Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3343
Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 16. November 2023, Az. 4a O 115/21
- 1. Die Klage wird abgewiesen.
- 2. Der Klägerin werden die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
- 3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
- Tatbestand
- Die Klägerin nimmt die Beklagte aus dem deutschen Teil des Europäischen Patents EP 2 069 XXX B1 (nachfolgend Klagepatent, in Übersetzung vorgelegt in Anlage K I/1) auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Rückruf sowie Schadensersatz dem Grunde nach in Anspruch.
- Die Klägerin ist die eingetragene alleinige Inhaberin des Klagepatents mit dem deutschen Titel „…“. Dieses geht auf eine europäische Anmeldung vom 11.09.2007 zurück. Die Anmeldung des Klagepatents wurde am 17.06.2009 veröffentlicht. Der Hinweis auf die Veröffentlichung des Klagepatents wurde am 20.07.2011 vom Europäischen Patentamt veröffentlicht.
- Das Klagepatent steht in Deutschland in Kraft. Die Beklagte erhob unter dem 01.04.2022 Nichtigkeitsklage gegen das Klagepatent (Anlage B 2). In diesem Verfahren ist noch keine Entscheidung ergangen.
- Das Klagepatent betrifft ein Verfahren zum Vorbereiten einer Vorrichtung (Anspruch 1) und eine Vorrichtung zur Materialbearbeitung (Anspruch 13), insbesondere ein Verfahren zur Vorbereitung einer Vorrichtung und eine Vorrichtung zur Laserbehandlung von Fehlsichtigkeit, also eine Methode der refraktiven Chirurgie.
- Die hier geltend gemachten Ansprüche 1 und 13 des Klagepatents lauten wie folgt:
-
„Verfahren zum Vorbereiten einer Vorrichtung (1) zur Materialbearbeitung durch Erzeugung optischer Durchbrüche in oder an einem Objekt (18), die eine variable, dreidimensional wirkende Fokusverstelleinrichtung (6, 11) zur Fokussierung gepulster Bearbeitungslaserstrahlung (4) auf verschiedene Orte im oder auf dem Objekt (18) aufweist,
wobei -
– an der Vorrichtung ein für die Bearbeitungslaserstrahlung (4) transparentes auf das Objekt (18) aufzusetzendes Kontaktelement (19) befestigt wird, das auf seiner auf das Objekt (2) aufzusetzenden Seite eine Kontakt-Fläche (20) und eine dieser gegenüberliegende Eintritts-Fläche für die Bearbeitungslaserstrahlung aufweist, die jeweils vorbekannte Form haben,
– vor der Bearbeitung des Objektes (18) die Lage der Eintritts- oder Kontakt-Fläche (20, 30) bezüglich der Fokusverstelleinrichtung (6, 11) mittels Einstrahlung von Laserstrahlung (4) auf die Fläche bestimmt wird, indem
Meßlaserstrahlung (4) mittels der variablen Fokusverstelleinrichtung (6,11) nahe der oder auf die Fläche (20, 30) fokussiert wird, wobei die Energiedichte der fokussierten Meßlaserstrahlung (3) zur Erzeugung eines optischen Durchbruches zu gering ist, und der Fokus der Meßlaserstrahlung (4) in einer Meßfläche (23) verstellt wird, die die erwartete Lage der Fläche (20, 30) schneidet, - dadurch gekennzeichnet, daß
-
a) aus dem Fokus der Meßlaserstrahlung (4) rückgestreute oder -reflektierte Strahlung konfokal detektiert wird;
b) aus der konfokal detektierten Strahlung und der zugeordneten Einstellung der variablen Fokusverstelleinrichtung (6, 11) die Lage von Schnittpunkten (26) zwischen Meßfläche (23) und Fläche (20, 30) ermittelt wird, wobei nötigenfalls der Schritt a) mit einer geänderten, insbesondere verschobenen. Meßfläche (23) mehrmals wiederholt wird, bis eine bestimmte Anzahl, vorzugsweise fünf, Schnittpunkte (26) detektiert wurde,
c) aus der Lage der Schnittpunkte (26) und der vorbekannten Form der Fläche (20, 30) deren Lage bestimmt wird.“ -
„Materialbearbeitungs-Vorrichtung mit
– einem Bearbeitungslaser (3), der gepulste Bearbeitungslaserstrahlung (4) bereitstellt,
– einer Optikeinrichtung (5, 10) zum Fokussieren der Bearbeitungslaserstrahlung (4) in oder auf ein zu bearbeitendes Objekt (18) derart, daß im Fokus optische Durchbrüche entstehen,
– einer Fokusverstelleinrichtung (6, 11) zum variablen Verstellender Fokuslage im oder auf dem Objekt (18),
– einem an der Vorrichtung (1) befestigbares Kontaktelement (19) zum Aufsetzen auf das Objekt (18), das eine auf das Objekt (18) aufzusetzende Kontakt-Fläche (20) und eine dieser gegenüberliegende Eintritts-Fläche für die Bearbeitungslaserstrahlung aufweist, die jeweils vorbekannte Form haben, und
– einer Steuereinrichtung (17) zur Bestimmung der Lage der Eintritts- oder Kontakt-Fläche (20, 30) nach der Befestigung des Kontaklelementes (19) und vor der Bearbeitung des Objektes (18), die den Bearbeitungslaser (3) und die Fokusverstelleinrichtung (6, 11) ansteuert, wobei
– eine ebenfalls von der Steuereinrichtung (17) angesteuerte Meßlaserstrahlungsquelle (3) zur Abgabe von Meßlaserstrahlung (4) vorgesehen ist, deren Meßlaserstrahlung (4) die Fokusverstelleinrichtung (6, 11) und
die Optikeinrichtung (5, 10) durchläuft und im Fokus keine optischen Durchbrüche bewirkt, wobei die Steuereinrichtung (17) zur Bestimmung der Lage der Fläche (20, 30) den Fokus der Meßlaserstrahlung (4) in einer Meßfläche (23) verstellt, welche die zu erwartende Lage der Fläche (20, 30) schneidet, -
dadurch gekennzeichnet, daß
– eine konfokate Detektoreinrichtung (12) vorgesehen ist, die aus dem Fokus der Meßlaserstrahlung (4) rückgestreute oder -reflektierte Strahlung konfokal detektiert und Meßsignale an die Steuereinrichtung (17) liefert,
und
– die Steuereinrichtung (17) so ausgebildet ist, dass sie aus den Meßsignalen die Lage von Schnittpunkten (26) zwischen Meßfläche (23) und Fläche (20, 30) ermittelt, wobei die Steuereinrichtung (17) nötigenfalls die
Meßfläche variiert, insbesondere verschiebt, falls keine oder zu wenige Schnittpunkte auftreten, und die aus der Lage der Schnittpunkte (26) und der vorbekannten Form der Fläche (20, 30) deren Lage (19) bestimmt.“ - Hinsichtlich der hilfsweise geltend gemachten Ansprüche 3, 4, 7, 9 und 14 wird auf das Klagepatent verwiesen.
- Zur Veranschaulichung der beanspruchten Lehre wird nachfolgend Figur 1 des Klagepatents verkleinert eingeblendet.
-
Figur 1 zeigt ausweislich Abs. [0034] des Klagepatents eine schematische Darstellung einer Vorrichtung zur Materialbearbeitung in Form einer Behandlungsvorrichtung zur Augenchirurgie, die in den Absätzen [0035] ff. näher erläutert wird. Die Behandlungsvorrichtung 1 dient dazu, an einem Auge 2 eines Patienten eine Fehlsichtigkeitskorrektur gemäß dem bekannten XXX-Verfahren oder einem ähnlichen Verfahren auszuführen. Die Behandlungsvorrichtung 1 weist einen Behandlungslaser 3 auf, der gepulste Laser-Strahlung abgibt. Die Laserstrahlung wirkt mittels nicht-linearer optischer Effekte in der Hornhaut, indem z.B. optische Durchbrüche in der Hornhaut erzeugt werden. Dabei fällt der vom Behandlungslaser abgegebene Laserstrahl 4 auf einen Scanner 6, der in der in Figur 1 gezeigten Ausführungsform durch zwei Scanspiegel realisiert ist, welche um zueinander orthogonale Achsen drehbar sind. Der Scanner 6 lenkt den Laserstrahl zweidimensional ab. Nach dem Scanner sowie nach dessen nachgeordneter Scanoptik 7 liegt ein Strahlfächer 8 vor, der gegenüber einer optischen Hauptachse der Einfallsrichtung abhängig von der Stellung der Scanner 6 um gewisse Winkel ausgelenkt ist. Der Strahlfächer wird durch einen Strahlteiler 9, der einen optischen Einblick für einen Benutzer schafft, umgelenkt. Danach wird der Strahlfächer durch eine Tubuslinse 10 sowie ein verstellbares Objektiv 11 in einem Fokus gebündelt, der im vorderen Abschnitt des Auges 2, z.B. der Hornhaut 18, liegt. Für jede Stellung des Scanners 6 ist eine entsprechende laterale Verschiebung des Fokus gegenüber der optischen Hauptachse, die bei nichtausgelenkten Scannern vorliegt, realisiert.
Das verstellbare Objektiv 11 realisiert zusammen mit der Tubuslinse 10 eine Projektionsoptik, die eine Verschiebung des Fokus entlang der optischen Hauptachse, d.h. in der sog. z-Richtung realisiert. Die Kombination aus Objektiv 11 und Scanner 6 stellt eine dreidimensional wirkende Fokusverstelleinrichtung dar. Diese wird von einem Steuergerät 17 angesteuert.
- Auf die Hornhaut 18 ist ein Kontaktglas 19 aufgesetzt, um die erforderlichen konstanten Einfallsverhältnisse auf die Hornhaut 18 zu erreichen. Die Behandlungsvorrichtung 1 weist einen konfokalen Detektor 12 auf. Dieser ist über einen Strahlteiler 13 in den Strahlengang des einfallenden Laserstrahls 4 vor dessen Ablenkung durch den Scanner 6 eingebunden. Er hat die Wirkung eines aus der Laserscanningmikroskopie bekannten Farbteilers, wobei auch eine nicht-spektrale Teilerwirkung möglich ist. Der konfokale Detektor 12 detektiert Strahlung, die in der Hornhaut 18, d.h. im Fokus, der durch die dreidimensional wirkende Fokusverstellvorrichtung ausgewählt ist, rückgestreute oder rückreflektierte Strahlung und koppelt sie am Strahlteiler 13 aus. Die zu detektierende Strahlung durchläuft den Strahlengang des Laserstrahls 4 vom Fokus bis zum Strahlteiler 13 in entgegengesetzter Richtung.
