4a O 394/03 – Apfelbäume (Sortenschutz)

Düsseldorfer Entscheidung Nr.:  252

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 7. September 2004, Az. 4a O 394/03

I.
Die Klage wird abgewiesen.

II.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

III.
Das Urteil ist für den Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte Bürgschaft einer im Gebiet der Europäischen Union ansässigen, als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die Parteien sind dem Gericht aus dem einstweiligen Verfügungsverfahren Landgericht Düsseldorf, Aktenzeichen 4 O 825/00, bekannt. Bei der vorliegenden Klage, mit welcher die Klägerin den Beklagten auf Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzverpflichtung in Anspruch nimmt, handelt es sich um das Folgeverfahren.

Die Klägerin ist, wie sich aus dem als Anlage K 1 vorgelegten Auszug aus dem Blatt für Sortenwesen ergibt, Inhaberin der geschützten Sorte APF 7 EQ. Ursprünglich eingetragene Inhaberin der streitgegenständlichen Sorte war die Stichting DLO-Centrum voor Platenveredelings- en Reproduktieonderzoek (CPRO-DLO), welche auf die Stichting Diest Landbouwkundig Onderzoek (DLO) verschmolzen wurde, die am 9. Oktober 2000 das streitgegenständliche Sortenschutzrecht auf die Klägerin übertragen hat. Mit Erklärung vom 29./30. Juni 2004 wurden der Klägerin von der DLO sämtliche Rechte an der Sorte APF 7 EQ, sowie sämtliche mit der Sorte in der Vergangenheit zusammenhängenden Rechte (vgl. Anlage K 7) übertragen.

Im Jahre 2000 gelangte der Klägerin zur Kenntnis, dass der Beklagte auf einer Kulturfläche in Niederkrüchten Apfelbäume stehen habe, welche aus einer nicht-lizenzierten Vermehrung stammen sollen. Unter diesen Pflanzen soll sich auch eine erhebliche Menge der für die Klägerin geschützten Sorte APF 7 EQ befunden haben. Neben weiteren Sortenschutzinhabern stellte die Klägerin Strafanzeige und Strafantrag bei der zuständigen Staatsanwaltschaft, welche zu einer richterlich angeordneten Sicherstellung der Pflanzen am 26. Oktober 2000 führte. Das Verfahren wurde bei der Staatsanwaltschaft Mönchengladbach unter dem Aktenzeichen 8 Js 677/00 geführt. Ein Teil der beschlagnahmten Pflanzen wurde an das Bundessortenamt verbracht, um dort durch entsprechende Kultivierungsmaßnahmen am Leben gehalten zu werden. Unter dem 20. November 2001 (Anlage B 4) erstellte das Bundessortenamt in dem betreffenden Ermittlungsverfahren ein vorläufiges Gutachten zu der Frage der Sortenschutzverletzung. Auf das als Ablichtung vorgelegte Gutachten wird Bezug genommen.

Neben anderen Unternehmen erwirkte die Klägerin am 14. November 2000 bei dem angerufenen Gericht im Beschlusswege eine einstweilige Verfügung – Az. 4 O 825/00 -, mit welcher dem Beklagten unter Sortenschutz gestellte Handlungen in Bezug auf die Pflanzensorte APF 7 EQ untersagt wurden. Unter dem 14. Februar 2001 (Anlage K 1) gab der Beklagte eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung ab und erkannte die einstweilige Verfügung als endgültige Regelung an. Mit anwaltlichem Schreiben vom 22. März 2001 (Anlage K 2) erteilte der Beklagte Auskunft. Nach Auffassung der Klägerin war diese jedoch nicht ausreichend.

