Düsseldorfer Entscheidungsnummer: 2924
Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 18. Juli 2019, Az. 4c O 45/18
- I. Die Klage wird abgewiesen.
- II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
- III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages. Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.
- Tatbestand
- Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen Verletzung des deutschen Patents DE 102 26 XXX B4 (Anlage K 1, nachfolgend Klagepatent) auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung sowie Vernichtung, Rückruf und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch.
- Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des Klagepatents, das am 17. Juni 2002 unter Inanspruchnahme einer inneren Priorität vom 29. Juni 2001 angemeldet wurde. Die Bekanntmachung der Anmeldung erfolgte am 16. Januar 2003; der Hinweis auf die Patenterteilung wurde am 6. Juni 2013 veröffentlicht. Das Klagepatent steht in Kraft.
- Das Klagepatent hat ein Rührgefäß für eine elektromotorisch betriebene Küchenmaschine zum Gegenstand. Der von der Klägerin geltend gemachte Patentanspruch 1 des Klagepatents lautet wie folgt:
- „Rührgefäß (7) für eine elektromotorisch betriebene Küchenmaschine (1), wobei das Rührgefäß (7) in seinem Bodenbereich aufheizbar ist mittels eines scheibenförmigen Widerstands-Heizelementes (10), wobei weiter das Rührgefäß (7) einen bodenseitigen Dom (13) zur Halterung eines Rührwerks (7) besitzt, dadurch gekennzeichnet, dass das Widerstands-Heizelement (10) in Zusammenwirkung mit dem Dom (13) sowie einem sich unterhalb des Heizelementes (10) erstreckenden Boden (12) des Rührgefäßes (7) einen zur Aufnahme von Kontakten abgeschlossenen Ringraum (16) begrenzt.“
- Nachfolgend werden in verkleinerter Form aus der Klagepatentschrift stammende zeichnerische Darstellungen bevorzugter Ausführungsformen der Erfindung abgebildet. Figur 1 zeigt eine Küchenmaschine mit einem erfindungsgemäßen Rührwerk, Figur 2 eine perspektivische Unteransicht gegen den Rührgefäßboden – unter Fortlassung der Rührgefäßwandung – und des scheibenförmigen Widerstands-Heizelements, Figur 4 eine vergrößerte, perspektivische Querschnittsdarstellung des Bodenbereichs des Rührgefäßes bei eingesetztem und verschweißtem Heizelement und Figur 5 eine weitere Querschnittsdarstellung durch den Bodenbereich.
- Bei den Beklagten zu 1) bis 3) handelt es sich um Gesellschaften des Unternehmens A mit Sitz in X. In Deutschland betreibt die A-Gruppe (…) Regionalgesellschaften, die wiederum ca. (…) Filialen betreuen. Bei der Beklagten zu 2) handelt es um eine der Regionalgesellschaften, die jedenfalls die A-Filialen in B betreibt. Die Beklagte zu 1) ist insbesondere für die Bewerbung der Filialangebote verantwortlich. Die Beklagte zu 3) betreibt die Webseite XXX und ist auch für den Online-Shop verantwortlich. Die Beklagte zu 4) ist eine Handelsgesellschaft, die die A-Gruppe beliefert und die Webseite XXY betreibt.
- Die Beklagten zu 1) und 2) haben im Mai 2018 bundesweit, insbesondere auch in den Filialen C und D, den sogenannten „E“, eine Küchenmaschine, welche ein Rührgefäß umfasst (nachfolgend angegriffene Ausführungsform) beworben und angeboten (vgl. Anlage K 5). Die Prospekte wurden auch auf der Webseite der Beklagten zu 3) veröffentlicht (vgl. Anlage K 6). Die Klägerin erwarb eine dieser Küchenmaschinen in der Filiale D am 7. Mai 2018. Die Beklagte zu 4) liefert die angegriffene Ausführungsform an die A-Gruppe sowie unmittelbare Abnehmer und bewirbt diese zudem auf ihrer Webseite (vgl. Anlagenkonvolut K 8).
- Nachfolgend wiedergegeben ist eine von der Klägerin angefertigte Fotographie des Rührgefäßes.