- Die gewünschte konfokale Filterung bezüglich des Fokus in der Hornhaut 18 wird durch eine Pinholeoptik 14 sowie eine nachgeordnete Pinhole 15 bewirkt, sodass nur die aus dem Fokus rückgestreute oder rückreflektierte Strahlung zum weiter nachgeordneten Detektor 16 gelangt. Der Detektor 16 ist über Leitungen mit dem Steuergerät 17 verbunden, das unter Rückgriff auf die entsprechende Ansteuerung der dreidimensionalen Fokusverstellvorrichtung (Scanner 6 und Objektiv 11) das Signal vom Detektor 16 der jeweiligen Fokuslage zuordnen und so ein Bild erzeugen kann.
- Die Klägerin ist ein Medizintechnik-Unternehmen, das sich unter anderem auf die Diagnose und Behandlung von Augenkrankheiten spezialisiert hat. Die Beklagte ist ebenfalls im Bereich der Herstellung und des Vertriebs von Augenlasersystemen für die Anwendung in der refraktiven und therapeutischen Hornhautchirurgie tätig.
- Die Beklagte stellt in Deutschland Femtosekunden-Laser her und vertreibt diese unter der Bezeichnung A (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform). Es wird auf die Produktbroschüre (Anlage K I/6) sowie auf die Gebrauchsanweisung (Anlage K I/7) verwiesen.
- Die angegriffene Ausführungsform weist einen Laser und einen mit Spiegeln versehenen Scanner auf, mit dem der Laser während der Behandlung auf jeden beliebigen Punkt der Cornea fokussiert werden kann. Vor der Durchführung der Operation wird an der angegriffenen Ausführungsform jeweils ein neues als Patienteninterface bezeichnetes Kontaktelement angebracht. Dabei handelt es sich um Wegwerfartikel. Nach Einsetzen des Patienteninterface wird vor Beginn der Operation auf dem Patienteninterface ein B-Bild mittels einer Lichtquelle erzeugt. Danach wird der Laser auf der optischen z-Achse verstellt. Dabei wird Messlaserstrahlung zur konfokalen Detektion der Lage des Patienteninterface bezüglich der z-Achse genutzt. Der Scanner befindet sich währenddessen bereits in Rotation. Wie die Lage des Patienteninterface genau bestimmt wird, ist zwischen den Parteien streitig.
- Die Klägerin meint, die Beklagte verletze Anspruch 1 des Klagepatents mittelbar und Anspruch 13 des Klagepatents unmittelbar durch den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform.
- Die Klägerin ist der Ansicht, klagepatentgemäß müsse nur eine dreidimensional wirkende Fokusverstelleinrichtung vorliegen. Dies ergebe sich aus der Verwendung des bestimmten Artikels „der“ und den identischen Bezugsziffern. Die anspruchsgemäße Fokusverstelleinrichtung werde für die Einstellung der Bearbeitungslaserstrahlung und der Messlaserstrahlung verwendet.
- Klagepatentgemäß sei erforderlich, dass das Kontaktelement hochpräzise gefertigt sei, wie dies bei medizinischen Produkten erwartet werden könne. Minimale Fertigungstoleranzen könne und wolle das Klagepatent nicht ausschließen. Diese änderten nichts daran, dass die Form grundsätzlich bekannt und präzise gefertigt sei.
- Die Messfläche müsse keine horizontale Fläche sein. Sie könne vielmehr auch eine Zylindermantelfläche sein. Dies sei auch der Figur 5 des Klagepatents zu entnehmen.
- Der Vortrag der Beklagten, dass der Laser bei der angegriffenen Ausführungsform vor einer Operation ausschließlich auf einer optischen Achse, also in z-Richtung eingestellt werde, sei nicht glaubhaft und widersprüchlich. Die Beklagte führe einerseits aus, der Scanner lenke den Fokus des Lasers quer zur optischen Achse ab, da der Scanner im Betrieb in Rotation versetzt werde, um auch Punkte abseits der optischen Achse erreichen zu können. Sie gestehe auch ein, dass der Scanner bereits vor Beginn der Operation eingeschaltet sei, was auch in dem als Anlage eingereichten Video gemäß Anlage K I/8 zu sehen sei. Dennoch behaupte die Beklagte, der Laser würde nur auf Punkte auf der optischen Achse fokussiert.
- Da der Scanner bereits während des Einstellvorgangs vor Beginn der Operation rotiere, sei es mit der angegriffenen Ausführungsform jedenfalls ohne Weiteres möglich, den Fokus der Messlaserstrahlung nicht nur entlang der z-Achse, sondern auch in einer Messfläche – in xy-Richtung – zu verstellen. Es dränge sich daher auf, dass mit der angegriffenen Ausführungsform auch noch weitere Messpunkte in einer Messfläche in xy-Richtung ermittelt werden, um die von der Beklagten betonte Überprüfung der ausreichend präzisen Fertigung des Patienteninterfaces durchzuführen.
- Der Vortrag der Beklagten, die Einstellung des Lasers erfolge anhand von Purkinje-Bildern, sei zweifelhaft. Aus dem als Anlage B 10 vorgelegten Wikipedia-Beitrag ergebe sich, dass Purkinje-Bilder als Reflexion auf der Oberfläche der Hornhaut, der Rückfläche der Hornhaut, der Vorderfläche der Linse sowie auf der Rückfläche der Linse entstünden. Dafür sei erforderlich, dass sich ein Auge unmittelbar am Patienteninterface befinde. Die Einstellung des Lasers erfolge ausweislich des als Anlage K I/8 überreichten Videos in Relation zum Kontaktelement allerdings ohne dass sich das zu behandelnde Auge in unmittelbarer Nähe des Patienteninterfaces befinde. Die Beklagte habe auch nicht aufgezeigt, wo sich die zur Erzeugung der Purkinje-Bilder genutzte Lichtquelle befinde.
- Dass die angegriffene Ausführungsform die Messlaserstrahlung auch auf der xy-Achse verstelle und diese konfokal detektiere, ergebe sich aus den als Anlagen K I/8 und K I/9 vorgelegten Videos, in denen von einem „confocality check“ gesprochen werde. Im als Anlage K I/9 vorgelegten Video werde ausgeführt: „….“ Der Scheitelpunkt („apex“) einer Kugel sowie deren Krümmung („curvature“) könne nicht durch die von der Beklagten behauptete Messung lediglich auf der z-Achse bestimmt werden. Die Aussagen auf den vorgelegten Videos stellten ein klagepatentverletzendes Angebot dar. Sie seien technisch nicht anders zu verstehen.
- Jedenfalls seien bei der angegriffenen Ausführungsform unstreitig die erforderlichen Vorrichtungsbestandteile vorhanden, sodass die tatsächliche Durchführung des Verfahrens allein von der Programmierung der angegriffenen Ausführungsform abhänge. Der Vortrag der Beklagten, der Fokus der Messlaserstrahlung könne nicht in xy-Richtung verstellt werden, sei nicht hinreichend substantiiert.
- Der Rechtsstreit sei nicht auszusetzen. Das Klagepatent werde sich im Nichtigkeitsverfahren als rechtsbeständig erweisen. Die klagepatentgemäße Lehre sei neu gegenüber der WO 2005/XXX (D1).
- Die Klägerin hat ursprünglich Ansprüche auf Auskunft- und Rechnungslegung sowie auf Feststellung der Schadensersatzpflicht dem Grunde nach für einen Zeitraum ab Erteilung des Klagepatents (zzgl. eines Karenzmonats) geltend gemacht. Auf die Einrede der Verjährung hin, hat sie die Anträge in der mündlichen Verhandlung auf einen Zeitraum ab dem 01.01.2020 beschränkt. Ursprünglich hat die Klägerin die Anträge auf Vernichtung und Rückruf sowohl hinsichtlich der geltend gemachten unmittelbaren als auch der mittelbaren Verletzung des Klagepatents geltend gemacht. In der mündlichen Verhandlung hat sie diese in Bezug auf die mittelbare Verletzung des Klagepatents zurückgenommen.
- Die Klägerin beantragt nunmehr,
-
A. die Beklagte zu verurteilen,
I. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00 – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlungen bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an ihrem jeweiligen Geschäftsführer zu vollstrecken ist, zu unterlassen, - 1. eine Vorrichtung zur Durchführung eines Verfahrens zum Vorbereiten der Vorrichtung zur Materialbearbeitung durch Erzeugung optischer Durchbrüche in oder an einem Objekt die eine variable, dreidimensional wirkende Fokusverstelleinrichtung zur Fokussierung gepulster Bearbeitungslaserstrahlung auf verschiedene Orte im oder auf dem Objekt aufweist, wobei an der Vorrichtung ein für die Bearbeitungslaserstrahlung transparentes auf das Objekt aufzusetzendes Kontaktelement befestigt wird, das auf seiner auf das Objekt aufzusetzenden Seite eine Kontakt-Fläche und eine dieser gegenüberliegende Eintritts-Fläche für die Bearbeitungslaserstrahlung aufweist die jeweils vorbekannte Formen haben vor der Bearbeitung des Objekts die Lage der Eintritts- oder Kontakt-Fläche bezüglich der Fokusverstelleinrichtung mittels Einstrahlung von Laserstrahlung auf die Fläche bestimmt wird, indem Meßlaserstrahlung mittels der variablen Fokusverstelleinrichtung nahe der oder auf die Fläche fokussiert wird, wobei die Energiedichte der fokussierten Meßlaserstrahlung zur Erzeugung eines optischen Durchbruchs zu gering ist und der Fokus der Meßlaserstrahlung in einer Meßfläche verstellt wird, die die erwartete Lage der Fläche schneidet,
- in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder zu liefern, dadurch gekennzeichnet, dass
-
a. aus dem Fokus der Meßlaserstrahlung rückgestreute oder -reflektierte Strahlung konfokal detektiert wird, b) aus der konfokal detektierten Strahlung und der zugeordneten Einstellung der variablen Fokusverstelleinrichtung die Lage von Schnittpunkten zwischen Meßfläche und Fläche ermittelt wird, wobei nötigenfalls der Schritt a) mit einer geänderten, insbesondere verschobenen Meßfläche mehrmals wiederholt wird, bis eine bestimmte Anzahl, vorzugsweise fünf, Schnittpunkte detektiert wurden, c) aus der Lage der Schnittpunkte und der vorbekannten Form der Fläche (20, 30) deren Lage bestimmt wird.
