4a O 185/03 – Notsteuereinrichtung für elektrohydraulische Ausbausteuerungen

Düsseldorfer Entscheidung Nr.:  235

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 8. Juli 2004, Az. 4a O 185/03

I.

Die Beklagten werden – unter Abweisung der Klage im Übrigen – verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,

Notsteuereinrichtungen für elektrohydraulische Ausbausteu­erungen mit den Ausbaueinheiten zugeordnete Ventileinheiten,

deren Magnetventile über eine elektrische Leitungsverbindung von einem elektronischen Steuergerät ansteuerbar sind,

herzustellen bzw. herstellen zu lassen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei denen mit der Ventileinheit oder deren Leitungsverbindung ein Notsteuergerät mittels eines elektrischen Anschlusskabels über ein Kupplungsstück lösbar kuppelbar ist, wobei das Notsteuer­gerät als transportables Handsteuergerät ausgebildet, mit einer Batterie versehen und mit einem eigenen Bedienfeld mit Tastatur versehen ist;

2. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die zu I.1. bezeichneten Handlungen in dem Zeitraum vom 27. August 1989 bis 4. Dezember 2000 sowie ab dem 9. Dezember 2002 begangen haben, und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsmengen und –zeiten und/oder der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, de­ren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungs­gebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Geste­hungs­kosten und des erzielten JK###inns,

wobei

– sich die Verpflichtung zur Rechnungslegung für die vor dem 1. Mai 1992 begangenen Handlungen auf Handlungen in dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in den bis zum 2. Oktober 1990 bestehenden Grenzen bezieht,

– vom Beklagten zu 2. sämtliche Angaben und von beiden Beklagten die Angaben zu e) nur für die Zeit seit dem 18. Mai 1996 zu machen sind,

– die Angaben zu a) nur für die Zeit seit dem 1. Juli 1990 zu erteilen sind;

– wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und An­schrif­ten der nicht JK###erblichen Abnehmer und bloßen Angebots­empfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeich­nen­den, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflich­teten vereidigten Wirt­schafts­prüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein be­stimm­ter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Auf­stel­lung enthalten ist.

3. die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder in ihrem Eigentum befindlichen unter vorstehend I.1. beschriebenen Erzeugnisse zu vernichten.

II. Es wird festgestellt,

1. dass die Beklagte zu 1. verpflichtet ist, der Klägerin für die zu I.1. bezeichneten und in der Zeit vom 27. August 1989 bis zum 17. Mai 1996 begangenen Handlungen eine angemessene Ent­schä­digung zu zahlen,

2. dass die Beklagten gesamtverbindlich verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I.1. bezeichneten, seit dem 18. Mai 1996 bis zum 4. Dezember 2000 sowie ab dem 9. Dezember 2002 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III.

Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten als Gesamt­schuldnern auferlegt.

IV.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 500.000,-EUR vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte Bürgschaft einer im Gebiet der Europäischen Union ansässigen, als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die Klägerin ist alleinige und ausschließlich verfügungsberechtigte Inhaberin des am 21. Januar 1998 angemeldeten deutschen Patentes 38 01 617 (Anlage A-K 1, nachfolgend Klagepatent), dessen Anmeldung am 27. Juli 1989 und dessen Erteilung am 18. April 1996 veröffentlicht wurde. Das Klagepatent betrifft eine Notsteuereinrichtung für elektrohydraulische Ausbausteuerungen.

Der für den vorliegenden Rechtsstreit maßgebliche Patentanspruch 1 weist folgenden Wortlaut auf:

Notsteuereinrichtung für elektrohydraulische Ausbausteuerungen mit den Ausbaueinheiten zugeordneten Ventileinheiten, deren Magnetventile über eine elektrische Leitungsverbindung von einem elektronischen Steuergerät ansteuerbar sind, dadurch gekenn­zeichnet, dass mit der Ventileinheit (2) oder deren Leitungs­verbindung (5) das elektrische Anschlusskabel (10) eines als trans­portables Handsteuergerät ausgebildeten, mit einer Batterie (11) versehenen Notsteuergerätes (9), das mit einem eigenen Bedien­feld (12) mit Tastatur (13) versehen ist, über ein Kupplungsstück (8) lösbar kuppelbar ist.

Nachfolgend abgebildet sind bevorzugte Ausführungsformen der Erfindung. Figur 1 zeigt in perspektivischer Darstellung ein einzelnes Steuergerät einer elektrohydraulischen Ausbausteuerung mit zugeordneter Ventileinheit und Kabelverbindung zwischen Steuergerät und Ventileinheit. Figur 2 zeigt in Seitenansicht ein erfindungsgemäßes Notsteuergerät.

Gegen den Rechtsbestand des Klagepatentes wurde von Seiten der Beklagten zu 1. unter dem 9. März 2004 Nichtigkeitsklage (Anlage B 11) bei dem Bundespatentgericht eingelegt, über die noch nicht entschieden wurde.

Die Beklagte zu 1., ein mittelständischer Zulieferer für den Bergbau, deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2. ist, beliefert u.a. die T AG (nachfolgend E3 AG) mit Notsteuereinrichtungen, welche in der berg­männischen Fachsprache als Raubsteuergeräte bezeichnet werden. Ausweislich des als Anlage A-K 5 überreichten Schreibens der Beklagten zu 1. an die Klägerin vom 6. November 2002 hat die Beklagte zu 1. in den Jahren 2000 und 2001 8 als Raubsteuergeräte bezeichnete Notsteuer­einrichtungen vertrieben. Die Ausgestaltung dieser streitgegen­ständ­lichen Raubsteuereinrichtungen ergibt sich entsprechend des als Anlage A-K 6 und A-K 6a vorgelegten Auszuges aus der Bedienungs­anleitung der Beklagten für das als „pm3“ bezeichnete Steuergerät, worauf Bezug genommen wird.