- Untenstehend ist weiterhin wiedergegeben eine von der Klägerin angefertigte Fotographie des Rührgefäßes mit abgeschnittenem Boden, der im oberen Bildbereich zu sehen ist. An der Unterseite des Gefäßbodens ist das Heizelement angebracht. In der Mitte des Gefäßbodens befindet sich ein kreisförmiger, um eine Öffnung angeordneter Dom, durch den das Rührwerk geführt wird.
- Die Beklagte zu 4) hat gegen den Rechtsbestand des Klagepatentes Nichtigkeitsklage beim Bundespatentgericht (Aktenzeichen 7 Ni 7/10) erhoben, über die noch nicht entschieden wurde.
- Die Klägerin ist der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform mache von der Lehre des Klagepatentanspruchs 1 wortsinngemäßen Gebrauch. Die angegriffene Ausführungsform weise einen bodenseitigen Dom zur Halterung eines Rührwerks auf. Insoweit genüge es, wenn das Rührwerk lediglich durch den Dom hindurchgeführt werde. Eine Fixierung müsse nicht erfolgen. Auch weise die angegriffene Ausführungsform einen zur Aufnahme von Kontakten abgeschlossenen Ringraum auf. Hierfür sei nicht erforderlich, dass dieser ausschließlich durch das Widerstands-Heizelement, den Dom sowie einem sich unterhalb des Heizelements erstreckenden Boden des Rührgefäßes gebildet werde. Das Klagepatent beschreibe verschiedene Möglichkeiten der Befestigung des Widerstands-Heizelement an dem Rührgefäß. So komme zum einen in Betracht das Rührgefäß selbst als tiefgezogenen Metalltopf auszubilden, an dessen Boden der Dom ausgeprägt sei. Es komme aber ebenso in Betracht, einen tiefgezogenen Metalltopf ohne Boden und einen separaten Boden mit Dom und darauf aufgebrachtem Widerstands-Heizelement vorzusehen, wobei der Boden mit dem Widerstands-Heizelement dann mit dem Metalltopf verbunden werde.
- Die Klägerin beantragt,
- I. die Beklagten zu verurteilen
- 1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlungen bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an dem jeweiligen Geschäftsführer zu vollstrecken ist, zu unterlassen,
- Rührgefäße für eine elektromotorisch betriebene Küchenmaschine
- in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
- wobei das Rührgefäß in seinem Bodenbereich aufheizbar ist mittels eines scheibenförmigen Widerstands-heizelements, wobei weiter das Rührgefäß einen bodenseitigen Dom zur Halterung eines Rührwerks besitzt, dadurch gekennzeichnet, dass das Widerstands-Heizelement in Zusammenwirkung mit dem Dom sowie einem sich unterhalb des Heizelements erstreckenden Boden des Rührgefäßes einen zur Aufnahme von Kontakten abgeschlossenen Ringraum begrenzt;
- 2. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagten die zu Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 6. Juni 2013 begangen haben, und zwar unter Angabe
- a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
- b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
- c) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden,
- wobei zum Nachweis der Angaben entsprechende Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
- 3. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 6. Februar 2003 begangen haben, und zwar unter Angabe
- a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen, sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
- b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen, sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
- c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internet-Werbung der Domain, der Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume,
- wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht-gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
- 4. die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder in ihrem Eigentum befindlichen, unter I.1. bezeichneten Erzeugnisse an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten – Kosten herauszugeben;
- 5. die unter I.1. bezeichneten Erzeugnisse gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf den gerichtlich (Urteil des…. vom …. Aktenzeichen….) festgestellten patentverletzenden Zustand der Sache und mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen und die Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen;
- II. festzustellen, dass
- 1. die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin für die zu Ziffer I.1. bezeichneten, in der Zeit vom 16. Februar 2003 bis zum 5. Juli 2013 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;
2. die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu Ziffer I.1. bezeichneten und seit dem 6. Juli 2013 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird. - Die Beklagten beantragen,
- die Klage abzuweisen,
- hilfsweise: den Verletzungsrechtsstreit bis zur erstinstanzlichen Entscheidung im Nichtigkeitsverfahren auszusetzen.
