Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3137
Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 14. September 2021, Az. 4b O 30/20
- I.
Die Beklagten werden verurteilt, - 1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an den gesetzlichen Vertretern der Beklagten zu vollstrecken ist, zu unterlassen, - Antennenanordnungen, umfassend
eine Grundplatte, die mindestens teilweise elektrisch leitend ist, wobei die Grundplatte eine obere Fläche aufweist, die eine obere Ebene festlegt, und eine untere Fläche, die eine untere Ebene festlegt.
ein erstes und ein zweites becherförmiges Antennenstrahlerelement mit einem Scheitelpunkt, der nahe der oberen Ebene der Grundplatte angeordnet ist, sowie eine Öffnung gegenüber dem Scheitelpunkt umfasst, die distal zur oberen Ebene der Grundplatte angeordnet ist, - wobei das erste und das zweite Antennenstrahlerelement oberhalb der Grundplatte in elektrischer Verbindung mit der Grundplatte angeordnet und in einem Abstand zueinander beabstandet sind,
- wobei das erste Antennenstrahlerelement im Bereich seines Scheitelpunkts elektrisch mit einem Innenleiter eines ersten Koaxialkabels verbunden ist, wobei der Innenleiter im Bereich des Scheitelpunkts oberhalb der unteren Ebene angeordnet ist,
- wobei das zweite Antennenstrahlerelement im Bereich seines Scheitelpunkts elektrisch mit einem Innenleiter eines zweiten Koaxialkabels verbunden ist, wobei der Innenleiter im Bereich des Scheitelpunkts oberhalb der unteren Ebene angeordnet ist,
- und die Grundplatte mindestens einen Port umfasst, der in der unteren Fläche der Grundplatte angeordnet ist,
- in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen;
- 2.
der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagten die zu Ziff. I.1 bezeichneten Handlungen seit dem 13. Mai 2017 begangen haben, und zwar unter Angabe - a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Erzeugnisse,
b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren, - c) der Menge der ausgelieferten, erhaltenen und bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden,
wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Belege (Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, - wobei geheimhaltungsbedürftige Daten außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
- II.
Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, der Klägerin in Form eines chronologisch geordneten Verzeichnisses darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 13. Mai 2017 begangen hat, und zwar unter Angabe - a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen einschließlich der jeweiligen Rechnungsnummer und Typenbezeichnung sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, sowie, im Falle von Internetwerbung, der Domain, Zugriffszahlen und Schaltungszeiträume,
d) der nach einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten, einschließlich Bezugspreisen, und des erzielten Gewinns, - wobei das Verzeichnis mit den Daten der Rechnungslegung von der Beklagten zu 1) in einer mittels EDV auswertbaren, elektronischen Form zu übermitteln ist,
- wobei der Beklagten zu 1) vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Kläger zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte zu 1) dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.
- III.
Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, der Klägerin in Form eines chronologisch geordneten Verzeichnisses darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen des Anbietens seit dem 13. Mai 2017 begangen hat, und zwar unter Angabe - a) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
b) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, sowie, im Falle von Internetwerbung, der Domain, Zugriffszahlen und Schaltungszeiträume,
c) der nach einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten, einschließlich Bezugspreisen, und des erzielten Gewinns, - wobei das Verzeichnis mit den Daten der Rechnungslegung von der Beklagten zu 2) in einer mittels EDV auswertbaren, elektronischen Form zu übermitteln ist,
- wobei der Beklagten zu 2) vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Kläger zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte zu 2) dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.
- IV.
Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, die zu Ziffer I.1. bezeichneten, seit dem 13. Mai 2017 in den Verkehr gelangten Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem sie diejenigen gewerblichen Abnehmer, die sich im Besitz dieser Erzeugnisse befinden, schriftlich und unter Hinweis darauf, dass das angerufene Gericht mit dem zu bezeichnenden Urteil auf eine Verletzung des Gebrauchsmusters DE 20 2015 009 XXX erkannt hat, auffordert, die Erzeugnisse an die Beklagte zu 1) zurückzugeben, wobei den gewerblichen Abnehmern für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse die Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der durch die Rückgabe entstehenden Transport- bzw. Versandkosten einschließlich etwaiger Zoll- und Lagerkosten zugesagt wird, und die zurückgerufenen Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen. - V.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten hinsichtlich des Anbietens der in Ziffer I.1. bezeichneten Erzeugnisse verpflichtet sind und hinsichtlich der weiteren in Ziffer I.1. bezeichneten Benutzungshandlungen nur die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu Ziffer I.1. bezeichneten, seit dem 13. Mai 2017 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird. - VI.
Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, an die Klägerin 7.519,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29. Mai 2020 zu zahlen. - VII.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. - VIII.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin die Gerichtskosten zu 5% und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) zu 10%, die Beklagte zu 1) die Gerichtskosten zu 50% und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 50%, die Beklagte zu 2) die Gerichtskosten zu 45% und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 40%. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt. - IV.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 500.000,00 EUR, wobei Teilsicherheiten für die Zwangsvollstreckung durch die Klägerin wie folgt festgesetzt werden:
für Ziffer I. 1. und IV. des Tenors 350.000,00 EUR,
für Ziffer I. 2., II. und III. des Tenors 100.000,00 EUR und
für Ziffer VI. und VIII. des Tenors 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages
und für die Beklagte zu 2) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages. - Tatbestand
- Die Klägerin begehrt als eingetragene Inhaberin des Klagegebrauchsmusters DE 20 2015 009 XXX U 1 (Anlage TW 1) von den Beklagten Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung sowie Rückruf und Feststellung der Schadensersatzverpflichtung. Zudem begehrt die Klägerin von der Beklagten zu 2) Vernichtung der angegriffenen, in Verkehr gebrachten Erzeugnisse sowie Ersatz vorgerichtlich entstandener Rechtsverfolgungskosten.
- Das Klagegebrauchsmuster mit der Bezeichnung „Antennenanordnung und Stecker für eine Antennenanordnung“ wurde am 5. Mai 2015 unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 17. Juli 2014 angemeldet. Die Eintragung in das Register des Deutschen Patent- und Markenamtes erfolgte am 6. März 2017. Der Hinweis auf die Eintragung des Klagegebrauchsmusters wurde am 13. April 2017 veröffentlicht.
- Der Wortlaut des hier geltend gemachten Schutzanspruchs 1 lautet wie folgt:
- „Antennenanordnung (1), umfassend a. eine Grundplatte (2), die mindestens teilweise elektrisch leitend ist, wobei die Grundplatte eine obere Fläche (3) aufweist, die eine obere Ebene (L1) festlegt, und eine untere Fläche (4), die eine untere Ebene (L2) festlegt;
b. wobei die Antennenanordnung (1) weiterhin ein erstes (5) und ein zweites becherförmiges Antennenstrahlerelement (6) mit einem Scheitelpunkt (7), der nahe der oberen Ebene (L1) der Grundplatte (2) angeordnet ist, sowie eine Öffnung (8) gegenüber dem Scheitelpunkt (7) umfasst, die distal zur oberen Ebene (L1) der Grundplatte (2) angeordnet ist;
c. wobei das erste (5) und das zweite Antennenstrahlerelement (6) oberhalb der Grundplatte (2) und in einem Abstand zueinander beabstandet in elektrischer Verbindung mit der Grundplatte (2) angeordnet sind; wobei
d. das erste Antennenstrahlerelement (5) im Bereich seines Scheitelpunktes (7) elektrisch mit einem Innenleiter (32) eines ersten Koaxialkabels 30 verbunden ist, wobei der Innenleiter (32) im Bereich des Scheitelpunktes (7) oberhalb der unteren Ebene (L2) angeordnet ist;
e. das zweite Antennenstrahlerelement (6) im Bereich seines Scheitelpunktes (7) elektrisch mit einem Innenleiter (33) eines zweiten Koaxialkabels (31) verbunden ist, wobei der Innenleiter im Bereich des Scheitelpunktes oberhalb der unteren Ebene (L2) angeordnet ist;
f. die Grundplatte (2) weiterhin mindestens einen Port (9) umfasst, der in der unteren Fläche (4) der Grundplatte (2) angeordnet ist.“ - Die folgenden Zeichnungen stammen aus der Klagegebrauchsmusterschrift. Figuren 1 und 2 zeigen eine perspektivische Darstellung einer Ausführungsform einer Antennenanordnung von oben bzw. unten. Eine perspektivische Darstellung der Antennenanordnung von oben, bei der das Random entfernt wurde, zeigt Figur 3.
- Gegen das Klagegebrauchsmuster ist ein Löschungsverfahren anhängig, über das noch nicht entschieden ist.
