4b O 109/20 – Halterahmen für Industriesteckverbinder

Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3213

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 10. Mai 2022, Az. 4b O 109/20

  1. I. Die Klage wird abgewiesen.
  2. II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
  3. III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
  4. Tatbestand
  5. Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen Verletzung des Gebrauchsmusters DE 20 2014 XXX 449 U 1 (im Folgenden Klagegebrauchsmuster, Anlage ES 2a) auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung, Rückruf und Vernichtung sowie Feststellung der Schadensersatzverpflichtung dem Grunde nach in Anspruch.
  6. Das Klagegebrauchsmuster mit der Bezeichnung „Halterahmen für einen Steckverbinder“ wurde aus der europäischen Patentanmeldung EP 3 XXX 483 A 1 mit der Anmeldenummer 17 16 XXX abgezweigt. Es nimmt zwei innere Prioritäten vom 12. Dezember 2013 und den Anmeldetag der Patentanmeldung vom 11. Dezember 2014 in Anspruch. Es wurde am 26. Oktober 2020 im Register eingetragen. Die Bekanntmachung im Patentblatt erfolgte am 3. Dezember 2020. Die Klägerin ist gemäß dem als Anlage ES 2b vorgelegten Registerauszug eingetragene und alleinverfügungsberechtigte Inhaberin des Klagegebrauchsmusters.
  7. Anspruch 1 des Klagegebrauchsmusters lautet wie folgt:
  8. „Halterahmen für einen Steckverbinder, nämlich einen schweren Industriesteckverbinder zur Aufnahme gleichartiger und/oder unterschiedlicher Module (3, 3′), mit einem Grundabschnitt (1) zur Fixierung eines aufgenommenen Moduls (3, 3′) und mit einem Verformungsabschnitt (2, 2′), der einen Einführzustand und einen Haltezustand annehmen kann, wobei der Einführzustand ein Einführen wenigstens eines Moduls (3, 3′) in einer Richtung quer zur Ebene in den Halterahmen erlaubt und ein aufgenommenes Modul (3, 3′) im Haltezustand fixiert ist und der Grundabschnitt (1) und der Verformungsabschnitt (2, 2′) wenigstens teilweise aus unterschiedlichen Werkstoffen gebildet sind und verschiedene Materialeigenschaften, nämlich verschiedene Elastizitätsmodule aufweisen, dadurch gekennzeichnet, dass
    es sich bei dem Grundabschnitt um einen umlaufenden Grundrahmen handelt, der im Querschnitt rechteckig ausgebildet ist und zwei einander parallel gegenüberliegende Stirnflächen und rechtwinklig dazu zwei parallel gegenüberliegende Seitenteile besitzt, wobei die Stirnflächen kürzer sind als die beiden Seitenteile, und
    wobei der Grundabschnitt an den Stirnflächen jeweils einen rechtwinklig dazu abstehenden Flansch aufweist, wobei jeder dieser Flansche jeweils zwei Schraubbohrungen aufweist, sodass der Grundrahmen insgesamt vier Schraubbohrungen besitzt, und wobei der Verformungsabschnitt (2, 2′) als wenigstens ein Wangenteil am Grundrahmen ausgeführt ist, und
    wobei der Grundabschnitt (1) zumindest einen Teil (4, 4′) des Verformungsabschnitts (2, 2′) wenigstens teilweise umschließt und wenigstens ein Teil des Verformungsabschnitts (2, 2′) außen am Grundabschnitt (1) angeordnet ist, und
    der Halterahmen mehrteilig ausgeführt ist und der Grundabschnitt (1) und der Verformungsabschnitt (2, 2′) formschlüssig miteinander verbunden und verrastet sind, und
    wobei der Verformungsabschnitt (2, 2′) für eine elastische Verformung zwischen Einführzustand und Haltezustand ausgestaltet ist, und
    wobei der Verformungsabschnitt (2, 2′) federelastisches Blech aufweist oder daraus besteht, und die federelastischen Eigenschaften des Verformungsabschnitts (2, 2′) es gestatten, Module (3, 3′) einzeln einzufügen,
    oder zu entnehmen, und
    wobei der Verformungsabschnitt wenigstens teilweise mit einer Stanzbiegetechnik hergestellt ist, und
    wobei der Halterahmen einen Schutzerdungskontakt (33′) aufweist oder damit bestückt ist, und
    wobei der Grundabschnitt (1) wenigstens teilweise im Druckguss hergestellt ist, nämlich aus einem Metall wie z. B. Zink, oder einer Metalllegierung, vorzugsweise einer Zinklegierung oder Aluminiumlegierung, und
    wobei der Grundrahmen eine geringere Elastizität und damit eine größere Steifigkeit aufweist als der Verformungsabschnitt, und
    wobei der Grundabschnitt (1) starr ausgeführt ist, und die im Vergleich zum Grundabschnitt höhere Elastizität es Verformungsabschnitts (2, 2′) durch die höhere Elastizität des jeweils verwendeten Materials und durch die geometrische Formgebung des Grundabschnitts (1) und des Verformungsabschnitts (2, 2′) erreicht wird.“
  9. Nachfolgende Figuren sind der Klagegebrauchsmusterschrift entnommen und beziehen sich auf ein Ausführungsbeispiel. Figur 1 zeigt einen Grundrahmen, die Figuren 2a und 2b ein erstes Wangenteil aus zwei verschiedenen Perspektiven und die Figuren 4a und 4b sodann einen Halterahmen mit einem eingefügten PE-Modul aus zwei verschiedenen Perspektiven.
  10. Gegen das Klagegebrauchsmuster ist ein Löschungsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt anhängig, über das noch nicht entschieden ist.
  11. Die Beklagte zu 1) bietet Komponenten, Systeme und Lösungen im Bereich der Elektrotechnik, Elektronik und Automation an und gehört zur Unternehmensgruppe A.
  12. Die Beklagte zu 2) ist die deutsche Vertriebstochter der Unternehmensgruppe A.
  13. Seit 2016 bieten die Beklagten einen zu dem modularen Industriesteckverbinder der Klägerin kompatiblen modularen Steckverbinder an. Über die von der Beklagten zu 1) betriebene Webseite www.XXX.com werden Halterahmen für Steckverbinder angeboten, unter anderem die folgenden Modelle:
  14. Baugröße B10:
    • Modulträgerrahmen – HC-M-B10-XXX-B – 1182XXX
    • Modulträgerrahmen – HC-M-B10-XXX-H – 1182XXX
  15. Baugröße B16:
    • Modulträgerrahmen – HC-M-B16-XXX-B – 1182XXX
    • Modulträgerrahmen – HC-M-B16-XXX-H – 1182XXX
  16. Baugröße B24:
    • Modulträgerrahmen – HC-M-B24-XXX-B – 1182XXX
    • Modulträgerrahmen – HC-M-B24-XXX-H – 1182XXX
  17. (nachfolgend gemeinsam bezeichnet als „angegriffene Ausführungsform“). Ein Screenshot der Webseite liegt als Anlage ES 3c vor. Über diese Webseite tätigte die Klägerin am 26. November 2020 einen Testkauf der angegriffenen Ausführungsform. Die angegriffene Ausführungsform in den Modellen HC-M-B-10-XXX-B und HC-M-N16-XXX-B ist zur Akte gereicht, Fotos der im Testkauf erworbenen angegriffenen Ausführungsform liegen als Anlage ES 3d vor.
  18. Zudem werden die angegriffenen Halterahmen im Produktkatalog der Beklagten angeboten, unter anderem wie folgt:
  19. Die Klägerin ist der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform verwirkliche die Merkmale des geltend gemachten Klagegebrauchsmusteranspruchs.
