4a O 171/04 – Lawinen-Verschütteten-Suchsystem

Düsseldorfer Entscheidung Nr.:  234

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 2. Dezember 2004, Az. 4a O 171/04

Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger 3.650,– Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten aus 2.400,– Euro seit dem 22.12.2003 und aus 1.250,– Euro seit dem 5.3.2004 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Sicherheitsleistung kann durch die unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in Deutschland als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die Parteien – die Kläger als Lizenzgeber und die Beklagte als Lizenznehmerin – schlossen am 25.9.2001 eine als Lizenzvertrag bezeichnete Vereinbarung. Nach § 5 der Vereinbarung erteilt der Lizenzgeber dem Lizenznehmer eine ausschließliche Lizenz zur Verwertung der Vertragsschutzrechte. Der Lizenznehmer soll berechtigt sein, Gegenstände nach den Vertragsschutzrechten in eigenen Werkstätten herzustellen oder in fremden Werkstätten herstellen zu lassen und zu vertreiben. Als Vertragsschutzrechte werden unter § 2 folgende Schutzrechte oder Schutzrechtsanmeldungen benannt:

1. Gebrauchsmuster 200 11 088.8 „Neues Lawinen-Verschütteten-Suchsystem“
2. DE-Patentanmeldung 100 30 719.1 „Neues Lawinen-Verschütteten-Suchsystem“
3. EP-Patentanmeldung „011114112.4“ „Neues Lawinen-Verschütteten-Suchsystem“
4. Gebrauchsmuster 201 10 790.2 „Hochfrequenzadapter zu Neues Lawinen-Verschütteten-Suchsystem“

In § 8 der Vereinbarung ist festgelegt, dass die Mindestlizenzgebühr beginnend mit Vertragsabschluss monatlich im 1. Jahr 1.800 DM/900 Euro, im 2. Jahr 2.100 DM/1.050 Euro, im 3. Jahr 2.400 DM/1.200 Euro und im 4. Jahr 2.500 DM/1.250 Euro betragen und die nachfolgenden Jahre nach Abschluss des Jahres der Unterzeichnung des Vertrages immer ab Beginn des Kalenderjahres gerechnet werden sollen.

Wegen des weiteren Inhalts der Vereinbarung vom 25.9.2001 wird auf die Anlage zur Klageschrift verwiesen.

Nachdem die Beklagte zunächst die Mindestlizenzgebühren in vereinbarter Höhe monatlich zahlte, erfolgte in den Monaten November und Dezember 2003 sowie Januar 2004 keine Zahlung. Die Kläger forderten die Beklagte mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 11.12.2003 unter Fristsetzung bis zum 22.12.2003 zur Zahlung der Mindestlizenzgebühren für die Monate November und Dezember 2003 auf.

Die Kläger nehmen die Beklagte auf Zahlung der ausstehenden Mindestlizenzgebühren für die genannten drei Monate in Höhe von 2 x 1.200,– Euro und 1 x 1.250,– Euro in Anspruch.