- Die Beklagte zu 1) mit Sitz in Rockville, USA, ist auf die Entwicklung und Herstellung von Antennen spezialisiert. Zu dem Produktangebot der Beklagten zu 1) gehört eine MIMO-Antennenanordnung mit der Bezeichnung „A“ mit den Produktnummern 100-00XXX-01 und 100-00XXX-02 (nachfolgend: „angegriffene Ausführungsform“, Anlage TW 6), die sie über ihre Webseite www.B.com, in Auszügen vorgelegt als Anlage TW 4, bewirbt und die ausweislich der als Anlage TW 5 vorgelegten „Quote Request Form“ für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland angefragt und geliefert werden kann.
- Die Beklagte zu 2) mit Sitz in Düsseldorf handelt mit elektronischen Bauteilen, unter anderem mit Antennenvorrichtungen. Zwischen den Beklagten besteht eine langjährige Geschäftsbeziehung; die Beklagte zu 2) wird auf der Webseite der Beklagten zu 1) als Distributor für Deutschland aufgeführt. Die Beklagte zu 2) berichtete auf ihrer Webseite www.C.de unter der Rubrik „Latest News“ in englischer und deutscher Sprache über die Markteinführung einer „D“ der Beklagten zu 1). Dieser Bericht liegt als Anlage BP 1 in englischer Fassung und als Anlage TW 9 in deutscher Fassung vor.
- Die Klägerin meint, die Beklagte zu 1) biete an und bringe die angegriffene Ausführungsform auch im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in den Verkehr. Dies habe ein Testkauf bei der Beklagten zu 1) ergeben.
- Die Beklagte zu 2) habe die angegriffene Ausführungsform einem gewerblichen Abnehmer in Deutschland am 28. August 2019 ausweislich der Anlagen TW 20 und TW 21 schriftlich angeboten. Zudem enthalte ihr Onlineauftritt ein Angebot, da hierdurch die Nachfrage nach der streitgegenständlichen Antenne geweckt werde. Ein Interessent könne – wie sich aus der Anlage TW 9 ergebe – bei der Beklagten zu 2) über die dort angegebenen Kontaktdaten ein Angebot erfragen. Dass das Angebot die konkrete technische Ausgestaltung der Antenne nicht erkennen lasse, sei unschädlich, da die Beklagte zu 2) zur Beschreibung des Produkts herstellereigene Angaben verwende. Soweit die Beklagte zu 2) ferner angebe, die angegriffene Antenne sei zu keinem Zeitpunkt in ihr Produktsortiment aufgenommen worden, stehe dem die als Anlage TW 22 vorgelegte Pressemitteilung entgegen, wonach die Beklagte zu 2) ankündige, eine Reihe von B Produkten wie LTE-MIMO-Antennen zu verkaufen.
- Durch Angebot und Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform in der Bundesrepublik Deutschland verletzten die Beklagten das Klagegebrauchsmuster wortsinngemäß.
- Schließlich sei das Klagegebrauchsmuster auch schutzfähig.
- Die Klägerin hat ursprünglich beantragt, die Beklagten zu Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung sowie Rückruf und endgültiges Entfernen aus den Vertriebswegen und die Beklagte zu 2) zur Vernichtung und Zahlung vorgerichtlich entstandener Rechtsverfolgungskosten zu verurteilen sowie die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz festzustellen.
- Nachdem die Klägerin die Klage teilweise zurückgenommen hat, beantragt sie nunmehr,
- hinsichtlich der Anträge zu I.1. und I.2 zu erkennen wie geschehen
- sowie
- I.3.
Die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin in Form eines chronologisch geordneten Verzeichnisses darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziff. I.1 bezeichneten Handlungen seit dem 13. Mai 2017 begangen hat, und zwar unter Angabe
a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen einschließlich der jeweiligen Rechnungsnummer und Typenbezeichnung sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, sowie, im Falle von Internetwerbung, der Domain, Zugriffszahlen und Schaltungszeiträume,
c) der nach einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten, einschließlich Bezugspreisen, und des erzielten Gewinns, - wobei das Verzeichnis mit den Daten der Rechnungslegung in einer mittels EDV auswertbaren, elektronischen Form zu übermitteln ist,
- wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Kläger zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
- I.4.
Die Beklagten zu verurteilen, die zu Ziff. I.1 bezeichneten, seit dem 13. Mai 2017 in den Verkehr gelangten Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem sie diejenigen gewerblichen Abnehmer, die sich im Besitz dieser Erzeugnisse befinden, schriftlich und unter Hinweis darauf, dass das angerufene Gericht mit dem zu bezeichnenden Urteil auf eine Verletzung des Gebrauchsmusters DE 20 2015 009 XXX erkannt hat, auffordert, die Erzeugnisse an die Beklagte zurückzugeben, wobei den gewerblichen Abnehmern für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse die Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der durch die Rückgabe entstehenden Transport- bzw. Versandkosten einschließlich etwaiger Zoll- und Lagerkosten zugesagt wird, und die zurückgerufenen Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen; - II.
festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu Ziffer I.1. bezeichneten, seit dem 13. Mai 2017 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird; - III.
die Beklagte zu 2) zu verurteilen, - 1.
die in der Bundesrepublik Deutschland in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen, zu Ziffer I.1. bezeichneten Erzeugnisse an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten zu 2) herauszugeben oder nach ihrer Wahl selbst zu vernichten; - 2.
an sie EUR 9.679,00 nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. - Die Beklagten beantragen,
- die Klage abzuweisen,
- hilfsweise
- den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen, hilfsweise bis zur erstinstanzlichen Erledigung des gegen das Klagegebrauchsmuster eingeleiteten Löschungsverfahrens auszusetzen.
- Die Beklagten sind der Ansicht, eine Verletzung des Klagegebrauchsmusters läge nicht vor.
- Die verschiedenen fotografischen Aufnahmen der Antennenvorrichtung aus der Klageschrift ließen weder eine Kennzeichnung noch eine Verpackung erkennen, die auf den Hersteller hindeute. Sie bestreite daher mit Nichtwissen, dass es sich um eine von der Beklagten zu 1) stammende Antenne handele.
- Der Beklagten zu 2) sei die technische Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform nicht bekannt. Ihr sei eine streitgegenständliche Antennenvorrichtung von der Beklagten zu 1) weder angeboten worden, noch habe sie die angegriffene Ausführungsform erhalten. Aus diesem Grund könne sie auch keine Angaben dazu machen, ob die angegriffene Ausführungsform in technischer Hinsicht mit dem Produkt übereinstimme, über das sie – die Beklagte zu 2) – auf ihrer Webseite berichte. Die Beklagte zu 2) habe die angegriffene Ausführungsform jedenfalls zu keinem Zeitpunkt in ihr Produktsortiment aufgenommen.
- Das Klagegebrauchsmuster sehe eine Antennenanordnung mit maximal zwei Antennenstrahlerelementen vor. Die angegriffene Ausführungsform verfüge indessen über vier Antennenstrahlerelemente. Zudem seien die Antennenstrahlerelemente der angegriffenen Ausführungsform nicht becherförmig ausgestaltet, sondern wiesen die Form einer leicht abgestumpften Pyramide auf. Ihre Öffnung bestehe erkennbar aus vier Seiten, die die Form eines Rechtecks bildeten. Becherförmig meine hingegen eine runde Öffnung.
- Weiterhin verlange das Klagegebrauchsmuster maximal zwei Koaxialkabel korrespondierend zu den maximal zwei Antennenstrahlerelementen. Diese Antennenstrahlerelemente müssten unmittelbar mit einem Innenleiter des ersten bzw. des zweiten Koaxialkabels verbunden sein. Dies sei bei der angegriffenen Ausführungsform – jedenfalls wenn es sich um ein Produkt der Beklagten zu 1) handeln würde – nicht der Fall, denn die Beklagte zu 1) verwende bei ihren Produkten ein Rückhalteelement, das den Innenleiter eines Koaxialkabels mit einem in das Antennenstrahlerelement hineinführenden Stift verbinde.
- Das Klagegebrauchsmuster sei aufgrund einer offenkundigen Vorbenutzung im Oktober 2013 nicht neu und daher nicht rechtsbeständig. Die Beklagten behaupten, die Klägerin habe anspruchsgemäße Bahnantennen der Produkttypen 1399.99.0XXX und 1399.17.0XXX jedenfalls seit Oktober 2013 – und somit ein halbes Jahr vor dem Prioritätstag des Klagegebrauchsmusters – auf dem deutschen Markt angeboten und wohl auch vertrieben. Diese Produkttypen seien beispielsweise dem als Anlage BP 2 vorgelegten Produktkatalog der Klägerin auf Seite 9 zu entnehmen. Zudem seien anspruchsgemäße Bahnantennen bereits im Juni 2013 durch das IPH Berlin einem technischen Test unterzogen worden. Aus diesem, als Anlage BP 3 vorgelegten Testreport gingen alle geschützten Merkmale der Antennenvorrichtung hervor. Schließlich enthielte ein der Öffentlichkeit bereits am 29. Oktober 2013 zugänglich gemachtes Data Sheet, das als Anlage BP 4 vorliegt, die elektronischen Daten der anspruchsgemäßen Bahnantenne sowie dieselbe Produktnummer und den Hinweis, dass die Bahnantenne den Anforderungen der Deutschen Bahn entspreche.
