Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3195
Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 27. Januar 2022, I-2 U 5/21
Vorinstanz: Az. 4c O 45/18
- A.
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 18. Juli 2019 verkündete Urteil des Landgerichts Düsseldorf (Az.: 4c O 45/18) abgeändert und wie folgt neu gefasst: - I. Die Beklagten werden verurteilt
- 1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlungen bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an dem jeweiligen Geschäftsführer zu vollstrecken ist, zu unterlassen,
- Rührgefäße für eine elektromotorisch betriebene Küchenmaschine
- in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
- wobei das Rührgefäß in seinem Bodenbereich aufheizbar ist mittels eines scheibenförmigen Widerstands-Heizelements, wobei weiter das Rührgefäß einen bodenseitigen Dom zur Halterung eines Rührwerks besitzt, dadurch gekennzeichnet, dass das Widerstands-Heizelement in Form einer Dickschichtheizung in Zusammenwirkung mit dem Dom sowie einem sich unterhalb des Heizelements erstreckenden Boden des Rührgefäßes einen zur Aufnahme von Kontakten abgeschlossenen, wasserdichten Ringraum begrenzt, und dass das scheibenartige Heizelement eine radial innere Verschweißung (Schweißnaht S‘) mit der Außenwandung des Doms, genauer gesagt entlang der Randkante der zentralen Domkuppel-Öffnung, aufweist, wobei das Heizelement diese Stirnfläche der Domkuppel-Öffnung radial nach innen überragt und hier eine gegenüber der zentralen Domkuppel-Öffnung durchmesserverringerte Aufnahmeöffnung für das Rührwerk besitzt;
- 2. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagten die zu Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 6. Juni 2013 begangen haben, und zwar unter Angabe
- a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
- b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
- c) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden,
- wobei zum Nachweis der Angaben entsprechende Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
- 3. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 6. Februar 2003 begangen haben, und zwar unter Angabe
- a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen, sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
- b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen, sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
- c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internet-Werbung der Domain, der Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume,
- wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht-gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
- 4. die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder in ihrem Eigentum befindlichen, unter I.1. bezeichneten Erzeugnisse an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten – Kosten herauszugeben;
- 5. die unter I.1. bezeichneten Erzeugnisse gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf den gerichtlich (Urteil des…. vom …. Aktenzeichen….) festgestellten patentverletzenden Zustand der Sache und mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen und die Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen.
- II. Es wird festgestellt, dass
- 1. die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin für die zu Ziffer I.1. bezeichneten, in der Zeit vom 16. Februar 2003 bis zum 5. Juli 2013 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;
- 2. die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu Ziffer I.1. bezeichneten und seit dem 6. Juli 2013 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
- B.
Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz tragen die Beklagten zu je 1/4. - C.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. - Die Beklagten dürfen die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.500.000,- € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
- D.
Die Revision wird nicht zugelassen. - E.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 2.500.000,- € festgesetzt, wovon auf jede Beklagte 625.000,- € entfallen.G r ü n d e : - I.
- Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen Verletzung des deutschen Patents DE 102 2 XXA (nachfolgend: Klagepatent), dessen eingetragene Inhaberin sie ist, auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung, Vernichtung, Rückruf sowie auf Feststellung der Schadenersatz- und Entschädigungspflicht dem Grunde nach in Anspruch.
- Das Klagepatent wurde am 16. Juni 2002 unter Inanspruchnahme der Priorität der
DE 201 2 XXB vom 29. Juni 2001 angemeldet. Die Offenlegung der Patentanmeldung erfolgte am 16. Januar 2003. Der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents wurde am 6. Juni 2013 veröffentlicht. Das Klagepatent steht teilweise in Kraft. Aufgrund einer durch die Beklagte zu 4. mit Schriftsatz vom 29. Oktober 2018 erhobenen Nichtigkeitsklage (vgl. Anlage LiV 1 bzw. CBH 1) wurde das Klagepatent durch das Bundespatentgericht mit Urteil vom 12. Juli 2021 teilweise für nichtig erklärt. Hinsichtlich des vollständigen Inhalts dieser Entscheidung wird auf die Anlage CHB 15 Bezug genommen. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes über die durch die Beklagte zu 4. eingelegte Berufung (vgl. Anlagen CBH 16 und CBH 21) steht noch aus. - Das Klagepatent trägt die Bezeichnung „Rührgefäß für eine elektromotorisch betriebene Küchenmaschine“. Sein Patentanspruch 1 ist in der durch das Bundespatentgericht aufrechterhaltenen und nunmehr allein streitgegenständlichen Fassung wie folgt gefasst:
- „Rührgefäß (7) für eine elektromotorisch betriebene Küchenmaschine (1), wobei das Rührgefäß (7) in seinem Bodenbereich aufheizbar ist mittels eines scheibenförmigen Widerstands-Heizelementes (10), wobei weiter das Rührgefäß (7) einen bodenseitigen Dom (13) zur Halterung eines Rührwerks (7) besitzt, dadurch gekennzeichnet, dass das Widerstands-Heizelement (10) in Form einer Dickschichtheizung in Zusammenwirkung mit dem Dom (13) sowie einem sich unterhalb des Heizelementes (10) erstreckenden Boden (12) des Rührgefäßes (7) einen zur Aufnahme von Kontakten abgeschlossenen Ringraum (16) begrenzt und dass das scheibenartige Heizelement (10) eine radial innere Verschweißung (Schweißnaht S‘) mit der Außenwandung des Doms (13) bzw. entlang der Randkante der zentralen Domkuppel-Öffnung (15) aufweist, wobei das Heizelement (10) diese Stirnfläche der Domkuppelöffnung (15) radial nach innen überragt und hier eine gegenüber der zentralen Domkuppel-Öffnung (15) durchmesserverringerte Aufnahmeöffnung für das Rührwerk (8) besitzt.“
- Vorstehend sind die im Nichtigkeitsverfahren neu hinzugekommenen Merkmale durch Unterstreichung gekennzeichnet.
- Die nachfolgend verkleinert wiedergegebenen Figuren 1 bis 4 der Klagepatentschrift erläutern die Erfindung anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels. Bei Figur 1 handelt es sich nach der Klagepatentbeschreibung um eine Ansicht gegen eine Küchenmaschine mit einem erfindungsgemäßen Rührgefäß:
- Figur 2 ist eine perspektivische Unteransicht gegen den Rührgefäßboden (unter Fortlassung der Rührgefäßwandung) und des scheibenförmigen Widerstands-Heizelementes.