– mittelbare Verletzung von Anspruch 1 – -
insbesondere, wenn die Fokuslage entlang einer Bahnkurve verstellt wird, die in der Meßfläche liegt,
(Anspruch 3)
und/oder wenn die Meßfläche zylindersymmetrisch zur optischen Hauptachse des Bearbeitungslaserstrahls ist, vorzugsweise die Form einer Zylindermantelfläche oder einer Kreisscheibe aufweist
(Anspruch 4)
und/oder wenn eine in der Meßfläche liegende Bahnkurve verwendet wird, die eine maximale Ausdehnung D hat, welche zwischen 1 µm und 15 mm liegt,
(Anspruch 7)
und/oder wenn die Schritte a) – c) des Anspruchs 1 ausgeführt werden, nachdem das Kontaktelement gegenüber der Fokusverstelleinrichtung fixiert wurde, aber bevor das Kontaktelement auf das Objekt gesetzt wird;
(Anspruch 9) - 2. eine Materialbearbeitungs-Vorrichtung mit einem Bearbeitungslaser, der gepulste Bearbeitungslaserstrahlung bereitstellt, einer Optikeinrichtung zum Fokussieren der Bearbeitungslaserstrahlung in oder auf ein zu bearbeitendes Objekt derart, dass im Fokus optische Durchbrüche entstehen, einer Fokusverstelleinrichtung zum variablen Verstellen der Fokuslage im oder auf dem Objekt, einem an der Vorrichtung befestigbaren Kontaktelement zum Aufsetzen auf das Objekt, das eine auf das Objekt aufzusetzende Kontakt-Fläche und eine dieser gegenüberliegende Eintrittsfläche für die Bearbeitungslaserstrahlung aufweist, die jeweils bekannte Formen haben, und einer Steuereinrichtung zur Bestimmung der Lage der Eintritts- oder Kontakt-Fläche nach der Befestigung des Kontaktelementes und vor der Bearbeitung des Objektes, die den Bearbeitungslaser und die Fokusverstelleinrichtung ansteuert, wobei eine ebenfalls von der Steuereinrichtung angesteuerte Meßlaserstrahlungsquelle zur Abgabe von Meßlaserstrahlung vorgesehen ist, deren Meßlaserstrahlung die Fokusverstelleinrichtung und die Optikeinrichtung durchläuft und im Fokus keine optischen Durchbrüche bewirkt, wobei die Steuereinrichtung zur Bestimmung der Lage der Fläche den Fokus der Meßlaserstrahlung in einer Meßfläche verstellt, welche die zu erwartenden Lage der Fläche schneidet
- in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,
- dadurch gekennzeichnet, dass
-
eine konfokale Detektoreinrichtung vorgesehen ist, die aus dem Fokus der Meßlaserstrahlung rückgestreute oder -reflektierte Strahlung konfokal detektiert und Meßsignale an die Steuereinrichtung liefert, und die Steuereinrichtung so ausgebildet ist, dass sie aus den Meßsignalen die Lage von Schnittpunkten zwischen Meßfläche und Fläche ermittelt, wobei die Steuereinrichtung nötigenfalls die Meßfläche variiert, insbesondere verschiebt, falls keine oder zu wenige Schnittpunkte auftreten, und die aus der Lage der Schnittpunkte und der vorbekannten Form der Fläche deren Lage bestimmt;
– unmittelbare Verletzung von Anspruch 13 – -
insbesondere, wenn die Steuereinrichtung die Vorrichtung zur Ausführung eines der Verfahren gemäß einem oder mehreren der obigen Verfahrensansprüche steuert;
(Anspruch 14) - II. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagte die zu Ziffer I. bezeichneten Handlungen seit dem 1. Januar 2020 begangen hat, und zwar unter Angabe
-
1. der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer;
2. der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren;
3. der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden;
wobei zum Nachweis der Angaben entsprechende Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen; - III. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I. bezeichneten Handlungen seit dem 1. Januar 2020 begangen hat, und zwar unter Angabe:
-
1. der Herstellungsmengen und -zeiten;
2. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, – zeiten und -preisen und der jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
3. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen und der jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
4. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
5. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
6. im Falle von Internet-Werbung der Domain, der Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume, - wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht-gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
- IV. die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder in ihrem Eigentum befindlichen, unter A.I.2 bezeichneten Erzeugnisse an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf ihre Kosten herauszugeben;
- V. die unter A.I.2 bezeichneten Erzeugnisse gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf den gerichtlich (Urteil des … vom …) festgestellten patentverletzenden Zustand der Sache und mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen und die Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen;
- B. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu A. bezeichneten und seit dem 1. Januar 2020 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
- Zudem beantragt die Klägerin die Festsetzung von Teilsicherheiten.
- Die Beklagte beantragt,
- die Klage abzuweisen;
-
hilfsweise:
den Rechtsstreit bis zur Erledigung der Nichtigkeitsverfahren gegen das Klagepatent auszusetzen. - Die Beklagte meint, sie verletze das Klagepatent durch den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform weder mittelbar noch unmittelbar.
- Die Beklagte meint, ein anspruchsgemäßes Kontaktelement müsse eine präzise ermittelte Form, insbesondere exakte bekannte Kontakt- und Eintrittsflächen haben. Auf die erforderliche Präzision werde in Absatz [0012] der Klagepatentbeschreibung hingewiesen. Funktional sei erforderlich, dass die Form des Kontaktelements, bzw. der Kontaktfläche bzw. der Eintrittsfläche so genau definiert sei, dass aus den Reflexionen an dem Kontaktelement auf dessen Lage geschlossen werden könne. Aus der Lage der Schnittpunkte lasse sich klagepatentgemäß mithilfe der exakt vorbekannten Form auf die Lage des Kontaktelements schließen. Mit Hilfe dieser Formdaten erfolge das Justieren des Lasers.
- Die anspruchsgemäße dreidimensionale Fokussierung betreffe ausschließlich denjenigen Vorrichtungsbestandteil, mit dem die Fokussierung für die Messlaserstrahlung auf die Messfläche stattfinde.
- Die angegriffene Ausführungsform werde zunächst – was unstreitig geblieben ist – werkseitig kalibriert. Dieser Vorgang gehe der Behandlung durch den Arzt voraus. Beim Einsatz des Lasers werde das Gerät jeweils im Hinblick auf den Abstand des Kontaktelements in Richtung der optischen Achse (z-Richtung) eingestellt. Dieser Vorgang greife weder auf eine konfokale Messung zurück, noch werde Messlaserstrahlung eingesetzt. Dabei komme es nicht auf das im Einzelfall eingesetzte Patienteninterface an.
- In einem weiteren Schritt werde die angegriffene Ausführungsform vor Beginn der Operation überprüft. Die Überprüfung teste die Präzision des eingesetzten Operationsgerätes unter Berücksichtigung des konkret ausgewählten Patienteninterfaces und der sonst relevanten Operationsbedingungen. Einstellungen würden in diesem Schritt nicht vorgenommen. Sollte die erforderliche Präzision nicht erreicht werden, werde der Vorgang abgebrochen und es werde ein neues Patienteninterface genutzt. Die Einstellung des Lasers in mehreren Dimensionen gemäß der Lehre des Klagepatents habe sich als unnötige Schwierigkeit herausgestellt. Die Überprüfung, ob der Laser nicht nur auf der Achse, sondern auch räumlich exakt ausgerichtet ist und ob das Patienteninterface mit seinen Toleranzen eine Operation zulasse, erfolge anhand eines Vorgangs, der im Wesentlichen der Vorgehensweise im Deutschen Patent der Beklagten DE 10 2019 XXX XXX (vorgelegt als Anlage B 9, im Folgenden: B9) entspreche. Es werde lediglich keine Dezentrierung oder Verkippung, wie in Abs. [0008] der B9 beschrieben, vorgenommen. Dies sei der einzige Unterschied. Die Kontrolle der Ausrichtung und Einstellung des Lasers erfolge anhand sogenannter Purkinje-Bilder. Es sei, wie in der B9 gezeigt, möglich ein Purkinje-Bild hervorzurufen, welches als Reflektion auf dem Patienteninterface erzeugt werde und durch eine optische Erfassungseinrichtung ausgewertet werden könne. Das zu behandelnde Auge befinde sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht unter dem Patienteninterface. Das Purkinje-Bild werde mittels einer ringförmigen Beleuchtungsquelle, die kein Laser sei, auf dem Patienteninterface erzeugt. Aus dem Purkinje-Bild könne abgeleitet werden, ob sich das Patienteninterface exakt in der vorgesehenen Position befinde. Räumliche Abweichungen abseits der optischen Achse würden als innerhalb oder außerhalb der Toleranz liegend bewertet, aber nicht zum Einstellen des Lasers herangezogen. Der Überprüfungsschritt diene nicht der Zentrierung des Lasers oder der Korrektur einer Verkippung des Kontaktelements. In dem als Anlage K II/9 im Parallelverfahren zu dem Aktenzeichen 4a O 29/22 vorgelegten Video sei beim Zeitstempel 00:18 das Purkinje-Bild als ringförmige Reflektion auf dem Patienteninterface zu sehen. Die angegriffene Ausführungsform messe nicht die Krümmung des Kontaktelements, sondern es werde bestimmt, wo die Krümmung ist. Da die Kreisreflektion bekannt sei, wisse man, dass diese symmetrisch sein müsse. Auf den als Anlagen K I/8 und K I/9 vorgelegten Videos seien Äußerungen eines Verkäufers auf einer Messe aufgezeichnet, aus denen keine Rückschlüsse auf eine klagepatentverletzende Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform gezogen werden könnten.
