4a O 500/03 – Umlenkmessrolle

Düsseldorfer Entscheidung Nr.:  261

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 2. Dezember 2004, Az. 4a O 500/03

I.
Die Beklagten werden – unter Abweisung der Klage im Übrigen – verurteilt,

1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlungen bis zu insgesamt zwei Jahren zu unterlassen,

Umlenkmessrollen für die Ermittlung der Spannungsverteilung beim Walzen dünner Bänder, vor allem beim Kaltwalzen von dünnem Stahlblech, mit einer zylindrischen Messrolle, in deren Umfang Messstellen derart angeordnet sind, dass sie den Spannungsverlauf des mit Messstellen versehenen Abschnitts der Messrolle anzeigen,

im Geltungsbereich des deutschen Patents 42 ####1

herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,

bei denen die Messrolle sowie radial belastete Abdeckungen von Kraftmessgebern im Betriebszustand mit ihren Oberflächen unmittelbar an der Oberfläche des zu prüfenden Bandes anliegen, und die Abdeckungen ohne Wandberührung ausschließlich in den Ausnehmungen in Bezug auf die Achse der Messrolle verschiebbar sind, wobei die Abdeckungen von der Umlenkkraft des Bandes beaufschlagt sind, und die beiden einander gegenüberliegenden Stirnflächen der Kraftmessgeber belastet sind, indem von beiden die eine auf der Aufstandsfläche der Ausnehmung aufgespannt ist, während die andere der Beaufschlagung mit der Walzkraft über die Abdeckung ausgesetzt ist,
insbesondere wenn die Messrolle einschließlich der Abdeckungen (Messbalken) beschichtet ist,

2.
der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 1. Januar 2003 begangen worden sind, und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsmengen, -zeiten und preise,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;

wobei

den Beklagten für den Fall ihrer Verurteilung zur Rechnungslegung nach ihrer Wahl vorzubehalten, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger und der nichtgewerblichen Abnehmer statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn zugleich ermächtigt, der Klägerin darüber Auskunft zu geben, ob eine bestimmt bezeichnete Lieferung oder ein bestimmt bezeichneter Abnehmer oder ein bestimmt bezeichneter Empfänger eines Angebotes in der Rechnung enthalten ist.

II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die zu I. 1. bezeichneten und seit dem 1. Januar 2003 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III.
Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt.

IV.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 250.000,– Euro vorläufig vollstreckbar.

Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in Deutschland ansässigen, als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des deutschen Patents 42 ####1 (nachfolgend: Klagepatent), das am 30.10.1992 angemeldet wurde. Die Offenlegung der Anmeldung erfolgte am 5.5.1994 und die Veröffentlichung der Erteilung am 4.4.2002.

Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

Umlenkmessrolle für die Ermittlung der Spannungsverteilung beim Walzen dünner Bänder (8), vor allem beim Kaltwalzen von dünnem Stahlblech, mit einer zylindrischen Messrolle (4) in deren Umfang Messstellen (5) derart angeordnet sind, dass sie den Spannungsverlauf des mit Messstellen (5) versehenen Abschnittes der Messrolle (4) anzeigen, dadurch gekennzeichnet, dass die Messrolle (4) sowie radial belastete Abdeckungen (3) von Kraftmessgebern (1) im Betriebszustand mit ihren Oberflächen (6, 7) unmittelbar an der Oberfläche (9) des zu prüfenden Bandes (8) anliegen,
und die Abdeckungen (3) ohne Wandberührung ausschließlich in den Ausnehmungen (2) in bezug auf die Achse der Messrolle (4) verschiebbar sind,
wobei die Abdeckungen (3) von der Umlenkkraft des Bandes (8) beaufschlagt sind, und die beiden einander gegenüberliegenden Stirnflächen (11, 12) der Kraftmessgeber (1) belastet sind,
indem von beiden die eine (11) auf der Aufstandsfläche (13) der Ausnehmung (2) aufgespannt ist,
während die andere (12) der Beaufschlagung mit der Walzkraft über die Abdeckung (3) ausgesetzt ist.

