4b O 479/03 – Kühlschrank

Düsseldorfer Entscheidung Nr.:  280

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 16. September 2004, Az. 4b O 479/03

I. Die Beklagten werden unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,– EUR – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, zu unterlassen,

Kühlgeräte, insbesondere Kühl- oder Gefrierschränke, mit einem einer Türöffnung aufweisenden Gehäuse, dessen Innenbehälter mit horizontal verlaufenden, einander paarweise gegenüberliegenden, rippenartigen Tragleisten für das Kühlgut aufnehmende Tragböden, wie Traggitter, Tragplatten, ausziehbare Körbe, Schubladen und dergleichen versehen sind, an deren der Türöffnung zugekehrten Enden Halter zum Befestigen von horizontalen Verdampferabschnitten sitzen, in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen oder einzuführen,

bei denen die rippenartigen Tragleisten stirnseitig mit je einer angeformten Aufnahme versehen sind, an welcher jeweils ein derartiger Halter form- und/oder kraftschlüssig fixierbar ist;

2. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 31. April 1993 begangen haben, und zwar unter Angabe

a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, unter Aufschlüsselung der Eingangsmengen, Eingangszeiten sowie der Verkaufspreise jeweils zugeordnet zu Typenbezeichnungen, sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderen Vorbesitzer,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, Lieferzeiten, Lieferpreisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, Angebotszeiten, Angebotspreisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet sowie bei Internetwerbung des Schaltungszeitraums, der Internetadressen, unter denen die Werbung abrufbar war, sowie der Suchmaschinen, bei denen die jeweiligen Seiten direkt oder über ein Gesamtangebot angemeldet waren,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, wobei diese Angaben erst ab dem 28. Juni 1997 zu machen sind;

wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichten sind,

1. der Klägerin für die zu I. 1. bezeichneten in der Zeit vom 31. April 1993 bis zum 27. Juni 1997 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen,

2. als Gesamtschuldner der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I. 1. bezeichneten, seit dem 28. Juni 1997 begangenen Handlungen entstanden sind und noch entstehen wird.

III. Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt.

IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 500.000,– EUR vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des u.a. mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 534 xxx (Klagepatent, Anlage K 1), dessen Anmeldung vom 6. August 1992 am 31. März 1993 veröffentlicht und dessen Erteilung am 28. Mai 1997 bekannt gemacht wurde. Gegen die Erteilung des Klagepatents haben die Beklagten Nichtigkeitsklage (Anlage A) beim Bundespatentgericht erhoben. Das Klagepatent betrifft ein Kühlgerät, insbesondere Kühl- oder Gefrierschrank. Der im vorliegenden Rechtsstreit vornehmlich interessierende Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

„Kühlgerät, insbesondere Kühl- oder Gefrierschrank, mit einem eine Türöffnung aufweisenden Gehäuse (11) dessen Innenbehälter (13) mit horizontal verlaufenden, einander paarweise gegenüberliegenden, rippenartigen Tragleisten (17) für das Kühlgut aufnehmende Tragböden, wie Traggitter, Tragplatten, ausziehbare Körbe, Schubladen (16) und dergleichen versehen sind, an deren der Türöffnung zugekehrten Enden Halter (30, 60) zum Befestigen von horizontalen Verdampferabschnitten (15 ) sitzen, dadurch gekennzeichnet, dass die rippenartigen Tragleisten (17) stirnseitig mit je einer angeformten Aufnahme (18) versehen sind, an welcher jeweils ein derartiger Halter (30, 60) form- und/oder kraftschlüssig fixierbar ist“.

Die nachfolgenden Abbildungen (Figuren 1 bis 7 der Klagepatentschrift) veranschaulichen den Gegenstand der Erfindung anhand bevorzugter Ausführungsbeispiele.

Die in Italien ansässige Beklagte zu 1) stellt her und vertreibt über ihre deutsche Vertriebsgesellschaft, die Beklagte zu 2), Kühl- und Gefriergeräte, die unter den Marken „A“ und „I“ angeboten werden. Von der Kühl- und Gefrierfachkombination I CA 138/I hat die Klägerin als Anlage K 3 Lichtbildabbildungen zur Akte gereicht. Gleichfalls von der Klägerin stammen die nachfolgend wiedergegebenen Lichtbildabbildungen (Anlage K 8), die von ihr mit Bezugszeichen versehen worden sind und welche eine im Gefrierfach angeordnete Tragleiste (17) für eine Schublade und eine sie stirnseitig abschließende Aufnahme (18) zeigen, auf die ein Halter (30) aufgeschoben ist (Bilder 2 bis 4), wobei der Halter in seinem hinteren Bereich einen Halterabschnitt für das sich (auch) an einem unteren Vorsprung der Tragleiste abstützende Verdampferrohr aufweist.