- Vor jeder Operation müsse der Laser auf die spezifischen Operationsbedingungen, d.h. auf das tatsächliche Patienteninterface hin eingestellt werden. Das Einstellen des Lasers erfolge mit dem tatsächlich im Einzelfall eingesetzten Patienteninterface. Dabei werde ausschließlich eine Beabstandung in einem Punkt auf der gewählten optischen Achse (z-Richtung) vorgenommen. Der Laser wähle keine Messpunkte, die in einer Fläche, Spirallinie oder auf einer Zylindermantelfläche lägen. Der Abstand werde streng auf einer Geraden überprüft und dort eingestellt. Es werde in diesem Schritt keine Verkippung oder sonstige Fehlstellung zwischen Laser, Patienteninterface und Auge überprüft oder korrigiert. Die Einstellung des Lasers werde mit rotierendem Scanner durchgeführt, sodass Ungenauigkeiten, die durch das Ein- und Ausschalten des Scanners bzw. der Rotation hervorgerufen werden könnten, vermieden würden. Der Scanner bewege sich sehr schnell und stelle eine träge Masse dar. Es sei möglich, dass dieser beim An- oder Ausschalten einen Ruck in z-Richtung auslöse. Dass der Scanner beim Einstellvorgang nicht auf der xy-Achse ausgelenkt sei, sei auf den Videos zu sehen. Solange der Scanner scharf zu erkennen sei, sei er nicht ausgelenkt. Bei erfolgter Auslenkung verschwimme er.
- Die angegriffene Ausführungsform könne nicht dazu genutzt werden, die Messlaserstrahlung in xy-Richtung zu justieren. Der Vorgang laufe automatisiert ab und könne durch den Nutzer nicht verändert werden. Die Steuerung sei durch die Beklagte, also durch die Herstellerin, vorgegeben. Der Benutzer könne nichts ändern, etwa noch einmal fokussieren. Der Nutzer könne weder das Ergebnis in z-Richtung beeinflussen, noch könne er sich entscheiden, den Scanner auch in xy-Richtung zu betreiben.
- Das Patienteninterface der angegriffenen Ausführungsform weise Fertigungstoleranzen auf.
- Die geltend gemachten Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung seien jedenfalls aufgrund der gesteigerten Geheimhaltungsinteressen der Beklagten so einzuschränken, dass die Klägerin die Angaben zu den Abnehmern und Preisen nicht für eigene Vertriebszwecke einsetzen könne. Sie seien auf die Berechnung des Schadensersatzes und die Aufklärung der Verletzung zu beschränken. Nach dem Kenntnisstand der Beklagten gebe es, neben den Parteien des Rechtsstreits, lediglich zwei weitere Anbieter von Femtosekunden-Augenlasern auf dem Markt. Zudem betreffe die angegriffene Ausführungsform einen Technikbereich, für den sich gerade erst ein Markt entwickele. Die Abnehmer brächten teils sechsstellige Investitionskosten auf. Die patentgemäße Lehre betreffe lediglich einen wertmäßig untergeordneten Teil des Produkts, dessen Technik der Kunde nicht wahrnehme und der bei der Kaufentscheidung nicht ins Gewicht falle. Kundennamen und bezahlte Preise seien Geschäftsgeheimnisse.
- Ein Anspruch auf Rückruf scheide aus, da Augenlaser über viele Jahre hinweg eingesetzt würden und im Zeitpunkt der Ausmusterung aufgrund der technischen Weiterentwicklung unverkäuflich seien. Sie stünden außerhalb der weiteren Vertriebswege. Selbiges gelte für den Vernichtungsanspruch.
- Teilsicherheiten für Rückruf, Vernichtung und Unterlassung seien jedenfalls in derselben Höhe festzusetzen.
- Die Beklagte meint, der Rechtsstreit sei bis zur Erledigung der gegen das Klagepatent erhobenen Nichtigkeitsklage (Anlage B 2) gemäß § 148 ZPO auszusetzen. Die klagepatentgemäße Lehre sei nicht neu gegenüber der im Prüfungsverfahren unzureichend gewürdigten WO 2005/XXX (vorgelegt als Anlage B 3, im Folgenden: D1).
- In der mündlichen Verhandlung wurden die als Anlagen K I/9 und K II/8 vorgelegten Videos in Augenschein genommen.
- Für die Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die ausgetauschten Schriftsätze samt Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
- Entscheidungsgründe
- Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagten keine Ansprüche aus Art. 64 EPÜ i.V.m. §§ 139 Abs. 1, Abs. 2, 140b Abs. 1, Abs. 3 PatG i.V.m. §§ 242, 259 BGB.
-
I.
Die Beklagte verletzt das Klagepatent durch die Herstellung und den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform weder mittelbar noch unmittelbar. -
1.
Das Klagepatent, dessen in Anlage K I/1 eingereichter deutscher Übersetzung die nachfolgend zitierten Absätze entstammen, betrifft ein Verfahren zum Vorbereiten einer Vorrichtung zur Materialbearbeitung durch Erzeugung optischer Durchbrüche in oder an einem Objekt, die eine variable, dreidimensional wirkende Fokusverstelleinrichtung zur Fokussierung gepulster Bearbeitungslaserstrahlung auf verschiedene Orte im oder auf dem Objekt aufweist, wobei an der Vorrichtung ein für die Bearbeitungslaserstrahlung transparentes auf das Objekt aufzusetzendes Kontaktelement befestigt wird, das auf seiner auf das Objekt aufzusetzenden Seite eine Kontakt-Fläche und eine dieser gegenüberliegenden Eintritts-Fläche für die Bearbeitungslaserstrahlung aufweist, die jeweils vorbekannte Formen haben, vor der Bearbeitung des Objekts die Lage der Eintritts- oder Kontakt-Fläche bezüglich der Fokusverstelleinrichtung mittels Einstrahlung von Laserstrahlung auf die Fläche bestimmt wird, indem Messlaserstrahlung mittels der variablen Fokusverstelleinrichtung nahe der oder auf die Fläche fokussiert wird, wobei die Energiedichte der fokussierten Messlaserstrahlung zur Erzeugung eines optischen Durchbruchs zu gering ist und die Fokuslage der Messlaserstrahlung in einer Messfläche verstellt wird, die die erwartete Lage der Fläche schneidet (Abs. [0001]). Das Klagepatent betrifft weiter eine Materialbearbeitungs-Vorrichtung (Abs. [0002]). - In seiner einleitenden Beschreibung schildert das Klagepatent, dass bei der Materialbearbeitung oft eine Laserbearbeitungsvorrichtung zum Abrastern der zu bearbeitenden Gebiete des Objekts mit einem Bearbeitungslaserstrahl eingesetzt werde. Dabei bestimmt die Genauigkeit der Positionierung des Laserstrahls in der Regel die bei der Bearbeitung erzielte Präzision. Es bedarf einer exakten dreidimensionalen Positionierung. In der Regel ist unerlässlich, das Objekt in exakt definierter Lage zur Laserbearbeitungsvorrichtung zu halten (Abs. [0003]). Das Klagepatent führt weiter aus, dass dies insbesondere bei der Mikrobearbeitung von Materialien notwendig ist, die nur eine geringe lineare optische Absorption im Spektralbereich der bearbeitenden Laserstrahlung aufweisen. Es ist unerlässlich, die Lage des Laserstrahlfokus exakt dreidimensional auszurichten. Das Kontaktelement dient dazu, konstante und auch mit einer gewissen Genauigkeit bekannte optische Verhältnisse im Strahlgang zum Objekt sicherzustellen, indem es Objekt und Laserbearbeitungsvorrichtung mechanisch koppelt und zudem der Oberfläche eine Form mit bekannter optischer Wirkung verleiht (Abs. [0004]).
- Als typischen Anwendungsbereich für ein solches Kontaktglas benennt das Klagepatent das als Femtosekunden-LASIK bekannte augenoptische Operationsverfahren, bei dem die als Therapiegerät ausgebildete Laserbearbeitungsvorrichtung einen Laserstrahl in die Hornhaut auf einen Fokus in der Größenordnung eines Mikrometers fokussiert (Abs. [0005]). Die Lage des Kontaktelements ist für dieses Verfahren genauigkeitsbestimmend (Abs. [0006]).
- Das Klagepatent erörtert die US 6,XXX,XXX. Aus dieser ist eine mit einer Referenzmarke versehende Kontaktlinse bekannt, die mittels einer separaten Messvorrichtung einjustiert wird, wodurch ein relativ aufwändiger Aufbau bedingt ist (Abs. [0007]). Das aus dem EP 1 159 XXX A2 bekannte Kontaktelement weist darüber hinaus einen Rand in Form einer Halterung mit Strichmarken auf, die dem Chirurgen eine visuelle Ausrichtung ermöglichen. Dies kritisiert das Klagepatent als in der Regel zu unpräzise (Abs. [0007]).
- Das Klagepatent erläutert, dass unter dem Gesichtspunkt der Sterilität in der Regel erforderlich ist, für jedes Objekt einen neuen Adapter einzusetzen. Das Klagepatent erörtert die WO 03/XXX A1, bei der das Kontaktglas in einer zangenartigen Einrichtung gehalten wird, die an der Laserbearbeitungsvorrichtung verriegelt ist. Die Verriegelung erfolgt über einen in einer Schiene geführten Kragen (Abs. [0008]). Aus der DE XXX A1 ist die Verwendung eines mechanischen Kopplungsmechanismus bekannt, bei dem ein in schrägem Winkel an einer Fassung eines Kontaktglases befestigter Metallstab mittels eines Magneten oder Elektromagneten in einer Hülse gehalten wird. Das Klagepatent kritisiert, dass diese Befestigungen die Lage des Kontaktelements nicht ausreichend genau festlegen (Abs. [0008]).