  20. Anspruchsgemäß umfasse der Halterahmen einen Grundabschnitt und einen Verformungsabschnitt. Der Grundabschnitt der angegriffenen Ausführungsform werde aus einem stabilen Rahmen gebildet, der aus einer Zinklegierung mit einer durchschnittlichen Stärke von ca. 2 mm bestehe. Übe man auf den Rahmen Druck aus, verforme dieser sich kaum. Damit bringe der Grundabschnitt die notwendige mechanische Stabilität auf, um die eingefügten Module halten zu können. Diese mechanische Stabilität werde durch das verwendete Material und die geometrische Formgebung des Grundabschnitts bewirkt.
  21. Ferner weise der Rahmen eine geringere Elastizität und damit eine höhere Steifigkeit auf als der Verformungsabschnitt, der bei der angegriffenen Ausführungsform durch elastische Laschen aus hochlegiertem Stahl gebildet werde. Diese Laschen wiesen eine weitaus größere Drucknachgiebigkeit auf, da sie aus verhältnismäßig dünnem Blech hergestellt seien. Die unterschiedliche Elastizität der beiden Abschnitte werde anspruchsgemäß durch das verwendete Material und durch die geometrische Formgebung bewirkt. Soweit das Material des Verformungsabschnitts der angegriffenen Ausführungsform weniger elastisch sei als das des Grundabschnitts, sei auch das anspruchskonform. Denn wenn der Schutzanspruch verlange, dass das Material des Verformungsabschnitts eine höhere Elastizität als das des Grundabschnitts aufweise, sei der Begriff der „Elastizität“ als „Elastizitätsmodul“ zu verstehen, das Material des Verformungsabschnitts als solches müsse also weniger leicht verformbar sein als das des Grundabschnitts. Wenn der Grundrahmen insgesamt eine geringere Elastizität als der Verformungsabschnitt insgesamt aufweisen solle, könne dies – wie bei der angegriffenen Ausführungsform – über die Formgebung der Abschnitte erzielt werden.
  22. Weiterhin fordere das Klagegebrauchsmuster, dass der Grundrahmen zumindest einen Teil des Verformungsabschnitts umschließe. Der umschlossene Teil des Verformungsabschnitts könne sich somit innerhalb des Grundabschnitts befinden.
  23. Auch hiervon mache die angegriffene Ausführungsform Gebrauch. Denn ein Teil des unteren Bereichs der elastischen Laschen befinde sich innerhalb des Grundrahmens innenliegend und sei damit von diesem Rahmen teilweise umschlossen. Hierfür befänden sich Hohlräume im unteren Bereich des Rahmens, die dazu ausgestaltet seien, den unteren Teil der Wangenteile aufzunehmen.
  24. Schließlich weise der anspruchsgemäße Grundrahmen einen rechteckigen Querschnitt auf, wenn dieser zwei einander parallel gegenüberliegende Stirnflächen und rechtwinklig dazu zwei parallel gegenüberliegende Seitenteile besitze. Dies sei bei der angegriffenen Ausführungsform der Fall.
  25. Die Klägerin beantragt,
  26. 1. die Beklagten jeweils zu verurteilen es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000 – ersatzweise Ordnungshaft – oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlungen bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an den jeweiligen Geschäftsführern zu vollstrecken ist, zu unterlassen,
  27. Halterahmen für einen Steckverbinder, nämlich einen schweren Industriesteckverbinder zur Aufnahme gleichartiger und/oder unterschiedlicher Module, mit einem Grundabschnitt zur Fixierung eines aufgenommenen Moduls und einem Verformungsabschnitt, der einen Einführzustand und einen Haltezustand annehmen kann, wobei der Einführzustand ein Einführen wenigstens eines Moduls in einer Richtung quer zur Ebene in den Halterahmen erlaubt und ein aufgenommenes Modul im Haltezustand fixiert ist, und der Grundabschnitt und der Verformungsabschnitt wenigstens teilweise aus unterschiedlichen Werkstoffen gebildet sind und verschiedene Materialeigenschaften, nämlich verschiedene Elastizitätsmodule aufweisen,
  28. in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen oder – nur in Bezug auf die Beklagten zu 1) – herzustellen, wenn
  29. es sich bei dem Grundabschnitt um einen umlaufenden Grundrahmen handelt, der im Querschnitt rechteckig ausgebildet ist und zwei einander parallel gegenüberliegende Stirnflächen und rechtwinklig dazu zwei parallel gegenüberliegende Seitenteile besitzt, wobei die Stirnflächen kürzer sind als die beiden Seitenteile, und wobei der Grundabschnitt an den Stirnflächen jeweils einen rechtwinklig dazu abstehenden Flansch aufweist, wobei jeder dieser Flansche jeweils zwei Schraubbohrungen aufweist, sodass der Grundrahmen insgesamt vier Schraubbohrungen besitzt, und wobei der Verformungsabschnitt als wenigstens ein Wangenteil am Grundrahmen ausgeführt ist, und wobei der Grundabschnitt zumindest einen Teil des Verformungsabschnitts wenigstens teilweise umschließt und wenigstens ein Teil des Verformungsabschnitts außen am Grundabschnitt angeordnet ist, und der Halterahmen mehrteilig ausgeführt ist und der Grundabschnitt und der Verformungsabschnitt formschlüssig miteinander verbunden und verrastet sind, und wobei der Verformungsabschnitt für eine elastische Verformung zwischen Einführzustand und Haltezustand ausgestaltet ist, und wobei der Verformungsabschnitt federelastisches Blech aufweist oder daraus besteht, und die federelastischen Eigenschaften des Verformungsabschnitts es gestatten, Module einzeln einzufügen, oder zu entnehmen, und wobei der Verformungsabschnitt wenigstens teilweise mit einer Stanzbiegetechnik hergestellt ist, und wobei der Halterahmen einen Schutzerdungskontakt aufweist oder damit bestückt ist, und wobei der Grundabschnitt wenigstens teilweise im Druckguss hergestellt ist, nämlich aus einem Metall wie z. B. Zink, oder einer Metalllegierung, vorzugsweise einer Zinklegierung oder Aluminiumlegierung, und wobei der Grundrahmen eine geringere Elastizität und damit eine größere Steifigkeit aufweist als der Verformungsabschnitt, und wobei der Grundabschnitt starr ausgeführt ist, und die im Vergleich zum Grundabschnitt höhere Elastizität des Verformungsabschnitts durch die höhere Elastizität des jeweils verwendeten Materials und durch die geometrische Formgebung des Grundabschnitts und des Verformungsabschnitts erreicht wird;
  30. 2. der Klägerin in einer gesonderten und geordneten Aufstellung und hinsichtlich der Angaben a) und b) unter Vorlage von Rechnungen hilfsweise Lieferscheinen, darüber Angaben zu machen, in welchem Umfang sie die in vorstehender Ziffer 1. bezeichneten Handlungen seit dem 26. November 2020 begangen haben, und zwar unter Angabe
  31. a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
  32. b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen, den jeweiligen Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
  33. c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen, der jeweiligen Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
  34. d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internet-Werbung der Domain, den Zugriffszahlen und den Schaltungszeiträumen,
  35. e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
  36. wobei es den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht-gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
  37. 3. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die in vorstehender Ziffer 1. bezeichneten Handlungen ab dem 26. November 2020 entstanden ist und noch entstehen wird;
  38. 4. die Beklagten zu verurteilen,
  39. a) die in der vorstehenden Ziffer 1. bezeichneten, im Besitz gewerblicher Endabnehmer befindlichen und seit dem 26. November 2020 auf den Markt gebrachten Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen gewerblichen Endabnehmer, denen durch die Beklagten oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagegebrauchsmusters DE 20 2014 XXX 449 U1 erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagten zurückzugeben und den gewerblichen Endabnehmern für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe zugesagt wird, und endgültig wieder an sich zu nehmen;
  40. b) die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen, unter Ziffer 1. bezeichneten Erzeugnisse auf eigene Kosten zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von ihnen zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten – Kosten herauszugeben.