Im Jahre 2000 erhob die Klägerin gegen den Beklagten vor dem Landgericht Roermond (Niederlande) Klage wegen sortenschutzrechtsverletzender Handlungen, u.a. mit Bezug auf die im vorliegenden Rechtsstreit streitgegenständliche Sorte. Die Klageschrift wurde von dem Beklagten in holländischer Sprache als Anlage B 1 vorgelegt. Mit Zwischenurteil vom 24. Januar 2002 hat sich das Landgericht Roermond vorbehalten, sich möglicherweise in Zukunft teilweise für unzuständig zu erklären, soweit der Rechtsstreit Handlungen des Beklagten in Deutschland betroffen habe. Mit Urteil vom 5. November 2003 (Anlage B 3) hat das Gericht die Klage abgewiesen. Das Urteil ist in Ablichtung in holländischer Sprache zur Gerichtsakte gereicht worden.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass der Beklagte ihre Rechte an der Sorte APF 7 EQ verletzt habe, so dass er entsprechend zur Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzverpflichtung zu verurteilen sei.

Sie beantragt,

I. den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen, und zwar aufgeschlüsselt in einer geordneten Zusammenstellung,

1. über Vermehrungshandlungen und deren Umfang hinsichtlich der durch Beschluss des Bundessortenamtes vom 15. September 1978 geschützten Apfelsorte APF 7 „EQ“ sowie über den Import entsprechender Obstbäume in die Bundesrepublik Deutschland und deren Kultivierung;

2. über die Herkunft des für in Ziffer I.1. genannte Handlungen erforderlichen Vermehrungsmaterials sowie dessen Art (schlafende Augen, Meristemkulturen, etc.) unter Angabe des genauen Lieferdatums, der gelieferten Menge und der jeweiligen Lieferanten und Lieferdaten;

3. über die jeweilige Abgabemenge und –zeit sowie die hiermit erzielten Umsätze von Apfelbäumen der Sorte APF 7 „EQ“ aus Handlungen gemäß Ziffer I.1. unter Angabe des hiermit erzielten Gewinns einschließlich der zu seiner Berechnung jeweils erforderlichen Kosten und Gestehungsfaktoren;

4. über Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer von Pflanzenmaterial aus Handlungen gemäß Ziffern I.1. bis 3.

und zwar hinsichtlich solcher Handlungen, die seit dem 15. September 1978 vorgenommen wurden.

II. den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus Handlungen gemäß Ziffer I.1. bis 3. entstanden ist und noch entstehen wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er stellt zunächst die Zulässigkeit der Klage in Abrede, da der Gegenstand der hiesigen Klage auch vor dem Landgericht Roermond geltend gemacht worden sei und sich das niederländische Gericht bisher nicht hinsichtlich solcher Handlungen für unzuständig erklärt habe, welche auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland fielen.
Unzulässig sei die Klage auch, soweit sich die Klägerin zu Begründung ihrer Ansprüche auf die von dem Beklagten abgegebene Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung berufe. Denn für diese sei das Landgericht Düsseldorf international nicht zuständig.
Im Übrigen habe die Klägerin die Verletzung nicht schlüssig dargetan. Die Klägerin habe das Vorliegen der einzelnen Merkmale der Sorte EQ nicht vorgetragen und unter Beweis gestellt. Sie habe lediglich pauschal behauptet, der Beklagte habe ohne Zustimmung der jeweiligen Inhaberin der Rechte an der Sorte APF 7 EQ Pflanzen dieser Sorte durch Veredelung vermehrt. Der Verletzungsrechtsstreit beziehe sich jedoch lediglich auf Bäume unter der Bezeichnung „Selektion Armhold“. Ob die mit diesem Ausgangsmaterial durch Veredelung vermehrten Bäume unter das deutsche Sortenschutzrecht APF 7 EQ fielen, sei nicht geklärt, wie sich aus dem Gutachten des Bundessortenamtes ergebe. Im Übrigen bestreite der Beklagte, dass sich auf der Fläche in Niederkrüchten Bäume der Sorte EQ befunden hätten.
Sollte es sich tatsächlich um Bäume der geschützten Sorte handeln, könne er sich auf Erschöpfung berufen. Denn der Beklagte sei aus einem Unterlizenzvertrag mit der C.P.R.O., vorgelegt als Anlage B 5 in holländischer Sprache, berechtigt, Vermehrungshandlungen mit Bezug auf die hier streitgegenständliche Sorte in den Niederlanden vorzunehmen und die dadurch erzeugten Bäume in Länder zu verbringen, wo ebenfalls Schutzrechte für die betreffende Sorte bestünden.

