Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3174
Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 11. November 2021, Az. 4b O 37/20
I. Die Beklagte wird verurteilt,
- 1. es bei Meldung eines für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00 – ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, wobei die Ordnungshaft an den jeweiligen gesetzlichen Vertretern der Beklagten zu vollstrecken ist, zu unterlassen,
torsionsunterstützter Versteller zum Aufrechterhalten einer Winkelbeziehung zwischen einer Kurbelwelle und einer Nockenwelle
in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
welche jeweils die folgenden Merkmale umfassen:
ein Gehäuse, das mindestens einen Hohlraum aufweist, der durch eine bogenförmige Außenwand, eine erste Seitenwand und eine zweite Seitenwand definiert wird;
einen Rotor, der so angeordnet ist, dass er sich bezüglich des Gehäuses bewegen kann, wobei der Rotor Folgendes enthält:
eine Nabe und
mehrere Flügel, die integral mit dem Rotor ausgebildet sind und von der Nabe vorragen, wobei die mehreren Flügel so angeordnet sind, dass sie in ihren jeweiligen durch den Rotor und das Gehäuse gebildeten Kammern schwingen
können, wobei dabei ihre Winkelbeziehung aufrechterhalten wird, wobei jeder Flügel jede jeweilige Kammer in eine Frühverstellkammer und eine Spätverstellkammer unterteilt;
ein Schieberventil
mit einem Schieber zur Verbindung von Steuerfluidkanälen,
wobei das Schieberventil im Wesentlichen in einer Hülse aufgenommen ist;
ein Einlassrückschlagventil zur Bereitstellung von Einwegesteuerfluidstrom von einer Quelle zu dem Hohlraum;
wobei ein erster Satz von Kanälen Strömungsverbindung zwischen einem ersten Teil des Schieberventils und den Frühverstellkammern bereitstellt und ein zweiter Satz von Kanälen Strömungsverbindung zwischen einem zweiten Teil des Schieberventils und den Spätverstellkammern bereitstellt;
wobei das Einlassrückschlagventil in der Nockenwelle nahe angrenzend an den Versteller angeordnet ist, und
wobei der Schieber und die Hülse derart konstruiert sind, dass während der Befüllung der Frühverstellkammern bzw. der Spätverstellkammern die jeweilige Einlassunterlappung stets größer ist als die jeweilige Auslassüberlappung; - 2. der Klägerin Auskunft zu erteilen und durch Vorlage eines geordneten Verzeichnisses darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie seit dem 12. November 2011 die unter Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen begangen hat, und zwar unter Angabe
a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer sowie der bezahlten Preise,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen sowie der Typenbezeichnungen und der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie der Typenbezeichnungen und der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) sowie der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des jeweils erzielten Gewinns,
wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser bezeichneten, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernimmt und ihn ermächtigt, der Klägerin mitzuteilen, ob ein bestimmter Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist, und
wobei die Beklagte zum Nachweis der Angaben zu a) und b) die entsprechenden Einkaufs- und Verkaufsbelege (Rechnungen) in Kopie vorzulegen hat, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der rechnungslegungspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen; - II. Die Beklagte wird verurteilt, die vorstehend zu Ziffer I. 1. bezeichneten, im Besitz gewerblicher Abnehmer befindlichen und nach dem 12. November 2011 in der Bundesrepublik Deutschland in den Verkehr gebrachten Erzeugnisse, die im Zeitpunkt des Beginns der Zwangsvollstreckung aus dem Rückrufanspruch nicht schon in Motoren oder Kraftfahrzeugen verbaut sind,
zurückzurufen, indem diejenigen gewerblichen Abnehmer, die sich im Besitz dieser Erzeugnisse befinden, darüber schriftlich informiert werden, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des europäischen Patents EP 2 006 XXX B1 erkannt hat, ihnen ein Angebot zur Rücknahme dieser Erzeugnisse durch die Beklagte unterbreitet wird und den gewerblichen Abnehmern für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Erstattung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises bzw. eines sonstigen Äquivalents für die zurückgerufenen Erzeugnisse, oder der Austausch der Erzeugnisse sowie die Übernahme der Verpackungs- und Transport- bzw. Versendungskosten für die Rückgabe zugesagt wird, und die zurückgerufenen und an sie zurückgegebenen Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen; - III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziffer I. 1. bezeichneten, in der Bundesrepublik Deutschland seit dem 12. November 2011 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
- IV. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
- V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von3.000.000 EUR.
- Tatbestand
- Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents 2 006 XXX B1 (Klagepatent) auf Unterlassung, Auskunft, Rückruf aus den Vertriebswegen sowie Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch.
- Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des Klagepatents, das am 17. Mai 2004 unter Inanspruchnahme einer US-Priorität vom 11 Juni 2003 angemeldet wurde. Der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents wurde am 12. Oktober 2011 veröffentlicht. Das Patent steht in Kraft. Die Beklagte hat Nichtigkeitsklage beim Bundespatentgericht erhoben mit dem Antrag, das Klagepatent für nichtig zu erklären. Über die Nichtigkeitsklage ist noch nicht entschieden.
- Das Klagepatent, dessen Verfahrenssprache Englisch ist, bezieht sich auf eine Nockenwellenverstellanordnung. Der von der Klägerin im Nichtigkeitsverfahren nur noch eingeschränkt verteidigte und in dieser eingeschränkten Fassung hier geltend gemachte Klagepatentanspruch 1 lautet in der deutschen Übersetzung (Ergänzungen/Änderungen gegenüber der erteilten Fassung sind unterstrichen):
- 1. Torsionsunterstützter Versteller zum Aufrechterhalten einer Winkelbeziehung zwischen einer Kurbelwelle und einer Nockenwelle oder zwischen mehr als einer Nockenwelle, wobei der torsionsunterstützte Versteller Folgendes umfasst:
ein Gehäuse (2), das mindestens einen Hohlraum aufweist, der durch eine bogenförmige Außenwand, eine erste Seitenwand und eine zweite Seitenwand definiert wird;
einen Rotor (1), der so angeordnet ist, dass er sich bezüglich des Gehäuses (2) bewegen kann, wobei der Rotor (1) Folgendes enthält:
eine Nabe und
mehrere Flügel (16, 18), die integral mit dem Rotor (1) ausgebildet sind und von der Nabe vorragen, wobei die mehreren Flügel (16,
18) so angeordnet sind, dass sie in ihren jeweiligen durch den Rotor (1) und das Gehäuse (2) gebildeten Kammern schwingen
können, wobei dabei ihre Winkelbeziehung aufrechterhalten wird, wobei jeder Flügel jede jeweilige Kammer in eine Frühverstellkammer (A) und eine Spätverstellkammer (R) unterteilt;
ein Schieberventil mit einem Schieber (32) zur Verbindung von Steuerfluidkanälen, wobei das Schieberventil im Wesentlichen in einer Hülse aufgenommen ist; und
ein Einlassrückschlagventil (30) zur Bereitstellung von Einwegesteuerfluidstrom von einer Quelle zu dem Hohlraum;
wobei ein erster Satz von Kanälen (100) Strömungsverbindung zwischen einem ersten Teil des Schieberventils und den Frühverstellkammern (A) bereitstellt und ein zweiter Satz von Kanälen (90) Strömungsverbindung zwischen einem zweiten Teil des Schieberventils und den Spätverstellkammern (R) bereitstellt; und
wobei das Einlassrückschlagventil (30) in der Nockenwelle nahe angrenzend an den Versteller angeordnet ist,
dadurch gekennzeichnet, dass der Schieber (32) und die Hülse (33) derart konstruiert sind, dass während der Befüllung der Frühverstellkammern (A) bzw. der Spätverstellkammern (R) die jeweilige Einlassunterlappung stets größer ist als die jeweilige Auslassüberlappung. - Nachfolgend abgebildet sind Diagramme, die den Fluidfluss erfindungsgemäßer Versteller schematisch darstellen – nämlich eine Phasenverschiebung in die vordere Position (Figur 5) und eine in die hintere Position (Figur 8).
- Bei der Beklagten handelt es sich um einen Automobilzulieferer, der auf die Entwicklung und Herstellung von Antriebssystemen spezialisiert ist. Unter anderem stellt die Beklagte her, bewirbt und liefert Nockenwellenversteller für die Motorenprogramme A (angegriffene Ausführungsform 1), B, C und C (angegriffene Ausführungsform 2) und Ford Fox (angegriffene Ausführungsform 3). Die Klägerin erwarb Muster der angegriffenen Ausführungsformen, von denen sich Abbildungen als Anlage PS 2, PS 3 und PS 4 bei der Akte befinden, auf die Bezug genommen wird. Eine auf einer Nockenwelle befestigte angegriffene Ausführungsform 1 ist nachstehend exemplarisch abgebildet:
- Die Klägerin ist der Ansicht, die angegriffenen Ausführungsformen mache von der Lehre des Klagepatentanspruchs 1 wortsinngemäß Gebrauch.
Das Klagepatent verstehe unter einem torsionsunterstütztem Nockenwellenversteller einen Versteller, der ein Einlassrückschlagventil aufweise, das ein ungewünschtes Zurückdrehen des Nockenwellenverstellers verhindere, aber andere Kraft- und Torsionswirkungen, die in die gewünschte Richtung wirkten, nicht blockiere. Diese könnten die Verstellung sogar unterstützen. Bei den angegriffenen Ausführungsformen handele es sich um solche torsionsunterstützten Versteller.
Soweit die Flügel in ihren Kammern schwingen können sollen und dabei ihre Winkelbeziehung aufrechterhalten werde, gehe es nicht um die Fixierung der Flügel, sondern um die Winkelbeziehung der mehreren Flügel untereinander, die beibehalten werde. Das sei bei den angegriffenen Ausführungsformen der Fall. Die Auslegung der Beklagten sei hingegen widersprüchlich und führe dazu, dass kein Ausführungsbeispiel erfindungsgemäß sei.
Soweit das Schieberventil erfindungsgemäß in einer Hülse aufgenommen sein solle, verstehe das Klagepatent den Schieber als Schieberventil. Die Hülse sei das Bauteil, das den Schieber unmittelbar umgebe. Eine solche Hülse sei in den angegriffenen Ausführungsformen vorhanden.
Schieber und Hülse des Schieberventils seien in den angegriffenen Ausführungsformen auch derart konstruiert, dass während der Befüllung der Kammern die jeweilige Einlassunterlappung stets größer als die jeweilige Auslassüberlappung sei. Der Kniff dieses Merkmals liege in der Doppelfunktion der jeweiligen Öffnungen, die je nach Stellung des Schieberventils die Funktion einer Einlassöffnung oder einer Auslassöffnung übernähmen. Mit dem Merkmal solle sichergestellt werden, dass die Auslassöffnung früher als die Einlassöffnung verschlossen werde, wodurch ein Ausfluss aus der zuvor entleerten Kammer zuerst blockiert und ein Unterdruck in der zuvor befüllten Kammer vermieden werde. Das aber leisteten die angegriffenen Ausführungsformen.
Das Rückschlagventil sei bei den angegriffenen Ausführungsformen in der Nockenwelle angeordnet. Erfindungsgemäß sei nicht notwendig, das Ventil unmittelbar im Sinne eines unmittelbaren Kontaktes in der Nockenwelle anzuordnen. Daher führe eine Anordnung im Schieberventil, das wiederum in der Nockenwelle montiert sei, nicht aus der Lehre des Klagepatents heraus.
Schließlich werde sich das Klagepatent in der beschränkten Fassung auch als rechtsbeständig erweisen. - Die Klägerin beantragt,
- – wie erkannt –
- Die Beklagte beantragt,
- die Klage abzuweisen,
- hilfsweise den Rechtsstreit bis zur erstinstanzlichen Entscheidung über die von der Beklagten erhobene Nichtigkeitsklage, Az. 4 Ni 23/XX (EP), auszusetzen.
-
Sie ist der Ansicht, durch die angegriffenen Ausführungsformen werde das Klagepatent nicht wortsinngemäß verletzt.
Bei den angegriffenen Ausführungsformen handele es sich nicht um torsionsunterstützte Nockenwellenversteller. Der geltend gemachte Patentanspruch betreffe solche Versteller (TA Phaser), die in der Klagepatentschrift definiert seien. Sie müssten insbesondere ein Rückschlagventil in der Ölversorgungsleitung oder zwei Rückschlagventile in den Versorgungsleitungen zu den einzelnen Kammern aufweisen, die Öldruckimpulse aufgrund von Drehmomentumkehrungen blockierten. Damit sei eine Anordnung im Schieberventil wie bei den angegriffenen Ausführungsformen ausgeschlossen. Auch ein Ölfluss zwischen den Kammern dürfe nicht stattfinden. Bewegungen aufgrund von Vorwärtsdrehmomenten seien jedoch – wie bereits der Begriff „torsionsunterstützt“ zeige – zulässig. Zudem müsse der Graph der Flügelbewegung eine Schrittfunktion beschreiben, was bei den angegriffenen Ausführungsformen nicht der Fall sei.
Zum erfindungsgemäßen Gehäuse trage die Klägerin widersprüchlich vor. Zur angegriffenen Ausführungsform 1 trage sie vor, dass der Versteller einen Hohlraum aufweise, in dem der Rotor aufgenommen sei. Zur angegriffenen Ausführungsform 2 heiße es dann, dass der Nockenwellenversteller insgesamt vier Hohlräume habe. Da mindestens ein Hohlraum genüge, müsse es sich um den gesamten, miteinander verbundenen Hohlraum im Gehäuse handeln, in dem der Rotor liege. Mehrere Hohlräume müssten dann räumlich voneinander getrennt sein.
Widersprüchlich sei auch das Merkmal, wonach die Flügel des Rotors in den Kammern schwingen könnten, wobei dabei ihre Winkelbeziehung aufrechterhalten werde. Der Anspruch sehe gerade nicht vor, dass die Flügel in einer bestimmten Position fixiert würden, um eine Winkelbeziehung aufrechtzuerhalten. Vielmehr soll dies gerade durch das Schwingen der Flügel erfolgen. Soweit die Klägerin auf die Winkelbeziehung zwischen den Flügeln abstellen wolle, gebe es dafür keinen Anhalt in der Klagepatentschrift, vielmehr ergebe sich eine solche Selbstverständlichkeit bereits aus der Tatsache, dass die Flügel integraler Bestandteil des Rotors seien. Letztlich sei auf die Winkelbeziehung zwischen Nockenwelle und Kurbelwelle abzustellen.