  41. Die Beklagten beantragen,
  42. die Klage abzuweisen,
  43. hilfsweise:
    das Verfahren bis zur endgültigen, jedenfalls aber bis zur erstinstanzlichen Entscheidung über den Löschungsantrag der Beklagten gegen das Klagegebrauchsmuster auszusetzen.
  44. Die Beklagten sind der Ansicht, eine Verletzung des Klagegebrauchsmusters durch die angegriffene Ausführungsform liege nicht vor.
  45. Der Grundabschnitt der angegriffenen Ausführungsform sei nicht starr ausgeführt. Das Klagegebrauchsmuster verlange mit diesem Merkmal eine idealisierte steife Ausführung des Grundrahmens, die über einen bloß steifen Grundabschnitt hinaus besondere Anforderungen stelle. Ein solch starrer Grundabschnitt dürfe nicht verformbar sein, wobei letzte Toleranzen im Zuge einer sinnvollen Auslegung hinzunehmen seien.
  46. Im Vergleich zum Grundabschnitt müsse zudem der Verformungsabschnitt eine höhere Elastizität aufweisen. Damit beschreibe das Klagegebrauchsmuster die Elastizität als Materialeigenschaft anhand des Elastizitätsmoduls sowie anhand der Auslenkung, die infolge einer Krafteinwirkung auftritt, im Vergleich zur Auslenkung bei gleicher Krafteinwirkung auf ein anderes Material.
  47. Beides sei bei der angegriffenen Ausführungsform nicht der Fall. Ob der Grundabschnitt steif im Sinne des Klagegebrauchsmusters sei, könne offenbleiben, denn jedenfalls sei der Grundabschnitt bereits mit der Hand und ohne das Aufbringen übermäßiger Kraft ohne weiteres verformbar. Dies lasse sich dadurch erklären, dass der Grundabschnitt aus der Zinklegierung Zamak 5 hergestellt sei, das einen verhältnismäßig geringen Elastizitätsmodul aufweise. Der Verformungsabschnitt bestehe hingegen aus Federstahl mit im Vergleich zu Zamak 5 höherem Elastizitätsmodul.
  48. Das Klagegebrauchsmuster verlange einen umlaufenden Grundrahmen, der im Querschnitt rechteckig ausgebildet sei. Ein Querschnitt sei ein ebener Schnitt eines Körpers auf einer Querachse des Körpers, der senkrecht zur Längsachse stehe. Die Längsachse sei dabei diejenige Achse, die in Längsrichtung zur längsten Ausdehnung eines Körpers verlaufe. Dementsprechend sei die Querachse diejenige Achse, die quer zur Längsachse des Körpers verlaufe. Die Längsachse stehe also im rechten Winkel zur Querachse. Da dieser Querschnitt mit einer im Wesentlichen rechteckigen Form beschrieben sei, handele es sich mit Blick von der Stirnfläche aus um eine rechteckige Fläche. Anspruchsgemäß sei damit nicht gemeint, dass der Grundrahmen als solches eine rechteckige Form aufweise. Die angegriffene Ausführungsform sei im Querschnitt nicht rechteckig ausgebildet, da die Stirnseiten des Halterahmens nicht nach oben hin abschließend ausgebildet seien, sondern eine trapezförmige Vertiefung aufwiesen.
  49. Das Klagegebrauchsmuster verlange weiter, dass der Grundabschnitt zumindest einen Teil des Verformungsabschnitts umschließe. Mit Blick auf den referenzierten Stand der Technik beschreibe das Klagegebrauchsmuster, übereinstimmend mit dem fachmännischen Verständnis, ein Innenliegen eines Körpers innerhalb eines anderen gehäuseartigen Körpers.
  50. Auch diese Anordnung lasse sich bei der angegriffenen Ausführungsform nicht feststellen. Denn bei der angegriffenen Ausführungsform seien die Laschen außerhalb der geometrischen Struktur des Grundabschnitts angeordnet. Die Laschen seien vollständig in den Grundabschnitt eingebettet. Sowohl der Innenbereich des Grundrahmens als auch sein Außenbereich seien ersichtlich frei von Wangenteilen. Die Wangenteile verliefen in Nuten der Seitenteile und seien bündig mit deren Unterkannte und der Außenfläche der Seitenteile angeordnet. Ein bloßes Vorhandensein außerhalb des Grundabschnitts sei, ebenso wie eine Integration in den Grundabschnitt, vom Klagegebrauchsmuster nicht umfasst.
  51. Hilfsweise sei das Verfahren im Hinblick auf das beim Bundespatentgericht anhängige Löschungsverfahren auszusetzen, weil das Klagegebrauchsmuster mit überwiegender Wahrscheinlichkeit im Umfang der geltend gemachten Ansprüche gelöscht werde. Denn das Klagegebrauchsmuster beruhe gegenüber der Stammanmeldung EP 3 XXX 458 nicht auf derselben Erfindung und könne daher den Zeitrang dieser Anmeldung nicht wirksam in Anspruch nehmen. Maßgeblicher Anmeldetag sei damit der 9. Oktober 2020. Zu diesem Zeitpunkt seien die angegriffenen Ausführungsformen im deutschen Markt bereits eingeführt und bekannt gewesen.
  52. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und auf die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
  53. Entscheidungsgründe
  54. Die zulässige Klage ist nicht begründet.
  55. Die Klägerin hat gegen die Beklagten keine Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Rückruf und Vernichtung sowie auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung dem Grunde nach gemäß §§ 24, 24a, 24b Abs. 1 und 3 GebrMG i.V.m. §§ 242, 259 BGB.
  56. I.
    Die Erfindung des Klagegebrauchsmusters betrifft einen Halterahmen (Abs. [0001] des Klagegebrauchsmusters; nachfolgend sind Abschnitte ohne Bezeichnung solche des Klagegebrauchsmusters).
  57. Nach der Beschreibung des Klagegebrauchsmusters in Abschnitt [0002] würden derartige Halterahmen benötigt, um mehrere zueinander gleichartige und/oder auch unterschiedliche Module aufzunehmen. Bei diesen Modulen könne es sich beispielsweise um Isolierkörper handeln, die als Kontaktträger für elektronische und elektrische und möglicherweise auch für optische und/oder pneumatische Kontakte vorgesehen seien. Von besonderer Wichtigkeit sei es, dass der Halterahmen eine vorschriftsmäßige Schutzerdung gemäß der Steckverbinder-Norm EN61984 beispielsweise zum Einfügen des mit Modulen bestückten Halterahmens in metallische Steckverbindergehäuse ermögliche.
  58. Aus dem Stand der Technik seien mehrere Befestigungen von Reihenklemmen oder Anschlussmodulen bekannt. Die DE XXX A1 beziehe sich auf die Befestigung von Reihenklemmen oder Anschlussmodulen aus starrem Isoliermaterial durch Einrasten und Befestigen an ihrem Platz auf einer metallischen Trägerschiene, die unsymmetrisch sein kann und die durch ein U-förmiges Profil mit zwei nach innen vorspringenden Vorsprüngen gebildet sein könne, die in ihrer Höhe gegeneinander und gegenüber dem mittleren Teil des U-förmigen Profils versetzt sein könnten (Abs. [0003]).
