Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 243
Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 8. Juli 2004 , Az. 4a O 303/03
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
III.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zwangsweise durchzusetzenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union ansässigen, als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand:
Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des am 21. Januar 1988 angemeldeten deutschen Patents 38 01 593 (Anlage D-K 1, nachfolgend: Klagepatent), dessen Anmeldung am 3. August 1989 offengelegt und dessen Erteilung am 11. Oktober 1990 veröffentlicht worden ist.
Das Klagepatent steht in Kraft.
Es betrifft eine Folgesteuerung für hydraulischen Schreitausbau.
Wegen Verletzung des Klagepatents nimmt die Klägerin die Beklagten auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung und Feststellung der Entschädigungs- und Schadensersatzpflicht in Anspruch.
Der Anspruch 1 des Klagepatents hat folgenden Wortlaut:
Folgesteuerung für hydraulischen Schreitausbau in einem Hochleistungsstreb mit elektrohydraulischen Steuervorrichtungen für den selbsttätigen Ablauf von Rauben, Schreiten, Setzen bei den Ausbaueinheiten, die dem Standort der Gewinnungsmaschine folgend durch jeweils eine Taste betätigt werden, wobei das Hangende während des Ablaufs von mindestens jeder zweiten Ausbaueinheit unterstützt ist, dadurch gekennzeichnet, dass hinter der Gewinnungsmaschine eine in ihrer Ausdehnung von der Schnittgeschwindigkeit der Gewinnungsmaschine beeinflussbare Ablaufzone gebildet wird, in der einzelne Ausbauarbeiten in kontinuierlicher Folge und wechselseitiger Abhängigkeit voneinander den Ablauf gleichzeitig ausführen.
Die nachfolgend wiedergegebene Zeichnung stammt aus der Klagepatentschrift und dient zur Erläuterung der Erfindung anhand eines Ausführungsbeispiels. Sie zeigt in einem Ablaufschema zwölf aufeinanderfolgende Betriebszustände in einem Hochleistungsstreb.
Über das Klagepatent und andere Schutzrechte der Klägerin kam es in der Vergangenheit zwischen den Parteien zum Streit. Zur Beseitigung dieser Auseinandersetzungen heißt es in einem an die Beklagte zu 1. gerichteten Schreiben der Klägerin vom 5. Dezember 2000 (Anlage B2):
…
bezüglich nachfolgender DBT-Schutzrechte gab es zwischen unseren Häusern Meinungsverschiedenheiten, die in folgender Form mehr oder weniger ausgeräumt sind:
…
DE-PS 38 01 583 „Ablauffolge“
Hier hatten Sie glaubhaft eine interne Vorbenutzung geltend gemacht und DBT wird auf Klageerhebung verzichten.
…
Die Beklagte zu 1., deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2. ist, ist auf eine Anfrage vom 29. Januar 2003 (Anlage D-K 10) von der T AG mit der Lieferung von elektrohydraulischen Steuerungen für den Steinkohleabbau in dem Bergwerk Auguste Viktoria, Schacht 3/7 in Marl beauftragt worden. Zu den elektrohydraulischen Steuerungen hat die Klägerin neben einem Anforderungskatalog (Anlage D-K 10), ein Lastenheft (Anlage D-K 11) und ein Pflichtenheft (Anlage D-K 12) vorgelegt, auf die Bezug genommen wird.
Die Klägerin sieht in dieser von ihr angegriffenen Ausführungsform eine mittelbare wortlautgemäße Verletzung des Klagepatents.
Die Klägerin hat von den Beklagten ursprünglich unter anderem Unterlassung mit der Maßgabe verlangt, dass diese nur dann dazu berechtigt sind, die angegriffene Ausführungsform zu liefern, wenn sie ihre Abnehmer dazu verpflichten, für den Fall einer ungenehmigten Benutzung des Klagepatents eine Vertragsstrafe an die Klägerin zu zahlen.
In der Sitzung vom 3. Juni 2003 hat die Klägerin die Maßgabe unter Zustimmung durch die Beklagten zurückgenommen.