Hinsichtlich des Schieberventils genüge es nicht, wenn lediglich der Schieber in einer Hülse aufgenommen sei. Nach dem Wortlaut des Anspruchs müsse das Schieberventil, das selbst aus Hülse und Schieber bestehe, in einer weiteren Hülse aufgenommen sein. Daran fehle es bei den angegriffenen Ausführungsformen.
Was unter dem Begriff der Einlassunterlappung und Auslassüberlappung zu verstehen sei, sei weder dem Fachmann allgemein bekannt, noch ergebe es sich aus der Klagepatentschrift. Es gebe aber den Begriff der Überdeckung, einer Kenngröße, die die geometrische Beziehung der Steuerkanten von Schiebersteg und Öffnung betreffe, und wie diese Kenngröße ermittelt werden könne. Demnach gebe es positive und negative Überdeckungen und solche der Größe Null. Im englischen Sprachgebrauch werde zwischen Critical Center Spool Valves, Open Center Spool Valves und Closed Center Spool Valves unterschieden, also solchen, bei denen in der Nullstellung die Steuerkanten genau aneinander liegen (Critical Center Spool Valves), so dass es weder einen Fluidfluss noch eine Totzone gebe, und solchen, bei denen die Steuerkanten in der Nullstellung versetzt zueinander seien, so dass auch in der Nullposition ein geringer Fluidfluss bestehe (Open Center Spool Valves) oder erst nach einer gewissen Verstellung aus der Nullstellung hinaus überhaupt entstehen könne (Closed Center Spool Valves). Mischvarianten seien möglich.
Soweit die Klägerin meint, das Klagepatent stelle mit den Anforderungen an die Einlassunterlappung und Auslassüberlappung auf die zeitliche Reihenfolge des Schließens der Einlass- und Auslassöffnungen ab, gebe der Anspruch dies nicht her, weil es dafür auf die Unterlappung an Ein- und Auslass ankomme. Tatsächlich lasse der Wortlaut verschiedene Auslegungsmöglichkeiten zu. Anspruchsgemäß könnte ein Schieberventil schon dann gegeben sein, wenn es beidseitig eine negative Überdeckung aufweise, weil dadurch jede Unterlappung am Einlass stets größer sei als die Überlappung am Auslass. Alternativ könnte – beispielsweise am momentanen Einlass – eine Unterlappung der entsprechenden Steuerkante als Einlassunterlappung verstanden werden; die andere Steuerkante desselben Steges, die für eine Überlappung an derselben Öffnung sorge, sei hingegen zur Bestimmung der Auslassüberlappung heranzuziehen, weil diese Steuerkante relevant sei, wenn die Öffnung nach einer Verstellung des Schiebers als Auslass fungiere. Betrachte man die momentane Auslassöffnung, bildeten die Steuerkanten des Stegs an dieser Öffnung umgekehrt eine Auslassunterlappung und eine Einlassüberlappung. Im Ergebnis sei die Bedeutung dieses die Einlassunterlappung und Auslassüberlappung betreffenden Merkmals nicht zu ermitteln. Was die angegriffenen Ausführungsformen angehe, sei die Einlassunterlappung jedenfalls nicht stets größer als die Auslassunterlappung. Insbesondere in der Null- oder Haltestellung zeige sich, dass die Unterlappung kleiner sei als die Überlappung.
Das Einlassrückschlagventil der angegriffenen Ausführungsform 1 sei nicht in der Nockenwelle angeordnet. Eine Nockenwelle sei das Bauteil, das eine Drehbewegung vom Motor über Nocken auf die Ventilöffnung und/oder -schließung übertrage. Es handele sich um eine Welle zur Kraftübertragung durch eine Drehbewegung. Funktional sei einer Nockenwelle nur der Bereich zugeordnet, der dieser Übertragung diene, also über den der Kraftfluss erfolge und der für diese Funktion erforderlich sei. Innerhalb der so zu bestimmenden Nockenwelle sei das Rückschlagventil anzuordnen – allerdings auch nicht innerhalb des Verstellers, da eine solche Anordnung nach der Beschreibung des Klagepatents eine alternative Ausführungsform darstelle. Innerhalb der Begrenzungen von Rotor und Gehäuse sei ein Rückschlagventil als im Versteller und nicht in der Nockenwelle angeordnet anzusehen. Da der Versteller zudem in der Klagepatentschrift definiert werde und neben Rotor und Gehäuse auch Schieber- und Rückschlagventile umfasse, das Rückschlagventil aber außerhalb des Verstellers angeordnet sein müsse, könne es auch nicht – wie bei den angegriffenen Ausführungsformen – in dem dem Versteller zuzuordnenden Schieberventil angeordnet sein.
Schließlich beständen Zweifel am Rechtsbestand des Klagepatents. Hinsichtlich zahlreicher Merkmale beruhe der Klagepatentanspruch auf einer unzulässigen Erweiterung oder sei nicht klar. Außerdem sei die Lehre des Klagepatents weder neu, noch erfinderisch. - Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.
- Entscheidungsgründe
- Die zulässige Klage ist begründet.
- A
Die Klägerin hat gegen die Beklagte Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Rückruf aus den Vertriebswegen sowie Schadensersatz dem Grunde nach aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. §§ 139 Abs. 1 und 2, 140a Abs. 3, 140b Abs. 1 PatG und §§ 242, 259 BGB. - I.
Das Klagepatent schützt mit dem Patentanspruch 1 einen torsionsunterstützten Nockenwellenversteller für Verbrennungsmotoren. - 1.
Zur Nockenwellenverstellung im Allgemeinen wird in der Klagepatentschrift wie folgt ausgeführt: Die Leistung eines internen Verbrennungsmotors kann durch die Verwendung von dualen Nockenwellen verbessert werden, wobei eine die Einlassventile der verschiedenen Zylinder des Motors bedient und die andere die Abgasventile. Typischerweise werden die Nockenwellen durch die Kurbelwelle des Motors über einen Zahnrad- und Kettenantrieb oder einen Riemenantrieb angetrieben oder es wird nur die eine Nockenwelle derart angetrieben, die wiederum die andere Nockenwelle durch einen zweiten Zahnrad- und Kettenantrieb oder einen zweiten Riemenantrieb antreibt. Die Motorleistung in einem Motor mit dualen Nockenwellen kann weiter verbessert werden, was die Leerlaufqualität, sparsamen Treibstoffverbrauch, verringerte Emissionen oder erhöhtes Drehmoment betrifft, indem die Positionsbeziehung einer der Nockenwellen – üblicherweise der Nockenwelle, die die Einlassventile des Motors bedient – relativ zur anderen Nockenwelle und relativ zur Kurbelwelle verändert wird. Dadurch wird der Zeitablauf des Motors bezüglich des Betriebs der Einlassventile relativ zu den Abgasventilen oder bezüglich des Betriebs seiner Ventile relativ zur Position der Kurbelwelle variiert (Abs. [0002]; Absatzbezeichnungen ohne Bezugsangabe sind solche der Klagepatentschrift in deutscher Übersetzung, Anlage PS 1f). - 2.
Die Klagepatentschrift enthält eine Vielzahl von Definitionen von Begriffen, die für das weitere Verständnis eines Nockenwellenverstellers von Bedeutung sind. So wird der Prozess, der sich auf die Steuerung und/oder Variation der Winkelbeziehung (Phase) zwischen einer oder mehreren Nockenwellen, die die Einlass- und/oder Abgasventile des Motors antreiben, oder der Phasenbeziehung zwischen den Nocken- und Kurbelwellen, die mit den Kolben verbunden sind, bezieht, als variables Nockentiming (Variable Cam Timing – VCT) definiert (Abs. [0062]). Ein VCT-System umfasst einen Versteller, Steuerventil(e), Steuerventilstellglied(er) und eine Steuerschaltung (Abs. [0062]). - Ein Versteller besteht üblicherweise aus einem Rotor und Gehäuse und möglicherweise aus einem Schieberventil und Rückschlagventilen und ist an der Nockenwelle montiert; der Rotor ist der innere Teil des Verstellers und das Bauteil, mit dem der Versteller an der Nockenwelle befestigt ist (Abs. [0058]). Der äußere Teil des Verstellers ist ein Gehäuse mit Kammern (Abs. [0055]), in denen sich jeweils ein Flügel des Rotors dreht (Abs. [0052]). Durch die Relativposition zwischen Flügel und Gehäuse lässt sich die Winkelbeziehung zwischen den Nockenwellen bzw. die Phase zwischen der Nockenwelle und der Kurbelwelle festlegen.
- Um den Flügel in die eine oder andere Richtung in der Kammer zu bewegen, wird bei einem herkömmlichen Versteller Motoröldruck auf die eine oder andere Seite des Flügels aufgebracht. Ein solches VCT-System nennt sich öldruckbetätigtes (Oil Pressure Actuated – OPA) VCT-System (Abs. [0056]).
- Von einem OPA VCT-System ist ein nockendrehmomentbetätigtes (Cam torque Actuated – CTA) VCT-System zu unterscheiden, das nicht erfindungsgemäß ist. Bei einem CTA VCT-System werden die Flügel nicht durch den Motoröldruck betätigt, sondern durch Drehmomentumkehrungen in der Nockenwelle, die durch die Kräfte der Öffnungs- und Schließmotorventile verursacht werden. Dafür muss sich, wenn die Flügel verstellt werden sollen, das Fluid zwischen den Kammern bewegen können, was durch ein Steuerventil erlaubt werden kann. Wird der Fluidfluss durch das Steuerventil gestoppt, ist der Flügel in seiner Position gesperrt (Abs. [0050]).
- 3.
Davon ausgehend wird in der Klagepatentschrift umfänglich der Stand der Technik beschrieben, der hier nur auszugsweise, soweit er für das Verständnis der Erfindung von Interesse sein kann, wiedergegeben wird. - Das US-Patent Nr. 5,002,XXX beschreibt ein VCT-System, in dem die Systemhydraulik ein Paar gegenteilig wirkende Hydraulikzylinder mit geeigneten hydraulischen Flusselementen umfasst, um selektiv Hydraulikfluid von einem der Zylinder an den anderen oder umgekehrt zu übertragen, um damit die Umfangsposition an einer Nockenwelle relativ zu einer Kurbelwelle vorwärts oder rückwärts zu schieben. Das Steuersystem verwendet eine Steuerposition an einer Nockenwelle relativ zu einer Kurbelwelle und ein Steuerventil, in dem die Übertragung von Hydraulikfluid von einem oder dem anderen der gegenteilig wirkenden Zylinder durch Bewegung eines Schiebers innerhalb des Ventils in die eine oder andere Richtung von ihrer zentrierten oder Nullposition aus erlaubt wird. Die Bewegung des Schiebers erfolgt in Reaktion auf den hydraulischen Steuerdruck und die davon abhängige Hydraulikkraft an einem Ende des Schiebers und einer entgegen gerichteten mechanischen Kraft einer Druckfeder an dem anderen Ende (Abs. [0004]).
- Das US-Patent Nr. 5,107,XXX beschreibt einen alternativen Typ von VCT-System, bei dem die Systemhydraulik einen Flügel umfasst, der eine Exzentrität in einem eingeschlossenen Gehäuse aufweist, der die entgegengesetzt wirkenden Zylinder ersetzt, die in dem oben genannten US-Patent Nr. 5,002,XXX offenbart sind. Der Flügel kann bezüglich des Gehäuses oszilliert werden, mit geeigneten hydraulischen Flusselementen zum Übertragen des Hydraulikfluids innerhalb des Gehäuses von einer Seite einer Exzentrität zur anderen, oder umgekehrt, um damit den Flügel bezüglich des Gehäuses in einer oder der anderen Richtung zu oszillieren. Dies dient dazu, die Position der Nockenwelle relativ zur Kurbelwelle vorwärts oder rückwärts zu bewegen (Abs. [0005]).
- Die US-Patente Nr. 5,172,XXX und 5,184,XXX behandeln beide die Probleme der oben genannten Arten von VCT-Systemen, die dadurch entstehen, dass gegen ein Ende des Schiebers Hydraulikkraft und gegen das andere Ende mechanische Kraft ausgeübt wird. Das verbesserte Steuersystem, das in beiden US-Patenten offenbart wird, verwendet Hydraulikkraft auf beiden Enden des Schiebers. Die Hydraulikkraft an einem Ende entsteht aus dem direkt aufgebrachten Hydraulikfluid von der Motorölgalerie bei vollem Hydraulikdruck. Die Hydraulikkraft am anderen Ende des Schiebers entsteht aus einem Hydraulikzylinder oder anderen Kraftmultiplikator, der darauf in Reaktion auf das Systemhydraulikfluid bei verringertem Druck von einem PWM-Magneten wirkt. Weil die Kraft an jedem der gegenüberliegenden Enden des Schiebers hydraulischen Ursprungs ist und auf demselben Hydraulikfluid basiert, heben sich Änderungen des Drucks oder der Viskosität des Hydraulikfluids gegenseitig auf und wirken sich nicht auf die zentrierte oder Nullposition des Schiebers aus (Abs. [0006]).
- US-Patent Nr. 5,557,XXX zeigt ein Steuersystem, das Maschinenöldruck für die Betätigung verwendet. Das System umfasst eine Nockenwelle mit einem Flügel, der an einem Ende davon befestigt ist, um sich nicht oszillierend damit zu drehen. Die Nockenwelle trägt außerdem ein Gehäuse, das sich mit der Nockenwelle drehen kann, aber mit der Nockenwelle oszillieren kann. Der Flügel weist gegenüberliegende Exzentritäten auf, die jeweils in gegenüberliegenden Ausschnitten des Gehäuses aufgenommen werden. Die Aussparung hat eine größere Umfangserstreckung als die Exzentrität, sodass der Flügel und das Gehäuse zueinander oszillieren können und damit die Nockenwelle ihre Phase relativ zu einer Kurbelwelle ändern kann. Die Nockenwelle neigt zu einer Richtungsänderung der Reaktion auf den Motoröldruck und/oder die Nockenwellendrehmomentimpulse, die sie während des gewöhnlichen Betriebs erfährt, und darf sich entweder vorwärts oder rückwärts bewegen, indem der Fluss des Motoröls aus den Ausschnitten durch die Rücklaufleitungen blockiert oder zugelassen wird, indem die Position eines Schiebers in einem Schieberventilkörper von einer Motorsteuereinheit gesteuert wird. Der Schieber wird selektiv durch Steuerung der Hydrauliklast auf ihrem gegenüberliegenden Ende in Reaktion auf eine Motorsteuereinheit gesteuert. Der Flügel kann zu einer extremen Position vorbeaufschlagt werden, um eine Gegenkraft für ein unidirektional wirkendes Reibungsmoment bereitzustellen, das durch die Nockenwelle während der Drehung erfahren wird (Abs. [0010]).