- Die Beklagten sind der Ansicht, durch die angegriffene Ausführungsform werde das Klagepatent nicht verletzt. Die angegriffene Ausführungsform weise keinen Dom auf, der eine Halterung für das Rührwerk aufweise. Das Rührwerk werde nur durch den Dom hindurchgeführt. Auch sei das Klagepatent dahingehend zu verstehen, dass der Ringraum abschließend durch die im Anspruch genannten Bestandteile gebildet werde, was bei der angegriffenen Ausführungsform nicht der Fall sei.
- Im Übrigen werde sich das Klagepatent im Nichtigkeitsverfahren als nicht rechtsbeständig erweisen. Das Klagepatent nehme zu Unrecht die innere Priorität der DE 201 50 XXX.7 (Anlage NK 3) in Anspruch; Anmeldetag sei daher der 17. Juni 2002. Die WO 01/XXX (Anlage NK7 – D1) sowie die US 5,XXX,XXX (Anlage NK7 – D2) würden die Lehre nach dem Klagepatent neuheitsschädlich vorwegnehmen. Auch werde der Gegenstand der Lehre nach dem Klagepatent unter anderem durch eine Kombination der D1 mit der DE XXXX XX XX (Anlage NK 7 – D3) vorweggenommen.
- Die Klägerin tritt diesem Vorbringen entgegen.
- Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
- Entscheidungsgründe
- Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
- Die Klägerin hat gegen die Beklagten keine Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung und Feststellung der Schadensersatzpflicht sowie Vernichtung und Rückruf aus §§ 139 Abs. 1 und 2, 140a, 140b Abs. 1 PatG, §§ 242, 259 BGB, da die Beklagten das Klagepatent nicht verletzen.
- I.
Die Erfindung nach dem Klagepatent bezieht sich auf ein Rührgefäß für eine elektromotorisch betriebene Küchenmaschine. - In seiner Einleitung beschreibt das Klagepatent, dass die Erfindung ein Rührgefäß betrifft für eine elektromotorisch betriebene Küchenmaschine, wobei das Rührgefäß in seinem Bodenbereich aufheizbar ist mittels eines scheibenförmigen Widerstands-Heizelements, wobei weiter das Rührgefäß einen bodenseitigen Dom zur Halterung eines Rührwerks besitzt (vgl. Anlage K 1, Abs. [0001]).
- Rührgefäße dieser Art sind, so die Klagepatentschrift, bekannt, beispielsweise in Form von beheizbaren Gefäßen für Küchenmaschinen. Hier schildert es das Klagepatent weiter als bekannt, den Boden des Rührgefäßes mit einem Widerstands-Heizelement in Art einer Dickschichtheizung zu versehen. Unabhängig von der Art und Ausgestaltung der bekannten Rührgefäße sind diese je nach Ausführungsform der Küchenmaschine auch einem gesonderten Aufsetzadapter, über welchen die Stromversorgung erfolgt, zuordbar. Bei einer Anordnung eines Rührgefäßes der in Rede stehen Art in einer Küchenmaschine formt ein Gehäuseteil der Küchenmaschine diesen Aufsetzadapter aus. Letzterer verfügt in der Regel über Aufnahmebuchsen für die bodenseitigen Steckvorsprünge des Rührgefäßes, um hierüber die elektrische Kontaktierung des Heizbodens zu ermöglichen. Nachteilig an diesen Lösungen schildert es das Klagepatent, dass diese Rührgefäße nicht zur Reinigung in einer Spülmaschine geeignet sind.
- Zum Stand der Technik nimmt das Klagepatent Bezug auf die deutsche Patentanmeldung DE 100 19 XXX A1 (Anlage K 3, nachfolgend DE 126). Aus dieser ist ein Rührgefäß für eine elektromotorisch betriebene Küchenmaschine bekannt, welches in seinem Bodenbereich mittels eines scheibenförmigen Widerstands-Heizelementes aufheizbar ist. Das Rührgefäß besitzt, worauf das Klagepatent ausdrücklich hinweist, auch einen bodenseitigen Dom zur Halterung des Rührwerks. Nicht gezeigt werden indes ein zur Aufnahme von Kontakten abgeschlossener Ringraum und auch kein unterhalb des Heizelementes sich erstreckender Boden des Rührgefäßes.
