4c O 26/20 – Erkennungsverfahren für bewegliche Objekte

Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3180

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 07. Dezember 2021, Az. 4c O 26/20

  1. I. Die Klage wird abgewiesen.
    II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
    III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
  2. Tatbestand
  3. Die Klägerin ist alleinverfügungsberechtigte, eingetragene Inhaberin des Europäischen Patents EP 2 732 XXX B1 (Anlage rop C1, im Folgenden: Klagepatent). Daraus geht sie gegen die Beklagte vor und nimmt diese auf Unterlassung, Rechnungslegung, Rückruf und auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung in Anspruch.
  4. Das Klagepatent wurde am 12.07.2012 in englischer Verfahrenssprache unter Inanspruchnahme zweier Prioritäten vom 15.07.2011 (DK 201100XXX und US 201161508XXX P) angemeldet. Der Hinweis auf die Anmeldung wurde am 21.05.2014 offengelegt und derjenige der Erteilung wurde am 05.09.2018 bekanntgemacht. Das Klagepatent steht auch mit Wirkung für die Bundesrepublik in Kraft. Über die seitens der Beklagten am 31.08.2020 erhobene Nichtigkeitsklage (vgl. Anlage HL5, Anlagenkonvolut HL 6) ist bislang nicht entschieden worden. Das Klagepatent betrifft die Erkennung eines beweglichen Objekts beim 3D-Scannen eines starren Objekts. Die hier nebeneinander geltend gemachten Ansprüche 1 und 15 des Klagepatents haben nachfolgenden Wortlaut:
  5. Anspruch 1 heißt in englischer Verfahrenssprache:
    „A method for detecting a movable object in a location, when scanning a rigid object in the location by means of a 3D scanner for generating a virtual 3D model of the rigid object, wherein the method comprises: – providing a first 3D representation of at least part of a surface by scanning at least part of the location; – providing a second 3D representation of at least part of the surface by scanning at least part of the location; – determining for the first 3D representation a first excluded volume in space where no surface can be present; – determining for the second 3D representation a second excluded volume in space where no surface can be present; – if a portion of the surface in the first 3D representation is located in space in the second excluded volume, the portion of the surface in the first 3D representation is disregarded in the generation of the virtual 3D model, and/or – if a portion of the surface in the second 3D representation is located in space in the first excluded volume, the portion of the surface in the second 3D representation is disregarded in the generation of the virtual 3D model; – where the disregarding of surface portions corresponds to detecting and disregarding portions of the movable object which were only present in some of the 3D representations.“
  6. Die deutsche Übersetzung des Anspruchs 1 lautet:
    „Verfahren zur Erkennung eines beweglichen Objekts an einem Ort, wenn ein starres Objekt an dem Ort mittels eines 3D-Scanners zur Erzeugung eines virtuellen 3D-Modells des starren Objekts gescannt wird, wobei das Verfahren umfasst: – Bereitstellen einer ersten 3D-Darstellung von mindestens einem Teil einer Oberfläche durch Scannen von mindestens einem Teil des Ortes; – Bereitstellen einer zweiten 3D-Darstellung von mindestens einem Teil einer Oberfläche durch Scannen von mindestens einem Teil des Ortes; – Bestimmen eines ersten ausgeschlossenen Volumens im Raum, in dem keine Oberfläche vorhanden sein kann, für die erste 3D-Darstellung; – Bestimmen eines zweiten ausgeschlossenen Volumens im Raum, in dem keine Oberfläche vorhanden sein kann, für die zweite 3D-Darstellung; – wenn ein Teil der Oberfläche in der ersten 3DDarstellung im Raum in dem zweiten ausgeschlossenen Volumen angeordnet ist, dann wird der Teil der Oberfläche in der ersten 3D-Darstellung bei der Erzeugung des virtuellen 3D-Modells nicht berücksichtigt und/oder – wenn ein Teil der Oberfläche in der zweiten 3D-Darstellung im Raum in dem ersten ausgeschlossenen Volumen angeordnet ist, dann wird der Teil der Oberfläche in der zweiten 3D-Darstellung bei der Erzeugung des virtuellen 3D-Modells nicht berücksichtigt; – wobei die Nichtberücksichtigung von Oberflächenteilen der Erkennung und Nichtberücksichtigung von Teilen des beweglichen Objekts entspricht, die nur in einigen der 3D-Darstellungen vorhanden waren.“
  7. Anspruch 15 hat folgenden englischsprachigen Wortlaut:
    „A system for detecting a movable object in a location, when scanning a rigid object in the location by means of a 3D scanner for generating a virtual 3D model of the rigid object, wherein the system comprises: – means for providing a first 3D representation of at least part of a surface by scanning at least part of the location; – means for providing a second 3D representation of at least part of the surface by scanning at least part of the location; – means for determining for the first 3D representation a first excluded volume in space where no surface can be present; – means for determining for the second 3D representation a second excluded volume in space where no surface can be present; – means for disregarding the portion of the surface in the first 3D representation in the generation of the virtual 3D model, if a portion of the surface in the first 3D representation is located in space in the second excluded volume, and/or – means for disregarding the portion of the surface in the second 3D representation in the generation of the virtual 3D model, if a portion of the surface in the second 3D representation is located in space in the first excluded volume; – where the means for disregarding of surface portions corresponds to means for detecting and disregarding portions of the movable object which were only present in some of the 3D representations.“
  8. Übersetzt heißt Anspruch 15:
    „System zur Erkennung eines beweglichen Objekts an einem Ort, wenn ein starres Objekt an dem Ort mittels eines 3D-Scanners zur Erzeugung eines virtuellen 3D-Modells des starren Objekts gescannt wird, wobei das System umfasst: – Mittel zum Bereitstellen einer ersten 3D-Darstellung von mindestens einem Teil einer Oberfläche durch Scannen von mindestens einem Teil des Ortes; – Mittel zum Bereitstellen einer zweiten 3D-Darstellung von mindestens einem Teil der Oberfläche durch Scannen von mindestens einem Teil des Ortes; – Mittel zum Bestimmen eines ersten ausgeschlossenen Volumens im Raum, in dem keine Oberfläche vorhanden sein kann, für die erste 3D-Darstellung; – Mittel zum Bestimmen eines zweiten ausgeschlossenen Volumens im Raum, in dem keine Oberfläche vorhanden sein kann, für die zweite 3D-Darstellung; – Mittel zur Nichtberücksichtigung des Teils der Oberfläche in der ersten 3D-Darstellung bei der Erzeugung des virtuellen 3D-Modells, wenn ein Teil der Oberfläche in der ersten 3D-Darstellung im Raum in dem zweiten ausgeschlossenen Volumen angeordnet ist, und/oder – Mittel zur Nichtberücksichtigung des Teils der Oberfläche in der zweiten 3D-Darstellung bei der Erzeugung des virtuellen 3D-Modells, wenn ein Teil der Oberfläche in der zweiten 3D-Darstellung im Raum in dem ersten ausgeschlossenen Volumen angeordnet ist; wobei die Mittel zur Nichtberücksichtigung von Oberflächenteilen Mitteln zur Erkennung und Nichtberücksichtigung von Teilen des beweglichen Objekts entsprechen, die nur in einigen der 3D-Darstellungen vorhanden waren.“
  9. Die Klägerin verfolgt den Anspruch 1 vorliegend in nachfolgend wiedergegebener eingeschränkter Fassung (Hervorhebungen diesseits):
  10. „Verfahren zur Erkennung eines beweglichen Objekts an einem Ort, wenn ein starres Objekt an dem Ort mittels eines 3D-Scanners zur Erzeugung eines virtuellen 3D-Modells des starren Objekts gescannt wird, wobei ein Spiegel in einem Scankopf des Scanners vorsieht, dass die Lichtstrahlen von der Lichtquelle in dem Scanner mit einem Winkel relativ zu der Öffnung des Scankopfes übertragen werden; wobei das Verfahren umfasst: – Bereitstellen einer ersten 3D-Darstellung von mindestens einem Teil einer Oberfläche durch Scannen von mindestens einem Teil des Ortes; – Bereitstellen einer zweiten 3D-Darstellung von mindestens einem Teil einer Oberfläche durch Scannen von mindestens einem Teil des Ortes; – Bestimmen eines ersten ausgeschlossenen Volumens im Raum, in dem keine Oberfläche vorhanden sein kann, für die erste 3D-Darstellung; – Bestimmen eines zweiten ausgeschlossenen Volumens im Raum, in dem keine Oberfläche vorhanden sein kann, für die zweite 3D-Darstellung; – wenn ein Teil der Oberfläche in der ersten 3D-Darstellung im Raum in dem zweiten ausgeschlossenen Volumen angeordnet ist, dann wird der Teil der Oberfläche in der ersten 3D-Darstellung bei der Erzeugung des virtuellen 3D-Modells nicht berücksichtigt und/oder – wenn ein Teil der Oberfläche in der zweiten 3D-Darstellung im Raum in dem ersten ausgeschlossenen Volumen angeordnet ist, dann wird der Teil der Oberfläche in der zweiten 3D-Darstellung bei der Erzeugung des virtuellen 3D-Modells nicht berücksichtigt; – wobei die Nichtberücksichtigung von Oberflächenteilen der Erkennung und Nichtberücksichtigung von Teilen des beweglichen Objekts entspricht, die nur in einigen der 3D-Darstellungen vorhanden waren.“
  11. Nachfolgende Figuren sind der Klagepatentschrift entnommen und veranschaulichen die erfindungsgemäße Lehre. Die Figur 1 zeigt ein Beispiel für ein Flussidagramm des Verfahrens zur Erkennung eines beweglichen Objekts an einem Ort, wenn ein starres Objekt an dem Ort mittels eines 3D-Scanners zur Erzeugung eines virtuellen 3D-Modells des starren Objekts gescannt wird. In der Figur 8 wird ein ausgeschlossenes Volumen veranschaulicht. Die Figuren 10 und 11 zeigen jeweils ein Beispiel für ein Scannen eines Zahns und Erfassen einer ersten und einer zweiten Darstellung der Oberfläche des Zahns, in welchem ein bewegliches Objekt in einem Teil einer Darstellung aufgenommen wurde, wobei sich dieses Objekt in der Figur 10 in der ersten Darstellung und in Figur 11 in der zweiten Darstellung befindet.