Die Klägerin beantragt nunmehr,
die Beklagten zu verurteilen,
1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- Euro – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,
elektrohydraulische Steuervorrichtungen, die für Folgesteuerungen für hydraulischen Schreitausbau in einem Hochleistungsstreb für den selbsttätigen Ablauf von Rauben, Schreiten, Setzen bei den Ausbaueinheiten geeignet und bestimmt sind, die dem Standort der Gewinnungsmaschine folgend durch jeweils eine Taste betätigt werden, wobei das Hangende während des Ablaufs von mindestens jeder zweiten Ausbaueinheit unterstützt ist,
anzubieten und/oder zu liefern,
bei denen hinter der Gewinnungsmaschine eine in ihrer Ausdehnung von der Schnittgeschwindigkeit der Gewinnungsmaschine beeinflussbare Ablaufzone gebildet wird, in der einzelne Ausbaueinheiten in kontinuierlicher Folge und wechselseitiger Abhängigkeit voneinander den Ablauf gleichzeitig ausführen,
ohne im Falle des Anbietens ausdrücklich und unübersehbar darauf hinzuweisen, dass die elektrohydraulische Steuerung nicht ohne Zustimmung der Klägerin als Inhaberin des deutschen Patents DE 38 01 593 für eine oben beschriebene Folgesteuerung verwendet werden darf;
2.
ihr darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 3. September 1989 begangen haben, und zwar unter Angabe
a) der Herstellungsmengen und -zeiten und/ oder der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei
– sich die Verpflichtung zur Rechnungslegung für die Zeit vor dem 1. Mai 1992 auf Handlungen in dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in den bis zum 2. Oktober 1990 bestehenden Grenzen beschränkt;
– vom Beklagten zu 2. sämtliche Angaben und von beiden Beklagten die Angaben zu e) nur für die Zeit seit dem 11. November 1990 zu machen sind;
– die Angaben zu a) nur für die Zeit seit dem 1. Juli 1990 zu erteilen sind;
II.
festzustellen,
1.
dass die Beklagte zu 1. verpflichtet ist, ihr für die zu I.1 bezeichneten, in der Zeit vom 3. September 1989 bis zum 10. November 1990 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;
2.
dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, ihr allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I.1. bezeichneten, seit dem 11. November 1990 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen;
hilfsweise,
ihnen für den Fall ihrer Verurteilung zur Rechnungslegung nach ihrer Wahl vorzubehalten, die Namen und Anschriften ihrer Abnehmer und Empfänger von Angeboten statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, zur Verschwiegenheit gegenüber der Klägerin verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern sie dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen, der Klägerin darüber Auskunft zu geben, ob eine bestimmte Lieferung, ein bestimmter Abnehmer, ein bestimmtes Angebot oder ein bestimmter Angebotsempfängerin der Rechnung enthalten ist;
weiter hilfsweise,
ihnen zu gestatten, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung, die auch durch Bank- oder Sparkassenbürgschaft erbracht werden kann, ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung der Klägerin abzuwenden.
Sie wenden ein, die Klage sei mit Rücksicht auf den von der Klägerin mit Schreiben vom 5. Dezember 2000 erklärten Verzicht unzulässig.
Zur Verletzungsfrage machen sie geltend, entgegen der Lehre des Klagepatents sei die angegriffene Ausführungsform nicht darauf festgelegt, dass innerhalb der Ablaufzone jeweils genau jedes erste, dritte, fünfte, etc. Ausbaugestell den Ablauf beginnt. Es sei nicht zwingend, dass an dem innerhalb der Ablaufzone walzennächsten Ausbaugestell der Ablauf zuletzt in Gang gesetzt werde.
Hilfsweise berufen sie sich unter Hinweis auf 173 an die X GmbH gelieferte und unter dem 26. Juni 1987 abgerechnete (Anlagen B3 bis B8) Einzelsteuergeräte vom Typ pm2 auf ein Vorbenutzungsrecht.
Schließlich berufen sie sich auf die Einrede der Verjährung.
Die Klägerin tritt dem Vorbringen der Beklagten entgegen.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der zur Gerichtsakte gereichten Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
I.
Gegen die Zulässigkeit der vorliegenden Klage wenden die Beklagten ohne Erfolg das Schreiben vom 5. Dezember 2000 (Anlage B2) ein, in dem ihnen von der Klägerin durch den Leiter von deren Patentabteilung mitgeteilt worden ist, sie hätten gegenüber dem Klagepatent ein internes Vorbenutzungsrecht glaubhaft gemacht, so dass die Klägerin auf eine Klageerhebung verzichten werde.