Die nachfolgend wiedergegebene Zeichnungen – Figuren 2, 3 und 6 – stammen aus dem Klagepatent. Während Figur 2 die bei einer im Stand der Technik bekannten Ausführungsform auf den Kraftmessgeber einwirkenden Kräfte verdeutlicht, zeigen die Figuren 3 und 6 unter anderem die Anordnung der Kraftmessgeber in einer erfindungsgemäßen Umlenkmessrolle:

Die Beklagte zu 1, deren Geschäftsführer die Beklagten zu 2 und 3 sind, stellte ein Modell einer Umlenkmessrolle auf der Fachmesse „METEC 2003, 6. Internationale Metallurgiefachmesse“ aus, die im Juni 2003 statt fand. Die Klägerin hat zur Verdeutlichung der Ausgestaltung der ausgestellten Umlenkmessrolle als Anlage K 9 eine Zeichnung sowie als Anlage K 10 einen Ausdruck von der Homepage der Beklagten zu 1 vorgelegt. Die Beklagte hat als Anlage BB 2 bis BB 5 Zeichnungen der Umlenkmessrolle eingereicht. Nachfolgend werden die als Anlage BB ‚2 und BB 3 vorgelegten Zeichnungen wiedergegeben.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte habe durch die Ausstellung des Umlenkmessrolle auf der METEC 2003 Patentanspruch 1 des Klagepatents verletzt. Hinzu komme, dass der Homepage der Beklagten zu entnehmen sei, dass die Ausführungsform bereits zum Verkauf angeboten worden sei und im November eine Lieferung an das Unternehmen A für ein Kaltwalzwerk Gueugnon, Frankreich, erfolgen solle.

Sie beantragt,

wie zuerkannt, jedoch ohne den von den Beklagten beantragten Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise

den Beklagten für den Fall ihrer Verurteilung zur Rechnungslegung nach ihrer Wahl vorzubehalten, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger und der nichtgewerblichen Abnehmer statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn zugleich ermächtigen, der Klägerin darüber Auskunft zu geben, ob eine bestimmt bezeichnete Lieferung oder ein bestimmt bezeichneter Abnehmer oder ein bestimmt bezeichneter Empfänger eines Angebotes in der Rechnung enthalten ist.

Sie stellen eine Verletzung des Klagepatents in Abrede, weil dieses die in Patentanspruch 1 unter Schutz gestellte Lehre weder wortsinngemäß noch mit äquivalenten Mitteln verwirkliche. Für den Fall, dass doch von einer äquivalenten Verwirklichung auszugehen sei, berufen sich die Beklagten auf den Einwand des Standes der Technik (Formstein-Einwand). Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass die angegriffene Testrolle von der Beklagten nicht vertrieben worden sei, sondern vielmehr – unstreitig – die Vermarktung einer beschichteten Ausführungsform erfolgt sei.

Die Klägerin bezieht auch diese beschichtete Ausführungsform in die Klage ein und sieht darin gleichfalls eine Verwirklichung der Lehre des Klagepatents.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Der Klägerin stehen die gegenüber der Beklagten geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung, Auskunftserteilung und Schadensersatz zu, weil die angegriffenen Ausführungsformen Anspruch 1 des Klagepatents verwirklichen, §§ 9, 139, 140b PatG (1981), 242, 259 BGB.

I.

Das Klagepatent betrifft eine Umlenkmessrolle für die Ermittlung der Spannungsverteilung beim Walzen dünner Bänder, vor allem beim Kaltwalzen von dünnem Stahlblech, die folgende Merkmale aufweist:

1. eine zylindrische Messrolle (4);

2. im Umfang der zylindrischen Messrolle (4) sind Messstellen (5) vorhanden;

3. die Messstellen (5) sind so angeordnet, dass sie den Spannungsverlauf des mit den Messstellen (5) versehenen Abschnitts der Messrolle (4) anzeigen.