- Nachfolgend wiedergegeben ist die Figur 2 der DE XXX, welche ein partiell im Bodenbereich geschnitten dargestelltes Rührgefäß mit einem Widerstands-Heizelement einer ersten Ausgestaltung zeigt. Das Rührwerk ist mit dem Bezugszeichen 11 gezeigt. Mit dem Bezugszeichen 17 ist die Welle und mit 18 ein Kupplungsglied bezeichnet. Der Dom weist das Bezugszeichen 24 auf.
- Die nachfolgende Figur 3 zeigt die Unteransicht des Rührgefäßes mit Blick auf das Widerstands-Heizelement der ersten Ausführungsform.
- Das Klagepatent nimmt in seiner einleitenden Beschreibung ferner Bezug auf die DE XX XXX T2, welche ein als Wasserkocher beschriebenes Gerät zeigt, welches ein scheibenförmiges Widerstandsheizelement aufweist und ebenfalls nach unten freiliegt.
- Dem Klagepatent liegt vor diesem Hintergrund die Aufgabe (das technische Problem) zu Grunde, ein Rührgefäß der in Rede stehenden Art derart in vorteilhafter Weise weiterzubilden, dass dieses geeignet ist zur Reinigung in einer Spülmaschine.
- Dies soll durch den Klagepatentanspruch 1 erreicht werden, dessen Merkmale wie folgt gegliedert werden können:
- Rührgefäß (7) für eine elektromotorisch betriebene Küchenmaschine (1)
- 1.1 wobei das Rührgefäß (7) in seinem Bodenbereich aufheizbar ist mittels eines scheibenförmigen Widerstands-Heizelementes (10)
- 1.2 wobei weiter das Rührgefäß (7) einen bodenseitigen Dom (13) zur Halterung eines Rührwerks (7) besitzt
- 1.3 dadurch gekennzeichnet, dass das Widerstands-Heizelement (10)
- 1.3.1 in Zusammenwirkung mit dem Dom (13)
- 1.3.2 sowie einem sich unterhalb des Heizelementes (10) erstreckenden Boden (12) des Rührgefäßes
- 1.3.3 einen zur Aufnahme von Kontakten abgeschlossenen Ringraum (16) begrenzt.
- II.
Die angegriffene Ausführungsform macht von der Lehre nach dem Klagepatent keinen Gebrauch. Ungeachtet dessen, ob durch die angegriffene Ausführungsform das zwischen den Parteien unter anderem im Streit stehende Merkmal 1.3.3 verwirklicht wird, vermag die Kammer jedenfalls eine Benutzung des Merkmals 1.2 nicht festzustellen. Im Einzelnen: - a)
Merkmal 1.2 besagt, dass das Rührgefäß einen bodenseitigen Dom zur Halterung des Rührwerks besitzt. Hierbei handelt es sich um eine Zweck- und Funktionsangabe. Grundsätzlich haben die Merkmale eines Sachanspruchs die Funktion, die geschützte Sache als solche zu beschreiben, so dass der auf diese Weise regelmäßig räumlich-körperlich definierte Gegenstand unabhängig davon geschützt ist, wie er hergestellt ist und zu welchem Zweck er verwendet wird (BGH, GRUR 1979, 149, 151 – Schießbolzen; GRUR 2006, 570 – extracoronales Getriebe). Deswegen sind die im Patentanspruch enthaltenen Zweck-, Wirkungs- oder Funktionsangaben jedoch nicht schlechthin bedeutungslos. Sie können vielmehr als Bestandteile des Patentanspruchs an dessen Aufgabe teilnehmen, den geschützten Gegenstand zu bestimmen und damit zugleich zu begrenzen, wenn sie das Vorrichtungselement, auf das sie sich beziehen, als ein Solches definieren, das so ausgebildet sein muss, dass es die betreffende Funktion erfüllen kann (BGH, GRUR 2018, 1128, 1129 – Gurtstraffer; GRUR 2016, 361, 362 – Fugenband; GRUR 2012, 475 – Elektronenstrahltherapiesystem). - Dies in den Blick nehmend wird dem Fachmann durch die Angabe im Merkmal 1.2 „Dom zur Halterung eines Rührwerks“ verdeutlicht, dass der Dom in der Weise ausgebildet sein muss, dass eine Halterung des Rührwerks bewerkstelligt werden kann.