- US-Patent Nr. 6,263,XXX zeigt eine Steuerventilstrategie für ein VCT-System vom Flügeltyp. Die Strategie umfasst einen internen Verbrennungsmotor, der eine Nockenwelle und Nabe umfasst, die an der Nockenwelle befestigt sind, um sich damit zu drehen, wobei ein Gehäuse die Nabe umschließt und mit der Nabe und der Nockenwelle drehbar ist, und ferner bezüglich der Nabe und der Nockenwelle oszillieren kann. Antriebsflügel sind radial einwärts in dem Gehäuse angeordnet und arbeiten mit der Nabe zusammen, während angetriebene Flügel radial auswärts in der Nabe angeordnet sind, um mit dem Gehäuse zusammenzuarbeiten und sich außerdem im Umfang mit den Antriebsflügeln abwechseln, um im Umfang abwechselnd Früh- und Spätverstellkammern zu definieren. Eine Konfiguration zum Steuern der Oszillation des Gehäuses relativ zur Nabe umfasst eine elektronische Motorsteuerung und ein Vorwärtssteuerventil, das auf die elektronische Motorsteuerung reagiert und den Motoröldruck an und aus den Frühverstellkammern steuert. Ein Rückwärtssteuerventil, das auf die elektronische Motorsteuerung reagiert, reguliert den Motoröldruck an und aus den Spätverstellkammern. Ein Vorwärtsdurchgang kommuniziert Motoröldruck zwischen dem Vorwärtssteuerventil und den Frühverstellkammern, während ein Rückwärtsdurchgang Motoröldruck zwischen dem Rückwärtssteuerventil und den Spätverstellkammern kommuniziert (Abs. [0014]).
- US-Patent Nr. 6,311,XXX zeigt ein mehrfachpositionsvariables Nockenwellen-Timingsystem mit einer am Flügel montierten Sperrkolbenvorrichtung. Eine Sperrkonfiguration, die die relative Bewegung zwischen dem Rotor und dem Gehäuse verhindert, ist entweder innerhalb des Rotors oder innerhalb des Gehäuses montiert und kann jeweils und freigebbar in der vollständig zurückgezogenen Position, der vollständige ausgefahrenen Position oder Positionen dazwischen den anderen Rotor und das Gehäuse eingreifen. Die Sperrvorrichtung umfasst einen Sperrkolben, der Schlüssel aufweist, die ein Ende davon abschließen, und Einkerbungen, die den Schlüsseln gegenüber an dem Sperrkolben angebracht sind, um den Rotor mit dem Gehäuse zu verriegeln. Eine Steuerkonfiguration steuert die Oszillation des Rotors relativ zum Gehäuse (Abs. [0015]).
- US-Patent Nr. 6,477,XXX zeigt eine Nockenwelle, die einen Flügel aufweist, der an einem Ende davon befestigt ist, um sich nicht oszillierend damit zu drehen. Die Nockenwelle trägt außerdem ein Zahnrad, das sich mit der Nockenwelle drehen kann aber bezüglich der Nockenwelle oszillieren kann. Der Flügel weist gegenüberliegende Exzentritäten auf, die jeweils in gegenüberliegenden Ausschnitten des Zahnrads aufgenommen werden. Die Aussparung hat eine größere Umfangserstreckung als die Exzentrität, sodass der Flügel und das Zahnrad zueinander oszillieren können. Die Nockenwellenphase neigt zu einer Änderung in Reaktion auf Impulse, die sie während des gewöhnlichen Betriebs erhält, und darf sich nur in einer bestimmten Richtung verändern, entweder vorwärts oder rückwärts, indem selektiv der Fluss des unter Druck stehenden Hydraulikfluids, vorzugsweise Motoröl, aus den Ausschnitten blockiert oder erlaubt wird, indem die Position eines Schiebers innerhalb eines Ventilkörpers eines Steuerventils gesteuert wird. Das Zahnrad weist einen Durchgang auf, der sich durch dieses hindurch erstreckt, wobei sich der Durchgang parallel zu und in einem Abstand von der Längsachse der Drehung der Nockenwelle erstreckt. Ein Stift kann in dem Durchgang verschoben werden und wird widerstandsfähig durch eine Feder in eine Position gedrückt, in der ein freies Ende des Stifts über den Durchgang hinausragt. Der Flügel trägt eine Platte mit einer Tasche, die an dem Durchgang in einer vorgegebenen Ausrichtung von Zahnrad zu Nockenwelle ausgerichtet ist. Die Tasche nimmt Hydraulikfluid auf, und wenn der Fluiddruck sich bei seinem gewöhnlichen Betriebspegel befindet, liegt ausreichend Druck innerhalb der Tasche vor, um das freie Ende des Stifts daran zu hindern, in die Tasche einzutreten. Bei niedrigen Pegeln des Hydraulikdrucks tritt jedoch das freie Ende des Stifts in die Tasche ein und verriegelt die Nockenwelle und das Zahnrad aneinander in einer vorgegebenen Ausrichtung (Abs. [0017]).
- Die EP1286XXX und US 2003/0033XXX offenbaren torsionsunterstützte Versteller, wobei ein erster Durchgang eine Strömungsverbindung zwischen einem ersten Abschnitt des Schieberventils und der Frühverstellkammer bereitstellt und ein zweiter Durchgang eine Strömungsverbindung zwischen einem zweiten Abschnitt des Schieberventils und der Spätverstellkammer darstellt. Ein Rückschlagventil der Frühverstellkammer befindet sich in der Frühverstellkammer-Einlassleitung und ein Rückschlagventil der Spätverstellkammer befindet sich in der Spätverstellkammer-Einlassleitung. Die Rückschlagventile befinden sich in dem Rotor (Abs. [0020]).
- Nach der Klagepatentschrift ist es nicht wünschenswert, wenn in einem Nockenwellenversteller, der Durchgänge für unter Druck stehendes Fluid aufweist, ein Leck vorhanden ist. Auch soweit ein Verriegelungsstift erforderlich ist, um eine feste Winkelbeziehung zwischen solchen Gegenständen wie einer Kurbel- und Nockenwelle zu erhalten, wobei der Verriegelungsstift durch Fluiddruck getrennt werden soll, sei es wünschenswert, Versteller mit einer Struktur zu haben, durch die Fluidlecks wesentlich verringert werden.
- Vor diesem Hintergrund kann die Aufgabe (das technische Problem) des Klagepatents, auch wenn sie nicht ausdrücklich in der Patentschrift formuliert ist, dahingehend verstanden werden, einen Nockenwellenversteller bereitzustellen, der die vorgenannten Nachteile beseitigt oder jedenfalls verringert.
- Als Lösung schlägt das Klagepatent einen torsionsunterstützten Nockenwellenversteller mit den Merkmalen des Klagepatentanspruchs 1 in der eingeschränkt geltend gemachten Fassung vor, die wie folgt gegliedert werden können:
- 1. Torsionsunterstützter Versteller zum Aufrechterhalten einer Winkelbeziehung zwischen einer Kurbelwelle und einer Nockenwelle oder zwischen mehr als einer Nockenwelle, wobei der torsionsunterstützte Versteller Folgendes umfasst:
2. ein Gehäuse (2), das mindestens einen Hohlraum aufweist, der durch eine bogenförmige Außenwand, eine erste Seitenwand und eine zweite Seitenwand definiert wird;
3. einen Rotor (1), der so angeordnet ist, dass er sich bezüglich des Gehäuses (2) bewegen kann, wobei der Rotor (1) Folgendes enthält:
3.1 eine Nabe und
3.2 mehrere Flügel (16, 18),
3.2.1 die integral mit dem Rotor (1) ausgebildet sind und von der Nabe vorragen,
3.2.2 wobei die mehreren Flügel (16,
18) so angeordnet sind, dass sie in ihren jeweiligen durch den Rotor (1) und das Gehäuse (2) gebildeten Kammern schwingen können, wobei dabei ihre Winkelbeziehung aufrechterhalten wird,
3.2.3 wobei jeder Flügel jede jeweilige Kammer in eine Frühverstellkammer (A) und eine Spätverstellkammer (R) unterteilt;
4. ein Schieberventil
4.1 mit einem Schieber (32) zur Verbindung von Steuerfluidkanälen,
4.2 wobei das Schieberventil im Wesentlichen in einer Hülse aufgenommen ist,
4.3 wobei der Schieber (32) und die Hülse (33) derart konstruiert sind, dass während der Befüllung der Frühverstellkammern (A) bzw. der Spätverstellkammern (R) die jeweilige Einlassunterlappung stets größer ist als die jeweilige Auslassüberlappung; und
5. ein Einlassrückschlagventil (30)
5.1 zur Bereitstellung von Einwegesteuerfluidstrom von einer Quelle zu dem Hohlraum;
5.2 wobei das Einlassrückschlagventil (30) in der Nockenwelle nahe angrenzend an den Versteller angeordnet ist,
6. wobei
6.1 ein erster Satz von Kanälen (100) Strömungsverbindung zwischen einem ersten Teil des Schieberventils und den Frühverstellkammern (A) bereitstellt und
6.2 ein zweiter Satz von Kanälen (90) Strömungsverbindung zwischen einem zweiten Teil des Schieberventils und den Spätverstellkammern (R) bereitstellt.II.
Der Klagepatentanspruch betrifft einen torsionsunterstützten Versteller zum Aufrechterhalten einer Winkelbeziehung zwischen einer Kurbelwelle und einer Nockenwelle. - 1.
Der in Merkmal 1 des Klagepatentanspruchs verwendete Begriff des torsionsunterstützten Verstellers wird in der Klagepatentschrift definiert. Darin heißt es: - „Ein torsionsunterstützter (TA) oder drehmomentunterstützter Versteller ist eine Variation des OPA-Verstellers, den ein Rückschlagventil in der Ölzufuhrleitung (d.h. eine Ausführungsform mit einem einzelnen Rückschlagventil) oder ein Rückschlagventil in der Versorgungsleitung zu jeder Kammer (d.h. eine Ausführungsform mit zwei Rückschlagventilen) ergänzt. Das Rückschlagventil hindert Öldruckimpulse durch Drehmomentumkehrungen daran, in das Ölsystem und zurückgeleitet zu werden, und stoppt die Rückwärtsbewegung der Flügel durch Drehmomentumkehrungen. In dem TA-System ist die Bewegung der Flügel durch Vorwärtsdrehmomentwirkungen erlaubt; daher wird der Ausdruck ‚torsionsunterstützt‘ verwendet. Die Kurve der Flügelbewegung ist eine Schrittfunktion.“ (Abs. [0061])
- Ein torsionsunterstützter Versteller im Sinne von Merkmal 1 zeichnet sich demnach dadurch aus, dass ein Rückschlagventil vorhanden ist, das Öldruckimpulse durch Drehmomentumkehrungen und damit eine Rückwärtsbewegung der Flügel blockiert, die Bewegung der Flügel durch Vorwärtsdrehmomente jedoch zulässt. Auf die Schrittfunktion kommt es für einen erfindungsgemäßen Versteller hingegen nicht an.
- a)
Ein torsionsunterstützter Versteller unterscheidet sich von den CTA VCT-Verstellern dadurch, dass er das OPA-System verwendet und die Flügel mittels Öldruck und nicht durch Drehmomentumkehrungen in der Nockenwelle verstellt werden. Vielmehr sollen durch Drehmomentumkehrungen verursachte Ölimpulse blockiert werden, damit eine Rückwärtsbewegung der Flügel durch solche Drehmomentumkehrungen gerade nicht erfolgen kann. Statt eines Steuerventils wie in einem CTA VCT-System, das einen durch Drehmomentumkehrungen induzierten Ölfluss zwischen den Früh- und Spätverstellungskammern steuert, weist ein torsionsunterstützter Versteller hingegen ein Rückschlagventil auf, das einen Rückfluss in das Ölsystem blockiert. Dass auch ein Ölfluss zwischen der Früh- und der Spätverstellungskammer ausgeschlossen sein soll, verlangt das Klagepatent nicht. Es versteht sich von selbst, dass das Rückschlagventil, wenn es etwa in der Ölzufuhrleitung angeordnet ist, dies allein auch nicht leisten kann, sondern von der Gesamtkonzeption von Versorgungsleitungen und Ventilen innerhalb des Verstellers abhängt, unter welchen Voraussetzungen ein Ölfluss möglich ist. Vor allem schließt die Definition eines torsionsunterstützten Verstellers nicht jeglichen Ölfluss zwischen Früh- und Spätverstellungskammer aus. Vielmehr geht es in Abgrenzung zu den CTA VCT-Verstellern darum, dass ein durch ein Steuerventil gesteuerter Ölfluss zwischen den Kammern zwecks Verstellung der Flügel mit Hilfe von Drehmomentumkehrungen nicht stattfinden kann. Stattdessen ist ein Rückschlagventil vorgesehen, dass Ölrückflüsse grundsätzlich unterbindet. Ein anderes Verständnis lässt sich weder aus dem von der Beklagten zitierten Stand der Technik (EP 1065XXX A2), noch aus der Figur 6 des Klagepatents herleiten. Die EP 1065XXX A2 offenbart eine Fluidverbindung zwischen den Früh- und Spätverstellungskammern, worin sich ein torsionsunterstützter Versteller im Sinne von Merkmal 1 gerade unterscheidet. Allerdings lässt sich dem nicht entnehmen, dass jeglicher Ölfluss zwischen den Kammern eines torsionsunterstützten Verstellers immer ausgeschlossen sein muss. Die Figur 6 des Klagepatents führt zu keiner anderen Bewertung, weil sie als Ausführungsbeispiel eine gegebenenfalls weiter gefasste Lehre des Klagepatents nicht einzuschränken vermag (BGH, Urt. v. 07.09.2004, X ZR 255/03 – Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung). - b)
Bewegungen der Flügel infolge von Vorwärtsdrehmomentwirkungen sind nach der Definition des torsionsunterstützten Verstellers erlaubt. Das bedeutet aber weder, dass solche Vorwärtsdrehungen immer möglich sein müssen, noch dass das Rückschlagventil für sie ursächlich sein muss. Die Definition ist stattdessen dahingehend zu verstehen, dass eine Verstellung der Flügel mittels Öldruck durch Vorwärtsdrehmomente unterstützt werden kann. Dem darf ein Rückschlagventil nicht entgegenstehen. Das Rückschlagventil kann es für sich genommen aber nicht leisten, dass ein Ölfluss bei Vorwärtsbewegungen der Flügel erlaubt ist, bei Drehmomentumkehrungen jedoch ausgeschlossen ist, da es allein nicht danach differenzieren kann, von welcher Kammer der Ölfluss stammt. Vielmehr erlaubt ein Rückschlagventil den Ölfluss nur in eine Richtung (Abs. [0052]) und unterbindet ihn in die andere Richtung – hier in Richtung Ölsystem – vollständig. Im Zusammenwirken mit anderen Ventilen kann dies so eingerichtet werden, dass bei Vorwärtsdrehmomenten sogar eine Bewegung der Flügel zulässig ist. Insofern kommt es wiederum auf die Gesamtkonzeption von Versorgungsleitungen und Ventilen an. - c)
Soweit die Definition des torsionsunterstützten Verstellers für die Anordnung des Rückschlagventils zwischen der Ölzufuhrleitung und den Versorgungsleitungen differenziert, geht es dem Klagepatent damit nicht um eine exakte Verortung des Rückschlagventils, die eine Anordnung im Schieberventil ausschließt. Vielmehr ist bei funktionaler Betrachtung entscheidend, dass Öldruckimpulse durch Drehmomentumkehrungen blockiert und so Rückwärtsbewegungen der Flügel verhindert werden. Letztlich kann das Rückschlagventil dies grundsätzlich an jeder Stelle des Wegs, den das Öl von der Pumpe bis zur Kammer zurücklegt, leisten. Die Differenzierung zwischen Ölzufuhrleitung und Versorgungsleitung macht lediglich deutlich, dass es unter Umständen, nämlich ab der Verzweigung in die Versorgungsleitungen zu den einzelnen Kammern, auch mehr als eines einzelnen Rückschlagventils bedarf. Dieser Übergang von der Ölzufuhrleitung in die Versorgungsleitungen erfolgt regelmäßig im und durch das Schieberventil, so dass sich ein im Schieberventil angeordnetes Rückschlagventil sogar ohne weiteres der Ölzufuhrleitung oder den Versorgungsleitungen zuordnen lässt. Dass der Klagepatentanspruch begrifflich zwischen Ölzufuhrleitungen, Versorgungsleitungen und Schieberventil differenziert, führt nicht zu einem engeren Verständnis der Definition des torsionsunterstützten Verstellers. - d)
Im Zusammenhang mit der Definition des torsionsunterstützten Verstellers ist auch davon die Rede, dass der Graph der Flügelbewegung eine Schrittfunktion sei. Dies schränkt jedoch die Lehre des Klagepatents nicht ein. Da es sich um einen Vorrichtungsanspruch handelt, der allein den Versteller und nicht seine Steuerung zum Gegenstand hat, hat die Definition im Streitfall keine beschränkende Wirkung. - 2.