Sie beantragte,

im Hauptanspruch wie zuerkannt, nebst 5 % Zinsen über Basiszins aus 1.200,– Euro seit dem 5.11.2003, aus 1.200,– Euro seit dem 5.12.2003 und aus 1.250,– Euro seit dem 5.1.2004 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, dass die von den Klägern eingeräumte Verwertung der Vertragsschutzrechte nicht erfolgen könne, weil der Bau eines funktionsfähigen Lawinen-Verschütteten-Suchsystem (LVS) nach den Vorgaben des Klägers nicht möglich sei. Im Vorfeld des Vertragsabschlusses habe es ein erstes Treffen der Parteien im Hause des Klägers gegeben, bei dem dieser seine Entwicklung vorgestellt und insbesondere zugesagt habe, dass bereits vollständige Schaltpläne für den LVS-Empfänger zur Verfügung stünden und im Falle eines Vertragsabschlusses vorgelegt würden. Nach Abschluss des Lizenzvertrages hätten die Beklagten Kontakt mit dem Technologiezentrum D& P GmbH aufgenommen, um die Schutzrechte zu verwerten und das Lawinensuchsystem in der vom Kläger vorgeschlagenen Form zu verwirklichen. Es hätten mehrere Sitzungen auch im Beisein des Klägers statt gefunden, bei denen die D & P GmbH keine Realisationsmöglichkeiten gesehen hätten, wie sich aus einem als Anlage B 1 vorgelegten Schreiben des Herrn Marquardt an die Beklagte vom 16.3.2004 ergebe, wobei die Beklagte insbesondere auf die darin aufgelisteten Punkte verweist. Sodann habe sie – die Beklagte – auf Empfehlung des Klägers Kontakt zu der Firma St. Elektronik in Wetzlar aufgenommen, um den Bau des lVS Gerätes voran zu bringen. Dabei habe sich aber herausgestellt, dass der Empfänger nicht nach den Schaltungsvorgaben des Klägers aufgebaut werden konnte. Zudem habe die von dem Kläger angegebene zu verwendende Betriebsspannung nicht mit den Angaben des Herstellers AD überein gestimmt. Durchgeführte Untersuchungen im Labor für Hochfrequenztechnik in der Hochschule Gießen hätten aufgezeigt, dass die Empfängereigenschaften nach den Vorgaben des Klägers für den Einsatzbereich als empfindlicher Sensor für Funksignale nicht ausreichend gewesen seien. „Nur hilfsweise“ erklärt die Beklagte die außerordentliche Kündigung.

Die Klägerin tritt dem Vorbringen der Beklagten entgegen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und hat auch in der Sache weitgehend Erfolg.

Nach der im Tatbestand wiedergegebenen Regelung in § 8 des zwischen den Parteien am 25.9.2001 zustande gekommenen Lizenzvertrages ist die Beklagte im Kalenderjahr 2003 zur Zahlung einer monatlichen Mindestlizenzgebühr von 1.200,– Euro und im Kalenderjahr 2004 zur Zahlung einer monatlichen Mindestlizenzgebühr von 1.250,– Euro gegenüber den Klägern verpflichtet, so dass sich für die Monate November und Dezember 2003 sowie Januar 2004 ein Gesamtbetrag von 3.750.– Euro ergibt, der an die Kläger als Gesamtgläubiger, § 428 BGB, zu zahlen ist.

Dem Zahlungsanspruch der Kläger steht der Einwand fehlender Ausführbarkeit nicht entgegen. Zwar ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Recht vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 anerkannt, dass der Lizenzgeber für anfängliches Unvermögen wegen fehlender Ausführbarkeit oder Brauchbarkeit auch ohne eine besondere Zusicherung zum Schadensersatz verpflichtet ist, sofern sich nicht aus den Umständen des Falles eine andere Risikoverteilung ergibt (BGH, GRUR 1979, 768, 769 – Mineralwolle). Die gleiche Rechtsfolge gilt auch für das – nach der Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 5 Satz EGBGB – auf den hiesigen Fall anzuwendende neue Recht gem. §§ 311a, 437 Nr. 3 BGB n.F. analog. Soweit und solange der Lizenzgeber dem Lizenznehmer nicht die Möglichkeit verschafft, den mit dem lizenzierten Schutzrecht erstrebten Erfolg mit den in dem Schutzrecht vorgeschlagenen Mitteln zu erreichen, kann der Lizenznehmer die Zahlung der Lizenzgebühr verweigern (Busse/Keukenschrijver, 6. Aufl., § 15 PatG, Rdn. 110). Jedoch ist dem Vorbringen der Beklagten nicht zu entnehmen, dass der Gegenstand des Lizenzvertrages vom 25.9.2001 nicht ausführbar ist.

Nach der Regelung in § 5 des Lizenzvertrages haben die Kläger der Beklagten eine ausschließliche Lizenz zur Verwertung der Vertragsschutzrecht erteilt, die diese zur Herstellung und zum Vertrieb von Gegenständen nach den in § 2 genannten Vertragsschutzrechten berechtigt. Weitere Verpflichtungen des Kläger gegenüber der Beklagten, insbesondere bei der Verwertung der Vertragsschutzrechte, enthält der Lizenzvertrag nicht. Die Vertragsschutzrechte wären dann nicht ausführbar, wenn die jeweils in den Ansprüchen der Schutzrechte beschriebene technische Lehre von der Beklagten nicht aufgrund des Durchschnittskönnens eines Fachmanns benutzt werden könnte (vgl. Busse/Keukenschrijver, a.a.O., Rdn. 109). Dass dies hier der Fall ist, hat die Beklagte nicht aufgezeigt.

