4a O 119/19 – Lizenzgebühren

Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3154

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 09. März 2021, Az. 4a O 119/19

  1. I. Der Beklagte wird verurteilt,
    1. an die Klägerin EUR 36.533,45 nebst 9 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank aus je EUR 11.900,00 seit dem 05.06.2017, 05.12.2018 und 22.04.2019 sowie aus EUR 833,45 seit dem 10.01.2020 zu zahlen;
    2. die Klägerin von Kosten des Patentanwalts Dipl.-Ing. A gemäß Kostenrechnung Nr. 29160 vom 11.06.2017 in Höhe von EUR 6.390,00 netto = 7.604,10 brutto für die Vorbereitung der mündlichen Verhandlung am 11.11.2016 beim Europäischen Patentamt in Den Haag, die Abstimmung der Argumentation sowie die Wahrnehmung des mündlichen Verhandlungstermins sowie Bericht über den Verlauf der mündlichen Verhandlung sowie die Reise- und Übernachtungstermine freizustellen;
    3. vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von EUR 1.336,90 an die Klägerin zu zahlen.
    II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
    III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 50.700,00 Euro.
  2. Tatbestand
  3. Die Klägerin nimmt den Beklagten aus einem Lizenzvertrag auf Zahlung von Lizenzgebühren, der Verlängerungsgebühr für das deutsche Gebrauchsmuster, Freistellung von Kosten des Patentanwalts im Zusammenhang mit der mündlichen Verhandlung beim Europäischen Patentamt sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Anspruch.
    Der Beklagte schloss mit der Fachhochschule B, vertreten durch die C GmbH, unter dem 03.12./12.12.2008 einen Lizenzvertrag (nachfolgend: der Lizenzvertrag oder kurz LV; vorgelegt in Anlage MPD1). In dessen Präambel heißt es wie folgt:
    „Die FH B hat im Rahmen ihrer Forschungs- und Entwicklungsarbeiten im Labor […] einen Filter für Feuerungslagen entwickelt. Die Hochschule hat die Erfindung „Periodisch nass abreinigender Elektrofilter“ (Anlage A) am 28.05.2008 in Anspruch genommen. Hierzu ist von der FH B am 20.11.2008 eine prioritätsbegründende Patentanmeldung unter dem Aktenzeichen EP XXX beim Europäischen Patentamt eingereicht worden. Die FH B ist an einer gewerblichen Anwendung der Erfindung interessiert.
    D ist im Rahmen ihres auf Filteranlagen für Feuerungsanlagen gerichteten Geschäftsbetriebes unter Anwendung der vorgenannten Erfindung der FH B an deren gewerblichen Herstellung und Verkauf interessiert.
    Zur Erreichung ihrer Ziele schließen die Vertragsparteien diesen Vertrag.“
    Der Lizenzvertrag sieht in Ziff. 2.1 LV die Einräumung einer ausschließlichen Lizenz an in Ziff. 1.1 LV aufgezählten Vertragsschutzrechten sowie an in Ziff. 1.4 LV definierten Vertragskenntnissen und für die Herstellung, den Gebrauch und den Vertrieb von Vertragserzeugnissen im Sinne von Ziff. 1.2 LV vor.
    Ausweislich des Lizenzvertrages verpflichtet sich der Beklagte zur Zahlung einer Grundlizenzgebühr i.H.v. 15.000 Euro (Ziffer 3.1.1.), Umsatzlizenzgebühr i.H.v. 6,5 % des Nettoverkaufpreises von jedem Vertragserzeugnis sowie zur Zahlung einer gestaffelten jährlichen Mindestlizenzgebühr, wobei diese ab dem Jahr 2012 10.000 Euro beträgt (Ziffer 3.1.3). Die jeweils gezahlten jährlichen Mindestlizenzgebühren werden auf die zu zahlenden jährlichen Umsatzlizenzen angerechnet. Die Zahlungen verstehen sich zuzüglich der für die Lizenzgeberin geltende Mehrwertsteuer (Ziffer 3.4 LV).
    Ziffer 3.2. LV lautet wie folgt:
    Die Einschränkung, Nichterteilung, Löschung oder Nichtigerklärung eines oder mehrerer Vertragsschutzrechte in einem oder mehreren Ländern lässt die Gültigkeit des Vertrages und die bis dahin fälligen Lizenzgebühren unberührt. Bezahlte Lizenzgebühren können nicht zurückgefordert werden.“
    Ziffer 3.3 LV lautet:
    Sollte ein Vertragsschutzrecht in einem oder mehreren Ländern keine Schutzrechtserteilung erfahren oder für nichtig erklärt werden, so ist ab diesem Zeitpunkt für längstens 8 Jahre die unter 3.1.2. ausgewiesene Umsatzlizenzgebühr nur noch in Höhe von 50 % des Nettoverkaufpreises, die unter dem betreffenden Vertragsschutzrecht und in dem betreffenden Land durch die D erzielt werden, für die Nutzung der lizenzierten Vertragskenntnisse zu zahlen.“
    Nach Ziffer 5.1. trägt die FH B die Kosten für die erstmalige Anmeldung der Vertragsschutzrechte. Die nach Inkrafttreten des Vertrages anfallenden Kosten für die Anmeldung von Vertragsschutzrechten im Ausland, weiterer inländischer Vertragsschutzrechte sowie die Weiterführung und Aufrechterhaltung von Vertragsschutzrechten im In- und Ausland trägt der Beklagte.
