Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3158
Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 02. März 2021, Az. 4b O 102/19
- I.
Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, - 1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 Euro – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an den Geschäftsführern der Beklagten zu 1) persönlich zu vollstrecken ist, - zu unterlassen,
- Halter für ein Solarmodul mit einem rechteckigen Rahmen, welcher eine umlaufende Seitenwand aufweist, von der sich an zumindest einer Seite ein zum Rahmeninneren hin weisender Schenkel erstreckt,
- in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten,
- wobei der Halter eine Grundplatte mit zwei davon sich erstreckenden Aufnahmeelementen zur Aufnahme des Schenkels aufweist;
- jedem Aufnahmeelement zumindest eine an der Grundplatte angebrachte, in ihrem Abstand zum Aufnahmeelement veränderbare Stützfläche zum Abstützen der Seitenwand zugeordnet ist;
- die Aufnahmeelemente jeweils einen Schlitz zum Einschieben des Schenkels aufweisen;
die veränderbare Stützfläche durch eine Mehrzahl an Zungen gebildet ist, deren Abstand zu einem Ende des Schlitzes unterschiedlich ist; - 2.
der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie – die Beklagte zu 1) – die unter Ziffer 1. bezeichneten Handlungen seit dem 24. Januar 2017 begangen hat und zwar unter Angabe - a) der erzielten Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen, sowie der Namen und Anschriften der jeweiligen Angebotsempfänger,
b) der Art und des Umfangs und der Kosten etwa betriebener Werbung für die unter Ziffer 1. bezeichneten Waren, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, Auflage und Stückzahl pro Auflage pro Werbeträger, nach Verbreitungszeit und Verbreitungsgebiet und Zugriffe auf Internet-Seiten der Beklagten zu 1), - wobei der Beklagten zu 1) vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.
- 3.
an die Klägerin 2.949,78 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25. Juni 2019 zu zahlen. - II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus den vorstehend zu Ziffer I.1. beschriebenen Handlungen bereits entstanden ist oder künftig noch entstehen wird. - III.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen - IV.
Von den Gerichtskosten haben die Klägerin 30% und die Beklagte zu 1) 70% zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin hat die Beklagte zu 1) 70% zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) und 3) hat die Klägerin zu tragen. Im Übrigen haben die Klägerin und die Beklagte zu 1) ihre eigenen Kosten zu tragen. - V.
Das Urteil ist für die Klägerin vorläufig vollstreckbar, gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 35.000,00 Euro, wobei für die Vollstreckung der einzelnen titulierten Ansprüche folgende Teilsicherheiten festgesetzt werden: - Ziff. I.1: 23.000,00 Euro
Ziff. I.2.: 8.000,00 Euro
Ziff. I.3, IV.: 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages. - Das Urteil ist für die Beklagten zu 2) und 3) vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
- Tatbestand
- Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen Verletzung des europäischen Patents EP 2 815 XXX B 1 (nachfolgend „Klagepatent“, Anlage K 03) auf Unterlassung und Erstattung vorgerichtlich entstandener Kosten und zudem die Beklagte zu 1) auf Auskunft und Feststellung der Schadensersatzverpflichtung in Anspruch.
- Das Klagepatent wurde unter Inanspruchnahme von drei nationalen Prioritäten, der DE 202012001XXX, DE 202012004XXX und DE 102012208XXX, angemeldet, Die Bekanntmachung des Hinweises auf die Patenterteilung erfolgte am 27. April 2016. Das Klagepatent steht in Kraft.
- Inhaber des Klagepatents ist Herr A, der Geschäftsführer der Klägerin. Die Klägerin ist ausschließliche Lizenznehmerin und überdies berechtigt, Rechte und Ansprüche des Patentinhabers in eigenem Namen geltend zu machen.
- Das Klagepatent betrifft einen Halter für ein Solarmodul. Der von der Klägerin geltend gemachte Patentanspruch 1 lautet:
- „Halter (6) für ein Solarmodul mit einem rechteckigen Rahmen (R), welcher eine umlaufende Seitenwand (4) auweist, von der sich an zumindest einer Seite ein zum Rahmeninneren hinweisender Schenkel (3) erstreckt,
wobei der Halter (6) eine Grundplatte (19) mit zwei davon sich erstreckenden Aufnahmeelementen (20) zur Aufnahme des Schenkels (3) aufweist,
wobei jedem Aufnahmeelement (20) zumindest eine an der Grundplatte (19) angebrachte, in ihrem Abstand zum Aufnahmeelement (20) veränderbare Stützfläche (Sf) zum Abstützen der Seitenwand (4) zugeordnet ist,
wobei die Aufnahmeelemente (20) jeweils einen Schlitz (21) zum Einschieben des Schenkels (3) aufweisen,
dadurch gekennzeichnet, dass
die veränderbare Stützfläche (Sf) durch eine Mehrzahl an Zungen (25a-25d) gebildet ist, deren Abstand zu einem Ende(E) des Schlitzes (21) unterschiedlich ist.“ - Zur Veranschaulichung der Erfindung werden nachfolgend Abbildungen bevorzugter Ausführungsformen wiedergegeben. Abbildung 1 zeigt eine perspektivische Ansicht eines auf einer Stützvorrichtung aufgeständerten Rahmens eines Solarmoduls (Figur 1 des Klagepatents). Eine perspektivische Ansicht eines Halters zeigt Abbildung 2 (Figur 3 des Klagepatents).
- Die Beklagte zu 1) entwickelt, stellt her, vertreibt und handelt Produkte und Dienstleistungen im Bereich der Installationstechnik, insbesondere Montagesysteme für Solaranlagen. Sie ist gemäß dem als Anlage K 07 vorgelegten Handelsregisterauszug mit Gesellschaftsvertrag vom 24. Januar 2017 errichtet und am 27. Januar 2017 als Gesellschaft mit beschränkter Haftung im Handelsregister eingetragen worden. Die Beklagten zu 2) und 3) sind Geschäftsführer der Beklagten zu 1).
- Eine andere, frühere Gesellschaft war bis zu ihrer Liquidation am 6. Februar 2017 die B GmbH (nachfolgend „B“), deren Prokurist und Liquidator der Beklagte zu 2) war. Die Klägerin nahm B mit Klage vom 4. Mai 2015 vor dem Landgericht Düsseldorf, Verfahren 4b O 40/15, wegen Verletzung des deutschen Patents DE 10 2012 208 XXX B 3 gerichtlich in Anspruch. Gegenstand dieses Klagepatents war ebenfalls ein Halter für Solarmodule, die zur Stromerzeugung auf Flachdächern installiert werden und bei denen eine photoelektrische Fläche von einem rechteckigen Rahmen mit einer umlaufenden Seitenwand umgeben wird. Die in diesem Verfahren geltend gemachten Ansprüche lauteten:
- Anspruch 1:
„Halter (6) für ein Solarmodul mit einem rechteckigen Rahmen (R), welcher eine umlaufende Seitenwand (4) aufweist, von der sich an zumindest einer Seite ein zum Rahmeninneren hin weisender Schenkel (3) erstreckt,
wobei der Halter (6) eine Grundplatte (19) mit zwei davon sich erstreckenden Aufnahmeelementen (20) zur Aufnahme des Schenkels (3) aufweist,
dadurch gekennzeichnet, dass
jedem Aufnahmeelement (20) zumindest eine an der Grundplatte (19) angebrachte, in ihrem Abstand zum Aufnahmeelement (20) veränderbare Stützfläche (Sf) zum Abstützen der Seitenwand (4) zugeordnet ist.“ - Anspruch 2:
„Halter (6) nach Anspruch 1, wobei das Aufnahmeelement (20) einen Schlitz (21) zum Einschieben des Schenkels (3) aufweist.“ - Anspruch 7:
„Halter (6) nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei die veränderbare Stützfläche (Sf) durch eine Mehrzahl an Zungen (25a-25d) gebildet ist, deren Abstand zu einem Ende (E) des Schlitzes unterschiedlich ist.“ - Die Klägerin machte in diesem Verfahren geltend, B verletze mit ihrem Montagesystem für die Installation von gerahmten Solarmodulen auf Flachdächern „C“, bestehend aus jeweils einer Krone, einem Pfosten und einem Montagefuß das Patent der Klägerin. Dieses Montagesystem hatte B anlässlich der Messe Intersolar am 8. April 2014 mit einer Pressemitteilung auf ihrer Webseite angekündigt. Mit dem als Anlage K 16 vorgelegten Urteil vom 15. September 2016 wurde B antragsgemäß zu Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung sowie Feststellung der Schadensersatzverpflichtung und Ersatz vorgerichtlich entstandener Kosten verurteilt.