- Darüber hinaus beruhe das Klagegebrauchsmuster nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
- Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und auf die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
- Entscheidungsgründe
- A.
Die zulässige Klage ist überwiegend begründet. - Der Klägerin stehen gegen die Beklagten in tenoriertem Umfang die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung sowie Feststellung der Schadensersatzpflicht dem Grunde nach gemäß §§ 24 Abs. 1 und 2, 24b Abs. 1 und 3 GebrMG, §§ 242, 259 BGB und gegen die Beklagte zu 1) zusätzlich ein Anspruch auf Rückruf der gebrauchsmusterverletzenden Erzeugnisse gemäß § 24a Abs. 2 GebrMG und gegen die Beklagte zu 2) zusätzlich ein Anspruch auf Ersatz vorgerichtlich entstandener Rechtsverfolgungskosten gemäß §§ §§ 683 S. 1, 677, 670 BGB zu.
- I.
Das Klagegebrauchsmuster schützt eine Antennenanordnung und einen Stecker, der zur Verwendung mit einer derartigen Antennenanordnung geeignet ist (Abs. [0001], Textstellen ohne Bezugsangabe stammen aus der Klagegebrauchsmusterschrift, Anlage TW 1). - Nach der Beschreibung des Klagegebrauchsmusters in Absatz [0002] hat die rapide Verbreitung von Smartphones und anderen Formen von Mobiltelefonen einen erheblichen Anstieg der Datenübertragungsvolumen verursacht. In der Mobilfunk-Telekommunikation spielen Antennenanordnungen, die für die Übertragung von breitbandigen Funkfrequenz (HF)-Signalen geeignet sind, eine wichtige Rolle und werden entsprechend häufig für Mobiltelefonsysteme verwendet. Dabei gewinnen MIMO-Antennenanordnungen (Multiple input Multiple output), die mehrere Antennenstrahlerelemente umfassen, zunehmend an Bedeutung, um der Nachfrage nach steigenden Datenübertragungsraten gerecht zu werden.
- Diese, für die Übertragung von HF-Signalen geeignete Antennen, so weist das Klagegebrauchsmuster in Absatz [0003] hin, müssen sehr spezifische Konstruktionsanforderungen erfüllen, um eine optimale HF-Charakteristik zu erreichen. Beispielsweise müssen die Form eines Antennenstrahlerelements und dessen Ausrichtung innerhalb der Antennenanordnung sowie dessen Verbindung mit einer Zuleitung in der Regel strenge Kriterien erfüllen.
- Aus der WO2007048258 A 1 ist eine Antennenanordnung mit einer Breitband-Monopol-Antenne bekannt, die für HF-Anwendungen geeignet ist. Offenbart wird eine Antenne mit zwei benachbart angeordneten elektrisch leitenden Grundkörpern, die auf einer elektrisch leitenden Grundplatte angeordnet sind. Die zwei elektrisch leitenden Grundkörper sind mithilfe eines Verbindungsmittels mit der Grundplatte verbunden. Dabei wird die HF-Leistung erfindungsgemäß über ein Koaxialkabel eingespeist, dessen Außenleiter mit der Grundplatte verbunden ist, während dessen Innenleiter mit einem Einspeisepunkt verbunden ist, der an einem der leitfähigen Grundkörper nahe der Grundplatte angeordnet ist (Abs. [0004]).
- Die WO2005060048 A 1 offenbart eine Breitband-Antenne, umfassend einen becherähnlich geformten Strahler, der auf einer Grundplatte angeordnet ist, wobei sich der Strahler über die Grundplatte erhebt. Die Grundplatte umfasst eine Ausnehmung, die an einem Fußpunkt des Strahlers angeordnet ist. Durch diese Öffnung erstreckt sich ein Koppelelement in Form eines Stabs, das mit einer Zuleitung für die Antenne verbunden werden kann. Das Koppelelement in Form eines Stabs wird in ein Koppelelement in Form eines Rohrs eingesetzt, das am Strahler angeordnet ist. Diese zwei Koppelelemente sind galvanisch nicht miteinander verbunden und können somit durch einen elektrischen Isolator getrennt sein.
- Schließlich ist aus der US8299XXX B 2 ein Universal-Verbindungsstecker für die Antennenbefestigung bekannt. Beschrieben wird ein Winkelstecker, der zum Verbinden eines Koaxialkabels mit einer Antenne verwendbar ist. Ein solcher Stecker umfasst mehrere hülsenähnliche Komponenten und Stifte, was minimale Abmessungen beinhaltet, um einen ordnungsgemäßen Zusammenbau zu ermöglichen. Offenbart wird weiterhin, dass ein erfindungsgemäßer Stecker mithilfe einer Montagemutter mit einer Montagefläche (Platte) verbunden werden kann. In montiertem Zustand befindet sich ein erster Teil des Steckers auf einer Seite der Montageplatte, während sich ein zweiter Teil auf der anderen Seite befindet, was zu einer relativ großen Gesamthöhe führt (Abs. [0006]).
- Das Klagegebrauchsmuster kritisiert in Absatz [0007] an den bekannten Antennenanordnungen, dass in zahlreichen Fällen die vorstehend genannten Kriterien für HF-Komponenten einer Antennenanordnung mit anderen Anforderungen an eine Antennenanordnung in Konflikt stehen, beispielsweise die Anforderungen betreffend die Höchstwerte für die Außenabmessungen einer Antennenanordnung oder die Art und Weise, wie eine solche Antennenanordnung mit einer Zuleitung verbunden ist. Dies gilt insbesondere für Antennenanwendungen an Fahrzeugen, wie Zügen, Straßenbahnen, Bussen und anderen Fahrzeugarten.
- Da derartige Antennen, so das Klagegebrauchsmuster, beispielsweise als Zwischenverstärker dienen können, die den Fahrgästen die Verwendung ihrer Mobiltelefone in einem Fahrzeug ermöglichen, sind Antennenanordnungen in der Regel auf dem Dach eines Straßen- oder Schienenfahrzeugs positioniert und über Leitungen mit einer Antennenanordnung innerhalb des Fahrzeugs verbunden. Zur Senkung des Luftwiderstandes und – im Falle zahlreicher Elektroschienenfahrzeuge – zur Aufrechterhaltung eines Mindestabstands zur Fahrleitung müssen solche Antennenanordnungen mit niedrigem Profil für die Verwendung in Innenräumen bzw. für den Datenaustausch in einem Gebäude vorteilhaft sein, wo eine unauffällige, flache Konstruktion erforderlich sein kann (Abs. [0008]). Darüber hinaus, so das Klagegebrauchsmuster weiter, muss die Anzahl der Ports, die im Dach eines Fahrzeugs zum Anschluss einer auf dem Dach befindlichen Antennenanordnung erforderlich sind, so gering wie möglich sein, um das Eindringen von Wasser in das Fahrzeug zu verhindern (Abs. [0009]).
- II.
Vor dem Hintergrund des dargestellten Technikstands macht es sich das Klagegebrauchsmuster zur Aufgabe (technisches Problem), eine für MIMO-Anwendungen geeignete Antennenanordnung bereitzustellen, die ein niedriges Profil aufweist und damit eine relativ geringe Höhe (Abs. [0010]). Eine weitere Aufgabe der Erfindung ist es, eine Antennenanordnung mit mehr als einem Antennenstrahlerelement bereitzustellen, die eine geringe Anzahl an Verbindungsports aufweist (Abs. [0011]). - Hierfür sieht das Klagegebrauchsmuster eine Antennenanordnung mit den folgenden Merkmalen vor (gemäß der Merkmalsgliederung der Klägerin, Anlage TW 3):
- Antennenanordnung, umfassend:
- 1. eine Grundplatte, die mindestens teilweise elektrisch leitend ist, wobei die Grundplatte
1.1 eine obere Fläche aufweist, die eine obere Ebene festlegt,
1.2 und eine untere Fläche, die eine untere Ebene festlegt,
1.3 und mindestens einen Port umfasst, der in der unteren Fläche der Grundplatte angeordnet ist;
2. ein erstes und ein zweites becherförmiges Antennenstrahlerelement
2.1 mit einem Scheitelpunkt, der nahe der oberen Ebene der Grundplatte angeordnet ist,
2.2 sowie einer Öffnung gegenüber dem Scheitelpunkt umfasst, die distal zur oberen Ebene der Grundplatte angeordnet ist.
3. Das erste und das zweite Antennenstrahlerelement sind
3.1 oberhalb der Grundplatte in elektrischer Verbindung mit der Grundplatte angeordnet
3.2 und in einem Abstand zueinander beabstandet.
4. Das erste Antennenstrahlerelement ist im Bereich seines Scheitelpunktes elektrisch mit einem Innenleiter eines ersten Koaxialkabels verbunden,
4.1 wobei der Innenleiter im Bereich des Scheitelpunktes oberhalb der unteren Ebene angeordnet ist.