Entgegen dem durch die Beklagten geltend gemachten Verständnis enthält das Schreiben keine prozessrechtlich relevante Stillhaltezusage im Sinne eines pactum de non petendo.
Eine solche Zusage setzt den rechtsgeschäftlichen Willen voraus, auf den bezeichneten Gegenstand verzichten zu wollen. An die Feststellung eines solchen Willens sind strenge Anforderungen zu stellen. Nach dem Erfahrungssatz ist ein Erlass nicht zu vermuten und im Zweifelsfall eng auszulegen (BGH, NJW 1984, 1346, BGH, NJW 1996, 588; BGH, NJW-RR 2000, 130). In entsprechender Weise gilt für die Übertragung von Schutzrechten, dass der Veräußernde im Zweifel nur so viel veräußern will, wie es für den mit dem Vertrag verfolgten Zweck erforderlich ist (sog. Zweckübertragungstheorie, vgl. Busse/Keukenschrijver, PatG, 5. Aufl., § 15 PatG, Rz. 19).
Ähnliches gilt für das Schreiben der Klägerin vom 5. Dezember 2000.
Für die Klägerin hat es zum damaligen Zeitpunkt keinen Grund gegeben, ihr Klagerecht aus dem Klagepatent dauerhaft gegenüber den Beklagten aufzugeben. In der Erklärung vom 5. Dezember 2000 findet sich lediglich die damalige Einschätzung durch den Leiter der Patentabteilung der Klägerin wieder, dass ein klageweises Vorgehen gegen die Beklagte ohne Aussicht auf Erfolg sei, weil die Beklagte glaubhaft eine interne Vorbenutzung geltend gemacht habe. Für die Klägerin bestand kein Anlass, über diese Einschätzung hinausgehend auf die Möglichkeit einer Klageerhebung rechtsverbindlich zu verzichten. Ein solcher Verzicht mag nahegelegen haben bei einer allumfassenden Regelung der zwischen den Parteien bestehenden Streitigkeiten. Zu einer solchen Übereinkunft ist es nicht gekommen. So zeigt denn auch das weitere Verhalten der Beklagten, die mit Schreiben vom 10. und 26. November 2002 (Anlagen D-K 15 und D-K 20) die kontrovers geführte Diskussion zur Frage einer Verletzung u.a. des Klagepatents fortgesetzt haben, dass sie selbst von dem Zustandekommen eines Stillhalteabkommens nicht ausgegangen sind. Dieses spätere Verhalten kann für die Auslegung einer möglichen Verzichtserklärung von Bedeutung sein (BGH, NJW 1988, 2878; BGH, NJW-RR 1989, 199; BGH, NJW-RR 1998, 256).
Selbst wenn die vorstehend bezeichnete Erklärung einen rechtsverbindlichen Verzicht enthalten hätte, würde dies der vorliegenden Klage nicht entgegenstehen, weil nicht zu ersehen ist, dass der Verzicht von der Klägerin im Hinblick auf die angegriffene Ausführungsform erklärt worden ist. Bei verständiger Würdigung lässt sich der Inhalt des Schreibens vom 5. Dezember 2000 allein auf die gerichtliche Klärung von zum damaligen Zeitpunkt zwischen den Parteien bereits bestehenden Streitigkeiten beziehen. Ihre vorliegend geltend gemachten Ansprüche indes leitet die Klägerin nicht aus solchen Tatbeständen, sondern aus dem den Beklagten erst 2003 und somit lange nach dem Schreiben vom 5. Dezember 2000 durch die T2 AG zuteil gewordenen Zuschlag für die elektrohydraulischen Steuerungen in dem Bergwerg Auguste Viktoria in Marl her.
II.
In der Sache hat die Klage allerdings keinen Erfolg.
Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung und Feststellung der Entschädigungs- und Schadensersatzpflicht nach den §§ 10 Abs. 1, 14, 33 Abs. 1, 139 Abs. 1 und 2, 140b Abs. 1 und 2 PatG, §§ 242, 259, 421, 840 BGB nicht zu. Denn die angegriffene Ausführungsform ist nicht dazu geeignet und dazu bestimmt, von der Lehre des Klagepatents Gebrauch zu machen.
1.