- Unter dem 30. Dezember 2016 schlossen die Klägerin und B sodann den gemäß Anlage K 18 vorgelegten Vergleich über den damaligen Verletzungsrechtsstreit bezüglich des deutschen Patents DE 10 2012 208 XXX B 3 umfassend die zwischenzeitlich von der Beklagten eingelegte Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Düsseldorf sowie das unter dem Aktenzeichen 7 Ni 15/15 vor dem Bundespatentgericht anhängige Nichtigkeitsverfahren gegen das deutsche Patent. Hinsichtlich des weiteren Inhalts des Vergleichs wird auf die Anlage K 18 Bezug genommen.
- Die Beklagte zu 1) erwarb von der B im Zuge der Abwicklung Vermögensgegenstände; unter anderem übernahm und überarbeitete sie deren Internetauftritt.
- Im März 2019 stellte die Klägerin fest, dass die Pressemitteilung betreffend die Präsentation des Montagesystems „C“ anlässlich der Messe Intersolar am 8. April 2014 auf der Webseite der Beklagten zu 1) www.B.com unter dem Reiter News/Presse-Archiv abrufbar war wie folgt:
- Bei dieser Präsentation handelte es sich um diejenige, auf die sich die Klägerin im Verfahren vor dem Landgericht Düsseldorf ebenfalls bezogen hatte. Die Klägerin mahnte die Beklagten mit dem als Anlage K 20-1 vorgelegten Schreiben vom 7. Juni 2019 ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, zur Erteilung von Auskunft und Rechnungslegung sowie zur Abgabe einer Verpflichtung zur Zahlung von Schadensersatz dem Grunde nach auf. Daraufhin entfernten die Beklagten die von der Klägerin beanstandete Präsentation von der Webseite, gaben jedoch die geforderten Erklärungen nicht ab.
- Die Klägerin ist der Ansicht, mit der auf der Webseite der Beklagten zu 1) abrufbaren Präsentation des Montagesystems „C“ anlässlich der Messe Intersolar am 8. April 2014 läge ein das Klagepatent verletzendes Angebot vor. Insbesondere sei die Beklagte zu 1) im Impressum als Herausgeberin und Pressekontakt angegeben. Es handele sich bei dieser Pressemitteilung um einen, durch eine völlig andere Gesellschaft ausgelösten erneuten und unabhängigen Verletzungsanspruch. Denn die Klägerin habe annehmen können, dass die Inhalte aus Anlass des Vergleichsabschlusses auch entfernt worden seien.
- Die Klägerin beantragt zuletzt,
- I.
die Beklagte zu 1) zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung Ordnungshaft bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an den Geschäftsführern der Beklagten zu 1) zu vollziehen ist, - zu unterlassen
- Halter für ein Solarmodul mit einem rechteckigen Rahmen, welcher eine umlaufende Seitenwand aufweist, von der sich an zumindest einer Seite ein zum Rahmeninneren hin weisender Schenkel erstreckt,
- in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten,
- wobei der Halter eine Grundplatte mit zwei davon sich erstreckenden Aufnahmeelementen zur Aufnahme des Schenkels aufweist;
jedem Aufnahmeelement zumindest eine an der Grundplatte angebrachte, in ihrem Abstand zum Aufnahmeelement veränderbare Stützfläche zum Abstützen der Seitenwand zugeordnet ist;
die Aufnahmeelemente jeweils einen Schlitz zum Einschieben des Schenkels aufweisen;
die veränderbare Stützfläche durch eine Mehrzahl an Zungen gebildet ist, deren Abstand zu einem Ende des Schlitzes unterschiedlich ist; - II.
die Beklagten zu 2) und 3) zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 Euro – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, - zu unterlassen
- Halter für ein Solarmodul mit einem rechteckigen Rahmen, welcher eine umlaufende Seitenwand aufweist, von der sich an zumindest einer Seite ein zum Rahmeninneren hin weisender Schenkel erstreckt,
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten,
wobei der Halter eine Grundplatte mit zwei davon sich erstreckenden Aufnahmeelementen zur Aufnahme des Schenkels aufweist; - jedem Aufnahmeelement zumindest eine an der Grundplatte angebrachte, in ihrem Abstand zum Aufnahmeelement veränderbare Stützfläche zum Abstützen der Seitenwand zugeordnet ist;
- die Aufnahmeelemente jeweils einen Schlitz zum Einschieben des Schenkels aufweisen;
- die veränderbare Stützfläche durch eine Mehrzahl an Zungen gebildet ist, deren Abstand zu einem Ende des Schlitzes unterschiedlich ist;
- III.
die Beklagte zu 1) zu verurteilen, darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie die unter Ziffer I. bezeichneten Handlungen seit dem 24. Januar 2017 begangen hat und zwar unter Angabe - 1. der erzielten Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten,
-preisen und Typenbezeichnungen, sowie der Namen und Anschriften der jeweiligen Angebotsempfänger,
2. der Art und des Umfangs und der Kosten etwa betriebener Werbung für die unter Ziffer I. bezeichneten Waren, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, Auflage und Stückzahl pro Auflage pro Werbeträger, nach Verbreitungszeit und Verbreitungsgebiet und Zugriffe auf Internet-Seiten der Beklagten zu 1), - wobei der Beklagten zu 1) vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
- IV.
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 3.947,80 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 25. Juni 2019 zu zahlen; - V.
festzustellen, dass die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, ihr allen Schaden zu ersetzen, der ihr aus den vorstehend zu Ziffern I. – IV. beschriebenen Handlungen bereits entstanden ist oder künftig noch entstehen wird. - Die Beklagten beantragen,
- die Klage abzuweisen.