    Ziffer 9 LV bestimmt eine Mindestvertragsdauer bis zum 31.12.2018 (Ziff 9.1). Der Vertrag verlängert sich um jeweils zwei Jahre, wenn dieser nicht spätestens sechs Monate vor Ablauf gekündigt wurde (Ziff. 9.2.). Ziff. 9.3. enthält Regelungen für eine Kündigung aus wichtigem Grund. Hiernach gilt insbesondere als wichtiger Grund:
    „- wenn amtlich oder gerichtlich feststeht, dass kein rechtsbeständiges Vertragsschutzrecht mehr existiert oder durchsetzbar ist […] „
    Für den weiteren Inhalt des Vertrags wird auf Anlage MPD1 verwiesen.
    Unter dem 02.10.2014 wurde das Gebrauchsmuster DE 20 2008 XXX 508 U1 eingetragen (Anlage MDP 7). Bei diesem Gebrauchsmuster handelt es sich um eine Abzweigung der Patentanmeldung EP XXX.7. Das Gebrauchsmuster war bis zum 20.11.2018 wirksam.
    Unter dem 07.10./28.10.2014 schlossen der Beklagte und die Klägerin eine „Ergänzungsvereinbarung zum Lizenzvertrag vom 03.12.2008“ (im Folgenden: Ergänzungsvereinbarung). Nach dessen § 3 Abs. 1 wird die Umsatzlizenzgebühr für jeweils ein Kalenderjahr ermittelt und vom Beklagten bis zum 28.02. des Folgejahres gegenüber der Klägerin abgerechnet. Die daraus ergebende Zahlungsverpflichtung wird zum 15. März desselben Jahres fällig. Nach § 3 Abs. 2 entfällt damit die Pflicht des Beklagten die Mindestlizenzgebühr bereits zum 28.02. des laufenden Jahres zu zahlen.
    In § 4 der Ergänzungsvereinbarung verpflichtet sich die Klägerin bis zum 31.08.2014 auf eigene Kosten ein Gebrauchsmuster mit entsprechendem Inhalt für Deutschland anzumelden und in Absprache und auf Kosten des Beklagten im Ausland Gebrauchsmuster oder vergleichbare Schutzrechte anzumelden. In § 5 der Ergänzungsvereinbarung heißt es:
    „§ 3 Nr. 3 des Lizenzvertrages wird durch folgenden Satz 2 ergänzt:
    Sollte in einem Land mehr als ein Vertragsschutzrecht anhängig sein, so gilt Satz 1 nur, wenn in diesem Land kein Vertragsschutzrecht eine Schutzrechtserteilung erfährt oder alle Vertragsschutzrechte für nichtig erklärt werden.
    Sollte das unter Vorbemerkung (2.) dieser Ergänzungsvereinbarung bezeichnete Patent nicht bis zum 31. März 2017 erteilt worden sein, reduzieren sich die Lizenzgebühren ab dem 01. April 2017 auf den in § 3 Nr. 3 des Lizenzvertrages vorgegebenen Umfang solange, bis das Patent erteilt wird.“
    § 6 regelt die zeitliche Geltung, wonach die Ergänzungsvereinbarung rückwirkend ab dem 01.01.2014 gilt. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Ergänzungsvereinbarung verwiesen (Anlage S&B4).
    Die Klägerin hielt hinsichtlich der Erfindung, auf die sich die Anmeldung EP XXX bezog, zudem ein US-amerikanisches Patent (US XXX B2), welches sich bis zum 16.12.2019 in Kraft befand, ein kanadisches Patent (CA XXX C), welches sich bis zum 19.11.2018 in Kraft befand und ein australisches Patent (AU XXX B2), welches sich bis zum 19.11.2018 in Kraft befand.
    Mit Entscheidung vom 11.11.2016, der Klägerin am 05.01.2017 zugestellt, wies das Europäische Patentamt die europäische Patentanmeldung Nr. XXX.7 zurück. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Entscheidung (Anlage S&B 1) verwiesen. Rechtsmittel wurden nicht eingelegt. Der Beklagte lehnte insoweit eine Kostenübernahme ab.
    Mit Datum vom 23.11.2016 wurde der Klägerin die Einzahlung der 3. Verlängerungsgebühr für die deutsche Gebrauchsmusteranmeldung 20 2008 018 508.4 „Nass abreinigender Elektrofilter für die Abgasreinigung“ in Höhe von 833,45 Euro durch den Patentanwalt F in Rechnung gestellt (Anlage MDP2). Als Leistungszeitraum wurde der 17.08.2016 bis 23.11.2016 benannt. Die Klägerin zahlte hierauf. Hierbei handelt es sich um die letzte Verlängerung des deutschen Gebrauchsmusters.
    Unter dem 05.05.2017 stellt die Klägerin dem Beklagten die „Mindestlizenzgebühr für das Jahr 2016“ in Höhe von 11.900,00 € brutto in Rechnung (Anlage MDP3). Der Beklagte zahlte hierauf trotz Mahnung durch die Rechtsanwältin Dr. E bislang nicht.
    Unter dem 11.06.2017 stellte der Patentanwalt F eine an den Beklagten adressierte Kostenrechnung i.H.v. 7.604,10 € bzgl. der „Vorbereitung der mündlichen Verhandlung am 11.11.2016 beim Europäischen Patentamt in Den Haag, Abstimmung der Argumentationslinien mit Dr. G von C, Wahrnehmung des mündlichen Verhandlungstermins, Bericht über den Verlauf der mündlichen Verhandlung, Reisekosten und Übernachtungskoten zur mündlichen Verhandlung“ (Anlage MDP9).
    Mit Schreiben vom 22.06.2018 kündigte der Beklagte „zum 31.12.2018“ den Lizenzvertrag unter „Bezugnahme auf Ziff. 9.2.“ (Anlage MDP6).
    Unter dem 05.12.2018 stellte die Klägerin dem Beklagten die „Mindestlizenzgebühr für das Jahr 2017“ in Höhe von 11.900,00 € brutto in Rechnung (Anlage MDP4). Der Beklagte zahlte hierauf trotz Mahnung durch Rechtsanwältin Dr. E bislang nicht.