Umlenkmessrollen dieser Art sind – nach den Erläuterungen der Klagepatentschrift – in unterschiedlichen Ausführungen bekannt. Die Zielsetzung sei in der Regel die Verbesserung des Messergebnisses, welches für die Steuerung und Regelung im Bereich der Fertigwalzung wertvolle Aufschlüsse über die betrieblichen Abläufe vermittele. So folge aus der DE-PS 29 ####2 bei einer mittels Spannbolzen zusammengehaltenen, aus Ringen bestehenden Holzwalze, dass die Messergebnisse eine geringere Verfälschung infolge von Durchbiegungen der Messrolle erführen. Dies werde durch eine konstruktive Ausgestaltung der Umlenkmessrolle erreicht, die aus einzelnen Scheiben mit differenziert aufgebauter Gestaltung zusammen gesetzt werde und somit eine konstruktiv optimale Anpassung an die in der Durchbiegungszone liegende Bereiche erziele und so zusätzlich eine Verbesserung des Widerstandes in den peripheren Zonen gegenüber Durchbiegungskräften erreiche. Obwohl die elastische Deformationen der Biegebelastung nur gering seien, verfälschten sie jedoch noch die einzelnen Messwerte. Der an sich kreisrunde Querschnitt der Umlenkmessrolle tendiere bei Belastungsangriff zu einer „eiförmigen“ Verformung, wobei der größere Radius an der Stelle der einwirkenden Biegekräfte liege. Die peripheren Zonen würden abschnittsweise in Biegekraftrichtung gestreckt oder gestaucht und belasteten somit den Kraftmessgeber derart, dass über die Abdeckung der Messgeber noch zusätzlich Kräfte und Momente auf den Kraftmessgeber übertragen würden, die als störende Radialkräfte bekannt seien.

Weiter heißt es in der Beschreibung des Klagepatents, dass die Abdeckung für die Kraftmessgeber die Genauigkeit der Messwerte in erheblichem Maße beeinflusse. Bei der deckelförmigen Abdeckung bestehe eine allseitige Verbindung zwischen Kraftmessgeber und Messrolle, bei der Verbindung mittels eines thermischen Schrumpfringes oder bei den verspannten Messscheiben werde die Verbindung in Umfangsrichtung wirksam, wohingegen in axialer Richtung die Abdeckungen durch Spalte voneinander getrennt seien. Zusätzlich zu den ordnungsgemäß erhaltenen Messwerten komme es durch die zuvor benannten Abdeckungen dazu, dass Kräfte und Momente zusätzlich auf die Messgeber übertragen würden, wobei die Radialkräfte als Störkräfte aufträten. Letztere könnten auch sekundär bei Temperaturänderungen stören, wenn die Rollenoberfläche durch das Band aufgeheizt werde. Die Rollenoberfläche dehne sich dann stärker aus als der Rollenkern, was zu Wärmedehnungen bzw. Spannungen und damit zu Störkräften an der Kraftmessgeber-Abdeckung komme. Störkräfte dieser Art ließen sich nur sehr aufwändig beheben, z.B. durch auf den Umfang verteilte Kraftmessgeber mit positiven und negativen Kennlinien mit elektrischer Zusammenschaltung. Es könnten auch sogenannten Reset-Schaltungen verwendet werden, bei denen das Störsignal beim Überschreiten einer bestimmten Grenze auf Null gesetzt werde. Neben den Verformungen der Messrollen mit Temperaturänderungen kämen Verformungen ebenfalls durch Biegebelastungen der Messrolle zustande, wenn die auf die Rollen wirkenden Radialkräfte größer würden. Die in vielen Fällen angewendete Kompensationsschaltung erziele bei dem eingangs behandelten Stand der Technik eine erforderliche Kompensation z.B. dadurch, dass um 180° zueinander peripher versetzte Kraftmessgeber zusammengeschaltet würden, so dass von gleicher Biegemomentbelastung ausgegangen werden könne. Derartige Maßnahmen setzten einen erheblichen Investitionsaufwand voraus.

Dem Klagepatent liege danach das Problem („die Aufgabe“) zugrunde, die auftretende Störkräfte und -momente nicht durch Steigerung des Aufwandes, sondern durch eine konstruktive Verbesserung der Messrolle zu verringern oder zu beseitigen.

