden. Dieser Modus bringt den vorbeschriebenen Nachteil mit sich, dass ein Ausgleich zwischen der Ende-zu-Ende-Verzögerung und der Kompressionsrate gefunden werden muss. Demgegenüber sieht der von Merkmal 1.3.1 offenbarte Modus vor, dass auch Werte eines anderen Slices bzw. Slice-Segmentes verwendet werden dürfen, die Grenzen zwischen den Slices also durchbrochen werden. Dies hat den Vorteil, dass unabhängig von der Größe der Slices genügend Werte für eine erfolgreiche Entropie- und Prädiktions(de)codierung vorliegen. Insoweit unterscheidet das Klagepatent zwischen unabhängigen Slices bzw. Slice-Segmenten und abhängigen Slices bzw. Slice-Segmenten, wobei abhängige Slices nur für den neuen ersten Modus von Relevanz sind.
  130. Die Merkmalsgruppe 1.6 betrifft schließlich einen weiteren Aspekt der vorliegenden Erfindung, nämlich die für eine parallele Codierung bzw. Decodierung erforderliche Initialisierung des sog. Wavefront Parallel Processing (WPP), welche indes für den vorliegenden Streit ohne Belang ist.
  131. 1.1.
    Entgegen dem Verständnis der Beklagten versteht das Klagepatent unter einem Slice nicht nur eine kontinuierliche Abfolge von Bildblöcken, die zum Zwecke der Weiterverarbeitung zu einem solchen Slice zusammengefasst werden. Aufbauend auf diesem herkömmlichen Verständnis eines Slices, wie sie insbesondere in den Vorgängerstandards MPEG-1, MPEG-2 und H.264/AVC Verwendung finden, versteht das Klagepatent unter einem (un-)abhängigen Slice auch ein (un-)abhängiges Slice-Segment, mithin eine kontinuierliche Abfolge von Bildblöcken innerhalb eines Slices.
  132. Anhaltspunkte für das eingeschränkte Verständnis der Beklagten ergeben sich zunächst nicht aus dem Wortlaut der Ansprüche, der insbesondere mit Blick auf die beiden Modi (Merkmalsgruppe 1.3) stets nur von Slice bzw. Slice Boundaries spricht. Der einschlägige Fachmann auf dem Gebiet der Video(de)codierung verbindet mit dem Begriff Slice eine Teileinheit eines Bildes, welches aus einer Vielzahl von Pixeln besteht. Diese Pixel werden zu Blöcken einer vorbestimmten Größe (bspw. Makroblöcke oder Coding Tree Units) zusammengefasst und die Blöcke sodann zeilen- und spaltenorientiert zu Slices. Dies ergibt sich nicht zuletzt auch aus Absatz [0004] des Klagepatents (alle Absätze ohne Angaben sind solche des Klagepatents), wo ausgeführt wird:
  133. „Regular or normal slices (as defined in H.264 [1]) have the largest coding penalty…”
  134. „Reguläre oder normale Stücke (wie in H.264 [1] definiert) haben die größten Codiereinbußen…“
  135. Das Klagepatent bringt hier zum Ausdruck, dass es auf dem technischen Grundgerüst der vorbekannten Video(de)codierstandards aufbaut und insoweit auch die vorbekannte Terminologie mit berücksichtigt. Entsprechend zeigt auch die in Bezug genommene Figur 1 des Klagepatents reguläre Slices, die eine Reihe von Makroblöcken umfasst. Der Fachmann begreift einen Slice daher als Teilabschnitt/-stück eines Ganzen, wobei nicht ausgeschlossen ist, dass dieses Teilstück in weitere Teilstücke/Segmente unterteilt sein kann.
  136. Nichts anderes ergibt sich aus dem von der Beklagten in Bezug genommenen Absatz [0044], wo es heißt:
  137. „slice: An integer number of treeblocks ordered consecutively in the raster scan. The division of each picture into slices is a partitioning. The treeblock addresses are derived from the first treeblock address in a slice (as represented in the slice header).“
  138. „Stück (slice): Eine Ganzzahl von Baumblöcken, die in der Rasterabtastung aufeinanderfolgend geordnet sind. Die Unterteilung jedes Bilds in Stücke ist eine Partitionierung. Die Baumblockadressen werden von der ersten Baumblockadresse in einem Stück abgeleitet (wie es in dem Stückanfangsblock dargestellt ist).“
  139. Schließlich kann der Fachmann auch der nachfolgend verkleinert wiedergegebenen Figur 9 des Klagepatents ein Bild (Bezugsziffer 898) entnehmen, welches aus 11 x 9 Codierbaumblöcken (918) besteht, die in zwei Slices (900a, b) unterteilt sind:
  140. Der Fachmann entnimmt vorstehender Figur zudem die Slice-Grenze (dicke schwarze Linie), die die beiden Slices trennt und die im Rahmen der herkömmlichen Codierung nicht durchbrochen werden durfte.
  141. Dass das Klagepatent nicht bei der herkömmlichen Bedeutung des Begriffs Slice stehenbleibt und seine Lehre daher nicht allein darauf beschränkt ist, die Grenzen zwischen herkömmlichen Slices zu durchbrechen, sondern auch eine weitere Unterteilung eines Slices in Slice-Segmente umfasst, ergibt sich explizit auch aus dem Ausführungsbeispiel der nachfolgend verkleinert wiedergegebenen Figur 27 sowie der zugehörigen Beschreibung der Absätze [00154]ff.:
  142. Hierzu führt das Klagepatent in den Absätzen [0154]ff. aus:
  143. „[0154] It is the just-mentioned dependency which leads, in the below outlined example, to a slightly different wording: slices are defined as unit portions of a picture at which slice header syntax is individually settable. Accordingly, slices are composed of one – using the nomenclature above – independent/regular/normal slice, now called independent slice segment and no, one or more – using the nomenclature above – dependent slices, now called dependent slice segments.
  144. [0155] Fig. 27, for example, shows a picture to be partitioned into two slices, one formed by slice segments 141 to 143 and the other solely formed by slice segment 144. The indices 1 to 4 show the slice order in coding order. […]
  145. [0156] The definitions could be as follows:
  146. dependent slice segment: A slice segment for which the values of some syntax elements of the slice segment header are inferred from the values for the preceding independent slice segment in decoding order – formerly, in the above embodiments – called a dependent slice.
  147. independent slice segment: A slice segment for which the values of the syntax elements of the slice segment header are not inferred from the values for a preceding slice segment – formerly, in the above embodiments – called a normal slice.
  148. slice: An integer number of coding tree units contained in one independent slice segment and all subsequent dependent slice segments (if any) that precede the next independent slice segment (if any) within the same access unit/picture.
  149. […]

    slice segment: An integer number of coding tree units ordered consecutively in the tile scan and contained in a single NAL unit; the division of each picture into slice segments is a partitioning.”

  150. „[0154] Es ist die eben erwähnte Abhängigkeit, die bei dem nachfolgend aufgeführten Beispiel zu einer etwas anderen Formulierung führt: Stücke sind als Einheitsabschnitte eines Bilds definiert, an denen die Stückanfangsblocksyntax individuell einstellbar ist. Dementsprechend sind Stücke aus einem – unter Verwendung der obigen Nomenklatur – unabhängigen/regulären/normalen Stück, das jetzt als unabhängiges Stücksegment bezeichnet wird, und keinem, einem oder mehreren – unter Verwendung der obigen Nomenklatur – abhängigen Stücken, die jetzt als abhängige Stücksegmente bezeichnet werden, zusammengesetzt.
  151. [0155] Fig. 27 zeigt beispielsweise ein Bild, das in zwei Stücke zu partitionieren ist, eines davon gebildet durch Stücksegmente 141 bis 143 und das andere lediglich gebildet durch das Stücksegment 144. Die Indices 1 bis 4 zeigen die Stückreihenfolge in der Codierreihenfolge. […]
  152. [0156] Die Definitionen könnten wie folgt sein:
  153. dependent slice segment (abhängiges Stücksegment): Ein Stücksegment für das die Werte einiger Syntaxelemente des Stücksegmentanfangsblocks abgeleitet werden von den Werten für das vorhergehende unabhängige Stücksegment in Decodierreihenfolge – früher in den obigen Ausführungsbeispielen – als abhängiges Stück bezeichnet.
  154. independent slice segment (unabhängiges Stücksegment): Ein Stücksegment, für das die Werte der Syntaxelemente des Stücksegmentanfangsblocks nicht von den Werten für ein vorhergehendes Stücksegment abgeleitet werden – früher bei den obigen Ausführungsbeispielen – als ein normales Stück bezeichnet.
  155. slice (Stück): Eine Ganzzahl von Codierbaumeinheiten, die in einem unabhängigen Stücksegment enthalten sind und alle nachfolgenden abhängigen Stücksegmente (vorhanden), die dem nächsten unabhängigen Stücksegment (falls vorhanden) innerhalb der/dem gleichen Zugriffseinheit/Bild vorausgehen.
  156. slice segment (Stücksegment): Eine Ganzzahl von Codierbaumeinheiten, die nacheinander in der Kachelabtastung geordnet sind und in einer einzigen NAL-Einheit enthalten sind; die Unterteilung jedes Bilds in Stücksegmente ist eine Partitionierung.”
  157. Der Fachmann kann diesen Stellen entnehmen, dass das Klagepatent einen weiteren Begriff verwendet, den des (un-)abhängigen Slice-Segmentes, welches ein Teil eines übergeordneten Slices bilden soll. Weiter erkennt der Fachmann an diesem Ausführungsbeispiel, dass die Lehre des Klagepatents, das Vorsehen von abhängigen Slices und damit eine Durchbrechung der Slice-Grenzen im Rahmen der Entropie- und Prädiktions(de)codierung, auch in den Fällen angewandt werden kann, wenn ein Slice in mehrere abhängige Slice-Segmente unterteilt ist, wobei die (De-)Codierung auch die Slice-Segment-Grenzen (gestrichelte schwarze Linie) durchbrechen kann. Dass es sich bei der Einführung des Begriffs Slice-Segment um eine für den Schutzbereich unwesentliche Änderung der Nomenklatur handelt, ergibt sich für den Fachmann explizit aus den einleitenden Ausführungen im Absatz [0154], der von einem „slightly different wording“ spricht. Mit anderen Worten bedeutet dies, dass das Klagepatent eine andere Begrifflichkeit verwendet, ohne dem abgewandelten Begriff, hier Slice-Segment statt Slice, ein anderes, sich von der Lehre des Klagepatents abgrenzendes technisches Verständnis zu Grunde zu legen.
  158. Schließlich ergibt sich das von der Beklagten vertretene eingeschränkte Verständnis des Begriffs Slice auch nicht unter Berücksichtigung technisch-funktionaler Gesichtspunkte. Der Clou des Klagepatents, das Vorsehen eines (De-)Codiermodus, bei dem die Grenzen zwischen den Slices die Codierung durchbrochen werden, ist sowohl für die Fälle von Relevanz, in denen das zu (de)codierende Bild in reguläre Slices unterteilt wurde, als auch für solche Fälle, in denen sie Slices ihrerseits in Slice-Segmente unterteilt wurden. Denn in beiden Fällen wird die Effizienz der Codierung gleichermaßen gesteigert, da für die Decodierung der abhängigen Slices/Slice-Segmente jeweils auf Werte aus anderen Slices/Slice-Segmenten zurückgegriffen werden kann, die nach der herkömmlichen Codierung nicht zur Verfügung gestanden hätten.
  159. 1.2.
    Dieses Verständnis des Begriffs des Slice zu Grunde gelegt, macht der HEVC-Standard im Rahmen der Decodierung auch Gebrauch von der Merkmalsgruppe 1.3 des Vorrichtungsanspruchs 1.
  160. Zwischen den Parteien ist zunächst unstreitig, dass der HEVC-Standard ein Durchbrechen der Grenzen zwischen herkömmlichen Slices nicht vorsieht. Vielmehr werden nach dem insoweit übereinstimmenden Vortrag der Parteien die Slices im HEVC-Standard in Slice-Segmente unterteilt, wobei ein Slice entweder aus einem einzigen unabhängigen Slice-Segment oder aus einem unabhängigen und einem bis mehreren abhängigen Slice-Segmenten bestehen kann.
  161. Soweit die Beklagte anführt, die Lehre des Klagepatents würde allein die Codierseite betreffen, da nur der Codierer entscheiden würde, welchen der beiden Modi er verwende, so führt dies nicht aus einer Verletzung heraus. Denn zum einen entspricht es den allgemeinen Regeln der Codierung, dass die Decodierung das Spiegelbild der Codierung darstellt und daher für eine erfolgreiche Decodierung alle Codierschritte – in umgekehrter Reihenfolge – durchgeführt werden müssen. Richtig ist zwar, dass es – in der Regel – der Codierer ist, der sich für einen Codiermodus entscheidet, indes muss die Decodiervorrichtung so ausgebildet sein, dass sie alle vorgesehenen Codiermodi verarbeiten kann, da anderenfalls nicht sichergestellt werden kann, dass alle standardkonform codierten Videos auch abgespielt werden können. Zudem kann auch dem Anspruch 1 nicht entnommen werden, dass es auf eine etwaige Auswahlentscheidung der Decodiervorrichtung ankommt. Vielmehr soll der Decodierer auf Informationen im Syntaxelement ansprechen, um den aktuellen Slice anhand einer der beiden Modi decodieren zu können. Er soll mithin nur reagieren, aber keine aktive Auswahlentscheidung treffen. Nicht zuletzt umschreibt der HEVC-Standard auch allein den Decodierprozess, wie etwa den Abschnitten 3.44 und 3.51 des HEVC-Standards entnommen werden kann.
  162. Die Klägerin hat ferner für die Kammer nachvollziehbar dargelegt, dass das im Header eines Slice-Segmentes vorgesehene Syntaxelement „dependent_slice_segment_flag“, welches bei einem Wert „0“ ein unabhängiges Slice-Segment und bei dem Wert „1“ ein abhängiges Slice-Segment kennzeichnet, für den Decodierer von Bedeutung ist. In Abhängigkeit davon, ob es sich um ein abhängiges oder ein unabhängiges Slice-Segment handelt, setzt der Decodierer die Variable „SliceAddrRs“ auf einen neuen Wert (bei unabhängigen Slice-Segmenten) oder auf die Adresse des vorherigen Segmentes (abhängiges Slice-Segment), vgl. Abschnitt 7.4.7.1 des HEVC-Standards. Der Wert der Variable „SliceAddrRs“ ist nach dem Verfügbarkeitstest des Abschnitts 6.4.1 des HEVC-Standards sodann von Bedeutung dafür, ob ein Nachbarblock für die Decodierung des aktuellen Blocks zur Verfügung steht oder nicht. Da die Slice-Segmente eines Slices stets die gleiche Adresse haben, stehen für die Decodierung eines Blocks eines abhängigen Slice-Segmentes auch die Werte von Nachbarblöcken eines anderen Slice-Segmentes des gleiches Slices zu Verfügung. Daher werden in diesem Fall die Grenzen zwischen den beiden Slice-Segmenten für die Entropie- und Prädiktionsdecodierung durchbrochen.
  163. 1.3.
    Auf Grund der Standardessentialität des Klagepatents steht damit auch fest, dass die angegriffenen Ausführungsformen den Vorrichtungsanspruch unmittelbar verwirklichen, da die Beklagte nicht bestritten hat, dass die angegriffenen Ausführungsformen nach dem HEVC-Standard codierte Videos decodieren und somit entsprechende Filme korrekt wiedergeben können.
  164. 2.
    Mit Blick auf die Ausführungen zum Vorrichtungsanspruch 1 steht auch fest, dass die angegriffenen Ausführungsformen wesentliches Elemente im Sinne von § 10 PatG sind und daher auch der geltend gemachte Verfahrensanspruch 15 verletzt wird.
  165. Angebot und Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen stellen eine mittelbare Verletzung des Klagepatents in Form des Patentanspruchs 15 gemäß § 10 Abs. 1 PatG dar.
  166. Bei den angegriffenen Ausführungsformen handelt es sich um ein Mittel im Sinne von § 10 Abs. 1 PatG, das objektiv geeignet ist zur Anwendung des durch den Klagepatentanspruch 3 geschützten Verfahrens. Denn die HEVC-Standardkompatibilität eines Gerätes setzt – wie gezeigt – die Eignung zur Anwendung des geschützten Verfahrens voraus. Bei den angegriffenen Ausführungsformen handelt es sich um solche HEVC-standardkompatiblen Geräte.
  167. Damit beziehen sich die angegriffenen Ausführungsformen auch auf ein wesentliches Element der Erfindung. Das ist nämlich der Fall, wenn das Mittel geeignet ist, mit einem wesentlichen, nämlich im Patentanspruch genannten Erfindungselement funktional so zusammenzuwirken, dass es zu einer Verwirklichung des Erfindungsgedankens kommt (BGH, GRUR 2004, 758, 760 – Flügelradzähler; GRUR 2005, 848 – Antriebsscheibenaufzug; GRUR 2006, 570 – extracoronales Geschiebe). Im Streitfall kann das klagepatentgemäße Decodierungsverfahren durch die angegriffenen Ausführungsformen ins Werk gesetzt werden, weil die angegriffenen Ausführungsformen entsprechend programmiert bzw. eingerichtet sind.
  168. Die Beklagte bietet die angegriffenen Ausführungsformen unstreitig im Inland zur Benutzung der Erfindung an und liefert sie. Dabei ist es auf Grund der Umstände offensichtlich, dass die angegriffenen Ausführungsformen dazu geeignet und bestimmt sind, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden. Insofern ist maßgeblich, ob im Zeitpunkt des Angebots oder der Lieferung nach den gesamten Umständen des Falls die drohende Patentverletzung aus der Sicht des Anbieters oder Lieferanten so deutlich erkennbar war, dass ein Angebot oder eine Lieferung der wissentlichen Patentgefährdung gleichzustellen ist (BGH, GRUR 2007, 679 – Haubenstretchautomat). Es genügt, wenn aus der Sicht des Dritten bei objektiver Betrachtung nach den Umständen die hinreichend sichere Erwartung besteht, dass der Abnehmer die angebotenen oder gelieferten Mittel zur patentverletzenden Verwendung bestimmen wird (BGH, GRUR 2006, 839 – Deckenheizung).
  169. Im Streitfall ist die Herstellung der HEVC-Standard-Kompatibilität Folge der ziel- und zweckgerichteten Implementierung durch die Beklagte. Das Abspielen von HEVC-Videoinhalten ist nur in patentverletzender Weise möglich. Dass die Beklagte subjektiv damit rechnet, dass es praktisch sicher dazu kommt, dass Nutzer HEVC-Videos abspielen werden, liegt dabei schon deswegen auf der Hand, weil sie den Nutzern diese Funktion ziel- und zweckgerichtet durch das Vorsehen der entsprechenden Kompatibilität eröffnet. Auch aus Sicht eines Dritten ist praktisch sicher zu erwarten, dass Nutzer auch HEVC-Inhalte abspielen werden. Zur Feststellung dieses Tatbestandsmerkmals kann auf Erfahrungen des täglichen Lebens zurückgegriffen werden (BGH, GRUR 2005, 848, 851 – Antriebsscheibenaufzug). Danach gehört das Abspielen von Videoinhalten auf technischen Geräten heute zu den Kernfunktionen moderner Geräte, von denen nach allgemeiner Lebenserfahrung praktisch fast jeder Gebrauch macht. Die Anwendung des patentgeschützten Verfahrens durch die Abnehmer der angegriffenen Ausführungsform ist sicher zu erwarten.
  170. III.
    Das auf eine Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung, Vernichtung sowie zum Rückruf aus den Vertriebswegen gerichtete Klagebegehren hat gleichwohl keinen Erfolg, weil insoweit derzeit der kartellrechtliche Zwangslizenzeinwand der Beklagten durchgreift (Art. 102 AEUV). Der erhobene Einwand ist anhand der Grundsätze zu beurteilen, wie sie vom Unionsgerichtshof in der Rechtssache „Huawei Technologies/ZTE“ (EuGH, Urteil vom 16. Juli 2015 – C-170/13, GRUR 2015, 764 = ECLI:EU:C:2015:477 idF des Berichtigungsbeschlusses vom 15. Dezember 2015, ECLI:EU:C:2015:817; nachfolgend: EuGH-Urteil) in Auslegung des kartellrechtlichen Missbrauchsverbots gem. Art. 102 AEUV herausgearbeitet worden sind und durch den Bundesgerichtshof in den Entscheidungen FRAND-Einwand (BGH, Urteil vom 5. Mai 2020 – KZR 36/17, GRUR 2020, 961; nachfolgend: FRAND I) und FRAND-Einwand II (BGH, Urteil vom 24. November 2020 – KZR 35/17, GRUR 2021, 585; nachfolgend: FRAND II) nähere Ausformung erhalten haben.
  171. Zur Überzeugung der Kammer hat die Beklagte dargelegt, dass die Klägerin ihre marktbeherrschende Stellung (dazu unter 1.) missbräuchlich ausnutzt (dazu unter 2.).
  172. 1.
    Die Klägerin verfügt über eine marktbeherrschende Stellung im Sinne des Art. 102 AEUV.
  173. 1.1.
    „Marktbeherrschung“ meint die wirtschaftliche Machtstellung, die es einem Unternehmen erlaubt, einen wirksamen Wettbewerb auf dem (zeitlich, räumlich und sachlich) relevanten Markt zu verhindern und sich seinen Wettbewerbern, Abnehmern und den Verbrauchern gegenüber in nennenswertem Umfang unabhängig zu verhalten (EuGH Slg 78, 207 Rn. 65 f. – United Brands; EuGH Slg 79, 461 Rn. 38 f. – Hoffmann-La Roche; FRAND I, Rn. 55; Kühnen, a.a.O., Kapitel E, Rn. 231 ff.).
  174. Die notwendige exakte Abgrenzung des (sachlichen und räumlichen) Marktes, auf dem Unternehmen konkurrieren, kann mittels des sog. Bedarfsmarktkonzepts (vgl. näher dazu (Paschke/Berlit/Meyer/Kröner, Hamburger Kommentar Gesamtes Medienrecht, 2. Teil: 5. Kapitel, Rn. 6 ff.) erfolgen. Es sind diejenigen Wettbewerbskräfte zu eruieren, denen die betreffenden Unternehmen unterliegen. Ferner werden diejenigen Unternehmen bestimmt, welche tatsächlich in der Lage sind, dem Verhalten der beteiligten Unternehmen Schranken zu setzen und einen Entzug vom Wettbewerbsdruck verhindern. Es ist zu klären, welche Produkte bzw. Dienstleistungen aus der Sicht der Nachfrager funktionell gegeneinander austauschbar sind. Demselben sachlichen Markt wird zugeordnet, was aufgrund der jeweiligen Eigenschaften, Preise und Verwendungszwecke aus Sicht der Nachfrager nicht durch andere Produkte bzw. Dienstleistungen substituierbar ist. Zu berücksichtigen ist dabei ein Zusammentreffen mehrerer Faktoren (etwa Marktanteil, Unternehmensstruktur, Wettbewerbssituation, Verhalten auf dem Markt, grundsätzlich jedoch nicht der Preis; vgl. Paschke/Berlit/Meyer/Kröner, a.a.O., Rn. 11). Einzelne Faktoren müssen jeweils für sich betrachtet nicht notwendig den Ausschlag geben. Das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland stellt – wie jeder Mitgliedsstaat – insoweit zugleich einen wesentlichen Teil des Gemeinsamen Marktes dar (vgl. EuGH Slg. 1983, 3461, Rn. 103 – Michelin/Komm).