5. Das zweite Antennenstrahlerelement ist im Bereich seines Scheitelpunktes elektrisch mit einem Innenleiter eines zweiten Koaxialkabels verbunden,
5.1 wobei der Innenleiter im Bereich des Scheitelpunkts oberhalb der unteren Ebene angeordnet ist. - III.
In Anbetracht des Streits der Parteien bedürfen die Merkmale 2, 4 und 5 der Auslegung. - Charakteristisch für eine erfindungsgemäße Antennenanordnung sind unter anderem ihr niedriges Profil und die damit einhergehende geringe Höhe. Dies wird durch die spezielle Anordnung der Antennenstrahlerelemente und der Innenleiter der Koaxialkabel auf den Ebenen der Grundplatte erreicht.
- 1.
Nach Merkmal 2 weist die erfindungsgemäße Antennenanordnung ein erstes und ein zweites Antennenstrahlerelement auf. Dies schließt nicht aus, dass eine erfindungsgemäße Antennenanordnung auch mehr als zwei Antennenstrahlerelemente aufweisen kann. - Nach dem Wortlaut in Merkmal 2 sollen jedenfalls ein erstes und ein zweites Antennenstrahlerelement vorhanden sein, ohne die Anzahl der Antennenstrahlerelemente insgesamt auf zwei zu begrenzen. Eine Maximalzahlvorgabe gibt es nicht.
- Dieses Verständnis entnimmt der Fachmann, ein Elektroingenieur mit mehreren Jahren Erfahrung im Antennenbau, der Beschreibung eines Aspekts der Erfindung in Absatz [0013], wonach die Antennenanordnung auch drei, vier, fünf, sechs oder mehr Antennenstrahlerelemente umfassen kann. Das Klagegebrauchsmuster lässt somit in dem eine bevorzugte Gestaltung der Erfindung beschreibenden Ausführungsbeispiel (vgl. BGH, GRUR 2004, 1023 – Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung; BGH, GRUR 2007, 778 (779) – Ziehmaschinenzugeinheit, BGH, GRUR 2008, 779 (783) – Mehrgangnabe) mehr als zwei Antennenstrahlerelemente ausdrücklich zu.
- Eine Beschränkung der Antennenstrahlerelemente auf maximal zwei ist auch nicht aus funktionalen Gründen geboten. Der Fachmann wird gerade die Anzahl an Antennenstrahlerelementen wählen, die für die konkrete MIMO-Anwendung der Antennenanordnung erforderlich ist. Es besteht für den Fachmann keine Veranlassung, ausschließlich zwei Antennenstrahlerelemente vorzusehen, wenn er bei der konkreten Anwendung mehrere dieser Elemente benötigt.
- 2.
Die Antennenstrahlerelemente sollen nach Merkmal 2 zudem becherförmig ausgestaltet sein. Unter dieser Beschaffenheitsangabe versteht der Fachmann in Zusammenschau mit Merkmal 2.1 einen von Wandungen umgrenzten, nach oben offenen Raum, dessen Begrenzungsflächen konisch nach innen in Richtung des Scheitelpunktes zeigen bzw. sich wölben. Dass das Antennenstrahlerelement dabei zwingend rund ausgestaltet sein muss und keine Ecken aufweisen darf, folgt aus diesem Verständnis nicht. Denn ein Becher oder ein becherförmiges Behältnis kann nach dem allgemeinen Sprachgebrauch auch eine eckige Form aufweisen. Das Klagegebrauchsmuster lässt somit – im Sinne eines Oberbegriffs – verschiedene, zylindrische Ausgestaltungen zu. - Das so ermittelte Verständnis wird durch die Beschreibung in der Klagegebrauchsmusterschrift gestützt. Der Fachmann entnimmt der Beschreibung in Absatz [0013] und den Figuren 4 und 11, dass der Begriff „becherförmig“ im Sinne des Klagegebrauchsmusters insbesondere auch kegelförmige und/oder pyramidenförmige Ausgestaltungen umfasst. Das Klagegebrauchsmuster beschreibt die Form der Antennenstrahlerelemente zunächst als becherförmig. Soweit es nachfolgend heißt „die Form (…) kann auch als kegel- und/oder pyramidenförmig beschrieben werden“, versteht das Klagegebrauchsmuster die Becherform als Oberbegriff, der auch einzelne Gestaltungen wie eine Pyramidenform umfasst.
- 3.
Schließlich sollen das erste und das zweite Antennenstrahlerelement nach den Merkmalen 4 und 5 im Bereich seines Scheitelpunktes elektrisch mit einem Innenleiter eines ersten bzw. eines zweiten Koaxialkabels verbunden sein. - a)
Das Klagegebrauchsmuster verhält sich nicht dazu, wie diese elektrische Verbindung konkret ausgestaltet sein muss und überlässt diese Ausgestaltung der Entscheidung des Fachmanns. - Der Wortlaut der Merkmale 4 und 5 verlangt an keiner Stelle, dass die elektrische Verbindung „unmittelbar“ mit einem Innenleiter des Koaxialkabels herzustellen sei, im Sinne einer direkten (elektrischen) Verbindung des Innenleiters an den Strahler. In diesem Verständnis wird der Fachmann durch die Beschreibung in Absatz [0013] bestätigt, wonach eine elektrische Verbindung hergestellt sein muss, wobei der Innenleiter räumlich-körperlich im Bereich des Scheitelpunktes des Antennenstrahlerelements angeordnet sein muss. Ob die elektrische Verbindung dabei am Scheitelpunkt direkt oder in einem Abstand vom oder zum Scheitelpunkt hergestellt wird, bleibt insoweit dem Fachmann überlassen. Beispielsweise kann die elektrische Verbindung durch einen direkten elektrischen Kontakt – das Klagegebrauchsmuster nennt hier beispielsweise Lötverbindungen, Schweißverbindungen oder Einspannen – erreicht werden (Fig. 9). Es ist jedoch auch eine Ausgestaltung denkbar, bei der die elektrische Verbindung über eine kapazitive Kopplung erreicht wird (Abs. [0013]). Darüber hinaus beschreibt das Klagegebrauchsmuster eine elektrische Verbindung mittels eines Steckers, über den der Innenleiter des Koaxialkabels mit dem Antennenstrahlerelement mittelbar verbunden ist, den auch Figur 10 zeigt (Abs. [0042]).
- Dass die elektrische Verbindung nach der Lehre des Klagegebrauchsmusters nicht als direkte Verbindung ausgestaltet sein muss, folgt für den Fachmann zudem aus der Funktion der Merkmale 4 und 5. Denn für die Funktionsfähigkeit der Antennenanordnung ist entscheidend, dass zwischen den Antennenstrahlerelementen und dem Innenleiter des Koaxialkabels überhaupt eine elektrische Verbindung geschaffen wird. Wie diese Verbindung konkret ausgestaltet ist, ist für die Funktion der Antennenanordnung nach der Lehre des Klagepatents nicht von Bedeutung.
- b)
Nach den Merkmalen 4.1 und 5.1 soll der Innenleiter im Bereich des Scheitelpunktes oberhalb der unteren Ebene der Grundplatte angeordnet sein. Der Bereich des Scheitelpunktes ist dabei räumlich-körperlich zu bestimmen und umfasst den durch die untere Fläche der Grundplatte – die untere Ebene nach Merkmal 1.2 – begrenzten Raum unter dem Scheitelpunkt und um den Scheitelpunkt herum. In diesem Bereich soll der Innenleiter oberhalb der unteren Fläche der Grundplatte geführt werden. Wesentlich ist dabei, dass der Innenleiter jedenfalls nicht durch die untere Fläche der Grundplatte tritt und damit die Grundplatte nicht vollständig durchstößt. Technisch-funktional ist dies auch nicht erforderlich, um eine elektrische Verbindung zum Antennenstahlerelement herstellen zu können. Es besteht die Möglichkeit, den Innenleiter innerhalb oder auch oberhalb der Grundplatte zu führen. Das Klagegebrauchsmuster beschreibt ein bevorzugtes Beispiel einer solchen Anordnung beispielsweise in Abschnitt [0039]. Durch diese Ausrichtung, nach der das Koaxialkabel nicht unmittelbar unterhalb des Scheitelpunktes durch die Grundplatte treten darf, sondern sogar innerhalb eines Kanals in der Platte geführt werden kann, wird dem Fachmann die Möglichkeit eröffnet, die in Absatz [0008] und [0009] angesprochenen Probleme zu lösen, indem die Antennenanordnung eine geringe Bauhöhe erhält und nur einen Port aufweist, durch den alle Kabel geführt werden. - c)
Die Merkmale 4 und 5 verlangen nicht, dass der Fachmann für die erfindungsgemäße Antennenanordnung maximal zwei Koaxialkabel vorsieht. Eine solche Beschränkung entnimmt der Fachmann weder dem Wortlaut noch der Beschreibung des Klagegebrauchsmusters. Eine solche Beschränkung ist auch nicht aus funktionalen Gründen geboten. Vielmehr wird der Fachmann die Anzahl an Koaxialkabeln vorsehen, die er benötigt, um die von ihm gewählte Anzahl an Antennentrahlerelementen elektrisch einzubinden. - IV.
