4a O 470/03 – Schredder II

Düsseldorfer Entscheidung Nr.:  258

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 16. September 2004, Az. 4a O 470/03

I.
Die Klage wird abgewiesen.

II.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

III.
Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte Bürgschaft einer im Gebiet der Europäischen Union ansässigen, als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die Klägerin ist ein dänisches Maschinenbauunternehmen, das ursprünglich unter der Bezeichnung N Separation A/S und anschließend unter der Bezeichnung N Industries A/S firmiert hat. Inzwischen trägt sie die im Aktivrubrum angegebene Bezeichnung.

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten und in der Verfahrenssprache Englisch am 6. September 1996 angemeldeten europäischen Patentes 0 928 xxx (Anlage LB 2; nachfolgend Klagepatent; deutsche Übersetzung Anlage LB 3), das eine Priorität vom 12. September 1995 der dänischen Patentanmeldung 101 095 in Anspruch nimmt. Die Anmeldung des Patents wurde am 14. Juli 1999 veröffentlicht, der Hinweis auf dessen Erteilung am 14. Juni 2000 bekannt gemacht. Die deutsche Übersetzung des in englischer Verfahrenssprache formulierten Klagepatentes wurde unter der Registernummer 696 08 918 beim Deutschen Patent- und Markenamt hinterlegt und am 8. Februar 2001 im Patentblatt veröffentlicht. Das in Kraft stehende Klagepatent betrifft eine Zerkleinerungsvorrichtung. Aus diesem Schutzrecht nimmt sie die Beklagte auf Unterlassung, Rechnungslegung und Schadensersatzfeststellung in Anspruch.

Anspruch 1 hat in seiner nach Art. 70 Abs. 1 EPÜ maßgebenden englischen Fassung folgenden Wortlaut:

A machine (1) of the kind, which serves the purpose of comminution for example domestic garbage, tires, furniture, carpets, mattresses, stubs, demolition timber and similar materials, and which comprises:

• a funnel (2) for accommodating the waste,
• a cutting table (4) placed at the bottom of the funnel (2) with at least one set of fixed, parallel lower knives (9a, b), which mutually are separated by openings (10a, b) through the table,
• at least one rotable axle (5a, b) of a drive unit (7), which axle is placed above the cutting table (4) in a direction, which extend perpendicular to the lower knives (9a, b), and
• a number of disc-shaped upper knives (8a, b) fixed to the axle, each of which knives is provided with a number of teeth (13a, b) and partly extends down into each their opening of the table, whereby each opening is wider than the associated upper knife which furthermore is placed close to one of the lower knives in the associated opening,

characterized in, that the lower knives extend into a direction, which intersects the axis of the axle or an area around this.

Die in der Klagepatentschrift angegebene deutsche Übersetzung lautet wie folgt:

Maschine (1) der Art, die zum Zweck der Zerkleinerung von, zum Beispiel, Hausabfall, Reifen, Möbeln, Teppichen, Matratzen, Baumstümpfen, Abbruchholz und ähnlichen Materialien dient, und die umfasst:

• einen Trichter (2) zum Aufnehmen des Abfalls,
• einen Schneidetisch (4), der am Boden des Trichters (2) mit wenigstens einem Satz fixierter, paralleler unterer Messer (9a, b) angeordnet ist, welche voneinander durch Öffnungen (10a, b) durch den Tisch getrennt sind,
• wenigstens eine drehbare Achse (5a, b) einer Antriebseinheit (7), welche Achse über dem Schneidetisch (4) in einer Richtung angeordnet ist, die sich senkrecht zu den unteren Messern (9a, b) erstreckt, und
• eine Anzahl von scheibenförmigen oberen Messern (8a, b), die an der Achse befestigt sind, von denen jedes Messer mit einer Anzahl von Zähnen (13a, b) versehen ist und sich teilweise nach unten in jede ihrer Öffnungen des Tischs erstreckt, wodurch jede Öffnung breiter als das zugehörige obere Messer ist, welches außerdem nahe einem der unteren Messer in der zugehörigen Öffnung angeordnet ist,

dadurch gekennzeichnet, dass die unteren Messer sich in eine Richtung erstrecken, die die Achse der Achse oder einen Bereich um diese herum schneidet.