  12. Bei der Klägerin handelt es sich um ein Unternehmen, das auf die Entwicklung von 3D-Scannern und Software zur visuellen Darstellung und Weiterverarbeitung der Scan-Daten insbesondere im Bereich der Dentaltechnologie spezialisiert ist.
  13. Auch die Beklagte ist auf diesem Gebiet tätig und stellt in Korea 3D-Scanner her, welche sie weltweit zusammen mit entsprechender Betriebssoftware vertreibt. Ihre Angebote betreffen insbesondere 3D-Mess- und CAD/CAM-Lösungen für Zahnkliniken und -labore. Auf ihrer Website, abrufbar unter der Domain www.A.com, bewirbt die Beklagte ihre Produkte, insbesondere den sondenförmigen Handscanner A X für Anwendungen im Dentalbereich (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform). Sowohl die Startseite der Website als auch die Produktseite für die angegriffene Ausführungsform sind auf Deutsch gestaltet (Anlagen rop 3, rop 4). Die angegriffene Ausführungsform wird weiterhin in der deutschsprachigen Web-Broschüre (Anlage rop 5) herausgestellt. Die Beklagte stellt auf der Homepage eine direkte Kaufmöglichkeit zur Verfügung, indem man Kontaktdaten hinterlassen und sodann über Betätigung des Buttons „Jetzt Kaufen“ ein Angebot der Beklagten erhalten kann (vgl. Anlage rop 4). Auch über einen deutschsprachigen Online-Shop (der Beklagten) ist die angegriffene Ausführungsform erhältlich.
  14. Die zusammen mit der angegriffenen Ausführungsform gelieferte Software trägt die Bezeichnung iScan und befindet sich derzeit in der Version v1.4 als Teil des Programmpakets A Link; sie ist auf handelsüblichen Computern installierbar. Sie verfügt insbesondere über die Funktion „B“, welche bereits in der Software-Version 1.2 vorgestellt wurde. Sowohl in der Product Knowledge-Datenbank der Beklagten als auch über das Hilfecenter auf ihrer Website werden die neuen Funktionen des Global B erläutert (vgl. Anlage rop C5, C6).
    Auch auf der sozialen Internetplattform Facebook unterhält die Beklagte eine Gruppe, in der einzelne Funktionen ihrer Geräte, insbesondere der angegriffenen Ausführungsform, und Software erläutert und Fragen von Benutzern erörtert werden (Anlage rop 8). Abrufbar ist dort zudem das als Anlage rop C10 zur Akte gereichte Video, welches die Funktion „B“ veranschaulicht, indem ein einzelner Kunstzahn mit Zahnfleisch, montiert auf einem Zylinder, mit der angegriffenen Ausführungsform gescannt wird. Hinsichtlich der Funktionsweise der angegriffenen Ausführungsform steht zwischen den Parteien grundsätzlich außer Streit, dass unterschiedliche Filter wie Smart Scan Filter, Local Filter, Global Filter zur Anwendung kommen können, die dazu dienen, Scanungenauigkeiten auszubessern.
  15. Mit anwaltlichem Schreiben vom 11.10.2019 (Anlage rop C12) machte die Klägerin die Beklagte auf die behauptete Patentverletzung aufmerksam.
  16. Zwischen den Parteien ist ebenfalls vor der Kammer das parallele Verfahren 4c O 27/20 anhängig. Bereits entschieden hat die Kammer über das unter dem Az. 4c O 11/19 geführte Ausgangsverfahren sowie die unter dem Az. 4c O 67/19 geführte erste Klageerweiterung.
  17. Die Klägerin meint, die angegriffene Ausführungsform zusammen mit der Scan-Software würde wortsinngemäßen mittelbaren Gebrauch von dem Vorrichtungsanspruch machen, der dadurch realisiert werde, dass die Beklagte dem Anwender der Software Lizenzen anbietet, was unstreitig ist. Damit, so meint die Klägerin, mache sich die Beklagte eine der Klägerin vorbehaltene Verwertungsmöglichkeit des Patents zu eigen. Für den Verfahrensanspruch liege zudem eine unmittelbare Verletzung vor, indem die Beklagte das Verfahren anbiete.
  18. Die Klägerin ist der Ansicht, dass es das Klagepatent nicht erfordere, den Raum zwischen Scannerkopf und einer erfassten (ersten/zweiten) Oberfläche vollständig für die Bestimmung eines ersten bzw. zweiten Volumens heranzuziehen. Gleichermaßen sei es zulässig, das ausgeschlossene Volumen kleiner zu bestimmen, was die im Klagepatent vorgesehene Möglichkeit eines entfernten bzw. nahen Schwellenabstands zeige. Die gebildeten ausgeschlossenen Volumina müssten sodann daraufhin überprüft werden, ob eine Oberfläche innerhalb des jeweils anderen ausgeschlossenen Volumens liege. Insoweit könne nach der erfindungsgemäßen Lehre sowohl auf Oberflächenabschnitte reagiert werden, die innerhalb des zweiten Volumens lägen, als auch auf solche, die innerhalb des ersten Volumens lägen. Das Nichtberücksichtigen dieser Oberflächenabschnitte könne deshalb durch ein (nachträgliches) Löschen erfolgen oder dadurch, dass bestimmte Scandaten überhaupt nicht in ein zu erstellendes virtuellen 3D-Modells eingegeben würden.
  19. Die Klägerin behauptet, dass aus einem in der Facebook-Gruppe der Beklagten verfügbaren Video die Funktion des Bs und somit die Klagepatentverletzung hervorgehe. Es sei zu sehen, wie zunächst drei Finger des Benutzers des Scanners den zu scannenden Kunstzahn im Bereich des Zahnfleisches kurz unterhalb der Zahnkrone festhalten würden; diese Finger erschienen sodann in dem korrespondierenden digitalen 3D-Modell auf dem Bildschirm. Nachdem der Benutzer umgegriffen habe und nun den Zylinder unterhalb des Zahns festhalte, befänden sich die Finger außerhalb des Scan-Bereichs und erschienen daher nicht mehr im Bild. Zudem sei zu sehen, dass die zunächst im 3D-Modell dargestellten Finger mit zunehmendem Scan-Fortschritt verschwänden. Dies beruhe, wie die Klägerin meint, darauf, dass für jede 3D-Darstellung ein ausgeschlossenes Volumen gebildet werde, namentlich der Raum zwischen der gescannten Oberfläche und dem Kopf des Scanners. Abhängig davon, ob sich auf der jeweils anderen Scan-Darstellung Oberflächen in diesen Volumina befänden, würden die entsprechend störenden Oberflächen in der Scan-Darstellung gelöscht. Bei der Kombination des Local und des Global Filters in der angegriffenen Ausführungsform würden bestimmte Oberflächen in der Scan-Darstellung außer Acht gelassen. Der nach dem Global Filter gebildete Sperrbereich in einer ersten Scan-Darstellung sei ein erstes ausgeschlossenes Volumen, in welchem sich bei einem Abgleich mit einem anderen Scan keine Oberfläche befinden dürfe. Der Local Filter stelle ein zweites ausgeschlossenes Volumen bereit, indem für den zweiten Sub-Scan eine Vielzahl von Vektoren erzeugt werde, die sich auf den Raum zwischen dem Scannerkopf und die zweite Oberfläche bezögen. Wenn danach festgestellt werde, dass in der ersten Darstellung unerwünschte Daten vorhanden seien, würden diese aus der Darstellung des 3D-Modells gelöscht.