  59. Insbesondere offenbare DE XXX A1 eine einrastbare Reihenklemme oder ein Verbindungsmodul für elektrische Leitungen, wobei die Reihenklemme an ihren beiden Endkanten, die parallel zur Längsrichtung einer Trägerschiene verlaufen, zum Zusammenbau derartiger Reihenklemmen mit Nuten versehen sei, die jeweils mit innen liegenden horizontalen Vorsprüngen zusammenwirken, die in der Nähe der freien Enden der beiden Schenkel eines metallischen U-förmigen Trägerprofils vorgesehen seien, wobei die Nuten in jeweils unterschiedlichen Abständen von dem Boden des Profils gegen die Wirkung von zumindest einer quer verlaufenden Blattfeder eingesetzt werden könnten, die zwei Teile aufweise, die in Richtung auf den Boden bzw. gegen den hinteren Schenkel des Profils zusammendrückbar seien und von der ein freies Ende sich in Querrichtung im Inneren einer Nut verschieben könne, die in der Stärke des Metalls des Profils parallel zu dem Boden am Verbindungspunkt dieses Bodens mit einem inneren Teil mit vergrößerter Stärke des vorderen Schenkels dieses Profils ausgebildet sei, dass die Tiefe dieser Nut bezüglich des Abstandes zwischen den inneren Vorsprüngen ausreiche, um die Zusammendrückung des gekrümmten mittleren Teils der querverlaufenden Blattfedern zu ermöglichen, die erforderlich sei, damit die nach innen vorspringenden Vorsprünge in das Innere der Nuten der Endflächen der Reihenklemmen eintreten könnten, und dass der untere Teil der vorderen Endkante der Reihenklemmen eine Abschrägung aufweise, die das Einrasten dieser Reihenklemmen erleichtere und das Einrasten durch einfache Druckausübung auf die Reihenklemmen in Richtung auf den Boden des Profils der Trägerschiene ermögliche (Abs. [0004]).
  60. Ferner sei, so das Klagegebrauchsmuster in Abschnitt [0005] EP 0 XXX 587 A1, ein vielpoliges elektrisches Verbinderelement bestehend aus einem Hohlgehäuse von im wesentlichen parallelepipedischer flacher Form bekannt, das innen wenigstens einen Hohlraum zur Aufnahme eines im wesentlichen parallelepipedischen an den Ecken vorzugsweise abgerundeten Isolierblockes aufweise, wobei der Block oder die Blöcke mit einer Vielzahl von durchgehenden Lagern oder Zellen zum Einsetzen von aus Stiften oder Hülsen bestehenden Kontakten versehen seien, und wobei das Verbinderelement außerdem Mittel zur Verriegelung aufweist, die mit den Verriegelungsorganen eines komplementären Verbinderelementes zusammenwirken, wobei jeder Block aus Isoliermaterial in dem zugeordneten Hohlraum des Gehäuses durch zwei elastische Federbügel festgeklemmt ist, die zwischen dem Block und dem Hohlraum des Gehäuses im Bereich der durch die Längsseiten des Hohlraumes getrennten Endflächen angeordnet seien, dass jeder der Federbügel im Schnitt eine im wesentlichen U-förmige Gestalt habe, wobei der Steg des Federbügels mit Mitteln zum Anhängen an die kürzere Seitenwand des Hohlraumes des Gehäuses und mit elastischen Organen zum Abstützen gegen die kürzere Seitenwand des Isolierblockes versehen sei, und wobei jeder der Schenkel des Federbügels so ausgebildet sei, dass er sich elastisch gegen einen Teil der Höhe der zugeordneten längeren Seitenwand des Blocks anlege, und dass außerdem jeder Schenkel des Federbügels so ausgestaltet sei, dass die freie Stirnfläche sich elastisch gegen einen Anschlag abstütze, der durch eine Hinterschneidung an der zugeordneten längeren Seitenwand des Hohlraumes des Gehäuses gebildet werde.
  61. Ein Verbinder gemäß US 2013/XXX A1 umfasse einen isolierten Körper mit einem Schlitz zum Aufnehmen eines Anschlussmoduls und ein Gehäuse, das den isolierten Körper vollständig umschließe. Ein Arm weise wenigstens zwei Verlängerungen auf, die jeweils an zwei einander gegenüberliegend gebildete Seitenwandungen des isolierten Körpers adaptiert seien, und die jeweils mit einem Vorsprung versehen seien, der an einem distalen Ende der wenigstens zwei Verlängerungen ausgebildet sei. Wenigstens zwei Durchgangslöcher seien ausgestaltet, um in jedem der zwei Seitenwandungen des isolierten Körpers gebildet zu sein, um darin die Vorsprünge aufzunehmen (Abs. [0006]).
  62. Die US 4,XXX,209 offenbare eine Halteschiene mit beabstandeten Leisten, die jeweils mehrere Clips halten, wobei die Clips paarweise an jeweils einer Station vorgesehen seien. An einer oder mehreren dieser Stationen könne eine Steckereinheit angebracht werden, wobei eine elektrische Komponente, wie beispielsweise ein Relais, in die Steckereinheit gesteckt werden könne, so dass die Komponente und die Steckereinheit durch einen Eingriff der Clips miteinander gehalten würden (Abs. [0007]).
  63. Die US 5,XXX,133 offenbare eine elektrische faseroptische Verbinderanordnung mit einer dielektrischen Ummantelung mit einer Aufnahme zum Aufnehmen eines Steckers in einer Position zum Einstecken mit einer komplementären Verbindervorrichtung. Eine Metallverriegelung sei an der dielektrischen Ummantelung befestigt und könne mit einer komplementären Verriegelung an dem Stecker in Eingriff gebracht werden, um den Stecker in der Aufnahme automatisch in Reaktion auf das Positionieren des Steckers darin in einer Verbindungsrichtung einzurasten. Ein Überlastungsschutz liege über dem Metallriegel in einer beabstandeten Beziehung um sicherzustellen, dass sich der Metallriegel nur in einem begrenzten Ausmaß in den Eingriff mit dem komplementären Riegel und aus diesem heraus bewege, um so eine Überlastung des Metallriegels zu verhindern. Ein Rippen- und Schlitzeingriff sei zwischen dem Stecker und der Ummantelung vorgesehen, um eine Drehung des Verbinders um eine Achse senkrecht zu der Eingriffsrichtung des Steckers zu verhindern, um einen weiteren Überlastungsschutz für die Metallverriegelung bereitzustellen (Abs. [0008]).
  64. Weiter offenbare die DE 298 XXX 500 U1 einen modularen Steckverbinder mit einem Tragrahmen, der längslaufende Rahmenleisten aufweist und mehrere Module enthält, welche jeweils an einer ersten Längskante der Rahmenleisten abgestützt seien, wobei selbständige Verriegelungselemente vorgesehen seien, die rastend oder klemmend an den Modulen montierbar seien und diese an einer zu der ersten Längskante entgegengesetzten zweiten Längskante blockierten (Abs. [0009]).