Hintergrund des obigen Schreibens der Beklagten zu 1. vom 6. November 2002 (Anlage A-K 5) war, dass die Klägerin im Jahre 2000 wegen der Raubsteuereinrichtung „pm 3“ an die Beklagte zu 1. herantrat und diese mit Schreiben vom 19. Januar 2000 (Anlage A-K 7) abmahnte. Auf das Abmahn­schreiben antworteten die patentanwaltlichen Vertreter der Beklagten zu 1. mit Schreiben vom 21. Februar 2000 (Anlage A-K 8). Mit diesem Schreiben wies die Beklagte zu 1. das Vorliegen einer Patentverletzung zurück und wandte sich gegen den Rechtsbestand des Klagepatentes. Weiter­hin berief sie sich auf ein Vorbenutzungsrecht sowie das Bestehen eines Mitbenutzungsrechtes an dem Klagepatent aus einem Zusammenarbeitsvertrag (nachfolgend Zusammenarbeitsvertrag, Anlage B 6) zwischen der Rechtsvorgängerin der Klägerin, der X GmbH (JK###) und der Beklagten zu 1. vom 23. Juni / 25. Juni 1986.

Unter Nr.8 des Zusammenarbeitsvertrages ist wie folgt vereinbart worden:

„JK### hat das Recht, schutzwürdige Entwicklungen einzelner Kom­po­nenten oder Gesamtsysteme, die im Rahmen dieser Verein­barung ent­standen sind und unter exklusivem Vertrieb durch JK### stehen, auf eigenen Namen und eigene Kosten anzumelden. JL## wird sicherstellen, dass schutzfähige Erfindungen von Mitarbeitern der Firma JL## unbeschränkt von JL## in Anspruch genommen werden. Bei der Anmeldung sind die Erfinder nach Maßgabe ihrer erfin­derischen Beteiligung zu benennen. Die Erfindervergütung wird JL## entsprechend den bei JK### geltenden Richtlinien von JK### ersetzt.

Falls JK### die Anmeldung nicht selbst vornimmt, hat JL## das Recht, auf eigenen Namen und eigene Kosten anzumelden. Der Anmelder gewährt dem Vertragspartner vorbehaltlich Punkt 3 dieses Vertrages ein uneingeschränktes Mitbenutzungsrecht. Der Anmelder ist nicht berechtigt, während der Vertragsdauer weitere Lizenzen zu ver­geben. JL## verpflichtet sich, während der Vertragsdauer ent­stan­dene Schutzrechte, soweit sie Geräte betreffen, die in das Vertriebsprogramm der JK### aufgenommen wurden, ausschließlich mit JK### zu nutzen. Nach Beendigung dieses Vertrages verbleibt dem Vertragspartner ein uneingeschränktes Mitbenutzungsrecht an den während der Vertragsdauer entstandenen Schutzrechten des Vertragspartners.“

Im Anschluss an die patentanwaltliche Abmahnungskorrespondenz schlos­sen die Parteien am 10. Oktober / 4. Dezember 2000 einen Lizenzvertrag, welcher als Anlage A-K 8 vorgelegt wurde und auf welchen Bezug genom­men wird. Im Hinblick auf die von der Beklagten zu 1. mit Schreiben vom 6. November 2002 gemachten Angaben zu den von ihr vertriebenen Raub­steuergeräten erteilte die Klägerin der Beklagten zu 1. mit Schreiben vom 7. November 2002 (Anlage A-K 11) eine Lizenzrechnung, welche von der Beklagten zu 1. ausweislich des Schreibens vom 9. Dezember 2002 (Anlage A-K 10) nicht beglichen wurde. Im Übrigen erklärte die Beklagte zu 1. in diesem Schreiben die fristlose Kündigung des Lizenzvertrages, welcher sich die Klägerin mit Schreiben vom 25. Februar 2003 (Anlage A-K 11) anschloss. Im Jahre 2002 legte die Klägerin einem gemeinsamen Kunden der Parteien, die E3 AG, eine Liste mit 25 Schutzrechten vor, die die Beklagten zu 1. rechtswidrig benutzen würde, was nach Auffassung der Beklagten zu 1. eine erhebliche Verletzung des Lizenzvertrages darstellte und zu der Kündigung des Vertrages führte.

Die Klägerin nimmt mit der vorliegenden Klage die Beklagten auf Unterlassung, Rechnungslegung, Vernichtung und Feststellung der Entschädigungs- und Schadensersatz­verpflichtung in Anspruch.

Sie vertritt die Auffassung, dass die Raubsteuereinrichtung „pm3“ von dem Klagepatent mit wortsinngemäßen, jedenfalls aber äquivalenten Mitteln Gebrauch mache.

Sie beantragt,

zu erkennen, wie geschehen,

sowie die Beklagten ohne zeitliche Einschränkung im Hinblick auf die geltend gemachte Rechnungslegung und Feststellung der Schadenser­satzverpflichtung zu verurteilen.

Die Beklagten beantragen,

1. die Klage abzuweisen;

2. hilfsweise, den Beklagten für den Fall ihrer Verurteilung zur Rechnungslegung nach ihrer Wahl vorzubehalten, die Namen und Anschriften ihrer Abnehmer und Empfänger von Angeboten statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, zur Verschwiegenheit gegenüber der Klägerin verpflichteten verei­digten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern sie dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen, der Klägerin darüber Auskunft zu geben, ob eine bestimmte Lieferung, ein bestimmter Abneh­mer, ein bestimmtes Angebot oder ein bestimmter Angebots­em­pfänger in der Rechnung enthalten ist;

3. weiter hilfsweise, den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Ent­schei­dung über die vor dem Bundespatentgericht anhängige Nichtig­keitsklage gegen des deutsche Patent DE 38 01 617 gemäß § 148 ZPO auszusetzen.

4. weiter hilfsweise, den Beklagten zu gestatten, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung, die auch durch Bank- oder Sparkassenbürgschaft erbracht werden kann, ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung der Klägerin abzuwenden.

Sie stellen eine Verletzung des Klagepatentes in Abrede. Die angegriffene Raubsteuereinrichtung „pm3“ mache von der Lehre nach dem Klagepatent keinen Gebrauch, da die Einzelsteuergeräte vollkommen baugleich seien mit den an den Ausbauschilden dauerhaft montierten Betriebssteuergeräten. Der einzige Unterschied liege darin, dass die transportablen Steuer­geräte nicht an einem Ausbauschild eingesteckt seien. Darüber hinaus sei das angegriffene Notsteuergerät auch nicht als transportables Hand­steuergerät ausgebildet, da es keine einfachere Bauweise als das in den Ausbaugestellen eingesteckte Steuergerät aufweise. Eine leichte Trans­portabilität liege auch nicht vor, da das Notsteuergerät über eine separate 8 kg schwere Batterie betrieben würde, so dass die angegriffene Aus­führungsform auch nicht mit einer Batterie versehen sei.