  20. Die geltend gemachten Unterlassungsansprüche unterlägen einem Schlechthinverbot. Der Beklagten sei es ohne weiteres möglich, die Software derart abzuändern, dass die beiden Filter nicht mehr in Kombination miteinander benutzt werden könnten. Die grundsätzliche Benutzungsmöglichkeit der angegriffenen Ausführungsform bleibe dabei bestehen. Zudem sei der Rückrufanspruch auch verhältnismäßig. Die Klägerin erklärt sich mit Nichtwissen zum Bestehen einer patentfreien Ausweichlösung. Insoweit habe die Beklagte nicht konkretisiert, worin diese bestehen solle. Die Beklagte könnte dem Rückruf zudem mit einer Vernichtung der streitgegenständlichen Filterfunktionen zuvorkommen und ein Software-Update durchführen.
  21. Der Rechtsstreit sei schließlich auch nicht auszusetzen, weil sich das Klagepatent im Nichtigkeitsverfahren als rechtsbeständig erweisen werde.
  22. Die Klägerin beantragt,
  23. I. die Beklagte zu verurteilen,
    1.
    a) es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft am Geschäftsführer der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen,
  24. 3D-Scan-Software und/oder mit dieser Scan-Software betreibbare Scanner,
    die geeignet sind zur Durchführung eines Verfahrens zur Erkennung eines beweglichen Objekts an einem Ort, wenn ein starres Objekt an dem Ort mittels eines 3D-Scanners zur Erzeugung eines virtuellen 3D-Modells des starren Objekts gescannt wird, wobei ein Spiegel in einem Scankopf des Scanners vorsieht, dass die Lichtstrahlen von der Lichtquelle in dem Scanner mit einem Winkel relativ zu der Öffnung des Scankopfes übertragen werden, wobei das Verfahren umfasst:
    – Bereitstellen einer ersten 3D-Darstellung von mindestens einem Teil einer Oberfläche durch Scannen von mindestens einem Teil des Ortes;
    – Bereitstellen einer zweiten 3D-Darstellung von mindestens einem Teil der Oberfläche durch Scannen von mindestens einem Teil des Ortes;
    – Bestimmen eines ersten ausgeschlossenen Volumens im Raum, in dem keine Oberfläche vorhanden sein kann, für die erste 3D-Darstellung;
    – Bestimmen eines zweiten ausgeschlossenen Volumens im Raum, in dem keine Oberfläche vorhanden sein kann, für die zweite 3D-Darstellung;
    – wenn ein Abschnitt der Oberfläche in der ersten 3D-Darstellung im Raum in dem zweiten ausgeschlossenen Volumen angeordnet ist, dann wird der Abschnitt der Oberfläche in der ersten 3D-Darstellung bei der Erzeugung des virtuellen 3D-Modells nicht berücksichtigt und/oder
    – wenn ein Abschnitt der Oberfläche in der zweiten 3D-Darstellung im Raum in dem ersten ausgeschlossenen Volumen angeordnet ist, dann wird der Abschnitt der Oberfläche in der zweiten 3D-Darstellung bei der Erzeugung des virtuellen 3D-Modells nicht berücksichtigt;
    – wobei die Nichtberücksichtigung von Oberflächenabschnitten der Erkennung und Nichtberücksichtigung von Abschnitten des bewegliehen Objekts entspricht, die nur in einigen der 3D-Darstellungen vorhanden waren,
    in der Bundesrepublik Deutschland Abnehmern zur Benutzung in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder an solche zu liefern,
  25. b) es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft am Geschäftsführer der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen,
    Verfahren zur Erkennung eines beweglichen Objekts an einem Ort, wenn ein starres Objekt an dem Ort mittels eines 3D-Scanners zur Erzeugung eines virtuellen 3D-Modells des starren Objekts gescannt wobei ein Spiegel in einem Scankopf des Scanners vorsieht, dass die Lichtstrahlen von der Lichtquelle in dem Scanner mit einem Winkel relativ zu der Öffnung des Scankopfes übertragen werden, wobei das Verfahren umfasst:
  26. – Bereitstellen einer ersten 3D-Darstellung von mindestens einem Teil einer Oberfläche durch Scannen von mindestens einem Teil des Ortes;
    – Bereitstellen einer zweiten 3D-Darstellung von mindestens einem Teil der Oberfläche durch Scannen von mindestens einem Teil des Ortes;
    – Bestimmen eines ersten ausgeschlossenen Volumens im Raum, in dem keine Oberfläche vorhanden sein kann, für die erste 3D-Darstellung;
    – Bestimmen eines zweiten ausgeschlossenen Volumens im Raum, in dem keine Oberfläche vorhanden sein kann, für die zweite 3D-Darstellung;
    – wenn ein Abschnitt der Oberfläche in der ersten 3D-Darstellung im Raum in dem zweiten ausgeschlossenen Volumen angeordnet ist, dann wird der Abschnitt der Oberfläche in der ersten 3D-Darstellung bei der Erzeugung des virtuellen 3D-Modells nicht berücksichtigt und/oder
    – wenn ein Abschnitt der Oberfläche in der zweiten 3D-Darstellung im Raum in dem ersten ausgeschlossenen Volumen angeordnet ist, dann wird der Abschnitt der Oberfläche in der zweiten 3D-Darstellung bei der Erzeugung des virtuellen 3D-Modells nicht berücksichtigt;
    – wobei die Nichtberücksichtigung von Oberflächenabschnitten der Erkennung und Nichtberücksichtigung von Abschnitten des bewegliehen Objekts entspricht, die nur in einigen der 3D-Darstellungen vorhanden waren,
  27. in der Bundesrepublik Deutschland Dritten zur Anwendung in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten;
  28. c) es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft am Geschäftsführer der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen, Systeme zur Erkennung eines beweglichen Objekts an einem Ort, wenn ein starres Objekt an dem Ort mittels eines 3D-Scanners zur Erzeugung eines virtuellen 3D-Modells des starren Objekts gescannt wird, wobei ein Spiegel in einem Scankopf des Scanners vorsieht, dass die Lichtstrahlen von der Lichtquelle in dem Scanner mit einem Winkel relativ zu der Öffnung des Scankopfes übertragen werden, wobei das System umfasst:
    – Mittel zum Bereitstellen einer ersten 3D-Darstellung von mindestens einem Teil einer Oberfläche durch Scannen von mindestens einem Teil des Ortes;
    – Mittel zum Bereitstellen einer zweiten 3D-Darstellung von mindestens einem Teil einer Oberfläche durch Scannen von mindestens einem Teil des Ortes;
    – Mittel zum Bestimmen eines ersten ausgeschlossenen Volumens im Raum, in dem keine Oberfläche vorhanden sein kann, für die erste 3D-Darstellüng;
    – Mittel zum Bestimmen eines zweiten ausgeschlossenen Volumens im Raum, in dem keine Oberfläche vorhanden sein kann, für die zweite 3D-Darstellung;
    – Mittel zur Nichtberücksichtigung des Abschnitts der Oberfläche in der ersten 3D-Darstellung bei der Erzeugung des virtuellen 3D-Modells, wenn ein Abschnitt der Oberfläche in der ersten 3D-Darstellung im Raum in dem zweiten ausgeschlossenen Volumen angeordnet ist, und/oder
    – Mittel zur Nichtberücksichtigung des Abschnitts der Oberfläche in der zweiten 3D-Darstellung bei der Erzeugung des virtuellen 3D-Modells, wenn ein Abschnitt der Oberfläche in der zweiten 3D-Darstellung im Raum in dem ersten ausgeschlossenen Volumen angeordnet ist;
    – wobei die Mittel zur Nichtberücksichtigung von Oberflächenabschnitten Mitteln zur Erkennung und Nichtberücksichtigung von Abschnitten des beweglichen Objekts entsprechen, die nur in einigen der 3D-Darstellungen vorhanden waren,
    in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen;
  29. hilfsweise werden die Anträge zu Ziff. 1a. bis 1c. ohne den Zusatz: „wobei ein Spiegel in einem Scankopf des Scanners vorsieht, dass die Lichtstrahlen von der Lichtquelle in dem Scanner mit einem Winkel relativ zu der Öffnung des Scankopfes übertragen werden“ gestellt;

    2. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses in elektronischer Form vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 05.10.2018 begangen hat, und zwar unter Angabe
    a) der einzelnen Lieferungen, Bestellungen und Downloads, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Liefer- und Bestellmengen, Liefer- und Bestellzeiten, Anzahl und Zeiten der Downloads, den für Lieferungen, Bestellungen und Downloads gezahlten Preise, sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer und der Verkaufsstellen, für welche die Erzeugnisse bestimmt waren,
    b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
    c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Herstellungs- und Verbreitungsauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
    d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
    wobei die Beklagte hinsichtlich der Angaben zu lit. a) Rechnungen, und für den Fall, dass keine Rechnungen vorhanden sind, Lieferscheine vorzulegen hat und
    wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nicht-gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernimmt und ihn ermächtigt, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter nicht-gewerblicher Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist;

  30. 3. die vorstehend zu Ziffer I.1 c) bezeichneten, seit dem 05.10.2018 im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen gewerblichen Abnehmer, denen durch die Beklagte oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass das Gericht mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatents EP 2 732 XXX B1 erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagte zurückzugeben und ihnen für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe verbindlich zugesagt wird;
    II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziffer I.1 bezeichneten, seit dem 05.10.2018 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
  31. Die Beklagte beantragt,
  32. die Klage abzuweisen,
  33. hilfsweise den Rechtsstreit bis zu einer erstinstanzlichen Entscheidung über die zum Bundespatentgericht eingereichte Nichtigkeitsklage auszusetzen.
