4b O 78/19 – Rundschaftmeißelwerkzeug

Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3093

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 14. Januar 2021, Az. 4b O 78/19

  1. I.
    Die Beklagte wird verurteilt,
  2. 1.
    der Klägerin für die Zeit ab dem 7. April 2002 bis zum 14. Mai 2019 Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen in welchem Umfang sie, die Beklagte,
  3. Rundschaftmeißel, die einen Meißelkopf mit einer Meißelspitze und einem Meißelschaft aufweisen, mit Verschleißschutzscheiben, zur Benutzung in einem Werkzeug für Schräm-, Bergbau- oder Straßenfräsmaschinen
  4. angeboten und/oder geliefert hat
  5. wenn der Meißelschaft in der Aufnahme eines Halteansatzes eines Meißelhalters in Richtung der Mittellängsachse der Aufnahme unverlierbar, jedoch um diese Mittellängsachse frei drehbar gehalten ist, und der Halteansatz eine Stützfläche aufweist, die sich zumindest bereichsweise um die Aufnahme herum erstreckt und auf der die Verschleißschutzscheibe mit einer Gegenfläche aufliegt, wobei der Meißelkopf auf der der Stützfläche abgekehrten Oberseite der Verschleißschutzscheibe aufliegt, wobei sich die Stützfläche quer zur Mittellängsachse der Aufnahme bis hin zu den äußeren Abmessungsbegrenzungen des an die Stützfläche anschließenden Bereichs des Halteansatzes erstreckt und die Verschleißschutzscheibe mit ihrer Gegenfläche den gesamten, radial außenliegenden Bereich der Stützfläche überdeckt, und die Verschleißschutzscheibe um die Mittellängsachse der Aufnahme drehbar gehalten ist, und der Halteansatz mit einer oder mehreren Verschleißmarkierungen versehen ist, die im Bereich hinter der Verschleißschutzscheibe angeordnet sind, und mit einem zylindrischen Vorsprung in Richtung der Mittellängsachse der Aufnahme gesehen über den Meißelhalter vorsteht, und die Stützfläche am freien Ende des Vorsprungs angeordnet ist, wobei die Stützfläche eine ringförmige Gestalt aufweist, und der Vorsprung des Halteansatzes im Querschnitt kreisförmig ausgebildet ist und in den Vorsprung des Halteansatzes umfangseitig um die Mittellängsachse der Aufnahme eine oder mehrere umlaufende, als Verschleißmarkierungen dienende Vertiefungen eingebracht sind,
  6. ohne beim Angebot und/oder bei der Lieferung unübersehbar darauf hinzuweisen, dass die Rundschaftmeißel mit Verschleißschutzschreiben ohne die Zustimmung der Klägerin als Inhaberin des deutschen Patents DE XXX XX XXX nicht mit einem Meißelhalter der vorstehend beschriebenen Art zu einem Werkzeug der vorstehend vorbeschriebenen Art kombiniert werden dürfen;
  7. 2.
    an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 5.772,35 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. Oktober 2019 zu zahlen.
  8. II.
    Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu erstatten, der ihr durch in Ziffer I. bezeichneten und seit dem 7. April 2002 bis zum 14. Mai 2019 begangenen Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.
  9. III.
    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
  10. IV.
    Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 1/3 und die Beklagte 2/3.
  11. V.
    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 80.000,00 Euro, wobei für die Vollstreckung der einzelnen titulierten Ansprüche folgende Teilsicherheiten festgesetzt werden:
  12. Ziff. I. 1..: 67.000,00 Euro
    Ziff. I. 2. und III.: 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
  13. Tatbestand
  14. Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung des deutschen Patents DE 199 XX XXX C 5 (nachfolgend: Klagepatent, Anlage K 1) auf Auskunft und Rechnungslegung, Feststellung der Unterlassungsverpflichtung und der Schadensersatzpflicht sowie Zahlung vorgerichtlich entstandener Abmahnkosten in Anspruch.
  15. Eingetragene Inhaberin des Klagepatents, das am 14. Mai 1999 angemeldet wurde, ist die Klägerin, vormals firmierend unter A GmbH & Co. KG. Der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents wurde am 7. März 2002 veröffentlicht. Das Klagepatent wurde nach Durchführung des Einspruchsverfahrens beschränkt aufrechterhalten und ist am 14. Mai 2019 durch Zeitablauf erloschen.
  16. Das Klagepatent betrifft ein Werkzeug für eine Schräm-, Bergbau- oder Straßenfräsmaschine. Der von der Klägerin geltend gemachte Patentanspruch 1 lautet:
  17. Werkzeug für eine Schräm-, Bergbau- oder Straßenfräsmaschine mit einem Rundschaftmeißel, der einen Meißelkopf mit einer Meißelspitze und einen Meißelschaft aufweist, wobei der Meißelschaft in einer Aufnahme eines Halteansatzes eines Meißelhalters in Richtung der Mittellängsachse frei drehbar gehalten ist, wobei der Ansatz eine Stützfläche aufweist, die sich zumindest bereichsweise um die Aufnahme herum erstreckt und auf der eine Verschleißschutzscheibe mit einer Gegenfläche aufliegt, und wobei der Meißelkopf auf der der Stützfläche abgekehrten Oberseite der Verschleißschutzscheibe aufliegt,
    dadurch gekennzeichnet,
    dass sich die Stützfläche (22) quer zur Mittellängsachse (18) der Aufnahme (21) bis hin zu den äußeren Abmessungsbegrenzungen des an die Stützfläche (22) anschließenden Bereiches des Halteansatzes (24) erstreckt,
    dass die Verschleißschutzscheibe (30) mit ihrer Gegenfläche (31) den gesamten, radial außen liegenden Bereich der Stützfläche (22) überdeckt, dass die Verschleißschutzscheibe (30) um die Mittellängsachse der Aufnahme (21) drehbar gehalten ist, und
    dass der Halteansatz (24) mit einer oder mehreren Verschleißmarkierungen (23) versehen ist, die im Bereich hinter der Verschleißschutzscheibe (30) angeordnet sind,
    dass der Halteansatz (24) mit einem zylindrischen Vorsprung in Richtung der Mittellängsachse (18) der Aufnahme (21) gesehen über den Meißelhalter (20) vorsteht,
    dass die Stützfläche (22) am freien Ende des Vorsprungs angeordnet ist, dass der Vorsprung des Halteansatzes (24) im Querschnitt kreisförmig ausgebildet ist,
    dass die Stützfläche (22) eine ringförmige Gestaltung aufweist, und dass in den Vorsprung des Halteansatzes (24) umfangseitig eine oder mehrere um die Mittellängsachse (18) der Aufnahme (21) umlaufende, als Verschleißmarkierungen (23) dienende Vertiefungen eingebracht sind.
  18. Zur Veranschaulichung der erfindungsgemäßen Lehre wird nachfolgend Figur 1 der Patentbeschreibung wiedergegeben, die die Seitenansicht und im Teilschnitt einen Werkzeughalter mit einem daran befestigten Rundschaftmeißel zeigt:
  19. Die Beklagte bietet an und vertreibt in der Bundesrepublik Deutschland Rundschaftmeißel mit Schaft für Straßenfräsmaschinen mit den Modellbezeichnungen B, C, D, (…) (nachfolgend: „angegriffene Ausführungsform“). Das Schaftsystem dieser Rundschaftmeißel weist einen Durchmesser von 20 mm bzw. 22 mm auf. Der Durchmesser der Verschleißschutzscheibe der angegriffenen Ausführungsform beträgt 44 mm.
