4a O 215/03 – Spritzgießen

Düsseldorfer Entscheidung Nr.:  240

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 29. Januar 2004, Az. 4a O 215/03

I.

Die Beklagte wird verurteilt,

1.

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, in der Bundesrepublik Deutschland zu unterlassen,

ein bewegbares Ventilelement zum Öffnen und Schließen einer Ventilöffnung anzubieten oder zu liefern,

zur Benutzung in Vorrichtungen zum Herstellen von Spritzgussteilen aus Kunststoffteilen mit einer Einrichtung zum Einführen eines Vorrats an Kunststoffmaterial durch eine oder mehrere Öffnungen in einen Formraum und mit einem Mittel zum Einführen eines Druckgases durch eine separate Öffnung im Formraum in das Kunststoffmaterial, das den Formraum füllt, wobei das Gas einen gasenthaltenden Hohlraum in dem Kunststoffmaterial erzeugt und mit einem Mittel zum nachfolgenden Entlasten des Gasdruckes innerhalb des gasenthaltenden Hohlraumes vor dem Öffnen der Form, dadurch gekennzeichnet, dass die Mittel für die Gaszufuhr/Druckentlastung an der separaten Öffnung aufweisen eine Ventilöffnung, die sich direkt in den Formraum öffnet, ein bewegbares Ventilelement zum Öffnen und Schließen der Ventilöffnung, und Mittel zum Zuführen von Druckgas in den Formraum, wobei das Gaszuführungsmittel so angeordnet ist, dass Gas durch das Ventilelement zugeführt wird, wobei sich das Ventilelement vor Beginn des Spritzgießzyklus in der die Ventilöffnung schließenden Position befindet, und das Ventilelement bis zum Ende des Spritzgießzyklus in der Schließposition bleibt, wobei am Ende des Spritzgießzyklus die Zufuhr von Druckgas beendet wird und das Druckgas infolge der Verschiebung des Ventilelementes in eine Position, in der die Ventilöffnung offen ist, aus dem Hohlraum in dem Formteil in die Atmosphäre austreten kann;

2.

der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte die unter Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 6. Juni 1992 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;

II.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die in Ziffer I.1. bezeichneten, seit dem 6. Juni 1992 begangenen Handlungen entstanden ist und noch weiter entstehen wird.

III.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

IV.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand und Entscheidungsgründe:

I.

Die Klägerin ist Inhaberin des europäischen Patentes 0 283 207 (Anlage K 1, deutsche Übersetzung Anlage K 1a; nachfolgend Klagepatent) betreffend eine Vorrichtung zum Herstellen von Spritzgußteilen aus Kunststoffmaterial. Die dem Klagepatent zugrunde liegende Erfindung wurde am 10. März 1988 unter Inanspruchnahme der Priorität der britischen Patentschrift 8 706 204 vom 16. März 1987 angemeldet. Die Patentanmeldung wurde am 21. September 1988 offengelegt. Der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatentes wurde am 6. Mai 1992 veröffentlicht.

Das Klagepatent weist die Klägerin unter ihrer früheren Geschäftsbezeichnung „JK#xxx Limited“ als Inhaberin aus. Die Klägerin hat am 31. August 2001 ihre Unternehmensbezeichnung in „JK#xxx HDDxx Limited“ geändert, sowie ihren Unternehmenssitz an die im Rubrum genannte Adresse verlegt.

Der für den vorliegenden Rechtsstreit maßgebliche Patentanspruch 1 hat in der englischen Verfahrenssprache fol­gen­den Wortlaut:

„Apparatus for producing an injection moulding of plastics material comprising means for introducing a supply of plastics material through one or more openings in a mould space and means for introducing a pressurised gas through a separate opening in the mould space into the plastics material filling the mould space whereby the gas creates a gas containing cavity in the plastics material and thereafter relieving the gas pressure within the gas containing cavity before the mould is opened, characterised in that said gas supply/pressure relieving means comprise at said separate opening a valve port opening directly into the mould space, a movable valve member for opening and closing the valve port and means to supply pressurised gas to the mould space, the gas supply means is arranged to supply gas through the valve member whilst the valve member is in a valve port closed position before the moulding cycle stars and remains in the closed position until the end of the moulding cycle, and at the end of the moulding cycle the supply pressurised gas can be terminated and pressurised gas in the cavity in the moulding can be vented to the atmosphere due to movement of the valve member to a valve port open position.”