  34. Sie meint, die angegriffene Ausführungsform mache in keiner Weise Gebrauch von der erfindungsgemäßen Lehre. Die angegriffene Scansoftware verfüge zwar grundsätzlich über unterschiedliche Filtermöglichkeiten. Der Smart Scan Filter filtere für die bereits erstellte 3D-Scan-Darstellung bestimmte Objekte heraus. Der Local Filter sei in der Software standardmäßig vorgesehen und in der Lage, Rauschsignale aus Scanbildern herauszufiltern und so durch Kombination mehrerer Scans einen fehlerfreien Scan zu erstellen. Dies geschehe mittels einer Vielzahl von Vektoren von einem virtuellen Empfangspunkt des Scanners zu der erfassten (ersten) Oberfläche, wo sodann für jeden Oberflächenpunkt der ersten Oberfläche von einem Algorithmus bestimmt werde, ob er sich mit dem verlängerten Vektor zur zweiten Oberfläche des zweiten Scans schneide. Sofern dem so sei, werde der Oberflächenpunkt der ersten Oberfläche aus der Darstellung entfernt. Dabei könne die angegriffene Ausführungsform immer nur Veränderungen an dem ersten Scan vornehmen; aus einem zweiten Scan könnten keine Objekte mit dem Local Filter herausgefiltert werden. Insgesamt werde nach der Funktionsweise der angegriffenen Ausführungsform kein ausgeschlossenes Volumen gebildet, welches sodann mit demjenigen eines anderen Scan verglichen werden könne. Der weiterhin vorhandene Global Filter müsse durch den Nutzer der Software gesondert aktiviert werden; er komme nicht standardmäßig zum Einsatz. Ferner habe er nur für die Fälle Relevanz, in denen erst im zweiten Scan ein Rauschen/Störfaktor auftrete. Die anderen Fälle mit Rauschen im ersten Scan würden bereits vollständig durch den Local Filter behoben. Der Global Filter demgegenüber definiere in einem ersten Scan einen Sperrbereich, der durch die erfasste Oberfläche und eine vorbestimmte Höhe beschrieben werde. Daher habe er immer einen gewissen Abstand zur gescannten Oberfläche und zum Scannerkopf. Soweit der zweite Scan ein Rauschen aufweise, werde überprüft, ob sich das bewegliche Objekt innerhalb des Sperrbereichs des ersten Scans befinde. Dafür werde im zweiten Scan kein zweiter Sperrbereich bestimmt. Das auf ein bewegliches Objekt zurückzuführende Rauschen werde aus der zweiten Darstellung entfernt. Ebenso wenig verletze der Filter für kleine Cluster die erfindungsgemäße Lehre. Er werde nur am Ende des Scanvorgangs angewendet und helfe, einzelne Ausreißer oder kleiner Ausreißergruppen, die nicht zuordbar seien, zu eliminieren.
  35. Die Beklagte ist daher der Ansicht, keinen unmittelbaren Gebrauch vom Verfahrensanspruch zu machen, da sie allenfalls Vorrichtungen anbiete, mithilfe derer dieses Verfahren ausgeführt werden könne. Insoweit habe die Beklagte weder Kenntnis, noch sei es offensichtlich, dass es zu einer patentverletzenden Anwendung des Verfahrens durch ihre Abnehmer komme. Die Einräumung einer Lizenz während des Installationsvorgangs sei schließlich auch kein hinreichender Anknüpfungspunkt für eine unmittelbare Patentverletzung. Es scheide zudem ein Schlechthinverbot aus, weil nicht ersichtlich sei, dass es an patentfreien Nutzungsmöglichkeiten mangele. Es liege auch nicht eine solche Sonderkonstellation vor, wonach zwar eine patenfreie Verwendung in Betracht komme, diese Benutzung aber auf eine Ausgestaltung nach der Lehre des Klagepatents gar nicht angewiesen sei. Die Klägerin habe hierzu schon nicht einlassungsfähig vorgetragen. Der Rückruf sei unverhältnismäßig. Denn nach Aufspielen eines Softwareupdates verfüge die Beklagte über eine patentfreie Ausweichtechnik, worüber die Auswahloptionen einzelner Filter geändert werden könnten.
  36. Der Rechtsstreit sei jedenfalls auszusetzen, weil sich das Klagepatent als nichts rechtsbeständig erweisen werde. Ihm könnten mit Erfolg die Druckschriften WO 01/80XXX A2 (Anlage HLNK8; im Folgenden: HLNK 8), US 2009/0316XXX A1 (Anlage HLNK 9; im Folgenden: HLNK 9) sowie die JP 2001-119XXX (Anlage HLNK10, 10a; im Folgenden: NLNK 10a) neuheitsschädlich entgegengehalten werden; entsprechendes gelte für die WO 2012/115XXX A2 (Anlage HLNK 11; im Folgenden: HLNK 11).
  37. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zur Akte gereichten Schriftstücke nebst Anlage Bezug genommen.
  38. Entscheidungsgründe
  39. A.
    Die zulässige Klage ist unbegründet.
  40. I.
    Das Klagepatent betrifft ein Verfahren zur Erkennung eines beweglichen Objekts an einem Ort, wenn ein starres Objekt an dem Ort mittels eines 3D-Scanners zur Erzeugung eines virtuellen 3D-Modells des starren Objekts gescannt wird. Insbesondere ist die Erfindung auf das Scannen des Gebisses eines Pateinten in dem Mund des Patienten mittels eines tragbaren Scanners gerichtet (vgl. Abs. [0001]).
  41. Aus dem Stand der Technik war, wie das Klagepatent in Abs. [0002] erläutert, bekannt, einen Zahnabdruck der Zähne des Patienten zu nehmen, wenn dieser Zahnersatz benötigte. Durch den Abdruck mittels eines zunächst viskosen flüssigen Materials wird eine detaillierte und stabile Zahnnachbildung erhalten. Weiche bewegliche Backenteile etwa werden durch entsprechende Wangenteile daran gehindert, nachteilig auf den Abdruck einzuwirken. Inzwischen ist bekannt, für derlei Abdrücke eine direkte 3D-Aufnahme der Zähne unter Verwendung eines intraoralen tragbaren 3D-Scanners zu nehmen. Bei dieser Vorgehensweise bestand die Gefahr, dass bewegliche Objekte wie Backen, Zunge oder die zahnärztlichen Instrumente bzw. Finger des Zahnarztes in den Scan-Bildern aufgenommen wurden, weil sie sich zwischen der Oberfläche der Zähne und dem Scanner befinden. Dadurch wird die Sicht auf die Zähne behindert. Zugleich war es wahrscheinlich, dass sich diese Objekte aufgrund ihrer Beweglichkeit nur in einem oder in wenigen Sub-Scans des gleichen Teils des starren Objekts befinden und daher die Sicht auf die Zähne nur für eine kurze Zeit blockieren. Problematisch war in diesen Fällen, zwischen der Oberfläche des beweglichen und des starren Objekts zu unterscheiden und nur die von dem starren Objekt stammenden Oberflächen in das virtuelle 3D-Modell einzubeziehen (vgl. Abs. [0004]). Abs. [0005] führt dazu ergänzend aus, dass Geometrie- und Farbdaten herangezogen wurden, um zwischen einem ersten und einem zweiten Gewebe zu unterscheiden.
  42. Das Klagepatent würdigt in Abs. [0006] die EP 1607041 B als vorbekannt, die ein Verfahren zum Bereitstellen von Daten, die bei Vorgängen in Verbindung mit der Mundhöhle nützlich sind, betrifft und dazu auch auf Oberflächengeometrie- und Farbdaten zurückgreift, wobei mindestens ein Teil der Dateneinheiten Überlappungsraumdaten umfasst.