  20. Anlässlich der Messe E in F vom (…) bis zum (…) bewarb die Beklagte die angegriffene Ausführungsform mit dem als Anlage K 9 in Kopie vorgelegten Katalog wie folgt:
  21. Die angegriffenen Rundschaftmeißel der Beklagten können in Wechselhaltersystemen für Rundschaftmeißel von Straßenfräsmaschinen der GmbH (nachfolgend „G“) eingesetzt werden. Auf die Eignung der angegriffenen Ausführungsform für Straßenfräßmaschinen der G wies ein Mitarbeiter der Beklagten auf der E ausdrücklich hin. Ein solcher Meißelhalter ist beispielhaft aus der als Anlage K 16 vorgelegten Abbildung zu entnehmen:
  22. Insbesondere kann die angegriffene Ausführungsform in Meißelhalter der Systeme H, I, J, (…) und (…) eingesetzt werden. Im eingesetzten Zustand ergibt sich dabei – beispielhaft am Haltersystem H – das folgende Bild, das der von der Beklagten vorgelegten Anlage B 1 entstammt:
    Der Meißelhalter ist dunkelgrau gehalten. Auf die Stützfläche des Meißelhalters aufgesetzt ist die in hellgrau dargestellte Verschleißschutzscheibe des Rundschaftmeißels – hier ein Modell der G. Der Durchmesser der Stützflächen der Wechselhaltersysteme (…) beträgt 44 mm. Das Wechselhaltersystem H hat hingegen einen äußeren Durchmesser von 45 mm, der sich aufgrund einer Fase an der Oberkante auf einen Durchmesser der Oberfläche von unter 44 mm verjüngt.
  23. Die Klägerin ließ die Beklagte anlässlich ihres Messeauftritts auf der E telefonisch erfolglos abmahnen. Daraufhin führte die Klägerin, gestützt auf das Klagepatent, ein einstweiliges Verfügungsverfahren gegen die Beklagte. Mit dem als Anlage K 5 vorgelegten Beschluss vom 11. April 2019, Az. 4b O 28/19, erließ die Kammer die beantragte einstweilige Verfügung. Mit anwaltlichem Schreiben vom 17. Juni 2019 (Anlage K 10) forderte die Klägerin die Beklagte erfolglos zur Abgabe einer Abschlusserklärung sowie Anerkennung der weitergehenden Ansprüche auf Auskunft und Schadensersatz auf. Mit diesem Verfahren verfolgt sie ihre Ansprüche auf Auskunft und Schadensersatz sowie Feststellung der Verpflichtung zur Unterlassung bis zum Ablauf des Klageschutzrechts weiter.
  24. Die Klägerin ist der Ansicht, die angegriffenen Rundschaftmeißel mit Verschleißschutzscheibe verletzten das Klagepatent mittelbar. Die angegriffene Ausführungsform weise sämtliche Merkmale des Klagepatents, die auf Rundschaftmeißel bezogen seien, auf. Zudem verfüge die angegriffene Ausführungsform jeweils über eine Verschleißschutzscheibe mit einem Durchmesser von 44 mm. Damit überdecke sie den Meißelhalter, der ebenfalls einen Durchmesser von 44 mm aufweise. Die Verschleißschutzscheiben würden in der Weise in den Meißelhalter eingesetzt, dass diese auf der Stützfläche des Halteansatzes aufläge.
  25. Damit sei die angegriffene Ausführungsform technisch geeignet, in Meißelhalter gemäß dem Klagepatent, beispielsweise in Meißelhalter der G eingesetzt zu werden. Dies treffe nicht nur auf die Meißelhalter der Systeme (…) zu, bezüglich derer eine mittelbare Patentverletzung unstreitig gegeben sei, sondern auch hinsichtlich des Systems H. Die Meißelhalter dieses Systems wiesen einen Durchmesser von unter 44 mm auf, da die Stützfläche auf der Oberseite relevant abgeschrägt sei und diese daher von der Verschleißschutzscheibe mit einem Durchmesser von 44 mm, wie sie bei den angegriffenen Meißeln vorhanden sei, vollständig abgedeckt werde. Auch in gebrauchtem Zustand sei der Durchmesser der teilweise verschlissenen Oberfläche kleiner als 44 mm.
  26. Die Klägerin ist ferner der Ansicht, ihr stehe neben den geltend gemachten Ansprüchen auf Auskunft und Rechnungslegung sowie Feststellung der Schadensersatzverpflichtung ein Anspruch auf Kostenerstattung hinsichtlich der erfolgten Abmahnung sowie der Aufforderung zur Abgabe einer Abschlusserklärung zu. Dieser Anspruch sei aus einem Gegenstandswert von 200.000 Euro zu berechnen und belaufe sich auf eine 1,3 Geschäftsgebühr sowohl für die anwaltliche Tätigkeit als auch für den mitwirkenden Patentanwalt.
  27. Die Klägerin beantragt,
  28. I.
    festzustellen, dass die Beklagte bis zum 14. Mai 2019 verpflichtet war, es zu unterlassen,
  29. Rundschaftmeißel, die einen Meißelkopf mit einer Meißelspitze und einem Meißelschaft aufweisen, mit Verschleißschutzscheiben, zur Benutzung in einem Werkzeug für Schräm-, Bergbau- oder Straßenfräsmaschinen
    anzubieten und/oder zu liefern,
  30. wenn der Meißelschaft in der Aufnahme eines Halteansatzes eines Meißelhalters in Richtung der Mittellängsachse der Aufnahme unverlierbar, jedoch um diese Mittellängsachse frei drehbar gehalten ist, und der Halteansatz eine Stützfläche aufweist, die sich zumindest bereichsweise um die Aufnahme herum erstreckt und auf der die Verschleißschutzscheibe mit einer Gegenfläche aufliegt, wobei der Meißelkopf auf der der Stützfläche abgekehrten Oberseite der Verschleißschutzscheibe aufliegt, wobei sich die Stützfläche quer zur Mittellängsachse der Aufnahme bis hin zu den äußeren Abmessungsbegrenzungen des an die Stützfläche anschließenden Bereichs des Halteansatzes erstreckt und die Verschleißschutzscheibe mit ih¬rer Gegenfläche den gesamten, radial außenliegenden Bereich der Stützfläche überdeckt, und die Verschleißschutzscheibe um die Mittellängsachse der Aufnahme drehbar gehalten ist, und der Halteansatz mit einer oder mehreren Verschleißmarkierungen versehen ist, die im Bereich hinter der Verschleißschutzscheibe angeordnet sind, und mit einem zylindrischen Vorsprung in Richtung der Mittellängsachse der Aufnahme gesehen über den Meißelhalter vorsteht, und die Stützfläche am freien Ende des Vorsprungs angeordnet ist, wobei die Stützfläche eine ringförmige Gestalt aufweist, und der Vorsprung des Halteansatzes im Querschnitt kreisförmig ausgebildet ist und in den Vorsprung des Halteansatzes umfangseitig um die Mittellängs¬achse der Aufnahme eine oder mehrere umlaufende, als Verschleißmarkierungen dienende Vertiefungen eingebracht sind,
  31. ohne beim Angebot und/oder bei der Lieferung unübersehbar darauf hinzuweisen, dass die Rundschaftmeißel mit Verschleißschutzschreiben ohne die Zustimmung der Klägerin als Inhaberin des deutschen Patents DE 199 XX XXX nicht mit einem Meißelhalter der vorstehend beschriebenen Art zu einem Werkzeug der vorstehend vorbeschriebenen Art kombiniert werden dürfen;
  32. II.
    festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr allen Schaden zu erstatten, der ihr durch die in I. bezeichneten und seit dem 7. April 2002 bis zum 14. Mai 2019 begangenen Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird;
  33. III.
    1.