Ein erfindungsgemäßer torsionsunterstützter Versteller weist gemäß Merkmal 2 unter anderem ein Gehäuse mit mindestens einem Hohlraum auf, der durch eine bogenförmige Außenwand, eine erste Seitenwand und eine zweite Seitenwand definiert wird. Im Kern hat das Gehäuse damit eine zylindrische Form. Die Außenwand ist insbesondere deshalb bogenförmig, weil in dem Gehäuse der in Merkmalsgruppe 3 beschriebene Rotor aufgenommen ist, der sich in dem Gehäuse bewegen können muss. Zudem bilden der Rotor und das Gehäuse gemäß Merkmal 3.2.2 Kammern, in denen die Flügel des Rotors schwingen können. Die Kammern sind gemäß Merkmal 3.2.3 wiederum durch die Flügel in eine Früh- und eine Spätverstellungskammer unterteilt. Die Kammer einschließlich der Früh- und Spätverstellungskammern sind – abgesehen von den Fluidkanälen – grundsätzlich in sich abgeschlossene Räume, weil nur so die Rotorflügel mittels des Fluiddrucks in der Früh- bzw. Spätverstellungskammer in die eine oder andere Richtung bewegt werden können und der Rotor gedreht werden kann. - Mit dem im Merkmal 2 genannten mindestens einen Hohlraum sind letztlich die in der Merkmalsgruppe 3.2.2 genannten Kammern gemeint. Nach dem Anspruchswortlaut wird der Hohlraum zwar durch den gesamten, durch das Gehäuse umfassten Raum beschrieben, in dem dann der Rotor aufgenommen ist. Indem das Gehäuse aber auch mehrere Hohlräume aufweisen kann, verengt der Anspruch den Begriff des Hohlraums zugleich auf die durch Rotor und Gehäuse gebildeten Kammern. Dies wird auch durch die Anforderung der Bogenform der Außenwand, die damit lediglich einen Abschnitt des im Übrigen zylindrischen Gehäuses beschreibt, deutlich. Auch aus dem Merkmal 5 ergibt sich, dass der Anspruch bei dem in Merkmal 2 genannten Hohlraum nicht konsequent zwischen dem allein durch das Gehäuse umfassten Raum und dem von Gehäuse und Rotor gebildeten Kammern differenziert. Der Fluidstrom wird zwar von der Quelle zu dem Hohlraum bereitgestellt, die Merkmale 6 und 7 spezifizieren dies aber dahingehend, dass eine Strömungsverbindung jeweils zu den Früh- und Spätverstellkammern hergestellt wird. Dass mit dem Hohlraum nichts anderes als die einzelnen Kammern im Sinne von Merkmal 3.2.2 gemeint sind, geht schließlich besonders deutlich aus der Beschreibung des Klagepatents hervor. Soweit darin zur Darstellung der Erfindung der Begriff des Hohlraums verwendet wird, sind es immer die Früh- und die Spätverstellkammer, die einen Hohlraum definieren. Weiter hießt es, dieser „Hohlraum in Verbindung mit Flügel 16 oder Flügel 18 definiert die Kammer R und Kammer A“ (Abs. [0035], [0038], [0040]). Es ist also die Kammer im Sinne von Merkmal 3.2.2, die sich über den Rotorflügel in eine Früh- und eine Spätverstellkammer unterteilen lässt, die den Hohlraum bildet. Letztlich verwendet das Klagepatent im Anspruch 1 den Begriff des Hohlraums nicht trennscharf. Es handelt sich um den vom Gehäuse umfassten Raum, der sich in mehrere Hohlräume unterteilen lässt, die wiederum mittels des Rotors in sich abgeschlossene Kammern bilden. Da der Versteller gemäß Merkmal 3.2.2 mehrere Flügel aufweisen muss, weist auch das Gehäuse notwendigerweise mehrere Hohlräume – verstanden als Kammern zur Aufnahme der Flügel – auf.
- 3.
Neben dem Gehäuse weist der erfindungsgemäße Nockenwellenversteller gemäß den Merkmalen 3 bis 3.2 einen Rotor mit einer Nabe und mehreren Flügeln auf. - a)
Soweit die Wendung „integral to the rotor“ im Merkmal 3.2.1 in der maßgeblichen englischen Fassung mit „integral mit dem Rotor“ übersetzt ist, ist ein Übersetzungsfehler nicht erkennbar. Das Merkmal ist dahingehend zu verstehen, dass die Flügel integraler Bestandteil des Rotors sein müssen. Ob sie deshalb zwingend einstückig ausgebildet sein müssen, kann letztlich dahinstehen. Das Merkmal sagt aber mehr aus, als dass die Flügel lediglich nicht Teil des Stators sein dürfen. - b)
Gemäß Merkmal 3.2.2 sind die mehreren Flügel so angeordnet, dass sie in ihren jeweiligen durch den Rotor und das Gehäuse gebildeten Kammern schwingen können, wobei ihre Winkelbeziehung aufrechterhalten wird („thereby maintaining their angular relationship“). - Der letzte Halbsatz, in der maßgeblichen englischen Fassung eingeleitet mit „thereby“, kann nicht als Kausalsatz dahingehend verstanden werden, dass die Winkelbeziehung dadurch aufrechterhalten wird, dass die Flügel schwingen können. Vielmehr besteht der Sinngehalt dieses Merkmals darin, dass die Flügel des Rotors in den Kammern zwar schwingen können müssen, sie aber auch so fixiert werden können, dass Rotor und Gehäuse und infolgedessen auch Kurbelwelle und Nockenwelle ihre Winkelbeziehung aufrechterhalten.
- Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist bei der Ermittlung des Sinngehalts eines Patentanspruchs auch ein für sich genommen eindeutiger Wortlaut nicht ausschlaggebend, wenn die Auslegung des Anspruchs unter Heranziehung der Beschreibung und der weiteren Patentansprüche ergibt, dass zwei im Patentanspruch verwendete Begriffe gegeneinander auszutauschen sind (BGH Urt. v. 12. Mai 2015, X ZR 43/13 – Rotorelemente). Dieser Grundsatz findet auch dann Anwendung, wenn es nicht nur um die Vertauschung zweier Begriffe geht, sondern auch sonstige Widersprüche im Anspruch aufzulösen sind.
- Im Streitfall ist ein Anspruchsverständnis, nach dem durch das Schwingen der Flügel die Winkelbeziehung aufrechterhalten werden soll, schon ausgehend vom Wortlaut des Anspruchs technisch widersprüchlich. Bereits aus dem Merkmal 1 geht hervor, dass ein Nockenwellenversteller zweierlei leisten muss, nämlich einerseits die Winkelbeziehung zwischen einer Kurbelwelle und einer Nockenwelle oder zwischen mehreren Nockenwellen verstellen können – dies ergibt sich aus dem Begriff „Versteller“ – und andererseits die Winkelbeziehung, wenn sie für eine bestimmte Fahrsituation eingestellt ist, aufrechterhalten können – dies ergibt sich aus der Zweckangabe von Merkmal 1.
- Die Winkelbeziehung zwischen den Wellen wird bei einem erfindungsgemäßen Versteller durch die Relativposition von Rotor und Gehäuse gesteuert. Mit diesem Zusammenspiel von Rotor und Gehäuse beschäftigt sich die Merkmalsgruppe 3. Im Einzelnen müssen, um die Winkelbeziehung einstellen zu können, die Flügel in den Kammern schwingen, sich also bewegen können. Nur so kann sich der Rotor relativ zum Gehäuse bewegen. Die Bewegung wird durch den Fluiddruck auf die Flügel in der jeweiligen Früh- oder Spätverstellkammer induziert. Die weiteren Merkmale beschäftigen sich dann mit den einzelnen Vorrichtungsbestandteilen, die an der Verstellung der Flügel mitwirken. Es versteht sich von selbst, dass eine bestimmte Winkelbeziehung solange nicht aufrechterhalten werden kann, wie die Flügel frei schwingen können. Soweit es daher im Merkmal 3.2.2 heißt, dass dabei ihre Winkelbeziehung aufrechterhalten wird, ist damit nichts anderes gemeint, als dass die Flügel auch in einer Position gehalten werden können und nicht mehr schwingen, um so die Winkelbeziehung zwischen Rotor und Gehäuse und damit zwischen den Wellen zu fixieren. Wie das bewerkstelligt wird, führt der Anspruch nicht im Einzelnen aus. Allerdings folgt bereits aus dem Begriff des torsionsunterstützten Verstellers und der Verwendung eines Rückschlagventils, dass das Fluid etwa bei Rückwärtsdrehmomenten nicht ohne weiteres aus der Früh- bzw. Spätverstellkammer gedrückt werden kann. Die Verwendung des Schieberventils gemäß Merkmal 4 bis 7 und 9 dient zudem der Steuerung des Fluidstroms. Insbesondere kann ein Schieberventil so ausgebildet sein, dass es eine Nullstellung aufweist, bei der ein Fluidstrom in oder aus einer Kammer gesperrt ist. Dies sorgt dafür, dass der Rotorflügel in der Kammer fixiert ist und die Winkelbeziehung aufrechterhalten bleibt.
- Genau diese Zusammenhänge ergeben sich auch aus dem Ausführungsbeispiel des Klagepatents. Bei diesem können die Flügel in den Kammern bewegt werden (vgl. Fig. 5-8), sie können also schwingen. Die Bewegung kann aber auch unterbunden werden, indem das Schieberventil in eine Nullstellung gebracht wird (vgl. Fig. 6 mit Abs. [0037]). In der Beschreibung des Klagepatents heißt es dazu: „Dadurch bleibt eine feste Winkelbeziehung erhalten, indem keine wesentliche relative Bewegung zwischen Rotor 1 und Gehäuse 2 vorliegt“ (Abs. [0037]). Eine Auslegung des Anspruchs, nach der die Winkelbeziehung durch das Schwingen der Flügel in ihren Kammern aufrechterhalten bleibt, würde dazu führen, dass keines der Ausführungsbeispiele des Klagepatents anspruchsgemäß ist. Sie ist daher abzulehnen.
- Daher ist auch die Wendung „ihre Winkelbeziehung“ („their angular relationship“) nicht auf die Winkelbeziehung der Flügel zueinander zu beziehen. Für ein solches Verständnis bietet die Klagepatentschrift keinen Anhaltspunkt. Zudem ergibt sich diese feste Winkelbeziehung bereits aus der integralen Bauweise von Rotor und Flügel. Soweit in der Klagepatentschrift von einer Winkelbeziehung die Rede ist, bezieht sie sich immer auf die Relativposition von Rotor und Gehäuse (vgl. Abs. [0037]) oder – wie in Merkmal 1 – auf die Winkelbeziehung zwischen Kurbelwelle und Nockenwelle bzw. zwischen mehreren Nockenwellen (vgl. bspw. Abs. [0021], [0062]; zur Phase insbesondere Abs. [0058]). Sprachlich liegt der Bezug auf die Winkelbeziehung zwischen Rotor und Gehäuse näher, was letztlich aber keinen Unterschied macht, weil von ihr unmittelbar die Winkelbeziehung zwischen den Wellen abhängt.
- 4.