- Das Klagepatent sieht die WO 04/XXX A2 als besten Stand der Technik an. Diese verfolgt ebenfalls das Ziel, die Lage des Kontaktglases zu bestimmen. Die Veröffentlichung schlägt vor, die Wirkung des Behandlungslasers auf die Kontaktfläche auszunutzen. Der Behandlungslaser wird so eingesteuert, dass er an einer Vielzahl von Punkten fokussiert wird und Behandlungslaserstrahlungspulse abgibt. Auf der Grenzfläche des Kontaktglases werden optische Durchbrüche erzeugt, die sich durch Plasma-Funken äußern. Die Detektion eines Funkens erlaubt die Aussage, dass an der gegenwärtigen Fokusposition des Behandlungslaserstrahls die Grenzfläche liegt. Die Ermittlung einer ausreichenden Anzahl solcher Punkte wird dazu verwendet, die Lage des Kontaktglases zu ermitteln. In einem alternativen Ansatz schlägt die Druckschrift vor, nicht-lineare Effekte am Kontaktglas auszunutzen, die bei geringeren Energien der Behandlungslaserstrahlpulse entstehen, also bei Energien, bei denen kein optischer Durchbruch bewirkt wird. Solche nicht-linearen Effekte unterhalb der Energieschwelle für optische Durchbrüche treten nur bei bestimmten Kontaktelementmaterialien auf. Das Klagepatent kritisiert, dass das optische System aufwändig wird, da die Messung bzw. Erfassung solcher Strahlung hohe chromatische Anforderungen stellt, da Strahlung z.B. der doppelten der eingestrahlten Frequenz detektiert werden muss (Abs. [0010]). Als dritten Ansatz schlägt die Veröffentlichung vor, die Lage der Kontaktfläche des Kontaktglases mittels einer Interferenzanordnung zu erfassen. Das Klagepatent kritisiert, dass das entstehende Interferenzmuster für ungeübte Benutzter zur Justierung bzw. Berücksichtigung untauglich ist und sie automatisch nur extrem schwer ausgewertet werden kann. Das Klagepatent kritisiert weiter, dass das Konzept der Entgegenhaltungen, soweit es anwendertauglich ist, entweder Einstrahlung hochenergetischer Laserstrahlung erfordere, die optische Durchbrüche an der Grenzfläche des Kontaktglases erzeugt, was unter Strahlenschutzgesichtspunkten aus Sicht des Klagepatents nachteilig ist, oder auf Kontaktglasmaterialien angewiesen ist, die einen nichtlinearen Effekt für die Bearbeitungslaserstrahlung zeigen.
- Das Klagepatent benennt weiterhin die WO 04/XXX A2, bei der die Lage der Kontaktfläche ermittelt wird, die z.B. plan sein kann (Abs. [0012]).
- Vor diesem Hintergrund bezeichnet es das Klagepatent in Abs. [0013] als Ziel der Erfindung, ein Verfahren bzw. eine Vorrichtung der eingangs genannten Art hinsichtlich der Bestimmung der Lage des Kontaktglases zu verbessern.
-
2.
Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent ein Verfahren nach Maßgabe von Anspruch 1 und eine Vorrichtung nach Maßgabe von Anspruch 13 vor, die in Form einer Merkmalsgliederung wie folgt dargestellt werden können: - Anspruch 1:
- Verfahren zum Vorbereiten einer Vorrichtung (1)
- [1] zur Materialbearbeitung
-
[1.1] durch Erzeugung optischer Durchbrüche in oder an
einem Objekt - [2] die eine
- [2.1] variable, dreidimensional wirkende Fokusverstelleinrichtung (6, 11)
- [2.2] zur Fokussierung gepulster Bearbeitungslaserstrahlung (4) auf verschiedene Orte im oder auf dem Objekt (18) aufweist, wobei
- [3] an der Vorrichtung ein für die Bearbeitungslaserstrahlung (4) transparentes auf das Objekt aufzusetzendes Kontaktelement (19) befestigt wird, das
- [3.1] auf seiner auf das Objekt (2) aufzusetzenden Seite eine Kontakt-Fläche (20) und
- [3.2] eine dieser gegenüberliegende Eintritts-Fläche für die Bearbeitungslaserstrahlung aufweist
- [3.3] die jeweils vorbekannte Formen haben
- [4] vor der Bearbeitung des Objekts (18) die Lage der Eintritts- oder Kontakt-Fläche (20,30) bezüglich der Fokusverstelleinrichtung (6,11) mittels Einstrahlung von Laserstrahlung (4) auf die Fläche bestimmt wird, indem
- [4.1] Meßlaserstrahlung (4) mittels der variablen Fokusverstelleinrichtung (6, 11) nahe der oder auf die Fläche (20, 30) fokussiert wird, wobei
- [4.1.1] die Energiedichte der fokussierten Meßlaserstrahlung (4) zur Erzeugung eines optischen Durchbruchs zu gering ist und
- [4.1.2] der Fokus der Meßlaserstrahlung (4) in einer Meßfläche (23) verstellt wird, die die erwartete Lage der Fläche (20, 30) schneidet,
- [4.1.3] a) aus dem Fokus der Meßlaserstrahlung (4) rückgestreute oder -reflektierte Strahlung konfokal detektiert wird,
- [4.1.4] b) aus der konfokal detektierten Strahlung und der zugeordneten Einstellung der variablen Fokusverstelleinrichtung (6, 11) die Lage von Schnittpunkten (26) zwischen Meßfläche (23) und Fläche (20,30) ermittelt wird, wobei
- [4.1.5] nötigenfalls der Schritt a) mit einer geänderten, insbesondere verschobenen Meßfläche (23) mehrmals wiederholt wird, bis eine bestimmte Anzahl, vorzugsweise fünf, Schnittpunkte (26) detektiert wurden
- [4.1.6] c) aus der Lage der Schnittpunkte (26) und der vorbekannten Form der Fläche (20, 30) deren Lage bestimmt wird.
- Anspruch 13:
- Materialbearbeitungs-Vorrichtung
-
[1] mit einem Bearbeitungslaser (3), der gepulste Bearbeitungslaserstrahlung (4) bereitstellt,
[2] einer Optikeinrichtung (5, 10) zum Fokussieren der Bearbeitungslaserstrahlung (4)
- [2.1] in oder auf ein zu bearbeitendes Objekt (18) derart, dass im Fokus optische Durchbrüche entstehen,
-
[3] einer Fokusverstelleinrichtung (6, 11) zum variablen Verstellen der Fokuslage im oder auf dem Objekt (18),
[4] einem an der Vorrichtung (1) befestigbaren Kontaktelement (19) zum Aufsetzen auf das Objekt (18), das
-
[4.1] eine auf das Objekt (18) aufzusetzende Kontakt-Fläche (20) und
[4.2] eine dieser gegenüberliegende Eintrittsfläche für die Bearbeitungslaserstrahlung aufweist, - [4.3] die jeweils vorbekannte Formen haben, und
- [5] einer Steuereinrichtung (17) zur Bestimmung der Lage der Eintritts- oder Kontakt-Fläche (20, 30)
-
[5.1] nach der Befestigung des Kontaktelementes (19)
und - [5.2] vor der Bearbeitung des Objektes (18),
- [5.3] die den Bearbeitungslaser (3) und die Fokusverstelleinrichtung (6, 11) ansteuert, wobei
- [6] eine ebenfalls von der Steuereinrichtung (17) angesteuerte Meßlaserstrahlungsquelle (3) zur Abgabe von Meßlaserstrahlung (4) vorgesehen ist,
- [6.1] deren Meßlaserstrahlung (4) die Fokusverstelleinrichtung (6, 11) und die Optikeinrichtung (5, 10) durchläuft und
-
[6.2] im Fokus keine optischen Durchbrüche bewirkt,
wobei -
[6.3] die Steuereinrichtung (17) zur Bestimmung der Lage der Fläche (20, 30) den Fokus der Meßlaserstrahlung (4) in einer Meßfläche (23) verstellt, welche die zu erwartenden Lage der Fläche (20, 30) schneidet,
[7] eine konfokale Detektoreinrichtung (12) vorgesehen ist,
- [7.1] die aus dem Fokus der Meßlaserstrahlung (4) rückgestreute oder -reflektierte Strahlung konfokal detektiert
-
[7.2] und Meßsignale (17) an die Steuereinrichtung liefert,
und - [8] die Steuereinrichtung (17) so ausgebildet ist,
- [8.1] dass sie aus den Meßsignalen die Lage von Schnittpunkten (26) zwischen Meßfläche (23) und Fläche (20, 30) ermittelt,
- [8.2] wobei die Steuereinrichtung (17) nötigenfalls die Meßfläche variiert, insbesondere verschiebt, falls keine oder zu wenige Schnittpunkte auftreten,
- [8.3] und die aus der Lage der Schnittpunkte (26) und der vorbekannten Form der Fläche (20, 30) deren Lage (19) bestimmt;
-
3.
Vor dem Hintergrund des Streits der Parteien bedürfen das Merkmal 3 sowie die Merkmalsgruppen 4 bis 8 des Anspruchs 13 des Klagepatents näherer Erläuterung. -
a.
Gemäß Merkmalsgruppe 4 des Anspruchs 13 weist die Vorrichtung zur Materialbearbeitung ein an dieser befestigbares Kontaktelement auf, das auf seiner auf das Objekt aufzusetzenden Seite eine Kontakt-Fläche und eine dieser gegenüberliegende Eintritts-Fläche für die Bearbeitungslaserstrahlung aufweist, die jeweils die vorbekannte Form haben. - Der näheren Erläuterung bedarf vor dem Hintergrund des Streits der Parteien die Auslegung der vorbekannten Form gemäß Merkmal 4.3 des Anspruchs 13.
- Der Fachmann entnimmt dem Anspruchswortlaut, dass die Vorbekanntheit sich auf die Form der Kontakt- und der Eintritts-Fläche bezieht.
- Der einleitenden Beschreibung des Klagepatents ist die Funktion des anspruchsgemäßen Kontaktelements zu entnehmen, das ausweislich Abs. [0018] auch als Kontaktglas bezeichnet wird. In Abs. [0003] führt das Klagepatent aus, dass in der Regel unerlässlich ist, das Objekt in exakt definierter Lage zur Laserbearbeitungsvorrichtung zu halten. Für solche Anwendungen dient das Kontaktelement, mit dem das zu bearbeitende Objekt fixiert werden kann, wodurch definierte Verhältnisse bis zum Bearbeitungsvolumen erreichbar sind. Das Kontaktelement wird damit Teil des Strahlenganges der Bearbeitungslaserstrahlung. In Abs. [0004] führt das Klagepatent weiter aus, dass das Kontaktelement dazu dient, konstante und auch mit einer gewissen Genauigkeit bekannte optische Verhältnisse im Strahlengang zum Objekt sicherzustellen, indem es Objekt und Laserbehandlungsvorrichtung mechanisch koppelt und zudem der Objektoberfläche eine Form mit bekannter optischer Wirkung verleiht.