Das Klagegebrauchsmuster ist schutzfähig. - Die in Schutzanspruch 1 beschriebene technische Lehre ist neu im Sinne von § 3 Abs. 1 GebrMG. Demnach ist der Gegenstand eines Gebrauchsmusters neu, wenn er nicht zum Stand der Technik gehört. Der Stand der Technik umfasst alle Kenntnisse, die vor dem für den Zeitrang der Anmeldung maßgeblichen Tag – hier der Prioritätstag 17. Juli 2014 – durch schriftliche Beschreibung oder durch eine im Geltungsbereich dieses Gesetzes erfolgte Benutzung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind.
- 1.
Die Erfindung wird nicht durch eine offenkundige Vorbenutzung durch die Klägerin selbst neuheitsschädlich vorweggenommen. - Eine offenkundige und daher neuheitshindernde Vorbenutzung des Gegenstands eines Gebrauchsmusters liegt vor, wenn die in Frage stehende Benutzungshandlung es ermöglicht hat, dass beliebige, zur Geheimhaltung nicht verpflichtete Dritte vom beanspruchten Gegenstand zuverlässig Kenntnis erlangen konnten (Goebel/Engel in Benkard, Patentgesetz, 11. Auflage 2015, § 3 GebrMG Rn. 11 m.w.N.). Neuheitsschädlich ist damit das gesamte in einer Weise bereitstehende Wissen, auf das die Fachwelt Zugriff nehmen könnte. Eine Vorbenutzung schließt bereits dann die Neuheit der beanspruchten Lehre aus, wenn sie lediglich eine tatsächliche Möglichkeit der Kenntnisnahme der beanspruchten Lehre durch die Öffentlichkeit bietet (BGH, GRUR 1997, 892 (894) – Leiterplattennutzung). An einer Zugänglichkeit fehlt es dann, wenn der Öffentlichkeit zwar die Benutzung der erfindungsgemäßen Lehre zugänglich ist, sie das für Erkennen und Verstehen erforderliche Wissen über diese Benutzung jedoch nicht erwerben kann (BGH a.a.O.).
- Unter Anwendung dieser Maßstäbe fehlt es vorliegend an der Zugänglichmachung der erfindungsgemäßen Lehre.
- a)
Eine solche Zugänglichmachung kann in dem Angebot in dem von den Beklagten als Anlage BP 2 vorgelegte Produktkatalog nicht gesehen werden. Denn allein aus der Darstellung der dort unter der Bezeichnung „E“ angebotenen Bahnantennen kann der Adressat nicht auf deren Aufbau und die Funktionsweise schließen. Die Angaben im Produktkatalog betreffen allgemeine Informationen zum Einsatzbereich und den Hauptmerkmalen dieser Antennen. Weder werden die Antennenstrahlerelemente genauer beschrieben noch ihre räumlich-körperliche Anordnung im Verhältnis zum Koaxialkabel. - Umstände, die darauf schließen lassen, dass dem Abnehmer der Antennen diese Informationen anderweitig zugänglich gemacht worden sind, sind nicht ersichtlich. Die Klägerin hat wiederholt vorgetragen, dass eine Lieferung dieser Antennen an Kunden in Deutschland nicht vor Beginn der Neuheitsschonfrist des Klagegebrauchsmusters erfolgt sei, so dass für die Öffentlichkeit keine Möglichkeit bestand, Aufbau und Funktionsweise durch das Auseinanderbauen der Antenne festzustellen. Dies hat sie in der mündlichen Verhandlung dahingehend präzisiert, dass vor Beginn der Neuheitsschonfrist die aus den Anlagen BP 2, 3 und 4 ersichtlichen Antennenanordnungen weder Kunden oder Dritten angeboten noch an diese geliefert wurden und dass auch entsprechende Verhandlungen nicht geführt wurden, bei denen der technische Aufbau dieser Antennenanordnungen offengelegt wurde. Die bloße Möglichkeit, die „E“ Bahnantennen von der Klägerin zu einem vorprioritären Zeitpunkt erwerben zu können, genügt für die Möglichkeit der Kenntnisnahme der erfindungsgemäßen Lehre durch die Öffentlichkeit jedenfalls nicht. Denn Zugang für die Öffentlichkeit bestand bis zur ersten Verfügung über diese Bahnantennen – deren Zeitpunkt nicht vorgetragen ist – gerade nicht.
- b)
Eine Zugänglichmachung der erfindungsgemäßen Lehre kann weiterhin nicht in dem als Anlage BP 3 vorgelegten Testbericht vom 26. und 27. Juni gesehen werden. Zwar ist aus diesem Testbericht und den dort ab Seite 14 abgebildeten Fotografien der Aufbau der Antenne zu entnehmen; erkennbar ist die Grundplatte sowie die Anordnung der zwei becherförmigen Antennenstrahlerelemente (Foto 5, 6) sowie ggf. die Verbindung mit dem Koaxialkabel im Bereich des Scheitelpunktes (bspw. Foto 9). - Allerdings kann nicht festgestellt werden, dass dieser Testbericht der Öffentlichkeit tatsächlich vor dem Prioritätstag des Klagegebrauchsmusters zugänglich war. Die Klägerin, die diesen Testbericht in Auftrag gegeben hat, stellt dies in Abrede und verweist darauf, dass dieser Testbericht ausweislich Seite 2 (Fußnote) ein vertrauliches Dokument war.
- Die insoweit für die Entstehungstatsachen und den Umfang der offenkundigen Vorbenutzung darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten haben Tatsachen, die die öffentliche Zugänglichmachung des Testberichts vor dem Prioritätszeitpunkt belegen können, nicht dargetan. Dass – wie die Beklagten behaupten – zwischen der Klägerin und der Deutschen Bahn Verhandlungen stattgefunden haben, bei denen die Merkmale der Antennenanordnung offengelegt worden sind, stellt die Klägerin in Abrede und gibt in der mündlichen Verhandlung hierzu ergänzend an, dass aus dem Hinweis auf Seite 2 der Anlage BP 4, wonach die Antennenanordnung die Anforderungen der Deutschen Bahn für „X“ erfüllt, lediglich ein allgemein gehaltener Hinweis für den Kunden zu sehen ist, dass das Erzeugnis nach Einschätzung der Klägerin diese Kriterien tatsächlich auch erfüllt. Letztlich bleibt das Vorbringen der Beklagten zum tatsächlichen Verfügungszeitpunkt ohne Substanz. Die Klägerin hat hingegen vorgetragen, dass eine Veröffentlichung des Testberichts erst am 9. März 2015 und somit nach dem Prioritätsdatum des Klagegebrauchsmusters auf der klägerischen Internetseite erfolgte.
- c)
Schließlich ist eine Zugänglichmachung der erfindungsgemäßen Lehre nicht in dem als Anlage BP 4 vorgelegten Datenblatt zu sehen. Diesem Datenblatt sind zwar Angaben zu Produktkonfiguration sowie GPS-und mechanische Daten zu entnehmen. Angaben zu Aufbau und konkreter Funktionsweise der Antenne finden sich in diesem Datenblatt jedoch nicht. - Soweit die Beklagten einwenden, aus den vorgelegten Datenblättern ergebe sich, dass es zu diesem Antennenstrahlerelement sog. „related documents“ gegeben habe (Seite 2 der Anlage BP 4), aus denen sich die Eigenschaften des angebotenen Antennenstrahlerelements ergeben müssten, greift dies nicht durch. Ausweislich der Auflistung auf Seite 2 des Datenblattes handelt es sich um die Dokumente „mounting instruction“, „Painting instruction“, „security instruction“, „outline drawing 1“ und „3D-model (step)“, wobei die Beklagten zum Inhalt dieser Dokumente keine Angaben machen können. Ob aus diesen Unterlagen tatsächlich der Aufbau und die Merkmale der Antennenanordnung hervorgehen, kann nicht festgestellt werden. Es würde aber die Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast der Klägerin überspannen, wenn man von ihr verlangte, zu jedem irgendwo erwähnten Dokument näher vorzutragen, ohne dass es irgendwelche Anhaltspunkte dafür gibt, dass sich aus ihnen der Aufbau der Antenne ergibt und wann sie in welcher Form verfügbar waren.
- 2.