Eine äquivalente Verletzung könne nicht vorliegen, da es schon an der Gleichwirkung fehle. Denn bei der angegriffenen Ausführungsform handle es sich nicht um ein einfaches Hilfsgerät.

Des weiteren stehe den Beklagten ein vertragliches Mitbenutzungsrecht zu im Hinblick auf den zwischen der Rechtsvorgängerin der Klägerin und der Beklagten im Jahre 1986 abgeschlossenen Zusammenarbeitsvertrag, wie sich aus Nr. 8 der Vereinbarung ergebe. Ein Benutzungsrecht ergebe sich weiterhin aus dem zwischen den Parteien im Dezember 2000 abgeschlossenen Lizenzvertrag.

Im Übrigen sei das Klagepatent nicht rechtsbeständig. Von seiten der Beklagten und eines dritten Unternehmens liege eine offenkundige Vorbenutzung vor, des weiteren fehle es an einer erfinderischen Tätigkeit.

Im Übrigen erheben sie hilfsweise die Einrede der Verjährung.

Die Klägerin tritt diesem Vorbringen vollumfänglich entgegen. Eine Verletzung des Klagepatentes durch die angegriffene Ausführungsform liege vor. Das Klagepatent sehe zum einen nicht vor, dass das Notsteuergerät anders als das in den Ausbaueinheiten vorhandene Steuergerät ausgebildet sein müsse. Auch müsse nach dem Klagepatent die Batterie nicht in dem Notsteuergerät vorhanden sein. Die Transportabilität sei auch bei der angegriffenen Ausführungsform gegeben.

Auf ein Mitbenutzungsrecht könnten die Beklagten sich nicht berufen. Ersichtlich sollte den Parteien des Zusammenarbeitsvertrages aus dem Jahre 1986 nicht an jeglichen, während der Vertragslaufzeit entwickelten Schutzrechten eingeräumt werden, sondern nur an solchen, die im Rahmen der Zusammenarbeit der Parteien entstanden seien.

Im Übrigen sei das Klagepatent rechtsbeständig. Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit der Vernichtung liege nicht vor.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungs­legung, Vernichtung und Feststellung der Entschädigungs- und Schadensersatzpflicht nach den §§ 10 Abs. 1, 14, 33 Abs. 1, 139 Abs. 1 und 2, 140a, 140b Abs. 1 und 2 PatG, §§ 242, 259, 421, 840 BGB im Wesentlichen zu. Die angegriffene Ausführungsform macht von der Lehre nach dem Klagepatent Gebrauch; ein vertragliches Mitbenutzungsrecht an dem Klagepatent steht den Beklagten hingegen nicht zu.

I.

Die Erfindung betrifft eine Notsteuereinrichtung für elektrohydraulische Aus­bau­steuerungen mit den Ausbaueinheiten zugeordneten Ventileinheiten, deren Magnetventile über eine elektrische Leitungsverbindung von einem elek­tronischen Steuergerät ansteuerbar sind.

Nach den einleitenden Ausführungen in der Klagepatentschrift sind elektro­hydraulische Ausbausteuerungen im Stand der Technik in verschiedenen Aus­führungen bekannt. In der Bergbaupraxis bewährt haben sich die im Auf­bau dezentralen Steuerungssysteme, bei denen jeder Ausbaueinheit des Strebs ein elektronisches Einzelsteuergerät mit Mikroprozessor zugeordnet ist, wobei sämtliche Einzelsteuergeräte untereinander sowie gegebenenfalls auch mit einem Zentralsteuergerät über ein Datenübertragungssystem, einen sog. Systembus, gekoppelt sind. Die Einzelsteuergeräte sind jeweils mit einer Bedieneinheit mit Tastatur versehen, mit deren Hilfe die verschiedenen Steuer­vorgänge ausgelöst werden können. Die Stromversorgung des Systems erfolgt mit Hilfe eigensicherer Stromquellen, wobei jeder Strom­quelle ein elektronisches Steuergerät oder eine Gruppe elektronischer Steuer­geräte zugeordnet werden kann.

Zu diesen im Stand der Technik bekannten Ausbausteuerungen führt die Klage­patentschrift weiter aus, dass bei den elektrohydraulischen Ausbau­steuerungen die den einzelnen Ausbaueinheiten zugeordneten Ventileinheiten zumeist eine größere Anzahl an Elektromagnetventilen aufweist, die zur Durchführung der verschiedenen Steuervorgänge vom baueigenen Steuergerät einzeln oder gruppenweise elektrisch geschaltet werden müssen. Dies erfordert eine große Anzahl an elektrischen Verbindungen zwischen dem Steuergerät und der Ventileinheit, die zweckmäßigerweise räum­lich getrennt von dem Steuergerät am Ausbau angeordnet wird. In der DE 37 15 593 ist aber auch vorgeschlagen worden, die Anzahl der zwischen dem Steuergerät und der zugeordneten Ventileinheit herzustellenden elek­trischen Verbindungen dadurch erheblich zu vermindern, dass die Ventil­ein­heit mit einer vom Steuergerät über einen Datenbus ansteuerbaren, die Elektro­magnetventile einzeln oder gruppenweise elektrisch schaltenden elek­tronischen Ansteuereinheit versehen wird, zum Beispiel in Gestalt einer sog. Schieberegistereinheit oder eines Mikroprozessors. Hierbei kann das Steuergerät über ein mehradriges Kabel mit der zugeordneten Ventileinheit verbunden werden, welches zwei mit einer eigensicheren Stromquelle des Steuergerätes verbundene, für die Elektromagnetventile gemeinsame Strom­versorgungsleiter oder mindestens einen oder zwei Datenleiter enthält.