Die nähere Ausgestaltung der Tragleiste und des Halters sowie seiner Befestigung ergibt sich aus dem von den Beklagten vorgelegten Muster eines Teilabschnitts der Seitenwand des Gefrierschrankinnenbehälters mit aufgeschobenem Halter (Anlage B).

Die Klägerin sieht durch das Verhalten der Beklagten ihre Rechte aus dem Klagepatent verletzt und nimmt sie deshalb auf Unterlassung, Rechnungslegung, Entschädigung und Schadensersatz in Anspruch.

Die Klägerin beantragt,
sinngemäß wie erkannt, jedoch ohne Einräumung des tenorierten Wirtschaftsprüfervorbehalts.

Die Beklagten beantragen,
1. die Klage abzuweisen;
2. den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Erledigung der gegen das Klagepatent erhobenen Nichtigkeitsklage auszusetzen.

Die Beklagten stellen den Verletzungsvorwurf in Abrede und machen geltend: Bei der angegriffenen Ausführungsform seien die Halter nicht form- und/oder kraftschlüssig an den Aufnahmen fixierbar. Nehme man – wie in Anlage B mit einem Halter geschehen – die im hinteren Bereich des Halters unterhalb dem Halterabschnitt für das Verdampferrohr vorstehende Nase weg, die beim Aufschieben des Halters auf die Aufnahme in eine Vertiefung im Innengehäuse eintaucht, zeige sich, dass der Halter an der Aufnahme selbst nicht fixiert sei, sondern einfach heruntergezogen werden und abfallen könne.

Im übrigen werde sich das Klagepatent im anhängigen Nichtigkeitsverfahren als nicht rechtsbeständig verweisen, weshalb der Rechtsstreit zumindest auszusetzen sei.

Die Klägerin tritt dem Aussetzungsantrag entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der beiderseitigen Schriftsätze und der mit ihnen vorgelegten Urkunden und Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.
Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung, Entschädigung und Schadensersatz zu, da die angegriffene Ausführungsform widerrechtlich von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch macht. Lediglich soweit die Klägerin Rechnungslegung ohne Einräumung des tenorierten Wirtschaftsprüfervorbehalts verlangt, erweist sich die Klage als nicht gerechtfertigt.

I.

Das Klagepatent betrifft ein Kühlgerät. Gemäß den einleitenden Ausführungen der Klagepatentschrift ist es bekannt, die Seitenwände von Gefrierschrankinnenbehältern mit Tragleisten auszustatten, die sowohl Tragböden als auch ihnen zugeordnete horizontale Abschnitte des Verdampfersystems aufnehmen und stützen. Diese Tragleisten werden bereits bei der Herstellung des Innenbehälters angeformt. An ihrem vorderen Ende sind die Tragleisten häufig mit Haltern versehen, in welche die horizontalen Abschnitte des Verdampfersystems eingesetzt und fixiert sind und die als Anschläge für herausziehbare Tragböden dienen.

Aus der DE – OS 38 02 140 (Anlage K 5) ist vorbekannt, die Halter durch Steckzapfen zu befestigen, die in Bohrungen in den Seitenwänden des Innenbehälters eingesetzt sind. Zum Anbringen der Halter den Innenbehälter mit Durchbrüchen zu versehen, sieht die Klagepatentschrift als nachteilig an. Bei der Herstellung werden nicht nur zusätzliche Arbeitsgänge notwendig, sondern die Vorrichtungen sind auf die Abmessungen verschiedener Innenbehälter abzustimmen. Da in den betreffenden Bereichen infolge des Ziehvorgangs bei der Herstellung die Wandstärke häufig sehr dünn ist, können zusätzliche Verstärkungsmaßnahmen für eine stabile Befestigung der Halter notwendig werden, was wieder einen gesonderten Arbeitsgang vor dem Ausschäumen des Kühlgeräte – Gehäuses notwendig macht.