  65. Zum Stand der Technik führt das Klagegebrauchsmuster in Abschnitt [0010] ferner an, aus der Druckschrift EP 0 XXX 906 B1 sei ein Halterahmen zur Halterung von Steckverbindermodulen und zum Einbau in Steckverbindergehäuse bzw. zum Anschrauben an Wandflächen bekannt, wobei die Steckverbindermodule in den Halterahmen eingesetzt seien und Halterungsmittel an den Steckverbindermodulen mit an gegenüberliegenden Wandteilen (Seitenteilen) des Halterahmens vorgesehenen Ausnehmungen zusammenwirken, wobei die Ausnehmungen als allseitig geschlossene Öffnungen in den Seitenteilen des Halterahmens ausgebildet seien, wobei der Halterahmen aus zwei gelenkig miteinander verbundenen Hälften bestehe, wobei die Trennung des Halterahmens quer zu den Seitenteilen des Rahmens vorgesehen sei, und wobei Gelenke in den Befestigungsenden des Halterahmens derart angeordnet seien, dass beim Aufschrauben des Halterahmens auf eine Befestigungsfläche sich die Rahmenteile derart ausrichteten, dass die Seitenteile des Halterahmens rechtwinklig zur Befestigungsfläche ausgerichtet seien und die Steckverbindermodule über die Halterungsmittel eine formschlüssige Verbindung mit dem Halterahmen aufweisen. In der Praxis seien solche Halterahmen üblicherweise in einem Druckgussverfahren, insbesondere in einem Zinkdruckgussverfahren gefertigt.
  66. Die Druckschrift EP 2 XXX 991 A1 offenbare einen Halterahmen für Steckverbindermodule, der zwei Rahmenhälften aufweise, die durch Linearverschieben der einen Rahmenhälfte relativ zur anderen Rahmenhälfte in eine Schieberichtung miteinander verrastbar seien, wobei an den Rahmenhälften jeweils zueinander korrespondierende Rastmittel vorgesehen seien, die beim Linearverschieben ein Verrasten der beiden Rahmenhälften miteinander in zwei verschiedene Raststellungen bewirkten, in denen die Rahmenhälften in verschiedenem Abstand zueinander beabstandet seien (Abs. [0XXX]).
  67. Es habe sich in der Praxis jedoch gezeigt, so das Klagegebrauchsmuster in Abschnitt [0012], dass solche Halterahmen bei der Montage eine aufwändige Bedienung erfordern. Beispielsweise müssten solche Halterahmen aus dem Steckverbinder herausgeschraubt und/oder entrastet werden, sobald auch nur ein einziges Modul ausgetauscht werden soll. Dabei fielen möglicherweise auch die anderen Module, deren Entnahme gar nicht erwünscht war, aus dem Halterahmen heraus und müssen dann vor dem Zusammenschrauben und/oder vor dem Verrasten der Rahmenhälften wieder eingefügt werden. Schließlich müssten sich bereits vor dem Zusammenfügen der Rahmenhälften alle Module gleichzeitig in der für sie vorgesehenen Position befinden, um beim Zusammenfügen der Rahmenhälften endgültig im Halterahmen fixiert zu werden, was die Montage erschwere.
  68. Die Druckschrift EP 1 801 XXX 81 offenbare einen Halterahmen, der aus einem einteiligen Kunststoffspritzteil bestehe. Der Halterahmen ist als umlaufender Kragen ausgebildet und weise an seiner Steckseite mehrere durch Schlitze getrennte Wandsegmente auf. Jeweils zwei gegenüber liegende Wandsegmente bildeten einen Einfügebereich für ein Steckermodul, wobei die Wandsegmente fensterartige Öffnungen aufweisen, die zur Aufnahme von an den Schmalseiten der Module angeformten Vorsprüngen dienten. Weiterhin sei in den Wandsegmenten jeweils eine Führungsnut vorgesehen. Die Führungsnut sei oberhalb der Öffnungen mittels eines nach außen versetzten Fenstersteges gebildet, der auf der Innenseite eine Einführungsschräge aufweise. Zusätzlich wiesen die Steckmodule Rastarme auf, die an den Schmalseiten in Richtung der Kabelanschlüsse wirkend, angeformt seien, und unterhalb der seitlichen Kragenwand verrasten, so dass zwei unabhängige Rastmittel die Steckverbindermodule im Halterahmen fixieren (Abs. [0013]).
  69. Nachteilig bei diesem Stand der Technik sei, so das Klagegebrauchsmuster in Abschnitt [0014], zum einen, dass es sich um einen aus Kunststoff gebildeten Halterahmen handele, der gattungsgemäß nicht zur Schutzerdung und damit nicht für den Einbau in metallische Steckverbindergehäuse geeignet sei. Die Verwendung metallischer Steckverbindergehäuse setze eine solche Schutzerdung jedoch voraus und sei sowohl wegen ihrer mechanischen Robustheit, ihrer Temperaturbeständigkeit und wegen ihrer elektrisch schirmenden Eigenschaften in vielen Fällen notwendig und daher vom Kunden erwünscht. Weiterhin habe sich gezeigt, dass die Herstellung der vorgenannten Kunststoffhalterahmen im Spritzgussverfahren zumindest schwierig und nur mit hohem Aufwand zu realisieren sei. Letztlich sei auch die Hitzebeständigkeit eines solchen Kunststoffhalterahmens für spezielle Anwendungen, beispielsweise in der Nähe eines Hochofens, nicht immer ausreichend. Schließlich würden das Kunststoffmaterial und die Form, insbesondere die Stärke des Halterahmens, an den relevanten Stellen primär von den Anforderungen an die Biegsamkeit bestimmt und nicht von denen der Temperaturbeständigkeit.
  70. Abschließend führt das Klagegebrauchsmuster in Abschnitt [0015] als weiteren Stand der Technik die Druckschriften US-A-4,XXX,209, US-A- 5,XXX, 133, sowie DE 27 XXX 079, EP 0 XXX 587 und US 2013/XXX auf.
  71. Vor dem Hintergrund des dargestellten Technikstands macht es sich das Klagegebrauchsmuster zur Aufgabe (technisches Problem), eine Bauform für einen Halterahmen anzugeben, der einerseits eine gute Hitzebeständigkeit und eine hohe mechanische Robustheit aufweist und insbesondere auch beim Einbau in ein metallisches Steckverbindergehäuse eine entsprechende Schutzerdung, insbesondere eine PE („Protection Earth“), ermöglicht und der andererseits auch eine komfortable Bedienbarkeit, insbesondere beim Auswechseln einzelner Module, gewährleistet.