- In Figur 3 wird das Rührgefäß ohne Heizelement in einer perspektivischen Draufsicht gezeigt.
- Figur 4 ist schließlich eine vergrößerte, perspektivische Querschnittsdarstellung des Bodenbereichs des Rührgefäßes bei eingesetztem und verschweißtem Heizelement:
- Bei den Beklagten zu 1. bis 3. handelt es sich um Gesellschaften des Discountunternehmens B mit Sitz in C. Während die Beklagte zu 1. insbesondere für die Bewerbung der Filialangebote verantwortlich ist, betreibt die Beklagte zu 3. die Internetseite www.B.de und ist auch für den Online-Shop verantwortlich. Die Beklagte zu 2. ist eine Regionalgesellschaft, die jedenfalls die B-Filialen in D betreibt. Beliefert wird die B-Gruppe durch die Beklagte zu 4., einer Handelsgesellschaft, durch welche die Internetseite www.E.com betrieben wird.
- Im Mai 2018 bewarben die Beklagten zu 1. und 2. bundesweit und insbesondere in den Filialen F und D-Mitte den sog. „E connect“ (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform). Die entsprechenden Prospekte wurden auch auf der Internetseite der Beklagten zu 3. veröffentlicht. Zudem erwarb die Klägerin eine dieser Küchenmaschinen in D-Mitte. Schließlich fand sich die angegriffene Ausführungsform auch im Online-Shop auf der durch die Beklagte zu 3. betriebenen Internetseite www.B.de. Die Beklagte zu 4. liefert die angegriffene Ausführungsform an die B-Gruppe und bewirbt diese auf ihrer Internetseite.
- Die nachfolgend eingeblendeten Abbildungen zeigen die angegriffene Ausführungsform, im unteren Bild mit abgeschnittenem Boden.
- Die Klägerin sieht im Angebot und im Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform in der Bundesrepublik Deutschland eine unmittelbare wortsinngemäße Verletzung des Klagepatents.
- Die Beklagten, die um Klageabweisung, hilfsweise um Aussetzung gebeten haben, haben erstinstanzlich eine Verletzung des Klagepatents in der eingetragenen Fassung mit der Begründung in Abrede gestellt, die angegriffene Ausführungsform verfüge nicht über einen, eine Halterung für das Rührwerk aufweisenden Dom. Das Rührwerk werde nur durch den Dom hindurchgeführt. Auch sei das Klagepatent dahingehend zu verstehen, dass der Ringraum abschließend durch die im Anspruch genannten Bestandteile gebildet werde, was bei der angegriffenen Ausführungsform nicht der Fall sei. Im Übrigen werde sich das Klagepatent im Nichtigkeitsverfahren sowohl unter dem Gesichtspunkt der fehlenden Neuheit als auch der mangelnden Erfindungshöhe als nicht rechtsbeständig erweisen.
- Mit Urteil vom 18. Juli 2019 hat das Landgericht Düsseldorf die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
- Die angegriffene Ausführungsform verfüge nicht über einen bodenseitigen Dom zur Halterung des Rührwerks. Erfindungsgemäß sei der Dom in einer Weise auszubilden, dass eine Halterung des Rührwerks bewerkstelligt werden könne. Die konkrete Ausgestaltung der Halterung werde demgegenüber in das Belieben des Fachmanns gestellt. Ausgehend von einem solchen Verständnis mache die angegriffene Ausführungsform von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch. Dort werde – unstreitig – das Rührwerk lediglich durch den Dom hindurchgeführt. Der Dom sei daher nicht in der Weise ausgestaltet, dass er eine Halterung für das Rührwerk aufweise.
- Gegen dieses Urteil hat die Klägerin mit anwaltlichem Schriftsatz vom 15. August 2019 Berufung eingelegt, mit der sie ihr vor dem Landgericht erfolglos gebliebenes, auf eine Verurteilung der Beklagten gerichtetes Begehren weiterverfolgt.
- Sie wiederholt und ergänzt ihr erstinstanzliches Vorbringen und macht insbesondere geltend:
- Das Landgericht habe seinem Urteil eine allzu wörtliche Auslegung des Anspruchs zugrundegelegt und weder die Klagepatentbeschreibung noch dessen Zeichnungen hinreichend gewürdigt. Soweit sich die Kammer zur Begründung ihres Verständnisses auf den im Klagepatent genannten Stand der Technik gestützt habe, verwende dieser zwar möglicherweise die gleichen Begriffe und Formulierungen wie das Klagepatent, unterscheide sich jedoch gerade im Hinblick auf die Bedeutung des Doms. Die DE 100 19 XXD betreffe eine Vorgängerversion des „L“ der Klägerin, bei der ein sog. Dom in das eigentliche Rührgefäß hineinrage, auf dem das Rührwerk sitze. Gegenstand des Klagepatents sei demgegenüber die Nachfolgeversion des „L“, bei der zwar auch ein „Dom“ eine Rolle spiele, dem allerdings anders als in der vorgenannten Schrift die Rolle eines Abstandshalters zwischen dem Rührgefäßboden und einem zweiten Boden zur Bildung eines geschlossenen Ringraums zukomme.
- Durch den „doppelten Boden“ des erfindungsgemäßen Rührgefäßes entstehe ein Ringraum, in dem die elektrischen Kontakte untergebracht werden könnten, wodurch eine Spülmaschinenfestigkeit erreicht werde. Der Dom diene als eine Art Abstandshalter zwischen dem Gefäßboden, an dessen Unterseite das Widerstands-Heizelement angebracht sei, und dem unteren Boden.