- Wie die Halterung des Rührwerks durch den bodenseitigen Dom bewerkstelligt werden soll, lässt das Klagepatent offen. Mithin wird die konkrete Ausgestaltung der Halterung in das Belieben des Fachmannes gestellt.
- Ein entsprechendes Verständnis, dass der Dom räumlich-körperlich ausgestaltet sein muss, eine Halterung des Rührwerks zu bewerkstelligen, entnimmt der Fachmann dem Klagepatent ferner mit Blick auf die Beschreibung und den zitierten Stand der Technik.
- So beschreibt das Klagepatent in der allgemeinen Beschreibung der Erfindung im Abs. [0005] im letzten Abschnitt:
- „Auch ist in einer Weiterbildung des Erfindungsgegenstandes vorgesehen, dass das Heizelement die Stirnfläche einer in der Domkuppel vorgesehenen, zentralen Öffnung überragt, wobei das Heizelement eine gegenüber der zentralen Öffnung der Domkuppel durchmesserverringerte zentrale Durchbrechung zum Durchtritt und Halterung des Rührwerks besitzt. Die Abdichtung dieser zentralen Öffnung bzw. Durchbrechung erfolgt mittels einer Dichtscheibe des Rührwerks.“ (Hervorhebung hinzugefügt)
- Damit macht das Klagepatent zum einen deutlich, dass zwischen einem Durchtritt und einer Halterung nach der Erfindung unterschieden wird, eine Halterung mithin nicht lediglich einen Durchtritt des Rührwerks beinhaltet. Ferner wird in der genannten Textstelle verdeutlicht, dass die Öffnung für den Durchtritt und die Halterung des Rührwerks so bemessen ist, dass eine Abdichtung durch eine Dichtscheibe erfolgen kann. Das Klagepatent zeigt an dieser Stelle mithin auf, dass der Dom und das Rührwerk dergestalt in eine räumlich-körperliche Wechselwirkung treten, dass eine Halterung des Rührwerks durch den Dom erfolgen kann.
- Bestätigung für dieses Verständnis erhält der Fachmann durch die Ausführungen der Klagepatentschrift im Abs. [0025], der die Beschreibung eines bevorzugten Ausführungsbeispiels zum Gegenstand hat. Insoweit heißt es:
- „Bevorzugt wird hierbei eine äußere Verschweißung (Schweißnaht S) des Heizelements 10 entlang seiner äußeren Randkante mit der Innenwandung 25 des Rührgefäßes 7 und eine radial innere Verschweißung (Schweißnaht S‘) mit der Außenwandung des Doms 13 bzw. entlang der Randkante der zentralen Domkuppel-Öffnung 15, wobei das Heizelement 10 diese Stirnfläche der Öffnung 15 radial nach innen überragt und hier eine gegenüber der zentralen Öffnung 15 durchmesserverringerte Aufnahmeöffnung für das Rührwerk 8 besitzt. (Hervorhebung hinzugefügt)
- Auch hier wird deutlich gemacht, dass der Dom die Halterung für das Rührwerk bewerkstelligt, wobei die Umsetzung einer entsprechenden Halterung in das Belieben des Fachmanns gestellt wird.