  175. Im Zusammenhang mit den hier geltend gemachten Verbietungsrechten aus einem Patent ist die geschilderte Abgrenzung in Bezug auf den Lizenzvergabemarkt vorzunehmen (vgl. Kühnen, a.a.O., Kapitel E, Rn. 230): Anbieter ist der Patentinhaber, dem allein eine Lizenzvergabe am jeweiligen Patent möglich ist, durch die potenzielle Anbieter dieses Produkts erst in die Lage versetzt werden, es auf den Markt zu bringen (vgl. FRAND I, Rn. 57); Nachfrager ist der an der patentgeschützten Technik interessierte Anwender (z.B. der Hersteller patentgemäßer Produkte). Grundsätzlich führt jedes Patent zu einem eigenen sachlich relevanten Markt, es sei denn, dass im Einzelfall eine – aus der Sicht der Nachfrager – gleichwertige Technologie für dasselbe technische Problem zur Verfügung steht.
  176. Die Inhaberschaft eines standardessentielles Patent („SEP“) als solches begründet noch keine hinreichende Bedingung für eine Marktbeherrschung und begründet insbesondere keine widerlegbare Vermutung, dass der SEP-Inhaber wirksamen Wettbewerb gerade deshalb verhindern kann, weil das SEP aufgrund der Standardessentialität benutzt werden muss, um mit dem Standard kompatible Produkte erzeugen zu können (LG Düsseldorf, Urt. v. 13. Juli 2017, Az. 4a O 16/16, BeckRS 2017, 129534; Kühnen, a.a.O., Kapitel E, Rn. 231; Müller, GRUR 2012, 686; a.A. scheinbar Schlussanträge Generalanwalt Wathelet v. 20. November 2014 in der Sache C-170/13 Rn. 57 = BeckRS 2014, 82403; EuGH-Urteil, Rn. 43 hat die Frage offengelassen, weil die Marktbeherrschung im vorgelegten Einzelfall unstreitig und daher nicht Gegenstand der Vorlagefragen war). Es bedarf daher in Bezug auf jedes einzelne in den Standard aufgenommene Patent der auf die Umstände des Einzelfalles abstellenden Beurteilung seiner wettbewerblichen Bedeutung für den nachgelagerten Produktmarkt (Kühnen, a.a.O., Kapitel E, Rn. 231 ff.): Ergibt sich insoweit, dass die Nutzung des jeweiligen SEPs geradezu eine Marktzutrittsvoraussetzung begründet, ist eine marktbeherrschende Stellung selbst dann zu bejahen, wenn zwar die aus dem jeweiligen SEP resultierende technische Wirkung die Marktteilnahme nicht entscheidend beeinflusst, jedoch aus technischen Gründen zutrittsrelevante Funktionen nicht genutzt werden könnten, so dass die generelle Interoperabilität/Kompatibilität nicht mehr gesichert wäre (vgl. zu allem OLG Düsseldorf, GRUR 2017, 1219 – Mobiles Kommunikationssystem). Entsprechendes gilt, wenn ein wettbewerbsfähiges Angebot ohne eine Lizenz am betreffenden SEP nicht möglich wäre (z.B. weil für nicht patentgemäße Produkte nur ein Nischenmarkt besteht).
  177. Der Beklagte trägt für die Marktbeherrschung nach den allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast (OLG Düsseldorf, a.a.O. – Mobiles Kommunikationssystem). Der Beklagte ist gehalten, hinreichend konkrete Tatsachen vorzutragen, die eine gerichtliche Überprüfung, ob eine beherrschende Stellung auf dem räumlich und sachlich relevanten Markt gegeben ist oder nicht, erlauben.
  178. 1.2.
    Vorliegend hat die Beklagte zum Nachweis einer marktbeherrschenden Stellung der Klägerin zunächst nicht eigens Tatsachen vorgetragen, sondern auf die Feststellungen der Kammer in den Urteilen in der Prozessserie der Klägerin und anderer Lizenzgeber gegen die XXX, beispielsweise zum Aktenzeichen 4c O 44/18, verwiesen. Weil die Kammer darin eine marktbeherrschende Stellung der Klägerin für gegeben erachtet habe, gelte dies hier in gleicher Weise. Dieser Vortrag ist angesichts der Umstände dieses Rechtsstreits – sowie der anhängigen Parallelverfahren – (ausnahmsweise) ausreichend. Soweit die Klägerin dies bemängelt, kann sie mit dieser Kritik nicht durchdringen. Durch den Verweis auf die bereits vor der Kammer verhandelten und entschiedenen Parallelverfahren gegen XXX war der Klägerin hinreichend deutlich, worauf die Beklagte ihren Vortrag zur marktbeherrschenden Stellung stützt. Dass für das streitgegenständliche Schutzrecht im Vergleich zu den Klagepatenten der abgeschlossenen Prozessserie eine andere Beurteilung gelten könnte, ist insoweit weder ersichtlich noch von der Klägerin behauptet worden. Es besteht mithin kein Anhaltspunkt für die Kammer, die wirtschaftliche Stellung der Klägerin hier anders zu bewerten. Zudem ist es im vorliegenden Verfahren die Klägerin selbst, die sich hinsichtlich bestimmter Gesichtspunkte mehrfach auf die Entscheidung in dem Verfahren 4c O 44/18 beruft und diese heranziehen will. Weshalb dies aber nur für die Frage der marktbeherrschenden Stellung nicht auch der Fall sein soll, ist nicht ersichtlich.
  179. Mit Blick auf den zu lizensierenden Markt des HEVC-Standards hat die Klägerin demnach eine beherrschende Stellung inne, weil sie, vermittelt über die XXX als Poolverwalterin, über die Erteilung von Lizenzen bezüglich der standardrelevanten Schutzrechte entscheiden kann. Dadurch ist sie in der Lage, Wettbewerb auf dem nachgelagerten Markt, welcher aus allen HEVC-fähigen Endgeräten besteht, zu verhindern. Wenngleich der HEVC-Standard den nachgelagerten Produktmarkt nicht im Sinne einer Marktzutrittsvoraussetzung beeinflusst, da grundsätzlich auch Endprodukte ohne diesen gängigen Standard vermarktet werden können, ist die Ausstattung der Endgeräte mit diesem Videostandard dennoch ein wesentlicher Faktor. Denn ohne dessen Bereitstellung wären die Produkte (TV, Set-Top-Boxen, Tablets usw.) tatsächlich nicht wettbewerbsfähig, weil es mangels (De-)Codiervorrichtungen praktisch für das Abspielen von Videos und für den durchschnittlichen Nutzer, der diese Abspielmöglichkeit als wichtige Funktion in Form eines „Must Have“ betrachtet, untauglich wäre. Es ist nämlich kein anderer Standard vorhanden, der aktuell den HEVC-Standard bei ebenso reduzierter Bitrate ersetzen könnte, so dass es auf eine Lizenznahme bei der XXX oder der Klägerin selbst nicht ankäme. Nur dieser Standard ist in der Lage, große Datenmengen effizient zu komprimieren, um sie über die vorhandene Bandbreite dem Endnutzer in guter Qualität zur Verfügung stellen zu können. Insofern ist es seitens der Endgerätehersteller üblich, die Geräte so auszustatten, dass alle gängigen Standards unterstützt werden und Videoinhalte korrekt wiedergegeben werden können. Denn es ist der Inhalte-Anbieter, der auswählt, welcher Standard für die Codierung genutzt wird, und insoweit voraussetzt, dass sein Inhalt auf sämtlichen gängigen Geräten abspielbar sein wird.
  180. Etwas anderes folgt schließlich nicht aus dem eigenen Vortrag der Beklagten, anhand dessen sie (ohnehin nur im Zusammenhang mit der angemessenen Lizenzgebührenhöhe) aufzeigen will, dass sich der HEVC-Standard gerade nicht durchgesetzt habe und nur einen kleinen Anteil an codierten Videoinhalten ausmache. Denn auch danach ist es so, dass dort, wo Inhalte in einer HEVC-Codierung angeboten werden, keine technisch-gleichwertige Alternative vorhanden ist, die dieselbe Datenmenge mittels der gleichen Bandbreite wie HEVC-codierte Inhalte übertragen kann. Es mag demnach sein, dass (derzeit noch) der HEVC-Markt insgesamt kleiner ist als beispielsweise derjenige für H.264/AVC. Allerdings ist die Klägerin auf diesem Markt beherrschend, und die H.265-Technologie alternativlos.
  181. Hinzukommt, dass eigene Werbeaussagen der Beklagten bzw. XXX auf die Vorteile von UHD hinweisen, für deren Codierung vorzugsweise der HEVC-Standard benutzt wird. Ferner hat die Kammer keine Zweifel daran, dass beispielsweise Videostreaming-Dienste wie XXX u.a. seit mehreren Jahren ihre Inhalte in HEVC codieren (vgl. Anlagen ES Kart 45 – 48). Selbst wenn diese auch – unter entsprechendem Qualitätsverlust – durch andere Standards decodiert werden könnten, gehen diese Dienstanbieter davon aus, dass zunehmend mehr Endgeräte fähig sind, UHD/4k-Inhalte mittels HEVC zu decodieren. Genau aus diesem Umstand heraus, dass die Dienste-Anbieter über das Codierungsformat entscheiden, besteht für die Gerätehersteller die Notwendigkeit, HEVC-fähige Geräte anzubieten, um konkurrenzfähig zu bleiben. Denn der Trend, hin zu immer besserer Bildqualität bei zugleich schnellen Datenübertragungen, setzt sich unvermindert fort.
  182. Aus dem nachgelassenen Schriftsatz der Klägerin vom 12. November 2021 folgt für die Frage der marktbeherrschenden Stellung nichts anderes. Auch danach ist unstreitig, dass die HEVC-Codierung für DVB-T2-Übertragungen alternativlos ist.
  183. 2.
    Die Klägerin ist ihren aus dem kartellrechtlichen Missbrauchs- und Diskriminierungsverbot (Art. 102 AEUV) folgenden FRAND-Obliegenheiten nicht ausreichend nachgekommen. Sie nutzt ihre marktbeherrschende Stellung auf missbräuchliche Weise aus.
  184. Ein marktbeherrschender Patentinhaber, der sich gegenüber einer Standardisierungsorganisation verpflichtet hat, Lizenzen zu FRAND-Bedingungen zu erteilen, kann seine Marktmacht nicht nur dadurch missbräuchlich ausnutzen, dass er einem lizenzwilligen Verletzer den Abschluss eines entsprechenden Lizenzvertrags verweigert und ihn mit einer Klage auf Unterlassung, Rückruf und Entfernung von Produkten aus den Vertriebswegen oder auf Vernichtung patentverletzender Erzeugnisse in Anspruch nimmt (FRAND I, Rn. 71). Ein Missbrauch kann auch dann vorliegen, wenn dem Patentinhaber anzulasten ist, dass er sich nicht hinreichend bemüht hat, seiner mit der markbeherrschenden Stellung verbundenen besonderen Verantwortung gerecht zu werden und einem grundsätzlich lizenzwilligen Verletzer den Abschluss eines Lizenzvertrags zu angemessenen Bedingungen möglich zu machen (FRAND II, Rn. 53). Diese Verhaltensweise ist nämlich nicht mit dem Anspruch des Verletzers darauf vereinbar, dass ihm der SEP-Inhaber die Benutzung der geschützten technischen Lehre zu FRAND-Bedingungen vertraglich gestattet (vgl. FRAND II, Rn. 54).
  185. In beiden Fällen ist die Klage missbräuchlich, weil dem lizenzwilligen Verletzer ein Anspruch darauf zusteht, dass ihm der Patentinhaber die Benutzung der geschützten technischen Lehre zu FRAND-Bedingungen vertraglich gestattet. Der Missbrauch der Marktmacht folgt damit aus der Ablehnung eines nachgefragten Zugangs zu der Erfindung schlechthin oder aus unangemessenen Bedingungen für einen nachgefragten Zugang, von denen der Patentinhaber auch am Ende von Verhandlungen nicht abzurücken bereit ist, mithin der Weigerung, dem den Abschluss eines Lizenzvertrags zu FRAND-Bedingungen anstrebenden Lizenznehmer als Ergebnis eines Verhandlungsprozesses diejenigen fairen, angemessenen und nicht-diskriminierenden Vertragsbedingungen anzubieten, die dieser beanspruchen kann und zu denen er seinerseits bereit ist, mit dem Patentinhaber abzuschließen (vgl. FRAND II, Rn. 54).
    Bei der Beurteilung im jeweiligen Einzelfall, ob die Durchsetzung von Patentverletzungsansprüchen mit einer solchen Lizenzverweigerung des marktbeherrschenden Patentinhabers gegenüber dem Verletzer einhergeht und danach als Missbrauch der Marktmacht des Patentinhabers erscheint, sind einerseits die den Patentinhaber treffenden, originär aus dem Kartellrecht erwachsenden – und etwaig durch die Lizenzverpflichtungszusage beeinflussten – Verhaltenspflichten in den Blick zu nehmen (vgl. hierzu FRAND I, Rn. 73-81; FRAND II, Rn. 55 f.; OLG Karlsruhe, GRUR 2020, 166, Rn. 94-96 – Datenpaketverarbeitung). Andererseits ist zu fragen, ob der Verletzer als redlicher Lizenzsucher auftritt. Insoweit muss der Verletzer darum bitten, einen Lizenzvertrag zu angemessenen und nicht-diskriminierenden Bedingungen abzuschließen (sog. Lizenzbereitschaftserklärung oder Lizenzierungsbitte), und eine solche Bitte darf nicht bloß ein „Lippenbekenntnis“ sein. Denn eine bloß verbal geäußerte Bitte um Erteilung einer Lizenz reicht nicht aus, wenn das übrige Verhalten des Erklärenden bei objektiver Betrachtung unmissverständlich Zeugnis davon ablegt, dass es sich bei der Bitte um eine FRAND-Lizenz um ein reines Lippenbekenntnis handelt, das ganz offensichtlich nicht von einem ernstgemeinten Willen zur Lizenznahme getragen wird, sondern dem einzigen Zweck dient, den Patentinhaber hinzuhalten, seine Rechtsverfolgung zu verschleppen und so die das Patent benutzenden Handlungen ungestört fortsetzen zu können (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 14. Juli 2021, Az. I-2 U 13/21).
  186. Dabei muss, nach der Rechtsprechung des EuGH in Huawei/ZTE (EuGH-Urteil), welche durch den BGH in den Entscheidungen FRAND I und FRAND II nähere Ausformung erhalten hat, der Inhaber eines SEPs, bevor er seinen Unterlassungs- oder Rückrufanspruch geltend macht, den angeblichen Verletzer (nachfolgend: „Verletzer“) auf die Patentverletzung hinweisen (Leitsätze und Rn. 61 EuGH-Urteil). Soweit der Verletzer zu einer Lizenznahme grundsätzlich bereit ist, muss der SEP-Inhaber ihm ein konkretes schriftliches Angebot auf Lizenzierung des SEPs zu fairen, angemessenen und nicht-diskriminierenden Bedingungen unterbreiten und dabei auch die Art und Weise der Berechnung der geforderten Lizenzgebühren darlegen (Rn. 63 EuGH-Urteil). Hierauf muss der Verletzer nach Treu und Glauben und insbesondere ohne Verzögerungstaktik reagieren (Rn. 65 EuGH-Urteil). Nimmt er das Angebot des SEP-Inhabers nicht an, muss der Verletzer innerhalb einer kurz zu bemessenden Frist ein Gegenlizenzangebot unterbreiten, welches die FRAND-Vorgaben beachtet (Rn. 66 EuGH-Urteil). Lehnt der SEP-Inhaber dieses Gegenangebot seinerseits ab, muss der Verletzer ab diesem Zeitpunkt über die Benutzung des SEPs abrechnen und für die Zahlung der Lizenzgebühren Sicherheit leisten, was auch für Nutzungen in der Vergangenheit gilt (Rn. 67 EuGH-Urteil).
  187. Bei der nach den aufgezeigten Maßgaben im Streitfall vorzunehmenden Prüfung kann zum Schluss der mündlichen Verhandlung festgestellt werden, dass der Klägerin eine kartellrechtswidrige Lizenzverweigerung vorzuwerfen ist.
  188. 1.1.
    Die Klägerin hat der Beklagten – wie grundsätzlich geboten (vgl. EuGH-Urteil, Rn. 61; FRAND I, Rn. 73f.; FRAND II, Rn. 55) – die Verletzung ordnungsgemäß angezeigt.
  189. 1.1.1.
    Der Verletzungshinweis soll den Verletzer unter Bezeichnung des Patents, der Art der Verletzungshandlung sowie der angegriffenen Ausführungsform auf den Verletzungstatbestand und ferner auf die Möglichkeit und Notwendigkeit einer Lizenznahme aufmerksam machen; detaillierter technischer oder rechtlicher Erläuterungen des Verletzungsvorwurfs bedarf es dabei nicht. Weder bedarf es eines Hinweises auf die Standardessentialität eines Patents noch der Gegenüberstellung der Anspruchsmerkmale mit den Merkmalen des Standards. Denn die (inhaltlichen) Anforderungen an die Verletzungsanzeige dürfen nicht derart überspannt werden, dass der Patentinhaber zu diesem frühen Zeitpunkt der Auseinandersetzung schon verpflichtet wird, detailliert zu begründen, wodurch die einzelnen Merkmale des Patentanspruchs verwirklicht werden, und so seine Ansprüche rechtlich herzuleiten. Den Verletzungsvorwurf inhaltlich zu überprüfen, ist zunächst Sache des Verletzers (vgl. Kühnen, a.a.O., Kapitel E, Rn. 385).
  190. 1.1.2.
    Jedenfalls aus der E-Mail von XXX vom 11. Januar 2018 (Anlage GRÜ 3) in Verbindung mit der E-Mail vom 3. April 2017 (Anlage GRÜ 1) ergibt sich ein hinreichender Verletzungshinweis an die Beklagte bzw. deren XXX Muttergesellschaft XXX.
  191. (1)
    Die Muttergesellschaft der Beklagten war die richtige Adressatin des Verletzungshinweises. Bei einem Herantreten an die Muttergesellschaft, einen Poollizenzvertrag über einen Technologie-Standard abzuschließen, handelt es sich um eine herkömmliche Vorgehensweise. Sie unterliegt insbesondere dann keinen Bedenken, wenn mit einer Weiterleitung der Verletzungsanzeige an die jeweiligen Tochtergesellschaften, wie hier an die Beklagte, die es in den unterschiedlichen Schutzländern betrifft, zu rechnen ist (vgl. OLG Karlsruhe, GRUR 2020, 166, Rn. 111; Kühnen, a.a.O., Kapitel E, Rn. 386).
  192. Dies trifft hier zu; XXX durfte annehmen, dass es zu einer konzerninternen Weiterleitung ihres Anschreibens kommen würde. Insofern ist zudem spiegelbildlich zu berücksichtigen, dass es die Muttergesellschaft sein soll, die mit Wirkung für ihre Tochtergesellschaften einen Lizenzvertrag mit XXX eingehen würde. Dieser direkt den Verletzungshinweis zukommen zu lassen, ist deshalb sachgerecht.
  193. (2)
    Mit der E-Mail aus April 2017 hat XXX auf den HEVC-Patentpool hingewiesen und deutlich gemacht, dass XXX Produkte wie UHD TV und 4K UHD Set-Top Boxen Decodierer aufweisen, die von der Standardtechnologie Gebrauch machen. Für nähere Informationen zum Pool und zum Lizensierungsprogramm verwies XXX auf die Website www.hevcXXX.com. Zugleich hat XXX XXX in Aussicht gestellt, bei zügiger Lizenznahme das noch laufende Incentive Programm für sich nutzen und so in den Genuss von Gebührenvergünstigungen kommen zu können. Einen Hinweis auf ein konkretes Patent, welches XXX als verletzt ansah, war in diesem Schreiben indes nicht enthalten. Auf dieser Grundlage konnte XXX daher noch nicht in eine technische Prüfung der vermeintlich verletzten Schutzrechte eintreten. Selbst wenn sie über die Website eine Übersicht aller standardessentiellen Patente gewonnen hätte, hätte sie dennoch keinen konkreten Anhalt gehabt, auf welche Schutzrechte sich XXX (ggf. auch in einem späteren Gerichtsverfahren) stützen würde. Der Verletzungshinweis soll aber gerade einem Informationsdefizit auf Seiten des Verletzers begegnen, dem möglicherweise in Anbetracht der Vielzahl der SEP, aus denen der Standard besteht, die Benutzung jedes einzelnen SEP nicht positiv bekannt ist (vgl. FRAND II, Rn. 55; OLG Düsseldorf, GRUR 2017, 1219 – Mobiles Kommunikationssystem mit Verweis auf EuGH).
  194. Mit E-Mail aus Januar 2018 übersandte XXX an XXX sodann Claim Charts, worin sie 17 einzelne im HEVC-Pool enthaltene Patente dem Standard gegenüberstellte, um auf diese Weise den Verletzungsvorwurf zu vervollständigen. Ab diesem Zeitpunkt war es XXX möglich, nachzuvollziehen, welche Patentverletzung ihr vorgehalten wird.
  195. 1.2.
    Die Beklagte bzw. ihre Muttergesellschaft hat vorprozessual jedenfalls konkludent um eine Lizenz gebeten und es kann auch nicht festgestellt werden, dass es sich hierbei nur um ein Lippenbekenntnis gehandelt hat, was aus einer Würdigung ihres Gesamtverhaltens bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung geschlossen werden kann.
  196. 1.2.1.
    Mit der an den Patentinhaber gerichteten Lizenzierungsbitte muss der Lizenzsucher seinen Willen zum Ausdruck bringen, einen Lizenzvertrag zu FRAND-Bedingungen schließen zu wollen (EuGH-Urteil, Rn. 63). Seine ernsthafte Bereitschaft muss erkennbar sein, ohne dass sie bestimmten Formerfordernissen entsprechen muss. Im Ergebnis genügt es, pauschal und formlos sowie durch schlüssiges Verhalten die Lizenzwilligkeit auszudrücken. Entscheidend ist, dass sie aus Sicht des Patentinhabers eindeutig ausfällt (vgl. FRAND II, Rn. 57; OLG Düsseldorf, a.a.O. – Mobiles Kommunikationssystem). Der Lizenzgeber muss sich – während des gesamten Verhandlungszeitraums – sicher sein, dass der Lizenznehmer ernsthaft an der Lizenznahme interessiert ist. Vor der Äußerung einer solchen Lizenzbitte ist dem Benutzer jedenfalls eine hinreichende Überlegungszeit einzuräumen, deren Länge sich an der Detailliertheit des Verletzungshinweises orientieren kann. Indes ist es dem Benutzer untersagt, den Abschluss eines Lizenzvertrages mittels einer Verzögerungstaktik absichtlich hinauszuschieben. Dies ist mit der Obliegenheit des Benutzers, zielgerichtet an den Verhandlungen mitzuwirken, unvereinbar (vgl. FRAND I, Rn. 83).