- Ausgehend von einem solchen Verständnis mache die angegriffene Ausführungsform wortsinngemäß von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch. Auch dort habe der Dom die Funktion, für einen Durchtritt zu sorgen und das Rührwerk zu positionieren, und zwar sowohl in axialer (durch die Höhe des Doms) wie in radialer Richtung (durch seine Öffnung). Der Dom diene auch der Stabilisierung des Rührwerks im Bodenbereich des Rührtopfes. Selbst wenn nach dem erstinstanzlichen Urteil eine reine Durchtrittsöffnung (und Positionierung) für eine Verwirklichung der beanspruchten technischen Lehre nicht ausreichen sollte, bewirkten die bei der angegriffenen Ausführungsform vorhandene Verringerung des Durchmessers der Domöffnung und die zugehörigen Vorrichtungsteile einschließlich einer Dichtung gemeinsam mit dem Dom eine Halterung im Sinne des Klagepatents.Die Klägerin beantragt vor dem Hintergrund der zwischenzeitlichen Teilvernichtung des Klagepatents zuletzt,
- zu erkennen wie geschehen.
- Die Beklagten beantragen,
- die Berufung zurückzuweisen,
- hilfsweise:
den Rechtsstreit den Verletzungsrechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Nichtigkeitsverfahren auszusetzen. - Sie verteidigen das angefochtene Urteil und treten den Ausführungen der Klägerin unter Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens entgegen.
- Der Senat hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 3. Juni 2020 bis zur erstinstanzlichen Erledigung des das Klagepatents betreffenden Nichtigkeitsverfahrens (Vorliegen der Gründe) ausgesetzt. Darüber hinaus hat der Senat den Beklagten in einem parallelen einstweiligen Verfügungsverfahren (Az.: I-2 U 32/21) mit Beschluss vom 19. November 2021 ein Unterlassungsgebot auferlegt.
- Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und der von ihnen vorgelegten Anlagen sowie auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
- II.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Entgegen der Auffassung des Landgerichts stellen das Angebot und der Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform in der Bundesrepublik Deutschland eine unmittelbare wortsinngemäße Benutzung des Klagepatents dar, weswegen die Beklagten wegen unmittelbarer Patentverletzung zur Unterlassung, zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung, zum Rückruf, zur Vernichtung und – dem Grunde nach – zum Schadenersatz- und zur Zahlung einer Entschädigung verpflichtet sind. Der Klägerin stehen entsprechende Ansprüche aus §§ 33 Abs. 1, 139 Abs. 1 und 2, 140a Abs. 1 und 3, 140b Abs. 1 und 3 PatG i.V.m. §§ 242, 259 BGB zu. Nachdem das Bundespatentgericht das Klagepatent in der zuletzt streitgegenständlichen Fassung aufrechterhalten hat, besteht für eine Aussetzung der Verhandlung keine Veranlassung. - 1.
Soweit die Klägerin die Klage in der Berufungsinstanz beschränkt hat, indem sie die Anträge nunmehr allein noch auf eine Verletzung des Klagepatents in der beschränkt aufrechterhaltenen Fassung stützt, bestehen gegen die Zulässigkeit einer solchen Antragsänderung keine Bedenken. - Eine solche Anpassung der Anträge auf eine zwischenzeitlich im Rechtsbestandsverfahren erfolgte beschränkte Aufrechterhaltung des Anspruchs stellt keine Klageänderung im Sinne von § 263 ZPO, sondern – sofern man darin überhaupt eine Antragsänderung und nicht nur eine Konkretisierung des Antrags erblicken will – allenfalls eine Beschränkung des Klageantrags nach § 264 Nr. 2 ZPO dar (st. Rspr., vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 18.03.2021, Az.: I-2 U 18/19, GRUR-RS 2021, 6714, Rz. 38 – Hubsäule; Urt. v. 08.04.2021, Az.: I-2 U 13/20, GRUR-RS 2021, 8206, Rz. 41 – Halterahmen II; Voß in: BeckOK Patentrecht, 22. Edition, Stand: 15.10.2021, Vor §§ 139 ff. Rz. 47; Zigann/Werner in: Cepl/Voß, Prozesskommentar zum Gewerblichen Rechtsschutz, 2. Aufl., § 253 ZPO Rz. 105), die auch im Berufungsverfahren ohne weiteres zulässig ist, weil § 533 ZPO keine Anwendung findet (vgl. BGH, NJW 2004, 2152; BGH, WM 2010, 1142). Dies folgt daraus, dass der Klagegrund bei einem Hinzufügen von Anspruchsmerkmalen identisch bleibt, indem die Klägerin ihr Begehren weiterhin auf denselben Lebenssachverhalt und dasselbe Schutzrecht stützt. Sie verfolgt unverändert das Klageziel, das Angebot und den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform wegen Verletzung desselben Patents zu untersagen.
- 2.
Das Klagepatent betrifft ein Rührgefäß für eine elektromotorisch betriebene Küchenmaschine, das in seinem Bodenbereich mittels eines scheibenförmigen Widerstands-Heizelementes beheizbar ist, wobei das Rührgefäß einen bodenseitigen Dom zur Halterung eines Rührwerks besitzt. - Wie der Fachmann den einleitenden Bemerkungen in der Klagepatentschrift entnimmt, sind Rührgefäße der in Rede stehenden Art, beispielsweise in Form von beheizbaren Gefäßen für Küchenmaschinen, bekannt. Bei den vorbekannten Geräten ist der Boden des Rührgefäßes mit einem Widerstands-Heizelement in der Art einer Dickschichtheizung versehen. Unabhängig von der Art und der Ausgestaltung der bekannten Rührgefäße sind diese – je nach Ausführungsform der Küchenmaschine – auch einem gesonderten Aufsetzadapter, über den die Stromversorgung erfolgt, zuordenbar. In der vorbekannten Anordnung formt ein Gehäuseteil der Küchenmaschine diesen Aufsetzadapter aus, der in der Regel über Aufnahmebuchsen für die bodenseitigen Steckvorsprünge des Rührgefäßes verfügt, um hierüber die elektrische Kontaktierung des Heizbodens zu ermöglichen. Eine derartige Gestaltung ist jedoch mit dem Nachteil verbunden, dass diese Rührgefäße nicht für die Reinigung in einer Spülmaschine geeignet sind (Abs. [0002]).