Das Klagepatent betrifft eine Folgesteuerung für hydraulischen Schreitausbau in einem Hochleistungsstreb mit elektrohydraulischen Steuervorrichtungen für den selbsttätigen Ablauf von Rauben, Schreiten und Setzen bei den Ausbaueinheiten, die dem Standort der Gewinnungsmaschine folgend jeweils durch eine Taste betätigt werden, wobei das Hangende während des Ablaufs von mindestens jeder zweiten Ausbaueinheit unterstützt ist.
Wie das Klagepatent in seinem allgemeinen Beschreibungsteil einleitend ausführt, ist es für eine optimale Hangendabstützung bei einem Schrämbetrieb in einem Hochleistungsstreb erwünscht, dass der Ausbau ohne Verspätung unmittelbar nach der Gewinnungsmaschine vorschreitet. Dies wird ermöglicht, wenn der Ausbau nach dem Schritt-Zurück-System zu Beginn des Gewinnungsschnittes um einen Schritt hinter dem Förderer zurücksteht. In der Vorzone vor der Gewinnungsmaschine sind dann ebenso wie in der nachfolgenden Maschinenzone die am Förderer angeschlagenen Schreitzylinder der Ausbaueinheiten drucklos. Hinter der Gewinnungsmaschine läuft nacheinander das Schreiten der Ausbaueinheiten ab. Es folgt eine sog. Sicherheitszone, in der die Schreitzylinder der Ausbaueinheiten ebenfalls nicht auf Förderer-Rücken gestellt werden, um die Gewinnungsarbeit nicht zu behindern. Als letzte folgt die Zone Förderer-Rücken, in der die Schreitzylinder der vorgezogenen Ausbaueinheiten ausfahren und den Förderer um das freigelegte Feld an den Abbaustoß heranrücken.
Bei den bekannten Ausbausteuerungen erfolgt der selbsttätige Ablauf von Rauben (Entlasten des Ausbaus auf der Versatzseite, um ihn nach dem Schreiten neu zu setzen), Schreiten und Setzen nacheinander in jeder Ausbaueinheit, wobei immer nur eine Ausbaueinheit den Ablauf durchführt.
Hierzu nimmt das Klagepatent auf den Beitrag von Dr. Ing. K „Automatisierung des Strebausbaus zur besseren Pflege des Hangenden“ in der Zeitschrift Glückauf 101, Seiten 860-867 (Anlage D-K 16) Bezug, der eine elektrohydraulische Ausbausteuerung beschreibt, bei der der Ausbau in mehrere Gruppen eingeteilt ist, die auf breiter Front unabhängig voneinander gleichzeitig vorschreiten. Innerhalb einer Gruppe wird jedoch stets nur eine Ausbaueinheit bewegt. Um Ausbauverspätungen zu vermeiden, werden kurze Schritte in relativ schneller Zeitfolge ausgeführt, was allerdings den Zustand des Hangenden auf die Dauer wesentlich verschlechtert. Da vor dem Schreiten zunächst ein Feld auf breiter Front freigelegt ist, kann der Ausbau der Gewinnungsmaschine nicht unmittelbar, sondern nur mit Verspätung folgen.
Das Klagepatent erwähnt sodann die elektrohydraulische Ausbausteuerung für untertägige Gewinnungsbetriebe nach dem deutschen Patent 31 11 875 (Anlage D-K 7), bei der der Ablauf der Steuervorgänge Rauben, Schreiten, Setzen innerhalb einer Gruppe über einen Wahlschalter am Steuergerät jeder beliebigen Ausbaueinheit im Streb ausgelöst werden kann. Eine Gruppe umfasst eine vorbestimmte Anzahl von Ausbaueinheiten ohne feste Gruppenzuordnung, die an beliebigen Ausbaueinheiten durch Betätigung des Wahlschalters gebildet und in Gang gesetzt werden kann, nachdem der Ablauf in der vorausgehenden Gruppe abgeschlossen ist. Der Ablauf der Steuervorgänge vollzieht sich innerhalb der Gruppe in der vorgegebenen Reihenfolge der nebeneinander angeordneten Ausbaueinheiten, ohne dass eine Beeinflussung durch die Gewinnungsmaschine erfolgt.
Aus dem deutschen Patent 34 43 954 (Anlage D-K 8) ist eine Steuerung für einzeln oder gruppenweise gesteuerte Ausbaueinheiten bekannt, dessen Rechnerprogramm es ermöglicht, dass ganze Gestellgruppen zur gleichen Zeit gleiche Steuerbewegungen ausführen, wobei die Kohlestoßspreizen oder die Rückzylinder einer Gruppe gleichzeitig betätigt sowie mehrere Ausbaueinheiten gleichzeitig entspannt und danach wieder gesetzt werden. Die Schnittgeschwindigkeit der Gewinnungsmaschine nimmt keinen Einfluss auf die Ausbausteuerung.