- Die Beklagten sind der Ansicht, ein das Klagepatent verletzendes Angebot liege nicht vor. Es handele sich lediglich um einen historischen News-/Pressebeitrag auf einer Unterseite der Webseite www.B.com aus dem Jahr 2014, den die Beklagte zu 1) unmittelbar nach Erhalt des Abmahnschreibens von dieser Unterseite entfernt habe. Es handele sich hierbei um eine uralte Messeankündigung, die ein Produkt zum Gegenstand hatte, das die Beklagte zu 1) selbst nie hergestellt, vertrieben oder angeboten habe. Der Beitrag sei Teil eines umfassenden Pressearchivs gewesen, der neben eigenen Newsartikeln auch solche aus der Zeit von 2014 bis Anfang 2017 beinhaltete. Die Beklagte zu 1) habe im Wege des Erwerbs von Vermögensgegenständen der B auch deren Webseite samt Inhalt und News-/Presse-Archiv übernommen. Diese Pressemitteilung sei seit seiner Veröffentlichung am 8. April 2014 stets online gewesen, was sich auch aus dem als Anlage B 2 vorgelegten Auszug aus einer Waybackmaschine ergebe. Der Beitrag sei nur auffindbar, wenn man sich durch sämtliche, chronologisch sortierte Newsbeiträge klickt.
- Zudem gehe die angebliche Verletzungshandlung auf einen bereits abgeschlossenen Sachverhalt zurück, der mit dem Vergleich und Zahlung einer pauschalen Schadensersatzsumme endete. B habe das streitgegenständliche Produkt im Jahr 2016 vom Markt genommen. Der Klägerin jedenfalls sei diese Pressemitteilung bereits seit 2015 bekannt gewesen.
- Den Beklagten zu 2) und 3) sei hingegen nicht bekannt gewesen, dass die Pressemitteilung weiterhin abrufbar gewesen sei. Sie hätten angesichts des abgeschlossenen Sachverhalts auch davon ausgehen dürfen, dass sich im Pressearchiv kein von der Klägerin zu beanstandender Beitrag mehr befinde. Zudem handele es sich bei derartigen Beiträgen zu für den Geschäftsbetrieb völlig irrelevanten News-Unterseiten nicht um Aufgaben, die in den Zuständigkeitsbereich eines Geschäftsführers fielen.
- Die streitgegenständliche Pressemitteilung habe zudem keine Auswirkungen auf die Klägerin noch auf den Markt im Allgemeinen gehabt. Wie den als Anlage B 3 vorgelegten Ergebnissen von GoogleAnalytics zu entnehmen sei, sei der Beitrag in den Jahren 2017 und 2018 kein einziges Mal aufgerufen worden. Die ersten Aufrufe seien im Jahr 2019 zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem die Klägerin mit den Vorbereitungen für ihre Abmahnung befasst gewesen sei.
- Die Klägerin habe weiterhin keinen Anspruch auf Zahlung von Abmahnkosten, da die Abmahnung unberechtigt gewesen sei. Zudem sei die Hinzuziehung eines Patentanwalts in diesem vorliegenden, konstruierten Fall überflüssig gewesen. Denn dass das frühere Produkt C eine patentierte Erfindung der Klägerin verletzte, sei zwischen den Parteien unstreitig.
- Jedenfalls seien die geltend gemachten Ansprüche verwirkt, da der hier beanstandete Beitrag – wie die Klägerin selbst angibt – bereits Anlass des vorhergehenden Klageverfahrens gewesen sei.
- Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
- Entscheidungsgründe
- Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
- Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 1) im tenorierten Umfang Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung sowie Feststellung der Schadensersatzverpflichtung gemäß Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. §§ 139 Abs. 1, 139 Abs. 2, §§ 242, 259 BGB. Weiterhin hat die Klägerin in diesem Umfang gegen die Beklagte zu 1 einen Anspruch auf Erstattung der ihr vorgerichtlich entstandenen Kosten. Ansprüche gegen die Beklagten zu 2) und 3) scheiden mangels Zurechenbarkeit der Pressemitteilung sowie mangels Verschuldens aus.
- Einer Entscheidung in der Sache steht dabei die als Anlage K 18 mit der B GmbH i.L. geschlossene Vergleichsvereinbarung vom 30. Dezember 2016/17. Januar 2017 nicht entgegen. Denn Gegenstand dieser Vereinbarung waren zwischen der Klägerin und dieser Gesellschaft streitige Patentverletzungshandlungen. Die Vereinbarung gilt mithin zwischen dieser Gesellschaft und der Klägerin inter partes. Dass die Vereinbarung darüber hinaus auch materielle Bindungswirkung für die Beklagte zu 1) hat, ist nicht ersichtlich. Insoweit fehlt es an einer Einbeziehung der Beklagten zu 1) in die Vergleichsvereinbarung. Auch ist die Beklagte zu 1) nicht kraft Rechtsnachfolge in die Vereinbarung eingetreten. Daher greift auch der Einwand der Beklagten, es handele sich bei der hier streitgegenständlichen Patentverletzung um einen längst abgeschlossenen Sachverhalt, der gemäß § 1 Ziffer 3 des Vergleichs längst abgegolten sei, nicht durch. Dies mag aufgrund der Vergleichsvereinbarung zwar gegenüber B der Fall sein, Verletzungshandlungen der Beklagten zu 1) sind hingegen nicht erfasst.
- I.
Das Klagepatent betrifft einen Halter für ein Solarmodul. Ein solcher Halter ist nach der Beschreibung des Klagepatents aus der WO 2011/054943 A 1 bekannt. Dieser bekannte Halter ist an die Rahmengeometrie des jeweiligen Solarmoduls angepasst (Abs. [0002]; Textstellen ohne Bezugsangabe stammen aus der Klagepatentschrift). - Wegen der Vielzahl unterschiedlicher Rahmengeometrien, so kritisiert das Klagepatent in Absatz [0003], müsse ein Vielzahl dazu korrespondierender Halter hergestellt und vorgehalten werden, was aufwändig, umständlich und teuer ist.
- Ein weiterer Halter für ein Solarmodul ist aus der DE 10 2010 022 XXX B 3 bekannt. Dieser weist Aufnahmeelemente auf, wobei jedem Aufnahmeelement zumindest eine an der Grundplatte angebrachte, in ihrem Abstand zum Aufnahmeelement veränderbare Stützfläche zum Abstützen der Seitenwand zugeordnet ist. Das Aufnahmeelement weist einen Schlitz zum Einschieben des Schenkels auf.
- Das Klagepatent hat es sich vor diesem Hintergrund zur Aufgabe gemacht (technisches Problem) die Nachteile aus dem Stand der Technik zu beseitigen, insbesondere Vorgabe eines Halters, der zur Aufnahme einer Vielzahl unterschiedlicher Rahmengeometrien von Solarmodulen geeignet ist. Der Halter soll möglichst einfach und kostengünstig herstellbar sein und ferner eine möglichst schnelle und einfache Montage des Solarmoduls am Halter möglich sein.
- Dies soll durch Patentanspruch 1 erreicht werden, dessen Merkmale wie folgt gegliedert werden können:
- 1. Halter (6)
2. für ein Solarmodul
2.1 mit einem rechteckigen Rahmen (R)
2.2 welcher eine umlaufende Seitenwand (4) aufweist,
2.3 von der sich an zumindest einer Seite ein zum Rahmeninneren hin weisender Schenkel (3) erstreckt,
3. wobei der Halter (6) eine Grundplatte (19)
4. mit zwei davon sich erstreckenden Aufnahmeelementen (20) zur Aufnahme des Schenkels (3) aufweist,
5. wobei jedem Aufnahmeelement (20) zumindest eine Stützfläche (Sf) zum Abstützen der Seitenwand (4) zugeordnet ist,
6. die zumindest eine Stützfläche (sf) an der Grundplatte (19) angebracht und in ihrem Abstand zum Aufnahmeelement (20) veränderbar ist,
7. wobei die Aufnahmeelemente (20) jeweils einen Schlitz (21) zum Einschieben des Schenkels (3) aufweisen,
8. dadurch gekennzeichnet, dass die veränderbare Stützfläche (Sf) durch eine Mehrzahl an Zungen (25a-25d) gebildet ist, deren Abstand zu einem Ende € des Schlitzes unterschiedlich ist. - II.