- In der DE 100 XXE wird ein Rührgefäß für eine elektromotorisch betriebene Küchenmaschine offenbart, das in seinem Bodenbereich mittels eines scheibenförmigen Widerstands-Heizelementes aufheizbar ist. Die nachfolgend verkleinert eingeblendeten Figuren 2 und 3 veranschaulichen die technische Gestaltung eines solchen, aus dem Stand der Technik bekannten Rührgefäßes einschließlich des dort offenbarten Widerstands-Heizelements:
- Das Rührgefäß besitzt einen bodenseitigen Dom zur Halterung des Rührwerks. Es ist jedoch weder ein zur Aufnahme von Kontakten abgeschlossener Ringraum noch ein sich unterhalb des Heizelementes erstreckender Boden des Rührgefäßes vorgesehen (Abs. [0003]).
- Schließlich findet in der Klagepatentbeschreibung die DE 698 XXF Erwähnung, die in einem Ausführungsbeispiel ein als Wasserkocher beschriebenes Gerät zeigt, das ein scheibenförmiges Widerstands-Heizelement aufweist, welches ebenfalls nach unten freiliegt (Abs. [0003] a.E.).
- Vor dem geschilderten Hintergrund liegt dem Klagepatent die Aufgabe zugrunde, ein Rührgefäß der in Rede stehenden Art derart in vorteilhafter Weise weiterzubilden, dass dieses zur Reinigung in einer Spülmaschine geeignet ist (Abs. [0004]).
- Zur Lösung dieser Problemstellung sieht Patentanspruch 1 in der durch das Bundespatentgericht aufrechterhaltenen Fassung ein Rührgefäß mit folgenden Merkmalen vor:
- 1. Rührgefäß (7) für eine elektromotorisch betriebene Küchenmaschine (1).
- 2. Das Rührgefäß (7)
- 2.1. ist in seinem Bodenbereich mittels eines scheibenförmigen Widerstands-Heizelementes (10) aufheizbar;
- 2.2. besitzt einen bodenseitigen Dom (13) zur Halterung eines Rührwerks.
- 3. Das Widerstands-Heizelement (10)
- 3.1. in Form einer Dickschichtheizung
- 3.2. begrenzt in Zusammenwirkung mit dem Dom (13) sowie einem sich unterhalb des Heizelements (10) erstreckenden Boden des Rührgefäßes (7) einen zur Aufnahme von Kontakten abgeschlossenen, wasserdichten Ringraum (16).
- 4. Das Heizelement (10)
- 4.1. ist scheibenartig,
- 4.2. weist eine radial innere Verschweißung (Schweißnaht S‘) mit der Außenwandung des Doms (13) bzw. entlang der Randkante der zentralen Domkuppel-Öffnung (15) auf;
- 4.3. überragt diese Stirnfläche der Domkuppelöffnung (15) radial nach innen und besitzt hier eine gegenüber der zentralen Domkuppel-Öffnung (15) durchmesserverringerte Aufnahmeöffnung für das Rührwerk.
- Die im Nichtigkeitsverfahren gegenüber der eingetragenen Fassung hinzugekommenen Merkmale sind durch Unterstreichung gekennzeichnet.
- b)
Zu Recht steht zwischen den Parteien eine Verwirklichung der Merkmale 1. bis 2.1. nicht in Streit, weshalb es insoweit keiner weiteren Ausführungen bedarf. Darüber hinaus macht die angegriffene Ausführungsform auch von den übrigen Merkmalen von Patentanspruch 1 wortsinngemäß Gebrauch. - aa)
Daran, dass die angegriffene Ausführungsform einen bodenseitigen Dom zur Halterung eines Rührwerks besitzt (Merkmal 2.2.), kann vorliegend kein Zweifel bestehen. - (1)
Patentanspruch 1 enthält keinerlei Vorgaben zur näheren technischen Gestaltung des Doms. Dieser muss lediglich bodenseitig, also im Bodenbereich des Rührgefäßes, angeordnet sein und im Zusammenwirken mit dem scheibenförmigen Widerstands-Heizelement sowie einem sich unterhalb des Heizelementes erstreckenden Boden des Rührgefäßes einen zur Aufnahme von Kontakten abgeschlossenen Ringraum begrenzen. Schließlich muss es sich um einen Dom „zur Halterung eines Rührwerkes“ handeln. - Nähere, auf den Dom bezogene konstruktive Vorgaben finden sich erst in den Unteransprüchen 7 bis 9. Unteranspruch 7 bestimmt, dass der Dom in Form einer oberen Abflachung eine Domkuppel (14) aufweist, wobei die Verschweißung mit dem Heizelement im Bereich der Domkuppel vom Inneren des Doms vorgenommen wird. Nach Unteranspruch 8 überragt das Heizelement die Stirnfläche einer in der Domkuppel vorgesehenen zentralen Öffnung. Unteranspruch 9 bestimmt, dass die Verschweißung das Heizelement mit einer radial nach innen weisenden Stirnfläche der Domkuppelöffnung verbindet. Dabei ist jedoch zu beachten, dass Unteransprüche regelmäßig den Gegenstand des Hauptanspruchs nicht einengen, sondern nicht anders als Ausführungsbeispiele lediglich – gegebenenfalls mit einem zusätzlichen Vorteil verbundene – Möglichkeiten seiner Ausgestaltung aufzeigen (BGH, GRUR 2016, 1031 – Wärmetauscher). Der Hauptanspruch ist regelmäßig so gefasst, dass er die beanspruchte Erfindung in ihrer allgemeinsten Form erfasst, während die Unteransprüche besondere Ausführungsformen dieser allgemeinen Lehre beschreiben, die weitere Merkmale aufweisen. Dieses Verhältnis von Hauptanspruch und Unteranspruch ist bei der Bestimmung des Schutzbereichs zu berücksichtigen. Es ist grundsätzlich unzulässig, den Hauptanspruch im Wege der Auslegung um Merkmale zu ergänzen, die nur in einem Unteranspruch enthalten sind, und ihn dadurch einzuschränken (BGH, GRUR 1955, 244, 245 – Repassiernadel II; BGH, GRUR 2016, 1031 – Wärmetauscher; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 14. Aufl., Abschn. A, Rz. 29).