    Unter dem 22.03.2019 stellte die Klägerin dem Beklagten die „Mindestlizenzgebühr für das Jahr 2018“ in Höhe von 11.900,00 € brutto in Rechnung (Anlage MDP5). Der Beklagte zahlte hierauf trotz Mahnung durch Rechtsanwältin Dr. E bislang nicht.
  4. Die Klägerin ist der Ansicht, sie sei aktivlegitimiert, da die „Fachhochschule B“ aufgrund Beschluss des Hochschulsenates vom 01.03.2012 in „H“ umfirmiert sei und damit kein Wechsel des Rechtsträgers eingetreten sei. Die C GmbH habe sie wirksam bei Abschluss des Lizenzvertrages vertreten.
    Ihr stehe gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung der Mindestlizenzgebühren für die Jahre 2016 bis 2018 aus dem Lizenzvertrag zu. Insbesondere existiere auch nach der Zurückweisungsentscheidung des europäischen Patentamtes ein schutzfähiges deutsches Gebrauchsmuster. Hieraus ergebe sich zudem die Pflicht des Beklagten, ihr die Kosten für die letztmalige Verlängerung des deutschen Gebrauchsmusters zu erstatten. Zudem sei der Beklagte verpflichtet, sie von den Kosten des Patentanwalts F im Zusammenhang mit der mündlichen Verhandlung vor dem Europäischen Patentamt freizustellen und die seitens der Klägerin behaupteten ihr entstandenen vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 1.336,90 Euro zu ersetzen.
    Nachdem die Klägerin in der mündlichen Verhandlung den Antrag zu 1) hinsichtlich des Datums der Verzinsung bezogen auf die Verlängerungsgebühr abgeändert hat, beantragt diese nunmehr
    1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin EUR 36.533,45 nebst 9 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank aus je EUR 11.900,00 seit dem 05.06.2017, 05.12.2018 und 22.04.2019 sowie aus EUR 833,45 seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
    2. den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin von den Kosten des Patentanwalts Dipl.-Ing. A gemäß Kostenrechnung Nr. 29160 vom 11.06.2017 in Höhe von EUR 6.390,00 netto = 7.604,10 brutto für die Vorbereitung der mündlichen Verhandlung am 11.11.2016 beim Europäischen Patentamt in Den Haag, die Abstimmung der Argumentation sowie die Wahrnehmung des mündlichen Verhandlungstermins sowie Bericht über den Verlauf der mündlichen Verhandlung sowie die Reise- und Übernachtungstermine freizustellen.
    3. den Beklagten zu verurteilen, vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von EUR 1.336,90 an die Klägerin zu zahlen.
    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.
    Der Beklagte behauptet, bereits in 2016 eine Anpassung des Lizenzvertrages gegenüber der Klägerin begehrt zu haben. Insoweit ist er der Auffassung, spätestens seit 2016 stehe ihm ein Anspruch auf Anpassung des Vertrages auf Null gem. § 313 BGB zu, da Geschäftsgrundlage des Lizenzvertrages das Vorhandensein von im Inland verteidigungsfähiger Rechte gewesen sei. Im Übrigen stehe dem Beklagten ein Recht zur Kündigung zu, da die Klägerin den Beklagten nicht zutreffend und rechtzeitig über den Stand der Patentanmeldung, insbesondere die Zweifel des Patentamtes an der Schutzfähigkeit, unterrichtet habe. Aufgrund dieser Aufklärungspflichtverletzung stehe dem Beklagten auch ein Schadenersatzanspruch zu, welcher er der Klägerin im Rahmen der Aufrechnung entgegen halten könne.
    Mit der Zurückweisungsentscheidung durch das europäische Patentamt sei auch das deutsche Gebrauchsmuster lediglich ein „Scheinrecht“ gewesen. Die 3. Verlängerung des Gebrauchsmusters sei daher nicht mehr im Interesse des Beklagten erfolgt, mit dem – insoweit unstreitig – die Verlängerung des Gebrauchsmusters nicht ausdrücklich abgesprochen worden sei. Auch insoweit sei der Beklagte daher nicht zur Zahlung verpflichtet.
    Hinsichtlich des Antrags zu 2 bestehe kein Freistellungsanspruch der Klägerin, insbesondere da die insoweit in Bezug genommene Rechnung an den Beklagten adressiert sei. Im Übrigen erhebt der Beklagte die Einrede der Verjährung.
    Hinsichtlich der in Antrag 3 geltend gemachten außergerichtlichen Anwaltskosten seien diese Kosten nicht schlüssig dargelegt, da insbesondere unklar sei, wie sich der Gegenstandswert, welcher der zur Akte gereichten Rechnung der Rechtsanwältin Dr. E zugrunde gelegt worden sei, zusammen setze. Im Übrigen erhebt der Beklagte die Einrede der Verjährung.
  5. Die Klägerin erhebt im Hinblick auf die Geltendmachung des § 313 BGB die Einrede der Verjährung.
  6. Mit Schriftsatz vom 12.12.2019, bei Gericht am 13.12.2019 eingegangen, hat die Klägerin Klage beim Landgericht erhoben. Das Landgericht Düsseldorf hat die Klage dem Beklagten am 09.01.2020 zugestellt.
    Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird ergänzend auf die ausgetauschten Schriftsätze samt Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 23.02.2021 Bezug genommen.