  197. Inhaltlich dürfen die Anforderungen an die Lizenzierungsbitte aber nicht überspannt werden. Aufgabe der Lizenzierungsbitte ist, dem Lizenzgeber – gewissermaßen als Vorfrage – kundzutun, ob der Verletzer grundsätzlich zur Lizenznahme bereit ist oder diese durchweg ablehnt (vgl. OLG Karlsruhe, GRUR 2020, 166, Rn. 115 – Datenpaketverarbeitung). Darin liegt der wesentliche Gesichtspunkt, der durch eine Lizenzbitte zum Ausdruck kommen soll: der Benutzer soll sich zur einen oder anderen Vorgehensweise bekennen und daran im Weiteren festhalten (lassen). Bereits diese Information ist für den SEP-Inhaber ausreichend, aber auch erforderlich, um ihm die nach den Huawei/ZTE-Kriterien treffenden Obliegenheiten aufzuerlegen, um für den Fall der grundsätzlichen Lizenzbereitschaft ein Lizenzangebot unterbreiten zu können. Keinesfalls ausreichend ist es, wenn der Benutzer auf den Verletzungshinweis hin nur mitteilt, den Abschluss eines Lizenzvertrages zu erwägen, oder er Verhandlungen lediglich über das Ob eines Vertragsschlusses beginnt (vgl. FRAND II, Rn. 57). Eine solche Reaktion genügt nicht den maßgeblichen vom EuGH aufgestellten Forderungen, zum Ausdruck zu bringen, einen Lizenzvertrag zu FRAND-Bedingungen zu schließen.
  198. Vom Verletzer ist neben der klaren Positionierung für oder gegen eine Lizenznahme nicht zu verlangen, dass er sich zu diesem Zeitpunkt schon materiell mit einzelnen Lizenzvertragsbedingungen befasst, die seiner Ansicht nach FRAND-Kriterien erfüllen könnten und möglicherweise sogar im Gegenangebot verkörpert sind. Derlei Äußerungen könnten ihm überdies zum Nachteil gereichen, wenn der SEP-Inhaber sie als abschließend und unverrückbar und mithin als mangelnde Verhandlungsbereitschaft des Benutzers wahrnimmt. Zudem könnte es sich um ersichtlich nicht FRAND-gemäße Vertragsbedingungen handeln, worauf sich der SEP-Inhaber im Rahmen von Vertragsverhandlungen gar nicht erst einlassen muss (vgl. Kühnen, a.a.O., Kapitel E, Rn. 393). Einem Verletzer würde folglich wegen inhaltlicher Angaben zum Angebot seine Lizenzbereitschaft abgesprochen, obwohl er zu solchen Äußerungen zu diesem in der Regel frühen Zeitpunkt der Lizenzverhandlungen noch gar nicht angehalten war. Wenn nämlich auf der Stufe der Lizenzierungsbitte bereits eine inhaltliche Auseinandersetzung mit FRAND-Vertragsbedingungen oder gar dem Gegenangebot erfolgen würde, würde dies dem vom EuGH aufgestellten Wechselspiel des Huawei/ZTE-Prozedere widersprechen. Die Lizensierungsbitte ist damit Voraussetzung für die Abgabe des FRAND-gemäßen Lizenzangebots, auf welches mit dem Gegenangebot zu reagieren ist. Im Moment der Lizenzbitte kommt es auf ein Gegenangebot noch nicht an.
  199. Vorstehendes ändert nichts an den unzweifelhaft auch dem EUGH-Urteil zu entnehmenden, wechselseitigen Mitwirkungspflichten am Zustandekommen eines FRAND-Lizenzvertrages, weil angemessene Bedingungen für ein Vertragsverhältnis, insbesondere ein angemessener Preis, regelmäßig nicht objektiv feststehen, sondern nur als das Ergebnis ausgehandelter Marktprozesse erfassbar sind. Die ernsthafte und zielgerichtete Mitwirkung des lizenzbereiten Unternehmens an der Aushandlung angemessener Vertragsbedingungen ist daher essentiell und von entscheidender Bedeutung (vgl. LG Mannheim, Urt. v. 18. August 2020 – 2 O 34/19 –, juris, Rn. 159). Wann solche angemessenen Bedingungen vorliegen, ist indes eine materiell-rechtliche Fragestellung, die den eigentlichen Inhalt eines FRAND-Lizenzvertrages betrifft und über die sich ein Benutzer in dem Moment, in dem er seine grundsätzliche Lizenzbereitschaft äußert, nicht im Klaren sein muss und auch nicht sein kann. Denn regelmäßig ist der SEP-Inhaber aufgrund seiner Kenntnisse vom Markt in der besseren Lage, ein Lizenzangebot zu unterbreiten, das den Anforderungen an die Gleichbehandlung genügt. Ein Benutzer ist nicht oder jedenfalls nicht ohne weiteres in der Lage, von sich aus FRAND-Bedingungen zu formulieren (vgl. auch FRAND I, Rn. 75 mit Verweis auf EUGH-Urteil).
  200. Die Lizenzbereitschaft losgelöst von materiell-rechtlichen Aspekten zu beurteilen, ist auch deshalb der richtige Ausgangspunkt, weil in konkrete Vertragsverhandlungen erst nach Abgabe des Angebots sinnvoll eingestiegen werden kann. Das Angebot des SEP-Inhabers bildet die Grundlage für konstruktive Vertragsverhandlungen zwischen den Parteien, weil vorher nicht bekannt ist, welche (FRAND-)Vertragsbedingungen der hierzu vorleistungspflichtige Lizenzgeber zum Vertragsgegenstand machen will. Insoweit mag man dieses Angebot lediglich als Ausgangspunkt für einen späteren Vertrag verstehen.
  201. Nach alledem darf für die Frage der Lizenzbereitschaft allenfalls auf die Umstände und die grundsätzliche Abgabe eines Gegenangebots im Zuge einer Verhandlungshistorie sowie auf das Verhalten des Verletzers generell abgestellt werden, indes darf keine inhaltliche FRAND-Prüfung der Vertragsklauseln erfolgen.
  202. Ebenso wenig wie das Gegenangebot im Rahmen der Lizenzbereitschaft gewürdigt werden darf, besteht Anlass, schon den Inhalt des Lizenzangebots bei der Lizenzbitte zu erörtern und daraus sogar dann verminderte Anforderungen an die Verhaltenspflichten des Benutzers herzuleiten, wenn dieses offensichtlich un-FRAND ist. Denn aufgrund der konstitutiv aufeinander aufbauenden Huawei./.ZTE-Verhaltenspflichten ist die Abgabe des Lizenzangebots erst nach Erklärung der Lizenzbereitschaft erforderlich. Hiervon nur zu unterscheiden ist der Fall, wenn beispielsweise gleichzeitig mit dem Verletzungshinweis ein Lizenzangebot unterbreitet wurde. In diesen Fällen erfolgte die Abgabe aber überobligatorisch, sodass es auf die separate Bekundung der Lizenzbereitschaft nicht mehr ankommt.
  203. Um die zuvor skizzierten Anforderungen an die Lizenzbereitschaft an konkreten Tatsachen festzumachen, ist das Gesamtverhalten des Lizenznehmers während der Dauer der Vertragsverhandlungen zu würdigen (vgl. OLG Düsseldorf, a.a.O., Rn. 198 – Mobiles Kommunikationssystem). So kann eine einmal geäußerte Lizenzbitte durch späteres Verhalten konterkariert werden und wieder entfallen. Die soeben beschriebene (allgemeine) Lizenzbereitschaft überlagert daher die Vertragsverhandlungen. Denn, wenn in einem ersten Schritt nur eine allgemeine Äußerung des Verletzers zur Lizenznahme erforderlich und auch ausreichend ist, und es erst zu einem späteren Zeitpunkt, nämlich nach Abgabe des Lizenzangebots, auf einen konkreten Willen des Lizenznehmers zu einer konkreten Lizenznahme ankommt, impliziert dies, dass jedenfalls die allgemeine Bereitschaft dauerhaft – über den eigentlichen Moment ihrer Kenntlichmachung hinaus – fortbestehen muss. Für den Lizenznehmer bedeutet dies, dass er sich fortan lizenzbereit zeigen muss, indem er aktiv, fördernd und zielstrebig an den Lizenzverhandlungen teilnimmt. Hierbei ist ein großzügiger und eher abstrakter Maßstab anzulegen, damit die eigentliche inhaltliche Diskussion über FRAND-gemäße Vertragsbedingungen in jedem Fall der Prüfung des Lizenzangebots vorbehalten bleibt. Der Schwerpunkt der Prüfung eines (nicht) missbräuchlichen Verhaltens kann so richtigerweise auf konkrete inhaltliche Aspekte gelegt werden, wo sich der von Art. 102 AEUV geforderte gerechte Ausgleich der betroffenen Interessen (vgl. EuGH-Urteil, Rn. 55) am ehesten auswirkt. Durch diese Gewichtung von Lizenzbereitschaft und FRAND-Angebot wird eine sich an allzu formalen Kriterien orientierende Kopflastigkeit des Huawei/ZTE-Prozederes verhindert.
  204. 1.2.2.
    Ausgehend von vorstehenden Erläuterungen war und ist XXX zur Überzeugung der Kammer nach Abgabe ihrer Lizenzierungsbitte lizenzbereit geblieben. Diese Bereitschaft haben sie gegenüber XXX in hinreichender Weise zum Ausdruck gebracht. Dies gilt sowohl für die Zeit vor Klageerhebung als auch danach; insbesondere für die Zeit nach Klageerhebung ist die Lizenzbereitschaft auch nicht nachträglich entfallen.
  205. (1)
    Eine erste Kontaktaufnahme durch XXX fand im April 2017 statt. Mit E-Mail vom 3. April 2017 stellte XXX durch ihren Senior Vice President XXX den HEVC-Patentpool sowie dessen Lizensierungsprogramm vor (vgl. Anlage GRÜ 1). Im Nachgang dazu fand schon ein Austausch zwischen den Parteien statt. Im Dezember 2017 trafen sich Vertreter dann von XXX und von HEVC XXX (XXX) persönlich, um den Abschluss eines Lizenzvertrages zu besprechen. Obwohl nähere Ausführungen sowie Belege hierzu, gleichermaßen wie für den Zeitraum bis dahin, nicht zur Akte gelangt sind, ist aber denknotwendig, dass es jedenfalls vor diesem Treffen entsprechende Abstimmungen zwischen den Parteien gegeben haben muss. Im bzw. ab Januar 2018 nach Übermittlung von 17 Claim Charts (vgl. Anlage GRÜ 3) nahm XXX sodann technische Prüfungen der benannten Schutzrechte vor. Davon setzte XXX XXX in Kenntnis (vgl. Anlage ES-Kart 2, E-Mail 17. Januar 2017). Ebenso war XXX bereits in dieser anfänglichen Kontaktaufnahme bemüht, verspätete Rückmeldungen zu erklären (vgl. E-Mail vom 14. März 2018). Dadurch unterstreicht XXX die grundsätzliche Bereitschaft, miteinander in Kontakt zu bleiben, da nach Ansicht der Kammer derlei Erklärungen nicht selbstverständlich wären.
  206. Auch der weitere als Anlage ES-Kart 3 zur Akte gereichte E-Mail-Verkehr zwischen den anwaltlichen Vertretern von XXX und XXX aus Frühjahr 2018 ist Beleg für die Lizenzbereitschaft von XXX. Es wird erläutert, dass XXX bereits erfolglos bei XXX um die Zurverfügungstellung des Lizenzangebots nachgesucht hatte. Indem nun wiederum um die Vorlage eines Lizenzangebots gebeten wird, macht XXX ausdrücklich klar, lizenzbereit zu sein. Insoweit bedarf es keiner Entscheidung, ob XXX berechtigterweise seinen eigenen Schilderungen nach davon ausgehen durfte, XXX sei bis zu deren E-Mails vom 7. (Anm.: nicht vorgelegt) und 9. Mai 2017 nicht lizenzbereit gewesen. Denn jedenfalls stünde eine erst mit E-Mail vom 9. Mai 2017 bekundete Lizenzbitte, auch angesichts des zwischenzeitlichen E-Mail-Austauschs, noch in hinreichendem zeitlichem Zusammenhang mit den übermittelten Claim Charts. Bei den zeitgleich übersandten 17 Claim Charts durfte XXX einen Prüfungszeitraum für technische Untersuchungen in Anspruch nehmen, welcher mit knapp vier Monaten hier auch noch nicht zu lang war.
  207. Es bedarf an dieser Stelle ebenso wenig einer Entscheidung, ob der HEVC-Standardlizenzvertrag üblicherweise nicht von XXX an interessierte Lizenznehmer verschickt, sondern von diesen unmittelbar von der Homepage heruntergeladen wird und auch XXX diese Möglichkeit offen gestanden hätte, mit der Folge, dass sie schon früher und aus eigenen Stücken Kenntnis über ein konkretes Lizenzangebot hätte haben können. Denn zum Zeitpunkt der Übersendung im Mai 2018 befanden sich die Parteien bereits in Kontakt, um eine etwaige Lizenznahme zu erörtern.
  208. XXX, durch ihren Klägervertreter, räumte im Übrigen Anfang Mai 2018 kurz vor der Übermittlung des Lizenzangebots selbst ein, dass es in diesem Anfangsstadium der Verhandlungen einen längeren Zeitraum gab, in dem man nicht miteinander gesprochen hat („it’s been a while, since we last spoke […]“, vgl. Anlage GRÜ 4). Indes sind Gründe hierfür nicht bekannt.
  209. Im Nachgang zur Abgabe des Lizenzangebots durch XXX am 18. Mai 2018 hielten die Parteien ihre Verhandlungen nahtlos aufrecht. So fanden am 11. Juni, 13. sowie 14. November 2018 inhaltliche Besprechungen mit XXX statt, die sowohl technische als auch wirtschaftliche Fragestellungen für eine Lizenznahme einschlossen. Jeweils im Anschluss an diese Treffen wurden Gesprächsprotokolle angefertigt (vgl. Anlage ES-Kart 1 Gesprächsprotokoll datierend vom 11. Juni 2018), die keinen Hinweis auf mangelnde Lizenzbereitschaft von XXX geben. Die als Anlage GRÜ 5 vorgelegte E-Mail ist Beleg für weitere inhaltliche Auseinandersetzungen zwischen den Parteien noch nach den eigentlichen Treffen. Auf seitens XXX geäußerte Zweifel hat XXX reagiert („response to claim charts“).
  210. In ähnlicher Weise verlief es im Anschluss an die November-Treffen 2018 (vgl. Anlage ES-Kart 7). Hierzu bekundet XXX selbst, dass die Treffen grundsätzlich konstruktiv waren und die von XXX vorgebrachten Punkte durchaus darauf hinzudeuten schienen, dass es möglich wäre, in einem vernünftigen Zeitrahmen in Verhandlungen einzutreten und einen Lizenzvertrag abzuschließen; gerade so, wie es XXX mit den anderen mehr als 200 Lizenznehmern gelungen ist. XXX nahm an, dass nunmehr nicht-technische Gespräche beginnen würden, weil die technischen Erörterungen als erfolgreich abgeschlossen bewertet wurden. Die Treffen verliefen demnach konstruktiv und es gab keine Anhaltspunkte, dass sie nicht in gleicher Weise auch die noch offenen Punkte (Vergangenheitszahlung, Höhe Lizenzgebühr und Doppellizensierungen) würden lösen können.
  211. Die Gespräche zwischen XXX und XXX waren von Anfang an davon geprägt, dass es mitunter mehrere Wochen bis zu einer Rückmeldung dauern konnte. Keine der Parteien hat einem solchen Zeitraum aber die Bedeutung einer nur schleppenden Verhandlungsbereitschaft beigemessen. Explizit anerkannt haben und einverstanden waren mit einer solchen Vorgehensweise die Parteien im Rahmen ihres Treffens vom 11. Juni 2018. Denn wie die E-Mail vom 11. Juli 2018 (Anlage GRÜ 5) dokumentiert, wurde ein Zeitfenster für weitere Schritte vereinbart. So sollte im Oktober 2018, also rund 4 Monate später, ein Gegenangebot von XXX folgen. Im Hinblick auf diese Zeitspanne äußert XXX von XXX auch keine Bedenken per se, sondern macht nur darauf aufmerksam, dass etwaige Vergünstigungen verloren gehen könnten. Zwar mag es im Laufe der Zeit ebenso kurzfristigen E-Mail-Austausch gegeben haben. Dabei handelt es sich jedoch nicht um die übliche Reaktionszeit; weder auf Seiten XXX noch XXX.
  212. Die sich von Mitte November bis Januar 2019 erstreckende Korrespondenz (vgl. Anlage ES-Kart 7) mündete in dem Mitte Januar 2019 abgegebenen Gegenangebot von XXX (vgl. Anlage GRÜ 8), wobei XXX der XXX auch jeweils erläuterte, weshalb es nicht wie geplant bereits im Oktober 2018 zur Abgabe des Gegenangebots gekommen ist. Darin wurden USD XXX für laufende Lizenzzahlungen und ein Pauschalbetrag von USD XXX für die Vergangenheit angeboten. XXX orientierte sich für die Bestimmung seiner Gebührenhöhe an den Lizenzsätzen des HEVC-Standards von XXX.
  213. Daran anschließend sowie nach der Einleitung der Verfahren in Großbritannien standen die Parteien weiterhin in Austausch miteinander, wie die als Anlage ES-Kart 10 vorgelegte weitere E-Mail Korrespondenz zeigt. Hier erörtern die Parteien den Gegenstand des Gegenangebots und insbesondere XXX hat diverse Nachfragen zur Markenkennzeichnung der von XXX vertriebenen Produkte.
  214. Im Februar 2019 liefen zwischen den Parteien Abstimmungen für die Durchführung eines Telefonats, zu dem Rechtsanwälte hinzugezogen werden sollten (Anlage ES-Kart 11). Dass es XXX Wunsch war, anwaltliche Vertreter zu den Gesprächen fortan hinzuzuziehen, vermag indes keine Zweifel an der Lizenzbereitschaft zu begründen. Dadurch mögen die Treffen zwar ihren informellen Charakter verlieren; allerdings kommt es für die Frage der Lizenzbereitschaft weniger auf die Verhandlungsteilnehmer als mehr auf die Tatsache an, dass überhaupt ein gegenseitiger Austausch stattfindet. Dies wiederum war vorliegend auch nach Einbeziehung der Rechtsanwälte der Fall.
  215. Am 30. April 2019 trafen sich die Verhandlungspartner nebst ihren XXX Anwälten in XXX. Ein maßgeblicher Punkt dieses Treffens war die Vorlage von Vergleichslizenzverträgen und wie XXX gegenüber XXX hinreichende Transparenz herstellen könnte. Das Gesprächsprotokoll vom 30. April 2019 verfasst von XXX als XXX Vertreter von XXX (Anlage GRÜ 9_2), sowie dasjenige der XXX Vertreter von XXX XXX (Anlage ES-Kart 5) veranschaulichen die Gesprächsthemen während des Meetings und vor allem den Umstand, dass den Verhandlungen zwischen den Parteien durch dieses Meeting Fortschritt gegeben werden könnte („[…] hypothesised that progress in the meeting could be made by addressing two points..“).
  216. Für die Zeit von etwa Mai bis Oktober 2020, mithin für die Zeit seit Klageerhebung, hat XXX keine Nachweise mehr über einen Austausch mit XXX zur Akte gereicht, um seine Lizenzbereitschaft darzulegen, sodass man eine zeitweise Unterbrechung der Lizenzverhandlungen annehmen könnte. Indes handelt es sich hierbei genau um die Zeitspanne, innerhalb derer XXX vorwiegend bilaterale Gespräche mit der Klägerin sowie anderen SEP-Inhaberinnen (vgl. vor der Kammer geführter Parallelverfahren) geführt hat. Es ist ein legitimes Interesse eines SEP-Nutzers, auch während bereits laufender Lizenzverhandlungen mit einem Patentpool auch lediglich einzelne Patente umfassende Vertragsangebote einzuholen und so anhand von wirtschaftlichen Erwägungen eine Entscheidung zu treffen. Umso weniger Bedenken bestehen an parallel geführten Lizenzverhandlungen, wenn dem Poolverwalter diese Vorgehensweise offen kommuniziert wird und erkennbar ist, dass das Herantreten an einzelne SEP-Inhaber nicht nur zum Schein und unter Vortäuschung eines Lizenzinteresses erfolgt, um die eigentlichen Lizenzverhandlungen mit dem Pool hinauszuzögern und zu blockieren. Dies war vorliegend der Fall. XXX hatte Kenntnis von den bilateralen Lizenzverhandlungen. Das Verhalten von XXX konnte somit redlicherweise nicht anders verstanden werden, als dass sie weiter bestrebt ist, eine Lizenz zu nehmen, und lediglich in Erfahrung bringen musste, ob mehrere bilaterale Lizenzen unter Umständen sachgerechter sein könnten als eine Poollizenz.
  217. Dass XXX dies tatsächlich so nicht gewertet hat, folgt jedenfalls aus dem Ende Oktober/Anfang November 2020 übermittelten, aktualisierten Lizenzangebot (Anlage ES-Kart 14 ff.) sowie schon aus der Reaktion von XXX Anfang Oktober 2020 (vgl. Anlagen GRÜ 17_1) auf XXX Bitte um Überlassung von Kontaktdaten der Lizenzgeber (Anlagen GRÜ 13 ff.). In dieser Zeit fand inhaltlicher Diskurs über die Vertragsbedingungen zur Lizenzgebühr sowie zur Doppellizensierung zwischen den Parteien statt. Die Beklagte hat hierzu mit den Anlagen GRÜ 21 bis GRÜ 31 wechselseitige Anschreiben zur Akte gereicht, mittels derer verbleibende Fragen sowohl bei XXX als auch bei XXX geklärt werden sollten. Wesentlicher Gegenstand der Kommunikation war auch hier die Angaben zu von XXX vertriebenen Produkten und deren jeweilige Markenkennzeichnung. Zudem dokumentieren diese Anlagen, dass es zu einer Videokonferenz am 10. November 2020 kam (Anlage GRÜ 29), zu der im Nachgang weitere E-Mails ausgetauscht wurden (Anlagen GRÜ 30, 31). Dass die Korrespondenz zwischen XXX und XXX nicht auf einem wöchentlichen Austausch beruhte, sondern durchaus größere Zeitabstände einnahm, ergibt sich aus der Anlage GRÜ 30 am Ende, worin XXX in vorgenannter Videokonferenz in Aussicht stellte, eine einmonatige Bedenkzeit zu benötigen. Zugleich dokumentieren diese E-Mail-Auszüge, dass es wiederholt XXX ist, die sich an den von XXX mitgeteilten Zahlen aufhalten und immer weitere Nachfragen stellen, ohne deren Beantwortung sie sich nicht in der Lage sahen, die Höhe der Gebühren für Past Sales zu berechnen. Diese mehrmaligen Nachfragen und weiteren Bitten um Klarstellungen dürften den Verhandlungsablauf jedenfalls nicht übermäßig beschleunigt haben, zumal aus den Antworten ersichtlich wird, dass XXX auch nicht anders zu reagieren wusste.