    die Beklagte zu verurteilen, ihr für die Zeit ab dem 7. April 2002 bis zum 14. Mai 2019 Auskunft zu erteilen und Rechnung zulegen über die in I. bezeichneten und seit dem 7. April 2002 bis zum 14. Mai 2019 begangenen Handlungen, und zwar unter Vorlage eines geordneten Verzeichnisses unter Beifügung von Belegen (Rechnungskopien) unter Angabe
  34. a) der Menge der erhaltenen und/oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer, unter Angabe von Liefermengen, Lieferzeiten und Lieferpreisen,
    b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen,
    -zeiten und -preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
    c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, unter Einschluss der Internet-Werbung,
    d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
    wobei
     der Beklagten vorbehalten bleiben mag, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger und der nicht gewerblichen Abnehmer statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidig¬ten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die durch seine Einschaltung entstehenden Kosten trägt und ihn zugleich ermächtigt, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob bestimmte Abnehmer und/oder Lieferanten in der erteilten Rechnung ent¬halten sind,
     die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben zu a) und b) durch Vorlage von Kopien der Rechnungen, hilfsweise Lieferscheinen, sowie die Richtigkeit der Angaben zu c) unter Vorlage von Kopien der Angebote nachzuweisen;
  35. 2.
    die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von € 7.450,29 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. Oktober 2019 zu zahlen.
  36. Die Beklagte beantragt,
  37. die Klage abzuweisen,
  38. hilfsweise,
  39. der Beklagten zu gestatten, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung, die auch in Form einer Bankbürgschaft erbracht werden kann, ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung der Klägerin abzuwenden.
  40. Die Beklagte ist der Ansicht, eine mittelbare Verletzung des Klagepatents läge jedenfalls dann nicht vor, wenn die angegriffenen Rundschaftmeißel in dem Meißelhalter H der G eingesetzt werden.
  41. Der als Anlage B 1 vorgelegten Broschüre sei zu entnehmen, dass die Stützfläche des Meißelhalters einen Außendurchmesser von 45 mm aufweise. Denn die G beschreibe in dieser Broschüre, dass die J Rundschaftmeißel über eine exakt auf den Meißelhalter abgestimmte Verschleißscheibe mit einem Scheibenaußendurchmesser von 45 mm verfügen, die das Meißelhalteroberteil komplett abdecken. Bei einem Außendurchmesser der Verschleißscheibe von 45 mm müsse daher auch die Stützfläche des Meißelhalters einen Außendurchmesser von 45 mm aufweisen.
  42. Die Verschleißschutzscheibe der angegriffenen Ausführungsform, die unstreitig einen Durchmesser von 44 mm aufweist, überdecke damit nicht die Stützfläche des Meißelhalters des Systems H. Im Betrieb würde sich die Verschleißscheibe der angegriffenen Ausführungsform daher in die Stützfläche des Meißelhalters einarbeiten, was das Klagepatent gerade verhindern wolle. Somit sei nicht zwingend eine Patentverletzung vorgegeben, wenn die angegriffenen Rundschaftmeißel bei einer Straßenfräsmaschine mit Wechselhaltersystem der G eingesetzt werden. Es fehle an der objektiven Eignung zur unmittelbaren Patentverletzung.
  43. Zudem sei der Feststellungsantrag zur Ergänzung der einstweiligen Verfügung unzulässig. Es fehle jedenfalls an einem Feststellungsinteresse hinsichtlich des Antrags zu I., mit dem die Feststellung eines Unterlassungsanspruchs für ein abgelaufenes Schutzrecht geltend gemacht werden soll.
  44. Schließlich könne die Klägerin Erstattung der Kosten des Patentanwalts für das Abschlussschreiben nicht verlangen.
  45. Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
  46. Entscheidungsgründe
  47. Die Klage ist teilweise unzulässig. Soweit sie zulässig ist, ist die Klage überwiegend begründet.
  48. A.
    Der Klageantrag zu I. ist unzulässig. Die Voraussetzungen für eine Feststellungsklage, wie sie mit dem Antrag zu I. geltend gemacht wird, liegen nicht vor.
  49. Eine Feststellungsklage setzt gemäß § 256 Abs. 1 ZPO voraus, dass der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass ein Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Im Streitfall fehlt es am erforderlichen Feststellungsinteresse.
  50. Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Beklagte ihr gegenüber bis zum 14. Mai 2019 zur Unterlassung aus dem Anspruch 1 des Klagepatents verpflichtet war. Zwar begründet ein Unterlassungsanspruch grundsätzlich ein Rechtsverhältnis zwischen Anspruchsgläubiger und Anspruchsschuldner. Im Streitfall ist die Feststellung aber auf ein vergangenes Rechtsverhältnis gerichtet, da nur das Bestehen der Verpflichtung bis zum 14. Mai 2019 festgestellt werden soll und ein Unterlassungsanspruch für die Zeit danach aufgrund Ablaufs der Schutzdauer des Klagepatents unstreitig nicht besteht. Dies genügt nicht zur Begründung eines Feststellungsinteresses.
  51. Das Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO muss grundsätzlich ein gegenwärtiges sein (Zöller/Greger, ZPO 33. Aufl.: § 256 Rn 3a). Ein vergangenes Rechtsverhältnis kann nur Gegenstand einer Feststellungsklage sein, wenn sich aus ihm nach dem Klagevortrag noch fortdauernde Rechtsfolgen oder ein gesteigertes Rehabilitierungsbedürfnis ergeben (Zöller/Greger, ZPO 33. Aufl.: § 256 Rn 3a m.w.Nw.). Von fortdauernden Rechtsfolgen eines vergangenen Rechtsverhältnisses kann beispielsweise ausgegangen werden, wenn das Rechtsverhältnis die Grundlage für einen vom Kläger jetzt verfolgten Anspruch bildet (BGH Urt. v. 29.04.1958, VIII ZR 198/57) oder zur Folge hat, dass noch Ansprüche zumindest dem Grunde nach bestehen (BAG Urt. v. 15.12.1999, 5 AZR 457/98). Ein gesteigertes Rehabilitierungsbedürfnis ist unzweifelhaft nicht gegeben. Aber auch fortdauernde Rechtsfolgen sind weder vorgetragen, noch ersichtlich.