- Der Klagepatentbeschreibung entnimmt der Fachmann, dass sich die Vorbekanntheit der Form auf die Geometrie des Kontaktelements bezieht. Dies ergibt sich insbesondere aus Abs. [0016], wonach eine Bestimmung der Lage der Eintrittsfläche in Betracht kommt, wenn die Geometrie des Kontaktelements zwischen Eintrittsfläche und Kontaktfläche hinreichend präzise vorgegeben ist. Es wird weiter ausgeführt, dass insbesondere bei planen oder kugelschaligen Kontaktelementen die Geometrie zwischen Eintritts- und Kontaktfläche i.d.R. so genau bei der Herstellung einstellbar ist, dass für solche Kontaktelemente auch die Eintrittsflächenlage ermittelt werden kann. Als Vorteil benennt das Klagepatent in Abs. [0016], dass ein deutlicher Brechzahlsprung an der üblicherweise nicht kontaktierten Eintrittsfläche besteht, unabhängig davon, ob das Kontaktelement schon auf das Objekt aufgesetzt ist. In Abs. [0018] nimmt das Klagepatent entsprechend auch auf die Geometrie des Kontaktelements Bezug, dessen Grenzfläche als i.d.R. gekrümmt beschrieben wird. In Abs. [0019] führt das Klagepatent aus, dass aufgrund der bekannten geometrischen Verhältnisse (des Kontaktelements) der Bereich, in dem die Lage der zu erfassenden Fläche erwartet wird, durch die Toleranzen bei der Befestigung sowie die möglichen Variationen, die sich bei der Fertigung des Kontaktglases oder bei Kontaktgläsern verschiedener Art ergeben können, vorgegeben wird.
- Der Fachmann entnimmt den Ausführungen in Abs. [0031], dass es genügt, dass die Form der Eintritts- bzw. Kontaktfläche aus einer bestimmten Gruppe von Formen stammt. Demnach kommen bei der Laserchirurgie oftmals verschiedene Kontaktelemente zum Einsatz, die sich hinsichtlich der Geometrie der Eintritts- und/oder Kontaktfläche unterscheiden, etwa hinsichtlich der Krümmung der Fläche oder der Durchmesser. Das Klagepatent führt aus, dass es bekannt sei, dass die Form der Fläche aus einer bestimmten Gruppe von Formen stammt, da der Vorrat an möglichen Kontaktelementen natürlich begrenzt ist.
- Das Vorhandensein von Fertigungstoleranzen bei den Kontaktelementen, die dazu führen, dass die konkrete Form der Eintritts- und/oder Kontaktfläche des Kontaktelements nicht vollständig vorbekannt ist, ist daher unschädlich. Die klagepatentgemäße Erfindung soll sich hinsichtlich der Fertigung von Kontaktelementen nicht vom vorbekannten Stand der Technik abgrenzen. Es wird vielmehr in der Klagepatentbeschreibung in Bezug auf die Kontaktelemente auf den Stand der Technik Bezug genommen. So wird in Abs. [0042], in dem das in Figur 2 abgebildete Kontaktglas beschrieben wird, auf die WO 2004/XXX A2 Bezug genommen, aus der sich nach dem Klagepatent ergibt, dass Kontaktgläser auch plan sein können. In Abs. [0045] erwähnt das Klagepatent, dass Fertigungstoleranzen für das Kontaktglas vorliegen können. Es wird weder dargestellt, wie solche vermieden werden können, noch wird ausgeführt, dass solche vermieden werden müssen.
-
b.
Die Materialbearbeitungsvorrichtung gemäß Anspruch 13 des Klagepatents weist eine Steuereinrichtung gemäß Merkmalsgruppe 5 auf zur Bestimmung der Lage der Eintritts- oder Kontakt-Fläche nach Befestigung des Kontaktelements und vor der Bearbeitung des Objekts, die den Bearbeitungslaser und die Fokusverstelleinrichtung ansteuert. - Gemäß Merkmalsgruppe 6 ist eine Messlaserstrahlungsquelle zur Abgabe von Messlaserstrahlung vorgesehen, die ebenfalls von der Steuereinrichtung angesteuert wird, deren Messlaserstrahlung die Fokusverstelleinrichtung und die Optikeinrichtung durchläuft und im Fokus keine Durchbrüche bewirkt. Die Steuereinrichtung verstellt die Messlaserstrahlung in einer Messfläche, welche die zu erwartende Lage der Fläche schneidet.
- Gemäß Merkmalsgruppe 7 ist eine konfokale Detektoreinrichtung vorgesehen, die aus dem Fokus der Messlaserstrahlung rückgestreute oder –reflektierte Strahlung konfokal detektiert und Messsignale an die Steuereinrichtung liefert.
- Gemäß Merkmalsgruppe 8 ist die Steuereinrichtung so ausgebildet, dass sie aus den Messsignalen die Lage von Schnittpunkten zwischen Messfläche und Fläche ermittelt, wobei die Steuereinrichtung nötigenfalls die Messfläche variiert, insbesondere verschiebt, falls keine oder zu wenige Schnittpunkte auftreten und die aus der Lage der Schnittpunkte und der vorbekannten Form der Fläche deren Lage bestimmt.
-
aa.
Aus der Systematik des Anspruchs ergibt sich, dass die „Fläche“ jeweils die Eintritts- oder Kontaktfläche des an der Vorrichtung befestigbaren Kontaktelements ist. Dies entspricht auch der Zielsetzung des Klagepatents, ein Verfahren bzw. eine Vorrichtung hinsichtlich der Lage des Kontaktglases zu verbessern (Abs. [0013]). -
bb.
Die Messlaserstrahlungsquelle kann klagepatentgemäß identisch mit dem Bearbeitungslaser (Merkmal 1) sein. Es ist funktional nicht erforderlich, dass die Materialbearbeitungsvorrichtung zwei Laserstrahlungsquellen, eine zur Bereitstellung von Bearbeitungslaserstrahlung und eine zur Bereitstellung von Messlaserstrahlung, umfasst. Die Bestimmung der Lage der Eintritts- oder Kontaktfläche des an der Vorrichtung befestigbaren Kontaktelements erfolgt gemäß Merkmalsgruppe 5 nach der Befestigung des Kontaktelements (Merkmal 5.1) und vor der Bearbeitung des Objekts (Merkmal 5.2). Es ist somit klagepatentgemäß nicht erforderlich, dass die Materialbearbeitungsvorrichtung zum zeitgleichen Einsatz von Messlaserstrahlung und Bearbeitungslaserstrahlung eingerichtet ist. Die Messlaser- und die Bearbeitungslaserstrahlung unterscheiden sich dadurch, dass die Bearbeitungslaserstrahlung gemäß Merkmal 2.1 in oder auf ein zu bearbeitendes Objekt derart fokussiert wird, dass im Fokus optische Durchbrüche entstehen, während die Messlaserstrahlung gemäß Merkmal 6.2 im Fokus keine optischen Durchbrüche erzeugt. Dem Fachmann ist bekannt, dass die Erzeugung optischer Durchbrüche von der Impulsenergie abhängt. Dies ist auch Abs. [0026] der Klagepatentbeschreibung zu entnehmen. Demnach wird die Intensität der Messlaserstrahlung so gewählt, dass kein optischer Durchbruch im Fokus erfolgt, wobei bevorzugt eine Pulsenergie von unter 300 nJ genutzt wird, um optische Durchbrüche oder sonstige nicht-lineare Bearbeitungseffekte am Kontaktelement auszuschließen. Das Klagepatent sieht es ausweislich Abs. [0046] als zweckmäßig an, den Behandlungslaser als Strahlungsquelle auch für die Messlaserstrahlung zu verwenden. -
cc.
Es genügt, wenn die Materialbearbeitungsvorrichtung eine Fokusverstelleinrichtung aufweist, die sowohl von der Bearbeitungslaserstrahlung als auch von der Messlaserstrahlung durchlaufen wird. Funktional ist nicht erforderlich, dass eine klagepatentgemäße Materialbearbeitungsvorrichtung mehr als eine Fokusverstelleinrichtung aufweist. Wie soeben dargestellt, muss die Materialbearbeitungsvorrichtung nicht zur zeitgleichen Nutzung von Bearbeitungs- und Messlaserstrahlung ausgebildet sein. Zudem kann die Bearbeitungs- und Messlaserstrahlung von derselben Laserstrahlungsquelle erzeugt werden. Die Klagepatentbeschreibung führt in Abs. [0046] aus, dass bei Verwendung unterschiedlicher Strahlungsquellen wesentlich ist, dass die Messlaserstrahlung eine hinreichend exakte Beziehung zum Koordinatensystem aufweist. Dies ist aus Sicht des Klagepatents besonders einfach zu gewährleisten, wenn die Messlaserstrahlung ebenfalls die Fokusverstelleinrichtung durchläuft. Auch diesen Ausführungen entnimmt der Fachmann, dass nur eine Fokusverstelleinrichtung vorliegen muss. -
dd.
Der Fachmann entnimmt der Zusammenschau von Merkmal 6.3, wonach die Messfläche die zu erwartende Lage der Fläche schneidet, mit Merkmal 8.1, wonach die Steuereinrichtung so ausgebildet ist, dass sie aus den von der konfokalen Detektoreinrichtung gelieferten Messsignalen die Lage von Schnittpunkten zwischen der Messfläche und der Fläche ermittelt, und mit Merkmalen 8.2 und 8.3, wonach die Steuereinrichtung nötigenfalls die Messfläche variiert, insbesondere verschiebt, falls keine oder zu wenige Schnittpunkte auftreten (Merkmal 8.2) und die Steuereinrichtung aus der Lage der Schnittpunkte und der vorbekannten Form der Fläche deren Lage bestimmt, dass die Messfläche zweidimensional ausgestaltet sein muss. - Funktional ist erforderlich, dass die Steuereinrichtung so ausgestaltet sein muss, dass sie den Fokus der Messlaserstrahlung nicht nur auf einer Achse, sondern in xy-Richtung verstellt. Eine Bestimmung der Lage der Eintritts- oder Kontaktfläche aus der Lage der Schnittpunkte zwischen dieser und der Messfläche erfordert, dass die Messfläche die Kontaktfläche an mehr als einem Punkt schneidet.