Die deutsche Gebrauchsmusterschrift 84 37 617.1 (Anlage K 6) offenbart eine weitere Möglichkeit der Halterung von rostartigen Böden. Hierbei sind Drahtrohrverdampfer mit den seitlich vorstehenden Enden ihrer Drahtstäbe in leistenartige, im Querschnitt U-förmige Führungen eingeschoben, die an den Seitenwänden des Gehäuses angespritzt sind. Als Halter dienende Formteile sichern die Drahtstäbe gegen ein Herausziehen. Hieran kritisiert die Klagepatentschrift, dass das Spritzwerkzeug zur Fertigung des Innenbehälters mit den leistenartigen Führungen sehr aufwendig und kompliziert ist.

Die Klagepatentschrift verweist ferner auf den aus der DE-OS 26 38 364 (Anlage K 7) vorbekannten Gefrierschrank, in dem horizontal verlaufende Verdampferetageren vorgesehen sind, die im Bereich der Gefrierschranköffnung durch je ein Befestigungsteil an den Seitenwänden des Innenbehälters fixiert sind. Die Befestigungsteile sind in raumgreifenden nutenartigen Vertiefungen untergebracht, welche in die Wärmeisolation des Gefrierschranks ragen. An dieser Ausgestaltung kritisiert die Klagepatentschrift, dass zur Abstützung der Gefrierkörbe durch spezielle Trageleisten und zur Halterung der Verdampferetageren an den Innenbehälterseiten zwei voneinander unabhängige Formgebungen zu verwirklichen sind. Dies erfordert ein verhältnismäßig aufwendiges Formgebungswerkzeug. Ferner haben die nutenartigen Vertiefungen eine nicht unbedeutende Schmälerung der Wärmeisolation zur Folge. Außerdem ist der Montagevorgang aufwendig, da die Befestigungsteile für die Verdampferetageren mit Verriegelungselementen angebracht werden müssen.

Vor diesem Hintergrund liegt der Erfindung nach dem Klagepatent die Aufgabe zugrunde, bei Kühlgeräten die Tragleisten am Innenbehälter so zu gestalten, dass die zur Fixierung der horizontalen Verdampferabschnitte und zur Sicherung der Tragböden dienenden Halter auf einfache Weise, ohne zusätzliche Befestigungsmittel sicher daran befestigt werden können. Zur Lösung dieser Aufgabe sieht Patentanspruch 1 die folgende Merkmalskombination vor:

1. Kühlgerät, insbesondere Kühl- oder Gefrierschrank, mit
1.1. einem eine Türöffnung aufweisenden Gehäuse (1) und
1.2. einem Innenbehälter (13).
2. Der Innenbehälter (13) ist mit horizontal verlaufenden, einander paarweise gegenüberliegenden, rippenartigen Tragleisten (17) für das Kühlgut aufnehmende Tragböden, wie Traggitter, Tragplatten, ausziehbare Körbe, Schubladen (16) und der gleichen versehen.
3. An den der Türöffnung zugekehrten Enden der Tragleisten (17) sitzen Halter (30, 60) zum Befestigen von horizontalen Verdampferabschnitten (15).
4. Die rippenartigen Tragleisten (17)
4.1 sind stirnseitig mit je einer angeformten Aufnahme (18) versehen,
4.2 an welcher jeweils ein derartiger Halter (30, 60) form- und/oder kraftschlüssig fixierbar ist.

Der Klagepatentschrift zufolge zeichnet sich die erfindungsgemäße Lösung durch eine besonders einfache Montage der Halter aus. Diese können fertigungsfreundlich gestaltet werden. Durchbrüche in der Innenwand des Gehäuses und der damit verbundene zusätzliche Arbeitsaufwand werden überflüssig. Um den Halter einerseits gegen unbeabsichtigtes Abziehen von der Aufnahme zu sichern und andererseits mit geringem Aufwand mit einzelnen Hilfsmitteln jederzeit demontieren zu können, sieht das Klagepatent als bevorzugte Variante vor, den Halter an seinem geschlossenen Ende mit einem (federnden) Rastmittel zu versehen, welches in eine Vertiefung in der Innenwand des Innengehäuses einrasten kann (vgl. Unteranspruch 4).

II.