Wegen des Wortlauts der lediglich insbesondere geltend gemachten Ansprüche 4, 14 und 15 wird auf die Klagepatentschrift verwiesen.

Die nachfolgend verkleinert wiedergegebenen, zeichnerischen Darstellungen patentgemäßer Ausführungen stammen aus der Klagepatentschrift und dienen zur Erläuterung der Erfindung anhand eines Ausführungsbeispiels. Figur 3 zeigt eine vergrößerte Darstellung einer patentgemäßen Maschine von der Seite, Figur 4 eine perspektivistische Darstellung einer Maschine nach Figur 3. Die Figuren 15 und 16 zeigen Ausführungsformen einer Maschine mit gebogenen und wellenförmigen Messern.

Die Beklagte stellt einen Zwei-Wellen-Zerkleinerer vom Typ „CR 225-8“ in Deutschland her und vertreibt diesen in ganz Deutschland. Entsprechende Geräte bietet die Beklagte u.a. auf den Internet-Seiten ihrer finnischen Schwestergesellschaft M Minerals Oy an, wie sich aus dem als Anlage LB 6 vorgelegten Internetauszug ergibt. Die nähere Ausgestaltung der streitgegenständlichen Vorrichtung „CR 225-8“ ergibt sich aus den als Anlage LB 9 bis 13 vorgelegten Photographien sowie der als Anlage LB 14 vorgelegten schematischen Zeichnung, welche nachfolgend abgebildet ist.

Die Klägerin sieht in diesen von ihr angegriffenen Ausführungsformen eine Verletzung des Klagepatentes mit wortsinngemäßen, hilfsweise äquivalenten Mitteln.

Die Klägerin beantragt,

I. die Beklagte zu verurteilen,

1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,

a)
Maschinen zum Zerkleinern von z.B. Hausabfall, Reifen, Möbeln, Teppichen, Matratzen, Baumstümpfen, Abbruchholz und anderen Materialien, die aufweisen:

• einen Trichter zum Aufnehmen des Abfalls,
• einen Schneidetisch, der am Boden des Trichters mit wenigstens einem Satz fixierter, paralleler unterer Messer angeordnet ist, welche voneinander durch Öffnungen durch den Tisch getrennt sind,
• wenigstens eine drehbare Welle einer Antriebseinheit, wobei die Welle an der Oberseite des Schneidetisches in einer Richtung angeordnet ist, die sich senkrecht zu den unteren Messern erstreckt, und
• eine Anzahl von scheibenförmigen oberen Messern, die an der Welle befestigt sind, von denen jedes Messer mit einer Anzahl von Zähnen versehen ist und sich teilweise nach unten in eine Öffnung des Tisches erstreckt, wobei jede Öffnung breiter als das zugehörige obere Messer ist, und dieses in der zugehörigen Öffnung nahe einem der unteren Messer angeordnet ist,

im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei der die unteren Messer sich in eine Richtung erstrecken, die die Achse der Achse oder einen Bereich um diese herum schneidet,

b) hilfsweise
Maschinen zum Zerkleinern von z.B. Hausabfall, Reifen, Möbeln, Teppichen, Matratzen, Baumstümpfen, Abbruchholz und anderen Materialien, die aufweisen:

• einen Trichter zum Aufnehmen des Abfalls,
• einen Schneidetisch, der am Boden des Trichters mit wenigstens einem Satz fixierter, paralleler unterer Messer angeordnet ist, welche voneinander durch Öffnungen durch den Tisch getrennt sind,
• wenigstens eine drehbare Welle einer Antriebseinheit, wobei die Welle an der Oberseite des Schneidetisches in einer Richtung angeordnet ist, die sich senkrecht zu den unteren Messern erstreckt, und
• eine Anzahl von scheibenförmigen oberen Messern, die an der Welle befestigt sind, von denen jedes Messer mit einer Anzahl von Zähnen versehen ist und sich teilweise nach unten in eine Öffnung des Tisches erstreckt, wobei jede Öffnung breiter als das zugehörige obere Messer ist, und dieses in der zugehörigen Öffnung nahe einem der unteren Messer angeordnet ist,

im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei der die unteren Messer eine oder mehrere U-förmige Öffnungen aufweisen, die einen Scheitel und eine Winkelhalbierende aufweisen, wobei die durch den Scheitel verlaufende zu der Winkelhalbierenden senkrechte Ebene sich in eine Richtung erstreckt, die die Achse der Welle oder einen Bereich um diese herum schneidet;

2.
der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte die zu I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 14. Juli 2000 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsmengen und –zeiten, und/oder der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei

– der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.