Vor dem Hintergrund dieses Standes der Technik ist es das technische Problem („Aufgabe“) der Erfindung, für elektrohydraulische Steuerungen der genannten Art eine Notsteuereinrichtung mit einem einfachen Hilfsgerät (Notsteuer­gerät) zu schaffen, mit der bzw. dem es möglich ist, bei einem Teil- oder Vollversagen des elektronischen Betriebssteuersystems bzw. der betrieblichen Stromversorgung oder auch bei anderen Betriebszuständen, zum Beispiel bei der Montage, Demontage oder Umrüstung der Ausbaueinheiten, wenn das normale elektrische System nicht zur Verfügung steht, eine gezielte Ansteuerung der Ventileinheiten der Ausbaueinheit von einem ge­sicher­ten Standort aus, d.h. von einem Nachbargestell aus, vornehmen zu können. Hierzu schlägt das Klagepatent in seinem Patent­anspruch 1 eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor:

1. Notsteuereinrichtung für elektrohydraulische Ausbausteuerung mit den Ausbaueinheiten zugeordneten Ventileinheiten,

2. deren Magnetventile über eine elektrische Leitungsverbindung von einem elektronischen Steuergerät ansteuerbar sind,

3. mit einer Ventileinheit oder deren Leitungsverbindung ist ein Not­steuergerät (9) mittels eines elektrischen Anschlusskabels (10) über ein Kupplungsstück (8) lösbar kuppelbar,

3.1 das Notsteuergerät ist als transportables Handsteuergerät ausgebildet,

3.2 das Notsteuergerät ist mit einer Batterie (11) versehen,

3.3 das Notsteuergerät ist mit einem eigenen Bedienfeld (12) mit Tatstatur (13) versehen.

II.

Die angegriffene Ausführungsform – die Raubsteuerung „pm3“ – macht von der Lehre nach dem Klagepatent Gebrauch.

1.

Entgegen der Auffassung der Beklagten spricht gegen eine Benutzung des Klagepatentes durch die angegriffene Ausführ­ungs­form nicht der Umstand, dass die Raubsteuereinrichtung voll­kommen baugleich mit den an den Ausbau­schilden dauerhaft montierten Betriebs­steuergeräten ist. Entscheidend ist nach dem Wortlaut des Patentanspruches 1 lediglich, dass das Notsteuergerät als transportables Handsteuergerät ausgebildet ist (vgl. Merkmal 3.1). Im Übrigen schließt das Klagepatent eine identische Ausgestaltung der Raubsteuereinrichtung und des Betriebssteuer­gerätes nicht aus. Eine solche Ausgestaltung wird von dem Klagepatent vielmehr als bevorzugte Ausführungsform beschrieben. So wird in Spalte 2 Zeilen 29 ff. der Klagepatentschrift ausgeführt:

„Das Notsteuergerät weist für die verschiedenen Notbetätigungen ein Bedienfeld mit Tastatur auf, das demjenigen des baueigenen elektronischen Steuergerätes (Betriebssteuergerätes) entsprechen kann.“

Hierdurch erübrigt sich eine zeitaufwendige Einarbeitungszeit für den Nutzer. Schließlich nimmt auch der auf den Anspruch 1 rückbezogene Anspruch 11 darauf Bezug, dass das Notsteuergerät dem baueigenen elektronischen Steuergerät entsprechen kann. Im Übrigen handelt es sich vorliegend um einen Vorrichtungsanspruch, für welchen es irrelevant ist, ob die streitbefangene Steuereinrichtung auch einen anderen Zweck erfüllen kann.

Zwischen den Parteien weiterhin im Streit steht die Verwirklichung der Merkmale 3.1 und 3.2. Merkmal 3.1 besagt, dass das Notsteuergerät als transportables Handsteuergerät ausgebildet ist. Die Beklagte wenden gegen eine Benutzung des Merkmals ein, dass es sich bei der angegriffenen Steuer­einrichtung „pm3“ nicht um ein transportables Gerät handeln würde, da dieses mit einer separaten 8 kg schweren Batterie versehen sei und unter transportabel „leicht“ verstanden werden müsse. Die Klägerin tritt diesem Vorbringen entgegen.

Der Auffassung der Beklagten kann nicht zugestimmt werden. Denn bereits der Wortlaut des Merkmals gibt keinen Anhaltspunkt für eine Auslegung des Merkmals, dass die Notsteuereinrichtung leicht sein soll. Der Begriff der Leichtigkeit hat in dem Patentanspruch 1 keinen Niederschlag gefunden. Auch bei technisch-funktionaler Auslegung des Merkmals 3.1. ergibt sich nicht ohne weiteres, dass ein streitgegenständliches Gerät leicht sein soll. Denn durch die Transportabilität soll vielmehr das erfindungsgemäße Ziel erreicht werden, mit einem Hilfsgerät bei einem Teil- oder Vollversagen des elektrischen Betriebssteuersystems bzw. der betrieblichen Stromversorgung oder auch bei anderen Betriebszuständen wie Montage u.ä., wenn das „normale“ elektrische System nicht zur Verfügung steht, eine gezielte Ansteuerung der Ventileinheiten der Ausbaueinheit von einem gesicherten Standort aus vornehmen zu können. Hierfür ist lediglich erforderlich, dass das Steuerungssystem transportabel ist. Ob es selbst getragen werden kann oder noch einer bestimmten Transporteinrichtung bedarf, ist hierfür unerheblich. Denn hierdurch soll nur eine Abgrenzung gegenüber den aus dem Stand der Technik bekannten Steuereinrichtungen erfolgen, die eine entsprechende Flexibilität nicht aufwiesen, also nicht zu einem gesicherten Standort gebracht und von dort aus bedient werden konnten.

Zwar mag die angegriffene Ausführungsform „pm3“ mit ihrer separaten 8 kg Batterie in der Transportabilität etwas umständlich sein, da der Bergmann zwei Geräte tragen muss, nämlich die Steuereinrichtung und die Batterie. Dies steht jedoch nicht der Transportabilität bzw. Beweglichkeit der Notsteuer­einrichtung entgegen, da der Akku bzw. die Batterie gemäß der Seite 2 der Anlage A-K 6 auch mit einem Trageriemen geliefert wird.

Soweit die Beklagten ihre Ansicht mit einem Verweis auf die zeichnerische Darstellung bevorzugter Ausführungsformen stützen, kann ihnen nicht gefolgt werden. Denn die zeichnerische Darstellung bevorzugter Ausführungsformen kann den Schutzbereich eines Patentes nicht beschränken, § 14 PatG.