  72. Hierfür sieht das Klagegebrauchsmuster einen Halterahmen mit den Merkmalen des Anspruchs 1 vor wie folgt:
  73. 1. Halterahmen für einen Steckverbinder, nämlich einen schweren Industriesteckverbinder; zur Aufnahme gleichartiger und/oder verschiedener Module (3, 3‘),
    2. mit einem Grundabschnitt (1)
    2.1 zur Fixierung eines aufgenommenen Moduls (3, 3‘),
    2.2 bei dem Grundabschnitt handelt es sich um einen umlaufenden Grundrahmen,
    2.3 der im Querschnitt rechteckig ausgebildet ist und zwei einander parallel gegenüberliegende Stirnflächen und rechtwinklig dazu zwei parallel gegenüberliegende Seitenteile, wobei die Stirnflächen kürzer sind als die beiden Seitenteile besitzt, und wobei
    2.4 der Grundabschnitt (1) wenigstens teilweise im Druckguss hergestellt ist, nämlich aus einem Metall wie z.B. Zink, oder einer Metalllegierung, vorzugsweise einer Zinklegierung oder Aluminiumlegierung;
    3. mit einem Verformungsabschnitt (2, 2‘)
    3.1 der Verformungsabschnitt kann einen Einführzustand und einen Haltezustand annehmen
    3.1.1 wobei der Einführzustand ein Einführen wenigstens eines Moduls (3, 3‘) in einer Richtung quer zur Ebene in den Halterahmen erlaubt und
    3.1.2 ein aufgenommenes Modul (3, 3‘) im Haltezustand fixiert ist;
    3.2 der Verformungsabschnitt (2, 2‘) ist als wenigstens ein Wangenteil am Grundrahmen ausgeführt;
    3.3 der Verformungsabschnitt (2, 2‘) ist für eine elastische Verformung zwischen Einführzustand und Haltezustand ausgestaltet;
    3.4 der Verformungsabschnitt (2, 2‘) weist federelastisches Blech auf oder besteht daraus, und die federelastischen Eigenschaften des Verformungsabschnitts (2, 2‘)gestatten es, Module (3, 3‘) einzeln einzufügen oder zu entnehmen;
    3.5 der Verformungsabschnitt ist wenigstens teilweise mit einer Stanzbiegetechnik hergestellt;
    4. der Grundrahmen weist eine geringere Elastizität und damit eine größere Steifigkeit auf als der Verformungsabschnitt;
    5. der Grundabschnitt (1) ist starr ausgeführt ist, und
    6. der Grundabschnitt (1) und der Verformungsabschnitt (2, 2‘)
    6.1 sind wenigstens teilweise aus unterschiedlichen Werkstoffen gebildet
    6.2 und weisen verschiedene Materialeigenschaften, nämlich verschiedene Elastizitätsmodule auf;
    7. die im Vergleich zum Grundabschnitt höhere Elastizität des Verformungsabschnitts (2, 2‘) wird durch die höhere Elastizität des jeweils verwendeten Materials und durch die geometrische Formgebung des Grundabschnitts (1) und des Verformungsabschnitts (2, 2‘) erreicht;
    8.
    der Grundabschnitt (1) umschließt zumindest einen Teil (4, 4‘) des Verformungsabschnitts (2, 2‘) wenigstens teilweise und wenigstens ein Teil des Verformungsabscnitts (2, 2‘) ist außen am Grundabschnitt angeordnet;
    9. der Halterahmen ist mehrteilig ausgeführt und der Grundabschnitt (1) und der Verformungsabschnitt (2, 2‘) sind formschlüssig miteinander verbunden und verrastet;
    10. der Halterahmen weist einen Schutzerdungskontakt (33‘) weist oder ist damit bestückt.
  74. II.
    Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht jedenfalls nicht Merkmal 7.
  75. 1.
    Nach § 12a GebrMG wird der Schutzbereich eines Gebrauchsmusters durch den Inhalt der Schutzansprüche bestimmt, wobei die Beschreibung und die Zeichnungen zur Auslegung der Schutzansprüche heranzuziehen sind. Die Auslegung ist nach den gleichen Grundsätzen vorzunehmen wie bei einem Patent (BGH, GRUR 2007, 1059 – Zerfallszeitmessgerät); so entspricht § 12a GebrMG inhaltlich den für Patente einschlägigen Regelungen in § 14 S. 1 PatG bzw. Art. 69 Abs. 1 S. 1 EPÜ. Maßgebend ist der Offenbarungsgehalt der Ansprüche und ergänzend – im Sinne einer Auslegungshilfe – der Offenbarungsgehalt der Patentschrift bzw. Gebrauchsmusterschrift, soweit dieser Niederschlag in den Ansprüchen gefunden hat (BGH, GRUR 1999, 909, 911 – Spannschraube; GRUR 2004, 1023, 1024 – Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung). Hierbei ist nicht am Wortlaut zu haften, sondern auf den technischen Gesamtzusammenhang abzustellen, den der Inhalt der Gebrauchsmusterschrift dem Fachmann vermittelt.
  76. Ausgehend von diesem Maßstab gilt Folgendes:
  77. a)
    Das Klagegebrauchsmuster verlangt in Merkmal 4 eine im Vergleich zum Verformungsabschnitt geringere Elastizität des Grundrahmens. Der Grundabschnitt ist weniger elastisch und damit weniger verformbar als der Verformungsabschnitt.
  78. Die im Vergleich zum Grundabschnitt höhere Elastizität des Verformungsabschnitts wird gemäß Merkmal 7 durch die „höhere Elastizität des jeweils verwendeten Materials“ und die geometrische Formgebung erreicht. Dabei beschreibt das Klagegebrauchsmuster mit dem Begriff der Elastizität des verwendeten Materials die physikalische Eigenschaft des Werkstoffs, seine Form durch äußere Einwirkung zu ändern; ein Werkstoff höherer Elastizität ist mithin stärker verformbar als ein Werkstoff mit geringerer Elastizität. Damit einher geht bei einem elastischen Werkstoff ein geringerer Elastizitätsmodul und bei einem weniger elastischen Werkstoff ein entsprechend höherer Elastizitätsmodul.
  79. b)
    Ein Verständnis dahingehend, dass die Wendung „höhere Elastizität des jeweils verwendeten Materials“ im Merkmal 7 einen höheren Elastizitätsmodul meint, mithin das Merkmal 7 einen höheren Elastizitätsmodul und damit eine geringere Elastizität des Materials für den Verformungsabschnitt vorgibt, ist bei philologischer Betrachtung ausgeschlossen. Der bloße Wortlaut ist für sich genommen eindeutig; der Begriff „höhere Elastizität“ beschreibt eine physikalische Eigenschaft, die einem höheren Elastizitätsmodul genau entgegengesetzt ist und kann aufgrund dieser entgegengesetzten Bedeutung grundsätzlich nicht als höheres Elastizitätsmodul verstanden werden. Die vom Bundesgerichtshof in der Entscheidung „Rotorelemente“ aufgestellten Grundsätze, wonach ein für sich genommen eindeutiger Wortlaut unter bestimmten Voraussetzungen nicht ausschlaggebend ist und zwei im Patentanspruch verwendete Begriffe gegeneinander auszutauschen sind (BGH, Urt. v. 12.05.2015, X ZR 43/13 – Rotorelemente) führen zu keinem anderen Verständnis vom Begriff der höheren Elastizität des verwendeten Materials. Denn auch die weitere Auslegung des Anspruchs unter Heranziehung der Beschreibung (dazu nachfolgend) ergibt nicht, dass die höhere Elastizität als höherer Elastizitätsmodul zu verstehen ist.
  80. c)
    Die Systematik des Merkmals 7 führt nicht zu einer Auslegung, nach der die höhere Elastizität des jeweils verwendeten Materials als höheres Elastizitätsmodul zu verstehen ist.
  81. aa)
    Das Merkmal 7 betrifft die (höhere) Elastizität des Verformungsabschnitts und wie sie erzielt werden soll. Es nennt dafür zwei Mittel, nämlich die höhere Elastizität des verwendeten Materials und die geometrische Formgebung des Grundabschnitts und des Verformungsabschnitts. Beide Mittel müssen zwingend gegeben sein, das heißt das „und“ in Merkmal 7 ist kumulativ und nicht alternativ im Sinne eines „und/oder“ zu verstehen. Für eine Auslegung als alternatives „und/oder“ bietet weder der Schutzanspruch, noch die Beschreibung des Klagegebrauchsmusters (dazu siehe unten) einen Anhaltspunkt. Zwar findet sich in der Beschreibung der Hinweis, dass die „Elastizität bzw. Steifigkeit (…) einerseits (…) durch das jeweils verwendete Material erreicht werden [kann] und/oder es kann andererseits auch durch die geometrische Formgebung dieser Bereiche (…) erreicht werden“ (Abs. [0035]; Hervorhebung seitens der Kammer). Die Wendung „und/oder“ hat in dieser Form jedoch gerade keinen Eingang in den Anspruch gefunden.