II.
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I.1. bezeichneten, seit dem 14. Juli 2000 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, im Falle der Verurteilung zur Rechnungslegung der Beklagten nach ihrer Wahl vorzubehalten, die Namen und Anschriften ihrer Abnehmer und Angebotsempfänger nur einem von der Klägerin zu bezeichnenden, zur Verschwiegenheit gegenüber der Klägerin verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern sie diesen ermächtigt, der Klägerin darüber Auskunft zu geben, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist.

Sie stellt eine Verletzung des Klagepatentes in Abrede. Zum einen weise die angegriffene Ausführungsform keinen Schneidetisch auf, der mit einem Satz fixierter paralleler unterer Messer ausgestattet sei. Die streitgegenständliche Vorrichtung weise überhaupt keinen Schneidetisch mit separaten Messern auf.
Im Übrigen würden sich bei der angegriffenen Ausführungsform die unteren Messer nicht in eine Richtung erstrecken, die die Achse der Achse oder einen Bereich um diese herum schneidet. Die Anordnung der unteren Messer sei vielmehr so, dass sie an der Achse der Achse oder einen Bereich um diese herum vorbeigeführt würden. Außerdem würde bei der angegriffenen Ausführungsform der Aktionswinkel, den das Klagepatent erzielen wolle, nicht bei 90°, sondern lediglich in einem Bereich von 55° liegen.

Die Klägerin tritt dem Vorbringen insgesamt entgegen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der zur Gerichtsakte gereichten Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung und Schadensersatz nach Art. 64 EPÜ i.V.m. §§ 9 Nr. 1, 14, 139 Abs. 1 und 2, 140b Abs. 1 und 2 PatG, §§ 242, 259 BGB nicht zu, da die Beklagte mit dem von ihr hergestellten und vertriebenen Werkstoffzerkleinerer von der Lehre des Klagepatents weder wortsinngemäßen noch äquivalenten Gebrauch macht.

I.
Das Klagepatent betrifft eine Vorrichtung zur Zerkleinerung von Hausabfall, Reifen, Möbeln, Teppichen, Matratzen, Baumstümpfen, Abbruchholz und ähnlichen Materialien. Diese Materialien haben teilweise eine erhebliche Größe und müssen deshalb in kleinere Teile aufgespalten werden, um während des Transports und bei der Entsorgung oder Kompostierung keinen unnötigen Platz einzunehmen. Das Gleiche gilt für Materialien, die wie z.B. größere Kunststoffteile aus verschrotteten Autos aufzuarbeiten sind, oder Materialien, die in einer Verbrennungsanlage verarbeitet werden. Denn um eine ausreichende Verbrennung zu erreichen, ist es erforderlich, diese Materialien vorher zu zerkleinern.

Solche Zerkleinerungsvorrichtungen sind nach dem in der Klagepatentschrift angeführten Stand der Technik bereits aus dem dänischen Patent 163 978 (Anlage B 1, deutsche Übersetzung B 1a) bekannt. Die dort offenbarte Maschine umfasst zwei obere Messer und der Schneidetisch mit den unteren Messern erstreckt sich horizontal etwas unter die Achsen oder Wellen. Die Öffnungen des Schneidetisches sind breiter als die oberen Messer und jedes Messer wird nahe zu einem der unteren Messer in der zugehörigen Öffnung angeordnet. Dadurch wird ein freier Teil als Öffnung zwischen dem oberen Messer und dem zweiten der unteren Messer gelassen. Auf Grund des Aufbaus der Maschine mit dem unter den Achsen oder Wellen angeordneten Schneidetisch, wird eine Zylinderoberfläche gebildet, die einen Umfang eines oberen Messers enthält und eine Ebene schneidet, die die zugehörigen unteren Messer in einem spitzen Winkel enthält, welcher den Aktionswinkel der Zähne in Bezug auf die unteren Messer bildet. Dieser spitze Winkel hat zur Folge, dass die Zähne sowohl durch tangentiale als auch radiale Kräfte belastet werden.