Ihrem Vorbringen ist zu entnehmen, dass sie nach Abschluss des Lizenzvertrages Kontakt zu der D & P GmbH aufgenommen hat und diese die Herstellung der Platine für das Lawinen-Verschütteten Suchsystem habe übernehmen sollen. Die GmbH habe jedoch nach mehreren Sitzungen keine Realisierungsmöglichkeiten gesehen. Aus einem von der Beklagten als Anlage B 1 vorgelegten Schreiben der GmbH vom 16.3.2004 ergibt sich, dass der D & P GmbH Unterlagen zur Verfügung gestellt worden sein sollen, die nach Einschätzung der GmbH Unklarheiten enthielten. Ferner enthält das Schreiben eine Auflistung von Punkten, hinsichtlich derer Unklarheiten bestehen sollen. Aus den Darlegungen der Beklagten geht nicht schlüssig hervor, weshalb der Gegenstand der Vertragsschutzrechte nicht ausführbar sein soll. Es fehlen jegliche Erläuterungen, was mit den in dem Schreiben vom 16.3.2004 genannten Punkten gemeint ist und weshalb es darauf für die Ausführbarkeit der Vertragsschutzrechte ankommt. Es obliegt jedoch der Beklagten als für die tatbestandlichen Voraussetzungen der §§ 331a, 437 Nr. 3 BGB n.F. darlegungs- und beweisbelasteter Partei dies für die Kläger und das Gericht nachvollziehbar darzutun.

Die Beklagte führt zudem aus, sie habe auf Empfehlung der Firma St. Elektronik in Wetzlar versucht, den Bau des LVS-Gerätes voran zu bringen versucht und verweist auf als Anla¬ge B 2 vorgelegte Ausführungen des Ingenieurs Leicht vom 1.4.2004. Selbst wenn diese Ausführungen als Parteivorbringen der Beklagten berücksichtigt werden, geht auch daraus nicht schlüssig hervor, dass der Gegenstand der Vertragsschutzrechte nicht ausführbar ist. Es wird nicht nachvollziehbar dargetan, aus welchen Gründen es – unabhängig von den Schaltungsplänen des Klägers zu 1) – für einen Durchschnittsfachmann nicht möglich sein soll, einen Empfänger für das vertragspatentgegenständliche Lawinen-Verschütteten-Suchsystem zu entwickeln. Soweit in den Ausführungen des Ingenieurs Leicht vom 1.4.2004 davon die Rede ist, dass der Kläger zu 1) zu einer Zusammenarbeit nicht bereit gewesen sei, ist darauf hinzuweisen, dass der zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag eine Verpflichtung des Klägers zu 1) an der Verwertung der Vertragsschutzrechte durch die Beklagte mitzuwirken, nicht enthält.

Ob der Lizenzvertrag durch die Erklärung der Beklagten im Schriftsatz vom 9.8.2004, den Vertrag außerordentlich zu kündigen, beendet worden ist, bedarf keiner Entscheidung, weil dadurch jedenfalls die vertragliche Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung der Mindestlizenz für die Monate November und Dezember 2003 und Januar 2004 nicht nachträglich in Fortfall geraten ist.

Der Zinsanspruch der Klägerin in zuerkannter Höhe folgt aus § 288 Abs. 1 BGB. Die Verzugsvoraussetzungen waren allerdings hinsichtlich der Mindestlizenzgebühren für die Monate November und Dezember 2003 erst nach Mahnung durch das Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 11.12.2003 mit Fristsetzung zum 22.12.2003 und hinsichtlich der Mindestlizenzgebühr für den Monat Januar 2004 erst seit Rechtshängigkeit der Klage am 5.3.2004 gegeben, §§ 286, 291 BGB.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709 S. 1, 108 ZPO.

Streitwert: 3.650,– Euro

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