Die angegriffene Ausführungsform macht von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch. Mit Ausnahme des Merkmals 4.2 von Patentanspruch 1 steht die Verwirklichung der Anspruchsmerkmale zwischen den Parteien außer Streit. Der Benutzungstatbestand begegnet insoweit auch keinen Bedenken. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist aber auch Merkmal 4.2 wortsinngemäß verwirklicht, da bei der angegriffenen Ausführungsform der jeweilige Halter form- und/oder kraftschlüssig an der Aufnahme der Tragleiste fixierbar ist.

Wie das von den Beklagten selbst vorgelegte Muster gemäß Anlage B belegt, ist der Halter nach dem Aufschieben auf die Aufnahme und Einrasten der Nase in die korrespondierende Vertiefung des Innenbehälters fixiert. Die Rastnase begrenzt die horizontale Bewegung und steht einem unbeabsichtigten Abziehen des Halters von der Aufnahme entgegen. In Richtung zur Innenbehälterrückwand setzt die hinter der Aufnahme beginnende Tragleiste dem Halter eine weitere horizontale Begrenzung. Da der U-förmig ausgebildete Halter auf die Aufnahme aufgeschoben ist und in ihm Stege/Rippen angeformt sind, die an den Längsseiten der Aufnahme gebildete Vorsprünge hintergreifen bzw. in die dort gebildeten Nuten eingreifen, ist auch eine vertikale Fixierung gegeben, die ein seitliches Abfallen des Halters von der Aufnahme verhindert. Die Fixierung ist auch form- und/oder kraftschlüssig. Dass materialbedingt gewisse Toleranzen verbleiben, ist unschädlich, da diese – was die Beklagten selbst nicht behaupten – nicht so groß sind, dass der Halter seiner Funktion nicht gerecht werden kann, der Befestigung des Verdampferabschnitts zu dienen. Mehr setzt das unter praktischen Anwendungsgesichtspunkten zu beurteilende Klagepatent nicht voraus.

Eine Verletzung des Klagepatents wäre vor diesem Hintergrund nur dann zu verneinen, wenn Merkmal 4.2 verlangen würde, dass die Fixierung des Halters gegen ein Herausziehen nach vorne ausschließlich durch seine Verbindung bzw. seinen Kontakt zur Aufnahme hergestellt werden darf. Dies ist entgegen der Auffassung der Beklagten zu verneinen. Schon der Anspruchswortlaut trägt ein derart enges Verständnis der technischen Lehre nicht. Die Formulierung, nach der der Halter an der Aufnahme fixierbar ist, besagt bei unbefangenem Verständnis nicht mehr, als dass die Aufnahme den Halter aufnimmt und der Halter in seiner an der Aufnahme bestimmungsgemäß eingenommenen Position fixiert werden kann. Welche Mittel hierzu verwendet werden und an welcher Stelle sie im Bereich der Aufnahme in fixierender Weise zusammen wirken, gibt Merkmal 4.2 nicht vor. Das Klagepatent stellt sie vielmehr in das Belieben des Fachmanns. Entscheidend ist nur, dass der Halter entsprechend der Aufgabenstellung des Klagepatents und in Abgrenzung zum gewürdigten Stand der Technik ohne zusätzliche Befestigungsmittel an der Aufnahme befestigt werden kann. Dabei soll der Halter – jedenfalls bevorzugt – auch vor einem unbeabsichtigten Abziehen gesichert sein (vgl. Seite 3 Zeile 30 der Klagepatentschrift).