Die radialen Kräfte üben Biegekräfte auf die Zähne aus, so dass große Abmessungen erforderlich sind, um die unvorteilhafte Belastung durch die Kräfte zu absorbieren. Auch die anderen Komponenten der Maschine, wie die Achsen oder Wellen sowie die Lager müssen dementsprechende Abmessungen aufweisen, obwohl dennoch keine übermäßige Arbeitsleistung erreicht wird. Dadurch ist auch eine übermäßige Energiezufuhr notwendig, so dass die Maschine insgesamt nur einen geringen Nutzeffekt aufweist. Die tangentiale Kraftbelastung der Zähne umfasst auf Grund des spitzen Aktionswinkels eine Komponente quer zu dem unteren Messer und eine zweite Komponente entlang derselben. Die Querkomponente ist wirksam im Zerkleinerungsprozess, während dies nicht unbedingt für die Längskomponente gilt, welche geneigt ist, um das Material entlang der unteren Messer zu schieben. Dadurch wird die Fähigkeit der Maschinen begrenzt, sicher und wirksam die Materialien zerkleinern zu können, und außerdem wird der Zerkleinerungsvorgang erhebliche Zeit in Anspruch nehmen, da er mehrfach wiederholt werden muss.

Die in der Klagepatentschrift weiterhin als Stand der Technik angeführte EP 0 412 004 offenbart eine Zerkleinerungsvorrichtung für Materialien wie aus Glas hergestellte Spritzen und Flaschen. Die oberen Messer der offenbarten Vorrichtung haben keine keilförmigen Zähne, sondern sind, wie ein Stern mit Armen geformt, die sich radial nach außen erstrecken. Deshalb sind die oberen Messer nicht in der Lage, das zu zerkleinernde Material während des Zerkleinerungsvorgangs zu ergreifen und festzuhalten, und die Arme werden dazu neigen, das Material auf dem Schneidetisch nach außen zu drücken. Weiterhin sind die oberen Messer nicht nahe an den unteren Messern auf einer Seite der Öffnungen des Schneidetischs angeordnet. Auch offenbart die Maschine keine Möglichkeit zum Schneiden von Materialien wie Kunststoffen. Da die oberen Messer der obigen Maschine in der Mitte der Öffnungen des Schneidetisches angeordnet sind, können die Messer kein Material zerbrechen.

Hiervon ausgehend liegt dem Klagepatent das technische Problem („die Aufgabe“) zugrunde eine Maschine zu offenbaren, die der Zerkleinerung von z.B. Hausabfall, Reifen, Möbeln, Teppichen, Matratzen, Baumstümpfen, Abbruchholz und ähnlichen Materialien dient, die sicher, schnell und effizient einen Zerkleinerungsvorgang durchführen kann, optimal die zugeführte Energie nutzt und mit den gegebenen Abmessungen eine größere Kapazität als nach dem Stand der Technik aufweist.

Hierzu schlägt die Klagepatentschrift in Anspruch 1 eine Maschine der genauer beschriebenen Art vor, die folgende Merkmale umfasst:

1. einen Trichter (2) zum Aufnehmen des Abfalls,

2. einen Schneidetisch (4)

a) der am Boden des Trichters (2) angeordnet ist,

b) der mit wenigstens einem Satz fixierter paralleler unterer Messer (9a, b) ausgestattet ist,

c) die Messer sind voneinander durch Öffnungen (10a, b) des Tisches getrennt;

3. wenigstens eine drehbare Achse (5a, b) einer Antriebseinheit (7),

a) die Achse ist an der Oberseite des Schneidetisches (4) in einer Richtung angeordnet,

b) die Achse erstreckt sich senkrecht zu den unteren Messern (9a, b);

4. eine Anzahl von scheibenförmigen oberen Messern (8a, b),

a) die Messer sind an der Achse befestigt,

b) jedes Messer ist mit einer Anzahl von Zähnen (13a, b) versehen,

c) jedes Messer erstreckt sich teilweise nach unten in jede Öffnung des Tisches,

d) wobei jede Öffnung breiter als das zugehörige obere Messer ist,

e) das obere Messer ist außerdem nahe einem der unteren Messer in der zugehörigen Öffnung angeordnet;

5. die unteren Messer erstrecken sich in eine Richtung, die die Achse der Achse oder einen Bereich um diese herum schneidet.