  218. Soweit in vereinzelten E-Mails, wie z.B. derjenigen vom 21. Dezember .2020 (Anlage GRÜ 23) Äußerungen von XXX enthalten waren wie „[…] We look forward to re-engage in licensing discussions with XXX […]“ ist ihnen nicht die Bedeutung beizumessen, dass bisherige Verhandlungen als gescheitert und XXX als nicht lizenzbereit angesehen würde. Jedenfalls fehlen hinreichende tatsächliche Umstände, anhand derer die Kammer diese Feststellung treffen könnte. Die E-Mails bieten dafür keine weiteren Anhaltspunkte; das bekannte Verhandlungsgeschehen ebenso wenig. Unmittelbar aus diesem geschilderten Kommunikationsablauf ist kein Verhalten XXX erkennbar, dass ihre mangelnde Lizenzbereitschaft erkennen lassen könnte. Insbesondere sind dazu solche Nachfragen XXX an XXX, wie die Benennung der Verantwortlichen jedes Lizenzgebers für bilaterale Korrespondenz (vgl. Anlagen GRÜ 13, GRÜ 14, GRÜ 15), nicht geeignet. Zwar dürfte es sich um seine sehr weitreichende Bitte handeln und XXX dürfte aufgrund seiner eigenen Unternehmensgröße in der Lage sein, entsprechende Kontakt herzustellen. Trotzdem ist nicht zu erkennen, dass XXX mit dieser Nachfrage eine Verzögerungstaktik verfolgt hat; dass XXX dies derart aufgefasst hätte, ist ebenso wenig ersichtlich, zumal sie mit E-Mail vom 6. Oktober 2020 die erbetenen Daten übermittelt haben (Anlage GRÜ 18). Abgesehen von diesen Formulierungen ist daher weder ersichtlich, noch von der Klägerin anhand objektiver Anhaltspunkte behauptet, dass sie zu dieser Zeit jeweils von bereits gescheiterten Lizenzverhandlungen ausgegangen ist, weil sich XXX ernsthaft und endgültig (§ 323 BGB) geweigert hätte, die Korrespondenz mit XXX fortzusetzen.
  219. Schließlich hat sich der außergerichtliche Austausch zwischen den Parteien bis unmittelbar vor die vor der Kammer anberaumten Verhandlungstermine (September/Oktober 2021) fortgesetzt. So dokumentieren die Anlagen ES-Kart 35c, 35d aus der im Jahr 2021 weiteren E-Mail-Austausch, der insbesondere unter dem 25. März 2021 das letztaktualisierte Lizenzangebote (Anlage ES-Kart 35) beinhaltete. Auf dieses Angebot hin, welches sich von dem vorherigen Angebot durch ein pauschales Angebot für die XXX unterschied, fanden im April 2021 weitere Diskussionen zwischen XXX und XXX statt. Selbst wenn die in Diskussion stehenden Streitpunkte im Laufe der Verhandlungen zwar dieselben geblieben sind, ist nicht festzustellen, dass die jeweilige Ansicht abschließend und unumstößlich war und die Lizenzverhandlungen deswegen festgefahren. Vielmehr sind sowohl XXX als auch XXX – wenn auch manchmal nach mehrmaligem Auffordern – schließlich aber doch auf die Bitten der jeweils anderen Seite eingegangen und haben dadurch den Vertragsverhandlungen Fortgang verschafft. Zuletzt belegt dies das letztgültige Lizenzvertragsangebot, was gerade auf der Basis weiterer von XXX übermittelter Produktzahlen beruhte.
  220. (2)
    Auch andere von XXX an den Tag gelegte Verhaltensweisen lassen die Lizenzbereitschaft nicht (nachträglich) entfallen. Im Einzelnen:
  221. (a)
    Weder die erhobenen Parallelverfahren in Großbritannien sowie den Niederlanden umgekehrten Rubrums noch der darin (zusätzlich) enthaltene Antrag auf Erlass einer Anti-Suit-Injunction führen dazu, dass XXX nicht mehr als lizenzbereit angesehen werden könnte.
  222. (aa)
    Der Tatsache, dass in einer anderen Jurisdiktion ein Verfahren umgekehrten Rubrums anhängig gemacht wurde, kommt nicht pauschal die Bedeutung zu, dass die klagende Partei, in Fallkonstellationen wie vorliegend regelmäßig der SEP-Benutzer, nicht zur Lizenznahme bereit ist.
  223. Wie bereits erwähnt, hat der EUGH die Maxime definiert, dass, wenn auf eine Verletzungsanzeige eines SEP-Inhabers der mögliche Patentbenutzer eine Lizenzierungsbitte zum Abschluss eines Lizenzvertrages zu FRAND-Bedingungen äußert, auf das vom Patentinhaber unterbreitete Lizenzangebot mit Sorgfalt gemäß den in dem Bereich anerkannten geschäftlichen Gepflogenheiten und nach Treu und Glauben zu reagieren ist, was impliziert, dass keine Verzögerungstaktik verfolgt wird (vgl. EuGH, a.a.O., Rn. 65). Gleiches gilt nach der Rechtsprechung des BGH FRAND-Einwand I bzw. FRAND-Einwand II. Danach muss der Verletzer nach Bekundung seines Lizenzierungswillens in der Folge zielgerichtet an den Lizenzverhandlungen mitwirken und darf keine Verzögerungstaktik verfolgen. In beiden Entscheidungen wird deutlich gemacht, dass der beiderseitigen Verpflichtung zu einem konstruktiven Austausch eine zentrale Rolle zukommt. Dies bedeutet, dass beide Parteien an Verhandlungen zum Abschluss eines Lizenzvertrages mitzuwirken haben und keine Seite berechtigt ist die Verhandlungen zu torpedieren (vgl. LG Düsseldorf, Urt. v. 15. Juli 2021, Az. 4c O 73/20). Diese Wirkung kann einer Klage umgekehrten Rubrums nicht uneingeschränkt beigemessen werden. Denn der Verletzter muss trotzdem jedenfalls so lange als lizenzbereit angesehen werden, wie er sich in dem ursprünglichen Verletzungsverfahren, in dem er den Kartellrechtseinwand erhoben hat, weiterhin zielführend an den Diskussionen zum Abschluss eines FRAND-Lizenzvertrages beteiligt. Dann manifestiert die erhobene Klage keine Blockadehaltung des SEP-Benutzers gegenüber dem SEP-Inhaber und signalisiert diesem nicht, dass kein Interesse an einer Lizensierung besteht.
  224. Danach hat XXX mit der Klageerhebung in UK die Vertragsverhandlungen mit XXX nicht torpediert. Vielmehr hat XXX die Vertragsverhandlungen mit XXX sowie mit den einzelnen Lizenzgebern auch nach Januar 2019 fortgesetzt. Eine Blockierung dieser Gespräche vermag die Kammer nicht festzustellen. Soweit die Klägerin dies behauptet, fehlen objektive Anhaltspunkte aus dem Verhalten von XXX, dass der Schwerpunkt ihrer Bemühungen ausschließlich auf dem Betreiben der Gerichtsverfahren lag und etwaige Verhandlungen gegenüber XXX nur zum Schein erfolgten. Unschädlich ist nach Ansicht der Kammer, wenn das Verhalten (insbesondere die Vorlage vom Gegenangebot) vor allem den in Großbritannien geführten Verfahren dienen sollte, weil darin gleichzeitig ein Weiterbetreiben der hiesigen Lizenzverhandlungen liegen kann. Es ist kein Grund zu ersehen, weshalb eine Verfahrenshandlung nicht zugleich positiv für einen anderen Kontext wirken dürfte.
  225. Eine Verzögerungstaktik der laufenden Lizenzverhandlungen ergibt sich aus der Klageerhebung in Großbritannien jedenfalls nicht. Dahingestellt bleiben kann, ob die Unzuständigkeit der britischen Gerichtsbarkeit offensichtlich und damit für XXX erkennbar war. Worin eine Verzögerung der hiesigen Vertragsverhandlungen oder gar des hiesigen Rechtsstreits liegen soll, ist weder dargetan noch ersichtlich. Der Court of Appeal hat am 26. März 2021 entschieden und das Urteil der ersten Instanz bestätigt (Anlage ES-Kart 9), womit dieses Verfahren mangels Zuständigkeit rechtskräftig abgeschlossen ist.
  226. Zu berücksichtigen ist außerdem, dass der unter umgekehrtem Rubrum klagende SEP-Benutzer ein berechtigtes Interesse an dieser Klage haben kann. So hätte das britische Verfahren materiell-rechtlich das Gegenangebot zum Gegenstand (Maßstab) gehabt und hätte dieses evtl. absichern sollen. Ausgehend von den Huawei-ZTE Kriterien ist dies keine Frage der Lizenzbereitschaft (mehr), sondern eine nachgelagerte Frage, an deren Klärung der SEP-Benutzer ein berechtigtes Interesse haben könnte, zumal dann, wenn das Angebot als FRAND-widrig erachtet und deshalb keine Aussage zum Gegenangebot mehr getroffen wird. Der SEP-Benutzer hätte keine Klarheit über die Rechtswirksamkeit seines Gegenangebots.
  227. Für das seit dem Verfahren 24. Juli 2020 in den Niederlanden geführte Verfahren mit einer Klageerweiterung unter dem 31. August 2020 (GRÜ 11, 12_1) gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend.
  228. (bb)
    Für die genannten ausländischen Gerichtsverfahren gilt auch nicht deshalb etwas anderes, soweit die Klageanträge jeweils eine Anti-Suit-Injunction umfassen (für UK vgl. Bl. 127 SdBI) und diese unmittelbar die fehlende Lizenzbereitschaft eines Benutzers belegen könnte. Der vorliegende Rechtsstreit bietet keinen Anlass sich der nachfolgend zitierten Ansicht des LG München I (vgl. GRUR-RS 2021, 3995 – FRAND-Lizenzwilligkeit) anzuschließen, die besagt:
  229. „[…] Wenn aber diese Patentbenutzer wirklich lizenzwillig sind, so werden sie sich weiterer, über die bereits begangenen und andauernden Benutzungshandlungen hinausgehenden rechtswidriger Eingriffe in die eigentumsähnlich geschützten Rechtspositionen der Patentinhaber enthalten. Oder anders ausgedrückt, ein Patentbenutzer, der einen Antrag auf Erlass einer ASI stellt oder dies androht, kann in der Regel nicht als hinreichend lizenzwillig im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Bundesgerichtshofs (vgl. EuGH GRUR 2015, 764 – Huawei v. ZTE; BGH GRUR 2020, 961 – FRAND-Einwand; Urteil vom 24.11.2020 – KRZ 35/17 – FRAND-Einwand II; z.B. LG München I GRUR-RS 2020, 22577; 21 O 13026/19 bei juris) angesehen werden. Mithin kann von dem Patentbenutzer auch gefordert werden, dass er nach Erhalt des Verletzungshinweises nicht nur seine qualifizierte Lizenzbereitschaft erklärt, sondern auch, dass er keine ASI beantragen wird.“
  230. Ausgehend von den maßgeblichen Huawei/ZTE-Kriterien des EUGH ist weder die Erklärung einer qualifizierten Lizenzbereitschaft noch die anlasslose Äußerung erforderlich, keine ASI beantragen zu wollen. Auch wenn die Vorgehensweise mittels einer ASI (und darauf folgenden AASI, AAASIs usw.) erst innerhalb der letzten beiden Jahre, virulent wurde und somit von der EUGH-Entscheidung noch nicht berücksichtigt werden konnte, besteht vorliegend kein Anlass, die Anforderungen an die Lizenzbereitschaft deshalb zu modifizieren.
  231. Aus der Beziehung zwischen Lizenzgeber und Lizenznehmer, welche geprägt ist von einer beiderseitigen Mitwirkung am Abschluss eines Lizenzvertrages ohne Verzögerung und ohne selbst herbeigeführte Hindernisse, folgt allenfalls, dass der Lizenzsucher bei gezielter Nachfrage verpflichtet ist, sich zu erklären, ob er beabsichtigt, eine ASI zu beantragen. Die daraufhin erfolgende Antwort verdeutlicht dem Patentinhaber, wie sehr dem Lizenzsucher tatsächlich an einer Lizenznahme gelegen ist oder ob er beabsichtigt, die konstruktiven und nach Treu und Glauben zu führenden Verhandlungen zu verzögern oder gar in erheblichem Maße zu torpedieren.
  232. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Es ist aus der zur Akte gereichten umfangreichen Korrespondenz nicht zu erkennen, dass die XXX Nachfragen zur möglichen Beantragung einer ASI gestellt hat. Hinzukommt, dass ein solcher ASI-Antrag in der streitgegenständlichen Konstellation innerhalb der Vorgaben der EuGVVO zu behandeln ist, die eine ASI grundsätzlich für unzulässig erachtet, wenn/da durch eine solche Entscheidung in die Zuständigkeit eines anderen mitgliedstaatlichen Gerichts eingegriffen würde. Somit wird der SEP-Inhaber bereits über diese Regelung geschützt und benötigt keinen zusätzlichen Schutz seiner marktbeherrschenden Position, indem man einem SEP-Benutzer aufgrund des ASI-Antrages die Lizenzbereitschaft absprechen wollte und der SEP-Inhaber aufgrund dessen ungehindert seine Rechte durchsetzen könnte.
  233. (b)
    Aus der Verhandlungshistorie bis hin zum Abschluss eines zweiseitigen NDAs zwischen der Klägerin und XXX ergibt sich nicht, dass XXX von der Bereitschaft zum Abschluss eines Lizenzvertrages abgerückt ist.
  234. Hierzu hat selbst die Klägerin die grundsätzliche Auffassung vertreten, dass es schon nicht üblich sei, während internationaler Lizenzverhandlungen, aber außerhalb eines Gerichtsverfahrens Parallellizenzverträge vorzulegen (vgl. Bl 15 SdBI; ES-Kart 6). Es erscheint zumindest widersprüchlich, wenn sich die Klägerin vor der Kammer darauf beruft, dass sich aus diesem Verhandlungsablauf Konsequenzen zum Nachteil von XXX ergeben sollen. Im Übrigen hat eine Weigerung eines Benutzers, ein angemessenes Geheimhaltungsabkommen abzuschließen lediglich Auswirkungen auf die vom SEP-Inhaber zu erfüllende Darlegungslast, wenn er die FRAND-Gemäßheit seines Angebots aufzeigen will. Denn ohne ein solches Abkommen dürfen diese Ausführungen weniger konkret ausfallen, geheimhaltungsbedürftige Informationen dürfen anonymisiert oder ganz weggelassen werden (vgl. LG Düsseldorf, Urt. v. 13. Juli 2017, Az. 4a O 154/15, beck-online, Rn. 322).
  235. Nichts anderes ergibt sich aus den konkret für den Ablauf der NDA-Verhandlungen aufgezeigten Zeitabläufen (vgl. Anlagen GRÜ 37, ES-Kart 34 ff.; S. 130 Replik). Der Klägerin mag zuzugeben sein, dass es mithin zu Abständen in der Korrespondenz von ein bis drei Monaten gekommen ist. Indes gereicht dies der Beklagten nicht zum Nachteil. Denn es ist einerseits zu berücksichtigen, dass die gesamte Kommunikation seit dem Jahr 2018 nicht stetig von zügigem Austausch geprägt war. Andererseits waren die Parteien während der „Unterbrechungen“ jedenfalls anderweitig im Austausch, sodass nur deshalb, weil ein Diskussionspunkt zeitweise nicht aufgegriffen wird, dies der Lizenzbereitschaft der Beklagten nicht entgegensteht. Im Übrigen ist es jedenfalls zwischenzeitlich zum Abschluss eines NDA zwischen XXX und der Klägerin gekommen, sodass die Klägerin nunmehr am vollständigen Vortrag nicht mehr gehindert wäre und jedenfalls dadurch – sofern es bis dahin anders gewesen wäre – die Lizenzverhandlungen gefördert wurden.
  236. (c)
    Selbst wenn man schon auf der Ebene der Lizenzbitte das Gegenangebot des Benutzers heranziehen würde, wäre dieses vorliegend allenfalls ein weiterer Anhaltspunkt für die Lizenzbereitschaft XXX. Denn unabhängig davon, ob dieses im Einzelnen FRAND-Kriterien entspricht (vgl. FRAND II, Rn. 102), lässt es jedenfalls eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Angebot von XXX erkennen. So steht zwischen den Parteien außer Frage, dass eine Pauschalzahlung als Ausgleich für die Vergangenheit grundsätzlich vereinbart werden kann. Soweit XXX diese mit USD XXX beziffert hat, findet diese Summe Stütze in den ebenfalls von XXX zur Verfügung gestellten Sales-Informationen. Unbeschadet dessen, ob die zunächst mit E-Mail vom 19. Oktober 2020 (Anlagen GRÜ 21, GRÜ 22) übermittelten Angaben ausreichend waren, hat sich XXX jedenfalls nach einer weiteren Ergänzung aus März 2021 in der Lage gesehen, diesen Betrag zu verifizieren (Anlage ES-Kart 35, Bl. 347). Eine inhaltliche Bewertung des Ergebnisses dieser Verifizierung hat auf der Stufe der Lizenzbitte zu unterbleiben. Entscheidend ist, dass die angebotene Zahlung nachvollziehbar (geworden) ist. Gleiches gilt für die Höhe der angebotenen Lizenzgebühr. Spätestens mit Vorlage des XXX-Gutachtens aus Mitte Februar 2021 (Anlage GRÜ 70) hat XXX auch hier einen fundierten Begründungsansatz geliefert, wobei es wie schon zuvor keine Frage der Lizenzbitte ist, ob die Gebührenhöhe FRAND-gemäß ist. Deshalb steht der Bewertung des Gegenangebots als nicht offensichtlich un-FRAND nicht entgegen, dass die seitens XXX angebotene Pauschalzahlung für die Vergangenheit im Lizenzangebot aus November 2021 mit USD XXX angesetzt wurde (vgl. Bl. 313 Duplik). Denn bei der Frage der offensichtlichen FRAND-Widrigkeit des Gegenangebots ist nur in den Blick zu nehmen, ob es in sich schlüssig und nachvollziehbar ist.
  237. 1.3.
    In der Übermittlung des Standardlizenzvertrages in der letztmalig im März 2021 aktualisierten Fassung (Anlage ES-Kart 35) ist aufgrund des objektiven Erklärungswertes eine hinreichend konkrete Angebotshandlung zu sehen. Inhaltlich entspricht das Angebot jedoch nicht den FRAND-Grundsätzen.
  238. 1.3.1.
    In formeller Hinsicht ist das Lizenzangebot wirksam und rechtsverbindlich abgegeben worden.
  239. (1)
    Das vom Patentinhaber zu unterbreitende Lizenzangebot hat bestimmten Kriterien zu entsprechen, um eine valide Grundlage für Lizenzverhandlungen darstellen zu können. Es muss schriftlich erfolgen und es muss hinreichend konkret sein, was meint, dass Regelungen zur Lizenzgebühr, deren Berechnungsgrundlagen und der Art und Weise der Berechnung enthalten sind. Zudem sind all diejenigen Regelungen einzubeziehen, die üblicherweise Gegenstand eines Lizenzvertrages sind (OLG Düsseldorf, a.a.O. – Mobiles Kommunikationssystem, Rn. 203 m.w.N.). Keine Voraussetzung ist dagegen, dass es sich um ein rechtlich bindendes Angebot i.S.d. § 145 BGB handelt, das durch bloße Willensbekundung des Lizenznehmers angenommen werden kann. Mithin ist nicht erforderlich, dass bereits eine Unterschrift des Lizenzgebers vorhanden ist (vgl. LG Mannheim Urt. v. 4. März 2016 – 7 O 96/14, BeckRS 2016, 06527, beck-online).
  240. Die Düsseldorfer Rechtsprechung fordert in diesem Zusammenhang, dass der SEP-Inhaber die wesentlichen Gründe erläutern muss, aufgrund derer er die von ihm vorgeschlagenen Vergütungsparameter für FRAND hält. Der Patentinhaber hat also konkret darzutun, weshalb er glaubt, dass die in sein Angebot aufgenommenen Vergütungsparameter (Bezugsgröße, Lizenzsatz) und die sich daraus ergebende Lizenzvergütung zu einer für den Lizenzsucher nicht-diskriminierenden und nicht ausbeutenden Benutzungsgebühr führen. Dahingehender Angaben bedarf es nicht zuletzt deshalb, weil für den Lizenzsucher nur in Kenntnis der die bisherige Lizenzierungspraxis betreffenden Umstände eine sinnvolle Diskussion des ihm unterbreiteten Lizenzangebots im Hinblick auf seine FRAND-Gemäßheit möglich ist. Sofern er zuvor bereits Lizenzen an Dritte vergeben hat, hat er je nach den Umständen des Einzelfalls mehr oder weniger substantiiert insbesondere zu begründen, warum die von ihm vorgesehene Lizenzvergütung gerade vor diesem Hintergrund FRAND ist (vgl. OLG Düsseldorf, a.a.O. – Mobiles Kommunikationssystem; OLG Düsseldorf, GRUR-RS 2019, 6087, Rn. 241 – Improving Handovers).
  241. Entspricht das Lizenzangebot einem in der Vertragspraxis des SEP-Inhabers ausschließlich gelebten und von Dritten akzeptierten Standardlizenzprogramm, wird es regelmäßig genügen, zur Durchsetzung des Lizenzprogramms auszuführen und auf die Übereinstimmung des Lizenzangebots mit dem Standardlizenzvertrag zu verweisen. Hat der SEP-Inhaber hingegen Drittlizenzverträge mit unterschiedlichen Lizenzbedingungen abgeschlossen, wird er regelmäßig zumindest jeweils den Inhalt der wesentlichen Lizenzvertragsbedingungen jener Verträge in einem hinreichend belastbaren Maße so darzulegen und zu erläutern haben, dass der Lizenzsucher entnehmen kann, ob, gegebenenfalls inwieweit, und aus welchen Sachgründen er wirtschaftlich ungleichen Konditionen ausgesetzt ist (OLG Karlsruhe, GRUR 2020, 166 – Datenpaketverarbeitung).
  242. Sofern zum Zeitpunkt des Angebots aufgrund der angesprochenen Einzelfallumstände noch kein Bedarf an konkreteren Erläuterungen zur Art und Weise der Berechnung besteht, kann dieser aber im Laufe eines Gerichtsverfahrens entstehen, wenn einzelne materielle FRAND-Voraussetzungen substantiiert vom Verletzer bestritten werden, so dass jedenfalls nun sämtliche Berechnungsfaktoren konkret darzulegen sind (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17. November 2016, I-15 U 66/15, Rn. 19, zitiert nach juris; LG Düsseldorf, Urt. v. 13. März 2016, 4a O 126/14, Rn. 254). Die konkreten weiteren Angaben dürfen sich freilich nicht zu den ursprünglichen allgemeineren Angaben in Widerspruch setzen, ansonsten ist das Angebot mangels vorliegender FRAND-Bedingungen als missbräuchlich anzusehen.