  82. Ein solches Verständnis würde zudem dazu führen, dass es auf die Elastizität des verwendeten Materials gar nicht mehr ankäme: Ist das für den Verformungsabschnitt verwendete Material elastischer als das des Grundabschnitts, darf die Formgebung der Abschnitte lediglich nicht dazu führen, dass der Verformungsabschnitt als solcher trotzdem eine geringere Elastizität als der Grundabschnitt aufweist; ist das Material des Verformungsabschnitts weniger elastisch, muss über die Formgebung der beiden Abschnitte die mangelnde Elastizität des Materials ausgeglichen werden, um die höhere Elastizität des Verformungsabschnitts zu erzielen. Letztlich käme es also nur darauf an, mittels der Formgebung der beiden Abschnitte eine höhere Elastizität des Verformungsabschnitts zu erzielen. Wird das „und“ in Merkmal 7 hingegen kumulativ verstanden, erhält die Anforderung an die Elastizität des verwendeten Materials eine eigene Bedeutung, weil sowohl das für den Verformungsabschnitt verwendete Material elastischer sein muss als das des Grundabschnitts, als auch die Formgebung der Abschnitte insgesamt für eine höhere Elastizität des Verformungsabschnitts sorgen muss, mithin die unterschiedliche Elastizität der Materialien nicht in ihr Gegenteil verkehrt.
  83. bb)
    Die Klägerin hat erstmals in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht, die Wendung „die höhere Elastizität des jeweils verwendeten Materials“ im Merkmal 7 beziehe sich wahlweise auf den Grundabschnitt oder auf den Verformungsabschnitt, da beide Abschnitte am Ende des Merkmals genannt seien. Auch dieser Auffassung vermag sich die Kammer nicht anzuschließen. Die Wendung „höhere Elastizität“ setzt die Materialeigenschaft eines Abschnitts zu der des anderen in Bezug. Dies führt bei unbefangener Betrachtung zu dem Verständnis, dass sich die Eigenschaft der höheren Elastizität auf das Material eines bestimmten Abschnitts bezieht, in diesem Fall auf das des Verformungsabschnitts, weil es um dessen höhere Elastizität im Vergleich zum Grundabschnitt geht. Genau so sind die Elastizitätsbeziehungen der beiden Abschnitte in der allgemeinen Beschreibung des Klagegebrauchsmusters angegeben (Abs. [0022]) Ein anderes Verständnis des Merkmals stände nicht nur dazu in Widerspruch, sondern wirkte auch in sich widersprüchlich, weil eine höhere Elastizität des Verformungsabschnitts durch eine höhere Elastizität des Materials des Grundabschnitts erzielt werden soll. Da Grund- und Verformungsabschnitt hingegen durch den Begriff „geometrische Formgebung“ – anders als durch die Wendung „höhere Elastizität“ – noch nicht in Beziehung zueinander gesetzt werden, ist die Nennung von Grund- und Verformungsabschnitt am Ende des Merkmals 7 notwendig, aber allein auf die geometrische Formgebung bezogen.
  84. d)
    Für diese Auslegung, nach der das für den Verformungsabschnitt verwendete Material eine höhere Elastizität, mithin einen geringere Elastizitätsmodul aufweisen muss als das Material des Grundabschnitts, spricht auch die Beschreibung des Klagegebrauchsmusters. Sie geht in ihrem allgemeinen Teil davon aus, dass das Material des Verformungsabschnitts eine höhere Elastizität hat als das des Grundabschnitts. Ihr lässt sich nicht entnehmen, dass die Wendung „höhere Elastizität des jeweils verwendeten Materials“ als „höheres Elastizitätsmodul“ zu verstehen ist.
  85. aa)
    Es trifft zu, dass der Begriff „elastisch“ im Allgemeinen eine physikalische Eigenschaft eines Körpers beschreibt, die nicht nur vom verwendeten Material, sondern auch von seiner Form abhängt, während der Begriff des „Elastizitätsmoduls“ eine Materialeigenschaft unabhängig von der konkreten Formgebung beschreibt. Grundsätzlich verwendet die Beschreibung des Klagegebrauchsmusters den Elastizitätsmodul auch in diesem Sinne. So heißt es zu dem Material des Verformungsabschnitts, dass es „entsprechend seinem Spannungs-/Dehnungs-Diagramm elastischer ist, also ein kleineres Elastizitätsmodul aufweist, als dasjenige Material, aus dem der Grundabschnitt (…) gebildet ist“ (Abs. [0022]). Das Elastizitätsmodul wird im Klagegebrauchsmuster dahingehend definiert, dass sein „Betrag (…) umso größer [ist], je mehr Widerstand ein Material seiner elastischen Verformung entgegensetzt“ (Abs. [0023]), also je geringer seine Elastizität ist.
  86. bb)
    Die Unterscheidung der Begriffe „elastisch“ und „Elastizitätsmodul“ werden im Klagegebrauchsmuster jedoch nicht konsequent zur Unterscheidung der physikalischen Eigenschaften eines Körpers – Verformungs- und Grundabschnitt – einerseits und des verwendeten Materials andererseits verwendet. Dies zeigt bereits die zitierte Textstelle, wonach das Material „elastischer“ ist, also ein „kleineres Elastizitätsmodul“ aufweist. Zugleich wird deutlich, dass das Klagegebrauchsmuster den Zusammenhang von höherer Elastizität und geringerem Elastizitätsmodul kennt, eine höhere Elastizität des verwendeten Materials wie in Merkmal 7 also gerade nicht als höherer Elastizitätsmodul verstanden werden kann. Diese Zusammenhänge finden sich auch an anderer Stelle (Abs. [0034]: größerer elastischer Bereich des Materials; vgl. auch Abs. [0075]: Elastizitätsmodul des ersten Werkstoffs größer als das Elastizitätsmodul des zweiten Werkstoffs).
  87. cc)
    Es kommt hinzu, dass immer dann, wenn das Klagegebrauchsmuster zur Elastizität des Materials ausführt, das Material des Verformungsabschnitts elastischer ist als das des Grundabschnitts bzw. einen höheren Elastizitätsmodul aufweist (Abs. [0022], [0034] und [0075]). Es gibt kein Ausführungsbeispiel und keine Textstelle, in der es ausdrücklich heißt, dass das für den Verformungsabschnitt verwendete Material weniger elastisch ist als das des Grundabschnitts. Dies bedeutet nicht zwingend, dass der Offenbarungsgehalt des Klagegebrauchsmusters solche Ausführungsformen nicht umfasst. Allerdings sind sie nicht Gegenstand des Schutzanspruchs 1, der für den Verformungsabschnitt ausdrücklich ein Material verlangt, das elastischer ist als das des Grundabschnitts, und diese Materialeigenschaft nicht als Option neben einer Formgebung ansieht, mit der ebenfalls eine höhere Elastizität des Verformungsabschnitts erzielt werden könnte. Das in der Beschreibung des Klagegebrauchsmusters verwendete „und/oder“ (Abs. [0074]) hat in den Schutzanspruch gerade keinen Eingang gefunden.