Das mit der als Anlage K 19-1 vorgelegten Pressemitteilung beschriebene Ost-West-Montagesystem „C“ macht von den Merkmalen des Klagepatents Gebrauch. Dies ist zwischen den Parteien zu Recht unstreitig. Denn das in der Pressemitteilung in Bezug genommene Montagesystem „C“ war bereits Gegenstand des Ausgangsverfahrens in der Sache 4b O 40/15 vor der Kammer. Angegriffen waren die Kronen sowohl der Ausführung mit hohem Pfosten als auch der Ausführung mit niedrigem Pfosten des Montagesystems. Diese sind als patentverletzend beurteilt worden. Dem schließt sich die Kammer im vorliegenden Verfahren an. Es liegt in dem mit der Pressemitteilung beschriebenen Montagesystem „C“, da die Merkmale der Ansprüche 1, 2 und 7 des Patents DE 10 2012 208 XXX B 3 mit denen des Klagepatentanspruchs identisch sind, ein patentverletzender Gegenstand vor. Dies geht zudem aus dem Internetauftritt selbst hervor. - III.
In der auf der Webseite der Beklagten zu 1) veröffentlichten Pressemitteilung ist ein Anbieten des patentverletzenden Erzeugnisses durch die Beklagte zu 1) zu sehen. - 1.
Das Anbieten ist nicht nur eine dem Herstellen, Inverkehrbringen, Gebrauchen, Einführen oder Besitzen vorausgehende Vorbereitungshandlung, sondern eine eigenständige Benutzungsart neben diesen Handlungen, die selbstständig zu beurteilen und für sich allein anspruchsbegründend ist (vgl. BGH, GRUR 2003, 1031 – Kupplung für optische Geräte; GRUR 2006, 927 (928) – Kunststoffbügel; GRUR 2007, 221 (222) – Simvastin; OLG Düsseldorf, GRUR 2004, 417 (419) – Cholesterinspiegelsenker; OLG Düsseldorf, BeckRS 2013, 11856; OLG Düsseldorf, BeckRS 2014, 21755). Es ist daher unerheblich, ob der Anbietende den Gegenstand selbst herstellt oder ob er ihn von dritter Seite bezieht (BGH, GRUR 2006, 927 (928) – Kunststoffbügel). Es ist auch nicht erforderlich, dass das angebotene Erzeugnis bereits fertig gestellt ist oder sich im räumlichen Geltungsbereich des verletzten Schutzrechtes befindet (Kühnen, a.a.O Kap. A Rn. 240). Nach geltendem Recht ist Voraussetzung für ein Anbieten auch nicht das tatsächliche Bestehen einer Herstellungs- und/oder Lieferbereitschaft des Anbietenden (BGH, GRUR 2003, 1031 (1032) – Kupplung für elektrische Geräte; OLG Düsseldorf, InstGE 2, 125 128 f. – Kamerakupplung II; OLG Karlsruhe, GRUR 2014, 59 – MP2-Geräte). Auch kommt es für eine Patentverletzung nicht darauf an, ob das Angebot Erfolg hat, es also zu einem Inverkehrbringen führt (OLG Düsseldorf, GRUR 2004, 417 (418) – Cholesterinspiegelsenker). Im Interesse eines nach dem Gesetzeszweck gebotenen effektiven Rechtschutzes für den Schutzrechtsinhaber ist der Begriff des Anbietens im wirtschaftlichen Sinn zu verstehen. Er umfasst jede im Inland begangene Handlung, die nach ihrem objektiven Erklärungswert darauf gerichtet ist, das beworbene Erzeugnis der Nachfrage wahrnehmbar zum Erwerb der Verfügungsgewalt bereitzustellen (BGH, GRUR 2006, 927- Kunststoffbügel; GRUR 1970, 358 – Heißläuferdetektor; OLG Düsseldorf, BeckRS 2014, 05732). Das Angebot muss deshalb keine gemäß § 145 BGB rechtswirksame Vertragsofferte enthalten und setzt damit insbesondere nicht die Angabe von Preisen oder weiteren Einzelheiten voraus. Der Begriff des Anbietens umfasst vielmehr auch vorbereitende Handlungen, die das Zustandekommen eines späteren Geschäfts über einen unter Schutz stehenden Gegenstand ermöglichen oder fördern sollen, das – wie beim Abschluss eines Kaufvertrages – die Benutzung dieses Gegenstands einschließt (BGH, GRUR 2003, 1031 (1032) – Kupplung für optische Geräte GRUR 2006, 927 (928) – Kunststoffbügel; OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2007, 259 (261) – Thermocycler). Es kommt auch nicht darauf an, ob der Anbietende mit seiner Offerte eigene Geschäftsabschlüsse forcieren will oder ob das Angebot einem Dritten zugute kommen soll, für dessen Produkt mit dem Angebot eine zu befriedigende Nachfrage geschaffen wird. In dem einen wie in dem anderen Fall ist die Rechtsposition des Schutzrechtsinhabers in gleichem Maße beeinträchtigt, weil eine Nachfrage nach schutzrechtsverletzenden Gegenständen geweckt wird, die das Ausschließlichkeitsrecht aus dem Patent schmälert. Insofern entspricht es der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass zur Gewährleistung eines wirksamen Patentschutzes nur von Belang ist, ob mit der fraglichen Handlung für einen schutzrechtsverletzenden Gegenstand tatsächlich eine Nachfrage geschaffen wird, die zu befriedigen mit dem Angebot in Aussicht gestellt wird. Wer das angebotene Erzeugnis später zur Verfügung stellt, hat keine Bedeutung. Bezweckt das Angebot den Geschäftsabschluss mit einem Dritten, so ist es deswegen unerheblich, ob der Anbietende von dem Dritten beauftragt oder bevollmächtigt ist (BGH, GRUR 2006, 927 – Kunststoffbügel). Selbst wenn es hieran fehlt, bleibt es dabei, dass mit dem drittbegünstigenden Angebot eine Nachfrage für das Verletzungsprodukt generiert wird, die in das Monopolrecht des Patentinhabers eingreift. Vom Schutzbedürfnis des Patents her betrachtet macht es ersichtlich keinen Unterschied, ob Verletzungsgegenstände deshalb nachgefragt werden, weil der spätere Lieferant selbst sich zu ihrer Lieferung bereit erklärt hat, oder ob derselbe Eingriffstatbestand dadurch geschaffen wird, dass ein Dritter das Verletzungsprodukt zugunsten des Lieferanten beworben hat (OLG Düsseldorf, GRUR-RS 2015, 18679 Rn. 47). - 2.