Das soll durch folgende weitere Merkmale erreicht werden:

4. Im Betriebszustand liegen die Messrolle sowie Abdeckungen (3) von Kraftmessgebern mit ihren Oberflächen (6, 7) unmittelbar an der Oberfläche (9) des zu prüfenden Bandes,

4.1. wobei die Abdeckungen (3) radial belastet sind.

5. die Abdeckungen (3) sind ohne Wandberührung ausschließlich in den Ausnehmungen (2) verschiebbar, und zwar

5.1. in Bezug auf die Achse der Messrolle (4);

dabei sind

6. die Abdeckungen (3) von der Umlenkkraft des Bandes beaufschlagt und

7. die beiden einander gegenüberliegenden Stirnflächen (11, 12) der Kraftmessgeber belastet,

8. indem von beiden Stirnflächen (11, 12)

8.1. die eine Stirnfläche (11) auf der Aufstandsfläche (13) der Ausnehmungen aufgespannt ist, während

8.2. die andere Stirnfläche (12) der Beaufschlagung mit der Walzkraft über die Abdeckungen (3) ausgesetzt ist.

II.

Die angegriffenen Umlenkmessrollen der Beklagten verwirklichen die in Patentanspruch 1 des Klagepatents unter Schutz gestellte Lehre wortsinngemäß. Das gilt unabhängig davon, ob die Umlenkmessrollen mit einer Beschichtung aus Kunststoff, insbesondere Polyurethan, oder Gummi versehen sind oder nicht.

Dass die in Rede stehenden Umlenkmessrollen dem Wortsinn der Merkmale 1 bis 3 und 6 bis 8.2 entsprechen, ist zwischen den Parteien – zu Recht – nicht streitig und bedarf daher auch keiner weiteren Begründung.

1.) Wortsinngemäß verwirklicht ist darüber hinaus das Merkmal 4.1, wonach die Abdeckungen von Kraftmessgebern, die nach Merkmal 4 mit ihren Oberflächen unmittelbar an der Oberfläche des zu prüfenden Bandes liegen, radial belastet sind.

Die Beklagte entnimmt dem Merkmal, dass die Kraftmessgeber in Radialrichtung bezüglich der Achse der Messrolle angeordnet sein sollen. Das ergebe sich aus dem in den Figuren 1 und 2 dargestellten Stand der Technik, bei dem die Abdeckungen für Messgeber radial belastet seien und folglich Kraftmessgeber verwirklichten, die unbefriedigend seien, weil sinusförmige Störsignale kompensiert werden müssten. Im Gegensatz dazu machten die Figuren 3 bis 9 deutlich, dass die Kraftmessgeber – wie auch die Abdeckungen – in Radialrichtung angeordnet seien.

Dem Verständnis der Beklagten kann nicht gefolgt werden. Maßgebend für die Bestimmung des Schutzbereiches sind die Patentansprüche. Die Beschreibung und die Zeichnungen sind (lediglich) zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen, § 14 PatG. Ein Ausführungsbeispiel erlaubt regelmäßig keine einschränkende Auslegung eines die Erfindung allgemein kennzeichnenden Patentanspruchs (BGH, Urt. v. 7.9.2004, X ZR 255/01 – bodenseitige Vereinzelungseinrichtung, abrufbar im Internet unter www.bundesgerichtshof.de). Merkmal 4.1. gibt – in Verbindung mit Merkmal 4 – allein vor, dass die Abdeckungen der Kraftmessgeber, die mit ihren Oberflächen unmittelbar an der Oberfläche des zu prüfenden Bandes liegen, radial belastet sind. Die radiale Anordnung der Kraftmessgeber im Verhältnis zur Achse der Messrolle ist damit nicht festgelegt. Die Beklagte hat keine Stelle aus der Beschreibung des Klagepatents aufgezeigt, die einen Hinweis auf die von ihr befürwortete enge Auslegung enthält. Auch die Erläuterungen der Figuren 1 und 2 des Klagepatents, die den vorbekannten Stand der Technik zeigen, enthalten keine Angaben zur Anordnung des Kraftmessgebers im Verhältnis zur Rollenachse. Vielmehr heißt es nur allgemein, dass bei Abdeckungen der in den Figuren 1 und 2 gezeigten Art eine Drehung der Messrollen dazu führe, dass diese sinusförmigen Störsignale kompensiert werden müssen, wenn vertretbare Messergebnisse benötigt würden (vgl. Sp. 2, Z. 44 ff., Rdn. 0021). Darüber hinaus ist es zwar zutreffend, dass bei dem in den Figuren 4 und 5 gezeigten erfindungsgemäßen Ausführungsbeispiel der Kraftmesser in Radialrichtung zur Messrollenachse ausgerichtet ist. Der Beschreibung kann jedoch nicht entnommen werden, dass eine solche Ausgestaltung zwingend auch für die in Patentanspruch 1 unter Schutz gestellte allgemeine Lehre vorzusehen ist. Vielmehr gilt auch hier, dass es sich lediglich um ein erfindungsgemäßes Ausführungsbeispiel handelt, das zwar als Bestandteil der Beschreibung zur Erläuterung des Inhaltes der Patentansprüche mit heranzuziehen ist, das die Auslegung des die Erfindung allgemein kennzeichnenden Patentanspruchs aber nicht einzuschränken vermag.