  7. Entscheidungsgründe
  8. Die zulässige Klage ist begründet. Die Klägerin hat aus dem Lizenzvertrag Anspruch auf die geltend gemachte Mindestlizenzgebühren für die Jahre 2016 bis 2018 i.H.v. 35.700 Euro (hierzu unter I). Sie hat hieraus zudem einen Anspruch auf Zahlung der Kosten der Verlängerung des Gebrauchsmusters in Höhe von 833,45 Euro (hierzu unter II). Die Klägerin hat den geltend gemachten Freistellungsanspruch in Höhe von 7.604,10 Euro brutto (Hierzu unter III). Schließlich stehen dieser die mit der Klage geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 1.336,90 Euro zu (hierzu unter IV).
    I.
    Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 35.700,00 Euro aus dem Lizenzvertrag.
    Zwischen den Parteien ist ein wirksamer Lizenzvertrag zustande gekommen. Soweit der Beklagte die Aktivlegitimation im Hinblick darauf bestreitet, dass in dem Lizenzvertrag die Lizenzgeberin als FH B bezeichnet ist, ist dieses Bestreiten unbeachtlich, nachdem die Beklagte selbst den Ergänzungsvertrag zu dem Lizenzvertrag vorgelegt hat, aus dem sich aus dessen Rubrum ergibt, dass die Klägerin entsprechend umfirmierte. Insoweit müsste der Beklagte daher näher darlegen, warum dennoch die Aktivlegitimation der Klägerin fehlen soll. Dies ist nicht geschehen. Dies gilt auch soweit der Beklagte bestreitet, dass die C GmbH dazu befugt gewesen sei, die Klägerin bei Abschluss der jeweiligen Verträge zu vertreten, da auch insoweit der Beklagte sich selbst auf die Ergänzungsvereinbarung zum Lizenzvertrag beruft, der ebenfalls durch die C GmbH in Vertretung für die Klägerin unterzeichnet wurde. Im Übrigen wäre ein etwaiger Vertretungsmangel inzwischen geheilt (§ 177 Abs. 1 BGB), da sich die Klägerin auf die Wirksamkeit des Vertrages beruft.
  9. 1.
    Nach Ziff. 3.1.3 sieht der Lizenzvertrag ab dem Jahr 2012 eine jährliche Mindestlizenzgebühr von 10.000 Euro vor, wobei sich aus Ziff. 3.4. ergibt, dass es sich hierbei um Nettobeträge handelt. Der Beklagte hat unstreitig diese Mindestlizenzgebühr in den Jahren 2016 bis 2018 nicht entrichtet. Diese wurden jeweils zum 15.03. des Folgejahres fällig (§ 3 der Ergänzungsvereinbarung).
  10. a)
    Dieser Anspruch ist nicht im Wege der Kündigung untergegangen.
    Der Beklagte hat mit Wirkung zum 31.12.2018 ordentlich gekündigt, so dass hiervon die hier gegenständlichen Zeiträume nicht erfasst werden. Die Kündigung beendet das Dauerschuldverhältnis für die Zukunft (BeckOK BGB/Lorenz, 41. Edition, § 314 Rn. 23; MüKoBGB/Gaier, 7. Aufl. 2014, § 314 Rn. 22).
    Der Beklagte hat auch zu keinem früheren Zeitpunkt die Kündigung erklärt. Allein die Nichtzahlung für die Jahre 2016 bis 2018 kann nicht als eine solche Erklärung, endgültig nicht mehr am Vertrag festhalten zu wollen, ausgelegt werden. Dies gilt insbesondere vor dem Vortrag des Beklagten, wonach jedenfalls in 2016 noch Gespräche über eine Anpassung des Vertrages geführt worden seien.
  11. b)
    Dem Beklagten steht auch kein Anspruch auf Anpassung des Vertrages auf Null gem. § 313 BGB zu.
    Dem Beklagten ist aufgrund der vertraglichen Regelungen einen Rückgriff auf § 313 BGB verwehrt. Im Übrigen fehlt es an einem Wegfall der Geschäftsgrundlage.
    Gem. § 313 BGB kann eine (auch rückwirkende; vgl. MüKoBGB/Finkenauer BGB § 313 Rn. 99) Anpassung des Vertrages verlangt werden, wenn sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrages geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben oder wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrages geworden sind, sich als falsch herausstellen und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderungen vorausgesehen hätten. Voraussetzung ist, dass einem Teil das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.
    Liegen die Voraussetzungen nach § 313 vor, setzt eine Vertragsanpassung demnach zunächst eine entsprechende Erklärung voraus (Palandt, 80. Auflage 2021, § 313 Rdn. 41).
    aa)
    Nach dem Beklagtenvortrag hat dieser erstmals mit der Klageerwiderung ausdrücklich die Anpassung des Lizenzvertrages auf Null begehrt.
    Soweit dieser vorträgt, in der Kündigungserklärung vom 22.06.2018 (Anlage MDP6) stecke als Minus zugleich das Begehren, den Vertrag entsprechend anzupassen, kann dem nicht gefolgt werden. Die Auslegung einer Willenserklärung erfolgt nach dem objektiven Empfängerhorizont (§§133, 157 BGB). Unter Berücksichtigung dieser Kriterien ist das Schreiben dahin auszulegen, dass die Wirkung der Kündigung erst zum 31.12.2018 eintreten sollte. Eine Anpassung des Vertrages auf Null zu einem zeitlich davor liegenden Zeitpunkt ergibt sich hieraus gerade nicht. Zudem stützt sich der Beklagte in seiner Kündigungserklärung auf das ordentliche Kündigungsrecht nach Ziffer 9.2. des Vertrages, welches nach Ablauf der Mindestlaufzeit bis 31.12.2018 besteht. Auch insoweit ergibt sich gerade kein Wille des Beklagten, eine Rückwirkung seiner Erklärung herbeizuführen.