  52. Die Klägerin begründet ihr Feststellungsinteresse im Wesentlichen damit, dass die Beklagte keine Abschlusserklärung abgegeben habe. Es bestehe die Gefahr, dass nach Eintritt der Verjährung des Unterlassungsanspruchs auf den Antrag der Beklagten hin die einstweilige Verfügung aufgehoben werde. Dies könne nur dadurch vermieden werden, dass im Rahmen des Hauptsacheverfahrens der (vorläufige) Verfügungsbeschluss bestätigt werde. Dies sei, nachdem die Schutzdauer des Klagepatents abgelaufen sei, nur im Wege der Feststellung möglich.
  53. Davon ausgehend kommen allenfalls fortdauernde Rechtsfolgen aufgrund der einstweiligen Verfügung vom 11. April 2019 in Betracht. Aber auch solche bestehen nicht. Da das Klagepatent mittlerweile erloschen ist, besteht ein Unterlassungsanspruch nicht mehr. Die einstweilige Verfügung entfaltet infolgedessen keine Wirkung mehr. Es ist auch nicht vorgetragen, dass die einstweilige Verfügung im Hinblick auf etwaige Zuwiderhandlungen gegen das Unterlassungsgebot noch als Rechtsgrundlage für ein Zwangsvollstreckungsverfahren dient. Der Klägerin geht es im Ergebnis vielmehr darum, durch die begehrte Feststellung einer möglichen Aufhebung der einstweiligen Verfügung und der damit ggf. verbundenen Kostenlast zu entgehen. Dieses Rechtsschutzziel ließe sich mit der Feststellung einer früheren Unterlassungsverpflichtung jedoch nicht erreichen. Vielmehr stehen der Klägerin andere, einfachere Wege zur Verfügung, eine Kostenlast infolge einer etwaigen Aufhebung der einstweiligen Verfügung zu vermeiden.
  54. Die Feststellung eines früheren, aber mittlerweile erloschenen Anspruchs auf Unterlassung ist nicht geeignet, die Verjährung zu hemmen und insofern die Aufhebung der einstweiligen Verfügung wegen veränderter Umstände zu verhindern. Denn die Verjährung setzt einen bestehenden Anspruch voraus. Durch den Eintritt der Verjährung erhält der Schuldner des Anspruchs gemäß § 214 Abs. 1 BGB lediglich ein dauerhaftes Leistungsverweigerungsrecht; der Anspruch selbst bleibt bestehen. Im Streitfall fehlt es jedoch an einem bestehenden Unterlassungsanspruch, da das Klagepatent mittlerweile erloschen ist.
  55. Demnach droht auch nicht die Aufhebung der einstweiligen Verfügung wegen des Eintritts der Verjährung des Unterlassungsanspruchs, sondern wegen des Ablaufs der Schutzdauer des Klagepatents. Aber auch dagegen schützt die begehrte Feststellung nicht. Das ist auch nicht notwendig, weil der Klägerin insoweit, insbesondere aus den Rechtsbehelfen der §§ 924, 926, 927 ZPO keine Nachteile drohen, die sie nur mit der begehrten Feststellung abwenden könnte. Auf einen Widerspruch der Beklagten gegen die einstweilige Verfügung gemäß § 924 BGB wäre eine Erledigungserklärung im Hinblick auf das Erlöschen des Klagepatents die prozessual richtige Reaktion der Klägerin, um der negativen Kostenfolge zu entgehen. Die Feststellung einer früher bestehenden Verpflichtung zur Unterlassung hindert nicht die Aufhebung der einstweiligen Verfügung wegen des mittlerweile eingetretenen Fortfalls des Unterlassungsanspruchs. Ein Antrag auf Fristsetzung zur Klageerhebung gemäß § 926 ZPO wird hingegen aufgrund eindeutiger Erfolglosigkeit der Hauptsacheklage als unzulässig anzusehen sein (Zöller/Vollkommer, ZPO 33. Aufl.: § 926 Rn 12). Selbst wenn er als zulässig erachtet werden sollte, bestehen Zweifel, ob die begehrte Feststellung, weil sie in ihren Wirkungen hinter der Unterlassungsverfügung zurückbleibt, die Aufhebung der einstweiligen Verfügung verhindern kann. Jedenfalls besteht ein etwaiges Feststellungsinteresse nicht vor dem Antrag auf Fristsetzung zur Hauptsacheklage (LG Düsseldorf, Urt. v. 29.06.2004 – 4a O 201/03). Einem Antrag auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung könnte die Klägerin schließlich durch einen Verzicht auf die Rechte aus der einstweiligen Verfügung und die Rückgabe des Titels begegnen (vgl. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 12. Aufl.: Kap. 56 Rn 37a), ohne auf ihre Kostenerstattungsansprüche verzichten zu müssen, weil die einstweilige Verfügung ursprünglich zulässig und begründet war. Insofern gilt nichts anderes als nach rechtskräftiger Verurteilung zur Unterlassung in der Hauptsache: Auch in dem Fall droht die Aufhebung der einstweiligen Verfügung wegen Wegfalls des Verfügungsgrundes (Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 12. Aufl.: Kap. 56 Rn 33), dem die Klägerin durch vorherigen Verzicht auf die Rechte aus der einstweiligen Verfügung und ihre Rückgabe begegnen kann. Die Feststellung einer früheren Unterlassungspflicht vermag insofern ebenfalls nicht die Aufhebung der einstweiligen Verfügung zu verhindern.
  56. Ein Feststellungsinteresse lässt sich auch nicht damit begründen, dass die Beklagte keine Abschlusserklärung abgegeben hat und die Klägerin damit auf ein Hauptsacheverfahren verwiesen war, um den vorläufig gesicherten Anspruch zu titulieren. Es ist bereits zweifelhaft, ob der Beklagten der Vorwurf gemacht werden kann, keine Abschlusserklärung abgegeben zu haben. Denn grundsätzlich ist es Sache der Klägerin, ihre Ansprüche vor Ablauf des Klagepatents so rechtzeitig durchzusetzen, dass sie keinen Rechtsverlust erleidet. Letztlich bedarf dies jedoch keiner Entscheidung. Denn selbst wenn man dies anders sieht, wird dadurch ein Feststellungsinteresse nicht begründet. Durch Verweigerung der Abgabe einer Abschlusserklärung hat die Klägerin keine Rechtsposition verloren, die sie nunmehr durch die begehrte Feststellung oder jedenfalls nicht auf einem anderen, einfacheren Weg erlangen könnte. Eine vor Ablauf des Klagepatents von der Beklagten abgegebene Abschlusserklärung hätte grundsätzlich keine über die Schutzdauer des Klagepatents hinausgehenden Wirkungen begründen können, da ihr Erklärungsinhalt regelmäßig auf den Zweck, die angestrebte Gleichstellung des vorläufigen mit dem Hauptsachetitel zu erreichen, beschränkt ist (vgl. BGH GRUR 2009, 1096, 1098 – Mescher weis). Eine Verurteilung zur Unterlassung ist jedoch regelmäßig dahingehend zu verstehen, dass die Unterlassung nur für die Dauer des Patents verlangt wird (vgl. zum Klageantrag: Benkard/Grabinski/Zülch, PatG 11. Aufl.: § 139 Rn 34). Nach Ablauf des Klagepatents konnte die Klägerin hingegen nicht mehr ernsthaft die Abgabe einer Abschlusserklärung verlangen, weil ein Unterlassungsanspruch nicht mehr bestand. Eine andere Rechtsposition hätte die Klägerin im Übrigen auch nicht erlangt, wenn sie noch vor Ablauf des Klagepatents Klage auf Unterlassung erhoben hätte. Aufgrund der Verfahrensdauer war ein Unterlassungstitel vor Ablauf des Klagepatents nie zu erreichen. Vielmehr hätte die Klägerin mit Ablauf der Schutzdauer den Rechtsstreit verständigerweise in der Hauptsache für erledigt erklären müssen, um der Klageabweisung und der damit verbundenen nachteiligen Kostenfolge zu entgehen.