Dies schließt es in Übereinstimmung mit dem in Unteranspruch 4 und der Klagepatentschrift (vgl. S. 3 Zeilen 27 bis 29; Seite 4 Zeilen 56 bis Seite 5 Zeile 3; Seite 5 Zeilen 38 bis 41) offenbarten Ausführungsbeispiel nicht aus, den Halter vor einem unbeabsichtigten Abziehen von der Aufnahme zu sichern, in dem man am Ende des Halters eine Rastnase vorsieht, welche in eine Vertiefung des Innenbehälters einrastet bzw. eingreift, sobald der Halter auf die Aufnahme aufgeschoben wurde. Auch in diesem Fall lässt sich zwanglos sagen, dass der Halter an der Aufnahme fixiert ist. Denn er wird in seiner bestimmungsgemäßen Position an der Aufnahme gehalten, ohne dass neben der Aufnahme, dem Halter und der ohnehin vorhandenen Innenbehälterfläche weitere Befestigungsmittel eingesetzt werden müssten, um den Halter an der Aufnahme zu fixieren. Anders als von den Beklagten geltend gemacht, stellt die kleine Vertiefung bzw. Ausbeulung des Innenbehälters zur Aufnahme der Rastnase kein weiteres Befestigungsmittel im Sinne der technischen Lehre des Klagepatents dar. Das Klagepatent sieht in seinem Ausführungsbeispiel nach Unteranspruch 4 selbst eine Vertiefung des Innenbehälters zur Aufnahme eines Rastmittels vor, um den Halter vor einem unbeabsichtigten Abziehen von der Aufnahme zu sichern. Demgemäß kann der Fachmann der Klagepatentschrift unmittelbar entnehmen, dass aus Sicht des Klagepatents das Vorsehen einer kleinen Vertiefung unschädlich ist und der Erzielung der erfindungsgemäßen Wirkungen und Vorteile nicht entgegensteht. Weshalb der Fachmann entgegen dem zu einer anderen Sichtweise gelangen sollte, ist nicht ersichtlich. Eine kleinflächige Materialvertiefung bzw. Materialausbeulung ist mit dem an der DE-OS 38 02 140 (Anlage K 5) kritisierten Materialdurchbruch und der hierdurch verursachten Materialschwächung nicht zu vergleichen. Darüber hinaus dient die erfindungsgemäße Vertiefung allein der Aufnahme der Rastnase, um eine Abziehsicherung herzustellen, und nicht – wie es bei der angeführten Druckschrift der Fall ist – als maßgeblicher Abstützpunkt, der das Gewicht des Verdampferabschnitts zu tragen hat. Dies wird erfindungsgemäß vielmehr durch die den Halter tragende Aufnahme am Ende der Tragleiste gewährleistet. Im Hinblick auf Größe und Lage der erfindungsgemäßen Vertiefung kann anders als bei den aus der DE-OS 26 38 364 (Anlage K 7) bekannten großflächigen Nuten im Öffnungsbereich des Gefrierschranks auch keine Rede davon sein, dass die Vertiefungen eine Schmälerung der Wärmeisolation zur Folge haben können. Dass das Vorsehen der erfindungsgemäßen Vertiefungen in fertigungs- bzw. formungstechnischer Hinsicht Probleme aufwirft, die mit den aus dem Stand der Technik bekannten Schwierigkeiten vergleichbar sind, ist weder ersichtlich noch von den Beklagten substantiiert dargelegt worden.

Nach alledem steht der Verwirklichung von Merkmalen 4.2 somit nicht entgegen, dass bei der angegriffenen Ausführungsform der Halter hinter seinem U-förmigen, auf die Aufnahme zu schiebenden Abschnitt eine Rastnase aufweist, die in eine im Innenbehälter ausgebildete Vertiefung eingreift, wenn der Halter bestimmungsgemäß auf die Aufnahme aufgeschoben wird.

III.

Aufgrund des festgestellten Verletzungstatbestandes sind die Beklagten der Klägerin gemäß Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 1 PatG zur Unterlassung und, da sie zumindest fahrlässig gehandelt haben, gemäß Art. 64 EPÜ, § 139 Abs. 2 Satz 2 PatG zum Schadensersatz und gemäß Art. II § 1 Abs. 1 IntPatÜG zur Entschädigung verpflichtet. Die Schadens- und Entschädigungshöhe ist derzeit ungewiss. Die Klägerin hat deshalb ein berechtigtes Interesse daran, dass die Schadensersatzhaftung und Entschädigungsverpflichtung der Beklagten zunächst dem Grunde nach gemäß § 256 Abs. 1 ZPO festgestellt wird. Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, ihren Anspruch auf Schadensersatz und Entschädigung zu beziffern, haben die Beklagten im zuerkannten Umfang Rechnung über ihre Benutzungshandlungen zulegen (§§ 242, 259 BGB; § 140 b PatG). Hinsichtlich der Angebotsempfänger ist den Beklagten gemäß der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Düsseldorf (InstGE 3, 176-Glasscheiben-Befestiger) ein Wirtschaftsprüfervorbehalt – auch von Amts wegen – einzuräumen. Lediglich insoweit erweist sich die Klageforderung als unbegründet.

IV.

Anlass, den Rechtsstreit gemäß § 148 ZPO auszusetzen, besteht nicht. Eine Vernichtung des Klagepatents zum anhängigen Nichtigkeitsverfahren erscheint nicht überwiegend wahrscheinlich.