Das Klagepatent definiert das in der Merkmalsgruppe 4 beschriebene Schieberventil als ein Steuerventil des Typs Schieber. Ein Steuerventil ist ein Ventil, das den Fluss von Fluid an den Versteller steuert (Abs. [0052]), also Fluidzufluss ermöglicht, sperrt oder Fluid abfließen lässt. Weiter heißt es, dass der Schieber typischerweise in einer Bohrung läuft und einen Durchgang mit einem anderen verbindet (Abs. [0052]). Wird dann noch die Merkmalsgruppe 6 in den Blick genommen, muss das Schieberventil jedenfalls über einen von der (Öl-)Zufuhrleitung kommenden Fluid-Einlass und einen entsprechenden Fluidauslass verfügen, darüber hinaus über eine Öffnung zum ersten Satz von Kanälen und eine zweite Öffnung zum zweiten Satz von Kanälen im Sinne der Merkmale 6.1 und 6.2, die jeweils die Strömungsverbindung zu den Früh- bzw. Spätverstellungskammern herstellen. Durch die Verstellung des Schiebers können die Öffnungen in verschiedenen Kombinationen geöffnet und/oder geschlossen werden, so dass die Frühverstellkammern mit Fluid gefüllt und die Spätverstellkammern geleert werden oder umgekehrt. Die Betätigung des Schiebers erfolgt durch entsprechende Kraftbeaufschlagung an seinen Enden. - a)
Gemäß Merkmal 4.2 soll das Schieberventil im Wesentlichen in einer Hülse aufgenommen sein. Das Klagepatent versteht unter dem Schieberventil lediglich den Schieber, der sich demnach in einer Hülse bewegen muss. Dies deutet bereits die Definition des Schieberventils an, wonach es sich dabei um ein „Steuerventil des Typs Schieber“ (Abs. [0052]) handeln soll. In der Beschreibung des Klagepatents wird der Schieber 32 durchweg auch als Steuerventil in Abgrenzung zur Hülse 33 bezeichnet (Abs. [0027], [0032], [0035], [0037], [0038], [0040], [0043] mit Figur 5 bis 8). Der Schieber kann – wie im Zusammenhang mit der Definition des Schieberventils im Klagepatent ausgeführt – in einer Bohrung laufen (Abs. [0052]) oder – wie in den Ausführungsbeispielen beschrieben und in Merkmal 4.2 gefordert – in einer Hülse aufgenommen sein, die die entsprechenden Auslässe aufweist. Die Klagepatentschrift bietet aber keinen Anhaltspunkt dafür, unter dem Schieberventil eine Anordnung aus Schieber und Hülse zu verstehen, die gemäß Merkmal 4.2 in einer weiteren Hülse angeordnet sein muss. Ein solches Verständnis erscheint bei der gebotenen technisch-funktionalen Auslegung vielmehr ausgeschlossen. - b)
Der Klagepatentanspruch enthält mit Merkmal 4.3 weitere konstruktive Anforderungen an Schieber und Hülse. Demnach sollen sie derart konstruiert sein, dass während der Befüllung der Frühverstellkammern bzw. der Spätverstellkammern die jeweilige Einlassunterlappung stets größer ist als die jeweilige Auslassüberlappung. - Unter der Einlassunterlappung ist der Abstand der für die Öffnungsweite des Einlasses maßgeblichen Steuerkanten von Schiebersteg und Kanalöffnung aufzufassen; das ist der Abstand zwischen der Steuerkante eines Schieberstegs und der angrenzenden Steuerkante der Einlassöffnung, wobei ein geöffneter Zwischenabstand verbleibt. Umgekehrt ist als Auslassüberlappung der Abstand der Steuerkante des zweiten Schieberstegs von der angrenzenden Steuerkante der Auslassöffnung anzusehen, wobei der Schiebersteg die angrenzende Steuerkante der Auslassöffnung bzw. die Innenwand der Hülse die Steuerkante des Schieberstegs überdeckt. Unterlappung und Überlappung sind nachstehend bildlich allgemein dargestellt. Die Abbildung stammt von der Klägerin.
- Dieses Verständnis von Einlassunterlappung und Auslassüberlappung kommt dem fachmännischen Verständnis des Begriffs Überdeckung – im Englischen „overlap“ – im Bereich von Schieberventilen am nächsten. Vor allem aber korrespondiert es mit der in der Klagepatentschrift genannten Funktion dieses Merkmals.
- aa)
Auch die Beklagte muss zugestehen, dass jedenfalls die Begriffe Überdeckung oder Overlap im Zusammenhang mit Schieberventilen in der Fachwelt nicht gänzlich unbekannt sind. Sie beschreiben im weitesten Sinne das Maß, um welches die Steuerkante eines Schieberstegs bei einer bestimmten Position des Schiebers von der Steuerkante der Öffnung in der den Schieber umgebenden Hülse oder Bohrung beabstandet ist – sei es dass der Steg die Steuerkante der Öffnung verdeckt (positive Überdeckung) oder die Steuerkanten nirgendwo anliegen und ein offener Zwischenabstand verbleibt (negative Überdeckung). Diesem Begriffsverständnis entspricht weitgehend die Definition der Begriffe Überlappung und Unterlappung von Merkmal 4.3, wobei der in der maßgeblichen englischen Fassung verwendete Begriff „overlap“ sogar mit dem in der Fachwelt gebräuchlichen Begriff identisch ist und der „underlap“ zwanglos als die negative Überdeckung verstanden werden kann. - Dabei ist zu berücksichtigen, dass Überlappung und Unterlappung gemäß Merkmal 4.3 – ebenso wie positive und negative Überdeckung gemäß dem allgemeinen fachmännischen Verständnis – immer in einer bestimmen Schieberposition zu betrachten sind. Der Klagepatentanspruch stellt insofern ausdrücklich auf den Zeitpunkt während der Befüllung ab. Es geht also nicht um eine Neutral- oder Nullstellung, in der sämtliche Durchlässe von und zu den in Merkmalsgruppe 6 genannten Kanälen (weitgehend) geschlossen sind, sondern um die Lage der Steuerkanten, wenn eine der Kammern befüllt und die andere geleert wird. In dieser Situation fließt Fluid einerseits durch den Schieber durch eine als Einlass fungierende Öffnung in der Hülse in einen ersten Kanal zum Befüllen der einen Kammer und andererseits aus dem von der anderen Kammer kommenden Kanal durch eine als Auslass fungierende Öffnung in der Hülse in den Schieber und aus diesem heraus.
- bb)
Die Funktion von Merkmal 4.3 besteht nach der Beschreibung des Klagepatents darin sicherzustellen, dass die Kammer, die befüllt wird, kein Vakuum erzeugt, das dazu führen würde, dass Luft in die Vorrichtung gesaugt wird (Abs. [0047]). Abzustellen ist auf die soeben skizzierte Befüllungssituation, in der der Rotor im Verhältnis zum Gehäuse in eine bestimmte Richtung bewegt wird. Ein Vakuum oder Unterdruck kann dabei in der zu befüllenden Kammer dann erzeugt werden, wenn sich der Rotor weiter bewegen kann, ohne dass weiteres Fluid in die Kammer nachfließen kann. Diese Situation kann insbesondere am Ende des Befüllvorgangs entstehen, wenn der Schieber wieder verstellt wird und der Einlass zu der befüllenden Kammer bereits geschlossen ist, der Auslass aus der zu leerenden Kammer aber noch (teilweise) offen ist. Eine Bewegung des Rotors drückt dann weiteres Fluid aus der zu leerenden Kammer in den Schieber und zieht umgekehrt in die zu füllende Kammer Luft, da Fluid nicht mehr durch das Schieberventil nachströmen kann. Dies wird verhindert, wenn die Auslassöffnung bei der Beendigung des Befüllvorgangs zuerst verschlossen wird, sodass der Rotor sich gerade nicht weiter bewegen kann, da kein weiteres Fluid aus der zu entleerenden Kammer strömen kann. Selbst wenn er sich weiter bewegen könnte, würde aufgrund der noch nicht gänzlich verschlossenen Einlassöffnung und des noch anliegenden Fluiddrucks weiteres Fluid nachströmen, aber keine Luft angesaugt. - Die in der Klagepatentschrift genannte Funktion von Merkmal 4.3 erfüllen eine Einlassunterlappung und eine Auslassüberlappung dann, wenn sie wie einleitend ausgeführt verstanden werden. Denn eine konstruktive Anordnung, bei der die Einlassunterlappung beim Befüllvorgang stets größer ist als die Auslassüberlappung, sorgt dafür, dass am Ende des Befüllvorgangs bei einer Verstellung des Schiebers der Auslass eher geschlossen als der Einlass. Dies erscheint auf den ersten Blick nicht zwingend, weil in dem Moment, in dem die Steuerkante des Schieberstegs genau an der Steuerkante der Auslassöffnung anliegt (Überdeckung = 0), die Einlassöffnung noch nicht geschlossen ist, es also eine Schieberstellung gibt, in der beide Öffnungen – Einlass und Auslass – geringfügig geöffnet sind. Abgesehen davon, dass es für die Bestimmung von Einlassunterlappung und Auslassüberlappung auf diese Stellung nicht ankommt, weil es sich nicht um die Befüllungssituation handelt, geht das Klagepatent unausgesprochen davon aus, dass der Schiebersteg mindestens so breit ist wie die Auslassöffnung. Mit dem Schieber kann die Auslassöffnung also gänzlich, ohne eine verbleibende negative Überdeckung verschlossen werden. In der geschilderten Situation, in der die eine Steuerkante des Schieberstegs genau an der Steuerkante der Auslassöffnung anliegt, ist die Auslassöffnung also geschlossen. Damit ist die Funktion, ein Vakuum in der zu befüllenden Kammer zu vermeiden, erfüllt. Da jede Öffnung in Abhängigkeit von der Drehrichtung des Rotors sowohl als Einlass als auch als Auslass fungieren kann, gelten die vorstehenden Ausführungen zum Auslass aus Symmetriegründen in gleicher Weise für den Einlass und umgekehrt und ebenso für die zugehörigen Schieberstege.
- cc)
Die Kammer verkennt nicht, dass es konstruktive Anordnungen geben kann, bei denen infolge einer Verstellung des Schiebers am Ende des Befüllvorgangs die Auslassöffnung eher geschlossen wird als die Einlassöffnung, obwohl die Einlassunterlappung beim Befüllvorgang nicht größer als die Auslassüberlappung ist. Das kann etwa der Fall sein, wenn die Schieberstege breiter sind als die Kanalöffnungen, ihr Abstand zueinander aber geringer ist als der kleinste Abstand zwischen den Kanalöffnungen. Dass es solche alternativen konstruktiven Anordnungen gibt, die gegebenenfalls dieselbe Funktion wie das Merkmal 4.3 erfüllen, dies jedoch mit anderen, nicht patentgemäßen Mitteln erreichen, rechtfertigt kein anderes Verständnis von Merkmal 4.3. - Zu einem anderen Auslegungsergebnis zwingt auch nicht der Umstand, dass es konstruktive Gestaltungen gibt, die zwar den Anforderungen von Merkmal 4.3 genügen, jedoch nicht dafür sorgen, dass die Auslassöffnung bei einer Verstellung des Schiebers eher geschlossen wird als die Einlassöffnung. Dies kann etwa der Fall sein, wenn beide Schieberstege schmaler als die Kanalöffnung sind, also eine beidseitige negative Überdeckung aufweisen. Abgesehen davon, dass bei einer beidseitigen negativen Überdeckung beider Schieberstege in Abhängigkeit von ihrer Anordnung zueinander nicht zwingend die Auslassöffnung nach der Einlassöffnung verschlossen wird, hat die in der Patentschrift genannte Funktion in den Wortlaut des Klagepatentanspruchs keinen Eingang gefunden. Daher sind auch solche konstruktiven Anordnungen, die die Funktion nicht erfüllen, vom Gegenstand des Anspruchs erfasst. Zu einer abweichenden Auslegung von Merkmal 4.3 führen sie jedoch nicht, da sie in einem weiten Anwendungsbereich technisch-funktional konsistent ist und für ein anderes Verständnis von Einlassunterlappung und Auslassüberlappung ohnehin nichts dargetan ist. Auch die Beklagte schweigt dazu.
- Soweit die Beklagte meint, es ließe sich für das Merkmal 4.3 auf jede einzelne Öffnung in der Hülse abstellen, die in Abhängigkeit von der Schieberstellung sowohl als Einlass auch als Durchlass fungieren könne, so dass in Bezug auf diese Öffnung zur einen Seite des Schiebers hin eine Einlassunterlappung und zur anderen Seite hin eine Auslassüberlappung definiert werden könne, ist schon nicht erkennbar, welche technische Funktion eine solche Begriffszuordnung haben soll. Noch weniger erschließt sich der Zusammenhang mit der in der Klagepatentschrift explizit genannten Funktion von Merkmal 4.3. Die Zuordnung versagt zudem schon, wenn eine Öffnung als Auslass fungiert, weil sie dann lediglich eine Auslassunterlappung und eine Einlassüberlappung aufweisen soll.
- 5.
Zu Merkmal 1 ist bereits ausgeführt worden, dass ein torsionsunterstützter Versteller definitionsgemäß ein Einlassrückschlagventil aufweist. Dieses Rückschlagventil wird in der Merkmalsgruppe 5 näher beschrieben. - a)
Seiner Funktion nach dient das Einlassrückschlagventil der Bereitstellung von Einwegesteuerfluidstrom von einer Quelle zum Hohlraum (Merkmal 5.1). Aus dem Begriff des Einwegesteuerfluidstroms und der Funktionsweise eines Rückschlagventils erschließt sich unmittelbar, dass das Einlassrückschlagventil den Rückfluss des Fluids von der Kammer in Richtung Quelle blockieren soll. Genau dadurch unterscheidet sich der torsionsunterstütze Versteller (TA VCT) – wie eingangs ausgeführt – von den nockendrehmomentbetätigten Verstellern (CTA VCT). Eine drehmomentinduzierte Verstellung des Rotors soll dadurch verhindert werden. - b)
Im Zuge der Auslegung des Begriffs des torsionsunterstützten Verstellers ist die genaue Verortung des Einlassrückschlagventils offen geblieben, solange es sich nur im Pfad der Ölversorgung befindet, der bei der Quelle beginnt und über die Zufuhrleitung, das Schieberventil und die Versorgungsleitungen bis zur jeweiligen Kammer führt. Insbesondere ist demnach eine Anordnung im Schiebeventil unschädlich. - Merkmal 5.2 bestimmt diesen Ort des Einlassrückschlagventils in einem erfindungsgemäßen Versteller näher. Es soll in der Nockenwelle nahe angrenzend an den Versteller angeordnet sein.
- Mit dieser räumlichen Anordnung grenzt sich das Klagepatent von dem Stand der Technik ab, der Rückschlagventile offenbart, die nicht in der Nockenwelle, sondern im Versteller angeordnet sind. Das geht aus der Klagepatentschrift hervor, wo es ausdrücklich zur EP 1 065 XXX und US 6 250 XXX heißt, es werden zwei Rückschlagventile offenbart, die sich gerade nicht in der Nockenwelle befinden (Abs. [0012]). Auch in den in EP 1 286 XXX und US 2003/0033XXX offenbarten Verstellern befinden sich die Rückschlagventile nicht in der Nockenwelle, sondern in der Strömungsverbindung zwischen Schiebeventil und Kammer bzw. im Rotor (Abs. [0020]). Vor allem enthält das Klagepatent aber ein Ausführungsbeispiel, das nicht erfindungsgemäß ist (Abs. [0XXX] und [0026] mit Figur 1-4), und zu dem explizit ausgeführt wird, dass „das Rückschlagventil 30 innerhalb der Grenzen von Rotor 1 und Gehäuse 2 platziert [ist]. Alternativ und nach dieser Erfindung kann das Rückschlagventil 30 in enger Nähe zu einem Versteller in dem Nockenwellenende platziert sein, das sich in enger Nähe zu dem Versteller befindet“ (Abs. [0030]; Hervorhebung seitens der Kammer).