  57. Damit ist der Klägerin aber auch im vorliegenden Fall noch ein weiterer einfacherer Weg vorgezeichnet, ihr Rechtsschutzziel zu erreichen. Statt einen Widerspruch der Beklagten oder einen Antrag nach §§ 926, 927 ZPO abzuwarten, kann sie eine für sich nachteilige Kostenfolge auch dadurch verhindern, dass sie das einstweilige Verfügungsverfahren nunmehr für erledigt erklärt. Dem wird sich auch die Beklagte nicht verschließen können mit der Folge, dass gemäß § 91a ZPO der Beklagten die Kosten des Verfügungsverfahrens aufzuerlegen sind, da durch den Ablauf der Schutzdauer des Klagepatents der Unterlassungsanspruch nunmehr erloschen ist. Andernfalls wird die Erledigung des Verfügungsverfahrens streitig festgestellt mit der gleichen Kostenfolge für die Beklagte.
  58. B.
    Die Klage ist überwiegend begründet.
  59. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung sowie Schadensersatz dem Grunde nach aus §§ 139 Abs. 2, 140b Abs. 1 PatG, §§ 242, 259 BGB. Angebot und Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen stellen eine mittelbare Verletzung von Anspruch 1 des Klagepatents dar.
  60. I.
    Das Klagepatent betrifft ein Werkzeug für eine Schräm-, Bergbau- oder Straßenfräsmaschine mit einem Rundschaftmeißel (Abs. [0001], Textstellen ohne Bezugsangabe stammen aus der Klagepatentschrift).
  61. In der Klagepatentschrift wird dazu ausgeführt, dass ein derartiges Werkzeug im Stand der Technik aus der EP 0 639 XXX A 1 bekannt gewesen sei. Beschrieben werde ein Werkzeug, das einen Meißelhalter und einen darin gelagerten Rundschaftmeißel aufweise. Der Rundschaftmeißel weise seinerseits einen Meißelkopf mit einem daran einstöckig angeformten Meißelschaft auf. Dieser Meißelschaft weise eine im Wesentlichen zylindrische Geometrie auf und sei von einer Spannhülse umgeben. Mit dieser werde der Rundschaftmeißel in einer Aufnahme des Meißelhalters gehalten. Dies geschehe dadurch, dass sich die Spannhülse in der Aufnahme verspreize. Aus Gründen des Verschleißschutzes läge der Rundschaftmeißel mit seinem Kopf nicht direkt auf einer zugeordneten Stützfläche des Meißelhalters auf. Vielmehr sei eine Verschleißschutzscheibe dazwischengelegt. Diese Verschleißschutzscheibe sei auf den Meißelschaft des Rundschaftmeißels aufgezogen. Um zu verhindern, dass die Verschleißschutzscheibe während des Werkzeugeinsatzes rotiere und damit auf der Stützfläche entlangschleife, seien unterschiedliche Haltemittel vorgesehen, mit denen die Verschleißschutzscheibe an dem Meißelhalter fixiert werde (Abs. [0002]).
  62. Ein weiteres Werkzeug sei aus der DE 37 01 XXX C 1 bekannt. In der Klagepatentschrift wird erläutert, dass bei diesem Werkzeug ein Rundschaftmeißel drehbar in der als Bohrung ausgebildeten Aufnahme des Meißelhalters gelagert sei. Zwischen dem Meißelkopf und der Stützfläche sei die Verschleißschutzscheibe angeordnet. An der Oberseite dieser Verschleißschutzscheibe schleife der Meißelkopf während des Arbeitseinsatzes in Folge der Rotationsbewegung des Rundschaftmeißels. In Folge der Reibekräfte drehe sich die Verschleißschutzscheibe ebenfalls und schleife über die Stützfläche des Werkzeughalters. Dadurch entstehe ein Verschleiß sowohl der Verschleißschutzscheibe als auch des Meißelhalters. In Folge des Verschleißes des Meißelhalters arbeite sich die Verschleißschutzscheibe in die Stützfläche des Meißelhalters ein. Dadurch sei der an die Stützfläche angrenzende Bereich des Meißelhalters einem starken Verschleiß ausgesetzt (Abs. [0003]).
  63. Ausgehend von den im Stand der Technik bekannten Problemen, liegt der Erfindung die Aufgabe (technisches Problem) zugrunde, ein Werkzeug der eingangs erwähnten Art zu schaffen, bei dem der Meißelhalter besser vor Verschleißeinwirkung geschützt ist und bei dem eine Verschleißerkennung einfach durchführbar ist.
  64. Zur Lösung des Problems schlägt das Klagepatent ein Werkzeug für eine Schräm-, Bergbau- oder Straßenfräsmaschine mit den Merkmalen des Anspruchs 1 vor, die nachstehend in gegliederter Form wiedergegeben sind:
  65. a) das Werkzeug hat
    I) einen Meißelhalter (20),
    II) einen Rundschaftmeißel (10) und
    III) eine Verschleißschutzscheibe (30);
    b) der Meißelhalter (20) weist
    – eine Aufnahme (21) für den Rundschaftmeißel (10) sowie
    – einen Halteansatz (24) mit einer Stützfläche (22) auf;
    c) der Halteansatz (24)
    (a) steht – in Richtung der Mittellängsachse (18) der Aufnahme (21) gesehen – mit einem Vorsprung über den Meißelhalter (20) vor;
    (b) ist mit einer oder mehreren Verschleißmarkierungen (23) ver¬sehen, die im Bereich hinter der Verschleißschutzscheibe (30) angeordnet sind;
    d) der Vorsprung des Halteansatzes (24) ist
    (a) im Querschnitt kreisförmig ausgebildet und zylindrisch,
    (b) umfangseitig mit einer oder mehreren Vertiefungen (23) versehen, die um die Mittellängsachse (18) der Meißelaufnahme (21) umlaufen und als Verschleißmarkierung dienen;
    e) die Stützfläche (22) des Halteansatzes (24)
    (a) erstreckt sich quer zur Mittellängsachse (18) der Aufnahme (21) bis hin zu den äußeren Abmessungsbegrenzungen des an die Stützfläche (22) anschließenden Bereichs des Halteansatzes (24),
    (b) erstreckt sich zumindest bereichsweise um die Meißelaufnahme (21) herum,
    (c) ist am freien Ende des Vorsprungs des Halteansatzes (24) angeordnet.