  43. In den Beschreibungsabsätzen [0007] bis [0012] verweist das Klagepatent auf diverse Fachaufsätze, denen allesamt zugrunde liegt, beim Scannen starrer 3D-Objekte unerwünschte bewegliche Objekte nicht zum Gegenstand der 3D-Darstellung werden zu lassen. Exemplarisch wird im Folgenden der in Abs. [0010] erläuterte Artikel „Change Detection in a 3-d World“ von Thomas Pollard et al. als Überblick dargestellt. Er thematisierte das Problem, Veränderungen in einer 3D-Szene aus einer Sequenz von Bildern zu erfassen, welche von Kameras mit beliebiger, jedoch bekannter Lage aufgenommen wurden. Zur Bewältigung der Unterschiede zwischen manchmal unbekannten und manchmal sich verändernden realen Oberflächen wird ein Voxel-basiertes 3D-Modell herangezogen, in dem Wahrscheinlichkeitsverteilungen für eine Oberflächenbelegung und eine Bilderscheinung in jedem Voxel gespeichert werden. Die Wahrscheinlichkeitsverteilungen werden an jedem Voxel aktualisiert, wenn neue Bilder empfangen werden. Aus diesen Werten kann abgeleitet werden, welche Art Oberfläche in einer Darstellung enthalten ist. Auch die in den weiteren Aufsätzen erläuterten Prinzipien nehmen – jeweils auf unterschiedliche Weise – einen Abgleich der Daten vor, um die relevanten Informationen für das Scanergebnis zu erhalten.
  44. Hieran kritisiert das Klagepatent das weiterhin bestehende Problem, zwischen beweglichen und starren Objekten zuverlässig zu unterscheiden, wenn beiderlei Objekte an einem Ort vorhanden sind, wenn an dem Ort gescannt wird, um ein virtuelles 3D-Modell des starren Objekts zu erhalten (Abs. [0013]).
  45. Das Klagepatent stellt sich daher die Aufgabe, ein Verfahren sowie ein System bereitzustellen, das die Erkennung eines beweglichen Objekts ermöglicht.
  46. Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent in Anspruch 1 ein Verfahren mit folgenden Merkmalen vor:
    1. Verfahren zur Erkennung eines beweglichen Objekts an einem Ort, wenn ein starres Objekt an dem Ort mittels eines 3D-Scanners zur Erzeugung eines virtuellen 3D-Modells des starren Objekts gescannt wird,
    1a. wobei ein Spiegel in einem Scankopf des Scanners vorsieht, dass die Lichtstrahlen von der Lichtquelle in dem Scanner mit einem Winkel relativ zu der Öffnung des Scankopfs übertragen werden;
  47. wobei das Verfahren umfasst:
  48. 2. Bereitstellen einer ersten 3D-Darstellung von mindestens einem Teil einer Oberfläche durch Scannen von mindestens einem Teil des Ortes;
    3. Bereitstellen einer zweiten 3D-Darstellung von mindestens einem Teil der Oberfläche durch Scannen von mindestens einem Teil des Ortes;
    4. Bestimmen eines ersten ausgeschlossenen Volumens im Raum, in dem keine Oberfläche vorhanden sein kann, für die erste 3D-Darstellung;
    5. Bestimmen eines zweiten ausgeschlossenen Volumens im Raum, in dem keine Oberfläche vorhanden sein kann, für die zweite 3D-Darstellung;
    6a. wenn ein Abschnitt der Oberfläche in der ersten 3D-Darstellung im Raum in dem zweiten ausgeschlossenen Volumen angeordnet ist, dann wird der Abschnitt der Oberfläche in der ersten 3D-Darstellung bei der Erzeugung des virtuellen 3D-Modells nicht berücksichtigt und/oder
    6b. wenn ein Abschnitt der Oberfläche in der zweiten 3D-Darstellung im Raum in dem ersten ausgeschlossenen Volumen angeordnet ist, dann wird der Abschnitt der Oberfläche in der zweiten 3D-Darstellung bei der Erzeugung des virtuellen 3D-Modells nicht berücksichtigt;
    7. wobei die Nichtberücksichtigung von Oberflächenabschnitten der Erkennung und Nichtberücksichtigung von Abschnitten des beweglichen Objekts entspricht, die nur in einigen der 3D-Darstellungen vorhanden waren.
  49. Das in Anspruch 15 unter Schutz gestellte System weist nachfolgende Merkmale auf:
  50. 1. System zur Erkennung eines beweglichen Objekts an einem Ort, wenn ein starres Objekt an dem Ort mittels eines 3D-Scanners zur Erzeugung eines virtuellen 3D-Modells des starren Objekts gescannt wird,
    1a. wobei ein Spiegel in einem Scankopf des Scanners vorsieht, dass die Lichtstrahlen von der Lichtquelle in dem Scanner mit einem Winkel relativ zu der Öffnung des Scankopfs übertragen werden;
  51. wobei das System umfasst:
  52. 2. Mittel zum Bereitstellen einer ersten 3D-Darstellung von mindestens einem Teil einer Oberfläche durch Scannen von mindestens einem Teil des Ortes;
    3. Mittel zum Bereitstellen einer zweiten 3D-Darstellung von mindestens einem Teil der Oberfläche durch Scannen von mindestens einem Teil des Ortes;
    4. Mittel zum Bestimmen eines ersten ausgeschlossenen Volumens im Raum, in dem keine Oberfläche vorhanden sein kann, für die erste 3D-Darstellung;
    5. Mittel zum Bestimmen eines zweiten ausgeschlossenen Volumens im Raum, in dem keine Oberfläche vorhanden sein kann, für die zweite 3D-Darstellung;
    6a. Mittel zur Nichtberücksichtigung des Abschnitts der Oberfläche in der ersten 3D-Darstellung bei der Erzeugung des virtuellen 3D- Modells, wenn ein Abschnitt der Oberfläche in der ersten 3D-Darstellung im Raum in dem zweiten ausgeschlossenen Volumen angeordnet ist, und/oder
    6b. Mittel zur Nichtberücksichtigung des Abschnitts der Oberfläche in der zweiten 3D-Darstellung bei der Erzeugung des virtuellen 3D-Modells, wenn ein Abschnitt der Oberfläche in der zweiten 3D-Darstellung im Raum in dem ersten ausgeschlossenen Volumen angeordnet ist,
    7. wobei die Mittel zur Nichtberücksichtigung von Oberflächenabschnitten Mitteln der Erkennung und Nichtberücksichtigung von Abschnitten des beweglichen Objekts entsprechen, die nur in einigen der 3D- Darstellungen vorhanden waren.
  53. II.
    Die Parteien streiten über das Verständnis der Merkmale 4 und 5. Da die Kammer schon deren Verwirklichung durch die angegriffene Ausführungsform nicht festzustellen vermag, bedarf es keiner Ausführungen zu den weiteren Anspruchsmerkmalen. Die nachfolgenden technischen Darstellungen orientieren sich am Verfahrensanspruch 1, gelten aber inhaltlich in identischer Weise für den Systemanspruch 15.
  54. 1.
    Merkmal 4 stellt das Bestimmen eines ersten ausgeschlossenen Volumens im Raum, in dem keine Oberfläche vorhanden sein kann, für die erste 3D-Darstellung unter Schutz.
  55. Das ausgeschlossene Volumen ist ein dreidimensionaler, leerer Raum in einer ersten Scan-Darstellung, der sich zwischen dem Kopf des Scanners und der zu scannenden Oberfläche befindet, wobei die seitliche Eingrenzung vom seitlichen Sichtbereich des Scanners begrenzt wird. Es kann sich um den vollständigen Bereich zwischen diesen äußeren Begrenzungspunkten handeln oder lediglich um einen abgrenzbaren Teilbereich davon. Das ausgeschlossene Volumen zeichnet sich durch die Grundannahme („vorhanden sein kann“) aus, dass sich jedenfalls in diesem Bereich kein anderer (beweglicher) Gegenstand/keine andere Oberfläche befindet.
  56. Ausgehend von dem rein-philologischen Verständnis handelt es sich bei einem Volumen um eine Raumangabe zur Beschreibung einer dreidimensionalen Struktur. Nach dem Anspruchswortlaut ist dieses Volumen dadurch gekennzeichnet, dass in ihm keine Oberfläche vorhanden sein kann. Das ausgeschlossene Volumen soll daher ein Raumgebilde beschreiben, das keine Objekte enthält, die das Sichtfeld des Scanners auf das eigentlich zu scannende starre Objekt beeinträchtigen könnten. Einziger Bezugspunkt für die Bestimmung des (ersten) ausgeschlossenen Volumens soll nach dem Anspruchswortlaut die erste Scan-Darstellung sein.