Wie das Klagepatent in seinem allgemeinen Beschreibungsteil weiter ausführt, ist die Schnittgeschwindigkeit moderner Gewinnungsmaschinen zwischenzeitlich so hoch, dass der Ausbau kaum mehr folgen kann und daher hinter der Maschine zurückbleibt. Verschiedene hydraulisch bedingte Faktoren, insbesondere die Nenngrößen der Ventile begrenzen den Zeitablauf des Schreitvorganges im Ausbau. Die Zeit von 10 Sekunden für den Ablauf in einer 1,5 m breiten Ausbaueinheit reicht schon nicht mehr aus, um einer Schrämmaschine mit einer Schnittgeschwindigkeit von 10 m / Minute zu folgen. Höhere Schnittgeschwindigkeiten führen zwangsläufig zu einer Vergrößerung der freigelegten, unverbauten Hangendfläche. Die Gewinnungsmaschine ist anzuhalten, um die durch Ausbauverspätung entstehenden Nachteile für den gesamten Strebbereich zu vermeiden.
Hiervon ausgehend liegt dem Klagepatent das technische Problem (die Aufgabe) zugrunde, bei einer elektrohydraulischen Folgesteuerung die Schrittfolge der Ausbaueinheiten an die Gewinnung in der Weise anzupassen, dass der Ausbau ohne Verspätung und ohne die notwendige Sicherung des Hangenden zu beeinträchtigen der Schnittgeschwindigkeit der Gewinnungsmaschine folgen kann.
Zur Lösung des Problems schlägt das Klagepatent in seinem Anspruch 1 eine Steuerung mit folgenden Merkmalen vor:
1.
Es handelt sich um eine Folgesteuerung für hydraulischen Schreitausbau in einem Hochleistungsstreb mit elektrohydraulischen Steuervorrichtungen für den selbsttätigen Ablauf von Rauben, Schreiten, Setzen bei den Ausbaueinheiten;
2.
die Ausbaueinheiten werden dem Standort der Gewinnungsmaschine folgend durch jeweils eine Taste
betätigt;
3.
das Hangende ist während des Ablaufs von mindestens jeder zweiten Ausbaueinheit unterstützt;
4.
hinter der Gewinnungsmaschine wird eine in ihrer Ausdehnung von der Schnittgeschwindigkeit der Gewinnungsmaschine beeinflussbare Ablaufzone gebildet;
5.
in der Ablaufzone führen einzelne Ausbaueinheiten in kontinuierlicher Folge und wechselseitiger Abhängigkeit voneinander den Ablauf gleichzeitig aus.
Bei der erfindungsgemäßen Steuerung – so das Klagepatent in seiner allgemeinen Beschreibung weiter – erfolgt der Ablauf des Schreitens in einer sich an die Maschinenzone anschließenden Ablaufzone, in der einzelne Ausbaueinheiten auch gleichzeitig vorschreiten können, wenn dies die Schnittgeschwindigkeit der vorauseilenden Gewinnungsmaschine erforderlich werden lässt. Die Ausdehnung der Ablaufzone richtet sich nach dem Standort der Gewinnungsmaschine, der mit der Taste eingegeben wird. Sie erstreckt sich bis zu der nachfolgenden Sicherheitszone, in der die Ausbaueinheiten vorgezogen und gesetzt, die Schreitzylinder jedoch noch nicht auf Förderer-Rücken gestellt sind.
Die Ausbaueinheiten schreiten zunächst solange einzeln nacheinander vor, wie der Ablauf mit der Gewinnungsmaschine Schritt hält. Eine mehrere Ausbaueinheiten umfassende Ablaufzone wird erst dann gebildet, wenn der Abstand zwischen der Gewinnungsmaschine und dem zurückstehenden Ausbau zunehmend größer wird und der Ausbau hinter der Gewinnungsmaschine zurückzubleiben droht. Mit dem gleichzeitigen Ablauf von mehreren Ausbaueinheiten wird das während der Gewinnung freigelegte Feld ohne Verspätung zugebaut. Während des gleichzeitigen Ablaufs ist sichergestellt, dass das Hangende durch mindestens jede zweite Ausbaueinheit unterstützt und gesichert ist.