Der Patentanspruch 1 lautet in deutscher Übersetzung:

„Vorrichtung zum Herstellen von Formstücken aus Kunststoffmaterial mit einer Einrichtung (18) zum Einbringen eines Vorrats an Kunststoffmaterial (19) durch eine oder mehrere Öffnungen (43) in einen Formraum (13) und mit einem Mittel (34) zum Einführen eines Druckgases durch eine separate Öffnung (44) in dem Formraum in das Kunststoffmaterial, das den Formraum füllt, wobei das Gas einen gasenthaltenden Hohlraum (25) in dem Kunststoffmaterial erzeugt, und mit einem Mittel zum nachfolgenden Entlasten des Gasdruckes innerhalb des gasenthaltenden Hohlraumes vor dem Öffnen der Form, dadurch gekennzeichnet, dass die Mittel für die Gaszufuhr/Druckentlastung an der separaten Öffnung (44) eine Ventilöffnung (42) aufweisen, die sich direkt in den Formraum öffnet, ein bewegbares Ventilelement (26) zum Öffnen und Schließen der Ventilöffnung und ein Mittel (34) zum Zuführen von Druckgas in den Formraum, wobei das Gaszuführungsmittel (34) so angeordnet ist, um Gas durch das Ventilelement (26) zuzuführen, wobei sich das Ventilelement (26) vor Beginn des Formzyklus in der die Ventilöffnung schließenden Position befindet, und das Ventilelement (26) bis zum Ende des Spritzgießzyklus in der Schließposition bleibt, und wobei am Ende des Spritzgießzyklus die Zufuhr von Druckgas beendet wird und das Druckgas infolge der Verschiebung des Ventilelementes in eine Position, in der die Ventilöffnung offen ist, aus dem Hohlraum in dem Formstück in die Atmosphäre austreten kann.“

Die Beklagte beschäftigt sich mit gasunterstütztem Spritzgießen („gas assisted injection molding“). Sie bietet in Deutschland Vorrichtungen sowie Verfahren zum Spritzgießen an. Sie handelt im Rechtsverkehr unter der Bezeichnung „JL## Technologies“, wie sich aus einer Erklärung ihres Präsidenten Herrn M vom 13. September 2002 (Anlage K 9) ergibt.

Die Beklagte bietet an und liefert in der Bundesrepublik Deutschland u.a. einen hydraulisch betätigten Gasstift, der als „hydraulically actuated gas pin“ bezeichnet wird, wie sich aus dem als Anlage K 8 vorgelegten Internetauftritt der Beklagten ergibt. Der Gasstift wird angeboten und geliefert zum Einsatz in Vorrichtungen zum Herstellen von Spritzgußteilen aus Kunststoffmaterial. Der Aufbau des hydraulisch einstellbaren Gasstiftes und seine Verwendung ergibt aus Zeichnungen der Beklagten in ihrem Internetauftritt (Anlage K 8), worauf Bezug genommen wird.

Die Klägerin macht geltend, dass die angegriffene Ausführungsform – der hydraulisch betätigte Gasstift – das Klagepatent mittelbar benutze. Deshalb sei sie berechtigt ihre Ansprüche wegen mittelbarer Verletzung des Klagepatentes geltend zu machen.

Die Klägerin beantragt,

zu erkennen, wie geschehen.

Die Beklagte hat im frühen ersten Verhandlungstermin vom 20. Januar 2004 die gegen sie gerichteten Ansprüche anerkannt, woraufhin die Klägerin den Erlass eines Anerkenntnisurteils beantragte.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der zur Gerichtsakte gereichten Anlagen verwiesen.

II.

Entsprechend dem von ihnen erklärten Anerkenntnis ist die Beklagte auf Unterlassung, Rechnungslegung, Auskunftserteilung und Schadensersatz in dem im Tenor bezeichneten Umfang zu verurteilen, § 307 Abs. 1 ZPO.

Nach § 93 ZPO fallen die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin zur Last, weil die Beklagte die gegen sie gerichteten Ansprüche sofort anerkannt und nicht durch ihr Verhalten Veranlassung zur Klage gegeben hat. Die Abgabe des Anerkenntnisses erfolgte sofort, d.h. in der ersten mündlichen Verhandlung.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 1.

Der Streitwert beträgt 500.000,- €.

Dr. H
N
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