Danach ist das Merkmal 4.1. auch bei der angegriffenen Ausführungsform verwirklicht. Nach dem Vorbringen der Beklagten sind zwar bei ihrer Messrolle in der Rollenoberfläche Messbalken in Schrägstellung zur Rollenachse eingesetzt, die sich in Bandlaufrichtung überlappen und deren Oberfläche die Krümmung der Rollenoberfläche aufweisen (vgl. die im Tatbestand wiedergegebene Anlage BB 3). Zudem sind die Messbalken – nach dem weiteren Vortrag der Beklagten – im Bereich der Balkenenden auf Kraftmesser abgestützt (Balken auf zwei Stützen), wobei die Befestigungsschrauben für die Messbalken und Kraftmessgeber nicht in zur Rolle radialer Richtung auf der Rollenachse aufgespannt sind (vgl. die im Tatbestand wiedergegebene Anlage BB ‚2). Die im Verhältnis zur Rollenachse versetzte Anordnung der Kraftmessgeber steht einer Verwirklichung der Lehre des Klagepatents aber nicht entgegen, weil auch bei einer solchen Ausgestaltung die von dem über die Oberfläche der Messrolle geführten Band ausgeübte Kraft aufgrund der zylindrischen Form der Messrolle auf den Achsenmittelpunkt ausgerichtet ist, so dass auch die Abdeckungen der Kraftmessgeber radial belastet werden.

2.) Die angegriffenen Ausführungsformen entsprechen zudem dem Wortsinn des Merkmals 6.1. Dieses enthält in Verbindung mit dem Merkmal 6 die Vorgabe, dass sich die Verschiebbarkeit der Abdeckungen, die ohne Wandberührung ausschließlich in den Ausnehmungen gegeben sein soll, auf die Achse der Messrolle bezieht. Nach Ansicht der Beklagten ist damit nichts anderes als eine Verschiebung in Radialrichtung gemeint, auch wenn der Begriff „radial“ in Merkmal 5 ausdrücklich nicht erwähnt sei, während die Klägerin darin lediglich eine Verschiebbarkeit in Richtung auf das Innere des Rollenkörpers sieht, im Gegensatz zu einer axialen Verschiebbarkeit nach allen Seiten.