  88. dd)
    Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den allgemeinen Ausführungen am Ende der Beschreibung des Klagegebrauchsmusters. Dort heißt es, dass die Erfindung nicht auf das dargestellte Ausführungsbeispiel beschränkt sei, sondern weitere Ausführungen umfasse, die dadurch gekennzeichnet seien, dass der Halterahmen aus zwei Teilen bestehe, von denen der erste der Grundrahmen und der zweite das Wangenteil sein könne, wobei der Werkstoff des ersten Teils ein höheres Elastizitätsmodul als der des zweiten aufweisen könne (Abs. [0074 ff.]). Die weitere Beschreibung zählt dann noch weitere Eigenschaften und Merkmale erfindungsgemäßer Halterahmen auf. Damit gibt die zitierte Textstelle jedoch lediglich die Eigenschaften wieder, die eine erfindungsgemäße Ausführung zwingend aufweisen muss. In weiten Teilen finden sie sich so auch im Schutzanspruch wieder – insbesondere die Forderung, dass das für den Verformungsabschnitt verwendete Material elastischer ist als das des Grundabschnitts. Die Abgrenzung gegenüber dem im Klagegebrauchsmuster beschriebenen Ausführungsbeispiel (vgl. Abs. [0051] ff.) erfolgt über die weiteren Merkmale und Eigenschaften, die das Ausführungsbeispiel ausmachen, aber im Schutzanspruch oder den Absätzen [0074] ff. keinen Eingang gefunden haben. Jedenfalls kann aus dem Umstand, dass am Ende der Beschreibung für das Material des Grundabschnitts ein größerer Elastizitätsmodul als für das des Verformungsabschnitts beschrieben wird, nicht gefolgert werden, dass die Lehre des Schutzanspruchs zwingend Ausführungsformen umfassen müsse, für deren Verformungsabschnitt ein Material mit geringerer Elastizität verwendet wird. Dies geben weder der Wortlaut des Anspruchs, noch seine Systematik, noch die Beschreibung des Klagegebrauchsmusters her. Die Beschreibung des Ausführungsbeispiels enthält gar keine ausdrücklichen Ausführungen zur Elastizität bzw. zum Elastizitätsmodul der verwendeten Materialien.
  89. ee)
    Schließlich stehen auch die im Schutzanspruch oder in der Beschreibung des Klagegebrauchsmusters genannten Materialien für den Grundabschnitt und den Verformungsabschnitt nicht einer Auslegung entgegen, wonach der Elastizitätsmodul des Materials des Verformungsabschnitts geringer ist als der des Materials für den Grundabschnitt. Die Klägerin trägt insofern vor, der Schutzanspruch schlage als Material für den Grundabschnitt Zink, ein Zinklegierung oder eine Aluminiumlegierung vor, während der Verformungsabschnitt ein federelastisches Blech aufweise. In der Beschreibung des Klagegebrauchsmusters werde allein Stahlblech als Material für das Federblech vorgeschlagen, Stahl habe aber einen höheren Elastizitätsmodul als Zink mit der Folge, dass das Material des Grundabschnitts elastischer sei als das des Verformungsabschnitts.
  90. Allerdings verlangt der Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters für den Verformungsabschnitt kein bestimmtes Material, noch weniger wird eine konkrete Materialkombination für Grund- und Verformungsabschnitt bestimmt. Daher kann gerade nicht geschlossen werden, dass der Verformungsabschnitt aus einem Material gebildet werde, das weniger elastisch sei als das des Grundabschnitts. Selbst wenn es mit der Bronzelegierung nur ein federelastisches Material geben sollte, das ein geringeres Elastizitätsmodul hat als der Zinkdruckguss, bleibt festzuhalten, dass der Schutzanspruch auch nur verlangt, dass der Grundabschnitt teilweise aus Druckguss hergestellt ist und insofern nur beispielsweise aus Zink. Letztlich bleibt allein Merkmal 7 maßgebend, wonach das verwendet Material des Verformungsabschnitts elastischer sein soll als das des Grundabschnitts.
  91. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Beschreibung des Klagegebrauchsmusters, soweit dort konkrete Materialien für den Grund- oder Verformungsabschnitt vorgeschlagen werden. Immer handelt es sich um beispielhafte Nennungen. An keiner Stelle wird eine konkrete Materialkombination für Grund- und Verformungsabschnitt beschrieben. In der allgemeinen Beschreibung werden neben einer Zinklegierung auch eine Aluminium- und eine Kupferlegierung genannt und das nur beispielhaft; und der Verformungsabschnitt „kann aus einem federelastischen Material“ bestehen, und zwar „beispielsweise aus einem federelastischen Stahlblech“ (Abs. [0035]). Ähnliches gilt für das Ausführungsbeispiel, in dem der Grundrahmen in einem Druckgussverfahren, insbesondere einem Zinkdruckgussverfahren hergestellt sein kann,“ während der Verformungsabschnitt „beispielsweise aus federelastischem Stahlblech bestehen“ kann (Abs. [0065], Hervorhebungen seitens der Kammer).
  92. Selbst wenn man die Beschreibung des Ausführungsbeispiels als verbindlichen Vorschlag einer Materialkombination verstehen wollte, hat sie jedenfalls in dieser Form keinen Eingang in den Schutzanspruch gefunden. Aus diesen Gründen scheiden auch alle weiteren Beschreibungsstellen des Klagegebrauchsmusters, in denen konkrete Materialien für den Verformungs- und den Grundabschnitt genannt werden, als Begründung für eine andere Auslegung aus. Dies gilt nicht zuletzt auch für den Zusammenhang eines höheren Widerstandsmoments im Bereich der höchsten Biegebeanspruchung (vgl. Abs. [0033]), da sowohl unklar bleibt, ob mit dem Bereich der Verformungs- oder der Grundabschnitt gemeint ist, als auch jeglicher Zusammenhang zu konkreten Materialen fehlt. Dass das Material des Verformungsabschnitts elastischer sein soll als das des Grundabschnitts, mithin einen geringeren Elastizitätsmodul aufweisen muss, gibt letztlich Merkmal 7 verbindlich vor und wird so auch in der allgemeinen Beschreibung der Erfindung (Abs. [0022]) und in der Zusammenfassung der Erfindung am Ende der Gebrauchsmusterschrift wiederholt (Abs. [0074] und [0075]).
  93. 2.
    Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht nicht das Merkmal 7.
  94. Der Grundabschnitt der angegriffenen Ausführungsform ist aus der Zinklegierung Zamak 5 gebildet. Die Laschen des Verformungsabschnitts sind indes aus Federstahl SUS301 ¾ Härte gebildet. Dabei beträgt das Elastizitätsmodul von Zamak 5 ausweislich des als Anlage CBH 5 vorgelegten Datenblattes 85 Giga Pascal (GPa) und von Federstahl ausweislich des als Anlage CBH 6 vorgelegten Datenblattes 193 GPa. Damit ist der Verformungsabschnitt der angegriffenen Ausführungsform aus einem Material mit deutlich höherem Elastizitätsmodul gefertigt als der Grundabschnitt. Das Material des Verformungsabschnitts weist damit keine höhere Elastizität auf als das des Grundabschnitts im Sinne von Merkmal 7.
  95. Der Einwand der Klägerin, wonach die höhere Elastizität des Verformungsabschnitts bei der angegriffenen Ausführungsform maßgeblich von der geringen Materialdicke und der geometrischen Formgebung bestimmt wird, was im Ergebnis zu einer Biegsamkeit der Laschen führe, greift nicht durch. Denn Merkmal 7 verlangt nach zutreffender Auslegung, dass auch der Elastizitätsmodul des Verformungsabschnitts geringer ist als der des Grundmoduls. Insoweit besteht zwischen Materialdicke, geometrischer Formgebung und Elastizitätsmodul nach dem hier maßgeblichen Verständnis keine Wechselwirkung dahingehend, dass ein höherer Elastizitätsmodul durch eine geringere Materialdicke bzw. die geometrische Formgebung ausgeglichen werden kann.
  96. III.
    Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
  97. IV.
    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 und S. 2 ZPO.
  98. V.
    Der Streitwert wird gemäß § 51 Abs. 1 GKG auf 500.000,00 Euro festgesetzt.

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