  57. Das Verständnis eines dreidimensionalen Volumens erschließt sich auch vor dem Hintergrund, dass nach der Lehre des Klagepatents körperliche Gegenstände (Zunge, Finger, Geräte), die eigene räumliche Erstreckungen aufweisen, ermittelt werden sollen. Dass der Anspruchswortlaut und die Beschreibungsstelle insofern von einer „Oberfläche“ sprechen, was auf einen nur zweidimensionalen Gegenstand hindeuten kann, steht dem Verständnis nicht entgegen. Die Oberfläche beschreibt lediglich den in einer bestimmten Scan-Darstellung erfassten, sichtbaren Teil eines 3D-Objekts. Dies bestätigt auch Abs. [0016], der erläutert, dass „der Oberflächenabschnitt ein Objekt darstellen muss, welches nur vorhanden war als eine der Darstellungen erfasst wurde […].“
  58. Auch die Anspruchssystematik unterstützt das Verständnis des Volumens als dreidimensional. Mit den Merkmalen 2 und 3 wird eine dreidimensionale erste bzw. zweite Darstellung erhalten, die ihrerseits später Eingang in das virtuelle 3D-Modell finden soll (Merkmalsgruppe 6). Es liegen mithin zu Beginn des Verfahrens und nicht erstmals mit dem erstellten virtuellen Modell dreidimensionale Bilddarstellungen vor, die miteinander in Zusammenhang gebracht werden. Ferner macht die Anspruchssystematik für das ausgeschlossene Volumen deutlich, dass dieses zuerst bestimmt werden muss, bevor die Schritte in den Merkmalen 6a und 6b durchgeführt werden können, weil diese für die Prüfung der Nichtberücksichtigung einzelner Oberflächenabschnitte die ausgeschlossenen Volumina voraussetzen.
  59. Das Klagepatent stellt auch nicht eine bestimmte Ausdehnung des ausgeschlossenen Volumens unter Schutz. Die Beschreibung offenbart vielmehr unterschiedliche Ausgestaltungsmöglichkeiten. Zunächst ist der Beschreibung zu entnehmen, dass das Klagepatent den Begriff des Volumens in verschiedenen Zusammenhängen und insofern nicht speziell für ein ausgeschlossenes Volumen verwendet. Dies ergibt sich beispielsweise aus den Absätzen [0019], [0020] und [0034] ff., wo ein Volumenbereich, ein (gemeinsames) Scanvolumen, ein Raum sowie das ausgeschlossene Volumen beschrieben werden. Gemeinsam ist der Begriffsverwendung, dass es jeweils räumliche Bereiche innerhalb eines Scans sind.
  60. Für das Scanvolumen besagt das Klagepatent in Abs. [0034]:
    „Das Scanvolumen kann als das physische Volumen definiert sein, für dessen Scannen relativ zu der Ansichtsposition und der Ausrichtung des Scanners, wie etwa relativ zu dem Scankopf des Scanners, der Scanner ausgelegt ist.“
  61. In Abs. [0038] heißt es sodann mit Blick auf das Verhältnis von ausgeschlossenem Volumen und Scanvolumen:
    „In einigen Ausführungsformen entsprechen das erste ausgeschlossene Volumen und das zweite ausgeschlossene Volumen im Raum, in dem keine Oberfläche vorhanden sein kann, dem ersten Scanvolumen bzw. dem zweiten Scanvolumen.“
  62. Hieraus erhält der Fachmann einen ersten Hinweis, wie ein ausgeschlossenes Volumen bestimmt sein kann, nämlich wie das Scanvolumen. Abs. [0039] lässt darüber hinaus aber auch zu, dass das ausgeschlossene Volumen kleiner ist als das Scanvolumen, wenn das Scanvolumen zuvor als das maximale Volumen definiert war. Es ist danach möglich, dass das ausgeschlossene Volumen nicht durch den vollständigen leeren Raum zwischen dem Scannerkopf und der Oberfläche gebildet wird.
  63. Die Abs. [0042] ff. machen weiter deutlich, dass es der erfindungsgemäßen Lehre darauf ankommt, verlässlich bewegliche Objekte von der Darstellung eines virtuellen 3D-Models auszuschließen, ohne die Darstellung der relevanten zu scannenden Oberflächen zu gefährden. Dass dafür immer zwingend der vollständige leere Raum in den Blick zu nehmen ist, erfordern diese Beschreibungsstellen nicht. So wird zunächst in Abs. [0042] f. ein naher Schwellenabstand beschrieben, der definiert, wie weit entfernt von der Darstellung oder Oberfläche in einem Sub-Scan möglicherweise bewegliche Objekte aus der Erzeugung des virtuellen 3D-Modells nicht berücksichtigt werden. Abs. [0042] heißt:
    „In einigen Ausführungsformen ist ein naher Schwellenabstand definiert, der einen Abstand von der aufgenommenen Oberfläche in der ersten Darstellung und der zweiten Darstellung bestimmt, wobei jeweils ein Oberflächenabschnitt in der zweiten Darstellung oder der ersten Darstellung, der in dem nahen Schwellenabstand von der aufgenommenen Oberfläche angeordnet ist und der im Raum jeweils in dem ersten ausgeschlossenen Volumen oder in dem zweiten ausgeschlossenen Volumen angeordnet ist, nicht bei der Erzeugung des virtuellen 3D-Modells nicht berücksichtigt wird.“
  64. Der nahe Schwellenwert soll sicherstellen, dass keine zu weitreichenden Teile von der Oberfläche fälschlicherweise nicht berücksichtigt werden (vgl. auch Abs. [0175]). Möglich ist nach Abs. [0044] ff. ebenso die Festlegung eines entfernten Schwellenabstands. Abs. [0044] führt aus:
    „In einigen Ausführungsformen ist ein entfernter Schwellenabstand definiert, der einen Abstand von der aufgenommenen Oberfläche bestimmt, wobei das Volumen außerhalb des entfernten Schwellenabstands in dem ausgeschlossenen Volumen einer Darstellung nicht enthalten ist.“
  65. Das Klagepatent lässt durch die Heranziehung vorgenannter Schwellenabstände eigens eine Bearbeitungsmöglichkeit zu, die sich zwingend auf die Ausgestaltung des ausgeschlossenen Volumens auswirkt und jedenfalls bei einem entfernten Schwellenabstand hinnimmt, dass nicht der gesamte Scanbereich als das ausgeschlossene Volumen dienen kann, sondern nur ein demgegenüber kleinerer Teil.
  66. Hierzu führt Abs. [0049] bezogen auf das ausgeschlossene Volumen explizit aus:
  67. „Der entfernte Schwellenabstand definiert oder bestimmt einen Abstand von der aufgenommenen Oberfläche, wobei das Volumen oder der Bereich innerhalb des entfernten Schwellenabstands in einem ausgeschlossenen Volumen enthalten ist.“
  68. Weiter heißt es in Abs. [0050]:
    „Wenn der entfernte Schwellenabstand benutzt oder angewandt wird, wird daher das ausgeschlossene Volumen für eine Darstellung kleiner sein, als wenn der entfernte Schwellenabstand nicht angewandt wird, und somit kann weniger Volumen ausgeschlossen werden.“
  69. Die erfindungsgemäße Lehre lässt somit unterschiedliche Möglichkeiten zu, ein ausgeschlossenes Volumen zu bestimmen.
  70. Mangels anderer Anhaltspunkte ist damit nur entscheidend, dass der Fachmann ein Verfahren wählt, wonach es erfindungsgemäß im Ergebnis zu einem ausgeschlossenen Volumen kommt. Anhand der Anspruchssystematik resultiert für das Bestimmen eines ersten bzw. zweiten ausgeschlossenen Volumens nur das Erfordernis, dass dies für jede der ersten bzw. zweiten 3D-Darstellung separat vorgenommen wird, bevor die Verfahrensschritte nach den Merkmalen 6a und 6b ausgeführt werden. Denn die Entscheidung darüber, Abschnitte einer Oberfläche in einer der 3D-Darstellungen nicht zu berücksichtigen, setzt zwingend die ausgeschlossenen Volumina voraus.
  71. Unteranspruch 8 spricht ferner für das Verständnis, wonach das ausgeschlossene Volumen und das Scanvolumen zusammenfallen können, besagt aber nicht, dass dies zwingend der Fall sein muss. Denn Unteranspruch 8 stellt gegenüber dem weiter gefassten Anspruch 1 eine Konkretisierung dar und erlaubt es daher nicht, den Schutzbereich des Anspruchs 1 auf ein durch das Scanvolumen gebildetes ausgeschlossenes Volumen zu beschränken (vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 13. Aufl., Kap. A, Rn. 26), mithin auf ein solches Volumen, das den ganzen leeren Raum erfassen würde.
  72. Die zeichnerischen Darstellungen bevorzugter Ausführungsformen in der Klagepatentschrift unterstützen das Verständnis des Volumens als dreidimensionales Gebilde. Dass sie lediglich einen eindimensionalen Bereich als dieses Volumen darstellen, ist der schematischen und stark vereinfachten Darstellungsweise geschuldet. Dazu erläutert Abs. [0169] für die Figuren ausdrücklich, dass es sich um zweidimensionale Darstellungen handelt, die 3D-Figuren darstellen sollen. Die Figurenfolge 14 veranschaulicht den Vorgang vom Erhalt bis zur Kombination mehrerer Scan-Darstellungen mit überlappenden Bereichen. Die Figuren 14c und 14d zeigen die gemeinsame Registrierung/Ausrichtung von Scan-Darstellungen sowie ein überlappendes Scanvolumen, wobei der Oberflächenabschnitt 1417b im ausgeschlossenen Volumen der ersten Darstellung angeordnet ist. Auch hier können mithin Scanvolumen und ausgeschlossenes Volumen gleich groß sein; eine abschließende Bedeutung für eine solche Bestimmung des ausgeschlossenen Volumens ist diesen Figuren indes nicht beizumessen.