Hierdurch wird erreicht, so die Klagepatentschrift, dass die unteren Messer sich in eine Richtung erstrecken, die die Achse der Achse oder Welle oder einen Bereich um diese herum schneidet, wodurch die Zähne der oberen Messer einen Aktionswinkel von ungefähr 90° bilden, und die Kraftbelastung die sie ausführen, hat keine wesentlichen Komponenten in die radiale Richtung der oberen Messer und entlang der unteren Messer. Hierdurch werden die aus dem dänischen Patent 169 378 bekannten negativen radialen Kräfte, welche auf die Messer einwirken, vermieden.

II.
Zur Frage der Verletzung des Klagepatentes stimmen die Parteien zutreffend darin überein, dass die angegriffene Ausführungsform von den Merkmalen 1, 3 sowie 4 des Klagepatentes Gebrauch macht, so dass es hierzu keiner näheren Erläuterungen bedarf. Im Streit stehen hingegen die Merkmale 2 und 5.

Unabhängig von der Frage, ob die angegriffene Ausführungsform die Merkmalsgruppe 2 verwirklicht, wird jedenfalls von dem Merkmal 5 kein Gebrauch gemacht.

Merkmal 5 besagt, dass die unteren Messer sich in eine Richtung erstrecken, die die Achse der Achse oder einen Bereich um diese herum schneidet. Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass die angegriffene Ausführungsform von dem Merkmal keinen Gebrauch mache, da die unteren Messer sich nicht in eine Richtung erstrecken würden, die die Achse der Achse oder einen Bereich um diese herum schneidet. Gehe man nämlich von dem jeweiligen Abschnitt des unteren Messers aus, der gemeinsam mit dem jeweiligen Zahn des oberen Messers zusammenwirke, so erstrecke sich das untere Messer nicht in eine Richtung, die die Achse der Achse oder einen Bereich um diese herum schneidet. Die unteren Messer würden sich vielmehr in einem Bereich wesentlich entfernt von der Achse der Achse erstrecken. Die Beklagte vertritt weiterhin die Auffassung, dass das Ziel des Erreichens eines Aktionswinkels von ca. 90° von dem Merkmal umfasst sei. Anhand der maßstabsgenauen Zeichnung nach Anlage B 4 ergebe sich, dass die angegriffene Ausführungsform Aktionswinkel von 50 bzw. 55° aufweisen würde. Die Klägerin tritt diesem Vorbringen entgegen.

Die merkmalsgemäße Anordnung soll dazu führen, dass die Zähne der oberen Messer einen Aktionswinkel von ungefähr 90° bilden. Dadurch wird vermieden, dass beim Zerkleinerungsvorgang wesentliche Kraftbelastungskomponenten in die radiale Richtung der oberen Messer und entlang der unteren Messer wirken (vgl. Anlage LB 3 Seite 5). Mit der in Merkmal 5 vorgesehenen Anordnung wird also vor allem ein für die Zähne der oberen Messer möglichst belastungsfreies Arbeiten angestrebt. Ein solches belastungsfreies Arbeiten war – wie in der allgemeinen Beschreibung des Standes der Technik in der Klagepatentschrift ausgeführt wird – bei der Zerkleinerungsvorrichtung des vorveröffentlichten dänischen Patents 169 378 nicht gegeben, da bei dieser die Flugkreise der oberen Messer eine von den unteren Messern gebildete Ebene in einem spitzen Winkel geschnitten haben. Dieser spitze Aktionswinkel hat dazu geführt, dass radiale Kräfte die Zähne zum Biegen belasten und tangentiale Kräfte auf die Zähne quer zu den unteren Messern entlang derselben wirken (vgl. LB 3 Seite 3).

Eine solch konventionelle Anordnung wird auch in der Figur 12 der Klagepatentschrift beschrieben, bei der die unteren Messer unterhalb der Welle angeordnet sind, so dass die Zähne das Material von oben sowie die unteren Messer in einem nachteilhaften spitzen Winkel treffen, dass ein Schneide- und Zerreißvorgang nur mit Schwierigkeiten oder gar nicht durchgeführt werden kann (Anlage LB 3 Seite 18).