Auch für die Auslegung des Merkmals 6.1. ist der Wortlaut des Patentanspruchs maßgebend, wobei die Beschreibung und die Zeichnungen mit zu berücksichtigen sind. Dem Wortlaut des Patentanspruchs ist jedoch nicht zu entnehmen, dass die Verschiebbarkeit der Abdeckungen, die sich auf die Achse der Messrolle beziehen soll, in radialer Ausrichtung zur Achse der Messrolle zu erfolgen hat. Die allein vorgesehene Ausrichtung zur Achse der Messrolle beinhaltet vielmehr zwingend nur eine Verschiebbarkeit in das Innere des Rollenkörpers, ohne dass die Bewegung notwendigerweise radial zur Achse der Messrolle verlaufen muss. Denn auch wenn die Kraftmessgeber und damit deren Abdeckungen – wie bei der angegriffenen Ausführungsform – quer zur Rollenachse versetzt sind, verschieben sie sich bei einer Bewegung in das Innere des Rollenkörpers in Bezug auf die Achse der Messrolle. Im Rahmen der Lehre des Klagepatents ausgeschlossen ist lediglich eine (axiale) Verschiebbarkeit der Abdeckungen in Richtung der Innenwand der Messstellen-Bohrung. Denn erfindungsgemäß kommt es entscheidend darauf an, dass ein Spalt für die Bewegung der Kraftmessgeber-Abdeckung gegenüber der Innenwand der Messstellen-Bohrung besteht (Sp. 3, Z. 22 ff.). Dadurch werden Störsignale ausgeschlossen, die durch die Verbindung von Kraftmessgeber und Messrolle entstehen können (vgl. Sp. 1, Z. 34 ff.; Sp. 2, Z. 44 ff.). Dass das Klagepatent darüber hinaus auch eine radiale Ausrichtung der Abdeckungen bzw. der Kraftmessgeber in Bezug auf die Achse der Messrolle anstrebt, lässt sich der Beschreibung nicht entnehmen. Allein der Umstand, dass die in den Figuren 5 bis 8 gezeigte erfindungsgemäße Umlenkrolle eine solche Ausrichtung der Abdeckung bzw. des Kraftmessgebers zeigt, ist nicht hinreichend, weil es sich „lediglich“ um ein Ausführungsbeispiel handelt. Entsprechend besteht auch kein Grund, Merkmal 6.1. einschränkend dahin zu verstehen, dass die Abdeckungen in Bezug auf die Achse der Messrolle radial verschiebbar ausgestaltet sein müssen. Danach finden sich die Vorgaben des Merkmals 6.1. auch bei der angegriffenen Ausführungsform wieder, weil deren Messgeber zwar nicht radial in Richtung auf die Achse verschoben werden können, wohl aber in das Innere des Rollenkörpers und damit in Bezug auf die Achse der Messrolle.

3.) Die Messrollen der Beklagten erfüllen schließlich die in Merkmal 4 aufgeführten Voraussetzungen. Dass bei der auf der „METEC 2003“ gezeigten angegriffenen Ausführungsform ohne Abdeckung – wie in Merkmal 4 vorgesehen – im Betriebszustand die Messrolle sowie die Abdeckungen der Kraftmessgebern mit ihren Oberflächen unmittelbar an der Oberfläche des zu prüfenden Bandes liegen, ist zwischen den Parteien unstreitig und muss daher nicht weiter begründet werden.

Aber auch die von der Beklagten vertriebene Messrolle mit einer Beschichtung aus Kunststoff, insbesondere Polyurethan, oder Gummi, verwirklicht das Merkmal 4. Denn wenn in dem Merkmal gefordert wird, dass die Messrolle sowie Abdeckungen von Kraftmessgebern mit ihren Oberflächen unmittelbar an der Oberfläche des zu prüfenden Bandes liegen sollen, so versteht der Fachmann dies dahin, dass Messmethoden, die ohne Kontakt zwischen der Messrolle sowie den Abdeckungen der Kraftmessgeber und dem prüfenden Band durchgeführt werden und dem Fachmann unstreitig bekannt gewesen sind, ausgeschlossen werden sollen. Hingegen steht es dem Wortsinn des Merkmals nicht entgegen, wenn die Messrolle und die Abdeckungen der Kraftmessgeber – wie die angegriffene Ausführungsform – mit einer Beschichtung aus Kunststoff, insbesondere Polyurethan, versehen sind.

Wie der einleitenden Beschreibung des Klagepatents entnommen werden kann, waren im Stand der Technik Umlenkmessrollen bekannt, bei denen aufgrund der deckelförmigen Abdeckung der Kraftmessgeber eine allseitige Verbindung zwischen Kraftmessgeber und Messrolle bestand (vgl. Sp. 1, Z. 34 ff.). Zur weiteren Verdeutlichung einer solchen Ausgestaltung wird nachfolgend die Figur 4, der in der Beschreibung des Klagepatents in diesem Zusammenhang erwähnten DE-OS 29 ####2 wiedergegeben, die einen Kraftmessgeber 10 zeigt, der im durch radiale Einschnitte begrenzten Sektor 25 über die periphere Zone 7 mit der Umlenkmessrolle verbunden ist.