  243. (2)
    Vorliegend ist die Darlegung zur Art und Weise der Berechnung in hinreichender Weise erfolgt.
  244. Es bedarf an dieser Stelle noch keiner abschließenden Klärung, ob die rund 200 geschlossenen Lizenzverträge als substantiierter Parteivortrag zur Art und Weise der Berechnung herangezogen werden können. Denn in jedem Fall erhält ein Lizenzsucher wie XXX zumindest über die Homepage von XXX und die dort veröffentlichen White Paper umfassende Informationen zur Bestimmung der Lizenzgebühr (vgl. Anlagen ES 1e) und kann nachvollziehen, wie XXX ihre Gebühren bemessen und strukturiert hat. Da kein Erfordernis besteht, dass die Erläuterungen zur Berechnungsgrundlage Teil des Lizenzangebots sind, bestehen keine Bedenken, dass sie separat auf der Website zur Verfügung gestellt werden. Es handelt sich hierbei, wie kammerbekannt ist – um eine gängige Vorgehensweise von Patentpools, die regelmäßig ihr Lizenzprogramm umfassend auf ihrer Website präsentieren sowie Hintergrundinformationen zur Verfügung stellen. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob die Höhe der erläuterten Gebühren tatsächlich angemessen ist. Denn dem eher formellen Kriterium der Darlegung der Art und Weise der Berechnung ist schon dann hinreichend Rechnung getragen, wenn der Lizenzsucher die Berechnungsgrundlagen zumindest nachvollziehen kann.
  245. Danach war es der Beklagten möglich, das Zustandekommen der Lizenzgebühren nachzuvollziehen. Ihr lag das White Paper vor und war der Internetauftritt von XXX bekannt. An der inhaltlichen Nachvollziehbarkeit hat die Beklagte keine Kritik geübt. Hiervon zu unterscheiden ist die Kritik der Beklagten, dass die Klägerin die Lizenzstruktur nicht erläutert habe. Denn dies führt die Beklagte im Zusammenhang der Nachvollziehbarkeit einzelner Regelungen an und um diese inhaltlich bewerten zu können.
  246. 1.3.2
    Das Lizenzangebot von XXX vom 21. Oktober 2020, in der jeweils aktualisierten Fassung vom 6. November 2020 und 25. März 2021 (vgl. Anlage ES-Kart 14 ff.; ES-Kart 35) genügt FRAND-Grundsätzen nicht.
  247. Es ist, was die Beklagte hier ausschließlich geltend macht, nicht fair und angemessen. Der gegen die FRAND-Gemäßheit des Lizenzangebots von der Beklagten angeführte Umstand, dass von dem Lizenzangebot eine erhebliche Anzahl bereits lizenzierter Patente umfasst sind und die hierfür vorgesehene Ausgleichsregelung ist nicht fair und angemessen und zwar sowohl nach einer nur summarischen Prüfung des FRAND-Angebotes im Sinne einer negativen Evidenzkontrolle (so LG Mannheim, WuW 2016, 86, Rn. 221) als auch nach einer tatrichterlichen Feststellung der FRAND-Gemäßheit eines Angebots, wobei zumindest ein richterlicher Beurteilungsspielraum besteht (so OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17. November 2016, juris, Rn. 13; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 31. Mai 2016 – 6 U 55/16, juris, Rn. 30 – Dekodiervorrichtung).
  248. (1)
    Als „faire und angemessene“ Vertragsbedingungen sind solche zu verstehen, die dem Lizenzwilligen nicht unter Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung angeboten werden. Die Vertragsbedingungen müssen zumutbar und dürfen nicht ausbeuterisch sein (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17. November 2016, I-15 U 66/15, juris, Rn. 15). Ein Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung liegt nicht vor, wenn der SEP-Inhaber Vertragsbedingungen anbietet, die auch ohne seine marktbeherrschende Stellung zustande gekommen wären (LG Düsseldorf, Urt. v. 13. Juli 2017, 4a O 154/15, juris, Rn. 305). Darüber hinaus kann sich ein Angebot des Lizenzgebers insbesondere dann als unfair/unangemessen erweisen, wenn eine Lizenzgebühr verlangt wird, die den hypothetischen Preis, der sich bei wirksamem Wettbewerb auf dem beherrschten Markt gebildet hätte, erheblich überschreitet, es sei denn, es gibt eine wirtschaftliche Rechtfertigung für die Preisbildung (LG Düsseldorf, Urt. v. 31. März 2016, 4a O 73/14, Rn. 225, zitiert nach juris; Huttenlauch/ Lübbig, in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff/Kerstin/Meyer-Lindemann, Kartellrecht, Kommentar, 4. Auflage, 2020, Art. 102 AEUV, Rn. 182; Kühnen, a.a.O., Kapitel E, Rn. 258). Handelt es sich um ein standardgebundenes Schutzrecht, kann sich die Unangemessenheit ferner daraus ergeben, dass sich im Falle einer Lizenzforderung auch für die übrigen Standard-Schutzrechte eine kumulative Gesamtlizenzbelastung ergeben würde, die wirtschaftlich nicht tragbar ist (Kühnen, a.a.O., Kapitel E., Rn. 263). Gleichermaßen kann ein Marktmissbrauch aus solchen Vertragsbedingungen resultieren, die die Hauptleistungspflichten des SEP-Benutzers betreffen und der Angemessenheitsprüfung unterliegen. Wenn gerade aufgrund der marktbeherrschenden Stellung ein Vertrag mit der in Streit stehenden Bedingung zustande gekommen ist, die andernfalls unter normalen Marktgegebenheiten so nicht vereinbart worden wäre, liegt darin ein Missbrauch.
  249. (2)
    Gemessen an den vorstehend geschilderten Grundsätzen ist das in dem Standardlizenzvertrag vorgelegte Angebot ausbeuterisch.
  250. (a)
    So bestehen bereits erhebliche Zweifel an einer Ausbeutungsfreiheit, wenn ein Lizenzangebot eine nicht nur unerhebliche Anzahl von Patenten umfasst, für welche der Lizenzsucher bereits eine Lizenz hält. Denn insoweit ist zu berücksichtigen, dass ein Lizenzsucher zur Zahlung von Lizenzgebühren gezwungen wird, wofür aus rechtlichen und auch sonstigen Gründen kein Anlass besteht, da ihm eine Benutzungserlaubnis durch eine anderweitige Lizenz bereits eingeräumt wurde.
  251. Jedoch auch dann, wenn man eine Aufnahme von Patenten in das Lizenzangebot, für welche der Lizenzsucher bereits lizenziert ist, unter gewissen Umständen aufgrund der gegebenen Umstände als unausweichlich erachtet, sind jedenfalls die von der Klägerin bzw. XXX vorgesehenen Regelungen zur Ausgleichung von doppelten Lizenzgebühren, die die Beklagte schon aufgrund von mit anderen Lizenzgebern oder Patentpools geschlossener Lizenzverträge für teils dieselben Patente zahlt, nicht angemessen.
  252. (aa)
    Charakteristisch für die Kategorie des Ausbeutungsmissbrauchs ist das Streben nach ökonomischen Vorteilen durch eine Beeinträchtigung der Interessen von Handelspartnern und Verbrauchern. Prüfungsmaßstab ist dabei ein potentieller Zustand wirksamen Wettbewerbs; der EuGH stellt darauf ab, ob sich ein Marktbeherrscher geschäftliche Vorteile verschaffen konnte, „die er bei einem normalen und hinreichend wirksamen Wettbewerb nicht erhalten hätte“. Hierfür wird er häufig, wenn auch nicht begriffsnotwendig, seine aus der Marktbeherrschung resultierende Wirtschaftsmacht als Instrument einsetzen, denn die unmittelbarste Manifestation monopolistischer Macht ist die schlichte Ausbeutung der Abhängigkeit von Marktpartnern. Entscheidender Aspekt dieser Missbrauchskategorie ist die Schädigung eines Vertragspartners bzw. der Verbraucher. Insoweit sind Benachteiligungen von Handelspartnern oder Verbrauchern, ohne gleichzeitige Auswirkung auf die Handlungsmöglichkeiten von Konkurrenten der Standardtypus des Ausbeutungsmissbrauchs. Solche isolierten Schädigungen nicht-konkurrierender Marktteilnehmer resultieren zum einen aus dem Erzwingen unangemessener Geschäftsbedingungen in vertikalen Vertragsverhältnissen, zum anderen aus willkürlichen Leistungsbeschränkungen (Grabitz/Hilf/Nettesheim/Jung, 73. EL Mai 2021, AEUV, Art. 102, Rn. 166 ff.).
  253. Ausbeuterisch verhält sich ein marktbeherrschendes Unternehmen daher dann, wenn Vertragskonditionen vereinbart werden, die den Vertragspartner grob benachteiligen (vgl. MüKo WettbR/Eilmansberger/Bien, 3. Aufl. 2020, AEUV, Art. 102 Rn. 392). Ebenso wie überhöhte Preise können dabei auch sonstige Vertragsbedingungen Handelspartner unangemessen benachteiligen und damit einen Fall des Ausbeutungsmissbrauchs darstellen. Auf die Ausübung zusätzlichen Drucks kommt es dabei nicht an. Allein die wirtschaftliche Übermacht des Marktbeherrschers bewirkt den Zwang (Paschke/Berlit/Meyer/Kröner, Hamburger Kommentar Gesamtes Medienrecht, AEUV, Art. 102, beck-online, Rn. 26). Erfasst von dieser in Art. 102 S. 2 lit. a ausformulierten Missbrauchsvariante sind alle Vereinbarungen zwischen den Vertragsparteien, die den wirtschaftlichen Wert der Geschäftsbeziehung beeinflussen. Für die Beurteilung ihrer Unangemessenheit gelten sinngemäß dieselben Grundsätze wie für den Preismissbrauch. Unangemessen sind in jedem Fall offensichtlich „unbillig[e]“ Vertragsbedingungen (Grabitz/Hilf/Nettesheim/Jung, a.a.O., Art. 102, Rn. 175) bzw. solche, wonach Kosten in einem offensichtlichen Missverhältnis zur Leistungserbringung stehen. Regelmäßig ist eine Interessenabwägung im Einzelfall unerlässlich. Orientierung gibt dabei ein Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Er verbietet einem Marktbeherrscher nicht nur die Verfolgung eines grundsätzlich legitimen unternehmerischen Zwecks mit unlauteren Mitteln, sondern darüber hinaus auch alles, was den Vertragspartner in seiner wirtschaftlichen Handlungsfreiheit mehr als erforderlich einschränkt. Es darf also zur Zweckerreichung kein für den Vertragspartner milderes Mittel zur Verfügung stehen (Immenga/Mestmäcker/Fuchs, 6. Aufl. 2019, AEUV, Art. 102, Rn. 186). Missbräuchlich kann daher die Forderung nach Durchführung einer Vertragsklausel sein, wenn sie über das hinausgeht, was die Parteien vernünftigerweise von diesem Vertrag erwarten durften (Grabitz/Hilf/Nettesheim/Jung, a.a.O., Art. 102, Rn. 175). Die Missbräuchlichkeit entfällt insbesondere nicht deshalb, weil die unangemessenen Preise oder sonstigen Geschäftsbedingungen von den Handelspartnern ohne Weiteres akzeptiert werden (Paschke/Berlit/Meyer/Kröner, a.a.O., Art. 102, beck-online, Rn. 26).
  254. (bb)
    Unabhängig von der Frage, ob ein Poollizenzangebot generell Regelungen vorsehen muss, welche der Gefahr einer Doppellizenzierung begegnen, kann vorliegend jedenfalls festgestellt werden, dass die Beklagte bereits für einen Teil der im Angebot von XXX enthaltenen Patent über eine Lizenz verfügt, so dass es auf die Frage der Notwendigkeit einer abstrakten Regelung vorliegend nicht ankommt. Die Kammer hat keinen Zweifel, dass die Beklagte bzw. XXX im Jahr 2018, genauer am 12. Dezember 2018 einen Lizenzvertrag mit XXX abgeschlossen hat. Die Beklagte hat bereits mit der Klageerwiderung vorgetragen, eine entsprechende Lizenzvereinbarung Ende 2018 abgeschlossen zu haben. In der Replik der Klägerin vom 28. Mai 2021 hat diesen Umstand nicht bestritten, sondern lediglich auf Seite 93 mit einem Klammerzusatz „(nach eigenem Bekunden)“ deutlich gemacht, dass hierüber naturgemäß keine eigenen Erkenntnisse vorliegen. Zweifel an der Richtigkeit des ursprünglichen Vortrags der Beklagten wurden jedoch nicht geäußert. Erst mit Schriftsatz vom 7. September 2021 auf Seite 25 macht die Klägerin geltend, dass die Beklagte keine Nachweise für den Abschluss eines entsprechenden Lizenzvertrages sowie die Zahlung der dort geforderten Lizenzgebühren vorgelegt habe und trägt vor, dass sie an ihrem Bestreiten mit Nichtwissen festhalte, worauf es aber letztlich nicht ankomme, da ihr Angebot auch dann FRAND-Grundsätzen entspreche, wenn ein entsprechender Lizenzvertrag geschlossen worden sei. Die Beklagte hat dies zum Anlass genommen mit Schriftsatz vom 12. Oktober 2021 auf Seite 34 den Abschluss eines Lizenzvertrages mit XXX zu verdeutlichen, indem als Anlage GRÜ 111 eine Bestätigung von XXX vorgelegt wurde, wonach XXX seit Ende 2018 Lizenznehmern ist. Ferner wurde die erste und letzte Seite des Lizenzvertrages (Anlage GRÜ 112) vorgelegt und eine weitere Bestätigung von XXX vom 8. Oktober 2021 (Anlage GRÜ 113). Soweit die Klägerin mit insoweit nachgelassenem Schriftsatz vom 12. November 2021 den Abschluss eines entsprechenden Vertrages mit Nichtwissen bestreitet, bleibt dies ohne Erfolg. Die Klägerin bemängelt in diesem Zusammenhang, dass nicht der gesamte Lizenzvertrag vorgelegt wurde, vermag dies nicht zu überzeugen, da der XXX wie auch XXX Lizenzsuchern einen Standardlizenzvertrag zur Verfügung stellen, so dass davon ausgegangen werden kann, dass auch XXX einen solchen abgeschlossen hat. Auch der Einwand der Klägerin, dass kein Nachweis über die Erfüllung der Lizenzgebührenverpflichtung vorgelegt worden sei, verhilft nicht zum Erfolg, da die Zahlung der Lizenzgebühren das Innenverhältnis zwischen Lizenzgeber und Lizenznehmer, jedoch die Wirksamkeit eines Lizenzvertrages zunächst nicht berührt. Auch das Bestreiten einer wirksamen Unterschriftsleistung durch XXX ist ohne Relevanz. Die Vertretungsbefugnis von XXX ist von der Klägerin in den jahrelangen Verhandlungen nie in Zweifel gezogen worden, so dass sie mit diesem Einwand jetzt nicht gehört werden kann.
  255. Der Abschluss eines Lizenzvertrages mit XXX hat zur Folge, dass XXX im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung über eine Lizenz verfügt, welche XXX % derjenigen Patente umfasst, welche Gegenstand des Lizenzangebotes von XXX sind, mithin eine nicht nur unerhebliche Anzahl. Es bedarf hierzu keiner Entscheidung, ob für die Bemessung der relevanten Schnittmenge nur auf diejenigen Patente abzustellen ist, die den Lizenznehmer konkret betreffen, und daher solche nicht zu berücksichtigen sind, die Geltung in Regionen haben (wie hier die XXX und XXX), in denen der Lizenznehmer nicht tätig ist. Gegen diese Differenzierung spricht zwar schon, dass auf Seiten der Lizensierung auch nicht eingestellt wird, welches Schutzrecht in welchem Geltungsbereich benutzt wird und nicht benötigte Regionen aus dem Lizenzangebot ausgenommen werden. Aber selbst nach der von der Klägerin vertretenen engsten Betrachtung verbleibt vorliegend eine Schnittmenge nach Angaben der Klägerin von rund XXX %. Dies ist weiterhin eine beachtenswerte Größe, die eine entsprechende Ausgleichsregelung zwingend erforderlich macht.
  256. (cc)
    Es bedarf vorliegend auch keiner abschließenden Klärung, ob der Anfall von doppelten Lizenzgebühren für sowohl im XXX als auch im XXX-Pool enthaltene HEVC-Schutzrechte mit der Ansicht der Beklagten schon deshalb ausbeuterisch ist, weil diese Situation vergleichbar wäre mit derjenigen, wenn ein Schutzrecht auf einen Erwerber übertragen wird und dieser an die bisherige Lizensierungspraxis gebunden ist (vgl. hierzu OLG Düsseldorf, GRUR-RS 2019, 6098 – Improving Handovers). Denn selbst wenn man einem Lizenzgeber aufgrund seiner wettbewerblichen Freiheit zugesteht in den streitgegenständlichen HEVC XXX Pool zu wechseln und im Vergleich zu einer etablierten Lizensierungspraxis nunmehr andere, namentlich höhere, Lizenzgebühren zu verlangen, ist vorliegend mit Blick auf den HEVC XXX Standardlizenzvertrag jedenfalls keine FRAND-gemäße Lizenzierungspraxis, zu welcher ein wechselnder Lizenzgeber übergehen könnte, festzustellen. Die Vertragsregelungen des HEVC-Pools von XXX, die ein Doppellizenzgeber aufgrund ihres Charakters als Standardlizenzvertrag einem neuen Lizenznehmer anbieten würde, genügen nämlich nicht den Anforderungen an die Missbrauchsfreiheit.
  257. (dd)
    Denn ein marktbeherrschendes Unternehmen – vermittelt über einen Patentpool – darf Doppellizensierungen nicht sehenden Auges hinnehmen, ohne einen hinreichenden Ausgleichsmechanismus in seinen Verträgen oder diese begleitenden Nebenabreden verbindlich vorgesehen zu haben. Zwar ist nicht grundsätzlich jede unausgewogene Vertragsklausel geeignet, einen Missbrauchstatbestand zu begründen, weil sie den Vertragspartner nicht allesamt in der gleichen Weise zu benachteiligen geeignet sind. Dies gilt insbesondere für solche Vertragsbedingungen, die nicht die Hauptleistungspflichten der Parteien regeln, sondern vorwiegend prozessuale Fragestellungen und Nebenbereiche betreffen (Gerichtsstandklausel, Rechtswahl). Da der hier streitige Umgang mit Doppellizensierungen aber die vertraglichen Hauptleistungspflichten betrifft, weil er sich zwangsläufig auf die Höhe der geschuldeten Lizenzgebühr auswirkt und unmittelbare Gegenleistung für die gewährte Benutzung der Schutzrechte ist, unterliegt er der Missbrauchsprüfung.
  258. (i)
    Dem Doppellizenznehmer muss daher eine verbindliche, das heißt den Lizenzgeber schon einseitig verpflichtende Regelung bereitgestellt werden, anhand derer er erkennen kann, auf welcher Berechnungsgrundlage und in annähernd welcher Höhe er eine Erstattung doppelt gezahlter Lizenzgebühren erhalten wird.
  259. Ein Lizenznehmer, der bereit ist, eine Poollizenz über einen Technologie-Standard einzugehen, kann erwarten, dass eine vertragliche Regelung angeboten wird, welche alle für das künftige Vertragsverhältnis relevanten Fragestellungen abdeckt. Es muss daher im Lizenzvertrag eine Regelung vorgesehen werden, die im Falle einer Doppellizenzierung zum Tragen kommt. Denn – worüber zwischen den Parteien auch grundsätzlich Einigkeit besteht – schon anderweitig einlizensierte Schutzrechte müssen jedenfalls dann in einem Lizenzvertrag berücksichtigt werden, wenn die Schnittmenge nicht vernachlässigenswert klein ist (vgl. Kühnen, a.a.O., Kapitel E, Rn. 276). Es entspricht daher dem ureigenen Interesse eines sich an kartellrechtliche Vorgaben haltenden Lizenzgebers, eine Ausgleichsregelung zumindest vorsorglich in sein Vertragswerk aufzunehmen, um dem Fall einer Doppellizensierung begegnen zu können. Es darf, abgesehen von der Anzeige und ggf. dem Nachweis einer bestehenden Doppellizensierung, nicht die Aufgabe und alleinige Angelegenheit des einzelnen Lizenznehmers sein, an jeden doppellizensierenden Lizenzgeber heranzutreten, um mit ihnen eine Regelung über den Ausgleich von Doppelzahlungen zu finden, während der Lizenzvertrag als solches mit einem Patentpool geschlossen wurde. Denn hierdurch entledigt sich ein Poollizenzgeber, der seine FRAND-Obliegenheiten grundsätzlich durch einen Pool erfüllen will, wiederum eines Teils seiner kartellrechtlichen Pflichten und wälzt sie auf den Lizenznehmer ab. Es gehört sodann zu dessen Risikosphäre, ob er tatsächlich einen Zahlungsausgleich für doppelte Lizenzgebühren erhält und dafür eine weitere Vertragsbeziehung mit einem Dritten eingeht, wozu er durch den Pool faktisch gedrängt wird, weil es andernfalls zu überhaupt keinem Ausgleich zugunsten des Lizenznehmers käme.
  260. (ii)
    Die von XXX angebotene Doppellizensierungsvorgehensweise wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Jegliches Erstattungsrisiko wird auf den Lizenznehmer abgewälzt.
  261. Formellen Bedenken unterliegt noch nicht, dass eine Ausgleichsregelung nicht in demselben Dokument wie die eigentliche Lizensierung enthalten wäre. Denn die Ausgestaltung der vertraglichen Beziehung zwischen Lizenzgeber und Lizenznehmer darf in mehreren selbständigen Dokumenten oder auch mündlich erfolgen, sofern ein sachlicher Zusammenhang zwischen diesen mehreren Vereinbarungen besteht (vgl. Kühnen, a.a.O., Kapitel E, Rn. 524).
  262. Losgelöst von einer vorsorglichen Regelung zur Doppellizensierung besteht vorliegend ein konkretes Bedürfnis an einer Ausgleichsklausel, weil eine nicht unerhebliche Überschneidung mit den über den XXXHEVC-Pool lizensierten Schutzrechten im Verhältnis zum XXX Pool vorliegt, was eingangs ausgeführt wurde.
  263. In dem Standardlizenzvertrag von XXX selbst ist unstreitig keinerlei Regelung zu doppelten Lizenzzahlungen enthalten. Aber auch außerhalb dessen ist kein vereinheitlichter und übersichtlicher Ausgleichsmechanismus vorhanden, der im Sinne einer Nebenabrede den Lizenzvertrag ergänzen könnte. Dass diese Problematik XXX gleichwohl bekannt ist, zeigen die zur Duplicate Royalty sowie XXX eingereichten Dokumente. Auf dem Merkblatt von XXX zur Duplicate Royalty Policy (Anlage GRÜ 75) werden Duplicate Royalties definiert wie folgt:
    „[…] duplicate Royalties are that portion of actual net royalty collections apportioned and distributed to all Licensors based on their respective patent portfolios […].“
    Für diese ergeben sich die im Tatbestand eingeblendeten drei verschiedenen Erstattungsmöglichkeiten. Die genannten Arten der Rückerstattung sehen vor:
    – entweder eine Nettoverteilung, die der Lizenzgeber aus dem HEVC Pool oder
    – einem anderen Pool/Lizenzprogramm erhält oder
    – aufgrund einer separaten Vereinbarung zwischen Lizenzgeber und Lizenznehmer.