- Soweit Patentanspruch 1 von einem „Dom zur Halterung eines Rührwerks“ spricht, handelt es hierbei um eine bloße Zweckangabe. Zweckangaben in einem Sachanspruch beschränken als solche dessen Gegenstand regelmäßig nicht. Die Zweckangabe ist damit aber nicht bedeutungslos. Sie hat vielmehr regelmäßig die Aufgabe, den durch das Patent geschützten Gegenstand dahin zu definieren, dass er nicht nur die räumlich-körperlichen Merkmale des Anspruchs erfüllen, sondern auch so ausgebildet sein muss, dass er für den im Patentanspruch angegebenen Zweck verwendbar ist (vgl. BGH, GRUR 1991, 436, 441 f. – Befestigungsvorrichtung II; GRUR 2006, 923 – Luftabscheider für Milchsammelanlage; GRUR 2008, 896 – Tintenpatrone; GRUR 2009, 837 – Bauschalungsstütze, GRUR 2012, 475 – Elektronenstrahltherapiesystem; GRUR 2018, 1128 – Gurtstraffer; Urt. v. 07.09.2021, Az.: X ZR 77/19, GRUR-RS 2021, 30741 – Laserablationsvorrichtung; OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.01.2021, Az.: I-15 U 98/19, GRUR-RS 2021, 14825 – Polyproplyenfolie). Dies bedeutet im Streitfall, dass der Dom so ausgestaltet sein muss, dass mit ihm die Halterung eines Rührwerks realisiert werden kann.
- Mit der Frage der näheren technischen Ausgestaltung einer solchen Halterung beschäftigen sich weder Patentanspruch 1 noch die Klagepatentbeschreibung. Gegenstand der Erfindung ist nicht eine bestimmte Anbringung des Rührwerks am Dom. Erfindungsgemäß soll vielmehr durch das scheibenförmige Widerstands-Heizelement, den Dom und den Rührgefäßboden ein abgeschlossener Ringraum zur Aufnahme von Kontakten geschaffen werden (vgl. Abs. [0005]). Hierfür kommt es ersichtlich nicht auf die konkrete Ausgestaltung der Halterung des Rührwerks am Dom an. Die Höhe des Doms gibt vielmehr die in Körperachsrichtung des Rührgefäßes gemessene Höhe des Ringraums vor (vgl. Abs. [0005], S. 2, rechte Spalte Mitte). Soweit Abs. [0003] auf die DE 100 19 12XXD bezugnimmt und in diesem Zusammenhang erwähnt, dass das dort offenbarte Rührgefäß einen bodenseitigen Dom zur Halterung des Rührwerks besitzt, folgt daraus nur, dass es sich bei der dort offenbarten Lösung um einen anspruchsgemäßen Dom handelt. Daraus lässt sich jedoch nicht ohne Weiteres der Umkehrschluss ziehen, allein die dort offenbarte Lösung, bei der das Rührwerk auf der Oberseite des Doms verankert ist, könne anspruchsgemäß sein. Der gemäß § 14 PatG für die Reichweite des Schutzbereichs maßgebliche Patentanspruch spricht lediglich allgemein von einer „Halterung“, ohne sich auf eine konkrete Ausgestaltung derselben festzulegen.
- Der Auffassung der Beklagten, das Klagepatent unterscheide streng zwischen einem Durchtritt und der Halterung des Rührwerks, vermag der Senat nicht beizutreten. Zwar findet sich eine entsprechende Differenzierung in der allgemeinen Patentbeschreibung (Abs. [0005] „…wobei das Heizelement eine gegenüber der zentralen Öffnung der Domkuppeldurchmesser verringerte zentrale Durchbrechung zum Durchtritt und Halterung des Rührwerks besitzt.“). Inwiefern sich beide unterscheiden und welche zusätzlichen Anforderungen über den bloßen Durchtritt hinaus an eine Halterung zu stellen sind, erläutert die Klagepatentbeschreibung jedoch nicht näher. Bereits dies deutet darauf hin, dass es dem Klagepatent nicht auf eine solche Unterscheidung ankommt. Dass dem so ist, wird dem Fachmann spätestens mit Blick auf die Figuren einschließlich der zugehörigen Beschreibung klar. Abgesehen davon, dass in keinem der Ausführungsbeispiele die Halterung des Rührwerks näher thematisiert wird, spricht Abs. [0020] anders als Patentanspruch 1 nicht von der Halterung, sondern von der Aufnahme des Rührwerks. Dies lässt für den Fachmann, der sich die Reichweite des Schutzbereichs zu erschließen versucht, keinen anderen Schluss zu, als dass es dem Klagepatent nicht um eine bestimmte Ausgestaltung der Halterung des Rührwerks geht. Dies gilt umso mehr, da es zum Erreichen der angestrebten Spülmaschineneignung des Rührgefäßes (Abs. [0004]) nicht auf die konkrete Ausgestaltung der Haltung des Rührwerks, sondern auf die Schaffung eines flüssigkeitsdichten Ringraums ankommt, welcher die Kontakte aufnehmen kann.