Merkmal 3.2, welches zwischen den Parteien auch im Streit steht, besagt, dass das Notsteuergerät mit einer Batterie versehen ist. Die Beklagten wenden gegen eine Verwirklichung des Merkmals ein, dass das Klagepatent hierunter nur Ausgestaltungen verstehe, bei welchen die Notsteuer­einrichtung die Batterie im Gehäuse aufnehme und nicht Ausgestaltungen wie bei der angegriffenen Ausführungsform, bei welcher die Batterie separat in einem anderen Bauteil vorhanden sei.

Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Bereits nach dem Wortlaut des Merkmals 3.2 muss das Notsteuergerät lediglich mit einer Batterie versehen sein, was jedoch nicht zwangsläufig bedeutet, dass das Notsteuergerät die Batterie unmittelbar aufnehmen muss. Unter „versehen sein“ ist bei technisch-funktionaler Auslegung zu verstehen, dass das Notsteuergerät durch eine Batterie betrieben werden soll, da nur hierdurch die erfindungsgemäße Aufgabe, die Unabhängigkeit der Notsteuerung von der „normalen Steuerung“ und insbesondere der Stromversorgung im Falle eines Stromaus­falles, erreicht werden kann. Für die Verwirklichung dieser Aufgabe ist jedoch eine in der Notsteuereinrichtung enthaltene Batterie nicht erforderlich. Wesentlich für die patentgemäße Funktion ist mithin lediglich, dass dem Notsteuergerät eine abgekoppelte, selbstständige Stromver­sorgung zugeordnet ist, weil der zu steuernde Ausbauschild ohne Stromversorgung ist.

III.

Auf ein vertragliches Mitbenutzungsrecht aus dem Zusammenarbeitsvertrag kann sich die Beklagte nicht berufen.

Der im Jahre 1986 mit der Rechtsvorgängerin der Klägerin, der JK###, abgeschlossene Zusammenarbeits­vertrag, begründet zugunsten der Beklagten kein Mitbe­nutzungsrecht an dem Klagepatent. Die Beklagten berufen sich in diesem Zusammenhang auf Nr. 8 des Vertrages (Anlage B 9), welcher im Tatbestand in seinem Wortlaut wiedergegeben wurde. Dort wurde u.a. wurde vereinbart, dass nach Beendigung des Vertrages dem Vertragspartner ein uneingeschränktes Mitbenutzungsrecht an den während der Vertragsdauer entstandenen Schutzrechten des Vertrags­partners verbleibt.

Entgegen der Auffassung der Klägerin kann die Klausel nicht so verstanden werden, dass hiervon nur solche Schutzrechte umfasst sein sollten, die von der Beklagten zu 1. entwickelt worden sind und an denen die Rechtsvorgängerin der Klägerin entsprechend ein Mitbenutzungsrecht haben sollte. Denn die Bezeichnung der jeweils angesprochenen Ver­trags­parteien ist allgemein gefasst und bezieht sich nicht explizit auf die Beklagte zu 1., zumal in dem gesamten Kontext des Vertrages stets konkret zwischen den einzelnen Vertragsparteien differenziert wird.

Entgegen der Auffassung der Beklagten wird von der Klausel Nr. 8 jedoch nicht jedes während der Laufzeit des Vertrages entstandene Schutzrecht umfasst. Dies ergibt sich aus dem Vertrag, wo u.a. zu Beginn von Nr. 8 von „schutzwürdige(n) Entwicklungen einzelner Komponenten oder Gesamtsysteme, die im Rahmen dieser Vereinbarung entstanden sind ….“ die Rede ist. Gegenstand eines Mitbenutzungs­rechtes sollten danach nur solche Entwicklungen und Schutz­rechte sein, die durch die Vertrags­parteien gemeinsam entwickelt wurden. Auch hat die Klägerin zu Recht eingewandt, dass unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht geregelt sein könne, dass der Beklagten zu 1. an jedem während der Vertragslaufzeit entstandenen Schutzrechte ein Mitbenut­zungs­recht eingeräumt würde, was zur Folge hätte, dass auch Schutzrechte aus anderen Zusammenarbeits­verträgen Gegenstand eines Mitbenutzungsrechtes durch die Beklagte zu 1. wären. Ein Mitbenutzungsrecht steht der Beklagten zu 1. aus dem Zusammenarbeitsvertrag daher nur an denjenigen Schutzrechten zu, die aus der Zusammenarbeit der Vertragsparteien entstanden sind.

Dass es sich bei dem Klagepatent um ein entsprechendes Schutzrecht handelt, haben die Beklagten nicht hinreichend dargetan.

Die Beklagten berufen sich zunächst auf ein von der Beklagten zu 1. unter dem 26. November 2000 (Anlage A-K 20) verfasstes Schreiben, wo auf Seite 2 unter Ziffer 1 am Ende des ersten Absatzes ausgeführt wurde:

„Die Steuerung BR 1 war für einen mobilen Ausbau in Australien im Frühjahr 87 gebaut worden. Der Einsatz der Funkstrecke hatte sich nicht bewährt. Diese Erkenntnis wurde im Juli und August 87 gewonnen. Der damals diskutierte vernünftige Ausweg war eine Kabelverbindung. Diese Zusammenhänge bezeugt Ihnen Ihr damaliger Mitarbeiter U. Die entscheidenden Ideen für dieses Steuergerät stammen aus unserem Haus. Wir waren im Rahmen des Kooperationsvertrages in diese Entwicklung eingebunden. Wir haben nach dem Vertrag das Recht dieses Patent zu benutzen“.

Anlass dieses Schreibens war die seit Beginn des Jahres 2000 zwischen den Parteien geführte Auseinandersetzung über eine möglicherweise patentverletzende Benutzung der Notsteuereinrichtung „pm3“ durch die Beklagten. Anhand dieses Vorbringens der Beklagten kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte zu 1. an der F der Lehre nach dem Klagepatent beteiligt war. Zum einen handelt es sich bei dem entsprechenden Vorbringen der Beklagten in dem Schreiben lediglich um Parteivortrag. Die Beklagten haben in diesem Zusammenhang keine weiteren Umstände vorgetragen, woraus sich eine Mitentwicklung einer Notsteuereinrichtung nach dem Klagepatent ergeben sollte. Sie haben insbesondere nicht vorgetragen, welche(r) Mitarbeiter der Beklagten zu 1. an der F beteiligt gewesen sein soll und welche konkreten Ideen in diesem Zusammenhang von der Beklagten zu 1. entwickelt wurden. Vor diesem Hintergrund musste auch dem von den Beklagten angebotenen Beweis der Vernehmung des Herrn U, einem Mitarbeiter der Klägerin, als Zeugen nicht nachgegangen werden, da es sich insoweit um einen Ausforschungsbeweis gehandelt hätte.