- Dies entnimmt der Fachmann auch Abs. [0015], wonach die Steuereinrichtung aus den Messsignalen die Lage von Schnittpunkten zwischen Messfläche und Eintritts- oder Kontakt-Fläche ermittelt, wobei die Steuereinrichtung nötigenfalls die Messfläche variiert, insbesondere verschiebt, falls keine oder zu wenige Schnittpunkte auftreten. Eine bestimmte Zahl von Schnittpunkten gibt das Klagepatent hingegen nicht vor. In Abs. [0022] führt die Klagepatentbeschreibung aus, dass die Messfläche nicht vollständig durch die Fokusverstellung angefahren werden muss. Es wird weiter ausgeführt, dass es völlig genügt, wenn hinreichend viele Punkte, d.h. eine (genügend) dichte Bahnkurve in der Messfläche liegt. Die zu erfüllende Bedingung ist, dass für die Lagebestimmung ausreichend viele Schnittpunkte gefunden werden (Abs. [0022]). Es genügt für die Messfläche jede zweidimensionale Mannigfaltigkeit, deren Ausdehnung so ist, dass sie die zu erwartende Lage der bekannten zu erfassenden Fläche schneidet (Abs. [0022]).
- Der Fachmann entnimmt den Ausführungen in Abs. [0023] nicht, dass mindestens fünf unterschiedliche Schnittpunkte zwischen der zu erfassenden Fläche und der Messfläche geliefert werden. Das Klagepatent sieht es zwar als in der Regel genügend an, mindestens fünf Schnittpunkte zu liefern, doch beziehen sich die Ausführungen in Abs. [0023] auf eine vorteilhafte Ausführungsform, bei der die Fokuslage entlang einer Bahnkurve verstellt wird, die in der Messfläche liegt. Entsprechend führt das Klagepatent aus, dass bei rotationssymmetrischen Flächen weniger Schnittpunkte genügen (Abs. [0025]). Bei rotationssymmetrischen Kontaktelementen genügt nach der klagepatentgemäßen Lehre die Ermittlung des Scheitelpunkts der gekrümmten Fläche und der Lage des Randes der Fläche (Abs. [0031]).
- Die Form der Messfläche überlässt das Klagepatent dem Fachmann. Aus den in Abs. [0047] ff. und Abs. [0050] beschriebenen Ausführungsbeispielen, sowie den Figuren 4 und 5 ergibt sich, dass die Messfläche z.B. entlang einer Bahnkurve verlaufen kann, oder eine Zylindermantelfläche sein kann.
-
ee.
Die Lage der Messfläche kann vorbekannt sein. Dies entnimmt der Fachmann Abs. [0019] der Klagepatentbeschreibung. Demnach ist zu erwartende Lage des Kontaktelements vorbekannt, da dieses vor der Lagebestimmung an der Bearbeitungsvorrichtung befestigt wird. Aufgrund der damit bekannten geometrischen Verhältnisse ist der Bereich, in dem die Lage der zu erfassenden Fläche erwartet wird, durch die Toleranzen bei der Befestigung sowie die möglichen Variationen, die sich bei der Fertigung des Kontaktglases oder bei Kontaktgläsern verschiedener Art ergeben können, vorgegeben. -
4.
Die Beklagte verletzt durch die Herstellung und den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform nicht den Anspruch 13 des Klagepatents. - Die Kammer kann nicht feststellen, dass die angegriffene Ausführungsform sämtliche Merkmale des Anspruchs 13 des Klagepatents verwirklicht.
- Die Kammer kann nicht feststellen, dass die angegriffene Ausführungsform eine Steuereinrichtung aufweist, die geeignet ist, den Fokus der Messlaserstrahlung gemäß Merkmal 6.3 des Anspruchs 13 in einer Messfläche zu verstellen, welche die zu erwartende Lage der Fläche schneidet.
-
a.
Bei der noch werkseitig vorgenommenen Kalibrierung der angegriffenen Ausführungsform wird – was zwischen den Parteien unstreitig ist – nicht das jeweils bei der Operation verwendete Kontaktelement verwendet, sodass dieser Schritt nicht der Bestimmung der Lage der Eintritts- oder Kontakt-Fläche dient. -
b.
Bei dem Überprüfen der angegriffenen Ausführungsform vor Beginn der Operation wird der Fokus der Messlaserstrahlung nicht mittels der von der Steuereinrichtung angesteuerten Fokusverstelleinrichtung in einer Messfläche verstellt, die die erwartete Lage der Fläche schneidet. - Die Beklagte trägt vor, die Überprüfung, ob der Laser räumlich exakt ausgerichtet sei und ob das Patienteninterface mit seinen Toleranzen eine Operation zulasse, werde anhand von sog. Purkinje-Bildern vorgenommen. Es sei möglich, mit einer Beleuchtungseinrichtung ein Purkinje-Bild hervorzurufen, welches als Reflektion auf dem Patienteninterface erzeugt werde und durch eine optische Erfasseinrichtung ausgewertet werde. Aus den Reflexen könne abgeleitet werden, ob sich das Patienteninterface exakt in der vorgegebenen Position befinde. In der mündlichen Verhandlung haben die Beklagtenvertreter, abweichend vom schriftsätzlichen Vortrag, ausgeführt, dass der Schritt des Überprüfens mittels Purkinje-Bildern vor der Einstellung des Lasers auf die spezifischen Operationsbedingungen erfolge. Diesem Vortrag ist die Klägerin nicht mehr substantiiert entgegengetreten.
- In der mündlichen Verhandlung wurde das als Anlage K I-9 vorgelegte Video in Augenschein genommen. Bei Zeitstempel 00:18 ist auf dem Bildschirm der angegriffenen Ausführungsform mittig ein runder Kreis zwischen zwei Lichtpunkten zu sehen. Die Beklagtenvertreter haben hierzu unwidersprochen ausgeführt, dass sich zu diesem Zeitpunkt – wie auf dem Video auch erkennbar – kein Auge im Strahlengang befindet. Die Beklagtenvertreter haben ebenfalls ausgeführt, dass es sich bei dem runden Kreis um eine Purkinje-Reflektion und bei den beiden Lichtpunkten um Reflektionen der OP-Beleuchtung am Patienteninterface handele, die auf den Einmessvorgang keinen Einfluss habe. Die Klägervertreter haben lediglich eingewandt, dass dies nicht mit den Figuren der B9 übereinstimme. Zwar ist in den Figuren der B9 bei Erzeugung der Purkinje-Bilder jeweils ein Auge im Strahlengang dargestellt, doch wird in Abs. [0008] der Patentbeschreibung der B9 ausgeführt, dass auf einer Patientenschnittstelle aufgrund der Krümmung bei der Beleuchtung ein Purkinje-Bild entstehe. Dem ist die Klägerin nicht entgegengetreten. Die Klägerin ist auch dem Vortrag der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung, dass das Purkinje-Bild bei der angegriffenen Ausführungsform nicht mittels Laser, sondern mit einer weiteren Lichtquelle, nämlich einer ringförmigen Beleuchtungsquelle, erzeugt werde, nicht hinreichend entgegengetreten. Der Einwand, dass dies nicht den Figuren der B9 entspreche, verfängt nicht. Die Beklagtenvertreter haben zu Recht darauf verwiesen, dass sich Abs. [0008] der Patentbeschreibung der B9, die eine Erzeugung von Purkinje-Bildern auf der Patientenschnittstelle beschreibt, nicht zur Lichtquelle verhält und die angegriffene Ausführungsform eine solche einsetzt
-
c.
Die Kammer kann nicht feststellen, dass beim Einstellen des Lasers auf die spezifischen Operationsbedingungen der Fokus der Messlaserstrahlung in einer Messfläche verstellt wird, die die erwartete Lage der Kontakt- oder Eintrittsfläche des Kontaktelements schneidet. - Die insoweit für ihr günstige Tatsachen darlegungs- und beweisbelastete Klägerin hat in Anbetracht der substantiierten Darlegungen der Beklagten zur Funktionsweise der angegriffenen Ausführungsform sowie der in der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommenen Videos nicht hinreichend substantiiert dargelegt, dass bei der angegriffenen Ausführungsform der Fokus der Messlaserstrahlung in einer Messfläche verstellt wird, die die erwartete Lage der Kontakt- oder Eintrittsfläche des Kontaktelements schneidet.
- Die Klägerin behauptet, im Wesentlichen unter Verweis auf Videos der angegriffenen Ausführungsform, der Laser werde bei der angegriffenen Ausführungsform durch den rotierenden und mit Spiegeln versehenen Scanner bereits vor der Operation zur Bestimmung von Schnittpunkten zwischen einer Messfläche und der Lage der Eintritts- oder Kontaktfläche des Kontaktelements dreidimensional verstellt. Dass bei der angegriffenen Ausführungsform die Lage der Eintritts- oder Kontaktfläche des Kontaktelements nicht nur auf der z-Achse, sondern auch auf der xy-Achse konfokal detektiert werde, ergebe sich aus den im Hintergrund der vorgelegten Videos geführten Konversationen. In dem als Anlage K I-8 vorgelegten Video werde gesagt: „What’s happening is, the laser is lowering and doing the energy check and the confocality check.“ Der „confocality check“, also die konfokale Detektion, könne sich nur auf die Lage des Kontaktelements beziehen. Dies ergebe sich auch aus der Aussage: „But in that moment there are some measurements taking place so that we know exactly the position where the patient interface is in refer to the device.“ Auch im als Anlage K I-9 vorgelegten Video werde von einem „confocality check“ gesprochen. Dort werde gesagt: „You can see here, the scanner moved in the PI. It moves with 200 Herz. It does a confocality check. You can see where are the surfaces from the contact element. If everything is right, you are guided to the next screen and the check is completed.“ Bei Zeitstempel 00:24 heißt es: „And then you will check the PI. It will check the dimensions from the contact element, where the apex is, the curvature.“ Auf den Videos sei auch zu sehen, was unstreitig ist, dass der Laser ausfahre. Unstreitig rotiert zudem zu diesem Zeitpunkt bereits der mit Spiegeln versehene Scanner. Daraus schließt die Klägerin darauf, dass mit dem Scanner der Laser bereits vor der Operation dreidimensional verstellt werde. Sie meint, den Scheitelpunkt („apex“) und die Krümmung („curvature“) einer Kugel könne auch gar nicht anhand einer Messung lediglich auf der z-Achse bestimmt werden. Dass diese Messungen indes vorgenommen würden, ergebe sich aus den genannten Zitaten aus den Videos.
