4a O 421/03 – Schwangerschaftstestgerät II

Düsseldorfer Entscheidung Nr.:  254

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 20. Januar 2004, Az. 4a O 421/03

I.

Die Beklagten werden verurteilt,

1.

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland spezifische Bindungsassays

mit einem für einen Analyten spezifischen markierten Reagenz, das durch einen porösen Träger frei wandern kann, der durch Aufbringen einer vermutlich den Analyten enthaltenden wässrigen Probe befeuchtet wird, wobei es auf dem porösen Träger eine Detektionszone gibt, in der ein unmarkiertes spezifisches Bindungsagens für den Analyten permanent immobilisiert und daher im feuchten Zustand nicht beweglich ist, wobei das unmarkierte spezifische Bindungsagens mit dem Analyten und dem markierten Reagenz an einer Sandwich-Reaktion teilnehmen kann und der poröse Träger einen Teil einer analytischen Testvorrichtung umfasst,

anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,

bei denen die Markierung eine partikelförmige Direktmarkierung ist, und bei denen auf dem porösen Träger stromabwärts von der Detektionszone eine Kontrollzone vorhanden ist, wobei die Kontrollzone immobilisierten Antikörper enthält, der an das markierte Reagenz binden kann, oder wobei die Kontrollzone immobilisierten Analyten enthält, der an das Reagenz binden kann, und bei denen das markierte Reagenz aus dem trockenen Zustand in der analytischen Testvorrichtung durch die wässrige Probe aufgenommen wird und mit dieser durch die Detektionszone und Kontrollzone wandert, wodurch sich ein positives Assayergebnis durch sichtbares Binden desselben markierten Reagenz sowohl in der Detektionszone als auch der Kontrollzone zeigt und sich ein negatives Assayergebnis durch sichtbares Binden des markierten Reagenzes nur in der Kontrollzone zeigt;

2.

der Klägerin Rechnung darüber zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 26. August 2000 begangen haben, und zwar unter Angabe

a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer sowie der Vorbesitzer,

b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten, des Umsatzes und des erzielten Gewinns;

II.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die in Ziffer I.1. bezeichneten, seit dem 26. August 2000 begangenen Handlungen entstanden ist und noch weiter entstehen wird.

III.

Die Beklagten werden verurteilt, die in der Bundesrepublik Deutschland im Besitz bzw. Eigentum der Beklagten befindlichen Erzeugnisse gemäß Ziffer I.1. zu vernichten.

IV.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

V.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand und Entscheidungsgründe:

I.

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des aus einer Teilanmeldung zu der europäischen Patentanmeldung 88 303 744.2, welche als EP 291 194 B1 erteilt wurde, hervorgegangenen europäischen Patentes 0 560 411 (nachfolgend: Klagepatent). Die Teilanmeldung wurde am 21. Januar 1999 bei dem Europäischen Patentamt eingereicht; die Erteilung wurde am 26. Juli 2000 veröffentlicht. Das Klagepatent, welches auch für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilt wurde, steht mit seinem nationalen deutschen Teil in Kraft.

Das Klagepatent betrifft spezifische Bindungen einschließlich Assays, insbesondere Immunoassays. Wegen Verletzung des Klagepatentes nimmt die Klägerin die Beklagten auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung, Vernichtung und Feststellung der Schadensersatzverpflichtung in Anspruch.

Anspruch 1 des Klagepatentes hat folgenden Wortlaut:

„Spezifisches Bindungsassay, umfassend die Verwendung eines für einen Analyt spezifischen markierten Reagenz, wobei das markierte Reagenz durch einen porösen Träger (206) frei wandern kann, der durch Aufbringen einer vermutlich den Analyt enthaltenden wässrigen Probe befeuchtet wird, wobei es auf dem porösen Träger eine Detektionszone (209) gibt, in der Detektionszone ein unmarkiertes spezifisches Bindungsagens für den Analyt permanent immobilisiert und daher im feuchten Zustand nicht beweglich ist, wobei das unmarkierte spezifische Bindungsagens mit dem Analyt und dem markierten Reagenz an einer Sandwich-Reaktion teilnehmen kann, und der poröse Träger einen Teil einer analytischen Testvorrichtung umfasst, dadurch gekennzeichnet, dass die Markierung eine partikelförmige Direktmarkierung ist, es auf dem porösen Träger stromabwärts von der Detektionszone eine Kontrollzone (210) gibt, wobei die Kontrollzone immobilisierten Antikörper enthält, der an das markierte Reagenz oder den immobilisierten Analyt, der an das markierte Reagenz binden kann, binden kann, und das markierte Reagenz aus dem trockenen Zustand in der analytischen Testvorrichtung durch die wässrige Probe aufgenommen wird und mit dieser durch die Detektionszone und Kontrollzone wandert, wodurch sich ein positives Assayergebnis durch sichtbares Binden desselben markierten Reagenz sowohl in der Detektionszone als auch der Kontrollzone zeigt und sich ein negatives Assayergebnis durch sichtbares Binden des markierten Reagenz nur in der Kontrollzone zeigt.“

Die Beklagte zu 1., deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2. ist, stellt her und vertreibt Diagnostika, insbesondere diagnostische Schnelltests. Sie vertreibt unter der Bezeichnung „BZ“ Schwangerschaftstestgeräte, unter der Bezeichnung „BZ Ovulation“ einen LH-Ovulationstest und unter der Bezeichnung „BZ Menopause“ einen FSH-Follikel-stimulierenden-Hormontest. Diese Produkte werden auch unter der Bezeichnung „BZ2“ vertrieben. Die nähere Funktionsweise der einzelnen Tests ergibt sich aus den zur Gerichtsakte gereichten Gebrauchsanweisungen, auf welche Bezug genommen wird. Die Beklagte zu 1. bot diese Produkte auf der Messe MEDICA im November 2002 in Düsseldorf an (Anlage MBP 16).

Die Rechtsvorgängerin der Klägerin und die Beklagte zu 1. haben unter dem 1. Oktober 1998 einen Lizenzvertrag über das Klagepatent geschlossen (Anlage MBP 22), dessen fristlose Kündigung die Klägerin mit Schreiben vom 1. Juli 2002 erklärte.

Die Klägerin macht geltend, dass die Kündigung mit sofortiger Wirkung, d.h. zum 2. Juli 2002 eingetreten sei, da die Beklagte zu 1. keine Einwendungen gegen die Kündigung selbst erhoben habe, vielmehr die Absicht geäußert habe, einen neuen Lizenzvertrag abzuschließen, was von der Klägerin zurückgewiesen worden sei. Da die angegriffenen Ausführungsformen von der Lehre nach dem Klagepatent Gebrauch machen würden, sei sie berechtigt ihre Ansprüche wegen Verletzung des Klagepatentes geltend zu machen.

Die Klägerin beantragt,

zu erkennen, wie geschehen.

Die Beklagten haben im frühen ersten Verhandlungstermin vom 28. Oktober 2003 unter Rüge der örtlichen Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts vom 1. Oktober 1998 bis zum 1. Juli 2002 beantragt, die Klage vollumfänglich abzuweisen. Mit Schriftsatz vom 17. November 2003 haben die Beklagten die gegen sie gerichteten Ansprüche anerkannt, woraufhin die Klägerin mit Schriftsatz vom 19. November 2003 den Erlass eines Anerkenntnisurteils beantragte. Mit Beschluss vom 1. Dezember 2003 ordnete die Kammer mit Zustimmung der Parteien das schriftliche Verfahren an und gab den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 17. Dezember 2003.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der zur Gerichtsakte gereichten Anlagen verwiesen.

II.

Entsprechend dem von ihnen erklärten Anerkenntnis sind die Beklagten auf Unterlassung, Rechnungslegung, Auskunftserteilung, Vernichtung und Schadensersatz in dem im Tenor bezeichneten Umfang zu verurteilen, § 307 Abs. 1 ZPO.

Die Beklagten sind gesamtschuldnerisch zur Kostentragung verpflichtet, da es sich bei dem von ihnen abgegebenen Anerkenntnis nicht um ein sofortiges Anerkenntnis im Sinne des § 93 ZPO handelte. Die Abgabe des Anerkenntnisses erfolgte nicht sofort, d.h. in der ersten mündlichen Verhandlung.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 1.

Der Streitwert beträgt 2.500.000,- €.

Dr. H
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