Auch aus dem Vorbringen der Klägerin in dem Nichtigkeitsverfahren, auf welches die Beklagten zur Begründung eines Mitbenutzungsrechtes Bezug genommen haben, ergibt sich keine Mitentwicklung an einer Notsteuereinrichtung nach dem Klagepatent. Die Klägerin hat in dem Nichtigkeitsverfahren ausgeführt, dass sich die Beklagte zu 1. nicht auf offenkundige Vorbenutzung wegen einer Lieferung eines „pm2“-Steuergerätes an die JK### im Jahre 1987 berufen könne, da die entsprechende Lieferung im Zusammenhang mit dem Zusammen­arbeitsvertrag gestanden habe und entsprechend eine Geheimhaltung vereinbart worden sei. Unabhängig von der Frage, ob zwischen den Parteien des Zusammenarbeitsvertrages tatsächlich eine Geheimhaltungs­verein­barung geschlossen wurde, was sich dem Vertrag ausdrücklich nicht entnehmen lässt, ergibt sich anhand dieses Vorbringens der Klägerin jedoch nicht, dass die Beklagte zu 1. an einer Mitentwicklung eines entsprechenden Notsteuer­gerätes beteiligt war. Denn die Klägerin in dem Nichtigkeits­verfahren hat auch vorgetragen, dass ein „pm2“-Steuergerät im Auftrag der Rechtsvorgängerin der Klägerin hergestellt worden sei. Eine Herstellung „im Auftrag“ gibt jedoch keine Anhaltspunkte für eine Mitent­wicklung.

Auch aus dem weiteren Vorbringen der Beklagten zu 1. in dem Nichtigkeitsverfahren vor dem Bundespatentgericht ergibt sich eine Mitentwicklung durch die Beklagte zu 1. nicht. Die Beklagten haben insoweit Bezug genommen auf ein undatiertes Schreiben der Beklagten zu 1. an die JK### (Anlage NK3/6), mit welchem der Rechtsvorgängerin der Klägerin, der JK###, eine Hilfestellung für die Fehlersuche bei dem Steuergerät „pm2“ gegeben wurde. Unabhängig von der Frage, zu welchem Zeitpunkt das Schreiben erstellt wurde, ergeben sich aus dem Schreiben auch keine konkreten Anhaltspunkte, dass die Beklagte zu 1. ein entsprechendes Notsteuergerät mit entwickelt hat. In dem Schreiben ist von einer Mitent­wicklung des Steuergerätes durch die Beklagte zu 1. nicht die Rede. Eine Anleitung für die Fehlersuche kann auch dann erteilt werden, wenn, wie die Klägerin im Nichtigkeitsverfahren vorgetragen hat, eine Herstellung des Gerätes im Auftrag der Klägerin erfolgt ist.

Konkrete Anhaltspunkte für eine Mitentwicklung durch die Beklagte zu 1. sind daher nicht ersichtlich. Die Klägerin hat demgegenüber eingewandt, dass es sich um eine Erfindung ihrer Mitarbeiter gehandelt habe, wie sich aus der Erfindungsmeldung vom 22. Dezember 1987 (Anlage A-K 13) ergebe, an welcher die Beklagte zu 1. nicht beteiligt gewesen sei. In diesem Zusammenhang hat auch die Klägerin vorgetragen, was die Beklagten nicht in Abrede gestellt haben, dass keine Erfindervergütungen an die Beklagte zu 1. nach F des Klagepatentes geleistet worden sei. Auch sind die Beklagten dem Vorbringen der Klägerin, dass in dem Schreiben vom 6. September 1993 (Anlage A-K 14a) sämtliche Schutzrechte aufgelistet worden seien, an denen die Beklagte zu 1. beteiligt war, wobei das Klagepatent nicht genannt wurde, nicht konkret entgegen getreten.

b)

Zur Benutzung des Klagepatentes berechtigt waren die Beklagten hingegen während des Zeitraumes des Bestehens des Lizenzvertrages (Anlage A-K 9) zwischen den Parteien, d.h. zwischen dem 4. Dezember 2000 und 9. Dezember 2002. Zwischen den Parteien unstreitig ist dann der Lizenzvertrag gekündigt worden.

Die streitgegenständliche Notsteuereinrichtung, welche eine separate Batterie aufweist, unterfällt auch dem Gegenstand des Lizenzvertrages, da Gegenstand der Lizenzierung eine Vorrichtung sein sollte, welche dem Schutzbereich des Klage-. bzw. Lizenzpatentes unterfällt. So wurde vereinbart:

1. Präambel

Die DBT hat im Zusammenhang mit seinem Steuerungsprogramm für den untertägigen Bergbau ein sogenanntes „Notsteuergerät“ entwickelt, wie es Gegenstand des deutschen Patentes 38 01 617 ist.

JL## ist an einer Lizenznahme dieses Schutzrechtes interessiert und will kurzfristig die Produktion dieses „Notsteuergerätes“ aufnehmen.

2. Vertragsschutzrecht

Vertragsschutzrecht ist das in der Präambel genannte deutsche Patent 38 01 617.

3. Vertragsgegenstand

Vertragsgegenstand ist das komplette, mit einer Batterie versehene Notsteuergerät, das mit einem Anschlusskabel und einem Kupplungsstück ausgerüstet ist.“

Die angegriffene Notsteuereinrichtung „pm3“ unterfällt dem Gegenstand des Lizenz­vertrages, wie sich anhand der Auslegung des Lizenzvertrages ergibt, §§ 133, 157 BGB. Im Rahmen der Auslegung sind insbesondere die Vorgeschichte und die Begleitumstände beim Zustandekommen des Vertrages, die Interessenlage der Vertragsparteien, die Lebenserfahrung und die Verkehrssitte zu berücksichtigen (vgl. BGH, GRUR 1959, 384, 387 – Postkalender; Benkard/Ullmann, PatG, 9. Aufl. § 15 Rdnr. 66). Hiernach ergibt sich, dass auch ein Notsteuergerät mit einer separaten Batterie unter den Gegenstand des Lizenzvertrages fallen sollte.