    (d) weist eine ringförmige Gestaltung auf;
    f) der Rundschaftmeißel (10) weist
    (a) einen Meißelkopf (11) und
    (b) einen Meißelschaft (14) auf;
    g) der Meißelkopf (11)
    (a) hat eine Meißelspitze (12)
    (b) liegt auf der der Stützfläche (22) des Halteansatzes (24) abge¬kehrten Oberseite der Verschleißschutzscheibe (30) auf;
    h) der Meißelschaft (14) ist in der Aufnahme (21) des Halteansatzes
    (24) des Meißelhalters (20) gehalten, und zwar
    (a) in Richtung der Mittellängsachse (18) der Aufnahme (21) unverlierbar,
    (b) jedoch um diese Mittellängsachse (18) frei drehbar;
    i) die Verschleißschutzscheibe (30)
    (a) überdeckt mit ihrer Gegenfläche (31) den gesamten, radial außenliegenden Bereich der Stützfläche (22) des Halteansatzes (24),
    (b) liegt mit ihrer Gegenfläche (31) auf der Stützfläche (22) des Halteansatzes (24) auf und
    (c) ist um die Mittellängsachse (18) der Meißelaufnahme (21) drehbar gehalten.
  66. II.
    Bei der angegriffenen Ausführungsform handelt es sich um ein Mittel, das sich auf ein wesentliches Element der Erfindung bezieht, das die Beklagte zur Benutzung der Erfindung im Geltungsbereich dieses Gesetzes anbietet und liefert, obwohl es auf Grund der Umstände jedenfalls offensichtlich ist, dass dieses Mittel dazu geeignet und bestimmt ist, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden, § 10 Abs. 1 PatG.
  67. 1.
    Die angegriffene Ausführungsform ist objektiv geeignet, in einem Meißelhalter im Sinne des Klagepatentanspruchs verwendet zu werden. Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht sämtliche Merkmale, die für einen Rundschaftmeißel mit einer Verschleißschutzscheibe im Sinne der Lehre des Klagepatents erforderlich sind, und kann in einen Meißelhalter, der den Merkmalsgruppen 2 bis 5 entspricht, erfindungsgemäß eingebracht werden. Dies ist zwischen den Parteien unstreitig. Ob es auch dann, wenn die angegriffene Ausführungsform in einem Meißelhalter des Typs H der G eingesetzt wird, zu einer Patentverletzung kommt, ist an dieser Stelle unerheblich. Denn es kommt lediglich auf die objektive Eignung für die patentgemäße Verwendung in einem (zumindest gedachten) Meißelhalter an, die hier zu bejahen ist.
  68. 2.
    Handelt es sich bei der angegriffenen Ausführungsform um ein Mittel, das zusammen mit einem Meißelhalter ein Werkzeug im Sinne des Klagepatentanspruchs bilden kann, bezieht es sich zugleich auf ein wesentliches Element der Erfindung. Das ist nämlich der Fall, wenn das Mittel geeignet ist, mit einem wesentlichen, nämlich im Patentanspruch genannten Erfindungselement funktional so zusammenzuwirken, dass es zu einer Verwirklichung des Erfindungsgedankens kommt (BGH GRUR 2004, 758, 760 – Flügelradzähler; GRUR 2005, 848 – Antriebsscheibenaufzug; GRUR 2006, 570 – extracoronales Geschiebe). Im Streitfall ist der streitgegenständliche Rundschaftmeißel ein wesentlicher Bestandteil des erfindungsgemäßen Werkzeugs.
  69. 3.
    Es ist unstreitig, dass die Beklagte die angegriffene Ausführungsform in der Bundesrepublik Deutschland anbietet und liefert. Dies geschieht auch „zur Benutzung der Erfindung“, weil der jeweilige Abnehmer in die Lage versetzt wird, die angegriffene Ausführungsform mit einem Meißelhalter für ein erfindungsgemäßes Werkzeug zu verwenden. Regelmäßig geschieht dies, d.h. die Benutzung der Erfindung, auch in der Bundesrepublik Deutschland.
  70. 4.
    Es ist für die Beklagte aufgrund der Umstände jedenfalls offensichtlich, dass die angegriffene Ausführungsform zur Verwendung in einem erfindungsgemäßen Meißelhalter geeignet und bestimmt ist.
  71. Für die Offensichtlichkeit ist maßgeblich, ob im Zeitpunkt des Angebots oder der Lieferung nach den gesamten Umständen des Falls die drohende Patentverletzung aus der Sicht des Anbieters oder Lieferanten so deutlich erkennbar war, dass ein Angebot oder eine Lieferung der wissentlichen Patentgefährdung gleichzustellen ist (BGH GRUR 2007, 679 – Haubenstretchautomat). Es genügt, wenn aus der Sicht des Dritten bei objektiver Betrachtung nach den Umständen die hinreichend sichere Erwartung besteht, dass der Abnehmer die angebotenen oder gelieferten Mittel zur patentverletzenden Verwendung bestimmen wird (BGH GRUR 2006, 839 – Deckenheizung). Zur Feststellung dieses Tatbestandsmerkmals kann auf Erfahrungen des täglichen Lebens zurückgegriffen werden (BGH GRUR 2005, 848, 851 – Antriebsscheibenaufzug). Regelmäßig liegt der notwendig hohe Grad der Erwartung einer Patentverletzung dann vor, wenn der Anbieter oder Lieferant selbst eine solche Benutzung vorgeschlagen hat (BGH GRUR 2007, 679 – Haubenstretchautomat). Dies kann der Fall sein, wenn in Bedienungsanleitungen oder dergleichen der Angebotsempfänger oder Belieferte darauf hingewiesen wird, das Mittel in einer klagepatentgemäßen Weise zu verwenden, weil die Erfahrung dafür spricht, dass sich der Angebotsempfänger oder Abnehmer nach derartigen Anleitungen oder Empfehlungen richten wird (BGH GRUR 2005, 848, 853 – Antriebsscheibenaufzug).
  72. Nach diesen Grundsätzen ist die Offensichtlichkeit der Verwendungsbestimmung zu bejahen.
  73. Am 8. April 2014 hat ein Mitarbeiter der Beklagten auf der Messe E gegenüber Besuchern des Messestandes ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die im Katalog – vorgelegt als Anlage K 9 – dargestellte angegriffene Ausführungsform für Straßenfräsmaschinen der G geeignet ist. Es handelt sich dabei um ein Angebot mit der Empfehlung, die angegriffenen Rundschaftmeißel in Meißelhalter der Wechselhaltersysteme der G einzusetzen. Zu diesen gehören die Systeme (…) und H. Für sie ist mit Ausnahme des Systems H unstreitig, dass die angegriffene Ausführungsform mit dem Einsatz in diesen Systemen im Sinne von § 10 Abs. 1 PatG zur Benutzung der Erfindung des Klagepatents verwendet wird.