Die Lehre des Klagegebrauchsmusters beruht auf einem erfinderischen Schritt. Insbesondere ist die erfindungsgemäße Lehre nicht durch die Kombination der US 2011/0279XXX A 1 (Anlage MJ 6) mit der EP 2 175 XXX A 1 (Anlage MJ 16), oder ausgehend von der EP 1 554 XXX B 1 (Anlage MJ 7) oder ausgehend von der Schrift „omni directional antennas“ (Anlage MP 1) nahegelegt. - a)
Die Entgegenhaltung MJ 6 offenbart ein Radio-Kommunikationssystem, das ein oder mehrere Radios umfasst, die ihrerseits mit einer oder mehreren Antennen ausgestattet sind. Diese Antennen sollen auf einer Grundplatte montiert werden, die auf dem Dach eines Fahrzeugs, bspw. eines Zuges, angebracht werden kann. Diese Antennen sollen mit einem Radio, das sich im Fahrzeug befindet, verbunden sein. - Die Entgegenhaltung offenbart nicht die Merkmale 4.1 und 5.1, wonach der Innenleiter des Koaxialkabels im Bereich des Scheitelpunktes oberhalb der unteren Ebene angeordnet ist. Aus der Figur 2b lässt sich insoweit nur entnehmen, dass das Kabelende in die Spitze des Antennenelements hineinreichen und diese Spitze durchstoßen kann. Es ist weder gezeigt, dass der Innenleiter die Grundplatte unterhalb des Scheitelpunktes nicht durchstößt, noch dass der Innenleiter oberhalb der unteren Ebene der Platte geführt wird – sei es auf der Platte oder in einer Nut oder einem Kabel.
- Zudem ist nicht ersichtlich, welche Veranlassung der Fachmann gehabt haben soll, ausgehend von der MJ 6 die MJ 16 heranzuziehen. Ebensowenig führt die Kombination der MJ 6 und der MJ 16 zur Lehre des Schutzanspruchs 1.
- b)
Die Lehre des Klagegebrauchsmusters ist auch ausgehend von der Entgegenhaltung MJ 7 nicht nahegelegt. Denn diese offenbart eine Monopolantenne, die einen vertikalen Stab oder einen selbststrahlenden Mast umfasst. Weshalb der Fachmann Veranlassung haben soll, eine solche Monopolantenne derart umzugestalten, dass sie eine nur noch geringe Bauhöhe aufweist, ist nicht ersichtlich. - Auch ist nicht ersichtlich, weshalb der Fachmann die Antennenelemente dieser Monopolantenne austauschen würde, um zur erfindungsgemäßen Lösung zu gelangen, soll diese Antenne doch gerade Satellitensignale und Telefonsignale empfangen (Abs. [0001]). Ausgehend hiervon hat der Fachmann keine Veranlassung, diese Antenne für den Empfang von MIMO-Signalen umzubauen; naheliegender erscheint, dass er eine andere Antennenart wählen wird.
- c)
Die Beklagten argumentieren, dass die MP 1 alle Merkmale des Schutzanspruchs 1 offenbart mit Ausnahme des zweiten Antennenstrahlerelements und des Abstandes zwischen beiden. Sie führt aus, dass der Fachmann bei Ausgestaltung als MIMO-Antenne ein zweites Antennenstrahlerelement vorgesehen hätte. Allerdings offenbart die Entgegenhaltung nicht die Merkmale 4.1 und 5.1. Die Abbildungen auf Seite 4 der Entgegenhaltung lassen nur einen Stecker mit einem Innenleiter des Koaxialkabels und eine Grundplatte der Antenne von unten erkennen. Die Steckerverbindung und der Anschlusspunkt für den Innenleiter liegen damit unterhalb der Grundplatte. Wie das Koaxialkabel geführt und auf der Grundplatte angeordnet wird, ist den Abbildungen nicht zu entnehmen. - V.
Die angegriffene Ausführungsform macht von der Lehre des Schutzanspruchs 1 wortsinngemäß Gebrauch. Sie verwirklicht insbesondere die Merkmale 2, 4 und 5. - 1.
Die Klägerin hat unter Vorlage von Fotos schlüssig dargetan, dass es sich bei der untersuchten Antennenanordnung um die angegriffene Ausführungsform und somit ein Produkt der Beklagten zu 1) handelt, das die Beklagte zu 2) im Internet angeboten hat. Soweit die Beklagten mit Nichtwissen bestreiten, dass die angegriffene Ausführungsform tatsächlich dieses Produkt verkörpert, genügen sie ihrer Pflicht, sich über die von der Klägerin behaupteten Tatsachen vollständig zu erklären, nicht, § 138 Abs. 1 ZPO. - a)
Eine Erklärung mit Nichtwissen sieht § 138 Abs. 4 ZPO nur für solche Tatsachen vor, die nicht eigene Handlungen der Partei betreffen oder Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung sind. Solches ist prinzipiell zu bejahen, wenn der Beklagte z. B. ein patentgeschütztes Verfahren nicht selbst anwendet oder als Spediteur naturgemäß keine Kenntnis von der konstruktiven Beschaffenheit der beförderten Ware hat. Auch wenn die Einzelheiten der Verfahrensführung bzw. des Transportgutes keine „eigenen Handlungen oder Wahrnehmungen“ des Beklagten sind, scheidet eine Anwendung des § 138 Abs. 4 ZPO selbst in einem solchen Fall allerdings aus, wenn seine Unkenntnis darauf beruht, dass er bestehende Erkundigungspflichten verletzt hat. Eine solche Erkundigungspflicht wird angenommen, wenn es sich bei dem entgegnungsbedürftigen Sachverhalt um Vorgänge im Bereich von Personen – nicht nur der eigenen, sondern auch einer fremden Firma – handelt, die unter Anleitung, Aufsicht oder Verantwortung derjenigen Partei tätig geworden sind, die sich im Prozess zu den Behauptungen des Gegners zu erklären hat (BGH, GRUR 2009, 1142 – MP3-Player-Import; vgl. auch BGH, GRUR-RR 2011, 121, 122 – Vorrichtung zum Streckblasformen). - b)
Unter Anwendung dieser Grundsätze ist das Bestreiten der Beklagten zu 1) mit Nichtwissen unzulässig. Die Klägerin hat hinsichtlich der von ihr untersuchten angegriffenen Ausführungsform mit der Anlage TW 23 eine Proforma Rechnung vom 11. Dezember 2018 vorgelegt, aus der der Produktname, die Teilenummer und die Herstellerbezeichnung hervorgeht. Die Klägerin hat zudem mit der Anlage TW 24 einen Packzettel vorgelegt, der eine übereinstimmende Auftragsnummer aufweist und den Produktnamen, die Teilenummer und eine Beschreibung der erworbenen Antennenanordnung („F“) enthält. Anhand dieser Angaben hätte die Beklagte zu 1) nachvollziehen können, ob ein entsprechender Testkauf tatsächlich stattgefunden hat und welche Antennenanordnung Gegenstand des Kaufs war. Allein der pauschale Hinweis der Beklagten zu 1) darauf, es sei nicht abschließend feststellbar, ob die angegriffene Ausführungsform tatsächlich eines ihrer Produkte verkörpere, genügt nicht. Auch der Verweis der Beklagten zu 1) darauf, den vorgelegten Fotografien sei keine Produktnummer zu entnehmen und daher eine Überprüfung mit ihrem Produktsortiment nicht möglich, verfängt nicht. Denn die Beklagte zu 1) hat unstreitig auf die über ihre „Quote Request Form“ gestellte Anfrage betreffend die Lieferung der angegriffenen Antennenanordnung eine solche geliefert. Diese Antennenanordnung hat die Klägerin sodann auch untersucht. - c)
Die Beklagte zu 2) hat die streitgegenständliche Antennenanordnung auf ihrer Webseite angeboten. Die Kammer vermag dem Einwand der Beklagten zu 2), sie könne nicht wissen, ob die auf ihrer Webseite abgebildete Bahnantenne in technischer Hinsicht dem Produkt der Beklagten zu 1) entspreche und mithin die angegriffene Ausführungsform darstelle, nicht zu folgen. - Denn in Fällen, in denen es wie bei einer bildlichen Darstellung eines Erzeugnisses an einem unmittelbaren Bezug zu einem körperlichen Gegenstand fehlt, dessen Gestalt und Beschaffenheit feststeht und dem Beweis zugänglich ist, muss anhand einer objektiven Betrachtung der im Streitfall tatsächlich gegebenen Umstände geprüft werden, ob ein dem Schutzrecht gemäßes Erzeugnis angeboten wird. Erlauben die objektiv zu würdigenden Umstände die Feststellung eines schutzrechtsverletzenden Angebots, so kommt es nicht mehr darauf an, ob die Verwirklichung der schutzrechtsgemäßen Merkmale aus der Angebotshandlung bzw. dem hierbei verwendeten Mittel selbst offenbar wird (BGH, GRUR 2003, 1031 – Kupplung für optische Geräte; BGH, GRUR 2005, 665 – Radschützer).