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die streitgegenständliche Pressemitteilung als Angebot im Sinne von § 9 Nr. 1 PatG zu qualifizieren. - a)
Der angesprochene Verkehrskreis, der überwiegend aus Fachunternehmen aus dem Bereich der Photovoltaiktechnik und der Montage solcher Anlagen besteht, entnimmt der Pressemitteilung Informationen bezüglich eines neuen Montagesystems „C“ und dass dieses System auf der Intersolar im April 2014 als Neuheit ausgestellt worden ist. Weiter entnimmt der angesprochene Verkehrskreis dem Text, dass dieses Montagesystem durch B vorgestellt wurde, wobei der sich an den Text anschließenden Rubrik „Über B“ zu entnehmen ist, dass es sich hierbei nunmehr um die Beklagte zu 1) handelt, die „die Geschäfte der seit 1997 auf dem Solarmarkt aktiven B GmbH fortsetzt“. Weiterhin ist diese Pressemitteilung in den Kontext „Service“ gestellt und in der Kategorie „News/Presse“ abrufbar, in der die Beklagte zu 1) über sich und ihren Unternehmensgegenstand informiert. Es erscheint vor diesem Hintergrund nicht ausgeschlossen, dass sich die angesprochenen Fachkreise auf diesen Seiten über die Beklagte zu 1) informieren und dabei auf das patentverletzende Montagesystem stoßen. Ein Verweis auf ein Pressearchiv der Beklagten zu 1) findet sich nicht. Bei verständiger Würdigung der Gesamtumstände entnimmt der angesprochene Verkehrskreis dieser Pressemitteilung daher, dass die Beklagte zu 1) über ein erstmals auf der Intersolar 2014 vorgestelltes Montagesystem verfügt. Dass die Pressemitteilungen dabei chronologisch sortiert sind, lässt einen Rückschluss darauf, dass das Montagesystem nicht mehr hergestellt oder geliefert wird, nicht zu. Ebenso wenig kann aus dem Umstand, dass es an einer Verlinkung der Pressemitteilung mit der Seite „Produkte“ fehlt, geschlossen werden, dass es sich um eine veraltete Veröffentlichung handelt. An keiner Stelle lässt sich der Mitteilung ein Hinweis darauf entnehmen, dass das System nicht mehr hergestellt und geliefert wird und dementsprechend auch keine Ersatzteile für dieses System verfügbar sind.b)
Die Einwendungen der Beklagten gegen dieses Verständnis greifen nicht durch. - Insoweit liegt der Sachverhalt hier anders als in der von den Beklagten zitierten Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf (Fundstelle BeckRS 2014, 21755), in der eine Präsentation anlässlich einer Konferenz, welche ausweislich der Einführung des Programms dazu diente, die wichtigsten Materialentwicklungen und neuen Anwendungen im Karosserieleichtbau-Design zu präsentieren und detaillierte Fortschrittsberichte internationaler Hersteller sowie wichtiger Zulieferer und Forschungseinrichtungen vorzustellen, nicht als Angebot zu qualifizieren war. Denn in diesem Fall war das Ziel der Veranstaltungen, den Status der jeweiligen Entwicklungen zu dokumentieren und intensiv zu diskutieren, wobei für das angesprochene Fachpublikum bekannt war, dass sich die betreffenden Produkte noch im Entwicklungsprozess befanden.
- Soweit die Beklagten unter Verweis auf das Urteil des Landgerichts Düsseldorf in der Sache 4a O 14/06 meinen, ein Anbieten sei nur dann gegeben, wenn man bei verständiger Würdigung der gegebenen objektiven Umstände annehmen müsse, der Anbietende sei bereit, im Falle einer Bestellung den in Rede stehenden Gegenstand zur Verfügung zu stellen, führt dies vorliegend nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Denn die Pressemitteilung selbst enthält keinen Hinweis auf die Nichtverfügbarkeit des Montagesystems. Auch ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der angesprochene Verkehrskreis von der Nichtverfügbarkeit des Montagesystems am Markt Kenntnis hat und die Pressemitteilung daher als Archiv-Mitteilung würde einordnen können.
- Dass es dabei nicht im Interesse der Beklagten ist, bei Kunden die Nachfrage nach alten und nicht mehr verfügbaren Produkten zu wecken, ist nicht von Belang. Denn auf die subjektive Herstellungs- oder Lieferbereitschaft der Beklagten kommt es nicht an.
- Nichts anderes ergibt sich aus der von der Beklagten zitierten Entscheidung in der Sache 4b O 111/14 (Fundstelle GRUR-RS 2016, 120588), in der die dort streitgegenständliche Power-Point-Präsentation nach den Feststellungen der Kammer den Zweck verfolgte, Geschäftsbeziehungen zu potentiellen Kunden zu knüpfen (Rn. 43). Etwas anderes war mit der hier streitgegenständlichen Pressemitteilung bei Erscheinen im Jahr 2014 nicht beabsichtigt. Dass das Montagesystem von B zwischenzeitlich nicht mehr vertrieben wird, ist dem angesprochenen Verkehrskreis mangels Hinweis in der Mitteilung gerade nicht bekannt. Die weiterhin von den Beklagten zitierte Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf BeckRS 2014, 5732 betreffend das Auslegen eines Werbeflyers auf einem Messestand vermag eine abweichende Beurteilung nicht zu begründen.
- IV.
Da die Beklagte zu 1) die Erfindung gemäß § 9 S. 2 Nr. 1 PatG unberechtigt benutzt, ohne dazu berechtigt zu sein, ergeben sich die nachstehenden Rechtsfolgen. - 1.
Die Beklagte zu 1) ist der Klägerin zur Unterlassung verpflichtet, Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 1 PatG, da sie zur Benutzung der patentgemäßen Lehre nicht berechtigt war. - 2.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 1) dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 1 und 2 PatG. - a)
Die Beklagte zu 1) ist zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet, weil sie die Patentverletzung schuldhaft beging. Die Beklagte zu 1) hätte als Fachunternehmen die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Zwar hat sie den streitgegenständlichen Pressebeitrag mit dem patentverletzenden Inhalt nicht selbst verfasst, sondern lediglich von B übernommen. Sie hat diesen jedoch auf ihrer Webseite unter der Rubrik News/Presse verfügbar gehalten und auch die Kontaktdaten und den Pressekontakt entsprechend auf sie angepasst. Der Einwand der Beklagten zu 1) sie habe bei Übernahme des Internetauftritts und der Domain von B davon ausgehen dürfen, es befänden sich – vor dem Hintergrund des Vergleichs mit der Klägerin – keine rechtswidrigen Inhalte auf dieser Webseite, verfängt nicht. Denn die Beklagte zu 1) ist als Betreiberin der Webseite und Verantwortliche für den Inhalt gehalten, diesen auf seine Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Die Verletzung dieser Prüfpflicht begründet jedenfalls den Vorwurf der Fahrlässigkeit.b)
Es ist auch hinreichend wahrscheinlich, dass der Klägerin als Inhaberin des Klagepatents durch das patentverletzende Angebot ein Schaden tatsächlich entstanden ist. - Ein auf Feststellung der Schadensersatzpflicht gerichteter Klageantrag ist, sofern eine Schutzrechtsverletzung vorliegt, schon dann begründet, wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit für den Eintritt eines Schadens besteht. Diese braucht nicht hoch zu sein. Ob und was für ein Schaden entstanden ist, bedarf keiner Klärung, wenn nach der Erfahrung des täglichen Lebens der Eintritt eines Schadens mit einiger Sicherheit zu erwarten ist. Hierfür genügt es in der Regel, wenn zumindest eine rechtswidrig und schuldhaft begangene Verletzungshandlung vorliegt (BGH, GRUR 2013, 713 Rn. 21 – Fräsverfahren; BGH, GRUR 2008, 896 – Tintenpatrone I). Grundsätzlich begründet das Anbieten bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass es auch zur Lieferung gekommen ist. Diese Wahrscheinlichkeit reicht zwar zum Nachweis einer solchen Lieferung und damit für die Begründetheit einer bezifferten Schadensersatzklage in aller Regel nicht aus. Sie lässt aber nach der Erfahrung des täglichen Lebens mit einiger Sicherheit erwarten, dass ein Schaden entstanden ist, und führt deshalb zur Begründetheit eines unbezifferten Antrags auf Feststellung der Schadensersatzpflicht (BGH, GRUR 2013, 713 Rn. 24 – Fräsverfahren).