    Soweit der Beklagte daneben erklärt, bereits vor der Kündigungserklärung Anpassung des Vertrages verlangt zu haben, fehlt es insoweit an Vortrag des darlegungsbelasteten Beklagten. Dieser gibt keinen genauen Zeitpunkt an und verweist pauschal auf die vorgelegte Anlage D&B2. Diese enthält indes keine Erklärung des Beklagten selbst, aus dieser ergibt sich vielmehr, dass der Beklagte bereits 2016 mit der Klägerin darüber gesprochen hat, wie die Patent- und Lizenzkosten minimiert werden könnten. Auf welchem Weg dies passieren sollte, bleibt indes offen.
    Eine andere Bewertung ergibt sich schließlich auch nicht auf Basis des Vortrags des Beklagten aus dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 24.02.2021. So trägt dieser lediglich vor, dass über eine Reduzierung des Mindestlizenzgebühr gesprochen worden sei, nicht jedoch, dass eine Anpassung auf Null begehrt worden sei.
    bb)
    Der Beklagte hat keinen Anspruch auf Anpassung, da insoweit die vertraglichen Regelungen einen Rückgriff auf § 313 BGB ausschließen und kein Wegfall der Geschäftsgrundlage vorliegt. Insoweit kann dahinstehen, ob ein entsprechender Anspruch inzwischen verjährt wäre.
  12. (1)
    Ein Rückgriff auf § 313 BGB ist ausgeschlossen, wenn bereits im Wege der Vertragsauslegung eine Rechtsfolge bestimmt werden kann, die den Interessen der Beteiligten Rechnung trägt (MüKoBGB/Finkenauer BGB § 313 Rn. 144).
    Bei der Vertragsauslegung ist nach den in ständiger Rechtsprechung anerkannten Auslegungsgrundsätzen in erster Linie von dem von den Parteien gewählten Wortlaut der Vereinbarung und dem diesem zu entnehmenden objektiv erklärten Parteiwillen auszugehen (vgl. BGH, NJW 1992, 1881; BGHZ 121, 13; BGH, NJW 1994, 188; BGH, NJW 1994, 850). Führt die Ermittlung des Wortsinns anhand des Wortlauts nicht zu einem eindeutigen Ergebnis, sind in einem zweiten Auslegungsschritt auch die außerhalb des Erklärungsaktes liegenden Begleitumstände, der Vertragszweck und die Interessenlage der Vertragsparteien in die Auslegung einzubeziehen, soweit sie den Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen (vgl. BGHZ, 21, 319; 84, 268; 131, 136; BGH, NJW 2002, 747; BGH, Beschluss v. 14.02.2017, Az.: VI ZB 24/16, BeckRS 2017, 104301). Bei diesen teleologischen Kriterien macht man sich die Erfahrung zunutze, dass die Parteien im Zweifel eine vernünftige Regelung treffen wollen, die den beiderseitigen Interessen entspricht und zu dem erstrebten Erfolg führt. Zu den Begleitumständen, die Rückschlüsse auf den erklärten Geschäftswillen ermöglichen, gehört in erster Linie die Entstehungsgeschichte des Rechtsgeschäfts, insbesondere der Inhalt von Vorverhandlungen einschließlich des dem Rechtsgeschäft vorausgegangenen Schriftwechsels (BGHZ 109, 19; NJW 1999, 3191; NJW-RR 1986, 984).
    Vorliegend haben die Parteien den Fall, dass ein Schutzrecht möglicherweise nicht erteilt wird, gesehen und hierfür Regelungen getroffen.
    Dies gilt auch für die Frage, was mit den nach Nichterteilung/Löschung oder Nichtigerklärung fällig werdenden Lizenzgebühren passiert. Soweit sich der Beklagte auf Ziffer 3.2 beruft, wonach sich aus diesem ergäbe, dass nur eine Regelung für die bis zu diesem Zeitpunkt fälligen Lizenzgebühren getroffen worden sei, kann dem nicht gefolgt werden.
    Dies ergibt sich bereits aus Ziffer 3.3., der bestimmt, dass ab dem Zeitpunkt in dem ein Schutzrecht keine Schutzrechtserteilung erfährt oder für nichtig erklärt wird, die Umsatzlizenzgebühr zu reduzieren ist. Aus dem Schweigen des Lizenzvertrages bzgl. des Schicksals der Mindestlizenzgebühr kann wiederum nicht geschlossen werden, dass dieser Punkt versehentlich ungeregelt gebelieben ist. Dies zeigt gerade die bereits benannte Ziffer 3.3..
    Zudem enthält Ziffer 9.3. die Möglichkeit, außerordentlich zu kündigen, wenn amtlich oder gerichtlich feststeht, dass kein rechtsbeständiges Vertragsschutzrecht mehr existiert oder durchsetzbar ist. Auch hier kann aus dem Schweigen der Regelung bzgl. der Konstellation, dass die Patentanmeldung zwar zurückgewiesen wurde, das abgezweigte Gebrauchsmuster aber noch formell existiert, nicht geschlossen werden, dass die Parteien diesen Fall nicht erkannt haben. Dies zeigt etwa § 5 Abs. 1 der Ergänzungsvereinbarung, in dem mit Blick auf das deutsche Gebrauchsmuster (vgl. § 4 der Ergänzungsvereinbarung) ausdrücklich geregelt wurde, dass eine Reduzierung der Umsatzlizenz nur in Betracht kommt, wenn alle Vertragsschutzrechte für nichtig erklärt werden. Im Vergleich zu § 5 Abs. 2 der Ergänzungsvereinbarung führt dies dann zwar zu einer Schlechterstellung des Beklagten im Fall der Zurückweisung der europäischen Patentanmeldung gegenüber dem Fall der Nochnichterteilung des europäischen Patents. Letztlich ist dies jedoch nur Ausfluss der vertraglichen Risikoverteilung.