Eine solche Abdeckung wird in dem Klagepatent als nachteilig angesehen, weil über die Verbindung zwischen Kraftmessgeber und Messrolle zusätzliche radiale Kräfte auf den Messgeber übertragen werden und damit das Messergebnis beeinflussen können (Anlage K 7, Sp. 28 ff.; Sp. 34 ff.). Diese Störkräfte sollen erfindungsgemäß nicht durch Kompensationsschaltungen oder ähnliche aufwändige Maßnahmen behoben werden, sondern durch eine konstruktive Verbesserung der Messrolle (a.a.O., Sp. 1. Z. 58 ff.; Sp. 2, Z. 1 ff.). Neben den in den Merkmalen 6 bis 8.2 beschriebenen konstruktiven Maßnahmen trägt zu diesem Ziel auch das Merkmal 5 bei, wonach die Abdeckungen ohne Wandberührung ausschließlich in den Ausnehmungen verschiebbar sein sollen. Denn soll die Verschiebbarkeit der Abdeckungen ohne Wandberührung erfolgen, setzt dies zwingend eine beabstandete Anordnung der Abdeckungen gegenüber den jeweiligen Innenwänden der Messrolle voraus. Eine solche beabstandete Anordnung wird bei der in Figur 3 des Klagepatents gezeigten Ausführungsform beispielsweise durch einen Spalt zwischen Kraftmessgeber und dessen Abdeckung einerseits und dem Innern der Ausnehmung 2 andererseits verwirklicht (vgl. a.a.O., Sp. 2, Z. 51 ff.; Sp. 3, Z. 22 ff.). Besteht ein solcher Spalt, zwischen den Abdeckungen und dem Inneren der Ausnehmungen und sind die Kraftmessgeber zudem – wie in Merkmal 8.2. vorgesehen – mit ihrer Stirnfläche auf den Aufstandsflächen der Ausnehmungen aufgespannt, so kann die radiale Belastung, die aufgrund der Beaufschlagung der Abdeckungen mit der Walzkraft des Bandes entsteht, über die den Abdeckungen gegenüberliegenden Stirnflächen der Kraftmessgeber – vgl. Merkmal 8.2. – in diese eingeleitet und von diesen ungestört gemessen werden. Denn bei einer solchen Anordnung ist es ausgeschlossen, dass – wie noch im Stand der Technik – über die Abdeckung zusätzliche im Bereich der Messrolle entstandene Radialkräfte auf den Kraftmessgeber übertragen werden und dadurch das Messergebnis verfälschen. Entscheidend ist also einerseits, dass die radiale Belastung, die aufgrund der Beaufschlagung der Abdeckungen mit der Umlenkkraft des Bandes entsteht, an die Kraftmessgeber weitergeleitet wird, und andererseits, dass keine zusätzlichen, von der Messrolle kommenden Kräften auf den Kraftmessgeber einwirken.

Allerdings steht der Verschiebbarkeit der Abdeckungen ohne Wandberührung erfindungsgemäß nicht entgegen, wenn zwischen den Abdeckungen und dem Inneren der Ausnehmungen ein O-Ring angeordnet ist, der den Zweck hat, den Spalt abzudichten, um zu verhindern, dass Fremdstoffe eindringen. Das ergibt sich aus Unteranspruch 9, der unter anderem eine Umlenkmessrolle nach Anspruch 1 betrifft, bei der eine umlaufende Nut zur Aufnahme eines O-Ringes zur Abdichtung der Kraftmessgeber in der Ausnehmung deren Wandung vorgesehen ist, und Unteranspruch 11, der ebenfalls einen solchen O-Ring erwähnt, sowie den Figuren 5 bis 8, die ein erfindungsgemäßes Ausführungsbeispiel zeigen, das einen O-Ring im Spalt zwischen der Abdeckung des Messgebers und dem Inneren der Ausnehmung aufweist.