- Letztlich sind die vorstehenden Ausführungen ohnehin nicht entscheidend. Gegenstand des streitgegenständlichen Patentanspruchs ist ein Rührgefäß für eine Küchenmaschine (und nicht die Küchenmaschine selbst) mit einem scheibenförmigen Widerstands-Heizelement zum Aufheizen des Bodenbereichs, einem bodenseitigen Dom sowie einem sich unterhalb des Bodens erstreckenden (weiteren) Boden. Nicht vom Schutzbereich umfasst ist das Rührwerk selbst; es liegt außerhalb des Erfindungsgegenstandes. Das Rührwerk ist im Rahmen von Anspruch 1 des Klagepatents nur insofern rechtlich bedeutsam, als seine im Patentanspruch vorausgesetzte Beschaffenheit Rückschlüsse auf die notwendige Ausgestaltung des Rührgefäßes zulässt. Keinesfalls stellt es eine Bedingung für den Benutzungstatbestand dar, dass ein bestimmtes Rührwerk tatsächlich existiert oder dass die im Markt existierenden oder sogar die zur Verwendung mit dem Rührgefäß vorgesehenen Rührwerke einschließlich ihrer Halterung den Anforderungen des Patentanspruchs 1 genügen. Da das Rührwerk einschließlich seiner Halterung als solches nicht unter Patentschutz stehen, kommt es allein darauf an, dass das Rührgefäß für sich betrachtet sämtliche auf den Erfindungsgegenstand bezogenen Anspruchsmerkmale verwirklicht und dass ein zu ihm passendes Rührwerk denkbar ist, das mit dem Dom wie in Patentanspruch 1 beschrieben zusammenarbeiten, also von ihm gehalten werden könnte (vgl. OLG Düsseldorf, NJOZ 2016, 1014; Urt. v. 19.12.2019, Az.:
I-2 U 62/16, Rz. 114 – Befestigungszwischenstück; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 14. Aufl., Abschn. A, Rz. 84). Nicht entscheidend ist demgegenüber, ob das bei der angegriffenen Ausführungsform derzeit zum Einsatz kommende Rührwerk tatsächlich am Dom gehalten wird. - (2)
Ausgehend von diesen Überlegungen ist bei der angegriffenen Ausführungsform ein Dom zur Halterung eines Rührwerks im Sinne des Klagepatents vorhanden, wie die nachfolgend eingeblendete, unstreitig die angegriffene Ausführungsform zeigende Abbildung (Anlage K 18, Bild 6) verdeutlicht: - Nachdem der Dom über eine der Aufnahme eines Rührgerätes dienende Öffnung verfügt, ist er damit grundsätzlich zur Halterung des Rührgerätes geeignet. Ob das Rührgerät bei der angegriffenen Ausführungsform tatsächlich in dieser Öffnung in irgendeiner Form gehalten wird, ist für die Beurteilung der Verletzungsfrage nicht entscheidend. Ausreichend, aber auch erforderlich ist allein, dass ein entsprechendes Rührwerk denkbar ist. Weshalb es daran fehlen soll, vermag der Senat nicht zu erkennen und wird durch die Beklagten auch nach wie vor nicht hinreichend erläutert.
- bb)
Das Widerstands-Heizelement begrenzt im Zusammenwirken mit dem Dom (13) sowie einem sich unterhalb des Heizelements (10) erstreckenden Boden des Rührgefäßes (7) einen zur Aufnahme mit Kontakten abgeschlossenen Ringraum (16). - Dem steht weder entgegen, dass der Boden bei der angegriffenen Ausführungsform als „Bodenschale“ ausgebildet ist, noch, dass zur Begrenzung des Ringraums zusätzlich zu den vorgenannten Bauteilen ein Flansch zum Einsatz kommt. Mit der Frage, ob das Rührgefäß und der Boden ein- oder mehrstückig ausgebildet sind, beschäftigt sich das Klagepatent nicht. Bei Patentanspruch 1 handelt es sich um einen Vorrichtungs-, nicht um einen Verfahrensanspruch. Es ist somit unerheblich, ob auf das durch die Beklagten als „Topfhülse“ bezeichnete Bauteil im Rahmen des Herstellungsvorgangs ein Boden aufgesetzt wird oder ob es sich bei dem Rührgefäß von vornherein um ein einheitliches Bauteil handelt. Für die Frage der Patentverletzung ist allein entscheidend, ob das angegriffene Produkt ein Rührgefäß darstellt, das die im Patentanspruch genannten Merkmale aufweist. Vorgaben zu der durch die Beklagten aufgeworfenen Frage, ob Rührgefäß und Boden ein- oder mehrstückig ausgebildet sein sollen, finden sich in Patentanspruch 1 nicht.
- Ebenso wenig entnimmt der Fachmann dem Patentanspruch eine dahingehende Vorgabe, dass der abgeschlossene Ringraum bei der angegriffenen Ausführungsform allein durch das Widerstands-Heizelement, den Dom sowie den sich unterhalb des Heizelementes erstreckenden Boden begrenzt sein darf. Ausreichend, aber auch erforderlich ist nur, dass die vorgenannten Elemente in ihrem Zusammenwirken den Ringraum begrenzen. Dies ist auch dann der Fall, wenn die Begrenzung stellenweise durch zusätzliche Bauteile, wie etwa einen Flansch, bewirkt wird. Auch bei einer solchen Gestaltung wird ein zwischen dem Heizboden und dem dazu beabstandeten Zweitboden ein abgeschlossener Ringraum gebildet, in dem die die Leiterbahnen des Heizelementes kontaktierenden Kontakte gehaltert sind (vgl. Abs. [0005]). Es ist die Halterung der Kontakte in diesem Ringraum, welche die mit der Erfindung angestrebte Spülmaschinenfestigkeit bewirkt.
- cc)
Darüber hinaus macht die angegriffene Ausführungsform auch von den nunmehr im Nichtigkeitsverfahren hinzugekommen Merkmalen wortsinngemäß Gebrauch. - (1)
Wie die nachfolgend eingeblendete Abbildung verdeutlicht, ist das Widerstands-Heizelement bei der angegriffenen Ausführungsform in Form einer Dickschichtheizung ausgebildet (Merkmal 3.1.). - Der scheibenförmige metallische Körper weist auf seinem dem Inneren des Rührgefäßes zugewandten Seite ein nicht leitendes Dielektrikum (blau) auf. Darauf sind die in grau zu sehenden Leiterbahnen aufgetragen.
- (2)
Des Weiteren kann auch kein Zweifel an der Wasserdichtigkeit des Ringraums der angegriffenen Ausführungsform bestehen (Merkmal 3.2.). Zum einen wird das komplette Zubehör der angegriffenen Ausführungsform und damit auch der rostfreie Edelstahl-Mixbehälter als spühlmaschinengeeignet beschrieben. Zum anderen nimmt der Ringraum elektrische Kontakte auf. Die Funktionsfähigkeit des Gefäßes und des Rührgerätes insgesamt wäre nicht gewährleistet, wäre dieser die elektrischen Kontakte aufnehmende Ringraum nicht wasserdicht. - (3)
Darüber hinaus ist das scheibenartige Heizelement mit der Außenwandung des Doms entlang der Randkante der zentralen Domkuppelöffnung verschweißt (Merkmal 4.2.): - Die die Außenwandung des Doms mit dem scheibenartigen Heizelement verbindende Schweißnaht ist, verdeutlicht durch den Pfeil, in der vorstehenden Abbildung deutlich erkennbar.
- (4)
Schließlich überragt das Heizelement die Stirnfläche der Domkuppelöffnung radial nach innen und besitzt hier eine gegenüber der zentralen Domkuppel-Öffnung (15) durchmesserverringerte Aufnahmeöffnung für das Rührwerk (Merkmal 4.3.). - 4.