  264. Das bedeutet für den Lizenznehmer, dass allenfalls eine nachträgliche Ausgleichszahlung stattfinden wird. Eine Berücksichtigung bereits gezahlter Lizenzgebühren direkt bei der Zahlung an XXX wird überhaupt nicht erörtert. Es fehlt außerdem eine Erklärung dazu, wie es zur Auswahl der einen oder anderen Erstattungsmethode kommt. Dies hat XXX gegenüber XXX schon außergerichtlich moniert (vgl. Anlage GRÜ 15, E-Mail vom 30. September 2020) und es als Konsequenz für notwendig erachtet, selbst an die Doppellizenzgeber heranzutreten, um die Höhe einer möglichen Rückerstattung zu eruieren. Ein Lizenznehmer verfügt über keine Information, dass und wie er vor Vertragsschluss verlässlich und verbindlich nachvollziehen könnte, welche Gebührenbelastung (bzw. -entlastung) ihn treffen wird. Dies zeigt sich insbesondere auch an dem Step 2 des Implementierungsprozesses (vgl. Anlage GRÜ 76), wonach der Lizenzgeber über die Art der Rückerstattung entscheiden soll. Es fehlt für den Lizenznehmer an jeglichen Hinweisen, anhand welcher objektiven Kriterien mit der Wahl welcher Abrechnungsmethode zu rechnen ist.
  265. Ferner geht aus dem Informationsblatt GRÜ 75 hervor, dass eine Entschädigung für doppelte Lizenzzahlungen überhaupt nur nach einem Aktivwerden entweder des Lizenznehmers oder des Lizenzgebers, wenn er sich dafür entscheidet (engl.: „at licensor’s election“), erfolgen wird. Dies wird so in dem Dokument Anlage GRÜ76, welches den „XXX“ erläutert, wiederholt (vgl. Step 1 in dem im Tatbestand eingeblendeten Screenshot). Es bedarf eines Zugehens auf den Pool sowie einer Entscheidung des Lizenzgebers, dass der Poolverwalter Entschädigungsleistungen über die Zahlungen des Lizenznehmers steuern soll. Von sich aus ergreift der Pool keine Maßnahmen, um Doppellizenzzahlungen auszugleichen.
  266. Die Gesamtschau des Standardlizenzvertrags mit dem Pool-Agreement führt nicht zu einem anderen Verständnis der zuvor dargestellten Duplicate Royalties Problematik. In dem als Anlage ES-Kart 32 vorgelegten HEVC Agreement zwischen Lizenzgebern und Lizenzverwalterin findet sich in Ziff. XXX eine Klausel, welche die Problemstellung der Doppellizensierungen betrifft. Auszugsweise lautet es dort:
  267. X
    X
    X
    X
    X
    X
    X
    X
    X
    X
    X
    X
    X
  268. Danach sind die Lizenzgeber vertraglich angehalten, mit dem Lizenznehmer einen Ausgleich für doppelt gezahlte Lizenzgebühren herbeizuführen. Angeführt werden als Abrechnungsmethoden wiederum die drei Möglichkeiten wie sie auch auf der Website des Pools zu ersehen sind. Kriterien dafür, wie der Lizenzgeber seine Entscheidung trifft, finden sich auch dort keine.
  269. Dies genügt den Anforderungen an eine angemessene Regelung für den Lizenznehmer nicht. Es fehlen Hinweise, wie der Ausgleich durch die Lizenzgeber tatsächlich erfolgt. Allenfalls diese Informationen könnten hinreichend fundierten Aufschluss darüber geben, ob faktisch eine einheitliche Handhabe erfolgt und eine etablierte Praxis für Rückerstattungen vorhanden und es damit für einen Lizenznehmer absehbar ist, welche Gebührenlast ihn bei Abschluss eines Poollizenzvertrages treffen wird. Indes verbleibt es auch dann dabei, dass es einer zusätzlichen vertraglichen Vereinbarung bedarf, und der Lizenznehmer selbständig sein – offenbar unstreitig bestehendes – Recht auf anteilige Rückerstattung doppelt gezahlter Lizenzgebühren geltend machen muss. Insoweit besteht ein erhebliches Prozessrisiko, sollte ein Lizenzgeber eine solche Vereinbarung nicht abschließen, oder nicht zahlen.
  270. Es genügt auch nicht, dass – worauf ebenfalls die Beklagte verweist – in Ziff. XXX des XXX vorgesehen ist, dass einzelne Patente nach der Vorgabe eines Lizenzgebers aus einem bestimmten Lizenzvertrag herausgenommen werden können. Wörtlich heißt es dort:
  271. X
    X
    X
    X
    X
    X
    X
    X
  272. Diese Regelung zwischen Lizenzgeber und XXX zielt schon nicht auf die Fälle von Doppellizensierungen ab. Durch den Verweis auf die HEVC Lizenz („in accordance with the terms of a HEVC License“) nimmt das XXX Bezug auf Ziff. XXX des Lizenzvertrages, wo das Licensed Patent wie folgt definiert wird:
  273. X
    X
    X
    X
    X
    X
    X
  274. In Ziff. XXX wiederum findet sich insbesondere die Regelung, dass solche Patente aus der Lizenz herausgenommen werden dürfen, auf denen ein Rechtsstreit basiert. Dass aus anderen Gründen ebenfalls eine Herausnahme einzelner Patent aus dem Lizenzvertrag vorgenommen werden dürfte, ist hingegen nicht zu erkennen.
  275. Selbst wenn sich aber ein Lizenzsucher auf diese Vertragsklausel berufen und daraus einen Anspruch auf eine solche Ausschließung herleiten könnte – im Sinne eines Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter– und diese Klausel nicht nur unter der Bedingung der Ziff. XXX des Standardlizenzvertrages zur Anwendung kommt (vgl. Triplik, S. 24), wäre wiederum ein (unter Umständen streitiges gerichtliches) Tätigwerden erforderlich, ehe der Lizenznehmer eine Erstattung doppelt gezahlter Gebühren erhalten würde.
  276. Das vorgeschlagene Regelungskonstrukt unterliegt daher nicht allein wegen der Ungewissheit über die Höhe des Ausgleichs als solchen der Kritik, sondern bereits wegen des Verweis‘ auf einen Dritten, dessen Verhalten an keine konkreten objektiven Kriterien gebunden ist. Daher bleibt die Regelung zum Ausgleich auch dann ausbeuterisch, wenn die in der Drittvereinbarung festgelegte Gebührenhöhe für sich genommen nicht zu beanstanden wäre. Für eine wirksame und angemessene Klausel zur Rückerstattung von Doppellizenzgebühren kommt es deshalb an dieser Stelle nicht darauf an, welcher Berechnungsmechanismus im Einzelnen zu welcher konkreten Höhe des Ausgleichs führt. Denn zulässigerweise liegen tatsächliche Umsatzzahlen, in Abhängigkeit von den Vertriebsgebieten, erst nach einem bestimmten Abrechnungszeitraum vor und können erst zu diesem Zeitpunkt nachträglich in eine Berechnung eingestellt werden. Die Berechnungsformel sowie diejenigen Parameter, die bereits bestimmbar sind – wozu auch der auf einen Lizenzgeber entfallende prozentuale Poolanteil an eingenommenen Lizenzgebühren gehört –, müssen aber bereits zuvor benannt und kenntlich gemacht werden. Es muss für den Lizenznehmer deutlich sein, dass es sich nicht nur um eine pro forma Regelung handelt, sondern um eine wirksame Vorschrift, die zielgerichtet einer ansonsten drohenden systematischen Ausbeutung entgegenwirkt (vgl. Kühnen, a.a.O., Kapitel E, Rn. 275). Für einen Patentpool ist die Angabe der groben Berechnungsparameter auch möglich und zumutbar. Er verfügt insbesondere über die Kenntnis, wie groß der Anteil eines Lizenzgebers am Pool ist. Das ist jedenfalls dem eigenen Vortrag der Klägerin zu entnehmen. So äußert sie beispielsweise bei der Behandlung der bilateralen Gegenangebote, dass die unterbreiteten Lizenzgebühren untersetzt seien und unterhalb der Ausschüttung, die die Klägerin aus den Poollizenzen erhält, lägen. Diese Aussage kann die Klägerin aber nur treffen, wenn ihr dieser Betrag, zumindest ungefähr, bekannt ist. Ferner trägt die Klägerin in der Triplik vor, dass XXX über ein wesentlich größeres Portfolio als XXX verfügt, so dass jeder Lizenzgeber einen geringeren Prozentsatz der von XXX gezahlten Lizenzgebühren erhält. Auch dies setzt eine Kenntnis über die poolinterne Aufteilung voraus.
  277. (iii)
    Der angestrebte Umgang der Klägerin bzw. XXX mit den Doppellizensierungen ist sachlich nicht gerechtfertigt und für XXX nicht interessengerecht. Weder geschlossene Vergleichslizenzverträge noch andere Gründe führen zur Angemessenheit dieser Vertragsklausel.
  278. Das Verhalten eines marktbeherrschenden Unternehmens ist nicht als Ausbeutungsmissbrauch anzusehen, wenn es sachlich gerechtfertigt ist. Im Unterschied zu Art. 101 Abs. 3 AEUV kennt der Missbrauchstatbestand des Art. 102 AEUV zwar keinen ausdrücklichen gesetzlich geregelten Freistellungstatbestand. Seit einiger Zeit sind jedoch Bestrebungen erkennbar, im Wege der Auslegung einen objektiven Rechtfertigungstatbestand auch in das europäische Missbrauchsverbot zu integrieren. Dies ist im Ergebnis nichts anderes als eine Form der „tatbestandsimmanenten Interessenabwägung“, in deren Rahmen innerhalb des Merkmals der „missbräuchlichen Auslegung“ nach legitimen wirtschaftlichen Gründen für die ansonsten missbräuchliche Verhaltensweise gefragt wird (Immenga/Mestmäcker/Fuchs, a.a.O., Art. 102, Rn. 152). Grundsätzlich schließt der Missbrauch losgelöst von subjektiver Vorwerfbarkeit und orientiert am Prinzip der Wettbewerbsfreiheit begriffsnotwendig ein Unwerturteil im Sinne eines unangemessenen oder ungerechtfertigten Verhaltens mit ein. Der Marktbeherrscher muss aber auch gegenüber der Marktgegenseite seine wirtschaftlichen Möglichkeiten nutzen können, soweit besondere Gründe vorliegen und die Abwägung der widerstreitenden Interessen ergibt, dass sein Verhalten zum Schutz vorrangiger Interessen sachlich gerechtfertigt ist (MüKoEuWettbR/Wolf, 3. Aufl. 2020, GWB, § 19, Rn. 125).
  279. (α)
    Vorrangig können Lizenzverträge heranzuziehen sein, um den angemessenen Charakter von einzelnen Vertragsbedingungen zu belegen. Dazu gilt im Grundsatz, je mehr Verträge geschlossen wurden, desto leichter können sie ein Indiz für die Angemessenheit bestimmter vertraglicher Regelungen sein. Denn eine ausreichende Anzahl von Lizenzverträgen kann eine Akzeptanz am Markt nachweisen und weitere Angaben zur Angemessenheit einer Vertragsklausel entbehrlich machen (LG Düsseldorf, Urt. v. 13. Juli 2017, 4a O 154/15, Rn. 311, zitiert nach juris; LG Düsseldorf, Urt. v. 11. Juli 2018, 4c O 77/17, BeckRS 2018, 25099, Rn. 137). Der Rückgriff auf bereits geschlossene Vergleichslizenzverträge kommt demnach dem Lizenzgeber zugute, weil er trotz der ihm obliegenden Darlegungslast von weiterem Tatsachenvortrag befreit wird. Allerdings genügt zum Nachweis der Angemessenheit bestimmter Vertragsklauseln nicht schlechthin ein Verweis auf Parallellizenzverträge. Vielmehr erfordert die Entstehung der Indizwirkung, dass es sich um inhaltlich identische Verträge handelt (vgl. OLG Karlsruhe, a.a.O., Rn. 123), die insbesondere denselben Produktmarkt betreffen. Diese Eingrenzung auf nur bestimmte geschlossene – inhaltlich relevante – Lizenzverträge rechtfertigt sich aus dem für die Frage des Ausbeutungsmissbrauchs heranzuziehenden Vergleichsmarktkonzepts (vgl. Kühnen, a.a.O., Kapitel E, Rn. 415).
  280. Die vorherigen zitierten Passagen aus Rechtsprechung und Literatur beziehen sich zwar bisher vorwiegend auf die Frage der Angemessenheit von Lizenzgebühren und nicht auch auf die Angemessenheit anderer vertraglicher Regelungen zu Hauptleistungspflichten. Für die Beurteilung, ob andere Vertragsklauseln angemessen oder ausbeuterisch sind, dürfte kein anderer Maßstab angewendet werden, da es sich in beiden Fällen um Punkte auf derselben Prüfungsebene handelt, die jeweils für sich genommen ein ausbeuterisches Verhalten des SEP-Inhabers begründen können. Abschließend geklärt werden muss hier aber nicht, ob die Herleitung angemessener Vertragsvorschriften auch bei der Frage der Doppellizensierung auf abgeschlossene Vergleichslizenzverträge gestützt werden kann. Denn jedenfalls kann hier eine Indizwirkung nicht festgestellt werden. Zur Überzeugung des Gerichts steht nicht fest, dass etwaige Vergleichslizenzverträge inhaltsgleich, und dies insbesondere mit Blick auf eine Ausgleichsregelung zur Doppellizensierung, abgeschlossen worden sind.
  281. (β)
    Aufgrund des Erfordernisses, allenfalls Vergleichslizenzverträge aus demselben Produktmarkt heranzuziehen, ist es gerechtfertigt, in einem ersten Schritt von vornherein nur solche Vergleichslizenzverträge heranzuziehen, die den hier einschlägigen Produktmarkt XXX betreffen (vgl. Kühnen, a.a.O., Kapitel E, Rn. 524). Insoweit führt die Klägerin zwar aus, dass es auch auf anderen Produktmärkten zu dem Abschluss des Standardlizenzvertrages gekommen sei. Dass diese Verträge über andere Produktmärkte (z.B. Mobiltelefone) Aufschluss über die Angemessenheit bestimmter Vertragsbestimmungen für deutlich unterscheidbare und nicht gegeneinander austauschbare Produkte wie TV/Settop-Boxen geben könnten, ist allerdings nicht ersichtlich. Allein die Regelung identischer Lizenzgebühren begründet diesen Ansatz nicht. Ebenso wenig genügt hierfür die pauschale Prognose, dass ein Lizenznehmer künftig auf diesem Markt tätig werden könnte. Denn obwohl der Standardlizenzvertrag, aufgrund seines umfassenden Charakters, keine Einschränkungen hinsichtlich der lizensierten Produkte und der Vertriebsgebiete vornimmt, ist bei einem einzelnen Lizenznehmer immer nur sein aktuelles Tätigkeitsfeld maßgeblich, um vergleichbare Unternehmen zu ermitteln. Ein künftiger Geschäftsbereich kann nur dann einbezogen werden, wenn z.B. für eine Erweiterung des Produktportfolios schon hinreichend konkrete Anhaltspunkte bestehen (vgl. LG Düsseldorf, Urt. v. 11. Juli 2020, 4c O 44/18). Danach existieren hier rund 30 Lizenzverträge für den relevanten Produktmarkt der XXX-Hersteller, die XXX mit anderen XXX herstellern geschlossen hat.
  282. Hinsichtlich der danach verbleibenden Lizenzverträge, wobei insoweit auch ein Lizenzvertrag den relevanten Maßstab bilden könnte (vgl. Kühnen, a.a.O., Kapitel E, Rn. 534), muss das erkennende Gericht in einem zweiten Schritt davon überzeugt sein, dass sie inhaltlich identisch sind, da sie nur dann Indizwirkung entfalten. Zur Auslösung der Indizwirkung bedarf es, noch ohne die Vorlage der Verträge, eines Vortrags des Lizenzgebers, dass sich ihr Regelungsgehalt nicht unterscheidet. Umso mehr ist eine solche Erklärung notwendig, wenn – wie hier – bekannt ist, dass es neben dem Abschluss des Standardlizenzvertrages zum Abschluss von Side Lettern, also Nebenabreden, gekommen ist. Diese wirken ihrerseits unmittelbar auf den Vertragsgegenstand ein und verändern das Austauschverhältnis von Leistung und Gegenleistung im Verhältnis zu Wettbewerbern des Lizenznehmers maßgeblich. Ein Standardlizenzvertrag kann auf diese Weise jeweils mit Blick auf die konkrete Situation eines Lizenznehmers individuell zugeschnitten und modifiziert werden. Im Verlauf des Verfahrens hat die Klägerin jedoch keine näheren Ausführungen zum (üblichen) Regelungsinhalt dieser Side Letter gemacht. Hinzukommt, dass hier nicht nur die Side Letter, sondern umso mehr die Drittvereinbarungen maßgeblich sind. Inwieweit und mit welchem Inhalt solche mit den rund Doppellizenznehmern bislang zustande gekommen sind, ist nicht dargetan worden.
  283. Aber auch mit derlei Vortrag zum Vertragsinhalt hätten die geschlossenen Lizenzverträge im vorliegenden Fall keine Angemessenheit der streitigen Regelung der Doppellizensierungsfälle indizieren können. Denn die Drittvereinbarungen würden ihren Charakter als bilaterale Regelung mit einem anderen Vertragspartner als dem eigentlichen Lizenzgeber selbst denn behalten, wenn sie zumindest als Anhang in den Side Lettern enthalten und dem Pool damit bekannt wären. Es ist nicht ersichtlich, dass der Pool bzw. die anderen Lizenzgeber, die sich im Pool zusammengeschlossen haben, auf deren Inhalt, Einfluss nehmen könnte. Es sind ausschließlich die einzelnen Doppellizenzgeber, die die Vereinbarungen mit den Doppellizenznehmern treffen. Indem XXX offiziell als dritte Regelungsoption in den Duplicate Royalty Polices vorsieht, dass Lizenznehmer und Lizenzgeber frei in der Bestimmung der Ausgleichsleistung sind, wird zum einen die unabhängige Verhandlungsposition der Doppellizenzgeber sowie zum anderen die Unabhängigkeit dieser Vereinbarung von XXX betont. Dies steht der Begründung einer Indizwirkung umso mehr entgegen, zumal gemeinsame objektive Kriterien für die dritte Regelungsvariante nicht vorgesehen sind.
  284. Umso weniger bedarf es der Aufklärung, ob es von den 30 XXX-Herstellern tatsächlich nur das Unternehmen XXX wäre, das mit XXX als Lizenznehmer vergleichbar wäre – auch noch nach seinem Eintritt als Lizenzgeberin in den HEVC XXX Pool.
  285. Mit dieser rechtlichen Würdigung rückt die Kammer entgegen der Auffassung der Klägerin nicht von bisheriger Rechtsprechung ab. Aus Vorstehendem folgt kein anderer Umgang mit etwaig vorzulegenden Vergleichslizenzverträgen. Die Kammer verfügt nicht einmal über schlüssiges Tatsachenvorbringen, dass alle Standardlizenzverträge inhaltsgleich zustande gekommen sind. Ausführungen zu vorhandenen Side Lettern und – gerichtsbekannt vorhandenen – Vereinbarungen zwischen Doppellizenzgebern und -nehmern fehlen insgesamt, obwohl die Beklagte in der Duplik darauf hingewiesen hat, diese Umstände nicht zu kennen. Erläuterungsbedürftig wäre ferner gewesen, bei wie vielen der doppelten Lizenznehmer schon vor Vertragsschluss mit XXX anderweitige Lizenzverträge bestanden und gleichwohl die streitige Doppellizensierungsregelung akzeptiert wurde. Allein aufgrund der allgemeinen prozessualen Darlegungsregeln wäre die Klägerin gehalten gewesen, vorsorglich und exemplarisch, zu dieser Thematik vorzutragen; völlig losgelöst von der Vorlage einzelner Vergleichslizenzen. Dazu bestand sowohl mit der Triplik als auch in der mündlichen Verhandlung hinreichend Gelegenheit. Die Vorlage der Lizenzverträge hätte dieses Vorbringen nicht ersetzen können.
  286. (γ)
    Die Kammer vermag auch ansonsten keine sachlich Rechtfertigung für den streitgegenständlichen Ausgleichsmechanismus zu erkennen.
  287. Neben vorrangig zu berücksichtigenden Vergleichsverträgen steht es der Klägerin grundsätzlich frei, andere Tatsachen substantiiert vorzutragen, die den vom Pool vorgesehenen Ausgleichsmechanismus rechtfertigen. Die von XXX angeführten Erklärungen, weshalb ihr eine anderweitige Ausgleichsregelung nicht möglich sei, überzeugen jedoch nicht.
  288. Grundsätzlich ist von einer Poollizensierung zu erwarten, dass es sich um eine vollständige und abschließende Vereinbarung handelt. Dies gilt sowohl gegenüber Lizenzgebern, die von der Thematik der Doppellizensierung selbst betroffen sind, als auch für solche, die ihr Patent nur über den XXX Pool lizensieren, mit dem Abschluss einer Poollizenz aber für den Lizenznehmer aber gleichwohl eine Doppellizensierung eintritt. Auch hier greift der Gedanke der vereinfachenden Poollizensierung und dass der Standardvertrag so weit gefasst sein muss, dass er allen Fallgestaltungen, unabhängig davon, wie viele Lizenzgeber betroffen wären, Rechnung trägt. In dem Verweis auf teils bilaterale Abkommen mit Doppellizenzgebern liegt daher der nicht zu tolerierende Versuch, sich als Poollizenzgeber faktisch seinen kartellrechtlichen Pflichten zu entziehen.
  289. Es bedarf im Rahmen der sachlichen Rechtfertigung keiner abschließenden Überprüfung, ob diese Regelungsweise deshalb beanstandungsfrei ist, weil es für den XXX-Pool tatsächlich, etwa aufgrund der Technologie-Transfer Leitlinien der Kommission (Leitlinien zur Anwendung von Art. 101 AEUV auf Technologietransfer-Vereinbarungen, Slg. 2014/C 89/03), keine rechtliche Möglichkeit gibt, den Pool frei von Doppellizenzgebern zu halten oder zumindest sich mit einer anderen Lizenzvereinbarung überschneidende Schutzrechte nicht zum Vertragsgegenstand zu machen. Denn es sind die Lizenzgeber selbst, die den rechtlichen Handlungsspielraum eines Patentpools steuern und somit auch beeinflussen können, welche Schutzrechte Gegenstand einer Lizensierung werden sollen. Dass aber solche Handlungsmöglichkeiten dem Pool nicht eingeräumt wurden, darf ihnen nicht als sachliche Rechtfertigung zugutekommen. Die Frage, ob ausschließlich über einen Patentpool oder auch im Wege bilateraler Lizenzen Benutzungen zu gestatten sind, ist davon losgelöst.