- Bei Anwendung dieser Grundsätze ist vorliegend eine gewisse Wahrscheinlichkeit eines konkreten Schadenseintritts zu bejahen. Zwar hat die Beklagte unter Vorlage einer Ergebnisliste von GoogleAnalytics betreffend die Aufrufe des streitgegenständlichen Pressebeitrags seit 2017 (Anlage B 3) vorgetragen, dass dieser weder in 2017 noch in 2018 aufgerufen worden sei. Die ersten Abrufe seien im Jahr 2019 erfolgt, wobei der Pressebeitrag insgesamt 27-mal aufgerufen wurde. Dass die meisten dieser Aufrufe durch die Klägerin und deren Prozessbevollmächtigte im Vorfeld dieses Verfahrens erfolgten, ist dabei nach Ansicht der Kammer nicht unwahrscheinlich. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass auch Dritte im Jahr 2019 die Seite aufgerufen haben und die dort angegebenen Kontaktdaten der Beklagten zu 1) zur weiteren Beratung und ggf. auch zu einer Kaufentscheidung genutzt haben.
- 3.
Die Klägerin hat schließlich gegen die Beklagte zu 1) einen Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung gemäß § 139 Abs. 2 PatG, §§ 242, 259 BGB. - V.
Die von der Klägerin gegen die Beklagten zu 2) und 3) geltend gemachten Ansprüche sind indes nicht begründet. Die Beklagten haften als Geschäftsführer vorliegend nicht für die durch die Beklagte zu 1) begangene Rechtsverletzung. - 1.
Im Gefolge einer Patentverletzung haftet neben der Gesellschaft auch deren gesetzlicher Vertreter auf Unterlassung und Schadensersatz, wenn der gesetzliche Vertreter von den Verletzungshandlungen Kenntnis hatte und sie nicht verhindert hat (BGH, 2003, 1031 (1033) – Kupplung für optische Geräte; BGH GRUR 2012,1145 Rn. 36 – Pelikan) oder wenn er sie aufgrund einer nach allgemeinen Grundsätzen des Deliktsrechts begründeten Garantenstellung hätte verhindern müssen (BGH, GRUR 2014, 883 – Geschäftsführerhaftung; GRUR 2015, 672 Rn. 80 – Videospiel-Konsolen II; GRUR 2015, 909 Rn. 45 – Exzenterzähne; GRUR 2016, 803 Rn. 61 – Armbanduhr). Eine Garantenstellung zum Schutz von Rechtsgütern Dritter ergibt sich allerdings nicht schon aus den Pflichten, die dem gesetzlichen Vertreter zum Beispiel nach § 43 Abs. 1 GmbHG oder § 93 Abs. 1 S. 1 AktG gegenüber der Gesellschaft obliegen. Pflichten aus der Organstellung zur ordnungsgemäßen Führung der Geschäfte bestehen grundsätzlich nur gegenüber der Gesellschaft. Im Falle ihrer Verletzung steht deshalb grundsätzlich nur der Gesellschaft ein Schadensersatzanspruch zu (BGH, NJW 1990, 976; BGH, NJW 2012, 3439; BGH, GRUR 2014, 883 – Geschäftsführerhaftung; BGH, NJW 1994, 1801). Eine Eigenhaftung erfordert eine darüber hinausgehende Garantenstellung, auf Grund der der gesetzliche Vertreter persönlich zum Schutz Außenstehender vor Gefährdung oder Verletzung ihrer durch § 823 Abs. 1 BGB geschützten Rechte gehalten ist. Eine Garantenstellung kann insbesondere dann bestehen, wenn der Schutz von Rechten Dritter eine organisatorische Aufgabe ist, zu der zu allererst der gesetzliche Vertreter berufen ist (BGH, NJW 1990, 976). Hierzu reicht es allerdings nicht aus, dass der Gesellschaft gesetzliche Verpflichtungen gegenüber Dritten obliegen. So ergibt sich aus der Organstellung und der allgemeinen Verantwortlichkeit für den Geschäftsbetrieb nicht schon eine Verpflichtung gegenüber außenstehenden Dritten, Wettbewerbsverstöße der Gesellschaft zu verhindern (BGH, GRUR 2014, 883 – Geschäftsführerhaftung). Sofern es um den Schutz von absoluten Rechten Dritter geht, kann hingegen über die Organstellung hinaus eine mit der Zuständigkeit für die Organisation und Leitung und der daraus erwachsenden persönlichen Einflussnahme auf die Gefahrenabwehr und Gefahrensteuerung verbundene persönliche Verantwortung des Organs den betroffenen Außenstehenden gegenüber zum Tragen kommen. In dieser Beziehung gilt für die Eigenhaftung des Geschäftsführers im Grundsatz nichts anderes als für jeden anderen für ein Unternehmen Tätigen, soweit dessen Aufgabenbereich sich auf die Wahrung deliktischer Integritätsinteressen Dritter erstreckt (BGH, NJW 1990, 976). Auch in diesem Fall reicht das bloße Bestehen eines absolut geschützten Rechts zwar nicht ohne Weiteres aus, um eine Garantenpflicht zu begründen. Sie kommt aber jedenfalls dann in Betracht, wenn der Betroffene ein Schutzgut der Einflusssphäre der Gesellschaft anvertraut hat oder wenn aus sonstigen Gründen eine konkrete Gefahrenlage für das Schutzgut besteht und der Geschäftsführer oder Mitarbeiter des Unternehmens für die Steuerung derjenigen Unternehmenstätigkeit verantwortlich ist, aus der sich die Gefahrenlage ergibt. Die Haftung des Geschäftsführers folgt in diesen Fällen nicht aus seiner Geschäftsführerstellung als solcher, sondern aus der – von der Rechtsform des Unternehmens unabhängigen – tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeit und Zumutbarkeit der Beherrschung einer Gefahrenlage für absolut geschützte Rechte Dritter (BGH, GRUR 2016, 257 Rn. 113 – Glasfasern II). - 2.