Demgegenüber weisen die in den Figuren 13 und 14 gezeigten erfindungsgemäßen Ausführungsbeispiele untere Messer (38) auf, die jeweils gerade sind und ein umgekehrtes V bzw. V bilden. Die oberen Messer (34) sind an der Welle (35) befestigt. Die unteren Messer sind auf die Achse der Welle (35) ausgerichtet bzw. erstrecken sich in eine Richtung, die die Achse der Welle im Sinne der ersten Alternative des Merkmals 5 schneidet, so dass die Zähne der oberen Messer bei Drehung die unteren Messer bei Winkeln passieren, die jeweils 90° betragen (Anlage LB 3 Seite 19 Abs. 1).

Bei der angegriffenen Ausführungsform verfügen die rotierenden Messer über je zwei aktive Messerspitzen, die in der Anlagen B 4 und LB 14 mit der Bezeichnung S1 und S2 gekennzeichnet sind. Die feststehenden unteren Messer weisen im Querschnitt insgesamt die Form eines schräggestellten W auf. Dabei wirken die äußere Messerspitze S1 mit der Spitze des äußeren Schenkel des W und die innere Messerspitze S2 mit der Spitze des mittleren Schenkel des W zusammen.

Die Parteien streiten in diesem Zusammenhang darüber, ob bei der angegriffenen Ausführungsform bei der Bestimmung der Richtung, in die sich die unteren Messer erstrecken, jeweils auf die von der Beklagten in der Anlage B 4 mit blau bzw. rot eingezeichneten Messerflanken abzustellen ist oder aber auf den in der Anlage LB 14 von der Klägerin eingezeichneten Zerkleinerungsgegenstand, der auf den beiden Messerspitzen aufliegt.

Für die Frage, ob es auf die Ausrichtung des oberen Messers und des Zerkleinerungsgegenstandes oder auf das Zusammenwirken des unteren Messers mit den oberen Messern ankommt, ist der Beklagten zuzustimmen, dass zur Bestimmung der Richtung, in welche sich bei der angegriffenen Ausführungsform die unteren Messer erstrecken, diejenige einzelne Fläche der w-förmigen unteren Messer herangezogen werden muss, die mit einem Zahn (S1 oder S2) des oberen Messers zusammenwirkt. Denn bei Auslegung des Merkmals 5 nach seinem technisch-funktionalen Gehalt ergibt sich, dass es zur Vermeidung der aus dem Stand der Technik bekannten Nachteile, insbesondere der dänischen Patentschrift 169 378, wesentlich ist, dass sich die unteren Messer, die mit den Zähnen der oberen Messer zusammenwirken in eine Richtung erstrecken, die die Achse der Achse oder einen Bereich um diesen herum schneidet. Denn nur auf diesen Bereich kommt es auch bei der Bestimmung eines Aktionswinkels und somit die Frage des Auftretens von radialen und tangentialen Kräften an. Indem die unteren Messer in dem Bereich, in dem sie mit den Zähnen der oberen Messer zusammenwirken, sich in der in Merkmal 5 vorgesehenen Richtung erstrecken, wird erreicht, dass der Aktionswinkel der oberen Messer im Verhältnis zu den unteren Messern bei ca. 90° liegt. Die weitere Umgebung der unteren Messer ist hierfür nicht von Relevanz.

Für dieses Verständnis sprechen auch die Ausführungen in der Klagepatentschrift zum Stand der Technik (Anlage LB 3 Seite 2 Abs. 3). So wird ausgeführt:

„Aufgrund des Aufbaus der Maschine mit dem Schneidetisch unter den Achsen oder Wellen angeordnet, wird eine Zylinderoberfläche, die einen Umfang eines oberen Messers enthält, eine Ebene schneiden, die die zugehörigen unteren Messer in einem spitzen Winkel enthält, welcher den Aktionswinkel der Zähne in bezug auf die unteren Messer bildet.“ (Fettdruck hinzugefügt).