Steht ein solcher O-Ring nicht der Verwirklichung der in Patentanspruch 1 unter Schutz gestellten Lehre entgegen, kann nichts anderes für die bei der angegriffenen Ausführungsform realisierte Beschichtung der Abdeckung des Messgebers und der Messrolle mit einer Kunstoffbeschichtung, insbesondere aus Polyurethan gelten. Zum einen wird die Verschiebbarkeit der Abdeckungen der Messgeber ohne Wandberührung nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Beschichtung auch den Spalt zwischen dem Messgeber und dem Inneren der Messrolle überdeckt. Denn die dadurch entstandene Verbindung zwischen Messgeber und Messrolle ist einer Verbindung gleichzustellen, die durch einen in dem Spalt angeordneten flexiblen O-Ring hergestellt wird, nicht aber einer Verbindung, die durch eine massive deckelförmige Abdeckung von Kraftmessgeber und Messrolle entsteht, so wie sie aus der DE-OS 29 ####2 im Stand der Technik bekannt war und in der Beschreibung des Klagepatents als nachteilig angesehen wird. Jedenfalls hat die Beklagte nicht dargetan und es ist auch sonst nicht ersichtlich, dass die erfindungsgemäß unerwünschte Übertragung von Radialkräften von der Messrolle auf den Kraftmessgeber bei der angegriffenen Ausführungsform in dem Umfang erfolgt, wie dies bei einer massiven Verbindung zwischen Kraftmessgeber und Messrolle über eine einstückige periphere Zone der Fall wäre.

Zudem ist nicht vorgetragen und auch sonst nicht erkennbar, dass die Beschichtung der Abdeckungen der Kraftmessgeber der angegriffenen Ausführungsform die Messbarkeit der radialen Belastung, die durch die Beaufschlagung der Abdeckungen mit der Umlenkkraft des Bandes hervorgerufen wird, in irgend einer Weise beeinträchtigt. Gerade die Messbarkeit der radialen Belastung soll aber durch die in Merkmal 4 vorgesehene räumlich-körperliche Anordnung gewährleistet werden, so dass bei funktionaler Betrachtung auch bei der angegriffenen Ausführungsform mit Beschichtung die Messrollen sowie die Abdeckungen von Kraftmessgebern mit ihren Oberflächen unmittelbar an der Oberfläche des zu prüfenden Bandes anliegen.

III.

1. Die Beklagten sind gegenüber der Klägerin im zuerkannten Umfang zur Unterlassung verpflichtet, § 139 Abs. 1 PatG. Die Verpflichtung der Beklagten zu 2) und 3) ergibt sich aus ihrer Verantwortlichkeit als Geschäftsführer der Beklagten zu 1). Die Beklagte zu 1) muss sich das Verhalten der Beklagten zu 2) und 3) zurechnen lassen, § 31 BGB analog.

2. Außerdem kann die Klägerin von den Beklagten Schadensersatz verlangen, § 139 Abs. 2 PatG. Denn als Fachunternehmen bzw. als dessen Geschäftsführer hätten die Beklagten die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Da es überdies hinreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist, der von der Klägerin noch nicht beziffert werden kann, weil sie den Umfang der rechtsverletzenden Benutzungshandlungen ohne ihr Verschulden nicht im Einzelnen kennt, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an der Feststellung der Schadensersatzverpflichtung anzuerkennen, § 256 ZPO. Die Beklagten haften als Gesamtschuldner, §§ 830, 840 BGB.

3. Damit die Klägerin den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch beziffern kann, sind die Beklagten ihr gegenüber zur Rechnungslegung verpflichtet, §§ 242, 259 BGB. Denn die Klägerin ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt und die Beklagten werden durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Allerdings ist den Beklagten der von ihnen beantragte Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen.

Die Beklagten haben schließlich über den Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse Auskunft zu erteilen, § 140 b PatG. Die danach geschuldeten Angaben sind in der Urteilsformel zu I. 2. mit den Angaben zusammengefasst, die zum Zwecke der Rechnungslegung vorzunehmen sind.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108 ZPO.

Der Streitwert beträgt 250.000,– Euro.

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