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist eine Haftung der Beklagten zu 2) und 3) für die Verletzungshandlung der Beklagten zu 1) vorliegend nicht gegründet. Weder liegt eine Situation vor, in der typischerweise von einer schuldhaften Patentverletzung einer Gesellschaft auf die Haftung ihrer gesetzlichen Vertreter geschlossen werden kann, noch liegt eine eigenständig begangene Verletzungshandlung vor oder fällt den Beklagten zu 2) und 3) ein Organisationsverschulden zur Last. - a)
Nach der Entscheidung „Glasfaser II“ des Bundesgerichtshofes (GRUR 2016, 257) sind die Voraussetzungen für eine Haftung der gesetzlichen Vertreter einer Gesellschaft im Hinblick auf den Schutz von Patenten jedenfalls dann typischerweise erfüllt, wenn ein Unternehmen technische Erzeugnisse herstellt oder in den inländischen Markt einführt. Für praktisch jeden Bereich der Technik ist eine Vielzahl von Patenten mit unterschiedlichsten Gegenständen in Kraft. Ein Unternehmen muss deshalb vor Aufnahme einer der genannten Tätigkeiten prüfen, ob seine Erzeugnisse oder Verfahren in den Schutzbereich fremder Rechte fallen (BGH a.a.O. Rn 114 f.). Kraft seiner Verantwortung für die Organisation und Leitung des Geschäftsbetriebs und der damit verbundenen Gefahr, dass dieser so eingerichtet wird, dass die Produktion oder Vertriebstätigkeit des Unternehmens die fortlaufende Verletzung technischer Schutzrechte Dritter zur Folge hat, ist der gesetzliche Vertreter einer Gesellschaft deshalb grundsätzlich gehalten, die gebotenen Überprüfungen zu veranlassen oder den Geschäftsbetrieb so zu organisieren, dass die Erfüllung dieser Pflicht durch dafür verantwortliche Mitarbeiter gewährleistet ist. Er muss insbesondere dafür sorgen, dass grundlegende Entscheidungen über die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft nicht ohne seine Zustimmung erfolgen und dass die mit Entwicklung, Herstellung und Vertrieb betrauten Mitarbeiter der Gesellschaft die gebotenen Vorkehrungen treffen, um eine Verletzung fremder Patente zu vermeiden (BGH a.a.O. Rn 117). Bei dieser Ausgangslage bedarf es im Regelfall keiner näheren Feststellungen dazu, dass die schuldhafte Verletzung eines Patents durch eine Gesellschaft auf einem schuldhaften Fehlverhalten ihrer gesetzlichen Vertreter beruht (BGH a.a.O. Rn 118). - Im Streitfall besteht jedoch eine andere Ausgangslage, so dass von der schuldhaften Verletzung des Klagepatents nicht auf ein schuldhaftes Fehlverhalten der Beklagten zu 2) und 3) geschlossen werden kann. Denn die beanstandete Webseite steht in keinem Zusammenhang mit der Herstellung und dem Vertrieb von Produkten durch die Beklagte zu 1). Es ist unstreitig, dass die Beklagte zu 1) die angegriffene Ausführungsform weder herstellte noch in Verkehr brachte. Davon ausgehend bestand auch kein Anlass, den Internetauftritt auf ein etwaiges Angebot einer solchen Ausführungsform zu überprüfen. Das gilt auch im Hinblick auf die hier beanstandete Pressemitteilung der früheren B, die zwar rechtlich als Angebotshandlung zu qualifizieren ist (s.o.), in tatsächlicher Hinsicht aber in keinem Zusammenhang mit dem Produktportfolio der Beklagten zu 1) steht., so dass sich darauf auch nicht typischerweise die Prüfpflicht der gesetzlichen Vertreter bezieht.
- b)
Es lässt sich auch sonst nicht feststellen, dass die Beklagten zu 2) und 3) die Verletzungshandlung eigenständig begingen oder ihnen ein Organisationsverschulden zur Last fällt. - Nach der bereits zitierten Entscheidung „Glasfaser II“ trägt der Verletzte – hier die Klägerin – grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast für alle Anspruchsvoraussetzungen und damit auch für eine Haftung der gesetzlichen Vertreter einer Gesellschaft. Allerdings hat er – jedenfalls in der vom Bundesgerichtshof aufgezeigten typischerweise bestehenden besonderen Gefährdungslage, in der eine Gesellschaft technische Produkte herstellt und vertreibt – regelmäßig keinen Anlass, näher zur persönlichen Verantwortlichkeit des Geschäftsführers vorzutragen. Er hat in der Regel auch nicht die Möglichkeit zu näherem Vorbringen hierzu, weil es um interne Vorgänge des Verletzers geht, in die er keinen Einblick hat. Vielmehr obliegt gegebenenfalls dem gesetzlichen Vertreter der verletzenden Gesellschaft eine sekundäre Darlegungslast hinsichtlich der Frage, wie er den ihm obliegenden Pflichten nachgekommen ist. Hierbei hat er gegebenenfalls insbesondere darzulegen, weshalb er keinen Anlass hatte, sich eine Entscheidung über die angegriffenen Handlungen vorzubehalten und welche organisatorischen Maßnahmen er ergriffen hat, um eine Schutzrechtsverletzung durch Mitarbeiter des Unternehmens zu verhindern (BGH a.a.O. Rn 119 f.).
- aa)
Nach den Angaben der Beklagten ist der Beklagte zu 2) für den Bereich Einkauf zuständig. Der Vertrieb der Produkte der Beklagten zu 1) sowie das damit in Zusammenhang stehenden Marketing fallen – nach Angaben des Beklagten zu 2) – daher nicht in seinen Kompetenzbereich. Auch hatte er nach eigenen Angaben keinerlei Kenntnis von der streitgegenständlichen Pressemitteilung. Soweit der Beklagte zu 2) den vorangegangenen Sachverhalt aufgrund seiner Stellung als Prokurist und Liquidator der B kannte, habe er diesen nach eigenen Angaben als für sich abgeschlossen betrachtet. Zudem hat der Beklagte zu 2) mit der als Anlage B 1 vorgelegten Erklärung eidesstattlich versichert, mit der inhaltlichen Gestaltung der Rubrik News/Presse als Geschäftsführer nicht befasst zu sein. Es fehlt daher für eine Haftung des Beklagten zu 2) sowohl an der Kenntnis als auch an dem Bestehen einer Garantenpflicht. Etwas anderes hat auch die Klägerin nicht vorgetragen. - bb)
Der Beklagte zu 3) hat seinerseits als Geschäftsführer der Beklagten zu 1) zwar die Verantwortung für den Bereich Vertrieb und Marketing, war jedoch – wie er ebenfalls eidesstattlich versichert – mit der konkreten Pressemitteilung nicht vertraut und hatte von dieser auch keine Kenntnis. Soweit der Beklagte zu 3) im Rahmen seiner Zuständigkeit für den Vertrieb für die Produkte der Beklagten zu 1) verantwortlich ist, gehört die in der streitgegenständlichen Pressemitteilung beworbene Halterung gerade nicht zu diesen Produkten. Unstreitig wurde diese von der Beklagten zu 1) nie hergestellt oder vertrieben. - Eine sich darüber hinaus aus anderen Umständen ergebende Garantenstellung ist nicht ersichtlich. Mit der inhaltlichen Gestaltung der Rubrik News/Presse war er als Geschäftsführer nicht befasst. Er wird in der Pressemitteilung selbst auch nicht als Pressekontakt angegeben. Dass der Beklagte zu 3) im Impressum der Webseite als Geschäftsführer aufgeführt ist, lässt daher den Rückschluss auf eine Zurechenbarkeit der Pressebeiträge in der Rubrik News/Presse ebenfalls nicht zu. Insoweit liegt der Sachverhalt aus Sicht der Kammer vorliegend anders als im vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall World of Warcraft II (Fundstelle BGH, GRUR 2017, 397). Der Bundesgerichtshof hatte mangels gegenteiligen Sachvortrags aufgrund des Impressumhinweises auf die Verantwortlichkeit der dortigen Geschäftsführer für die Internetseiten auf eine Verantwortlichkeit auch für die textliche Gestaltung dieser Webseite geschlossen. Vorliegend stammt die streitgegenständliche Pressemitteilung selbst jedoch unstreitig nicht von der Beklagten zu 1) sondern von B. Die Webseite wurde von einem Mitarbeiter der Beklagten, Herrn Balen, betreut.