- Bei der Nockenwelle handelt es sich um eine Welle mit Nocken zur Übertragung eines Drehmoments. Die Drehbewegung der Welle wird durch die vorhandenen Nocken in eine Längsbewegung zur Betätigung der Einlass- und Auslassventile umgewandelt. Insofern weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass ein Kraftfluss vom Antrieb der Nockenwelle über die Nockenwelle und die Nocken zu den Ventilen erfolgt. Allerdings ist der Begriff der Nockenwelle in Merkmal 5.2 nicht funktional auf den Teil der Welle beschränkt, der für den Kraftfluss zwingend erforderlich ist. Mit dem Begriff der Nockenwelle ist vielmehr das gesamte, die Welle bildende Bauteil gemeint, unabhängig davon, wo es angetrieben wird und wo sich die Nocken befinden. Denn der Kraftfluss ist für die Funktion der Anordnung des Einlassrückschlagventils unbeachtlich. Dem Klagepatent geht es stattdessen in erster Linie um eine Anordnung in der Nähe des Verstellers, um die Anzahl von Durchgängen für das Fluid und damit das Risiko von Leckagen zu verringern (vgl. Abs. [0018] und [0042]).
- Eine Anordnung im Versteller ist durch die Ausführungen in der Klagepatentschrift und die Wendung „in der Nähe des Verstellers“ in Merkmal 5.2 ausgeschlossen. Mit dem Begriff des Verstellers ist lediglich der Bereich in den Grenzen von Gehäuse und Rotor anzusehen. Dies ergibt sich aus einem Umkehrschluss zu Absatz [0030]. Hingegen kann für das Verständnis vom Versteller in diesem Zusammenhang nicht auf die Definition in der Klagepatentschrift abgestellt werden (Abs. [0058]). Zum einen beschreibt das Klagepatent die Existenz von Schieberventil und Rückschlagventil in einem Versteller nur als Möglichkeit. Zum anderen ist es widersprüchlich, das Rückschlagventil einerseits über die Definition in Absatz [0058] als Bestandteil des Verstellers anzusehen und es andererseits durch die gemäß Merkmal 5.2 erforderliche Anordnung außerhalb des Verstellers nicht zum Begriff des Verstellers rechnen zu wollen. Stattdessen heißt es in der Klagepatentschrift an anderer Stelle ausdrücklich, dass das Gehäuse der äußere Teil des Verstellers ist (Abs. [0055]). Dies korrespondiert mit dem Hinweis auf die Grenzen von Gehäuse und Rotor (Abs. [0030]). Ein Rückschlagventil oder auch ein Schiebeventil können daher innerhalb von Rotor und Gehäuse angeordnet sein, so dass sie Teil des Verstellers sind, oder außerhalb von Rotor und Gehäuse, so dass sie für die räumliche Anordnung nicht als Teil eines Verstellers anzusehen sind. Nur die zweite Variante ist Gegenstand der Erfindung.
- Ob das Einlassrückschlagventil dann unmittelbar in der Nockenwelle oder mittelbar über andere Bauteile, insbesondere innerhalb des Schieberventils in der Nockenwelle verbaut ist, ist unbeachtlich. Der Klagepatentanspruch enthält in dieser Hinsicht keine Einschränkungen, so lange das Einlassrückschlagventil nicht im Versteller, sondern nahe angrenzend an diesen angeordnet ist.
- III.
Die angegriffenen Ausführungsformen verwirklichen sämtliche Merkmale des Klagepatentanspruchs. - Soweit die Beklagte noch in der Klageerwiderung den Vortrag der Klägerin zu Aufbau und Funktionsweise der angegriffenen Versteller und infolgedessen auch zur Merkmalsverwirklichung als unsubstantiiert bemängelt hat, ist dieser Einwand überholt. Die Klägerin hat ihren Vortrag in der Replik weiter konkretisiert, so dass die Beklagte auf diesen Einwand in der Duplik zu Recht nicht mehr zurückgekommen ist.
- 1.
Die angegriffene Ausführungsform 1 – der Nockenwellenversteller für die Motorenprogramme A – verwirklichen sämtliche Merkmale des Klagepatentanspruchs 1. - a)
Bei der angegriffenen Ausführungsform handelt es sich um einen torsionsunterstützten Versteller im Sinne von Merkmal 1. Er weist im Schieberventil ein Rückschlagventil in Form eines Federbands in Höhe der Einlassöffnung des Ventils auf, das Öldruckimpulse durch Drehmomentumkehrungen und damit eine Rückwärtsbewegung der Flügel blockiert, Vorwärtsdrehmomentwirkungen jedoch erlaubt. - Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass eine ungesteuerte Verstellung des Rotors durch Öldruckimpulse möglich sei, wenn sich nämlich der Schieber in einer Stellung befinde, in der beide Öffnungen zu den Früh- und Spätverstellkammern infolge einer geringfügigen Unterlappung zur Ölversorgung geöffnet seien; dann könne bei einem entsprechenden Drehmomentimpuls Öl von der einen in die andere Kammer fließen. Dies ergebe sich zwangsläufig aus dem Umstand, dass die Einlassunterlappung größer als die Auslassüberlappung sei. Die von der Beklagten angesprochene Ventilstellung ist nachstehend abgebildet:
- Diese konstruktive Gestaltung ändert jedoch nichts an der Einordnung der angegriffenen Ausführungsform 1 als torsionsunterstützter Versteller. Denn die Definition eines torsionsunterstützten Verstellers verlangt nicht, dass jeglicher Ölfluss zwischen den Früh- und Spätverstellkammern ausgeschlossen wird. Zudem betrachtet die Klägerin eine bestimmte Stellung des Schieberventils, in der beide Kanalöffnungen geringfügig geöffnet sind. Unabhängig davon, ob es sich dabei um eine Transit- oder Nullstellung handelt, gibt es jedenfalls weitere Schieberstellungen, in denen die Kanalöffnung der einen Kammer vollständig geschlossen ist und an der anderen Öffnung Öldruck anliegt. In dieser Position verhindert das Rückschlagventil eine Verstellung des Rotors. Ob das Schieberventil der angegriffenen Ausführungsform 1 in der Einbausituation anders gesteuert wird, ist für die Verwirklichung von Merkmal 1 unbeachtlich.
- Hingegen erlaubt die angegriffene Ausführungsform 1 Vorwärtsdrehmomentwirkungen. Diesen steht das Rückschlagventil jedenfalls in der Befüllungssituation nicht entgegen.
- Dass das Rückschlagventil bei der angegriffenen Ausführungsform 1 im Schieberventil angeordnet ist, steht – wie im Rahmen der Auslegung ausgeführt – nicht in Widerspruch zur Definition eines torsionsunterstützten Verstellers, da das Schieberventil zwanglos der Ölzufuhrleitung und den Versorgungsleitungen zugeordnet werden kann.
- Ob die angegriffene Ausführungsform 1 in der Einbausituation mittels einer Schrittfunktion gesteuert wird, ist für die Verwirklichung von Merkmal 1 unbeachtlich.
- b)
Die angegriffene Ausführungsform 1 hat ein Gehäuse, das mindestens einen Hohlraum im Sinne von Merkmal 2 aufweist. Es handelt sich dabei um die durch durch Gehäuse und Rotor(nabe) gebildeten einzelnen Hohlräume, in denen die Flügel des Rotors aufgenommen sind. Eine solche Kammer ist nachfolgend dargestellt: -
c)
Unstreitig verwirklicht die angegriffene Ausführungsform 1 die Merkmale 3., 3.1, 3.2, 3.2.1 und 3.2.3. Sie weist einen Rotor mit einer Nabe und mehreren Flügeln auf, die integraler Bestandteil des Rotors sind und die jeweilige Kammer – den Hohlraum – in eine Frühverstellkammer und Spätverstellkammer unterteilen. - Die Flügel sind auch so angeordnet, dass sie in den durch Rotor und Gehäuse gebildeten Kammern schwingen könne und dabei ihre Winkelbeziehung im Sinne von Merkmal 3.2.2 aufrechterhalten können. Wie bereits im Rahmen der Auslegung des Anspruchs ausgeführt, muss der Rotor mit den Flügeln auf der einen Seite relativ zum Gehäuse verstellbar sein und auf der anderen Seite in einer festen Winkelbeziehung zum Gehäuse gehalten werden können. Das ist aber der Fall. Unstreitig lassen sich die Flügel bei einer entsprechenden Stellung des Schieberventils der angegriffenen Ausführungsform 1 verstellen.
- Wird der Schieber hingegen in eine Position gebracht, in der die Auslassöffnung verschlossen und die Einlassöffnung noch geringfügig geöffnet ist, so dass an ihr noch Öldruck anliegt, kann sich der Rotor nicht mehr in Bezug auf das Gehäuse verstellen. Die Winkelbeziehung wird gehalten.
-
d)
Die angegriffene Ausführungsform 1 weist ein Schieberventil im Sinne der Merkmalsgruppe 4 auf. Dies ist zwischen den Parteien mit Ausnahme der Merkmale 4.2 und 4.3 unstreitig. - Bei zutreffender Auslegung bedarf es neben Hülse und Schieber keiner weiteren Hülse. Es genügt für eine Verwirklichung von Merkmal 4.2, dass der Schieber in einer Hülse aufgenommen ist. Das ist bei der angegriffenen Ausführungsform 1 – wie nachstehend abgebildet – der Fall.
- Das Schieberventil der angegriffenen Ausführungsform 1 erfüllt auch die Anforderungen von Merkmal 4.3. Die Strömungswege sind in den beiden zuletzt wiedergegebenen Abbildungen dargestellt. Zudem ist anhand der nachstehenden Abbildungen ersichtlich, dass die Einlassunterlappung während der Befüllung stets größer ist als die Auslassüberlappung.
- Dies ergibt sich auch aus den folgenden bemaßten Abbildungen der Beklagten:
- Die Beklagte macht geltend , dass die Einlassunterlappung nicht stets größer ist als die Auslassüberlappung, weil etwa in der Null- oder Haltestellung die rechtsseitige Überdeckung des rechten Stegs größer sei als die rechtsseitige Unterlappung des linken Steges, wie dies nachfolgend gezeigt ist. Gleiches gelte, wenn der Schieber weiter nach rechts verstellt werde.
- Dieser Auffassung vermag die Kammer nicht zu folgen. Denn die Abbildung gibt nicht die Unter- oder Überlappung während der Befüllung wieder, wie dies das Merkmal 4.3 verlangt. Wie der Begriff Null- oder Haltestellung bereits nahelegt, sind beide Öffnungen leicht geöffnet, so dass beidseitig ein Öldruck anliegt und das System aufgrund des Rückschlagventils in sich geschlossen ist. Eine Befüllung findet nicht statt. Soweit die Beklagte danach eine Verschiebung des Schiebers nach rechts betrachtet, kann von einer Befüllungssituation auch erst dann gesprochen werden, wenn sich der Auslass öffnet. Dann aber sind Einlassunterlappung und Auslassüberlappung eindeutig identifizierbar, nämlich so, wie von der Klägerin vorgenommen. Die Beklagte betrachtet hingegen eine Überlappung, die entweder zeitlich vor dem Befüllvorgang besteht oder sich nicht am Auslass befindet.
- e)
Die angegriffene Ausführungsform 1 verwirklicht die Merkmalsgruppe 5. Das gilt auch für das Merkmal 5.2. Denn das Einlassrückschlagventil ist in der Nockenwelle nahe angrenzend an den Versteller angeordnet. Das Rückschlagventil befindet sich innerhalb des Schieberventils und ist in der folgenden Abbildung kenntlich gemacht. - Das Schieberventil wird in das Ende der Nockenwelle geschraubt. Dass dieses Ende der Nockenwelle ggf. nicht mehr dem Kraftfluss von der Kurbelwelle über Kette und Zahnrad des Verstellers auf die Welle mit ihren einzelnen Nocken dient, ist unbeachtlich. Das Schieberventil befindet sich zudem teilweise außerhalb der Grenzen von Rotor und Gehäuse und ist insoweit nicht mehr Bestandteil des Verstellers. Das Einlassrückschlagventil ist infolgedessen in der Nockenwelle angeordnet. Da es sich zudem auf der Höhe der in der nachstehenden Abbildung am Ende der Nockenwelle befindlichen Fluideinlassöffnungen befindet, ist es nicht im Versteller angeordnet, wohl aber nahe angrenzend an den Versteller.
- f)
Dass die angegriffene Ausführungsform 1 die Merkmalsgruppe 6 verwirklicht, ist zwischen den Parteien zu Recht unstreitig. - 2.
Auch die angegriffene Ausführungsform 2 – der Nockenwellenversteller für die Motorenprogramme B, C und C – verwirklicht sämtliche Merkmale des Klagepatentanspruchs. - a)
Bei der angegriffenen Ausführungsform 2 handelt es sich um einen torsionsunterstützten Versteller im Sinne von Merkmal 1. Die Ausführungen zur angegriffenen Ausführungsform 1 finden hier in gleicher Weise Anwendung mit dem Unterschied, dass das Rückschlagventil nicht als Federband, sondern als federgelagertes Plättchen ausgestaltet ist, das sich am Eingang des Schieberventils und infolgedessen ebenfalls in der Zufuhr- oder Versorgungsleitung befindet. - Dieses Rückschlagventil verhindert, dass Rückwärtsdrehmomente zu einer Verstellung des Rotors im Verhältnis zum Gehäuse führen.