  73. Das vorstehend aufgezeigte Verständnis steht mit technisch-funktionalen Gesichtspunkten in Einklang. Danach ist durch die Aufnahmefläche des Scanners begrenzt/bestimmt, wie groß das ausgeschlossene Volumen maximal sein kann. Es kann nämlich kein größerer Bereich bestimmt werden als der Scanbereich. Gleichwohl ist es technisch möglich, für die sich anschließende Modellerzeugung nur einen ausgewählten kleineren Bereich heranzuziehen.
  74. 2.
    Merkmal 5 beansprucht das Bestimmen eines zweiten ausgeschlossenen Volumens im Raum, in dem keine Oberfläche vorhanden sein kann, für die zweite 3D-Darstellung.
  75. Dieses Merkmal hat einen zu Merkmal 4 identischen Bedeutungsgehalt. Der einzige Unterschied liegt nur darin, dass hier die Bestimmung des ausgeschlossenen Volumens für eine zweite Darstellung erfolgt.
  76. Die Anspruchssystematik zeigt, dass für eine zweite und damit andere als die in den Merkmalen 2 und 4 enthaltene Darstellung genauso zu verfahren ist. Der Anspruchsaufbau signalisiert die getrennte Behandlung der ersten und zweiten Darstellung, indem die Bereitstellung von Scan-Bildern separat beschrieben wird und anschließend parallel dazu auch das Bestimmen der ausgeschlossenen Volumina jeweils bezogen auf die entsprechende Darstellung erfolgen soll. Eine innere Abhängigkeit dieser Verfahrensschritte zwischen der ersten und zweiten Darstellung ist auch hier nicht zu erkennen.
  77. III.
    Unter Zugrundelegung des aufgezeigten Verständnisses vermag die Kammer eine Verletzung des Klagepatents nicht festzustellen.
  78. 1.
    In der angegriffenen Software sind verschiedene Filtermöglichkeiten implementiert, die die nachfolgend dargestellten – seitens der Klägerin zugestandenen – Funktionen aufweisen:
  79. Der „Smart Scan Filter“ ermöglicht es, die auf dem Bildschirm gezeigte Darstellung eines 3D-Zahnmodells gezielt auszuwählen. Ohne die Wahl eines Filters („no filter“) wird das gesamte Gebiss nebst Zähnen und Zahnfleisch dargestellt. Mit Auswahl „Zähne und Zahnfleisch“ wird ein Rauschen anhand von Dichteinformationen entfernt. Es können während des Scanvorgangs Daten mit wenigen Messpunkten (also einer geringen Dichte) herausgefiltert werden. Bei Anwendung des Filters „Zähne“ werden mittels künstlicher Intelligenz, einem lernbasierten Algorithmus, aufgrund von Form und Farbe solche 2D-Scandaten aus der Darstellung herausgefiltert, die nicht Zähne darstellen.
  80. Standardmäßig kommt zudem der „Local Filter“ in der angegriffenen Ausführungsform zum Einsatz. Er erkennt bei einem Abgleich von einem früheren mit einem späteren Bild, ob eine Darstellung im ersten Scan auf ein Rauschen (bewegliches Objekt) zurückzuführen ist. Dieser Filter arbeitet mit einer Vielzahl von Vektoren, um ein Rauschen in der ersten Scandarstellung zu ermitteln. Der Vektor beginnt in dem virtuellen Erfassungspunkt des Scanners und endet in der ersten Oberfläche. Es erfolgt sodann eine Verlängerung dieser Vektoren. Wenn eine Verlängerung sodann die zweite Oberfläche schneidet, wird in der Darstellung der Endpunkt des Vektors in der ersten Oberfläche nicht berücksichtigt. Durch Anwendung dieses Filters können ausschließlich unerwünschte Messdaten in der ersten Scandarstellung ausgebessert werden, indem sie mit Daten aus der zweiten Darstellung überschrieben werden.
  81. Der „Global Filter“ ist nicht standardmäßig eingesetzt und kommt allenfalls in Ergänzung zum Local Filter zur Anwendung. Er verfährt so, dass ein Abgleich der zweiten Darstellung mit einem im ersten Scan bestimmten Sperrbereich vorgenommen wird. Für diesen Sperrbereich wird angenommen, dass kein beweglicher Gegenstand darin angeordnet sein kann/darf. Wenn in dem zweiten Scan gleichwohl ein Rauschen für diesen Bereich festzustellen ist, werden diese Scandaten durch Bilddaten aus der ersten Darstellung ersetzt. Ein eigener Sperrbereich für den zweiten Scan wird nicht bestimmt.
  82. 2.
    Ausgehend von diesem Grundverständnis der Filtermöglichkeiten in der angegriffenen Ausführungsform ist es der Klägerin durch die Annahme einer Kombination dieser Filter nicht gelungen, einen Verletzungsnachweis zu führen.
  83. Die Klägerin vertritt die Ansicht, dass in der Kombination des Global Filters (Merkmale 4 und 6b) und des Local Filters (Merkmale 5 und 6a) eine Verwirklichung der klagepatentgemäßen Lehre liegt. Die Klägerin stützt sich zur Herleitung der Patentverletzung isoliert auf einzelne Arbeitsschritte der beiden Filter und fügt diese zusammen, um sie unter die Lehre des Klagepatents zu subsumieren.
  84. Dies überzeugt nicht. Es wurde von der Klägerin nicht nachvollziehbar erläutert, inwieweit tatsächlich eine gemeinsame Verfahrensweise der beiden Filter in der angegriffenen Ausführungsform erfolgen kann. Für die Verwirklichung des Klagepatents ist dies aber jedenfalls hinsichtlich der Merkmale 4 und 5 erforderlich, weil nur die Merkmale 6a und 6b in einem Alternativverhältnis stehen. Alle anderen Merkmale müssen kumulativ erfüllt sein, was bezogen auf die angegriffene Ausführungsform bedeutet, dass als Schritte eines einheitlichen Verfahrens zunächst ein erstes ausgeschlossenes Volumen nach dem Global Filter und ein zweites ausgeschlossenes Volumen nach dem Local Filter gebildet werden müsste, bevor die Eliminierung einzelner Bildpunkte vorgenommen wird.
  85. Insoweit genügt die Klägerin ihrer Darlegungslast für die Klagepatentverletzung durch Bezugnahme auf ein in der Facebook-Gruppe einsehbares Video (Anlage rop C 10) nicht. Denn dieses Video repräsentiert nur den auf dem Bildschirm sichtbaren Inhalt sowie dasjenige, was insoweit vom Scanner erfasst wurde. Hinweise darauf, wie es technisch dazu kommt, dass die vormals abgebildeten Finger aus nachfolgenden Scan-Darstellungen „verschwinden“, liefert es dagegen nicht. Gerade auf diese technischen (Hintergrund-) Vorgänge kommt es jedoch entscheidend an, um die Verletzung des Klagepatents beurteilen zu können. Allein ein Bearbeitungsergebnis zu betrachten und daraus ein klagepatentgemäßes Verfahren abzuleiten, verfängt nicht, weil das Klagepatent insofern das Durchlaufen einzelner Verfahrensschritte in einer bestimmten Reihenfolge voraussetzt.
  86. Entsprechendes gilt für die seitens der Klägerin angeführten Beiträge von Privatpersonen in der Facebook-Gruppe. Allenfalls der Beitrag der Herrn C als Reaktion auf die Frage von Herrn B offenbart einen Rückschluss auf die technische Funktionsweise der angegriffenen Ausführungsform, indem er beschreibt, dass überlappende Scandaten mit der virtuellen Scanspitze entfernt werden. Ebenso würden größere getrennte Stücke aus der Mesh-Struktur entfernt (vgl. Anlage rop C9). Bei diesen Ausführungen handelt es sich indes nicht um das erforderliche substantiierte Tatsachenvorbringen, das zum Nachweis einer Patentverletzung erforderlich ist. Es ist unbekannt, woher Herr C über sein Wissen verfügt und beinhaltet zudem nur eine vage Beschreibung etwaiger technischer Vorgänge.
  87. Aufgrund des Vorbringens der Beklagten ist die Kammer – auch nach den weiteren Erläuterungen der Parteien in der mündlichen Verhandlung – vielmehr davon überzeugt, dass jede Filteranwendung in der angegriffenen Ausführungsform ein in sich abgeschlossenes Verfahren darstellt, um störende Oberflächen in einer Scandarstellung zu eliminieren. Sie werden unabhängig voneinander angewendet und es ist nicht zu erkennen, dass ein Datenaustausch zwischen den Filtern erfolgt. Es fehlt deshalb an einer Verletzung des Klagepatents.