- So liegt es hier. Die auf der Webseite der Beklagten zu 2) abgebildete Antennenanordnung wird mit herstellereigenen Angaben („X“) beworben und ist daher ein recherchierbares Produkt. Folglich ist die konkrete technische Ausgestaltung für den angesprochenen Verkehrskreis auch ermittelbar. Die Beklagte zu 2) hat insoweit nicht substantiiert dargetan, dass es sich bei der abgebildeten Antennenanordnung nicht um die angegriffene Ausführungsform handelt.
- 2.
Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht die Merkmale des Schutzanspruchs 1. Dies ist hinsichtlich der Merkmalsgruppen 1 und 3 sowie der Merkmale 2.1 und 2.2 zwischen den Parteien unstreitig. Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht darüber hinaus auch Merkmal 2, sowie die Merkmalsgruppen 4 und 5. - a)
Die angegriffene Antennenanordnung weist unstreitig insgesamt vier Antennenstrahlerelemente auf mit folgender Form (Fotografie entnommen aus Seite 14 der Klageschrift): - Zu erkennen ist, dass das Antennenstrahlerelement eine konkave Fläche aufweist, die becher- oder schalenförmig in Richtung der Grundplatte gewölbt ist. Diese verfügen jeweils über einen Scheitelpunkt nahe der oberen Ebene der Grundplatte sowie über eine Öffnung gegenüber dem Scheitelpunkt, die distal zur oberen Ebene der Grundplatte angeordnet ist. Dass die Öffnung nach oben nicht rund sondern in Form eines Vierecks ausgestaltet ist, führt nach der hier vertretenen Auslegung nicht aus der Verletzung heraus.
- Ebenso schadet es nicht, dass die angegriffene Antennenvorrichtung nicht nur über zwei sondern über vier Antennenstrahlerelemente verfügt. Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht somit Merkmal 2 des Schutzanspruchs.
- b)
Das Antennenstrahlerelement ist im Bereich seines Scheitelpunktes nach unten zur Grundplatte hin elektrisch mit dem Innenleiter eines Koaxialkabels verbunden. Dies ist auf der nachfolgenden Abbildung (entnommen aus der Klageschrift Seite 15) wie folgt zu erkennen: - Am Scheitelpunkt des Antennenstrahlerelements oberhalb der Grundplatte ist ein kupferfarbenes Kabelstück zu erkennen, das in die Grundplatte hineinführt und über das eine elektrische Verbindung mit dem unter der oberen Fläche der Grundplatte liegenden Koaxialkabel hergestellt wird. Dass es sich dabei – worauf die Beklagte zu 1) hinsichtlich ihrer Produkte hinweist – um ein Rückhalteelement handelt, das den Innenleiter des Koaxialkabels mit einem in das Antennenstrahlerelement hineinführenden Stift verbindet, führt nach der hier vertretenen Auslegung aus der Verletzung nicht heraus, solange über dieses Rückhalteelement tatsächlich eine elektrische Verbindung hergestellt werden kann. Dass dem nicht so sei, behauptet auch die Beklagte zu 1) nicht.
- Der Umstand, dass die angegriffene Antennenanordnung über mehr als zwei (hier vier) Koaxialkabel verfügt, führt aus der Verletzung ebenfalls nicht heraus, da die Merkmale 4 und 5 des Schutzanspruchs 1 nach der hier vertretenen Auslegung zulassen, dass die Antennenanordnung mehr als zwei Koaxialkabel umfassen kann.
- VI.
Die Beklagten bieten an und die Beklagte zu 1) bringt die angegriffene Antennenanordnung in der Bundesrepublik Deutschland in Verkehr. Die Klägerin hat von der Beklagten zu 1) ein Exemplar der angegriffenen Ausführungsform in der Bundesrepublik Deutschland erworben. Hingegen lässt sich nicht feststellen, dass die Beklagte zu 2) die angegriffene Ausführungsform in der Bundesrepublik Deutschland in Verkehr brachte. Entsprechende Lieferhandlungen oder Mitwirkungshandlungen bei den Lieferungen der Beklagten zu 1) sind nicht vorgetragen. Das Anbieten der angegriffenen Ausführungsform genügt dafür nicht. - Zudem liegt in dem auf der Webseite der Beklagten zu 1) abrufbaren Produktangebot (Anlage TW 4), dem dort abrufbaren Kostenvoranschlagsformular („request quote“, Anlage TW 5) sowie mit der Bewerbung der angegriffenen Ausführungsform auf der Webseite der Beklagten zu 2) (Anlage TW 9) ein Anbieten im Sinne von § 11 Abs. 1 S. 2 GebrMG vor.
- a)
Der Begriff des Anbietens ist im Patentrecht rein wirtschaftlich zu verstehen. Er umfasst gemäß § 9 S. 2 Nr. 1 PatG – bei einem Erzeugnis – jede im Inland begangene Handlung, die nach ihrem objektiven Erklärungswert den Gegenstand der Nachfrage in äußerlich wahrnehmbarer Weise zum Erwerb der Verfügungsgewalt bereitstellt (BGH, GRUR 2006, 927 – Kunststoffbügel; OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.02.2014 – 2 U 42/13, BeckRS 2014, 05732; OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.03.2014 – 15 U 19/14, BeckRS 2014, 16067 – Sterilcontainer; OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.06.2016 – 15 U 69/15, BeckRS 2016, 21061 – Vergleichsvertrag; OLG Düsseldorf, Urteil vom 06.10.2016 – 2 U 19/16; Scharen in: Benkard, aaO, § 9 Rn. 41 m. w. N.). - Zweck des § 9 PatG ist es, dem Patentinhaber einerseits grundsätzlich alle wirtschaftlichen Vorteile zu sichern, die sich aus der Benutzung der patentierten Erfindung ergeben können, und ihm andererseits einen effektiven Rechtsschutz zu gewähren. Daher ist nicht erforderlich, dass das Anbieten die Voraussetzungen eines rechtswirksamen und verbindlichen Vertragsangebotes im Sinne von § 145 BGB erfüllt. Ferner kommt es nicht darauf an, ob der Anbietende eigene oder fremde Geschäftsabschlüsse bezweckt und ob er bei einem Angebot zugunsten eines Dritten überhaupt von diesem beauftragt oder bevollmächtigt ist (BGH, GRUR 2006, 927 – Kunststoffbügel). Maßgeblich ist vielmehr allein, ob mit der fraglichen Handlung tatsächlich eine Nachfrage nach einem schutzrechtsverletzenden Gegenstand geweckt wird, die zu befriedigen mit dem Angebot in Aussicht gestellt wird (OLG Düsseldorf, BeckRS 2014, 05732). Davon ausgehend werden von einem „Anbieten“ im Sinne von § 9 PatG insbesondere auch vorbereitende Handlungen umfasst, die das Zustandekommen eines späteren Geschäfts über einen unter dem Schutz des Patents stehenden Gegenstand ermöglichen oder befördern sollen, das die Benutzung dieses Gegenstands einschließt. Dies kann in dessen Ausbieten derart geschehen, dass Interessenten Gebote auf Überlassung abgeben können (BGH, GRUR 2003, 1031 – Kupplung für optische Geräte).
- b)
So liegt es hier. In der Bewerbung der angegriffenen Ausführungsform über die Webseite der Beklagten zu 1) liegt ein Angebot im vorgenannten Sinne, denn die dort abgebildete Antennenanordnung, beispielsweise die A (Anlage TW 4), kann über das „Quote Request Form“ angefragt werden. Auf diese Anfragemöglichkeit wird der Nutzer über das rosa hinterlegte Kästchen neben dem Formular links ausdrücklich hingewiesen. Zudem kann das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland als „Land“ ausgewählt werden. Soweit die Beklagte zu 1) einwendet, ein Interessent aus Deutschland habe keine Möglichkeit, die angegriffene Antennenanordnung direkt über ihre Webseite zu bestellen, Preise und Lieferoptionen würden nicht angezeigt, steht dies einem Angebot im Sinne des § 11 Abs. 1 S. 2 GebrMG nicht entgegen, denn insoweit genügen auch vorbereitende Handlungen, die das Zustandekommen eines späteren Geschäfts erst ermöglichen. Zudem ist es zu diesem späteren Geschäftsabschluss auch tatsächlich gekommen, denn die Klägerin hat die angegriffene Antennenanordnung über einen Testkauf bei der Beklagten zu 1) erworben. - Unter Anwendung der oben genannten Maßstäbe liegt auch in der Darstellung der angegriffenen Ausführungsform auf der Webseite der Beklagten zu 2) (Anlage TW 9) ein Anbieten im Sinne des § 11 Abs. 1 S. 2 GebrMG. Die Beklagte zu 2) berichtet über den Start einer patentierten, skalierbaren 4×4 bis 8×8 LTE/WiFi MIMO Antenne, die die High Speed Streaming Kommunikation in Zügen, Bussen und Mass TransitSystemen ermöglichen soll. Beschrieben werden die Produktvorteile, Anwendungen sowie die Eigenschaften der Antenne. Dieser Darstellung folgt die Aufforderung
- „Interessiert? Kontaktieren Sie uns!“
- mit dem Verweis auf die firmeneigene Webseite www.C.de. Dort finden sich unter dem Reiter „Impressum“ Angaben zu Telefon, Fax und Email.