Da die Beklagten durch das Angebot und den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform das Klagepatent unmittelbar (§ 9 S. 2 Nr. 1 PatG) verletzen, ergeben sich die folgenden Rechtsfolgen: - a)
Der Unterlassungsanspruch beruht auf § 139 Abs. 1 PatG, da die Benutzung des Erfindungsgegenstandes im Inland ohne Berechtigung erfolgt. - b)
Die Klägerin hat gegen die Beklagten dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz, der aus § 139 Abs. 2 PatG folgt. Als Fachunternehmen hätten die Beklagten die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. - Da überdies durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten die Entstehung eines Schadens hinreichend wahrscheinlich ist, der durch die Klägerin aber noch nicht beziffert werden kann, weil sie den Umfang der rechtsverletzenden Benutzungshandlungen ohne ihr Verschulden nicht im Einzelnen kennt, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an der Feststellung der Schadensersatzverpflichtung anzuerkennen, § 256 ZPO.
- c)
Weiterhin hat die Klägerin gegen die Beklagten dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung einer den Umständen angemessenen Entschädigung aus § 33 Abs. 1 PatG. Die Beklagten haben den Erfindungsgegenstand genutzt, obwohl sie jedenfalls wissen mussten, dass die benutzte Erfindung Gegenstand der Anmeldung des Klagepatents war. - Das für die Zulässigkeit des Feststellungsantrags gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass die Klägerin derzeit nicht in der Lage ist, die Umstände zur Bezifferung einer angemessenen Entschädigung darzulegen und ohne eine rechtskräftige Feststellung der Entschädigungspflicht die Verjährung der Entschädigungsansprüche droht.
- d)
Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, ihre Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche zu beziffern, steht ihr gegen die Beklagten ein Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung im zuerkannten Umfang zu. Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsform ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus
§ 140b Abs. 1 PatG ohne Berücksichtigung eines Karenzmonats, der Umfang der Auskunftspflicht aus § 140b Abs. 3 PatG. Die weitergehende Rechnungslegungspflicht folgt aus §§ 242, 259 BGB. Die Klägerin ist auf die Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt; die Beklagten werden durch die ihnen abverlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. - e)
Schließlich kann die Klägerin die Beklagten aus § 140a Abs. 1 und 3 PatG auf Rückruf und Vernichtung patentverletzender Erzeugnisse in Anspruch nehmen. - 5.
Zu einer Aussetzung der Verhandlung (§ 148 ZPO) besteht keine Veranlassung, nachdem das Bundespatentgericht das Klagepatent in der nunmehr streitgegenständlichen Fassung mit einer ausführlichen Begründung für rechtsbeständig erachtet hat. Damit überwiegt das berechtigte Interesse der Klägerin daran, ihre Verbietungsrechte aus dem Klagepatent zügig gegen die Beklagten durchzusetzen. - a)
Wenn das Klagepatent mit einem Einspruch oder mit einer Patentnichtigkeitsklage angegriffen ist, verurteilt das Verletzungsgericht, wenn es eine Verletzung des in Kraft stehenden Patents bejaht, grundsätzlich nur dann wegen Patentverletzung, wenn es eine Nichtigerklärung nicht für (überwiegend) wahrscheinlich hält; andernfalls hat es die Verhandlung des Rechtsstreits nach § 148 ZPO auszusetzen, bis jedenfalls erstinstanzlich über die Nichtigkeitsklage entschieden ist (BGH, GRUR 2014, 1237, 1238 – Kurznachrichten). Denn eine – vorläufig vollstreckbare – Verpflichtung des Beklagten zur Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung, zum Rückruf sowie zur Vernichtung patentgemäßer Erzeugnisse ist regelmäßig nicht zu rechtfertigen, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten steht, dass dieser Verurteilung durch die Nichtigerklärung des Klagepatents die Grundlage entzogen werden wird. Der aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) in Verbindung mit den Grundrechten folgende und damit verfassungsrechtlich verbürgte Justizgewährungsanspruch gebietet es, dem Verletzungsbeklagten wirkungsvollen Rechtsschutz zur Verfügung zu stellen, wenn er sich gegen den Angriff aus dem Klagepatent mit einem Gegenangriff auf den Rechtsbestand dieses Patents zur Wehr setzen will. Dies erfordert nicht nur eine effektive Möglichkeit, diesen Angriff selbst durch eine Klage auf Nichtigerklärung bzw. durch Erhebung eines Einspruchs führen zu können, sondern auch eine angemessene Berücksichtigung des Umstands, dass in diesem Angriff auch ein – und gegebenenfalls das einzige – Verteidigungsmittel gegen die Inanspruchnahme aus dem Patent liegen kann. Wegen der gesetzlichen Regelung, die für die Ansprüche nach §§ 139 ff. PatG lediglich ein in Kraft stehendes Patent verlangt und für die Beseitigung dieser Rechtsposition nur die in die ausschließliche Zuständigkeit des Patentgerichts fallende Nichtigkeitsklage zur Verfügung stellt, kann der Angriff gegen das Klagepatent anders als in anderen Rechtsordnungen nicht als Einwand im Verletzungsverfahren oder durch Erhebung einer Widerklage auf Nichtigerklärung geführt werden. Dies darf indessen nicht dazu führen, dass diesem Angriff jede Auswirkung auf das Verletzungsverfahren versagt wird. Die Aussetzung des Verletzungsstreits ist vielmehr grundsätzlich, aber auch nur dann geboten, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass das Klagepatent dem erhobenen Einspruch/der anhängigen Nichtigkeitsklage nicht standhalten wird (BGH, GRUR 2014, 1237, 1238 – Kurznachrichten). - b)