  74. Ob auch der Einsatz der angegriffenen Ausführungsform in einem Wechselhaltersystem des Typs H eine Benutzung der Lehre des Klagepatents darstellt, kann dahinstehen. Selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, ist mit dem für die Offensichtlichkeit im Sinne von § 10 Abs. 1 PatG erforderlichen hohen Grad der Erwartung einer Patentverletzung davon auszugehen, dass die Angebotsempfänger und Abnehmer die angegriffene Ausführungsform patentgemäß verwenden werden. Die G hat in der Bundesrepublik Deutschland einen Anteil von ca. 93% am Markt für Straßenfräsmaschinen und Wechselhaltersysteme. Angebot und Lieferung der angegriffenen Ausführungsform erfolgen daher mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit für einen Einsatz in den Wechselhaltersystemen der G. Nach dem unbestrittenen Vortrag der Klägerin ist zudem derzeit davon auszugehen, dass dabei – unter außer-Acht-Lassung des hier allein streitigen Systems H – nur Wechselhaltersysteme im Einsatz sind, die patentgemäß ausgestaltet sind, d.h. die bei Verwendung der angegriffenen Ausführungsform zu einer Benutzung der Lehre des Klagepatents führen. Infolgedessen war aus Sicht der Beklagten im Zeitpunkt des Angebots oder der Lieferung nach den gesamten Umständen des Falls eine drohende Patentverletzung sicher erkennbar. Selbst wenn der Einsatz der angegriffenen Ausführungsform im System H keine patentgemäße Verwendung darstellen sollte, hing die Verwendungsbestimmung nur noch davon ab, mit welchem Wechselhaltersystem der Angebotsempfänger oder Abnehmer die Straßenfräsmaschine betreiben wollte oder betrieb. Dabei war die weit überwiegende Zahl der Wechselhaltersysteme – nämlich alle Systeme mit Ausnahme ggf. des Modells H – patentgemäß ausgestaltet. Wird weiterhin berücksichtigt, dass der Beklagten ausweislich der außergerichtlichen Korrespondenz sogar ansatzweise bekannt ist (vgl. S. 3 der Anlage K 11) und nach dem Vortrag der Klägerin es ihren und den Gepflogenheiten der G entspricht nachzufragen, in welchen Wechselhaltersystemen die angegriffenen Meißel eingesetzt werden, bestehen an der Offensichtlichkeit der Verwendungsbestimmung der Angebotsempfänger und Abnehmer keine Zweifel.
  75. Einer Entscheidung darüber, ob auch der Einsatz der angegriffenen Ausführungsform in dem System H patentgemäß ist, bedarf es nach alledem nicht. Vor allem bildet diese Fragestellung keinen eigenen Streitgegenstand, der zu bescheiden ist. Darauf hat auch die Klägerin zu Recht wiederholt hingewiesen, da § 10 PatG nicht einmal die konkrete Verwendung, sondern nur die Kenntnis oder jedenfalls die Offensichtlichkeit der subjektiven Bestimmung zu einer patentgemäßen Verwendung voraussetzt.
  76. III.
    Da die Beklagte Mittel zur Benutzung der patentierten Erfindung gemäß § 10 Abs. 1 PatG anbietet und liefert, ohne dazu berechtigt zu sein, ergeben sich die nachstehenden Rechtsfolgen.
  77. 1.
    Die Klägerin hat gegen die Beklagte dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 1 und 2 PatG.
  78. Das für die Zulässigkeit des Feststellungsantrags gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass die Klägerin derzeit nicht in der Lage ist, den konkreten Schaden zu beziffern und ohne eine rechtskräftige Feststellung der Schadensersatzpflicht die Verjährung von Schadensersatzansprüchen droht.
  79. Der Feststellungsantrag ist auch begründet, weil die Beklagte die Patentverletzung schuldhaft beging. Als Fachunternehmen hätte die Beklagte die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Zudem ist es nicht unwahrscheinlich, dass der Klägerin als Inhaberin des Klagepatents durch die Patentverletzung ein Schaden entstanden ist. Ob der Klägerin ein bezifferbarer Schaden entstanden ist, den sie gemäß § 139 Abs. 2 PatG ersetzt verlangen kann, bedarf keiner abschließenden Klärung. Ein auf Feststellung der Schadensersatzpflicht gerichteter Klageantrag ist, sofern eine Schutzrechtsverletzung vorliegt, schon dann begründet, wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit für den Eintritt eines Schadens besteht. Diese braucht nicht hoch zu sein. Ob und was für ein Schaden entstanden ist, bedarf keiner Klärung, wenn nach der Erfahrung des täglichen Lebens der Eintritt eines Schadens mit einiger Sicherheit zu erwarten ist. Hierfür genügt es in der Regel, wenn zumindest eine rechtswidrig und schuldhaft begangene Verletzungshandlung vorliegt (BGH GRUR 2013, 713, 714 – Fräsverfahren m.w.Nw.). Als Verletzungshandlung in diesem Sinn reicht eine mittelbare Patentverletzung i.S.v. § 10 Abs. 1 PatG grundsätzlich aus. Dies gilt sogar dann, wenn lediglich die Verletzungsform des Anbietens festgestellt ist. (BGH GRUR 2013, 713, 714 f. – Fräsverfahren).
  80. Nach diesen Grundsätzen ist nicht nur ein Schadenseintritt wahrscheinlich, sondern es bedarf auch keiner Entscheidung, ob der Einsatz der angegriffenen Rundschaftmeißel in konkreten Meißelhaltern wie dem H tatsächlich zu einer Patentverletzung führte. Bereits die mittelbare Verletzung, für die die Frage einer Benutzung des Klagepatents durch die Verwendung von Wechselhaltersystemen des Typs H keiner Beantwortung bedarf, begründet die Schadensersatzpflicht dem Grunde nach.
  81. Ob aufgrund eines etwaigen patentfreien Einsatzes der angegriffenen Ausführungsform nur solche Angebote und Lieferungen eine mittelbare Verletzung begründen, die ohne Warnhinweis erfolgten, bedarf ebenfalls keiner Entscheidung, weil die Klägerin den Antrag bereits auf solche Verletzungshandlungen beschränkt hat, die ohne einen entsprechenden Warnhinweis erfolgten. Hingegen konnte von der Antragsgegnerin nicht verlangt werden, dass sie ihre Abnehmer darüber hinaus zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung verpflichtet. Weil dies wegen der absehbaren Reaktionen der potenziellen Abnehmer wirtschaftlich einem uneingeschränkten Verbot des Vertriebs gleichkommen kann, nicht vorgetragen ist, dass ein Warnhinweis nach den konkreten Umständen des Einzelfalls unzureichend ist, und auch sonst keine Umstände ersichtlich sind, die das Erfordernis einer Verpflichtung zur Abnahme einer strafbewehrten Unterlassungserklärung begründen könnten (BGH GRUR 2007, 679, 685 – Haubenstretchautomat m.w.N.), hat die Klägerin, was die Beklagte zu Recht nicht in Frage stellt, nicht die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung bei jeder Lieferung verlangt.
  82. 2.
    Der Klägerin steht gegen die Beklagte auch ein Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 140b Abs. 1 PatG, §§ 242, 259 BGB zu. Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsform ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus § 140b Abs. 1 PatG, der Umfang der Auskunftspflicht aus § 140b Abs. 3 PatG. Die weitergehende Auskunftspflicht und die Verpflichtung zur Rechnungslegung folgen aus §§ 242, 259 BGB, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern. Die Klägerin ist auf die tenorierten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagten werden durch die von ihnen verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Wie auch im Fall des Schadensersatzes ist eine Beschränkung der Auskunft auf solche Rundschaftmeißel, die tatsächlich patentgemäß verwendet wurden, nicht angezeigt.