- Bestätigung in diesem Verständnis erhält der Fachmann letztlich auch durch den vom Klagepatent in Bezug genommen Stand der Technik, die DE XXX. Hinsichtlich dieser führt das Klagepatent in Abs. [0003] aus, dass diese ein Rührgefäß besitzt mit „einem bodenseitigen Dom zur Halterung des Rührwerks“. Damit wählt das Klagepatent die identische Formulierung wie in Merkmal 1.2. Mit Blick auf die Halterung des Rührwerks durch den Dom gibt die DE XXX in Abs. [0005] an:
- „Die Erfindung betrifft desweiteren eine Küchenmaschine mit einem Rührgefäß und einem Antrieb für ein Rührwerk in dem Rührgefäß, wobei das Rührgefäß in seinem unteren Bereich aufheizbar ist und einen bodenseitigen, einen die Rührwerkhalterung aufweisenden Dom besitzt.“
- In Abs. [0022] heißt es wie folgt:
- „Das Rührwerk 11 ist auf einer Welle 17 in der Halterung drehbar gelagert, wobei die Welle 17 an ihrem unteren, den Rührgefäßboden 16 durchsetzenden Ende ein Kupplungsglied 18 besitzt.“
- Die DE XXX offenbart mithin eine Ausgestaltung, wonach eine Halterung des Rührwerks durch den Dom vermittels weiterer Bauteile erfolgt. Entsprechend wird in Figur 2, welche einleitend wiedergegeben ist, eine Ausgestaltung gezeigt, bei welcher das Rührwerk 11 mittels einer Welle und einem Kupplungsglied an dem Dom 24 gehalten und nicht lediglich hindurchgeführt wird. Figur 3, welche auch einleitend wiedergegeben ist und die Unteransicht des Rührgefäßes mit Blick auf das Widerstands-Heizelement zeigt, zeigt den Dom 24 und mit dem Bezugszeichen 18 ein Kupplungsglied für das Rührwerk. Auch hier wird mithin eine Ausgestaltung gezeigt, bei welcher der Dom, vermittels weiterer Bauteile, eine Halterung des Rührwerks bewirkt.
- Der vom Klagepatent in Bezug genommene Stand der Technik, hinsichtlich dessen Offenbarung das Klagepatent die identische Formulierung wie in Merkmal 1.2 wählt, zeigt mithin eine Ausgestaltung, bei welcher der Dom eine räumlich-körperliche Ausgestaltung aufweist, dass er eine Halterung des Rührwerks – mittels weiterer Bauteile – bewerkstelligt. Der Fachmann, der diese Formulierung und den damit in Bezug genommenen Stand der Technik wahrnimmt, erkennt daher, dass der Dom hinsichtlich der Halterung in der Weise ausgestaltet sein muss, dass eine Halterung des Rührwerks tatsächlich erfolgen kann.
- Dem steht nicht entgegen, dass das Klagepatent selbst in seinen zeichnerischen Darstellungen bevorzugter Ausführungsformen keine näheren Angaben zur Ausgestaltung der Halterung durch den Dom macht. Denn die Zeichnungen zeigen hinsichtlich des maßgeblichen Bereichs des Doms keine Details, so dass der Fachmann diesem Umstand nichts entnehmen kann.
- Soweit die Klägerin meint, dass der Begriff der Halterung nicht so zu verstehen sei, dass der Dom selbst zur vollständigen Fixierung des Rührwerks dient, da das Rührwerk durch den Dom selbst nur hindurchtritt, ist dies insoweit zutreffend, als keine abschließende Halterung des Rührwerks durch den Dom erfolgen muss; weitere Bauteile können an der entsprechenden Halterung mitwirken. Eine Halterung ohne räumlich-körperliche Wechselwirkung zwischen Halterung und Dom ist indes von der Lehre nach dem Klagepatent nicht umfasst. Entsprechend ist auch nicht zu erkennen, dass der Dom lediglich einer Beabstandung des Bodens vom Gefäßboden dienen soll. Ein solches Verständnis kann weder dem Patentanspruch noch der Beschreibung des Klagepatentes entnommen werden.
- b)
Ausgehend von dem vorstehend beschriebenen Verständnis des Merkmals 1.2 macht die angegriffene Ausführungsform von dem Merkmal 1.2 keinen Gebrauch. Denn bei der angegriffenen Ausführungsform wird das Rührwerk – wie zwischen den Parteien unstreitig ist – lediglich durch den Dom hindurchgeführt. Der Dom ist indes nicht in der Weise ausgestaltet, dass er eine Halterung für das Rührwerk aufweist. - c)
Mangels Verletzung des Klagepatentes stehen der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche nicht zu. - II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. - Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 und 2 ZPO.
- Der Streitwert des Verfahrens wird auf X € festgesetzt.