  290. Das Argument der Klägerin, eine Vorgehensweise bei Doppellizenzen erst dann vorsehen zu wollen, wenn der Lizenznehmer die Erfüllung seiner Vertragsverpflichtungen gegenüber dem anderen Lizenzgeber nachgewiesen hat, stellt keine ausreichende Begründung dar. Zuzugeben ist zwar, dass die Klägerin/XXX keine Kenntnis davon hat, ob die Vertragsbedingungen gegenüber den anderen Vertragspartner (hier XXX) erfüllt werden und es in diesem Verhältnis dann zu einer Lizenzgewährung kommt (vgl. Bl. 99 SdBI – Klausel aus LizV mit MPEG wonach die Gewährung der Unterlizenz von der Erfüllung bestimmter Bedingungen abhängig sei). Darauf kommt es aber für das Eingreifen einer Rückzahlungsverpflichtung nicht an. Hinreichender Auslöser für eine Regulation ist das Bestehen einer anderen Regelung überhaupt und die Frage, ob den Lizenznehmer formal eine Pflicht zur Zahlung trifft. Ob er im Einzelnen dieser Verpflichtung nachkommt, betrifft dagegen nur das Verhältnis der Vertragsparteien und ist nicht geeignet, den Anwendungsbereich des Ausgleichsmechanismus‘ einzugrenzen.
  291. Gegen die angebotene Doppellizensierungsregelung ist weiterhin zu erinnern, dass sie allenfalls nachträglich durch die Drittvereinbarungen ausgeräumt wird, also zu einem Zeitpunkt, nachdem der Lizenznehmer bereits den Lizenzvertrag eingegangen und damit die Verpflichtung zur Zahlung von Lizenzgebühren auch bereits lizenzierter Patent eingegangen ist. Der Doppellizenznehmer wird dadurch gezwungen, das Lizenzangebot in der vorformulierten Fassung zu akzeptieren, ohne dass die Unangemessenheit beseitigt wäre und ohne dass er auch nur wüsste, wie der Ausgleich gestaltet sein würde. Es ist gänzlich unbekannt, wie und wann die konkreten Vereinbarungen mit den Lizenzgebern und dem Lizenznehmer getroffen werden.
  292. Die fehlende Regelung zu Doppellizensierungen ist auch nicht dadurch gerechtfertigt, dass durch bloßen Zeitablauf kein Bedarf mehr an einer solchen Regelung bestehen wird. Denn die Problematik der Doppellizenzzahlungen wird nicht schlicht dadurch obsolet, dass zunehmend mehr Lizenzgeber von HEVC-SEP-Patenten von XXX zu XXX übertreten. Im konkreten Verhältnis der aktuellen Poollizensierungen könnte es zwar im Laufe der Zeit zu immer weniger Überschneidungen kommen. Gleichwohl existiert auch ein dritter HEVC-Pool (XXX), von dem überhaupt nicht bekannt ist, wie groß Wechselambitionen der einzelnen Lizenzgeber sind oder sich entwickeln werden. Keine Prognose kann zudem dazu abgegeben werden, ob sich nicht künftig ein neuer Pool zum HEVC-Standard bilden wird. Zumal es (wovon die Klägerin eigens in der Triplik ausgeht, S. 21), regelmäßig mehrere Pools gibt, die sich inhaltlich überschneiden. Schon dies zeigt, dass das Vorsehen einer solchen Ausgleichsklausel fortwährend praktische Relevanz hat. Im Übrigen, und das ist für den vorliegenden Rechtsstreit maßgeblich, besteht jedenfalls solange Regelungsbedarf über Doppellizensierungen, wie zumindest der Wechsel zwischen XXX und HEVC-Pool vollzogen werden kann.
  293. Ebenso wenig kommt der Klägerin als sachliche Rechtfertigung zugute, dass die Lizenzgebühren trotz hinzukommender Schutzrechte konstant bleiben und nicht angepasst, sprich erhöht, werden. Dies stellt keine angemessene Kompensation für gezahlte Doppellizenzgebühren dar. Es mag für einen Lizenznehmer günstig sein, wenn in einem Patentpool trotz wachsenden Patentportfolios gleichbleibende Gebühren verlangt werden. Hierbei handelt es sich allerdings um einen günstigen Umstand, der alle Lizenznehmer und nicht im Besonderen die Doppellizenznehmer trifft. Ohne eine separate Ausgleichsregelung für doppelte Lizenzzahlungen profitiert der Doppellizenznehmer allenfalls von der insgesamt weniger werdenden Lizenzbelastung. Eine Regelung der Doppellizensierungsfälle wird dadurch nicht obsolet. Der sich daraus ergebende Ausbeutungsmissbrauch muss erkennbar einer für sich genommen angemessenen Behandlung zugeführt werden.
  294. Die Klägerin führt auch keine andere Ausgleichsmethode als die nachträgliche Kompensation an, wie in sachlich angemessener Weise doppelten Lizenzzahlungen begegnet werden könnte. Hierzu verweist sie zwar mehrmals pauschal auf die Möglichkeit eines „Pre-Netting“, worunter bereits reduzierte Lizenzzahlungen an den Pool verstanden werden, ohne dass eine nachträgliche Kompensierung erforderlich würde. Allerdings finden sich, abgesehen von deren Erwähnung in außergerichtlicher Korrespondenz (vgl. GRÜ 27: E-Mail vom 3. November 2020 von XXX an XXX), keine weiteren Anhaltspunkte, dass dies eine ernstgemeinte Alternative neben dem Erstattungsmechanismus nach den Duplicate Royalty Politics sein könnte.
  295. Auch die vom XXX-Pool vorgesehene Ausgleichsregelung nebst Rückzahlungsmechanismus (Anlage GRÜ 26) kann keine Rechtfertigung für die gewählte Regelung zur Doppellizensierung im XXX-Pool sein. Denn es bestehen auch hier keine Kenntnisse über die tatsächliche Umsetzung der im XXX Pool vorgesehenen Ausgleichsregelung.
  296. Es überzeugt auch das weitere Vorbringen der Klägerin zum Umgang anderer Patentpools mit der Doppellizensierung nicht. Es liefert keine plausible sachliche Rechtfertigung für die hier vorgesehene Regelung. Denn selbst den Vortrag der Klägerin zu weiteren Patentpools als richtig unterstellt – weshalb es keiner Entscheidung bedarf, ob er nach Verspätungsregeln berücksichtigungsfähig wäre –, vermag die Kammer dem keine branchenübliche Ausgleichsregelung für Fälle der Doppellizensierung zu entnehmen. So liegt eine Überschneidung verschiedener Pools nur bezüglich dem jeweiligen HEVC-Patentportfolio von XXX bzw. XXX vor, wobei für beide Pools die praktische Handhabe der Doppellizensierungsfälle nicht bekannt ist. Für den XXX-Pool von XXX ist keinerlei Dopplung zu ersehen. Im Hinblick auf XXX und XXX und deren UMTS/LTE Patente erfolgt eine Lizensierung über den XXX-Pool nur für den Automobilsektor. Aufgrund des hiervon separat behandelten und jeweils eigenständig lizensierten Bereichs der Consumer Electronics kommt es hier regelmäßig zu keinen doppelten Lizensierungen. Dies wird durch das seitens der Klägerin im nachgelassenen Schriftsatz angeführte Beispiel der zunächst bestehenden bilateralen XXX-Lizenz unterstrichen. Denn indem sich die Beklagte und XXX auf eine Beendigung des bilateralen Lizenzverhältnisses verständigt haben, haben sie verdeutlicht, Patentüberschneidungen in unterschiedlichen Vertragswerken vermeiden zu wollen.
  297. 1.4.
    Es kann zugunsten der Klägerin auch nicht festgestellt werden, dass das Lizenzangebot des Pools FRAND-Grundsätzen genügt, wenn man das Angebot dahingehend verstehen würde, dass von diesem nur diejenigen standardessentiellen Patente umfasst sein sollen, für die nicht bereits eine Lizenz abgeschlossen wurde. Dies wurde in der mündlichen Verhandlung von der Klägerin erstmalig adressiert. Indes wurden keine näheren Umstände vorgetragen, anhand derer die Schlussfolgerung gezogen werden könnte, dass die geforderte Lizenzgebühr fair und angemessen ist, wenn – das Vorbringen der Klägerin unterstellt – von dem Angebot XXX % der Patente nicht umfasst wären. Erst recht kann nicht beurteilt werden, ob dies auch gelten würde, wenn XXX % der Patente aus dem Lizenzumfang ausgeschieden wären.
  298. 1.5.
    Das FRAND-Grundsätzen widersprechende Lizenzangebot des Pools ist der Klägerin auch ungeachtet dessen zuzurechnen, dass sie selbst nicht zu den Doppellizenzgebern gehört.
  299. Denn wie das XXX (Anlage ES-Kart 32) zwischen der Klägerin und XXX als der Pool-Verwalterin offenbart, soll letztere gerade für die Klägerin als Patentinhaberin tätig werden. Die Klägerin bedient sich der Pool-Verwalterin genau mit dem Zweck, ihre kartellrechtlichen Verpflichtungen gegenüber SEP-Benutzern zu erfüllen. Durch Rückgriff auf die Pool-Verwalterin vereinfacht die Klägerin zu ihren Gunsten die Pflichtenerfüllung und erspart es sich, eigens mit Lizenzsuchern in Kontakt zu treten. Es handelt sich um eine im Zusammenhang von Lizenzverhandlungen, wie gleichfalls vorstehenden Ausführungen entnommen werden kann, anerkannte Vorgehensweise, ohne dass ein Verhandlungspartner in Zweifel zieht, dass der Pool-Verwalter mit Wirkung für den jeweiligen SEP-Inhaber agiert (vgl. LG Düsseldorf, Urt. v. 08. Januar 2019, Az. 4c O 12/17). Weshalb vorliegend eine andere Betrachtung geboten sein sollte, hat die Klägerin nicht aufgezeigt. Vor allem hat sie sich nicht etwa dahingehend exkulpiert, dass sie XXX beispielsweise konkrete Vertragsbedingungen genannt hätte, worüber sich diese willkürlich hinweggesetzt hätte. Aufgrund der Lizensierung über den Patentpool ist vielmehr davon auszugehen, dass die einmal mit allen Lizenzgebern aufgestellten oder zumindest nachträglich gebilligten Konditionen unverändert durch den Pool-Verwalter in allen künftigen Fällen zur Anwendung kommen sollten. Dass ein Lizenzgeber auch an den Poollizenzverhandlungen beteiligt wird, ist nicht ersichtlich.
  300. 1.6.
    Ob das mit Schriftsatz vom 12. November 2021 vorgelegte neue Poolangebot vom 10. November 2021 (Anlage ES-Kart 58) FRAND-Grundsätzen genügt, steht nicht zur Entscheidung der Kammer. Denn dieses Angebot einschließlich des dazugehörigen Tatsachenvorbringens ist gem. § 296a ZPO als verspätet zurückzuweisen (vgl. Kühnen, a.a.O., Rn. 435).
  301. Nach dieser zivilprozessualen Regel können nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden. Sinn und Zweck dieser Norm ist es, es dem Gericht zu ermöglichen, ungestört eine Entscheidung abzusetzen, ohne dass weiterer Prozessstoff vorgebracht wird, zu welchem sich der Prozessgegner nicht mehr äußern konnte. § 296a ZPO ist Ausdruck der geltenden Prozessförderungspflicht, also der Verpflichtung, rechtzeitig und mit genügendem Inhalt vorzutragen (MüKoZPO/Prütting, 6. Aufl. 2020, ZPO, § 296a Rn. 1; Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 34. Aufl. 2022, § 296a ZPO, Rn. 1). Ausgenommen von diesem generellen Ausschluss sind lediglich Schriftsätze, die zum Beispiel gem. § 283 ZPO vom Gericht auf Antrag der Partei zugelassen wurden. Für diesen Fall besteht die Gelegenheit insoweit zu replizieren, wie vor bzw. in der mündlichen Verhandlung nicht mehr auf Vorbringen des Gegners reagiert werden konnte. Durch Gewährung des Schriftsatznachlasses erhält die Partei nicht die Möglichkeit, ein weiteres Mal umfassend und zu sämtlichen in Streit stehenden Gesichtspunkten vorzutragen.
  302. Ausgehend von diesem Grundsatz war der Schriftsatznachlass – entsprechend des Antrags der Klägerin – ausschließlich auf neues tatsächliches Vorbringen in der Quadruplik der Beklagten beschränkt. Die Beklagte hat dort keine tatsächlichen Umstände behauptet, die für die Klägerin neu und deshalb Anlass gewesen wären, ein verändertes Poolangebot zu unterbreiten. Dass die Unterbreitung des neuen Angebots aufgrund von in der Quadruplik enthaltenen Vortrags erfolgte, behauptet im Übrigen die Klägerin selbst nicht. Zuzugeben ist der Klägerin, dass ihr das Gericht in der mündlichen Verhandlung erstmals diejenigen Aspekte mitgeteilt hat, aufgrund derer ein FRAND-gemäßes Verhalten nicht festgestellt werden konnte. Dies entspricht der üblichen und auch der Klägerin bekannten gerichtlichen Vorgehensweise. Die Klägerin erhielt umfassend Gelegenheit, hierzu Stellung zu nehmen. Ein separater Hinweis auf die Problematik der Doppellizensierung seitens der Kammer war dagegen entbehrlich, weil sich die Parteien schon vorgerichtlich seit Ende 2018 wie auch gerichtlich über diese Fragestellung austauschten. Überdies besteht dieser Streitpunkt, wie gerichtsbekannt ist, auch gegenüber anderen Lizenzsuchern. Es war demnach nur eine logische Konsequenz, dass eine Erörterung dieses Diskussionspunktes in der mündlichen Verhandlung erfolgen würde. Insoweit erschließt es sich nicht, weshalb es der Klägerin nicht möglich gewesen sein sollte, vor der mündlichen Verhandlung ein aktualisiertes Angebot zu überreichen, welches den Bedenken der Doppellizensierung Rechnung trägt.
  303. 1.7.
    Ebenso wenig vermag die Streithelferin mit ihrem Einwand durchzudringen und ein missbräuchliches sowie diskriminierendes Verhalten der Klägerin darzulegen. Selbst wenn die Klägerin ihre Lizenzen so etabliert hat, dass sie nur auf Ebene von Endgeräteherstellern vergeben werden, nicht dagegen auch an Chiphersteller, wie die Streithelferin einer sei, erfährt die Streithelferin dadurch keine Benachteiligung. Denn die Lizensierung auch anderer Stufen in der Verwertungskette setzt zwingend voraus, dass es einen potentiellen Lizenznehmer auf einer anderen Ebene als der Endgerätehersteller gibt (vgl. Kühnen, a.a.O., Kapitel E, Rn. 490 mit Verweis auf den Lizensierungswunsch). Die Streithelferin als Chipherstellerin ist grundsätzlich einer anderen Verwertungsebene zuzuordnen. Allerdings ist nicht ersichtlich, dass sie (ernsthaftes) Interesse an einer solchen Lizenz gegenüber der Klägerin/XXX gezeigt hätte. Ohne eine solche Lizenzbereitschaftserklärung ist ein Lizenzgeber nicht angehalten, von seiner bisherigen Lizensierungspraxis abzuweichen.
  304. 3.
    Der Klägerin verhilft zur Durchsetzung ihrer Ansprüche schließlich nicht ein Rückgriff auf das bilaterale Verhältnis mit der Beklagten, wozu maßgeblich das unterbreitete bilaterale Angebot sowie Gegenangebot zu berücksichtigen wären.
  305. Die Klägerin ist durch die von ihr geübte Lizenzierungspraxis – über den Pool – kartellrechtlich an diese Praxis gebunden und kann nicht ohne Darlegung ausdrücklicher sachlicher Gründe von der von ihr geübten Praxis abweichen. Dabei kann vorliegend offen bleiben, ob nicht bereits der Umstand, dass ein kartellrechtswidriges Angebot durch einen Patentpool vorliegt, einen sachlichen Grund ausschließt, da durch den Verweis auf das lediglich „nebenbei“ diskutierte bilaterale Angebot der Versuch unternommen werden könnte die Bindung des einzelnen Patentinhabers an den Pool zu umgehen, um eine Kartellrechtswidrigkeit auszuschließen.
  306. Es ist nicht feststellbar, dass auf Seiten der Klägerin sachliche Gründe für den Abschluss einer bilateralen Lizenz bestehen.
  307. 1.1
    Grundsätzlich ist von einem Patentinhaber, der sich an kartellrechtliche Obliegenheiten hält, zu erwarten, potentiellen Lizenznehmern auch den Abschluss von bilateralen Lizenzen anzubieten (vgl. LG Düsseldorf Urt. v. 12. Dezember 2018 – 4b O 4/17, BeckRS 2018, 37930, Rn. 293), was unmittelbar zur Folge hat, dass Vertragsverhandlungen auf beiden Ebenen eröffnet werden. Einem Lizenzsucher bleibt es daher dem Grunde nach unbenommen, parallel sowohl mit dem Poolverwalter als auch mit einem Patentinhaber die Lizenzbedingungen zu eruieren. Den Parteien insoweit zunächst ein Wahlrecht zuzugestehen, wirkt sich nicht kartellrechtswidrig aus (vgl. LG Düsseldorf, a.a.O., Rn. 294).
  308. Wenn allerdings die geübte Lizenzierungspraxis eines Patentinhabers auf eine Lizenzform, hier eine Poollizenz, ausgerichtet ist, beschränkt sich das Wahlrecht des Lizenzgebers auf eben diese eine Praxis. Die vertragliche Einschränkung der Wahlfreiheit auf die geübte Praxis findet ihre Rechtfertigung darin, dass sich die tatsächliche Gepflogenheit der Branche zur Vergabe von Poollizenzen entwickelt hat. Insofern ist in der Rechtsprechung grundsätzlich anerkannt, dass eine herausgebildete Branchenüblichkeit ein taugliches Argument für die FRAND-Gemäßheit bestimmter Vertragsregelungen ist.
  309. Durch die Beschränkung des Wahlrechts auf die geübte Praxis wird die Möglichkeit eine andere als die bisher praktizierte Lizenzierungspraxis anzubieten allerdings nicht vollständig ausgeschlossen. In solchen Fällen hat ein Patentinhaber, sofern er für sich eine Abweichung von der bisher praktizierten Gleichbehandlung aller Lizenznehmer begehrt, dafür zwingende, sachlich nachvollziehbare Gründe vorzutragen. Nur dann könnte es unter FRAND-Gesichtspunkten gerechtfertigt sein, von der bisher geübten Praxis abzuweichen.
  310. Sachliche Gründe für das Begehren einer Individuallizenz können beispielsweise darin liegen, dass der Lizenzsucher lediglich von den standardessentiellen Schutzrechten dieses einen Patentinhabers Gebrauch macht oder der Lizenzsucher, sofern er weitere SEPs benutzt, außerdem die Absicht hat, auch von den anderen SEP-Inhabern jeweils Individuallizenzen nehmen zu wollen.
  311. 1.2
    Gemessen an diesen Kriterien ist der Klägerin nicht gelungen, eine sachliche Rechtfertigung für eine Individuallizenz darzulegen. In diesem Zusammenhang hat die Klägerin zwar, aufgrund der geäußerten Kritik an dem Lizenzangebot von XXX, die Beklagte stets auf den Abschluss einer bilateralen Lizenz verwiesen. Nachvollziehbare Tatsachen, geschweige denn einen sachlichen Grund für den Abschluss eines bilateralen Lizenzvertrages, wurden indes nicht vorgetragen.
  312. Auch das Verhandlungsgeschehen gibt keinen Anhaltspunkt für einen solchen sachlichen Grund. Bereits der Verhandlungszeitraum von wenigen Monaten, der auf bilaterale Gespräche entfiel, war gegenüber den mit dem Pool über mehrere Jahre geführten Gesprächen deutlich kürzer. Die Parteien haben den Schwerpunkt der Verhandlungen auf eine Poollizensierung gelegt, denen die bilateralen Gespräche untergeordnet waren bzw. in deren Schatten sie verliefen. Zwischen den Parteien fand bezogen auf das bilaterale Angebot ein Meinungsaustausch über acht Monate hinweg statt, von dem die Kammer aufgrund der mitunter größeren zeitlichen Abstände in der Korrespondenz nicht überzeugt ist, dass er ernsthaft erfolgt ist. Vielmehr kamen die Parteien schon bald überein, dass eine Poollösung vorzugswürdig ist. Daraufhin setzte XXX seine Gespräche mit XXX fort, wogegen die Klägerin keinen Widerstand erhob. Dies zeigt, dass es weder im Interesse der Klägerin steht eine bilaterale vertragliche Verpflichtung einzugehen noch ansonsten sachliche Gründe ersichtlich sind, weshalb die Klägerin als Lizenzgeberin von der bisherigen Lizensierungspraxis abweichen könnte.
  313. 4.
    In Ergänzung zu den bereits erfolgten Ausführungen gab der nachgelassene Schriftsatz der Beklagten hinsichtlich derjenigen Punkte, die über die zugestandene Erwiderung hinausgehen, keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gem. § 156 ZPO. Gemäß dem hier allein in Betracht kommenden Absatz 1 dieser Vorschrift kann das Gericht die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen. Die dazu vom Gericht anzustellende Ermessensentscheidung orientiert sich an der Sachdienlichkeit der Verfahrensfortsetzung.
  314. 1.1.
    Das weitere Lizenzangebot vom 10. November 2021 ist nach Schluss der mündlichen Verhandlung und somit zu spät erfolgt. Aus keinem prozessualen Grund kann dieses Angebot im vorliegenden Rechtsstreit Berücksichtigung finden. Insbesondere ist es prozessökonomisch nicht geboten, das Verfahren wiederzueröffnen, damit die Parteien in diesem Rahmen über die aktualisierten Vertragsbedingungen verhandeln könnten und die Klägerin nicht erneut den Klageweg beschreiten muss, gestützt auf das neue Angebot. Wie ausgeführt dient die Regelung des § 296a ZPO gerade dazu, dem Schluss der mündlichen Verhandlung Ausdruck zu verleihen und dem Gericht eine abschließende Tatsachengrundlage zur Verfügung zu stellen, auf deren Grundlage eine Entscheidung ergehen kann. Ohne diese formale Begrenzung des Prozessstoffes ist dies nicht möglich und eine zügige Entscheidungsfindung wäre nicht mehr gewährleistet. Umso weniger besteht vorliegend Anlass zu einer Wiedereröffnung, da die Verletzungsklage bei erfolgreichem Kartellrechtseinwand nur als „derzeit“ unbegründet abgewiesen wird, was die weitere Klagemöglichkeit unmittelbar impliziert. Dem Kläger wird gerade keine Rechtsschutzmöglichkeit abgeschnitten.
  315. 1.2.
    Darüber hinaus gebieten auch die weiteren von der Klägerin angeführten Argumente (S. 50 des nachgelassenen Schriftsatzes) keine Wiedereröffnung aufgrund gerichtlichen Ermessens.