Die Klägerin tritt diesem Vorbringen vollumfänglich entgegen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien überreichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Die Akte Landgericht Düsseldorf 4 O 825/00 lag vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche aus § 37 Abs. 2 SortG, §§ 259, 242 BGB nicht zu, da nicht schlüssig dargetan wurde, dass der Beklagte Handlungen vorgenommen hat, die die Sortenschutzrechte der Klägerin an der Sorte APF 7 EQ verletzen.

I.
An der Zulässigkeit der Klage bestehen – soweit die Klägerin deliktische Ansprüche geltend macht – vor dem Hintergrund des Art. 27 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 vom 22. Dezember 2000 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO) entgegen der Auffassung des Beklagten keine Bedenken. Denn anhand des Vorbringens des Beklagten ist nicht ersichtlich, dass der Streitgegenstand der vor dem Landgericht Roermond erhobenen Klage auch den hier vorliegenden Verletzungsgegenstand umfasst. Der Beklagte hat sämtliche, diesen Streitpunkt umfassende Unterlagen, entgegen § 184 GVG in holländischer Sprache vorgelegt. Anhand der von der Klägerin vorgelegten Übersetzung des Zwischenurteils des Landgericht Roermond vom 24. Januar 2002 (Anlage K 4) ergibt sich jedoch, dass die Klägerin in dem niederländischen Rechtsstreit klar gestellt hat, dass die dort geltend gemachten Ansprüche sich nur auf die Niederlande beziehen sollen. Vor diesem Hintergrund erklärte sich das Gericht für zuständig, die „Forderung(en) der Klägerin gegen den Geladenen zur Kenntnis zu nehmen“. Einer Klagerücknahme bedurfte es im Hinblick auf die Klarstellung mithin nicht, so dass keine anderweitige Rechtshängigkeit des gleichen Streitgegenstandes besteht und das angerufene Gericht zuständig ist.

Soweit die Klägerin ihren Auskunftsanspruch nicht nur auf eine Sortenschutzverletzung und damit auf eine deliktische Handlung stützt, sondern auch auf vertragliche Ansprüche aus der von dem Beklagten abgegeben Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung vom 14. Februar 2001, ist das angerufene Gericht international unzuständig. Der Beklagte führt insoweit zu Recht aus, dass eine Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 1a EuGVVO nicht gegeben ist, da hier mangels anderweitiger Anknüpfungspunkte nach der lex causae der vertraglichen Auskunftsverpflichtung auf den Wohnsitz des Schuldners abzustellen ist, § 269 Abs. 1 BGB (vgl. auch Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht, 7. Aufl. Art. 5 Rdnr. 27).

Die internationale Zuständigkeit der Kammer ergibt sich überdies hinsichtlich des vertraglichen Auskunftsanspruches auch nicht aus Art. 5 Nr. 3 EuGVVO. Die Kammer ist zwar auf Grund dieser Vorschrift zuständig über den auf das Sortenschutzrecht gestützten deliktischen Auskunftsanspruch zu entscheiden; daraus folgt aber nicht zugleich auch die internationale Zuständigkeit der Kammer über den vertraglichen Auskunftsanspruch. Denn nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ist der für die Deliktsklage zuständige Richter nicht zugleich auch für Klagen unter anderen Gesichtspunkte – etwa Vertrag – entscheidungsbefugt (vgl. Kropholler, a.a.O. Art. 5 Rdnr. 70 m.w.N. aus der Rechtsprechung).

II.
Soweit die Klägerin die geltend gemachten Ansprüche auf Delikt stützt, sind diese unbegründet. Die Klägerin hat nicht hinreichend substantiiert durch einen Vergleich der sortenschutzrechtlich relevanten Merkmale mit denen des angegriffenen Pflanzengutes dargetan, dass eine Verletzung vorliegt.

Die Klägerin hat bereits das Vorliegen der einzelnen Merkmale der Sorte EQ nicht vorgetragen. Es wurde keine Sortenbeschreibung des Bundessortenamtes vorgelegt.