- b)
Die vorherige Abbildung zeigt auch die Verwirklichung von Merkmal 2, nämlich ein Gehäuse, das mindestens einen Hohlraum in Form der Kammern aufweist, in denen jeweils ein Flügel des Rotors aufgenommen ist. - c)
Weiterhin verwirklicht die angegriffene Ausführungsform 2 auch die Merkmalsgruppe 3. Das gilt insbesondere für das Merkmal 3.2.2. Wie bei der angegriffenen Ausführungsform 1 können die Flügel relativ zum Gehäuse bewegt, aber auch in einer festen Winkelbeziehung gehalten werden, wenn eine der Öffnung bei entsprechender Schieberstellung verschlossen und die andere bei anliegendem Öldruck (geringfügig) geöffnet ist. - d)
Das nachstehend abgebildete Schieberventil verwirklicht die Merkmalsgruppe 4 des Klagepatentanspruchs. - Aus der Abbildung sind der Schieber, die Öffnungen zu den Fluidkanälen und der von der Klägerin eingezeichnete Ölfluss bei verschiedenen Schieberstellungen ersichtlich, Merkmal 4.1. Das Schieberventil weist auch eine Hülse gemäß Merkmal 4.2 auf. Sie wird durch das Gehäuse und den Leiteinsatz gebildet. Die konstruktive Gestaltung entspricht zudem den Anforderungen der Merkmalsgruppe 4.3 Dies ergibt sich aus den folgenden Abbildungen der Klägerin, aber auch aus den bemaßten Darstellungen der Beklagten:
- Soweit die Beklagte meint, dass die Einlassunterlappung nicht stets größer ist als die Auslassüberlappung, betrachtet sie wiederum nur die Null- oder Haltestellung bzw. nicht die Befüllungsituation. Dass dies nicht ausreicht, ist bereits in Bezug auf die angegriffene Ausführungsform 1 ausgeführt worden, worauf ohne Einschränkung verwiesen werden kann.
- e)
Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht die Merkmalsgruppe 5. Bei dem Einlassrückschlagventil handelt es sich um das eingangs genannte federkraftbeaufschlagte Plättchen am Eingang des Schieberventils. Dieses Schieberventil wird von der einen Seite des Verstellers durch die Rotornabe hindurchgesteckt und auf der anderen Seite über ein Gewinde in der Nockenwelle befestigt. Da das Rückschlagventil – wie in der folgenden Abbildung ersichtlich – am Eingang des Schieberventils angeordnet ist, befindet es sich infolgedessen in der Nockenwelle, aber nicht innerhalb der Grenzen von Gehäuse und Rotor, sondern angrenzend an den so definierten Versteller. Damit ist das Merkmal 5.2 verwirklicht. - f)
Unstreitig weist die angegriffene Ausführungsform 2 auch zwei Sätze von Kanälen im Sinne der Merkmalsgruppe 6 auf. - 3.
Schließlich macht auch die angegriffene Ausführungsform 3 – der Versteller für das Motorenprogramm des Ford Fox – von der Lehre des Klagepatentanspruchs wortsinngemäß Gebrauch. - Zur Vermeidung von Wiederholungen kann für die Verwirklichung der einzelnen Merkmale des Klagepatentanspruchs uneingeschränkt auf die Ausführungen zur angegriffenen Ausführungsform 2 Bezug genommen werden. Denn die für die Frage der Patentverletzung maßgeblichen technischen Eigenschaften der angegriffenen Ausführungsform 3 sind mit denen der angegriffenen Ausführungsform 2 identisch. Soweit Unterschiede zwischen den beiden angegriffenen Ausführungsformen bestehen, wie zum Beispiel die Ausbildung des Kopfes zur Verschraubung des Schieberventils, bleiben sie für die Patentverletzung ohne Auswirkungen.
- Die einzelnen Bauteile des angegriffenen Verstellers sind nachfolgend abgebildet und lassen ohne weiteres erkennen, dass hinsichtlich der Patentverletzung weitreichende Identität mit der angegriffenen Ausführungsform 2 besteht.
- Es handelt sich um einen torsionsunterstützten Versteller im Sinne von Merkmal 1. Das Rückschlagventil ist wie bei der angegriffenen Ausführungsform 2 als federbeaufschlagtes Plättchen im Eingang des Schieberventils platziert. Das Gehäuse weist Hohlräume gemäß Merkmal 2 auf, in dem ein Rotor im Sinne der Merkmalsgruppe 3 aufgenommen ist. Insbesondere ist der Rotor relativ zum Gehäuse verstellbar, kann aber auch in einer festen Winkelbeziehung gehalten werden, Merkmal 3.2.2.
- Das Schieberventil ist nachfolgend noch einmal im Schnitt dargestellt. Der Schieber ist – wie bei der angegriffenen Ausführungsform 2 – in einer Hülse geführt. Während der Befüllung ist die Einlassunterlappung zudem stets größer als die Auslassüberlappung, was aus den Abbildungen ebenfalls erkennbar ist.
- Die dagegen gerichteten Einwendungen der Beklagten betreffen entweder nicht die Befüllungssituation oder stellen nicht auf die Einlassunterlappung bzw. Auslassüberlappung ab. Wegen der Einzelheiten kann auf die Ausführungen zu den angegriffenen Ausführungsform 2 und 3 verwiesen werden.
- Das Einlassrückschlagventil der angegriffenen Ausführungsform 3 ist ebenso wie bei der angegriffenen Ausführungsform 2 in der Nockenwelle nahe angrenzend an den Versteller angeordnet, nicht aber im Versteller, so dass es den Anforderungen der Merkmalsgruppe 5 entspricht.
- IV.
Durch Angebot und Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen macht die Beklagte von der Lehre des Klagepatents unberechtigt Gebrauch. Daraus ergeben sich die nachstehenden Rechtsfolgen. - 1.
Die Beklagte ist der Klägerin gemäß Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 1 PatG zur Unterlassung verpflichtet, da die Benutzung des Erfindungsgegenstands ohne Berechtigung erfolgt. - 2.
Weiterhin hat die Klägerin gegen die Beklagte dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 1 und 2 PatG, weil die Beklagte die Patentverletzung schuldhaft beging. Als Fachunternehmen hätte sie die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Es ist auch nicht unwahrscheinlich, dass der Klägerin als Inhaberin des Klagepatents durch die Patentverletzung ein Schaden entstanden ist. Das für die Zulässigkeit des Feststellungsantrags gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass die Klägerin derzeit nicht in der Lage ist, den konkreten Schaden zu beziffern und ohne eine rechtskräftige Feststellung der Schadensersatzpflicht die Verjährung von Schadensersatzansprüchen droht. - 3.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte auch ein Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 140b Abs. 1 PatG, §§ 242, 259 BGB zu. Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsform ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus § 140b Abs. 1 PatG, der Umfang der Auskunftspflicht aus § 140b Abs. 3 PatG. Die weitergehende Auskunftspflicht und die Verpflichtung zur Rechnungslegung folgen aus §§ 242, 259 BGB, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern. Die Klägerin ist auf die tenorierten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagte wird durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. - 4.
Weiterhin hat die Klägerin gegen die Beklagte aufgrund der unberechtigten Benutzung des Klagepatents einen Anspruch auf Rückruf der angegriffenen Verstellers aus den Vertriebswegen gemäß Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 140a Abs. 3 PatG. Der Einwand der Unverhältnismäßigkeit des Rückrufs greift nicht durch, nachdem die Klägerin ihren Antrag nur auf solche Versteller beschränkt hat, die im Zeitpunkt des Beginns der Zwangsvollstreckung nicht bereits verbaut sind. -
B
Eine Aussetzung der Verhandlung kommt nicht in Betracht. Die Kammer hat keine Zweifel an der Rechtsbeständigkeit des Klagepatentanspruchs 1 in der eingeschränkten Fassung. - Wird das Klagepatent im Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren vom Patentinhaber nur noch in einer eingeschränkten Fassung verteidigt, bei der – wie im vorliegenden Fall – die Merkmale des Kennzeichens in den Oberbegriff aufgenommen werden und die Erfindungshöhe auf eine insgesamt neue Grundlage gestellt, ist der ursprüngliche Erteilungsakt obsolet und bei dem Patent handelt es sich im Grunde um ein ungeprüftes Schutzrecht, was es rechtfertigt, diejenigen Aussetzungsregeln heranzuziehen, die für Gebrauchsmuster gelten, also bei Zweifeln am Rechtsbestand auszusetzen (Kühnen, Hb. d. Pat.-Verletzung, 13. Aufl.: Kap. E Rn 829).
- Solche Zweifel hat die Kammer im Streitfall nicht.
- I.
Der Verteidigung des Klagepatents in der beschränkten Fassung steht ein Mangel an Klarheit nicht entgegen. Zwar kann ein europäisches Patent im Nichtigkeitsverfahren nicht mit Patentansprüchen beschränkt verteidigt werden, die dem Erfordernis einer deutlichen (klaren) und knappen Anspruchsfassung nicht genügen. Die Anspruchsfassung ist aber auch im Hinblick auf das Merkmal 3.2.2 nicht unklar oder undeutlich. Das Merkmal ist, was die Beklagte zutreffend bemerkt, widersprüchlich formuliert. Es ist aber der Auslegung zugänglich und alles andere als unklar, wie es zu verstehen ist. Auf die entsprechenden Ausführungen im Rahmen der Auslegung von Merkmal 3.2.2 wird verwiesen. - Die Änderung von Merkmal 3.2.2 ist auch nicht deshalb unzulässig, weil es sich um eine unzulässige Klarstellung handelt. Die dazu von der Rechtsprechung ergangenen Grundsätze (vgl. BGH GRUR GRUR 1988, 757, 760 – Düngerstreuer) sind im Streitfall nicht anwendbar, wonach eine von den Nichtigkeitsinstanzen vorgenommene Klarstellung im Klagepatent unzulässig ist, wenn sich die Nichtigkeitsklage als unbegründet, mithin das Klagepatent als im Übrigen rechtsbeständig erweist, weil es für eine solche Maßnahme keine gesetzliche Grundlage gibt. Die dargestellten Grundsätze beziehen sich jedoch nicht auf eine vom Patentinhaber vorgenommene Änderung der Patentansprüche, zumal wenn der so geänderte Anspruch nicht nur hilfsweise, sondern in der Hauptsache verteidigt wird. Prüfungsmaßstab sind in dem Fall allein die gesetzlichen Nichtigkeitsgründe.
- II.
Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Einwand der unzulässigen Erweiterung zur Vernichtung des Klagepatents führen wird. - Zur Feststellung einer unzulässigen Erweiterung ist der Gegenstand des erteilten Patents (ggf. in seiner verteidigten Fassung) mit dem Inhalt der ursprünglichen Unterlagen – hier der EP 2 006 XXX A1, vorgelegt als Anlage CBH 10, bzw. der Stammanmeldung – zu vergleichen. Gegenstand des Patents in diesem Sinne ist die durch die Patentansprüche definierte Lehre, wobei Beschreibung und Zeichnungen lediglich zur Auslegung der Ansprüche heranzuziehen sind. Demgegenüber ist der Inhalt der ursprünglichen Unterlagen deren Gesamtinhalt zu entnehmen, ohne dass dabei bereits den Ansprüchen eine gleiche hervorragende Bedeutung wie den Patentansprüchen des erteilten Patents zukommt (Benkard/Rogge/Kober-Dehm, PatG 11. Aufl.: § 21 Rn 30).
- 1.
Der Gegenstand des Klagepatents beruht nicht auf einer unzulässigen Erweiterung, soweit der Klagepatentanspruch im Merkmal 2 lediglich „mindestens einen“ Hohlraum verlangt, also ein Hohlraum genügt. In den Anmeldeunterlagen werden lediglich Ausführungsformen mit mehreren Hohlräumen („cavities“) beschrieben, die die einzelnen Kammern zur Aufnahme der mehreren Flügel des Rotors bilden. Ausführungsformen mit nur einem einzigen als Kammer verstandenen Hohlraum für einen einzelnen Rotorflügel sind nicht offenbart. Wie im Rahmen der Auslegung des Klagepatentanspruchs ausgeführt, differenziert der Anspruch nicht trennscharf zwischen dem insgesamt vom Gehäuse umfassten Hohlraum und den die Kammern bildenden Hohlräumen. Wird der einzelne Hohlraum als Kammer im Sinne von Merkmal 3.2.2 verstanden, führt dies gleichwohl nicht zu einer unzulässigen Erweiterung. Denn der Anspruch umfasst keine Ausführung mit nur einem einzelnen, eine Kammer bildenden Hohlraum, in dem genau der eine Flügel eines einflügeligen Rotors aufgenommen ist. Dies schließt bereits Merkmal 3.2 aus, wonach der Versteller mehrere Flügel und damit immer auch mehrere Kammern, also auch mehrere Hohlräume – verstanden als Kammern – aufweisen muss. Trotz dieser Unschärfe des Begriffs des Hohlraums ist die Lehre des Klagepatents jedoch ausführbar. - 2.
Der Einwand, das Schieberventil gemäß Merkmal 4 sei in der Patentanmeldung in dieser Allgemeinheit nicht offenbart, sondern lediglich als „center mounted spool valve“, also als ein zentral befestigtes Schieberventil, dem spezifische Vorteile zukämen, greift nicht durch. Zum einen konnte dieser Einwand nicht erst durch die Einschränkung des Klagepatents erhoben werden, sondern bereits in Bezug auf das Klagepatent in der erteilten Fassung, so dass er insofern als ein im Erteilungsverfahren geprüfter, aber verworfener Einwand anzusehen ist. Zum anderen offenbart die Anmeldung allgemein, dass ein Versteller als das gesamte Bauteil definiert wird, das an der Nockenwelle montiert ist und üblicherweise aus einem Rotor, einem Gehäuse und möglicherweise aus einem Schieberventil und Rückschlagventilen besteht (Abs. [0056] der Anlage CBH 10). In der Patentanmeldung finden sich weitere Definitionen in Bezug auf das Schieberventil, insbesondere dass sich der Schieber am häufigsten an der Mittelachse eines Rotors eines Verstellers befindet (Abs. [0052] der Anlage CBH 10). Damit ist aber auch eine Anordnung außerhalb der zentralen Position offenbart. Der Fachmann erkennt, dass zwischen der Verwendung eines Schieberventils und seiner räumlichen Anordnung in Bezug auf den Versteller und/oder die Nockenwelle nicht zwingend ein funktionaler oder struktureller Zusammenhang bestehen muss. Das Schieberventil stellt eine effiziente Möglichkeit der Zufuhr des Fluids in die jeweiligen Kammern dar. Die zentrale Position soll hingegen Leckagen verhindern. Eine unzulässige Erweiterung ist mit dieser Begründung zu verneinen. - 3.