  316. Auf die Vorlage von Lizenzverträgen kam es nicht streitentscheidend an und die Kammer bewertet deren Nichtvorlage nicht in Abkehr ihrer bisherigen Rechtsprechung zulasten der Klägerin. Jedenfalls hatte die Klägerin schon bis zur mündlichen Verhandlung hinreichend Gelegenheit, einen etwaigen Vorlageantrag zu stellen und insbesondere dahin zu begründen, dass auf diese Weise Aufschluss über Vereinbarungen mit Doppellizenzgebern gewonnen werden könnte. Da es für die Behandlung des bilateralen Angebots nicht auf die Frage der Lizenzbereitschaft der Beklagten ankam, liegt hier ebenso wenig eine Abkehr von bekannter Rechtsprechung vor.
  317. Die vorläufige rechtliche Würdigung des Streitstoffes musste die Kammer weder vor noch in der mündlichen Verhandlung zu einem Hinweis an die Klägerin veranlassen, zusammen mit der Möglichkeit, das Poollizenzangebot nachzubessern. Denn die richterliche Hinweispflicht hat ihre Grenzen. Den Parteien ist Gelegenheit zu geben, mit dem Gericht die Sach- und Rechtslage zu erörtern. Schon dadurch erkennen die Parteien, welche Gesichtspunkte für die Entscheidung voraussichtlich relevant sein werden. Hinweise durch das Gericht sind vor allem in den Fällen angezeigt, wenn für die Parteien trotz sorgfältiger Prozessführung nicht vorhersehbar war, auf Grundlage welcher Erwägungen das Gericht zu einer Entscheidung finden wird (vgl. Kühnen, a.a.O., Kapitel E, Rn. 436). So lag der Fall hier. Genauso wie im Zusammenhang mit dem neuen Lizenzangebot ausgeführt, war den Parteien von Beginn ihrer Vertragsverhandlungen an bekannt, dass der Umgang mit den Doppellizensierungen ein maßgeblicher regelungsbedürftiger Aspekt wird. Dass das Gericht hierzu eine Einschätzung abgeben würde, lag damit auf der Hand und es realisiert sich mit einer positiven oder negativen Bewertung allenfalls ein allgemeines Prozessrisiko.
  318. 1.3.
    Etwas anderes folgt schließlich nicht aus den weiteren wechselseitigen, nicht-nachgelassenen Schriftsätzen der Parteien. Auf einen gem. § 296a ZPO nachgereichten Schriftsatz hat der Gegner schon kein Recht, unaufgefordert selbst nochmals zu erwidern (vgl. Zöller, a.a.O., § 283, Rn. 6). Umso weniger steht der Partei, welcher der Schriftsatznachlass genehmigt wurde, eine weitere Replik zu. Derlei Reaktionen missachten die zivilprozessualen Regeln zum Schluss der mündlichen Verhandlung. Die Vorschrift des § 296a ZPO eröffnet den Parteien keine weitreichenden Vortragsmöglichkeiten, um bisher versäumtes Vorbringen nachzuholen. Jedenfalls enthalten die Schriftsätze aber auch kein relevantes neues Tatsachenvorbringen, was die Kammer zu einer Wiedereröffnung des Verfahrens bewegen musste.
  319. IV.
  320. 1.
    Der Klägerin steht gegen die Beklagte dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch gem. Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. § 139 Abs. 2 PatG im tenorierten Umfang zu.
  321. 1.1
    Als Fachunternehmen hätte es der Beklagten oblegen, zu prüfen, ob die angebotenen und gelieferten Produkte klagepatentverletzend sind. Indem sie eine entsprechende Überprüfung unterließen, hat die Beklagte die im Verkehr erforderliche Sorgfalt missachtet, § 276 Abs. 2 BGB.
  322. 1.2
    Die Schadensersatzpflicht kann hier auch unbeschadet dessen festgestellt werden, ob der Schadensersatzanspruch der Höhe nach deshalb auf eine FRAND-gemäße Lizenzgebühr beschränkt ist, weil die Beklagte die ihr obliegenden Anforderungen an das vom EuGH aufgestellte FRAND-Procedere erfüllt hat.
  323. Der Schadensersatzanspruch dem Grunde nach verlangt lediglich die Wahrscheinlichkeit irgendeines Schadens (OLG Düsseldorf, GRUR-RS 2019, 6087, Rn. 227 – Improving Handovers). Ein solcher besteht vorliegend auch dann, wenn – was Prüfungsgegenstand eines etwaige Höheverfahrens wäre – der Schadensersatzanspruch auf die Zahlung einer FRAND-gemäßen Lizenzgebühr zu beschränken ist (a.a.O.).
  324. 1.3
    Die Klägerin hat an der begehrten Feststellung auch das erforderliche rechtliche Interesse im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO. Die Entstehung eines Schadens auf Seiten der Klägerin ist hinreichend wahrscheinlich. Eine Bezifferung dieses Schadens ist ihr nicht möglich, weil sie ohne Verschulden über die Informationen in Unkenntnis ist.
  325. 2.
    Der Auskunftsanspruch nach Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. § 140b PatG (Antrag Ziff. I. 3.) bleibt von dem hier erfolgreich erhobenen kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwand unberührt (so auch OLG Düsseldorf, ebd., Rn. 28). Denn ein solcher setzt lediglich eine rechtswidrige Benutzungshandlung im Sinne von §§ 9 – 13 PatG voraus. Eine solche liegt hier vor. Tatsachen, die die Auskunftserteilung unverhältnismäßig im Sinne von § 140b Abs. 4 PatG erscheinen lassen, sind nicht vorgetragen.
  326. 3.
    Soweit die Klägerin Rechnungslegung begehrt, steht ihr dieser Anspruch lediglich in dem aus dem Tenor erkennbaren Umfang gem. Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. §§ 242, 259 BGB zu, damit sie in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern. Die Klägerin ist auf die tenorierten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt. Die Beklagte wird durch die von ihr verlangte Auskunft auch nicht erkennbar unzumutbar belastet.
  327. Der Auskunftsanspruch aus §§ 242, 259 BGB umfasst vorliegend aufgrund des erfolgreich erhobenen kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwands keine Angaben zu Kosten und Gewinn der Beklagten im Zusammenhang mit der Patentverletzung. Wenn der SEP-Inhaber für die Nutzung der patentgemäßen Lehre lediglich eine angemessene, FRAND-Bedingungen entsprechende Lizenzgebühr verlangen kann, gebietet es der Grundsatz von Treu und Glauben, auch die Verpflichtung zur Auskunft und Rechnungslegung auf die zur Berechnung dieser FRAND-Lizenzgebühr erforderlichen Angaben zu beschränken (OLG Düsseldorf, ebd., Rn. 230 – Improving Handovers; a. A. LG Mannheim, GRUR 2018, 864, Rn.110 – Funkstation).
  328. Nach der mittlerweile etablierten Rechtsprechung der Düsseldorf Kammern (vgl. LG Düsseldorf, Urteil v. 21. September 2017, Az. 4a O 18/16, Rn. 224, zitiert nach juris; Kühnen, a.a.O., Kapitel D., Rn. 826) kann die Klägerin – nach ihrer Wahl – Auskunft und Rechnungslegung nur dann auch in elektronischer Form , d.h. neben der grundsätzlich schriftlich geschuldeten Form, verlangen, soweit die entsprechenden Belege bei der Beklagten auch bereits elektronisch vorliegen. Die Klägerin hat demzufolge keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die bei ihr vorhandenen Dokumente in eine elektronische Form überführt.
  329. V.
    Mit Blick auf die von der Beklagten gegen das Klagepatent eingewandten Entgegenhaltungen war eine Aussetzung des Rechtsstreits gemäß § 148 ZPO bis zu einer auch nur erstinstanzlichen Entscheidung in dem Nichtigkeitsverfahren nicht geboten.
  330. 1.
    Nach Auffassung der Kammern (Mitt. 1988, 91 – Nickel-Chrom-Legierung, BlPMZ 1995, 121 – Hepatitis-C-Virus), die durch das Oberlandesgericht Düsseldorf (GRUR 1979, 188 – Flachdachabläufe; Mitt. 1997, 257, 258 – Steinknacker) und den Bundesgerichtshof (GRUR 1987, 284 – Transportfahrzeug; GRUR 2014, 1237 ff. – Kurznachrichten) bestätigt wurde, stellen ein Einspruch gegen das Klagepatent oder die Erhebung der Nichtigkeitsklage als solche noch keinen Grund dar, den Verletzungsrechtsstreit auszusetzen, da dies faktisch darauf hinauslaufen würde, dem Angriff auf das Klagepatent eine den Patentschutz hemmende Wirkung beizumessen, die dem Gesetz fremd ist (§ 58 Abs. 1 PatG). Die Interessen der Parteien sind vielmehr gegeneinander abzuwägen.
  331. Wenn das Klagepatent mit einem Einspruch oder mit einer Patentnichtigkeitsklage angegriffen ist, verurteilt das Verletzungsgericht, wenn es eine Verletzung des in Kraft stehenden Patents bejaht, grundsätzlich nur dann wegen Patentverletzung, wenn es eine Nichtigerklärung nicht für (hinreichend) wahrscheinlich hält; andernfalls hat es die Verhandlung des Rechtsstreits nach § 148 ZPO auszusetzen, bis jedenfalls erstinstanzlich über die Nichtigkeitsklage entschieden ist (BGH, GRUR 2014 1238 – Kurznachrichten). Denn eine – vorläufig vollstreckbare – Verpflichtung des Beklagten zur Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung, zum Rückruf sowie zur Vernichtung patentgemäßer Erzeugnisse ist regelmäßig nicht zu rechtfertigen, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten steht, dass dieser Verurteilung durch die Nichtigerklärung des Klagepatents die Grundlage entzogen werden wird. Der aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) in Verbindung mit den Grundrechten folgende und damit verfassungsrechtlich verbürgte Justizgewährungsanspruch gebietet es, dem Verletzungsbeklagten wirkungsvollen Rechtsschutz zur Verfügung zu stellen, wenn er sich gegen den Angriff aus dem Klagepatent mit einem Gegenangriff auf den Rechtsbestand dieses Patents zur Wehr setzen will. Dies erfordert nicht nur eine effektive Möglichkeit, diesen Angriff selbst durch eine Klage auf Nichtigerklärung bzw. durch Erhebung eines Einspruchs führen zu können, sondern auch eine angemessene Berücksichtigung des Umstands, dass in diesem Angriff auch ein – und gegebenenfalls das einzige – Verteidigungsmittel gegen die Inanspruchnahme aus dem Patent liegen kann. Wegen der gesetzlichen Regelung, die für die Ansprüche nach §§ 139 ff. PatG lediglich ein in Kraft stehendes Patent verlangt und für die Beseitigung dieser Rechtsposition nur die in die ausschließliche Zuständigkeit des Patentgerichts fallende Nichtigkeitsklage zur Verfügung stellt, kann der Angriff gegen das Klagepatent anders als in anderen Rechtsordnungen nicht als Einwand im Verletzungsverfahren oder durch Erhebung einer Widerklage auf Nichtigerklärung geführt werden. Dies darf indessen nicht dazu führen, dass diesem Angriff jede Auswirkung auf das Verletzungsverfahren versagt wird. Die Aussetzung des Verletzungsstreits ist vielmehr grundsätzlich, aber auch nur dann geboten, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass das Klagepatent dem erhobenen Einspruch/der anhängigen Nichtigkeitsklage nicht standhalten wird (BGH, GRUR 2014 1238 – Kurznachrichten). Dies kann regelmäßig dann nicht angenommen werden, wenn der Nichtigkeitsangriff darauf gerichtet ist, die Neuheit oder die erfinderische Tätigkeit bei Findung der klagepatentgemäßen Lehre in Frage zu stellen, sich jedoch für eine Bejahung der Patentierbarkeit, die auch insoweit von der wertenden Beurteilung der hierfür zuständigen Instanzen abhängt, noch vernünftige Argumente finden lassen. Gleiches gilt in Fällen, in denen der dem Klagepatent entgegengehaltene Stand der Technik bereits im Erteilungsverfahren berücksichtigt oder das Klagepatent erstinstanzlich aufrechterhalten worden ist (vgl. Kühnen, a.a.O., Kapitel E., Rn. 815f.).
  332. 2.
    Den maßgeblichen Erfolg der Nichtigkeitsklage vermochte die Kammer nicht mit der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit festzustellen.
  333. 2.1.
    Eine neuheitsschädliche Vorwegnahme der klagepatentgemäßen Lehre durch die am 18. Dezember 2012 veröffentlichte Fassung des HEVC Standards in Form des Working Draft 9 (vorgelegt als Anlage B 5, in deutscher (Teil-)Übersetzung vorgelegt als Anlage B 5‘; im Folgenden: B 5) konnte nicht festgestellt werden.
  334. 2.1.1.
    Neuheitsschädlichkeit liegt vor, wenn die Entgegenhaltung objektiv den Stand der Technik offenbart; unrichtige Annahmen oder Festlegungen des Anmelders in der Patentschrift selbst sind unerheblich (BGH GRUR 1999, 914, 917 – Kontaktfederblock). Die Beurteilung, ob der Gegenstand eines Patents durch eine Vorveröffentlichung neuheitsschädlich getroffen ist, erfordert die Ermittlung des Gesamtinhalts der Vorveröffentlichung. Maßgeblich ist, welche technische Information dem Fachmann offenbart wird. Der Offenbarungsbegriff ist dabei kein anderer als er auch sonst im Patentrecht zu Grunde gelegt wird (BGH GRUR 2009, 382, 384 – Olanzapin; GRUR 2004, 407, 411 – Fahrzeugleitsystem). Zu ermitteln ist deshalb nicht, in welcher Form der Fachmann etwa mit Hilfe seines Fachwissens eine gegebene allgemeine Lehre ausführen oder wie er diese Lehre gegebenenfalls abwandeln kann, sondern ausschließlich, was der Fachmann der Vorveröffentlichung als den Inhalt der von ihr gegebenen (allgemeinen) Lehre „unmittelbar und eindeutig“ entnimmt (GRUR 2002, 146, 148 – Luftverteiler; GRUR 2004, 133, 135 – Elektronische Funktionseinheit; GRUR 2008, 597, 598 – Betonstraßenfertiger; GRUR 2011, 999, 1001 – Memantin; BGH GRUR 2021, 1043, 1044 – Cerdioxid; OLG Düsseldorf, Urteil vom 19. Februar 2016, Az. I-2 U 55/15, Rn. 50, zitiert nach juris).
  335. 2.1.2.
    Die Kammer vermochte nicht festzustellen, dass es an einer wirksamen Inanspruchnahme der beiden Prioritäten der US-amerikanischen Voranmeldungen US 2012/XXX P (vorgelegt als Anlage B 6; nachfolgend: B 6) und US 2012/XXX P (vorgelegt als Anlage B 7; nachfolgend: B 7) durch das Klagepatent fehlt.
  336. Die wirksame Inanspruchnahme einer Priorität setzt gemäß Art. 87 Abs. 1 EPÜ unter anderem voraus, dass der Gegenstand der Nachanmeldung identisch ist mit dem Gegenstand der Voranmeldung („derselben Erfindung“). Die Vor- und Nachanmeldung enthalten nur dann dieselbe Erfindung i.S.d. Art. 87 EPÜ, wenn die diesbezügliche Offenbarung identisch ist (vgl. BGH GRUR 2004, 133, 135 – Elektronische Funktionseinheit). Der Inhalt des Prioritätsdokuments bestimmt sich nach der Gesamtheit der Anmeldeunterlagen und nicht nur nach dem Inhalt der dortigen Ansprüche. Die Prinzipien der Prüfung entsprechen insoweit denen der Neuheitsprüfung, wobei eine Inanspruchnahme der Priorität der älteren Anmeldung dann nicht in Betracht kommt, wenn die Nachanmeldung als neu gegenüber der Voranmeldung anzusehen ist (Moufang/Schulte, a.a.O.; § 41 PatG/Art. 87-89 EPÜ, Rn. 33f.). Identität im prioritätsrechtlichen Sinn bedeutet jedoch keine wörtliche Übereinstimmung sondern eine sachliche Kongruenz, wobei entscheidend ist, dass der Erfindungsgedanke in beiden Anmeldungen gleich ist (vgl. Moufang/Schulte, a.a.O., Rn. 35 mit Verweis auf BGH GHRUR 2002, 146ff. – Luftverteiler). In diesem Fall stehen Abweichungen in der Ausgestaltung des Gegenstands der Nachanmeldung der Inanspruchnahme einer Priorität nicht entgegen, vorausgesetzt ein Fachmann vermag bei Vergleich der beiden Anmeldungen den gemeinsamen Erfindungsgedanken ohne weiteres zu erkennen (vgl. BGH GRUR 2009, 390, 392 – Lagerregal).
  337. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass sowohl die B 6 als auch die B 7 den Wortlaut des Anspruchs 1 auf den Seiten 26 (B 6) bzw. 70f. (B 7) größtenteils wortidentisch wiedergeben. Ebenso unstreitig ist jedoch auch, dass die Prioritätsdokumente das Ausführungsbeispiel der Figur 27 des Klagepatents nicht umfassen und es daher auch an den Beschreibungsstellen der Absätze [0152]ff., insbesondere des Absatzes [0154], fehlt, der im Klagepatent den Begriff des Slice-Segmentes einführt. Der Fachmann findet in den Prioritätsdokumenten indes – trotz Fehlen des vorgenannten Ausführungsbeispiels – hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass auch in den Prioritätsdokumenten ein Durchbruch der Grenzen von Slice-Segmenten offenbart ist. So findet er etwa im dritten Absatz des Abstracs der B 6 einen solch expliziten Hinweis. Dort wird ausgeführt: „Therefore, a new encapsulation format for WPP substreams [2] is proposed, a dependent slice. This dependent slice may contain Entropy Slice data, a WPP substream, a full row of LCUs, just a fragment of a slice, where the prior transmitted slice header also applies to the contained fragment data”. Die B 6 offenbart damit bereits im Rahmen des einführenden Teils ihrer Beschreibung, dass sie nicht nur auf Slices als Einheit abstellen, sondern auch noch kleinere Einheiten in Form von Teilen eines Slices („fragment of a slice“) kennt. Bei diesen Teilen eines Slices handelt es sich um die (un-)abhängigen Slice-Segmente des Klagepatents.
  338. 2.1.3.
    Da das Klagepatent die Prioritäten wirksam in Anspruch genommen hat, kommt es nicht mehr darauf an, ob die B 5 alle Merkmale der geltend gemachten Ansprüche unmittelbar und eindeutig offenbart, zumal die Kläger dem entsprechenden Vortrag der Beklagten in der Sache nicht entgegengetreten ist.
  339. VI.
    Die zulässige Widerklage ist begründet.
  340. Der widerklagend geltend gemachte Anspruch auf Schadenersatz der Beklagten findet seine Grundlage in §§ 33 Abs. 1, 33a GWB i.V.m. Art. 102 AEUV.
  341. 1.
    Anspruchsvoraussetzung ist, dass es einerseits einen lizenzbereiten Benutzer gibt, aber sich andererseits der SEP-Inhaber einem Lizenzvertragsschluss verweigert oder ein nicht den FRAND-Kriterien entsprechendes Angebot abgibt. Der Anspruchsinhaber ist dann so zu stellen, wie er ohne den Kartellrechtsverstoß stünde (vgl. FRAND I Rn. 111; Kühnen, a.a.O., Kapitel E, Rn. 318).
  342. 2.
    Diese tatbestandlichen Anforderungen sind erfüllt.
  343. 2.1.
    Die Klägerin ist passivlegitimiert. Entgegen der Ansicht der Klägerin wird nicht XXX in Anspruch genommen; der Antrag ist nur gegen die Klägerin gerichtet. Inwieweit sie für ein Verhalten der XXX auch verantwortlich ist, stellt vielmehr eine Frage der Zurechnung dar. Dazu muss XXX weder eigens verklagt werden, noch eigens eine marktbeherrschende Stellung innehaben etc. (s. lit. aa)).
  344. 2.2.
    Wie im Rahmen der Entscheidungsgründe ausgeführt wurde, hat sich die Beklagte bzw. XXX als ihr XXX Mutterunternehmen in hinreichender Weise und fortdauernd lizenzbereit gezeigt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf obige Erläuterungen Bezug genommen.
  345. 2.3.
    Für die Bewertung des Poollizenzangebots kann ebenso auf die vorhergehenden Darstellungen verwiesen werden. Da nach Auffassung der Kammer die Behandlung der Doppellizensierungen missbräuchlich ist, entspricht das Poollizenzangebot nicht den FRAND-Kriterien. Da das relevante Poolangebot von XXX abgegeben wurde, ist es gerechtfertigt, deren Verhalten in die Nichterfüllung von FRAND-Verhaltenspflichten durch die Klägerin einzustellen und dieser zuzurechnen. Insofern kann auf die Ausführungen unter Ziffer 1.5 verwiesen werden.
  346. Auch die Formulierungen im Lizenzvertrag bekräftigen dieses Verständnis und stützen die Zurechnung des Verhaltens von XXX an die Klägerin. Denn dort heißt es in der Einleitung unter der Überschrift „Recitals“ im 7. Absatz:
  347. „Whereas, Licensing Administrator desires to grant a HEVC XXX Patent Portfolio License (as defined below) under the fair, reasonable and non-discriminatory terms and conditions set forth in this Agreement;“
  348. Unabhängig davon, ob die Pool-Verwalterin tatsächlich an die kartellrechtlichen Vorgaben gebunden ist, wie dort in der Klausel dargestellt, zeigt diese Klausel dennoch das Verständnis der Lizenzgeberinnen und der Pool-Verwalterin: sie handeln in dem Bestreben, ihren rechtlichen Verpflichtungen gerecht zu werden. Diese sind auch der Pool-Verwalterin bekannt.
  349. Die Abgrenzungsfrage, ob ein Lizenzsucher prozessual bessergestellt ist, wenn er nur einen Anspruch auf Abgabe eines FRAND-Angebots geltend macht anstelle einen solchen auf Abschluss eines FRAND-Lizenzvertrages, bedarf vorliegend bei dem auf Feststellung einer Schadensersatzverpflichtung keiner Aufklärung. Denn unabhängig davon, dass sich die Nicht-FRAND-Gemäßheit des Angebots aus den vorstehenden Ausführungen der Kammer ergibt, begehrt die Beklagte hier nicht unmittelbar den Vertragsschluss, sondern knüpft nur Folgen daran. Diese ergeben sich in identischer Weise bei der Nichterfüllung des Anspruchs auf Abgabe eines FRAND-Angebots.
  350. 2.4.
    Auf Rechtsfolgenseite ist die Klägerin zur Schadensersatzleistung verpflichtet. Dabei besteht der zu liquidierende Schaden der Beklagten darin, für die Benutzung des Klagepatents zu mehr als einer bei rechtmäßigem Verhalten des Patentinhabers zu zahlenden FRAND-Lizenzgebühr herangezogen zu werden (nämlich zu vollem Schadenersatz), weswegen ihr Anspruch auf Naturalrestitution dahin geht, ihn von solchen Schadenersatzforderungen freizustellen, die über eine FRAND-Lizenzgebühr hinausgehen (vgl. OLG Düsseldorf, GRUR-RS 2019, 6087, beck-online, Rn. 227 – Improving Handovers).
  351. C.
    Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 und 709 ZPO.
  352. Einer getrennten Festsetzung eines Streitwerts für die Widerklage bedurfte es wegen § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG nicht.

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