1.
Die Beklagten können sich zur Begründung ihres Aussetzungsantrages nicht mit Erfolg darauf berufen, der aus den Lichtbildern gemäß Anlage AK 6 ersichtliche, in der mündlichen Verhandlung im Original zur Ansicht gebrachte Gefrierschrank (P AFB 97 09/PH) erfülle die Voraussetzungen einer offenkundigen Vorbenutzung des Gegenstands des Klagepatents.

a)
Die von den Beklagten vorgelegten technischen Zeichnungen (Anlage AK 7 und 8) sind nicht geeignet, die Offenkundigkeit der Vorbenutzung zu belegen, da weder ersichtlich ist noch von den Beklagten selbst behauptet wird, dass diese Zeichnungen der Öffentlichkeit zugänglich waren. Ob der aus Anlage AK 6 ersichtliche Gefrierschrank im Nichtigkeitsverfahren als Stand der Technik zu berücksichtigen ist, hängt somit entscheidend davon ab, ob der Gefrierschrank tatsächlich vor dem Prioritätstag des Klagepatents im Handel erhältlich und damit der Öffentlichkeit zugänglich war. Da die Klägerin die behauptete offenkundige Vorbenutzung (zulässigerweise mit Nichtwissen) bestreitet, wird es nach dem bisherigen Sach- und Streitstand im Nichtigkeitsverfahren auf den von den Beklagten diesbezüglich angebotenen Zeugenbeweis ankommen, sollte das Bundespatentgericht die Vorbenutzung für beachtlich halten. Deren Ausgang ist ungewiss, so dass sich schon aus diesem Grund nicht feststellen lässt, ob die von den Beklagten behauptete offenkundige Vorbenutzung zur Vernichtung des Klagepatents führen wird. Die vorgelegte eidesstattliche Versicherung der Zeugen sowie die vor dem Prioritätstag des Klagepatents erstellten technischen Zeichnungen stellen nur Indizien für die behauptete Vorbenutzung dar, nicht aber objektive Anhaltspunkte von einer Tragweite, die das Ergebnis einer die persönliche Aussage und den persönlichen Eindruck des Zeugen umfassenden und berücksichtigenden Beweisaufnahme mit solcher Gewissheit vorweg zu nehmen vermag, dass im Rahmen der Aussetzungsentscheidung der Beweis der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung unterstellt werden kann. Dies gilt um so mehr, als der Zeuge nicht nur zu seiner Person und zum Zeitpunkt des Erwerbs des Gefrierschranks, sondern auch zu Aufbau- und Zubehörgegenständen (Schubladen, Tragböden etc.) im Zeitpunkt des Erwerbs zu befragen wäre.

b)
Letztlich kann aber auch dahin gestellt bleiben, ob es sich bei dem aus Anlage AK 6 ersichtlichen Gefrierschrank um einen vor dem Prioritätstag des Klagepatents vertriebenen Gegenstand handelt, da er nicht geeignet ist, den Rechtsbestand des Klagepatents in hohem Maße in Zweifel zu ziehen.

Patentanspruch 1 des Klagepatents weist gemäß seinen Merkmalen 2 und 3 den Tragleisten zwei Funktionen zu. Zum einen sollen sie die das Kühlgut aufnehmenden Tragböden (z.B. Schubladen) tragen und gegebenenfalls führen. Zum anderen sollen sie – vermittelt über einen Halter – auch zur Befestigung von horizontalen Verdampferabschnitten beitragen (vgl. zur Funktion der Tragleisten auch Seite 2 Zeilen 8 bis 10 der Klagepatentschrift). Die erfinderische Leistung gemäß dem Klagepatent liegt insoweit darin, dass die Tragleisten beide Funktionen wahrnehmen können, wobei dies durch Anformung einer stirnseitigen Aufnahme zur form- und/oder kraftschlüssigen Fixierung der Halter in herstellungs- und montagetechnisch besonders einfacher Weise geschieht.