    Aus Ziffer 9.3. des LV ergibt sich zudem, dass die Parteien nur dann ein Recht, sich einseitig vom Vertrag zu lösen, geben wollten, wenn alle Schutzrechte für nichtig erklärt wurden, es also insoweit auf die formelle Rechtslage ankommt. Die Parteien haben sich zudem darauf geeinigt, nur eine Loslösung für die Zukunft zu ermöglichen. Dieser Parteiwille würde umgangen werden, wenn man dem Beklagten ein Recht auf Anpassung des Vertrages auf Null ab dem Zeitpunkt der Nichtigerklärung des Patents zugestehen würde.
    (2)
    Ein Anspruch auf Vertragsanpassung scheitert im Übrigen daran, dass die Geschäftsgrundlage nicht entfallen ist, da unstreitig bis zur Kündigung des Vertrages durch den Beklagten sowohl das US-, das kanadische und das australische Patent wirksam waren.
    Dem Vortrag des Beklagten, wonach die Geschäftsgrundlage des Lizenzvertrages auf im Inland verteidigungsfähige Rechte beschränkt sei, kann nicht gefolgt werden, da es in dem Vertrag keinen Anhalt für eine derartige Unterscheidung gibt. Der Vertrag nimmt vielmehr inländische und ausländische Vertragsschutzrechte ohne nähere Differenzierung in Bezug.
    Hinzu kommt, dass dem Gebrauchsmuster auch nach Nichterteilung des Europäischen Patents ein eigenständiger Wert zukommt. Insoweit kann dahinstehen, ob dem deutschen Gebrauchsmuster nach der Zurückweisungsentscheidung durch das Europäische Patentamt nur noch ein formeller Wert zukommt oder ein eigenständiger materieller Wert. Denn jedenfalls die Eintragung als solche hat einen eigenständigen wirtschaftlichen Wert, da diese für sich genommen geeignet ist, Mitbewerber am Markt abzuschrecken. Da der Entscheidung des Europäischen Patentamtes keine Bindungswirkung bzgl. des deutschen Gebrauchsmusters zukommt, müsste ein Mitbewerber erst die Löschung bewirken.
    Die Ausführungen des Beklagten, wonach das Gebrauchsmuster ursprünglich dazu gedient habe, die zeitliche Lücke bis zur Erteilung des europäischen Patents zu schließen, ändern hieran nichts, so dass es hierauf im Ergebnis nicht ankommt.
    c)
    Soweit der Beklagte zudem sich eines Rechts zur Kündigung bzw. zum Rücktritt berühmt aufgrund einer Nebenpflichtverletzung hinsichtlich der behaupteten fehlenden Informationen durch die Klägerin, wirkt eine entsprechende Erklärung des Beklagten nur für die Zukunft (s.o.). Der Anspruch der Klägerin wird davon nicht berührt.
  13. d)
    Der Vortrag des Beklagten bzgl. eines etwaigen Schadenersatzanspruches ist unbeachtlich. Eine Aufrechnung wurde insoweit nicht erklärt. Im Übrigen ist der Vortrag zum Schaden unsubstantiiert. Der Beklagte trägt vor, dass die durch die Weiterverfolgung des Schutzrechts entstandenen Kosten nicht entstanden wären, ohne dies näher aufzuschlüsseln. Dies gilt auch hinsichtlich des Vortrags zur Kausalität des Schadens. Die Behauptung, man habe die Kosten für die aussichtlose mündliche Verhandlung eingespart und stattdessen eine vernünftige abschließende Lösung suchen können, ist unzureichend.
  14. 2.
    Die zuerkannten Zinsen ab dem 05.06.2017, 05.12.2018 und 22.04.2019 ergeben sich aus §§ 286 Abs. 3, 288 Abs. 2 BGB. Es handelt sich um eine Entgeltforderung aus einem Rechtsgeschäft, an dem ein Verbraucher nicht beteiligt ist.
    Der Verzug ergibt sich aus § 286 Abs. 3 BGB aufgrund der von dem Kläger gestellten Rechnungen (vgl. Anlagen MDP 3-5) bzw. aus § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB, da die Zahlungstermine in der Vereinbarung vom 03.12./12.12.2008 in Gestalt der Ergänzungsvereinbarung vom 07.10./28.10.2014 nach dem Kalender bestimmt sind.
  15. II.
    Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung der Gebühren für die Verlängerung des Gebrauchsmusters iHv 833,45 Euro aus Ziffer 5.1 des LV. Der Umstand, dass die Rechnung des Patentanwalts F (Anlage MDP2) an die Klägerin adressiert ist, ist entgegen dem Beklagtenvortrag insoweit ohne Bedeutung.
  16. 1.
    Die seitens des Beklagten ausgesprochene Kündigung vom 22.06.2018 hat lediglich Wirkung für die Zukunft und berührt somit die Einzahlung der 3. Verlängerungsgebühr im Zeitraum vom 18.08.2016 bis 23.11.2016 nicht.
    Aus diesem Grund sind die Ausführungen des Beklagten zu einem etwaigen Rücktritts oder Kündigungsrecht aufgrund Verletzung vertraglicher Nebenpflichten unbeachtlich.
    Aus den vorgenannten Ausführungen folgt zudem, dass dem Beklagten auch keine Anspruch auf rückwirkende Vertragsanpassung gem. § 313 BGB zusteht.
  17. 2.
    Dieser Anspruch ist auch durchsetzbar, insbesondere steht dem Beklagten kein Recht zu, die Leistung nach § 242 BGB zu verweigern. Das Einzahlen der 3. Verlängerungsgebühr stellt auch vor dem Hintergrund, dass es für die Klägerin erkennbar war, dass die Patentanmeldung zurück gewiesen wird bzw. bereits eine entsprechende Entscheidung ergangen war, keine unzulässige Rechtsausübung dar. Zwar ist dem Beklagten zuzustimmen, dass die Klägerin gem. Ziffer 5.2. des LV die Verlängerung des Gebrauchsmusters mit dem Beklagten hätte abstimmen müssen. Aus dieser Verletzung ihrer vertraglichen Pflichten lässt sich jedoch nicht auf die Treuwidrigkeit des Verhaltens schließen.