Wurde das Klagepatent bereits in einem Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren bestätigt, so hat das Verletzungsgericht grundsätzlich die von der zuständigen Fachinstanz (DPMA, EPA, BPatG) nach technisch sachkundiger Prüfung getroffene Entscheidung über die Aufrechterhaltung des Klagepatents hinzunehmen. Grund, die parallele Rechtsbestandsentscheidung in Zweifel zu ziehen und von einer Verurteilung vorerst abzusehen, besteht nur dann, wenn das Verletzungsgericht die Argumentation der Einspruchs- oder Nichtigkeitsinstanz für nicht vertretbar hält oder wenn der Angriff auf den Rechtsbestand nunmehr auf (z. B. neue) erfolgversprechende Gesichtspunkte gestützt wird, die die bisher mit der Sache befassten Stellen noch nicht berücksichtigt und beschieden haben (st. Rspr., vgl. OLG Düsseldorf, Urt. vom 06.12.2012, Az.: I – 2 U 46/12, BeckRS 2013, 13744; Urt. v. 17.10.2019, Az.: I-2 U 11/18, BeckRS 2019, 31342; Urt. v. 30.09.2021, Az.: I-2 U 15/20, GRUR-RS 2021, 30324. Rz. 91 – Schiebedach; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 14. Aufl., Abschn. E, Rz. 869). - c)
Davon kann vorliegend keine Rede sein. - (1)
Insbesondere hat das Bundespatentgericht den in Merkmal 4.3. zu findenden Zusatz „bzw. entlang der Randkante der zentralen Domkuppel-Öffnung“, anders als durch die Beklagten suggeriert, nicht als rechtliches Nullum behandelt. Vielmehr hat sich der fachkundig besetzte Nichtigkeitssenat ausführlich mit dem Sinngehalt dieses Merkmals und der sich in diesem Zusammenhang stellenden Frage der notwendigen Klarheit beschäftigt und eine Solche bejaht. Dabei hat das Bundespatentgericht nicht nur erkannt, dass die Konjunktion „beziehungsweise“ unterschiedliche Bedeutung haben kann (vgl. Schulte/Moufang, PatG, 10. Aufl., § 34 Rz. 137). Es hat vielmehr zugleich mit ausführlicher und nachvollziehbarer Begründung herausgearbeitet, weshalb dieser Konjunktion im aufrechterhaltenen Anspruch unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs die Bedeutung von „genauer gesagt“ zukommt. Ausgehend hiervon handelt es sich bei dem sich an den Begriff „beziehungsweise“ anschließenden Teilmerkmal klar um eine Konkretisierung und nicht, wie durch das Bundespatentgericht im Rahmen seiner weiteren Begründung fälschlicherweise angenommen, um ein beispielhaftes, nicht beschränkendes Merkmal (Anlage CBH 15, S. 50, zweiter Absatz). Denn die Randkante der zentralen Domkuppelöffnung stellt für den Fachmann einen speziellen Bereich der Außenwandung des Ringraums dar (vgl. Figur 5). Der Senat hat diesem Begriffsverständnis bei der Tenorierung Rechnung getragen und das Unterlassungsgebot auf Gestaltungen mit einer Verschweißung entlang der Randkante der zentralen Domkuppelöffnung beschränkt. - (2)
Dem darüber hinaus geäußerten Vorwurf, das Bundespatentgericht habe bei der Beurteilung der Entgegenhaltung D4 (DE 43 33 XXG) den Anspruchsgegenstand verlassen und verkannt, dass weder die Küchenmaschine selbst noch das Rührwerk Gegenstand der Erfindung seien, vermag der Senat nicht beizutreten. Vielmehr hat der Nichtigkeitssenat die Bedeutung der Zweckangabe „zur Halterung eines Rührwerks“ zutreffend erfasst und explizit herausgearbeitet, dass es für eine Verwirklichung der beanspruchten technischen Lehre weder darauf ankommt, ob ein Rührwerk tatsächlich vom Dom gehalten wird, noch, wie eine derartige Halterung im Einzelnen ausgestaltet ist (Anlage CBH 15, S. 18 Mitte). Aus den Ausführungen zur D4 folgt nichts anderes. Der Nichtigkeitssenat schließt dort lediglich aus der fehlenden Offenbarung eines elektromotorischen Rührwerks auf die fehlende Offenbarung eines Rührgefäßes für eine elektromagnetische Küchenmaschine und mangels eines Durchbruchs im Boden auf die fehlende Offenbarung der Eignung des Doms zur Halterung eines Rührwerks (Anlage CBH 15, S. 34, zweiter Abs.). Das ist nicht zu beanstanden. Anhaltspunkte dafür, dass das Bundespatentgericht an dieser Stelle von seinem zunächst herausgearbeiteten zutreffenden Verständnis des Schutzgegenstandes abweicht, sind nicht ersichtlich. Nichts anderes gilt im Hinblick auf die Bedeutung des patentgemäßen Ringraums. Das Bundespatentgericht kritisiert insoweit im Zusammenhang mit der D4 die radial nach außen fehlende Begrenzung. Es fehlt damit an einem abgeschlossenen Raum im Sinne der zuvor herausgearbeiteten Definition. - (3)
Soweit die Beklagten ausgehend von der D4 den Rechtsbestand unter dem Gesichtspunkt der vermeintlich fehlenden erfinderischen Tätigkeit in Zweifel zu ziehen versuchen, hat das Bundespatentgericht in seinem Nichtigkeitsurteil ausführlich und nachvollziehbar dargelegt, weshalb der Fachmann diese Entgegenhaltung nicht als tauglichen Ausgangspunkt seiner Überlegungen in Betracht zieht (Anlage CBH 15, S. 38 f.). Diese durch eine fachkundige Instanz getroffene und keinesfalls unvertretbare Bewertung hat der Senat hinzunehmen. Insbesondere weicht das Bundespatentgericht auch in diesem Zusammenhang nicht von der zuvor im Rahmen der vorangestellten Auslegung gewonnenen Erkenntnis ab, dass das Klagepatent nur ein Rührgefäß für eine elektromotorische Küchenmaschine und nicht die gesamte Küchenmaschine unter Schutz stellt. Hiervon geht der Nichtigkeitssenat vielmehr sogar explizit aus (vgl. Anlage CBH 15, S. 38 unten). - III.
- Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
- Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO. Der durch die Klägerin beantragten Festsetzung von Teilsicherheiten bedurfte es nicht, nachdem das Berufungsurteil von vornherein ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist.
- Für eine Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung, weil die in § 543 ZPO aufgestellten Voraussetzungen dafür ersichtlich nicht gegeben sind. Es handelt sich um eine reine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung, mit der der Bundesgerichtshof auch nicht im Interesse einer Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung befasst werden muss (§ 543 Abs. 2 ZPO).