Folgt man dem Vortrag der Beklagten, findet bei dem aus Anlage AK 6 ersichtlichen Gefrierschrank eine Abstützung der Verdampferrohre statt, nämlich in einer Nut im Bereich der Gefrierschrankrückwand und durch im vorderen Seitenwandbereich angeformte Abschnitte, auf die Halter aufgeschoben werden können. Erfindungsgemäß können die Abschnitte des Verdampferrohres aber nicht zugleich die von der Tragleiste zu haltenden Tragböden für das Kühlgut sein, da dies ersichtlich die Gefahr einer Beschädigung des Kühlsystems durch Belastung der Anschlüsse für die Verdampferrohre bedeuten würde. Deshalb wird der Fachmann entsprechend dem Wortlaut des Patentanspruchs 1 zwischen den Verdampferabschnitten, die zur Vermeidung von Beschädigungen nur befestigt werden sollen, und den eigentlichen Tragböden, die das Kühlgut aufnehmen und deren Gewicht unmittelbar von den Tragleisten aufgefangen wird, unterscheiden.

Die Beklagten können sich insoweit auch nicht mit Erfolg darauf berufen, die Verdampferrohre würden in Verbindung mit den dünnen, parallel zu den Seitenwänden verlaufenden Stäben ein als Tragboden fungierendes Tragegitter bilden. Dies schon deshalb nicht, weil die dünnen Längsstäbe sich lediglich in einer Nut in der Rückwand des Innenbehälters und in dem die gegenüberliegenden Halter verbindenden Querprofil abstützen. Dieses Abstützen erfolgt damit nicht im Sinne von Patentanspruch 1 an einander paarweise gegenüberliegenden, rippenartigen Tragleisten des Innenbehälters. Soweit der angeblich vorbekannte Gefrierschrank in seinem oberen Bereich ein Fach mit gesonderter Öffnungsklappe aufweist, ist zu dessen Abstützung ein gesondertes Tragleistenpaar ausgebildet, das keine Aufnahme für eine Befestigungshalterung für den Verdampferabschnitt aufweist. Auch dies zeigt, dass die von den Beklagten angeführten, eine nur geringe Längserstreckung aufweisenden Anformungen, an deren Ende Halter aufschiebbar sind, nicht in erfindungsgemäßer Weise als Tragleisten für gesonderte Tragböden zur Aufnahme von Kühlgut angesehen werden können.

Wie der Fachmann, ohne in eine unzulässige rückschauende Betrachtung zu verfallen, ausgehend von dem Gefrierschrank nach Anlage AK 6, der eine spezielle Konstruktion zur Abstützung und Befestigung von Verdampferrohren und Längsstäben aus Metall zeigt, in naheliegender Weise zur patentgeschützten Lehre hätte gelangen können, ist nicht ersichtlich.

2.
Dass es – wie von den Beklagten im Nichtigkeitsverfahren geltend gemacht – für den Fachmann naheliegend war, aufgrund einer Kombination der SU 16 40 499 (Anlage K 10, deutsche Übersetzung Anlage K 11) mit der DE-OS 26 38 364 (Anlage K 7 = AK 12) zur Lehre des Klagepatents zu gelangen, lässt sich ebenfalls nicht mit der für eine Aussetzungsentscheidung erforderlichen Sicherheit feststellen. Vielmehr erscheint die Betrachtung der Beklagten nicht frei von einer unzulässigen rückschauenden Betrachtung.

In der SU ist lediglich die sichere, ein Verrutschen ausschließende Halterung von Tragböden in einem Kühlschrank gezeigt, der keine zusätzlich zu befestigenden horizontalen Verdampferabschnitte enthält. Es ist auch in keiner Weise ersichtlich oder von den Beklagten aufgezeigt worden, welche konstruktiven Änderungen an der offenbarten Vorrichtung für den Fachmann nahe gelegen haben sollen, um an den Halter- bzw. Klemmelementen neben den zur Aufnahme des Kühlguts bestimmten Tragböden auch noch Verdampferabschnitte zu befestigen. Die von dem Beklagten angeführte DE-OS gibt hierfür keine Anregungen. Im Gegenteil: Da dort für die Verdampferabschnitte und die das Kühlgut aufnehmenden Gefrierkörbe jeweils getrennte Befestigungsvorrichtungen ausgebildet sind, wird der Fachmann von der erfindungsgemäßen Lösung weggeführt, die Tragleisten nicht nur für die das Kühlgut aufnehmenden Böden, Körbe etc. zu verwenden, sondern die Tragleisten zugleich zu benutzen, um – vermittelt über einen Halter – auch zur Befestigung der horizontalen Verdampferabschnitte beizutragen.