Zum Zeitpunkt der Lizenzierung war die streitgegenständliche Ausführung „pm3“ den Parteien bekannt, wie sich aus der zur Gerichtsakte gereichten Abmahnungskorrespondenz aus dem Jahre 2000 ergibt (vgl. Anlage A-K 7). In diesem Zusammenhang stritten die Parteien über eine mögliche Verletzung des Klagepatentes durch die Steuerung „pm3“. Die Auseinandersetzung wurde schließlich durch den Abschluss des Lizenz­vertrages (einstweilen) beendet. Die Beklagte zu 1. erteilte mit Telefax vom 8. November 2002 (Anlage A-K 5) über von ihr gelieferte Raubsteuergeräte, welche, wie unstreitig ist, dem vorliegenden streitgegenständlichen Raubsteuergerät entsprachen. Auch ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Beklagte zu 1. in der Vergangenheit kein Notsteuergerät hergestellt hat, welches eine in dem Gerät befindliche Batterie aufweist.

IV.

Aus der Verletzung des Klagepatentes ergeben sich folgende Rechtsfolgen:

1.

Die Beklagten sind gegenüber der Klägerin zur Unterlassung verpflichtet, § 139 Abs. 1 PatG. Sie benutzen rechtswidrig den Gegenstand des Klagepatentes.

2.

Außerdem kann die Klägerin von den Beklagten als Gesamtschuldnern Schadensersatz verlangen, § 139 Abs. 2 PatG, § 840 BGB. Denn als Fachunternehmen hätte die Beklagte zu 1. die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Da es überdies hinreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist, der von der Klägerin noch nicht beziffert werden kann, weil sie den Umfang der rechtsverletzenden Benutzungshandlungen ohne ihr Verschulden nicht im Einzelnen kennt, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an der Feststellung der Schadensersatzverpflichtung anzuerkennen, § 256 ZPO.

Schadensersatz kann die Klägerin nicht hingegen für den Zeitraum des Bestehens des Lizenzvertrages zwischen den Parteien verlangen, d.h. zwischen dem 4. Dezember 2000 und 9. Dezember 2002. Denn insoweit können sich die Beklagten auf ein Benutzungsrecht aus dem Lizenzvertrag berufen.

Im Übrigen ist die Beklagte zu 1. zur Entschädigung für den Zeitraum der Offenlegung der Patentanmeldung bis zu der Patenterteilung verpflichtet, § 33 PatG.

3.

Damit die Klägerin den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch beziffern kann, sind die Beklagten ihr gegenüber zur Rechnungslegung verpflichtet, §§ 242, 259 BGB. Denn die Klägerin ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt und die Beklagten werden durch die von ihnen verlangten Auskünfte nicht unzu­mutbar belastet. Gegenstand der Rechnungslegung ist jedoch nicht der Zeitraum des Bestehens des Lizenzvertrages. Insoweit steht Klägerin ein Anspruch auf Rechnungslegung aus dem Lizenzvertrag zu. Einen entsprechenden Anspruch hat sie hingegen nicht geltend gemacht.

4.

Die Beklagten haben schließlich über den Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse Auskunft zu erteilen, § 140 b PatG. Die danach geschuldeten Angaben sind in der Urteilsformel zu Ziffer I.2. mit den Angaben zusammengefasst, die zum Zwecke der Rechnungslegung vorzunehmen sind.

Soweit ihre nicht gewerblichen Angebotsempfänger und bloßen Angebotsempfänger hiervon betroffen sind, ist den Beklagten für ihre Ver­pflichtung zu Rechnungslegung ein hilfsweise von ihnen beantragter Wirt­schafts­prüfervorbehalt einzuräumen (vgl. OLG E, Urteil vom 20. Dezember 2001, 2 U 91/00). Ein weitergehender, auch die gewerblichen Abnehmer umfassender Wirtschaftsprüfervorbehalt kommt nicht in Betracht, weil die Beklagten nicht dargetan haben, warum die Benennung dieser Abnehmer für sie vorliegend unverhältnismäßig sein soll.

5.

Die Beklagten sind weiterhin gemäß Ziffer I.4. zur Vernichtung der ange­griffenen Ausführungsform verpflichtet, § 140a PatG. Die Beklagten haben nicht dargetan, dass der patentverletzende Zustand der angegriffenen Ausführungsform auf andere Art und Weise beseitigt werden kann oder unverhältnismäßig ist.

V.

Gegenüber ihrer Verpflichtung zum Schadensersatz und hiermit korrespondierender Auskunft und Rechnungslegung berufen sich die Beklagten ohne Erfolg auf die Einrede der Verjährung, § 214 Abs. 1 BGB.

Gemäß § 141 PatG i.V.m. § 195 BGB verjähren die Ansprüche wegen Verletzung des Patents binnen 3 Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt nach dem § 141 PatG a.F., der gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 2 EGBGB auf das vorliegende Rechtsverhältnis weiter Anwendung findet, mit dem Zeitpunkt in dem der Berechtigte von der Verletzung und der Person des Verpflichteten Kenntnis erlangt. Ausgehend von diesen Voraussetzungen sind die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche nicht verjährt. Denn es ist nicht einzusehen und von den Beklagten auch nicht geltend gemacht worden, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Klageerhebung bereits länger als 3 Jahre von der angegriffenen Ausführungsform wusste. Die Verletzungs­hand­lung, aus der die Klägerin ihre Ansprüche herleitet, ist von der Beklag­ten erst im Laufe des Jahres 2003 verübt worden.

VI.