    Wie dargelegt, hat die Eintragung des Gebrauchsmusters einen eigenständigen Wert und zwar auch dann, wenn es materiell nicht schutzfähig ist. Vor diesem Hintergrund lag die Verlängerung nicht allein im Interesse der Klägerin.
  18. 3.
    Soweit sich der Beklagte eines Schadenersatzanspruchs gegen die Klägerin berühmt, gelten die Ausführungen zu Ziffer I. Insbesondere ist der Vortrag zur Kausalität unsubstantiiert. Allein die Behauptung, die Kosten für die Weiterverfolgung des Schutzrechts seien nicht entstanden, ist insoweit unzureichend. Da dem Gebrauchsmuster auch nach der Zurückweisungsentscheidung des Europäischen Patentsamtes ein Wert zukam ist es denkbar, dass selbst im Falle einer Abstimmung mit dem Beklagten, dieser zum damaligen Zeitpunkt der Verlängerung des Gebrauchsmuster zugestimmt hätte. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Beklagte trotz Kenntnis von der Zurückweisungsentscheidung des Europäischen Patentamts die Kündigungserklärung erst zwei Jahre später – im Juni 2018 – abgab. Die Ausführungen im nicht nachgelassenen Schriftsatz des Beklagten vom 24.02.2021 rechtfertigen insoweit keine andere Bewertung.
  19. 4.
    Der Klägerin steht ein Zinsanspruch seit Rechtshängigkeit zu (§ 291 ZPO).
    Die als Anlage MDP2 vorgelegte Rechnung ist an die Klägerin adressiert und kann den Beklagten nicht in Verzug bringen.
  20. III.
    Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Freistellung i.Hv. 7.604,10 brutto aus Ziffer 5.1 des LV i.V.m. § 257 BGB.
    Gem. § 257 BGB kann derjenige Befreiung von einer Verbindlichkeit verlangen, der berechtigt ist, Ersatz für Aufwendungen zu verlangen, die er für einen bestimmten Zweck macht und für diesen Zweck eine Verbindlichkeit eingegangen ist.
    1.
    Vorliegend hat die Klägerin den Patentanwalt F damit beauftragt, die gegenständliche Patentanmeldung vor dem Europäischen Patentamt in der mündlichen Verhandlung am 11.11.2016 zu verteidigen einschließlich einer entsprechenden Vor- und Nachbereitung.
    Zwar ist die seitens der Klägerin insoweit vorgelegte Rechnung an den Beklagten adressiert. Indes ist insoweit von Bedeutung, dass nach Ziffer 5.1. S. 3 des LV die Klägerin für die operative Aufrechterhaltung der Vertragsschutzrechte – wozu nach Ziffer 1.1. auch die Schutzrechtsanmeldung gehört – zuständig ist. Zudem hat der Beklagte in Anlage S&B1 u.a. die Hilfsanträge zur Patentanmeldung beigefügt, welche vom Patentanwalt F an die Klägerin gerichtet waren, was eine entsprechende Beauftragung durch die Klägerin bestätigt.
    Dies wird im Übrigen durch das seitens des Beklagten durch nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 24.02.2021 vorgelegte Schreiben des Patentanwaltes F vom 11.06.2017 (Anlage S&B 14) bestätigt. In diesem heißt es: „Es kann nicht sein, dass ausschließlich kulanzhalber und auf deren Wunsch statt auf die eigentliche Mandantin Westfälische Hochschule auf ihren Lizenznehmer aufgestellte Rechnung dort einfach nicht gezahlt werden und ich, ohne dass irgendein vertragliches Verhältnis meinerseits zur Fa. K. D besteht, dann meinem Geld hinterher laufen muss.“
    2.
    Der Beklagte ist auch dazu verpflichtet, die Aufwendungen entsprechend der vorgelegten Rechnung der Klägerin zu ersetzen, so dass insoweit ein Anspruch auf Freistellung nach § 257 BGB besteht.
    Die hier geltend gemachten Kosten des Patentanwalts gehören nicht zu den Kosten der erstmaligen Anmeldung im Sinne von Ziffer 5.1. S. 1 LV, sondern sind als Kosten für die Weiterführung und Aufrechterhaltung von Vertragsschutzrechten im Inland gem. Ziffer 5.1. S. 2 einzuordnen.
    Der Wortlaut von Ziffer 5.1. LV ist insoweit nicht eindeutig, da die hier gegenständlichen Kosten sowohl unter S. 1 als auch S. 2 sprachlich gefasst werden können. Die hier in Rede stehenden Kosten betreffen die erstmalige Anmeldung des Patents, was grundsätzlich von S. 1 erfasst wird. Allerdings bestimmt Ziffer 5.1 S. 2, dass die Kosten für die Weiterführung und Aufrechterhaltung von Vertragsschutzrechten im Inland vom Beklagten getragen werden. Nach Ziffer 1.1 LV gehört zu den Vertragsschutzrechten im Sinne dieses Vertrages auch die Schutzrechtsanmeldung als solche. Die hier in Rede stehenden Kosten betreffen Handlungen, die darauf gerichtet waren, eine Zurückweisung der Patentanmeldung zu verhindern, was sprachlich unter das Aufrechterhalten bzw. Weiterführen der Patentanmeldung gefasst werden kann.