Mit der Betätigung der Taste wird der Ablauf bei jeder zweiten Ausbaueinheit innerhalb der Ablaufzone ausgelöst, sofern beide benachbarten Ausbaueinheiten gesetzt sind.
2.
Die angegriffene Ausführungsform ist nicht dazu geeignet und auch nicht dazu bestimmt, von dem Merkmal 5 des Klagepatents Gebrauch zu machen.
Das Merkmal 5 schreibt vor, wie die Ausbaueinheiten den Ablauf innerhalb der in dem Merkmal 4 näher bezeichneten Ablaufzone auszuführen haben:
Der Ablauf soll durch einzelne in der Ablaufzone befindliche Ausbaueinheiten in kontinuierlicher Folge, wechselseitiger Abhängigkeit voneinander und gleichzeitig erfolgen.
Durch die Vorgabe, einzelne der in der Ablaufzone befindlichen Ausbaueinheiten den Ablauf gleichzeitig ausführen zu lassen, grenzt sich das Klagepatent von dem aus der Veröffentlichung „Automatisierung des Strebbaus zur besseren Pflege des Hangenden“, Glückauf 101, S. 860 (Anlage D-K 16) ab. Bei der dort beschriebenen Ausbausteuerung ist der Ausbau in mehrere Gruppen eingeteilt, die auf breiter Front unabhängig voneinander vorschreiten. Innerhalb einer Gruppe wird jedoch stets nur eine Ausbaueinheit bewegt. Um Ausbauverspätungen zu vermeiden, werden kurze Schritte in relativ schneller Zeitfolge ausgeführt, was den Nachteil hat, dass sich der Zustand des Hangenden auf die Dauer wesentlich verschlechtert (Anlage D-K 1, Spalte 1, Zeilen 42 bis 50).
Wie das Klagepatent in seinem allgemeinen Beschreibungsteil zum Stand der Technik weiter ausführt, ist die Schnittgeschwindigkeit moderner Gewinnungsmaschinen zwischenzeitlich so hoch, dass der Ausbau kaum mehr folgen kann und hinter der Maschine zurückbleibt. Höhere Schnittgeschwindigkeiten führen zu einer Vergrößerung der freigelegten unverbauten Hangendfläche, mit der Folge, dass die Gewinnungsmaschine anzuhalten ist, um die durch die Ausbauverspätung entstehenden Nachteile für den gesamten Strebbereich zu vermeiden (Anlage D-K 1, Spalte 2, Zeilen 20 bis 34).
Einer Vergrößerung der freigelegten unverbauten Hangendfläche will das Klagepatent durch die Bildung einer von der Schnittgeschwindigkeit der Gewinnungsmaschine beeinflussbaren Ablaufzone vorbeugen, innerhalb der einzelne Ausbaueinheiten den Ablauf gleichzeitig ausführen. Hierzu hebt das Klagepatent in seinen Vorteilsangaben hervor, der Ablauf des Schreitens erfolge in einer sich an die Maschinenzone anschließenden Ablaufzone, in der einzelne Ausbaueinheiten auch gleichzeitig vorschreiten können, wenn dies die Schnittgeschwindigkeit der vorauseilenden Gewinnungsmaschine erforderlich werden lässt. Die Ausbauarbeiten schreiten zunächst einzeln nacheinander vor, wie der Ablauf mit der Gewinnung Schritt hält. Eine mehrere Ausbaueinheiten umfassende Ablaufzone wird erst dann gebildet, wenn der Abstand zwischen der Gewinnungsmaschine und dem zurückstehenden Ausbau zunehmend größer wird und der Ausbau hinter der Gewinnungsmaschine zurückzubleiben droht. Mit dem gleichzeitigen Ablauf von mehreren Ausbaueinheiten wird das während der Gewinnung freigelegte Feld ohne Verspätung zugebaut (Anlage D-K1, Spalte 2, Zeilen 46 bis 51 und Zeilen 58 bis 67).