Soweit die Beklagten meinen, die in der SU gezeigten Tragböden müssten nur durch vorbekannte „Verdampfergitter“ ersetzt werden, um zur Lehre des Klagepatents zu gelangen, kann dem nicht gefolgt werden. Wie bereits unter 1b) ausgeführt wurde, sind gemäß dem in den Merkmalen 2 und 3 offenbarten Gegenstand des Klagepatents die Tragböden als das Gewicht des Kühlguts aufnehmende und in die Tragleisten leitende Teile von den Verdampferabschnitten zu unterscheiden, die nur befestigt werden sollen, aber selbst nicht dazu bestimmt sind, das Gewicht des Kühlguts zu tragen. Anderenfalls würde die Aufgabenstellung des Klagepatents (Seite 3 Zeilen 6 bis 8) auch keine Unterscheidung dahingehend rechtfertigen, dass die an den Tragleisten befindlichen Halter einerseits die horizontalen Verdampferabschnitte fixieren und andererseits als Sicherung für die Tragböden dienen können. Im übrigen ist aber bereits in dem vom Klagepatent gewürdigten Stand der Technik gezeigt, die Verdampferrohre mit dünnen Längsstäben zu verbinden und so durch Ausbildung eines Gitters zu stabilisieren. Allein die Befestigung solcher als Verdampferabschnitte fungierenden Verdampferroste oder -gitter unabhängig von zusätzlichen Tragböden zu gewährleisten, ist nicht Gegenstand des Klagepatents, selbst wenn man unterstellt, dass die vorbekannten Verdampferroste bzw. -gitter eine gewisse Stabilität und Tragfähigkeit aufweisen.

Aber auch wenn man der Betrachtung der Beklagten folgen wollte, lässt sich der in der SU offenbarte Tragboden nicht ohne weiteres durch ein „Verdampfergitter“ austauschen, da Teil des Gitters auch die Verdampferrohre sind, so dass in ein solches Gitter nicht einfach die aus der SU ersichtlichen Aussparungen (10) der Tragböden eingebracht werden können.

3.
Die von den Beklagten in das Nichtigkeitsverfahren eingeführte DE 71 37 448 (Anlage CK 14) geht über den im Klagepatent gewürdigten Stand der Technik nicht hinaus und gibt damit ebenfalls keinen Anlass, den Rechtsstreit auszusetzen.

4.
Wie sich bereits aus den Ausführungen zur Verletzungsfrage ergibt, kann den Beklagten schließlich nicht darin gefolgt werden, die im Unteranspruch 4 und der Patentbeschreibung offenbarte Sicherung des Halters gegen ein unbeabsichtigtes Abziehen durch Vorsehen eines am Ende des Halters befindlichen Rastmittels, welches in einer Vertiefung des Innenbehälters eingreift, führe zu keiner Fixierung des Halters an der Aufnahme im Sinne von Merkmal 4.2. Demgemäß geht der hierauf gestützte Einwand einer unzureichenden Offenbarung der beanspruchten technischen Lehre von vornherein fehl. Ferner ist die Kammer davon überzeugt, dass es für den Durchschnittsfachmann allein schon aufgrund seines Fachwissens kein Problem darstellt, im Sinne von Merkmal 4.2 Aufnahme und Halter derart aufeinander abzustimmen, dass eine form- und/oder kraftschlüssige Fixierung des Halters an der Aufnahme möglich ist.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Zuvielforderung der Klägerin ist verhältnismäßig geringfügig und hat keine besonderen Kosten veranlasst.

Die Anordnungen zu vorläufigen Vollstreckbarkeit und Sicherheitsleistung folgen aus §§ 709 Satz 1, 108 ZPO.

Dem vom Beklagtenvertreter begehrten Schriftsatznachlass zum Schriftsatz der Klägerin vom 11.08.2004 war nicht zu entsprechen. Er hat selbst nicht geltend gemacht, der Schriftsatz der Beklagten enthalte in tatsächlicher Hinsicht neues Vorbringen, zu dem er ohne Rücksprache mit seiner Mandantin in der mündlichen Verhandlung nicht ausreichend Stellung habe nehmen können. Hinsichtlich der Nichtigkeitsklage hat die Beklagte sogar noch ihre Stellungnahme vom 30.08.2004 (Anlage C) in den Rechtsstreit eingeführt.

Der Streitwert beträgt 500.000,– EUR.

Dr. R2