Die Klägerin hat weiterhin Bezug genommen auf das Vorbringen in dem zugrundeliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren, insbesondere auf eine eidesstattliche Versicherung eines Herrn Q vom 13. Oktober 2000. Auch der eidesstattlichen Versicherung ist kein Vergleich der Merkmale der geschützten Sorte APF 5 EQ mit den beanstandeten Apfelbäumen zu entnehmen.

Auch dem Schreiben des Bundessortenamtes vom 20. November 2001 (Anlage B 4) in dem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Mönchengladbach lässt sich ein Vergleich der geschützten Sorte mit den angegriffenen Bäumen nicht entnehmen. Im Übrigen wurde in dem Schreiben auf Seite 2 festgestellt, dass hinsichtlich der Bäume mit der Etikettangabe „EQ Armhold“ – unabhängig von der Frage von wem diese angebracht wurden – wegen des unzureichenden Fruchtansatzes in der Vegetationsperiode 2001 noch nicht eindeutig bestimmt werden konnte, ob es sich hierbei um der geschützten Sorte entsprechende Bäume handelt. Das gleiche gilt auch für die Bäume mit der Etikettangabe „EQ“, auch wenn ausgeführt wurde, dass es sich bei „EQ“ um eine „offensichtlich(e) Mutation von EQ“ handelt. Denn im Vorspann wurde ausgeführt, dass eine eindeutige Zuordnung in der Vegetationsperiode 2001 nicht möglich sei und eine weitere Prüfung 2002 erforderlich sei. Nach diesen Ausführungen des Bundessortenamtes ergibt sich eine Zugehörigkeit der Bäume „Selektion Armhold“ zu der geschützten Sorte „EQ“ nicht ohne weiteres.

Im Übrigen hat die Klägerin auch lediglich pauschal behauptet, dass der Beklagte ohne Zustimmung der jeweiligen Inhaberin der Rechte an der Apfelsorte APF 7 EQ Pflanzen dieser Sorte durch Veredelung vermehrt haben soll und Bezug genommen auf das Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft Mönchengladbach bzw. das einstweilige Verfügungsverfahren. Diese Bezugnahmen auf Akten eines Ermittlungsverfahrens genügen den Anforderungen an eine hinreichende Darlegung jedoch nicht. So hätte die Klägerin selbst die einschlägigen Unterlagen aus dem Ermittlungsverfahren vorlegen können, da sie als Betroffene ein Akteneinsichtsrecht hat.

Eine Verletzung ergibt sich auch nicht vor dem Hintergrund der an den Bäumen angebrachten Etiketten, da nicht ersichtlich ist und von der Klägerin auch nicht konkret dargetan wurde, dass diese von dem Beklagten an den Bäumen angebracht wurden. Auch können diese nur ein Indiz für eine Verletzung sein.

Die Klägerin kann sich zur Begründung einer entsprechenden Verletzung auch nicht auf die von dem Beklagten abgegebene Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung berufen. Denn in der Abgabe einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung kann nicht ohne Hinzutreten weiterer Umstände ein Anerkenntnis im Sinne des § 781 BGB gesehen werden.

Die Klägerin kann sich nicht auf die Beweisprobleme des Sortenschutzinhabers im Verletzungsverfahren mit dem Hinweis berufen, dass es mitunter schwierig sei, eine Sortenschutzverletzung kurzfristig nachzuweisen. Denn der Klägerin stand ausreichend Zeit zur Verfügung über mehrere Vegetationsperioden zu untersuchen bzw. untersuchen zu lassen, ob sich die Merkmale der geschützten Sorte und der streitgegenständlichen Bäume entsprechen, zumal das Bundessortenamt auf Grund des Ermittlungsverfahrens ohnedies mit der Untersuchung befasst ist. Die Klägerin hat am 13. Oktober 2000 Proben der einzelnen angegriffenen Ausführungsformen erhalten, als Herr Q die Anbauflächen des Beklagten betreten hat, um Untersuchungen anzustellen, welche Gegenstand seiner einstweiligen Verfügung sind. Es erfolgte dann die Beschlagnahme und Sicherstellung einzelner Pflanzen am 16. November 2000.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108 ZPO.

Der Streitwert beträgt 100.000,- EUR.

Dr. R1 R2 R3