  83. 3.
    Schließlich hat die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 5.772,35 EUR aus § 139 Abs. 2 PatG bzw. §§ 677, 683, 670 BGB.
  84. a)
    Der Anspruch auf Erstattung der durch die Abmahnung entstandenen Kosten ist der Höhe nach zu Recht unstreitig. Geltend gemacht ist die Hälfte einer 1,3 Geschäftsgebühr aus einem Streitwert von 100.000,00 EUR zuzüglich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer, mithin 1.174,47 EUR.
  85. b)
    Weiterhin hat die Klägerin gegen die Beklagte in Höhe von 4.697,88 Euro einen Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten, soweit sie die Beklagte mit Schreiben vom 17. Juni 2019 (Anlage K 10) zur Auskunft und Anerkenntnis ihrer Schadensersatzpflicht aufforderte.
  86. Ein Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten für die Aufforderung zur Abgabe einer Abschlusserklärung in Bezug auf die einstweilige Verfügung besteht hingegen nicht. Ein solcher Anspruch ergibt sich weder aus § 139 Abs. 2 PatG noch aus §§ 677, 683, 670 BGB. Das Abschlussschreiben vom 17. Juni 2019 war nicht erforderlich, weil das Klagepatent mittlerweile erloschen war und ein Unterlassungsanspruch infolgedessen nicht mehr bestand. Daher konnte auch von der Beklagten nicht mit Erfolg verlangt werden, die einstweilige Verfügung als materiell-rechtlich verbindliche Regelung anzuerkennen. Von der Beklagten kann kein Verhalten verlangt werden, dass die Klägerin nicht auch in einem Hauptsacheverfahren durchsetzen kann. Ein Unterlassungsanspruch hätte aber unter keinem Gesichtspunkt mehr zugesprochen werden können.
  87. Die vorgerichtlich entstandenen Rechtsverfolgungskosten sind im Hinblick auf die Geltendmachung weitergehender Ansprüche auf Auskunft und Schadensersatz aus einem Streitwert von 100.000 Euro und einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr (vgl. BGH, GRU 2015, 822 – Kosten für Abschlussschreiben II; Voß in Cepl/Voß, Prozesskommentar zum Gewerblichen Rechtsschutz2. Auflage 2018, § 922 Rn. 25) angefallen. Danach belaufen sich die vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten auf 2.348,94 Euro.
  88. Ebenfalls in dieser Höhe sind die vorgerichtlich entstandenen Patentanwaltskosten erstattungsfähig. Nach § 143 Abs. 3 PatG sind die durch die Mitwirkung eines Patentanwalts in einer Patentstreitsache entstandenen Kosten in Höhe der dem Rechtsanwalt nach § 13 RVG in Verbindung mit dem Verfügungsverzeichnis erwachsenen Gebühren zu erstatten.
  89. Bezüglich der Kosten für die Mitwirkung eines Patentanwalts in einer Patentstreitsache ist nicht zu prüfen, ob die Mitwirkung des Patentanwalts zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung im Sinne des § 91 Abs. 1 ZPO notwendig war (vgl. BGH, GRUR 2003, 639 – Kosten des Patentanwalts I; BGH, GRUR 2011, 754 – Kosten des Patentanwalts II; BGH, GRUR 2012, 756 – Kosten des Patentanwalts III). Auf die sachliche Notwendigkeit der Mitwirkung des Patentanwalts kommt es für die Erstattungsfähigkeit der Gebühren auf Grund der Regelung des § 143 Abs. 3 PatG damit nicht an; die für die Mitwirkung des Patentanwalts geschuldeten Gebühren sind in Patentstreitsachen stets erstattungsfähig. Ob der Patentanwalt im Rahmen seiner Mitwirkung auch technische oder patentrechtliche Fragen zu beantworten hatte, ist ohne Belang (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 31. August 2017, Az. I-2 W 14/17 Rn. 6 m.w.N.).
  90. Vorliegend handelt es sich bei dem vorgerichtlichen Aufforderungsschreiben hinsichtlich Auskunft und Schadensersatz wegen Patentverletzung um eine Patentstreitsache im Sinne des § 143 Abs. 1 PatG. Entsprechend sind die für die Einschaltung des Patentanwalts entstandenen Kosten zu erstatten.
  91. Der Einwand der Beklagten, es bedürfe – unter Verweis auf die Entscheidung des OLG Düsseldorf, InstGE 9,35 – einer näheren Begründung, weshalb die Einschaltung eines Patentanwalts erforderlich gewesen sei, trägt nicht. Zwar dürfte dies im Hinblick auf die außergerichtliche Aufforderung zur Abgabe einer Abschlusserklärung zu erwägen sein, da dies allein der Vorbereitung eines Hauptsacheverfahrens und der im Hinblick auf eine für den Kläger ggf. nachteilige Kostenentscheidung nach § 93 ZPO dient. Diese kann durch die Anfrage, ob ein Hauptsacheverfahren durchgeführt werden muss oder ob es insoweit bei der einstweiligen Verfügung bleiben kann, vermieden werden. Dass es sich hierbei um eine Patentstreitsache im Sinne des § 143 Abs. 1 PatG handelt, ist – auch wenn der zugrundeliegende Sachverhalt eine Patentverletzung betraf – zweifelhaft. Jedenfalls vorliegend ließ die Klägerin nicht nur zur Abgabe einer Abschlusserklärung auffordern, sondern hat auch weitergehende Ansprüche auf Auskunft und Schadensersatz wegen einer Patentverletzung geltend gemacht. Dass es sich hierbei um eine Patentverletzung handelt, stellt auch die Beklagte nicht in Abrede.
  92. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 BGB.
  93. IV.
    Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 und S. 2 ZPO.
  94. Der Beklagten war Vollstreckungsschutz nach § 712 ZPO nicht zu gewähren. Sie hat nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, dass ihr durch die Vollstreckung des Urteils ein nicht zu ersetzender Nachteil im Sinne von § 712 ZPO entsteht.
  95. V.
    Der Streitwert wird gem. §§ 51 Abs. 1, 45 Abs. 1 Satz 3 GKG auf 150.000 Euro festgesetzt, wobei das Interesse der Klägerin an der Feststellung einer Unterlassungsverpflichtung der Beklagten mit 50.000 Euro bemessen wird. Der Wert eines Feststellungsantrages ist regelmäßig mit einem Bruchteil des Leistungsantrages zu bemessen. Im Verfahren auf Erlass der einstweiligen Verfügung und für die Kosten der Abmahnung wurde der Unterlassungsanspruch mit 100.000,00 EUR bemessen. Dies entspricht ausnahmsweise auch dem Wert des Leistungsantrags in der Hauptsache, weil die einstweilige Verfügung so kurz vor Ablauf des Klagepatents und ohne die Möglichkeit der erfolgreichen Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs in einem Hauptsacheverfahren mit Blick auf das wirtschaftliche Interesse der Klägerin einem Hauptsachetitel gleichzusetzen ist.

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