    Aus dem Gesamtkontext des Vertrages ergibt sich, dass die Klägerin jeweils nur solche Kosten tragen sollte, welche beim eigentlichen Anmeldeakt entstehen und nicht auch darüber hinaus gehende. So zeigt ein Vergleich mit den Regelungen aus § 4 der Ergänzungsvereinbarung, wonach die Klägerin die Kosten für die Gebrauchsmusteranmeldung im In- und Ausland trägt und Ziffer 8.3 LV, dass die Hauptlast der Kosten bei dem Beklagten liegen sollte. Dies spricht für eine Auslegung, wonach die hier in Rede stehenden Kosten unter Ziffer 5.1. S. 2 LV fallen. Dies wurde offenbar auch gegenüber dem Patentanwalt F so kommuniziert, da dieser die Rechnung unmittelbar an den Beklagten adressierte. Dies wird im Übrigen bestätigt durch das seitens des Beklagten vorgelegte Schreiben des Patentanwaltes F vom 11.06.2017 (S&B14) mit nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 24.02.2021.
    3.
    Der Anspruch ist nicht verjährt. Der Anspruch auf Freistellung verjährt nicht vor dem Anspruch, von dem freigestellt werden soll. Die Ansprüche des Patentanwalts auf Kostenerstattung wurden gem. § 271 BGB sofort mit ihrer Entstehung fällig und nicht erst mit Rechnungsstellung. Maßgeblich ist, dass die PatAnwGebO keine Regelung kennt, die den Patentanwalt (vergleichbar einem Rechtsanwalt, für den § 18 Abs. 2 BRAGO, § 10 RVG gilt) zu einer besonderen Vergütungsabrechnung anhält, und die Fälligkeit seines Honorars von einer diesen Anforderungen entsprechenden Abrechnung abhängig macht (LG Düsseldorf, Urteil vom 10. Januar 2006 – 4b O 519/05 –, juris). Die hier gegenständliche Rechnung (Anlage MDP9) betrifft Tätigkeiten aus dem Jahr 2016, d.h. der Anspruch verjährt zum Schluss des Jahres 2019. Vorliegend wurde im Dezember 2019 Klage erhoben und damit die Verjährung gehemmt, da die Zustellung der Klage bereits im Januar 2020 und damit demnächst i.S.v. § 167 ZPO erfolgte. Da die Klägerin die Gerichtskosten unmittelbar nach Klageerhebung (Eingang am 17.12.2019) zahlte, beruhte die Verzögerung der Zustellung allein auf gerichtsinternen Gründen.
  21. IV.
    Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.336,90 Euro als Verzugsschaden (§§ 286, 288 BGB).
    Soweit der Beklagte die Forderung bestreitet mit dem Hinweis, dass kein Nachweis für einen entsprechenden Aufwand seitens der Klägerin vorgelegt wurde, ist dies unbeachtlich, da nach dem unbestrittenen Vortrag der Klägerin diese den Beklagten durch Rechtsanwältin Dr. E zur Zahlung der Lizenzgebühren angemahnt hat. Da vorliegend der Verzug bereits gem. § 286 Abs. 2 Nr. 1 bzw. Abs. 3 eingetreten ist (s.o.), können die Kosten der Mahnung als Verzugsschaden geltend gemacht werden. Auch der Vortrag des Beklagten aus dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 24.02.2021 führt zu keiner abweichenden Beurteilung, da sich der Beklagte bei Einschaltung der Rechtsanwältin Dr. E mit Schreiben vom 03.04.2019 auch hinsichtlich der Mindestlizenzgebühr für das Jahr 2018 seit dem 15.03.2019 in Verzug befand. Unabhängig von der Rechnungsstellung wurde gem. § 3 Abs. 1 der Ergänzungsvereinbarung in Verbindung mit § 3 Abs. 2 der Ergänzungsvereinbarung sowie Ziffer 3.1 LV die Mindestlizenzgebühr zum 15.03. des Folgejahres fällig. Mithin war für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender gem. § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB bestimmt.
  22. Ebenfalls unbeachtlich ist, dass die Beklagte die Höhe der Forderung bestreitet.
    Mit der außergerichtlichen Mahnung entsteht die Geschäftsgebühr im Sinne des RVG (vgl. Vorb. 2.3. (3) zu Nr. 2300 RVG).
    Die Klägerin macht die Regelgebühr von 1,3 bezogen auf einen Gegenstandswert von bis zu 40.000,00 Euro geltend. Der Gegenstandswert ist nicht zu beanstanden, nachdem der Wert der angemahnten Lizenzgebühren bei 36.533,46 Euro liegt. Dass die seitens der Klägerin vorgelegte Rechnung der Rechtsanwältin Dr. E einen höheren Rechnungsbetrag sowie höheren Gegenstandswert aufweist, ist für die Entstehung des Anspruchs gegen den Beklagten nicht von Bedeutung.
    Für das Vorliegen von Umständen, die zu einem niedrigeren Ansatz führen würden, trägt der Schuldner die Darlegungs- und Beweislast (vgl. OLG München, Beschluss vom 19. 7. 2006 – 10 U 2476/06, NZV 2007, 211). Der Beklagte hat hierzu nichts vorgetragen.
    Die zu ersetzenden Anwaltsgebühren ergeben sich:
    XXX
    Der Anspruch ist auch nicht verjährt. Der Anspruch auf Ersatz der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten ist im Jahr 2019 entstanden. Die Klage ist dem Beklagten am 09.01.2020 zugegangen.
  23. V.
    Der nicht nachgelassene Schriftsatz des Beklagten vom 24.02.2021 gab – wie aufgezeigt – keinen Anlass zu einer abweichenden Entscheidung und keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 ZPO. Gleiches gilt für den nichtnachgelassenen Schriftsatz der Klägerin vom 04.03.2021.
  24. V.
    Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91Abs. 1 ZPO, 269 Abs. 3 ZPO analog, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
    Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 709 S. 1 und S. 2 ZPO.
    (…)

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