Auch das Merkmal 5.2 stellt keine unzulässige Erweiterung dar. Soweit die Beklagte hinsichtlich der erteilten Fassung eingewandt hat, es stelle eine unzulässige Erweiterung dar, dass das Einlassrückschlagventil irgendwo in der Nockenwelle und nicht in der Nähe des Verstellers angeordnet sein könne, hat die Klägerin dem durch den Zusatz „nahe angrenzend an den Versteller“ Rechnung getragen. Eine Schutzbereichserweiterung geht mit diesem Zusatz nicht einher, weil auch in der erteilten Fassung solche Versteller vom Gegenstand des Anspruchs umfasst waren, bei denen das Einlassrückschlagventil nicht innerhalb der Grenzen von Gehäuse und Rotor angeordnet ist und in diesem Sinne nicht Teil des Verstellers war. Dies ergibt sich unmittelbar aus der Beschreibung des Klagepatents (Abs. [0030]). Demnach sind Positionierungen des Einlassrückschlagventils innerhalb des Verstellers nicht erfindungsgemäß. Das Klagepatent – sowohl in der erteilten als auch in der eingeschränkten Fassung – war also sogar immer allein auf Versteller beschränkt, bei denen das Einlassrückschlagventil außerhalb des Verstellers angeordnet ist. Eine unzulässige Erweiterung aufgrund einer Kombination von verschiedenen, sich ausschließenden Alternativen enthält der geltend gemachte Anspruch nicht. - In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte noch einmal deutlich gemacht, dass eine unzulässige Erweiterung ihrer Auffassung nach darin liegt, dass eine Anordnung des Einlassrückschlagventils im Schieberventil in den Anmeldeunterlagen nicht offenbart sei, weil es lediglich die Alternativen Anordnung des Rückschlagventils im Versteller – davon sei auch eine Anordnung im Schieberventil als Teil des Verstellers (vgl. Abs. [0056] der Anlage CBH 10) umfasst – und Anordnung in der Nockenwelle – davon sei eine Anordnung im Schieberventil nicht umfasst – gebe. Dem vermag die Kammer nicht zu folgen, weil die Patentanmeldung ebenso wie das Klagepatent zwar den Versteller mit seinen einzelnen Bauteilen definiert, dies aber nicht absolut und trennscharf macht („typischerweise“, „ggf.“ in Abs. [0058] des Klagepatents bzw. „typically“, „possibly“ in Abs. [0056] der Anlage CBH 10). Stattdessen wird für die Anordnung des Einlassrückschlagventils auf die Grenzen von Gehäuse und Rotor abgestellt (Abs. [0030] des Klagepatents bzw. Abs. [0028] der Anlage CBH 10). Das heißt, auch das Schieberventil kann außerhalb dieser Grenzen angeordnet sein und stellt insofern keinen Teil des Verstellers dar. Dann kann aber auch nach dem Offenbarungsgehalt der Anmeldeunterlagen das Einlassrückschlagventil im Schieberventil angeordnet sein.
- Soweit die Beklagte bemängelt, dass die Aufnahme des Merkmals, das Einlassrückschlagventil „nahe angrenzend an den Versteller“ anzuordnen, ohne den finalen Zweck der Verringerung von Leckagen zu benennen, eine unzulässige Erweiterung darstelle, vermag sich die Kammer dem nicht anzuschließen. Aus der Offenbarung der Patentanmeldung (Abs. [0020] und Abs. [0040] der Anlage CBH 10) ergibt sich, dass der Zweck, Leckagen bei der Ölzufuhr zu verringern, gerade durch die räumliche Anordnung des Einlassrückschlagventils in der Nähe des Verstellers gelöst wird. Die Patentanmeldung nennt keine weiteren konstruktiven Maßnahmen zur Verhinderung von Leckagen. Einer ausdrücklichen Aufnahme dieser Funktion in den Anspruch bedurfte es nicht.
- Auch hinsichtlich der Stammanmeldung ist eine unzulässige Erweiterung nicht zu erkennen. Zwar hat der Unteranspruch 8 in Kombination mit dem Unteranspruch 2 eine Anordnung des Rückschlagventils in der Nockenwelle sehr nahe angrenzend („in very close proximity“) statt nahe angrenzend an den Versteller („in close proximity to the phaser“) zum Gegenstand. Der Offenbarungsgehalt unterscheidet sich durch den Zusatz „sehr“ („very“) jedoch nicht. Eine unzulässige Erweiterung ist damit nicht verbunden.
- 4.
Schließlich führt auch das neu hinzugefügte Merkmal 4.3 nicht zu einer unzulässigen Erweiterung des Klagepatents in der beschränkten Fassung. Das Merkmal ist in der Patentanmeldung offenbart (Abs. [0045] der Anlage CBH 10). Dies gilt auch für den Zusatz „während der Befüllung“. Dass die Einlassunterlappung und die Auslassüberlappung nicht statisch betrachtet werden können, sondern von der jeweiligen Befüllungssituation abhängen, ergibt sich bereits aus den Begriffen der Einlassunterlappung und Auslassüberlappung, da ein und derselbe Durchlass in dem Schieberventil in Abhängigkeit von der Befüllungssituation als Einlass oder Auslass fungiert. Diese Funktion hat er aber nur während der Befüllung, nicht in einer Nullposition des Schieberventils. Sprachlich kommt dies auch durch die gerundive Wendung „the chamber being filled“ (Abs. [0045] der Anlage CBH 10) in der Patentanmeldung zum Ausdruck. In der Nullstellung des Schiebers gibt es keine gerade zu füllende Kammer und auch keinen Einlass oder Auslass, so dass es auf diese Ventilposition auch nach der Offenbarung der Patentanmeldung nicht ankommt. Diese Zusammenhänge erschließen sich dem Fachmann bei der Lektüre der Patentanmeldung und sind mit abweichender Wortwahl, nicht jedoch mit einem abweichenden technischen Gehalt in das Merkmal 4.3 aufgenommen. Dass eine solche Konstruktion geeignet ist, ein Vakuum in der zu befüllenden Kammer zu verhindern, ist im Rahmen der Auslegung bereits gezeigt worden. Das Auslegungsergebnis verdeutlicht zudem, dass das Merkmal nicht an einem Klarheitsmangel leidet. - III.
Die Kammer hat auch keine Zweifel daran, dass das Klagepatent nicht wegen mangelnder Patentfähigkeit vernichtet wird. - 1.
Die Lehre des Klagepatents wird nicht durch die Entgegenhaltung US 5,657,XXX (Anlage D2) neuheitsschädlich vorweggenommen. - Bei dieser Entgegenhaltung handelt es sich um geprüften Stand der Technik (vgl. Abs. [0010]), der nicht einmal der Patentfähigkeit des Klagepatents in der erteilten Fassung entgegenstand und daher eine Aussetzung nicht zu rechtfertigen vermag. Tatsächlich ist das Merkmal 4.2 nicht unmittelbar und eindeutig offenbart. Zwar deuten einzelne Figuren der Entgegenhaltung darauf hin, dass sich der Schieber in einer Hülse bewegt. Ebenso ist es aber auch möglich, dass es sich bei dem Bauteil 126 um einen integralen Bestandteil der Nockenwelle handelt, so dass der Schieber lediglich in einer Bohrung aufgenommen wäre. Immerhin ist die Nockenwelle im Anspruch 1 der Entgegenhaltung mit der Bezugsziffer 126 versehen, die zugleich die Hülse des Schieberventils darstellen soll. Dessen ungeachtet offenbart die Entgegenhaltung auch nicht das Merkmal 4.3. Den schematischen Zeichnungen lässt sich nicht entnehmen, dass die Einlassunterlappung während der Befüllung stets größer als die Auslassüberlappung sein soll.
- 2.
Ähnliche Erwägungen gelten auch für die weitere Entgegenhaltung US 5,205,XXX (Anlage D4). - Figur 2 der Entgegenhaltung zeigt zwar einen Schieber in einer Hülse, das Schieberventil mit dem Einlassrückschlagventil ist aber im Versteller angeordnet, so dass es an der Offenbarung von Merkmal 5.2 fehlt. In den weiteren Figuren ist die vermeintliche Hülse des Schieberventils mit Bezugsziffer 126 gekennzeichnet (Figur 8 ff.), die in der Beschreibung der Entgegenhaltung für die Nockenwelle steht (bspw. Sp. 3 Z. 53 u. 54, Sp. 5 Z. 2 der Anlage D4). In diesen Figuren ist der Schieber also lediglich in einer Bohrung aufgenommen. Damit fehlt es insoweit an einer eindeutigen und unmittelbaren Offenbarung von Merkmal 4.2. Aber auch das Merkmal 4.3 ist nicht unmittelbar und eindeutig offenbart, weil sich die Entgegenhaltung in keiner Weise zu den Einlassunterlappungen und Auslassüberlappungen verhält. Dies kann auch den Figuren der Entgegenhaltung, die lediglich schematisch sind, nicht entnommen werden. Auch wenn auf die Figur 8 der Entgegenhaltung, in der eine Befüllungssituation dargestellt ist, abgestellt wird, fehlt es an der Offenbarung von Merkmal 4.3 für alle Befüllungssituationen. Auf die Null- oder Haltepositionen der offenbarten Schieberventile kommt es hingegen nicht an.
- 3.
Es ist schließlich auch nicht davon auszugehen, dass das Klagepatent mit der Begründung vernichtet wird, die Lehre des Klagepatents sei im Stand der Technik nahegelegt. - a)
Die Beklagte macht geltend, die Lehre des Klagepatents ergebe sich aus einer der Druckschriften DE 199 58 XXX A1 (Anlage D1), US 5,657,XXX A (Anlage D2), DE 100 29 XXX A1 (Anlage D3), US 5,205,XXX (Anlage D4) oder DE 41 15 XXX A1 (Anlage D5), die sämtliche Merkmale bis auf das Merkmal 4.3 offenbarten, in Kombination mit dem allgemeinen Fachwissen. Einer besonderen Anregung habe der Fachmann insofern nicht bedurft, weil das Verhältnis von Einlassunterlappung und Auslassüberlappung nach seiner Funktionalität objektiv zweckmäßig gewesen sei und auch sonst keine Umstände feststellbar seien, die die Anwendung dieser Lösung als untunlich erscheinen ließen. - Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann Veranlassung zur Heranziehung einer bestimmten technischen Lösung bereits dann bestehen, wenn diese Lösung als ein generelles, für eine Vielzahl von Anwendungsfällen in Betracht zu ziehendes Mittel ihrer Art nach zum allgemeinen Fachwissen des angesprochenen Fachmann gehört, wenn sich die Nutzung ihrer Funktionalität in dem zu beurteilenden Zusammenhang als objektiv zweckmäßig darstellt und wenn keine besonderen Umstände feststellbar sind, die eine Anwendung aus fachlicher Sicht als nicht möglich, mit Schwierigkeiten verbunden oder sonst untunlich erscheinen lassen (BGH GRUR 2014, 647 – Farbversorgungssystem; GRUR 2018, 509 – Spinfrequenz).
- Nach diesen Grundsätzen ist von einer erfinderischen Tätigkeit auszugehen. Es bestehen bereits durchgreifende Zweifel daran, dass das Verhältnis von Einlassunterlappung und Auslassüberlappung, wie es Merkmal 4.3 verlangt, zum allgemeinen Fachwissen gehört. Es kann zwar davon ausgegangen werden, dass Unter- und Überlappungen an den Durchlässen eines Schieberventils zum allgemeinen Fachwissen gehörten, um damit die Druckverhältnisse am Ein- und Auslass zu steuern. Es ist aber nicht ersichtlich, dass eine im Verhältnis zur Auslassüberlappung größere Einlassunterlappung als generelles, für eine Vielzahl von Anwendungsfällen in Betracht zu ziehendes Mittel zum allgemeinen Fachwissen gehörte. Noch weniger ist davon auszugehen, dass sich die Nutzung eines solche Unterlappungs-Überlappungsverhältnisses im Zusammenhang mit einem torsionsunterstützten Nockenwellenversteller als objektiv zweckmäßig darstellte. Die Klägerin hat zu Recht darauf hingewiesen, dass nicht einmal ersichtlich sei, dass das Problem der Vakuumbildung in der zu befüllenden Kammer erkannt war. Die generelle Eignung eines zum allgemeinen Fachwissen zählenden Lösungsmittels kann aber nur dann als Veranlassung zu ihrer Heranziehung genügen, wenn für den Fachmann ohne Weiteres erkennbar ist, dass eine technische Ausgangslage besteht, in der sich der Einsatz des betreffenden Lösungsmittels als objektiv zweckmäßig darstellt (BGH GRUR 2018, 716 – Kinderbett). An der Erkennbarkeit einer solchen technischen Ausgangslage (Vakuumbildung) fehlt es nach den vorstehenden Ausführungen ebenso wie an dem allgemeinen Fachwissen eines bestimmten Mittels (Unterlappungs-Überlappungsverhältnis) zur Lösung dieses Problems.
- b)
Die Lehre des Klagepatents ist auch nicht durch eine Kombination einer der Druckschriften D1 bis D5 mit der DE 199 05 XXX (Anlage D10) oder der DE 198 47 XXX A1 (Anlage D11) nahegelegt. - Es mag sein, dass die D10 das Merkmal 4.3 offenbart. Gleichwohl hat der Fachmann keinen Anlass, die D10 mit einer der Druckschriften D1 bis D5 zu kombinieren. Denn ausgehend von der D1 bis D5 stellt sich dem Fachmann das Problem, am Ende des Befüllungsvorganges ein etwaiges Vakuum in der zu befüllenden Kammer und damit das Ansaugen von Luft zu verhindern. Mit diesem Problem setzt sich die D10 aber nicht auseinander. Mit dem offenbarten Verhältnis von Unterlappung und Überlappung wird stattdessen das Problem gelöst, einen Ausgleich von Verlustströmen in einer Halteposition des Ventilsteuerkolbens zu erreichen, ohne dass es einer gesteuerten Positionierung des Ventilsteuerkolbens bedarf.
- Ähnliche Erwägungen gelten hinsichtlich der D11, die zum einen nicht die konstruktiven Einzelheiten des Verstellers darstellt, so dass fraglich ist, ob ein Fachmann das offenbarte Schieberventil in einer der Druckschriften D1 bis D5 vorsehen würde. Darüber hinaus löst die D10 aber auch das Problem eines Druckabfalls auf der Ablaufseite, nicht aber das eines etwaigen Unterdrucks in der zu befüllenden Kammer. Da ein Druckabfall mit der Folge eines etwaigen Vakuums auf der Ablaufseite nach der Lehre des Klagepatents mittels des Einlassrückschlagventils vermieden wird, ist nicht davon auszugehen, dass ein Fachmann die D11 zur Lösung des technischen Problems ausgehend von der D1 bis D5 herangezogen hätte.
- C
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 S. 1 und 2 ZPO. - Streitwert: 3.000.000 EUR