Zwar ist es zutreffend, dass der Fachmann der Beschreibung des Klagepatentes entnehmen kann, dass der Aktionswinkel der Zähne des rotierenden oberen Messers nicht allein von der Lage des unteren Messers abhängig ist, sondern auch durch das zu zerkleinernde Material bestimmt wird, wenn ihm erläutert wird, dass bei einer geeigneten Auswahl der Neigung in Bezug zu einer Ebene durch die Achse der Welle und die Enden der unteren Messer gegenüberliegend der Welle, der durchschnittliche Aktionswinkel der Zähne auf 90° eingestellt werden kann (vgl. Anlage LB 3 Seite 14 Abs. 2). Im Patentanspruch wird diesem Umstand Rechnung getragen, dass sich die unteren Messer nicht nur in eine Richtung erstrecken dürfen, die die Achse der Welle schneiden, sondern es auch möglich ist, dass sie sich in eine Richtung erstrecken, die einen Bereich um die Achse der Welle herum schneiden. Ansonsten ist nach dem Wortlaut des Merkmals 5 für die Bestimmung der Richtung jedoch nicht das zu zerkleinernde Material von Bedeutung, sondern es kommt allein auf die Richtung der unteren Messer an. Dies ergibt sich auch daraus, dass die Lehre des Klagepatentes keine näheren Vorgaben hinsichtlich der Ausgestaltung des zu zerkleinernden Materials enthält und im Rahmen eines Vorrichtungsanspruches auch nicht enthalten kann. Im Übrigen wäre auch die Lage des jeweiligen Gutes zu unbestimmt. Von daher wird man nur den Bereich als für die Ausrichtung der unteren feststehenden Messer entscheidend ansehen können, in dem sich diese mit dem Zähnen der oberen rotierenden Messer begegnen bzw. zusammenarbeiten. In diesem Bereich ist im allgemeinen nicht nur die Last am größten (vgl. Anlage LB 3 Seite 14 Abs. 2 letzter Satz), sondern wirken sich auch bei einem spitzen Aktionswinkel – wie dem Fachmann im Hinblick auf den aus der dänischen Patentschrift 169 378 bekannten Stand der Technik erläutert wird – auch die radiale und tangentiale Kraftbelastung aus (vgl. Anlage LB 3 Seite 2 Abs. 3 und Seite 18 Abs. 3 Figur 12), die erfindungsgemäß gerade durch die Vorgaben des Merkmals 5 vermieden werden sollen.

Einer solchen Auffassung stehen auch nicht die in den Figuren 15 und 16 dargestellten bevorzugten Ausführungsformen der Erfindung dar. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass in der Beschreibung zu den beiden Figuren hervorgehoben wird, dass es sich um sehr schematische Darstellungen handele (vgl. Anlage LB 3 Seite 19 f.). Zudem soll anhand der Figuren offensichtlich nur gezeigt werden, welche Vorteile mit gebogenen oder wellenförmigen Messern verbunden sind. Daraus ergibt sich hingegen nicht, dass entgegen des Wortlautes des Merkmals 5 für die Ausrichtung der unteren Messer auf das zu zerkleinernde Gut abzustellen ist.

Die Richtung, in welche sich die unteren Messer erstrecken, wird mithin durch die Abschnitte der Messeroberflächen bestimmt, die in Aktion der oberen und unteren Messer zusammenwirken. Die angegriffene Ausführungsform weist untere Messer auf, die sich in eine Richtung erstrecken, die nicht die Achse der Achse oder Welle oder einen Bereich um diese schneidet (vgl. Anlage B 4). Die Klägerin hat nicht in Abrede gestellt, dass die blau und rot eingezeichneten Linien die entsprechenden Verlängerungen der unteren Messer darstellen. Sie hat lediglich ausgeführt, dass es nicht auf die Richtung der unteren Messer ankomme, sondern auf die Lage des Zerkleinerungsgutes (vgl. Anlage LB 14).

Eine Verletzung des Merkmals 5 mit äquivalenten Mitteln liegt nicht vor. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu § 14 PatG, Art. 69 EPÜ liegt Äquivalenz dann vor, wenn der Fachmann die bei der Ausführungsform eingesetzten Mittel auf Grund von Überlegungen, die am Sinngehalt der in den Schutzansprüchen beschriebenen Lehre ausgerichtet sind, mit Hilfe seiner Fachkenntnisse als für die Lösung des der Erfindung zu Grunde liegenden Problems gleichwirkend auffinden konnte (BGH, GRUR 2002, 515, 517 – Schneidmesser I m.w.N. aus der Rspr.).