- Der Einwand der Beklagten zu 2), es handele sich lediglich um einen Bericht über diese Antenne mit rudimentären Angaben über die technische Ausgestaltung vergleichbar einer allgemeinen Leistungsschau und im Übrigen habe sie diese Antenne nicht in ihr Produktsortiment aufgenommen, greift nicht durch. Denn bereits die Aufforderung „Interessiert? Kontaktieren Sie uns!“ steht einem rein das Informationsinteresse von Kunden oder Interessenten bedienenden Berichts entgegen. Der angesprochene Kunde versteht diese Angaben dahingehend, dass er bei Interesse an der beschriebenen Antenne mit der Beklagten zu 2) in Kontakt treten und diese von ihr oder aber zumindest vermittelt durch sie erwerben kann. Damit wird tatsächlich Nachfrage nach der angegriffenen Ausführungsform geweckt. Schließlich bezeichnet sich die Beklagte zu 2) im Impressum auch als weltweit tätigen, unabhängigen „Distributor“ für elektronische Bauteile.
- VII.
Die festgestellte Rechtsverletzung rechtfertigt die Verurteilung der Beklagten zu Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung und Rückruf sowie die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung, wobei sich die Verpflichtung der Beklagten zu 2) zur Rechnungslegung und die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung lediglich auf die Benutzungsart des Anbietens beschränkt und die Beklagte zu 2) weder zum Rückruf noch zur Vernichtung verpflichtet ist. Die Klägerin hat zudem einen Anspruch gegen die Beklagte zu 2) auf Ersatz vorgerichtlich entstandener Rechtsverfolgungskosten. - 1.
Der Unterlassungsanspruch der Klägerin folgt aus § 24 Abs. 1 GebrMG. In Bezug auf die Beklagte zu 2) folgt der Unterlassungsanspruch daraus, dass das Angebot der angegriffenen Ausführungsform die zukünftige Gefahr weiterer Rechtsverletzungen begründet (Erstbegehungsgefahr, vgl. Grabinski/ Zülch, in: Benkard, PatG, Kommentar, 11. Auflage, 2015, § 139, Rn. 28). - 2.
Die Beklagten sind gemäß § 24 b GebrMG zur Auskunftserteilung und Belegvorlage verpflichtet. Anhaltspunkte dafür, dass die Inanspruchnahme der Beklagten unverhältnismäßig im Sinne von § 24 b Abs. 4 GebrMG ist, bestehen nicht. - Darüber hinaus haben die Beklagten gemäß § 24 Abs. 2 i.V.m. §§ 242, 259 BGB Rechnung zu legen, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern, wobei sich die Auskunftspflicht der Beklagten zu 2) auf Angebots- und Werbehandlungen beschränkt. Die Klägerin ist auf die tenorierten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt. Die Beklagten werden durch die von ihnen verlangte Rechnungslegung auch nicht erkennbar unzumutbar belastet.
- 3.
Der Rückrufanspruch gegen die Beklagte zu 1) folgt aus 24a Abs. 2 GebrMG. Tatsachen, die den Rückruf unverhältnismäßig im Sinne von § 24a Abs. 3 GebrMG erscheinen lassen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. - Hinsichtlich der Beklagten zu 2) fehlt es an den Voraussetzungen eines Rückrufanspruchs gemäß 24a Abs. 2 GebrMG. Insofern fehlt es an konkreten Anhaltspunkten dafür, dass die Beklagte zu 2) die angegriffene Ausführungsform tatsächlich in der Bundesrepublik Deutschland in Verkehr brachte; das bloße Angebot vermag einen Rückrufanspruch nicht zu begründen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 6. April 2017, Az. I-2 U 51/16 S. 38 m.w.N.).
- 4.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 2) keinen Anspruch auf Vernichtung gemäß § 24a Abs. 1 GebrMG. Insofern fehlt es an konkreten Anhaltspunkten dafür, dass die Beklagte zu 2) die angegriffene Ausführungsform tatsächlich in der Bundesrepublik Deutschland in ihrem Besitz oder Eigentum hatte; das bloße Angebot vermag den Vernichtungsanspruch – ebenso wie den Rückrufanspruch – nicht zu begründen. - 5.
Ein Anspruch auf Schadensersatz steht der Klägerin dem Grunde nach gemäß § 24 Abs. 2 GebrMG zu, hinsichtlich der Beklagten zu 2) allerdings beschränkt auf die Benutzungsart des Anbietens. - a)
Die Klägerin hat an der begehrten Feststellung das erforderliche rechtliche Interesse im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO. Die Entstehung eines Schadens auf Seiten der Klägerin ist hinreichend wahrscheinlich. Eine Bezifferung dieses Schadens ist ihr nicht möglich, weil sie ohne Verschulden über die Informationen, die sie mit der hiesigen Klage begehrt, in Unkenntnis ist. - Als Fachunternehmen hätte es den Beklagten oblegen, zu prüfen, ob sie durch das Anbieten und Inverkehrbringen der angegriffenen Ausführungsform in Schutzrechte Dritter eingreifen. Bei einer entsprechenden Überprüfung wäre dies für sie auch ohne weiteres zu erkennen gewesen. Indem sie eine entsprechende Prüfung unterließen, haben die Beklagten die im Verkehr erforderliche Sorgfalt verletzt, § 276 Abs. 2 BGB.
- b)
Eine gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten § 840 Abs. 1 BGB kommt nicht in Betracht. Die Kammer kann nicht feststellen, dass die Beklagten für die begangenen Rechtsverletzungen nebeneinander verantwortlich sind. Die Beklagten haben insoweit vorgetragen, dass die angegriffene Ausführungsform allein durch die Beklagte zu 1) in die Bundesrepublik Deutschland geliefert wurde und die Beklagte zu 2) die angegriffene Ausführungsform lediglich im Internet beworben hat. Umstände, die auf eine Mitwirkungshandlung der Beklagten zu 2) an der Lieferung der angegriffenen Ausführungsform oder dem Angebot der Beklagten zu 1) schließen lassen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. - 6.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 2) einen Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Kosten der Rechtsverfolgung hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsform gemäß §§ 683 S. 1, 677, 670 BGB aus einem Gegenstandswert von 225.000 Euro, da insoweit nur das Anbieten der angegriffenen Ausführungsform in Rede steht. - Die Abmahnung liegt regelmäßig im Interesse des Verletzers, weil ihm so ein kostengünstiger und einfacher Weg gewiesen wird, die Verletzung des Gebrauchsmusters ohne gerichtliche Inanspruchnahme einzustellen und die gegnerischen Ansprüche zu erfüllen. Bei Zugrundelegung eines Gegenstandswertes von 225.000,00 Euro und einer 1,5 Gebühr, deren Erforderlichkeit nicht bestritten wird, ergibt sich zuzüglich der Auslagenpauschale ein Betrag (netto) in Höhe von 3.759,50 Euro. Diese Kosten kann die Klägerin für die Einschaltung eines Rechtsanwalts und eines Patentanwalts jeweils geltend machen, somit insgesamt 7.519,00 Euro.
- B.
Die Verhandlung ist nicht wegen Vorgreiflichkeit des eingeleiteten Löschungsverfahrens auszusetzen. - Die Entscheidung über das Löschungsverfahren ist zwar vorgreiflich, indes sieht die Kammer im Rahmen der von ihr zu treffenden Ermessensentscheidung keine hinreichenden Gründe, die Verhandlung gemäß § 148 ZPO auszusetzen.
- Gemäß § 19 S. 1 GebrMG steht die Aussetzung der Verhandlung in einem Rechtsstreit, der von dem Bestehen des Gebrauchsmusterschutzes abhängt, im Hinblick auf ein anhängiges Löschungsverfahren im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Für eine Aussetzung muss der wahrscheinliche Erfolg des Löschungsantrags nicht dargetan sein, es genügt, dass über die Schutzfähigkeit Zweifel bestehen (OLG Düsseldorf, Beschl. vom 16. Mai 2013, BeckRS 2014, 1152). Das ist hier nicht der Fall. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen unter IV. verwiesen.
- C.
Der Schriftsatz der Beklagten zu 1) vom 26. Juli 2021, der ergänzende rechtliche Ausführungen enthält, gab aufgrund der vorstehenden Ausführungen keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. - D.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO. Dass die Beklagte zu 2) auf die Abmahnung der Klägerin vom 29. November 2019 wegen der Gebrauchsmusterverletzung nicht reagiert hat, wirkt sich auf die Kostenquote nicht aus. - Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S. 1 und 2 ZPO.
- Der Streitwert wird gemäß § 51 Abs. 1 auf 500.000,00 Euro festgesetzt.