Indem das Merkmal 5 weiter anordnet, dass die Ausbaueinheiten den Ablauf in wechselseitiger Abhängigkeit voneinander durchführen, trägt das Klagepatent einer in seinem Merkmal 3 gesondert hervorgehobenen allgemeinen bergbautechnischen Regel Rechnung, nach der benachbarte Ausbaueinheiten den Schreitvorgang nicht zeitgleich ausführen sollen. Aus Gründen der Einsturzsicherung soll das Hangende zumindest von jeder zweiten Ausbaueinheit unterstützt und gesichert werden (Anlage D-K1, Spalte 2, Zeile 65 bis Spalte 3, Zeile 2).
Die technische Bedeutung der in dem Merkmal 5 schließlich erhaltenen Vorgabe, nach der einzelne der Ausbaueinheiten den Ablauf in kontinuierlicher Folge ausführen sollen, wird in den Vorteilsangaben zu der beanspruchten Lehre erläutert, in denen es heißt, dass mit der Betätigung der Taste der Ablauf bei jeder zweiten Ausbaueinheit innerhalb der Ablaufzone ausgelöst wird, sofern beide benachbarten Ausbaueinheiten gesetzt sind (Anlage D-K1, Spalte 3, Zeilen 3 bis 6).
Mit diesem Beschreibungsteil stellt das Klagepatent zum Merkmal des von den Ausbaueinheiten in kontinuierlicher Folge auszuführenden Ablaufs klar, dass der beanspruchten Lehre ein streng arithmetisches Verständnis zugrunde liegt, nach dem die erste, dritte, fünfte, etc. in der Ablaufzone befindliche Ausbaueinheit gemeinsam mit dem Ablauf beginnen können, wenn die beiden jeweils benachbarten Einheiten gesetzt sind.
Eine andere Betrachtungsweise erschließt sich dem Fachmann nicht aus dem in der Klagepatentschrift enthaltenen Ausführungsbeispiel. Zwar ist in der Figur 8 des Ausführungsbeispiels ein Betriebszustand in einem Hochleistungsstreb dargestellt, bei dem der Ablauf durch die von rechts gesehen neunte und zwölfte Ausbaueinheit ausgeführt wird, wobei die zehnte Ausbaueinheit gesetzt ist und sich zudem die neunte Ausbaueinheit auf Förderer-Rücken befindet, mit der Folge, dass auch für sie der Ablauf gesperrt ist. Zur Lehre des Klagepatents geben die Zeichnungen keinen sicheren Aufschluss, weil hierin Betriebszustände wiedergegeben sind, die aus technischer Sicht mit der erfindungsgemäßen Lehre unvereinbar sind. So soll nach der Figur 5 die von rechts gesehen sechste Ausbaueinheit einen Ablauf durchführen, während sie sich in dem darauffolgenden durch die Figur 6 dargestellten Betriebszustand erst in einer Warteposition vor Ausführung des Ablaufs befindet. Warum in der Figur 8 entgegen allen anderen zeichnerischen Darstellungen kein Betriebszustand mit einen streng arithmetisch ausgeführten Ablauf dargestellt ist, wird durch das Klagepatent nicht erläutert. Dies vermochte auch die Klägerin nicht sinnvoll zu erklären.
Mit der angegriffenen Ausführungsform wird das Rauben, Schreiten und Setzen der in der Ablaufzone befindlichen Ausbaueinheiten so gesteuert, dass einzelne Ausbaueinheiten den Ablauf gleichzeitig und unter Beachtung der bergbautechnischen Regel, nach der das Hangende von zumindest jeder zweiten Ausbaueinheit gesichert wird, ausführen. Unter den einzelnen Ausbaueinheiten findet der Ablauf nicht nach streng arithmetischen Grundsätzen in der Weise statt, dass die erste, dritte, fünfte, etc. Ausbaueinheit den Ablauf durchzuführen vermögen, während die beiden zu ihnen benachbarten Einheiten jeweils gesetzt sind. Bei der angegriffenen Ausführungsform ist es auch möglich, dass die zweite und fünfte Ausbaueinheit einen Ablauf durchführen, während das Hangende von der ersten, dritten, vierten und sechsten Ausbaueinheit gestützt wird.
Die in der Ablaufzone befindlichen Ausbaueinheiten führen den Ablauf nicht in kontinuierlicher Folge aus, so dass die angegriffene Ausführungsform nicht dazu geeignet und dazu bestimmt ist, von dem Merkmal 5 des Klagepatents Gebrauch zu machen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 269 Abs. 3 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 198 ZPO.
IV.
Der Streitwert wird auf 500.000,00 Euro festgesetzt.
Dr. H N L2