Das Vorliegen einer Gleichwirkung des äquivalenten Mittels ist nicht ersichtlich. Zwar mag die angegriffene Ausführungsform, wie die Klägerin vorträgt, auch gute Zerkleinerungseigenschaften haben. Hierauf kommt es jedoch nicht maßgeblich an. Wie sich aus der einleitenden Beschreibung des Klagepatentes ergibt, will die erfindungsgemäße Lehre die aus dem Stand der Technik bekannten Nachteile, nämlich das Auftreten von radialen und tangentialen Kräften, vermeiden. Ob dies auch bei der Ausgestaltung wie bei der angegriffenen Ausführungsform der Fall ist, ist nicht ersichtlich und nicht dargetan.

Die Klägerin hat vorgetragen, dass es im Rahmen der Äquivalenzbetrachtung für die Frage, ob sich bei der angegriffenen Ausführungsform die unteren Messer in Richtung auf die Achse der Achsen oder einen Bereich um diese herum erstrecken, die hierfür relevante Ebene sich so ermitteln lasse, dass man eine V-förmige Öffnung, in welcher sich Zerkleinerungsgut befinde, mit einer Winkelhalbierenden schneide und an diese eine Senkrechte anlegen müsse. Diese Ebene sei das äquivalente Mittel und diese erstrecke sich in einen Bereich der die Achse der Achse oder einen Bereich um diese herum schneide. Das entsprechende Kräfteverhältnis bei der angegriffenen Ausführungsform ergebe sich aus der als Anlage LB 18 vorgelegten Zeichnung.

Die Beklagte trat diesem Vorbringen entgegen. Die von der Klägerin als für eine Gleichwirkung definierte Ebene sei für die Schneidverhältnisse bei der angegriffenen Ausführungsform nicht maßgeblich, da nicht der Scheitelpunkt der V-förmigen Schneide, sondern die Messerspitzen selbst betrachtet werden müssten.
Bei der angegriffenen Ausführungsform, welche ein anderes Ziel verfolge als das Klagepatent, solle jeweils eine Spitze des oberen rotierenden Messers mit der Spitze des unteren Messers zusammenwirken, um zu erreichen, dass das zu zerkleinernde Material nicht ausweichen kann. Ein entsprechender Rückhalt werde durch die V-förmigen Scheitel erreicht. Dies habe jedoch nichts mit der Lehre des Klagepatentes zu tun, das eine erhöhte Kraftbelastung insbesondere auf die Zähne der oberen Messer vermeiden will. Entsprechend gebe auch die Zeichnung in der Anlage LB 18 nicht wieder, ob eine Gleichwirkung im Hinblick auf das Ziel des Klagepatentes – Vermeidung spitzer Aktionswinkel – erreicht werde.

Der Auffassung der Beklagten ist zuzustimmen. Zwar mag das von der Klägerin in der Anlage LB 18 überreichte und nachfolgend abgebildete Kräfteverhältnis zutreffend bestimmt worden sein, was auch von der Beklagten nicht in Abrede gestellt wurde.

Hieraus ergibt sich hingegen nicht, dass bei der angegriffenen Ausführungsform das von der Lehre nach dem Klagepatent verfolgte Ziel, Vermeidung spitzer Winkel, erzielt wird. Aus der in der als Anlage LB 18 überreichten Abbildung ergibt sich zwar, dass die oberen Messer mit den unteren Messern zusammenwirken und ein Zerkleinern des Zerkleinerungsgutes bewirken. Wie hingegen die Kräfte auf die Zähne der oberen Messer im Zusammenwirken mit den Zähnen der unteren Messer wirken, lässt sich der Zeichnung nicht entnehmen. Denn die von der Klägerin vorgelegte Zeichnung gibt lediglich das Kräfteverhältnis in dem Scheitelpunkt des V-förmigen Bereiches wieder, in welchem das Zerkleinerungsgut zum Liegen kommt, nicht hingegen das Kräfteverhältnis auf die Zähne der oberen Messer. Die Kraftwirkung, welche auf diesen Bereich der Messer wirkt, ist jedoch für die Frage der Gleichwirkung nicht von Relevanz.

Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, dass die angegriffene Ausführungsform gleichwirkend zu der Erfindung nach dem Klagepatent, insbesondere der in Merkmal 5 vorgesehenen Ausrichtung der unteren Messer ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108 ZPO.

Der Streitwert beträgt 250.000,- €

Dr. R1 R2 R3