Zu einer nach § 148 ZPO möglichen Aussetzung der Verhandlung besteht keine Veranlassung. Nach der Rechtsprechung der Kammer (Mitt. 1988, 91 – Nickel-Chrom-Legierung, BlPMZ 1995, 121 – Hepatitis-C-Virus), die auch vom Oberlandesgericht E (GRUR 1979, 188 – Flachdachabläufe) und vom Bundesgerichtshof (GRUR 1987, 284 – Trans­portfahrzeug) gebilligt wird, stellen ein Einspruch gegen das Klagepatent oder die Erhebung der Nichtig­keits­klage als solche noch keinen Grund dar, den Verletzungs­rechtsstreit aus­zu­setzen, da dies faktisch darauf hinauslau­fen würde, dem Angriff auf das Klagepatent eine dem Patentschutz hem­mende Wirkung beizumessen, die dem Gesetz fremd ist (§ 58 Abs. 1 PatG). Die Interessen der Parteien sind vielmehr gegeneinander abzuwägen. Die Aussetzung kommt deshalb nur in Betracht, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Widerruf oder eine Vernichtung des Klagepatents zu erwarten ist. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze besteht im Hinblick auf die von der Beklagten zu 1. erhobenen Nichtigkeitsklage vor dem Bundespatentgericht keine hinreichende Veranlassung. Eine Vernichtung des Klagepatentes ist nicht mit überwiegender Wahrschein­lichkeit zu erwarten.

1.

Die Beklagten haben geltend gemacht, dass die Steuerung pm2/fb der Erfindung nach dem Klagepatent neuheitsschädlich gegenüber stehe, da diese am 11. Juni 1987 an die JK### ausgeliefert und von dieser auf der Fachmesse AIMEX 87 am 6. Juli 1987 in Sydney ausgestellt worden sei, mithin eine offenkundige Vorbenutzung vorliege.

Hinsichtlich der Lieferung an die JK### hat die Klägerin eingewandt, dass es sich hierbei um eine Lieferung hinsichtlich des 1986 geschlossenen Zusammen­arbeitsvertrages gehandelt habe und die Parteien zur Geheimhaltung verpflichtet worden seien. Die als Anlage NK3/1 bis NK3/7 vorgelegten Unterlagen hätten entsprechend der Geheimhaltung unterlegen. Hiergegen haben die Beklagten keine konkreten Einwendungen erhoben. Sie haben lediglich pauschal bestritten, dass eine solche nicht vorgelegen habe. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte zu 1. und die Rechtsvorgängerin der Klägerin, die JK###, einen Zusammenarbeitsvertrag geschlossen haben. Eine Geheimhaltung wurde in dem Vertrag (Anlage B 6) zwar nicht ausdrücklich vereinbart, jedoch kann im Rahmen eines solchen Vertrages von einer solchen ausgegangen werden.

Eine Veranlassung zur Aussetzung besteht hingegen auch dann nicht, wenn eine Gemeinhaltungsvereinbarung nicht geschlossen worden sein sollte. Aus dem Vorbringen der Beklagten ergibt sich nicht, dass die gelieferte Steuerung „pm2“, wenn es sich um die in den Anlagen NK3/1 bis NK3/6 beschriebene Steuerung gehandelt hat, das Merkmal 3 aufgewiesen hat. Es geht daraus nicht hervor, dass das Notsteuergerät mittels eines elektrischen Anschlusskabels über ein Kupplungsstück mit der Ventileinheit verbunden worden ist. Diese Verbindung hat erkennbar den Zweck, die Strom­versorgung nicht nur des Steuergerätes, sondern auch der Ventileinheit durch die Batterie zu gewährleisten, mit der das Steuergerät versehen ist (Anlage A-K 1, Spalte 2, Zeile 20; Zeile 1, Zeilen 54 ff.). Das ist bei einer Funkverbindung, die geliefert worden sein soll, nicht möglich. Allein die Erwähnung von Anschlusskabeln offenbart dieses Merkmal nicht.

Stand der Technik und damit Gegenstand einer neuheitsschädlichen offenkundigen Vorbenutzung kann daher nur der Gegenstand sein, der auf der Messe AIMEX am 6. Juli 1987 in Australien ausgestellt wurde. Diesbezüglich ergibt sich anhand des Vorbringens der Beklagten hingegen nicht, dass die ausgestellte Vorrichtung über ein elektrisches Anschlusskabel verfügte. Insoweit kann auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden.

Im Übrigen würde eine Aussetzung selbst dann ausscheiden, wenn man den Tatsachenvortrag der Beklagten, dass das vorbenutzte Notsteuergerät auch über ein elektrisches Anschlusskabel verfügt hat, als wahr unterstellt. Denn die Klägerin hat den entsprechenden Vortrag substantiiert bestritten und vor diesem Hintergrund wäre die Durchführung einer Beweisaufnahme vor dem Bundespatentgericht erforderlich, dessen Ergebnis die Kammer nicht vorwegnehmen kann.

2.

Unabhängig von der Frage, dass die Beklagten den Vorbenutzungs­tatbestand „Mining Progress“ betreffend nicht glaubhaft gemacht haben, die als Anlage NK4 vorgelegte Erklärung genügt hierfür nicht, scheidet eine Aussetzung bereits deswegen aus, da eine Beweisaufnahme hinsichtlich der Umstände der Vorbenutzung vor dem Bundespatentgericht wahrscheinlich erscheint. Insoweit kann auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden.

3.

Der Einwand der Beklagten, der Lehre nach dem Klagepatent würde es an einer erfinderischen Tätigkeit fehlen, kann eine Aussetzung nicht begründen. Die Beklagten haben insoweit vorgetragen, dass die Anlage NK1 in Figur 4 einen Stand der Technik erwähne, wie er in dem Klagepatent beschrieben sei. In der Anlage NK5, der DE 34 43 954, werde hingegen auch ein tragbarer Funksteuersender offenbart. Sehe sich eine Fachmann ausgehend von dem Stand der Technik vor das Problem gestellt, im Falle eines Stromausfalles betätigen zu wollen, so erhalte er aus den genannten Anlagen die Anregung für die Fernsteuerung ein transportables Handsteuergerät in Erwägung zu ziehen.

Unabhängig von dem Umstand, dass die Beklagten die Anlage NK1 lediglich in englischer Sprache vorgelegt haben, ergibt sich anhand des Vorbringens der Beklagten nicht, anhand welcher Überlegung ausgerichtet an dem vorgelegten Stand der Technik der Fachmann das erfindungsgemäße Problem lösen sollte. Eine entsprechende Problemstellung ergibt sich aus den Dokumenten nicht.

VII.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108 ZPO.

Besonderer Vollstreckungsschutz steht den Beklagten nicht zu, weil sie die hierfür nach § 712 ZPO bestehenden Voraussetzungen nicht dargetan haben.

Der Streitwert beträgt 500.000,- EUR.

Dr. H
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L2