- Im Übrigen traf den Beklagten zu 3) auch keine Verpflichtung, den gesamten Internetauftritt der früheren B vor der Übernahme durch die Beklagte zu 1) zu überprüfen. Das gilt auch im Hinblick auf die Kenntnis des Beklagten zu 3) von dem vormaligen Patentverletzungsstreit. Da die Beklagte zu 1) die patentverletzende Halterung unstreitig nicht herstellte oder vertrieb, gab es keinen Anlass, den Internetauftritt im Hinblick auf patentverletzende Angebote zu prüfen. Dabei kann dahinstehen, ob der Internetauftritt bereits von der B oder erst von dem Mitarbeiter der Beklagten dahingehend geändert wurde, dass er zum aktuellen Produktportfolio der Beklagten zu 1) ohne die angegriffene Ausführungsform passt. Jedenfalls kann dem Beklagten zu 3) in dieser Hinsicht nicht der Vorwurf gemacht werden, er hätte sich eine Entscheidung über die Durchsicht der einzelnen Pressemitteilungen vorbehalten müssen oder anderweitig keine genügenden organisatorischen Maßnahmen ergriffen. Mit einer Patentverletzung durch eine über sechs Jahre zurückliegende Pressemitteilung, die in keinem erkennbaren Zusammenhang mit dem aktuellen Produktportfolio der Beklagten zu 1) steht, musste der Beklagte zu 3) nicht rechnen.
-
VI.
Der Anspruch der Klägerin auf anteilige Erstattung außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 2.949,78 Euro folgt aus § 139 Abs. 2 PatG bzw. §§ 677, 683, 670 BGB. - 1.
Der Anspruch auf Erstattung der durch die Abmahnung entstandenen Rechtsanwaltskosten ist in Höhe einer 1,3 Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von 35.000,00 Euro zuzüglich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer zu berechnen, mithin 1.474,89 Euro. Dabei entfällt aus dem von der Kammer festgesetzten Gesamtstreitwert von 50.000,00 Euro ein Gegenstandswert von 35.000,00 Euro auf die Beklagte zu 1) und ein Gegenstandswert von 15.000,00 Euro auf die Beklagten zu 2) und 3). Ein darüber hinausgehender Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten, soweit die Klägerin die Beklagten 2) und 3) mit Schreiben vom 17. Juni 2019 (Anlage K 20-1) zur Unterlassung, Auskunft und Anerkenntnis ihrer Schadensersatzpflicht aufforderte, besteht nicht. - 2.
Ebenfalls in dieser Höhe sind die vorgerichtlich entstandenen Patentanwaltskosten erstattungsfähig. Nach § 143 Abs. 3 PatG sind die durch die Mitwirkung eines Patentanwalts in einer Patentstreitsache entstandenen Kosten in Höhe der dem Rechtsanwalt nach § 13 RVG in Verbindung mit dem Verfügungsverzeichnis erwachsenen Gebühren zu erstatten. - Bezüglich der Kosten für die Mitwirkung eines Patentanwalts in einer Patentstreitsache ist nicht zu prüfen, ob die Mitwirkung des Patentanwalts zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung im Sinne des § 91 Abs. 1 ZPO notwendig war (vgl. BGH, GRUR 2003, 639 – Kosten des Patentanwalts I; BGH, GRUR 2011, 754 – Kosten des Patentanwalts II; BGH, GRUR 2012, 756 – Kosten des Patentanwalts III). Auf die sachliche Notwendigkeit der Mitwirkung des Patentanwalts kommt es für die Erstattungsfähigkeit der Gebühren auf Grund der Regelung des § 143 Abs. 3 PatG damit nicht an; die für die Mitwirkung des Patentanwalts geschuldeten Gebühren sind in Patentstreitsachen stets erstattungsfähig. Ob der Patentanwalt im Rahmen seiner Mitwirkung auch technische oder patentrechtliche Fragen zu beantworten hatte, ist ohne Belang (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 31. August 2017, Az. I-2 W 14/17 Rn. 6 m.w.N.).
- Vorliegend handelt es sich bei dem vorgerichtlichen Aufforderungsschreiben hinsichtlich der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung wegen Patentverletzung um eine Patentstreitsache im Sinne des § 143 Abs. 1 PatG. Entsprechend sind die für die Einschaltung des Patentanwalts entstandenen Kosten zu erstatten.
- Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.
- VII.
Die infolge des in der Pressemitteilung liegenden Angebots patentverletzender Gegenstände begründeten Ansprüche der Klägerin waren im Zeitpunkt ihrer Geltendmachung im Juni 2019 nicht verwirkt (§ 242 BGB). - Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten setzt neben einem Zeitmoment, ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen (vgl. BGH, Urteile vom 12.07.2016, XI ZR 501/15, Rn. 40, und XI ZR 564/15, Rn. 35; Urteil vom 11.10.2016, XI ZR 482/15, Rn. 30; Urteil vom 14.03.2017, XI ZR 442/16, Rn. 27). Dabei können das Zeitmoment und das Umstandsmoment nicht voneinander unabhängig betrachtet werden, sondern stehen in einer Wechselwirkung. Je länger der Inhaber des Rechts untätig bleibt, desto mehr wird der Gegner in seinem Vertrauen schutzwürdig, das Recht werde nicht mehr ausgeübt werden (BGH, Urteil vom 10.10.2017, XI ZR 393/16, Rn. 9 m. w. N.).
- Nach den vorgenannten Maßstäben sind vorliegend weder das Zeitmoment noch das Umstandsmoment erfüllt. Das maßgebliche Zeitmoment sieht die Kammer vorliegend in der Veröffentlichung der Pressemitteilung durch die Beklagte zu 1) auf ihrer Webseite, die frühestens mit Gründung der Beklagten zu 1) im Jahr 2017 und Anpassung des Impressums sowie der Kontaktdaten erfolgt sein konnte. Entgegen der Ansicht der Beklagten zu 1) ist daher auch nicht darauf abzustellen, dass der streitgegenständliche Pressebeitrag wohl bereits durch B auf der damaligen Webseite veröffentlicht wurde.
- Hinsichtlich der Veröffentlichung und Verbreitung der streitgegenständlichen Pressemitteilung fehlt es an einer Untätigkeit der Klägerin über einen gewissen Zeitraum hinaus, da diese die Beklagten nach Kenntniserlangung im Jahr 2019 zeitnah abmahnen ließ. Zudem ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass sich die Beklagten darauf eingerichtet hätten, für eigene Rechtsverletzungen betreffend das streitgegenständliche Montagesystem von der Klägerin nicht belangt zu werden. Vielmehr haben die Beklagten bei Übernahme der Webseite der B GmbH darauf vertraut, dass diese ihren Internetauftritt entsprechend so gestaltet, dass es zu einer Patentverletzung nicht mehr kommen kann. Indes ist dies ein Umstand, der der Klägerin im Rahmen der Verwirkung nicht erfolgreich entgegengehalten werden kann.
-
VIII.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 und S. 2 ZPO. -
IX.
Der Streitwert wird gem. §§ 51 Abs. 1, 45 Abs. 1 Satz 3 GKG auf 50.000,00 Euro festgesetzt. Davon entfallen 3.500,00 Euro auf die gesamtschuldnerische Verpflichtung zur Schadensersatzleistung, Antrag zu II.