  88. 3.
    Aber auch dann, wenn man zugunsten der Klägerin unterstellt, dass die Verfahren der beiden Filter in der angegriffenen Ausführungsform gemeinsam angewendet werden, kann eine Verletzung nicht festgestellt werden.
  89. a.
    Denn Merkmal 5 wird durch den Local Filter nicht verwirklicht. Der Local Filter bestimmt kein zweites ausgeschlossenes Volumen für die zweite Scan-Darstellung.
    Unstreitig werden in einer 3D-Darstellung Vektoren eingesetzt, um zu ermitteln, ob eine erste gescannte Oberfläche lediglich einem beweglichen Objekt zuzuweisen ist und daher bei der späteren Erzeugung eines 3D-Modells außer Acht zu lassen ist.
  90. Selbst wenn insoweit unterstellt wird, dass die Vielzahl der gebildeten Vektoren nur ein technisches Hilfsmittel im Raum sind, denen die Annahme zugrunde liegt, dass sich in ihrem Bereich kein Objekt befindet, und sie daher ein Volumen beschreiben könnten, so handelt es sich jedenfalls nicht um ein zweites ausgeschlossenes Volumen im Sinne der erfindungsgemäßen Lehre. Denn schon nach dem Klägervorbringen gehen die Vektoren vom virtuellen Erfassungspunkt im Scanner aus und reichen zunächst bis zur ersten erfassten Oberfläche, die in einem ersten Scan ermittelt wurde. Sodann erfolgt eine Verlängerung der Vektoren hin zu einer zweiten Oberfläche. Zeichnerisch stellt die Klägerin ihr Verständnis des ausgeschlossenen Volumens wie nachfolgend eingeblendet dar:
  91. Sie hat der Grafik der Beklagten (Anlage HL 9) einen schwarz schraffierten Bereich hinzugefügt, der ihrer Ansicht nach das ausgeschlossene Volumen repräsentiert. Die Klägerin hat die Bildung des ausgeschlossenen Volumens ferner anhand der Anlage rop C 18 veranschaulicht:
  92. Wie diese Zeichnungen zeigen, erfolgt der Einsatz der Vektoren aber gerade in Abhängigkeit von einer ersten Oberfläche und, anders als es das Klagepatent vorsieht, nicht für eine zweite 3D-Darstellung.
  93. Dem Vortrag der Klägerin, dass das ausgeschlossene Volumen in dem Local Filter als die Gesamtheit aller verlängerten Vektoren in dem zweiten Sub-Scan definiert werden könne (schwarz schraffierter Bereich), und damit ein ausgeschlossenes Volumen ausgehend von der zweiten Oberfläche vorliege, vermag die Kammer nicht beizutreten. Es fehlt an nachvollziehbarem Tatsachenvortrag, dass diese Vektorverlängerungen ausschließlich mit Blick auf einen zweiten Sub-Scan erfolgen und nicht Ergebnisse eines ersten Scans einbeziehen. Denn unstreitig ist zwischen den Parteien, dass die erste Oberfläche, welche zunächst Ziel der Vektoren ist, aus einer ersten 3D-Darstellung stammt und selbst kein Gegenstand des zweiten Scan ist. Mithin scheint vor allem auch die Klägerin bei den zur Akte gereichten Figuren gemäß Anlagen rop C 18 und rop C 19 davon auszugehen, dass – zumindest als Gegenstand einer Berechnung – eine Kombination von mindestens zwei Scans erfolgt ist, weil andernfalls die erste Oberfläche in den Skizzen nicht vorhanden wäre. Was tatsächlich in der angegriffenen Ausführungsform erfolgt, ist aber nicht näher erläutert worden.
  94. Von der Klägerin wurde ebenso wenig nachvollziehbar erläutert, weshalb sie gerade den schwarz schraffierten Bereich als das ausgeschlossene Volumen betrachtet. Wie es in technischer Hinsicht anhand welcher Kriterien zu einem Bestimmen dieses Bereichs gekommen sein soll, erschließt sich nicht.
  95. Hinzukommt, dass vorstehende Zeichnungen allenfalls der Veranschaulichung von Verfahrensschritten dienen. Es handelt sich um eigens angefertigte rein schematische Zeichnungen, die keinen technischen Mehrwert bieten und das Funktionieren der angegriffenen Ausführungsform anhand objektiver technischer Erläuterungen nicht aufzeigen könnten. Sie besagen auch nichts dazu, ob diese Schritte genauso in der angegriffenen Ausführungsform zur Anwendung kommen. Die Klägerin bleibt technischen Vortrag schuldig, welchen auch der wiederholte Verweis auf einen vorgesehenen Algorithmus nicht ersetzen kann. Denn dabei handelt es sich seinerseits nur um die softwaremäßige Umsetzung gewünschter Verfahrensschritte.
    Derlei Tatsachenvortrag zur Durchführung der einzelnen Verfahrensschritte in der angegriffenen Ausführungsform wird schließlich nicht dadurch entbehrlich, dass als Ergebnis feststeht, dass störende Daten in der ersten Scan-Darstellung entfernt werden, bei denen es sich wahrscheinlich um bewegliche Objekte gehandelt hat. Nach dem Klagepatent sind gerade bestimmte Verfahrensschritte dazu einzuhalten.
  96. IV.
    Mangels Verletzung des Klagepatents stehen der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche nicht zu.
  97. V.
    Die Klage hat auch mit dem zulässigen Hilfsantrag keinen Erfolg. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche nach der ursprünglichen Fassung des Klagepatentanspruchs 1 ebenso wenig zu.
  98. 1.
    Ausgehend von dem in der Klagepatentschrift dargestellten Stand der Technik und der sich daraus ergebenden Aufgabe, für die zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen zum Hauptantrag verwiesen wird, hat das Klagepatent ursprünglich als Lösung ein Verfahren zur Erkennung eines beweglichen Objekts beim 3D-Scannen eines starren Objekts mit den Merkmalen des Klagepatentanspruchs 1 in der erteilten Fassung vorgesehen, die wie folgt gegliedert werden können:
  99. 1. Verfahren zur Erkennung eines beweglichen Objekts an einem Ort, wenn ein starres Objekt an dem Ort mittels eines 3D-Scanners zur Erzeugung eines virtuellen 3D-Modells des starren Objekts gescannt wird,
  100. wobei das Verfahren umfasst:
  101. 2. Bereitstellen einer ersten 3D-Darstellung von mindestens einem Teil einer Oberfläche durch Scannen von mindestens einem Teil des Ortes;
    3. Bereitstellen einer zweiten 3D-Darstellung von mindestens einem Teil der Oberfläche durch Scannen von mindestens einem Teil des Ortes;
    4. Bestimmen eines ersten ausgeschlossenen Volumens im Raum, in dem keine Oberfläche vorhanden sein kann, für die erste 3D-Darstellung;
    5. Bestimmen eines zweiten ausgeschlossenen Volumens im Raum, in dem keine Oberfläche vorhanden sein kann, für die zweite 3D-Darstellung;
    6a. wenn ein Abschnitt der Oberfläche in der ersten 3D-Darstellung im Raum in dem zweiten ausgeschlossenen Volumen angeordnet ist, dann wird der Abschnitt der Oberfläche in der ersten 3D-Darstellung bei der Erzeugung des virtuellen 3D-Modells nicht berücksichtigt und/oder
    6b. wenn ein Abschnitt der Oberfläche in der zweiten 3D-Darstellung im Raum in dem ersten ausgeschlossenen Volumen angeordnet ist, dann wird der Abschnitt der Oberfläche in der zweiten 3D-Darstellung bei der Erzeugung des virtuellen 3D-Modells nicht berücksichtigt;
    8. wobei die Nichtberücksichtigung von Oberflächenabschnitten der Erkennung und Nichtberücksichtigung von Abschnitten des beweglichen Objekts entspricht, die nur in einigen der 3D-Darstellungen vorhanden waren.
  102. 2.
    Die ursprüngliche und die eingeschränkte Anspruchsfassung unterscheiden sich durch den nunmehr auch beanspruchten Spiegel in einem Scankopf des Scanners, mithin durch die Anforderungen an die Ausgestaltung des Scanners. Die Verfahrensschritte im Übrigen sind unverändert geblieben und bereits der ursprüngliche Anspruch verlangt das Bestimmen eines ersten bzw. eines zweiten ausgeschlossenen Volumens für eine erste bzw. eine zweite 3D-Oberfläche. Dass es an diesen Merkmalen in der angegriffenen Ausführungsform fehlt, wurde zuvor ausgeführt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf diese Erläuterungen Bezug genommen.
  103. B.
    Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 ZPO.
  104. Streitwert: 250.000,- Euro

Schreibe einen Kommentar