- Die Beklagte hat demgegenüber substantiiert dargelegt, dass der Laser im Einstellungsvorgang vor Beginn der Operation lediglich entlang der optischen z-Achse verstellt wird. Es erfolge nur eine Einstellung des Abstands des Lasers. Dadurch schneide die Messfläche des Lasers die Eintritts- oder Kontakt-Fläche lediglich in einem Punkt. Die Beklagtenvertreter haben in der mündlichen Verhandlung plausibel erklärt, dass mithilfe der Purkinje-Reflektion und der konfokalen Detektion auf der z-Achse nicht die Krümmung des Kontaktelements bestimmt werden könne, sondern lediglich, wo die Krümmung liegt. Dies erfolge anhand der kreisförmigen Purkinje-Reflektion, die symmetrisch sei, wenn das Kontaktelement in Ordnung sei. Diese Ausführungen korrespondieren auch mit dem als Anlage K I-9 vorgelegten Video. Auf diesem erfolgt die Aussage: „And then you will check the PI. It will check the dimensions from the contact element, where the apex is, the curvature“ bei Zeitstempel 00:24 und damit ungefähr zeitgleich mit der Erzeugung des Purkinje-Bildes. Die Klägerin vermochte nicht darzulegen, dass sich die Äußerung eben nicht auf die – von der Beklagten behauptete – Zusammenwirkung der Auswertung der Purkinje-Reflektion und der konfokalen Detektion auf der z-Achse bezieht, sondern auf eine – von der Klägerin behauptete – konfokale Detektion der Schnittpunkte anhand einer dreidimensionalen Verstellung des Messlasers bezieht. Die Beklagte hat überdies zu Recht eingewandt, dass den von der Klägerin zitierten Aussagen in den als Anlagen K I/8 und K I/9 vorgelegten Videos, die lediglich Äußerungen von Verkäufern auf einer Messe wiedergeben, jedenfalls keine sicheren Rückschlüsse auf die Funktionsweise der angegriffenen Ausführungsform entnommen werden können.
- Dass der Scanner unstreitig bereits beim Vorgang des Einstellens rotiert, lässt ebenfalls keinen Rückschluss darauf zu, dass der Messlaser auch abseits der z-Achse fokussiert wird. Unstreitig ist der Scanner dazu geeignet, den Fokus des Lasers dreidimensional auf beliebige Punkte der Netzhaut zu fokussieren. Die Beklagte hat indes plausibel erläutert, dass der Scanner bereits beim Einstellungsvorgang rotiere, um jeglichen Einfluss des Scanners auszuschließen. Dieser weise eine träge Masse auf. Es sei denkbar, dass er beim Ein- oder Ausschalten einen Ruck in z-Richtung auslöse. Zudem ist in dem in der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommenen Video, das im Verfahren 4a O 29/22 als Anlage K II/8 vorgelegt wurde, zu sehen, dass der Scanner bei zunehmender Auslenkung immer mehr verschwimmt. Dies ist auf dem Video ab Zeitstempel 00:52 zu erkennen. Zu diesem Zeitpunkt ist auf dem Bildschirm der angegriffenen Ausführungsform zu sehen, dass Hornhaut abgetragen wird. Unstreitig ist hierfür eine Fokussierung der Behandlungslaserstrahlung auch abseits der z-Achse notwendig. Bei dem auf dem als Anlage K I/9 vorgelegten Video dargestellten Überprüfungs- und Einstellungsvorgang ist der Scanner scharf zu erkennen. Daraus ergibt sich zur Überzeugung der Kammer, dass der Scanner zu diesem Zeitpunkt nicht ausgelenkt ist, um den Fokus der Messlaserstrahlung abseits der z-Achse zu fokussieren. Der Einwand der Klägerin, dass die kreisförmige Reflektion einen derart geringen Radius aufweise, dass hierfür eine lediglich minimale Auslenkung des Scanners erforderlich sei, die nicht zu einem Verschwimmen des Scanners führe, verfängt nicht. Die Beklagte hat dargelegt, dass die kreisförmige Reflektion gerade nicht durch den Laser, sondern durch eine weitere ringförmige Beleuchtungsquelle erzeugt werde. Dem ist die Klägerin nicht substantiiert entgegengetreten.
-
d.
Zwar ist die Steuereinrichtung der angegriffenen Ausführungsform unstreitig dazu geeignet, die Bearbeitungslaserstrahlung während der Operation dreidimensional zu verstellen, doch hat die Beklagte substantiiert vorgetragen, dass die Einstellung des Lasers vor Beginn der Operation automatisiert ablaufe. Es sei dem Nutzer nicht möglich, darin so einzugreifen, dass der Messlaser mittels des Scanners abseits der z-Achse verstellt werde. Die Klägerin ist dem nicht substantiiert entgegengetreten. Ihr bloßes Bestreiten unter Verweis darauf, die Beklagte habe nicht vorgetragen, wo genau und von wem ausgeschaltet werde, dass das Kontaktelement konfokal gemessen werde, genügt im Hinblick auf ihre Darlegungslast nicht. -
5.
Vor dem Hintergrund des Streits der Parteien bedürfen die Merkmalsgruppen 2 bis 4 des Anspruchs 1 des Klagepatents näherer Erläuterung. -
a.
Anspruch 1 des Klagepatents lehrt ein Verfahren zum Vorbereiten einer Vorrichtung zur Materialbearbeitung. Gemäß Merkmalsgruppe 3 wird an der Vorrichtung ein für die Bearbeitungslaserstrahlung transparentes auf das Objekt aufzusetzendes Kontaktelement befestigt, das auf seiner auf das Objekt aufzusetzenden Seite eine Kontakt-Fläche und eine dieser gegenüberliegende Eintritts-Fläche für die Bearbeitungslaserstrahlung aufweist, die jeweils vorbekannte Form haben. - Hinsichtlich der vor dem Hintergrund des Streits der Parteien zu erörternde Vorbekanntheit der Form kann vollumfänglich auf die Ausführungen zu Merkmalsgruppe 4 des Anspruchs 13 (unter I.3.a.) verwiesen werden.
-
b.
Gemäß Merkmalsgruppe 2 weist die Vorrichtung zur Materialbearbeitung eine variable, dreidimensional wirkende Fokusverstelleinrichtung zur Fokussierung gepulster Bearbeitungslaserstrahlung auf verschiedene Orte im oder auf dem Objekt auf. Der Fachmann entnimmt der Zusammenschau mit Merkmal 1, wonach die Materialbearbeitung durch Erzeugung optischer Durchbrüche in oder an einem Objekt erfolgt, dass die gepulste Bearbeitungslaserstrahlung, die durch die Fokusverstelleinrichtung fokussiert wird, optische Durchbrüche in oder an einem Objekt erzeugen kann. Gemäß Merkmalsgruppe 4 wird vor der Bearbeitung des Objekts die Lage der Eintritts- oder Kontaktfläche bezüglich der Fokusverstelleinrichtung mittels Einstrahlung von Laserstrahlung auf die Fläche bestimmt. Gemäß Merkmal 4.1 wird die Messlaserstrahlung mittels der variablen Fokusverstelleinrichtung nahe der oder auf der Fläche fokussiert, wobei gemäß Merkmal 4.1.1 die Energiedichte der fokussierten Messlaserstrahlung zur Erzeugung eines optischen Durchbruchs zu gering ist. - Der Systematik des Anspruchs entnimmt der Fachmann, dass für die Fokussierung der Bearbeitungslaserstrahlung und der Messlaserstrahlung dieselbe Fokusverstelleinrichtung genutzt werden kann. Gemäß Merkmalsgruppe 4 wird die Lage der Eintritts- oder Kontaktfläche vor der Bearbeitung des Objekts bestimmt. Eine gleichzeitige Nutzung der Bearbeitungs- und Messlaserstrahlung erfolgt nicht. Zwar führt die Klagepatentbeschreibung aus, dass als Strahlungsquelle für die Messlaserstrahlung sowohl der Behandlungslaser als auch eine separate Strahlungsquelle genutzt werden kann, doch wird es als zweckmäßig angesehen, wenn die Messlaserstrahlung ebenfalls die Fokusverstelleinrichtung durchläuft (Abs. [0046]).
-
c.
Gemäß Merkmalsgruppe 4 wird vor der Bearbeitung des Objekts die Lage der Eintritts- oder Kontaktfläche bezüglich der Fokusverstelleinrichtung mittels Einstrahlung von Laserstrahlung auf die Fläche bestimmt, indem die Messlaserstrahlung mittels der variablen Fokusverstelleinrichtung nahe der oder auf die Fläche fokussiert wird. - Gemäß Merkmal 4.1.2 wird der Fokus der Messlaserstrahlung in einer Messfläche verstellt, die die erwartete Lage der Fläche schneidet. Aus dem Fokus der Messlaserstrahlung rückgestreute oder –reflektierte Strahlung wird konfokal detektiert gemäß Merkmal 4.1.3. Aus der konfokal detektierten Strahlung detektierten Strahlung und der zugeordneten Einstellung der variablen Fokusverstelleinrichtung wird gemäß Merkmal 4.1.4 die Lage von Schnittpunkten zwischen Messfläche und Fläche ermittelt, wobei nötigenfalls gemäß Merkmal 4.1.5 der Schritt gemäß Merkmal 4.1.3 mit einer geänderten, insbesondere verschobenen Messfläche mehrmals wiederholt wird, bis eine bestimmte Anzahl, vorzugsweise fünf, Schnittpunkte detektiert wird. Gemäß Merkmal 4.1.6 wird aus der Lage der Schnittpunkte und der vorbekannten Form der Fläche deren Lage bestimmt.
- Der Systematik des Anspruchs entnimmt der Fachmann, dass die Fläche jeweils die Eintritts- oder Kontaktfläche des Kontaktelements meint, deren Lage bezüglich der Fokusverstelleinrichtung bestimmt wird.
- Das klagepatentgemäße Verfahren erfordert dabei die Ermittlung mehrerer Schnittpunkte zwischen der Messfläche und der Eintritts- oder Kontaktfläche des Kontaktelements. Der Fachmann weiß, dass durch die Ermittlung nur eines Schnittpunktes nicht die Lage einer Fläche ermittelt werden kann. Die konkrete Ausgestaltung der Schnittfläche überlässt das Klagepatent dem Fachmann. Eine bestimmte Anzahl von Schnittpunkten gibt Anspruch 1 des Klagepatents nicht vor. Insbesondere entnimmt der Fachmann dem Merkmal 4.1.5 nicht, dass mindestens fünf Schnittpunkte ermittelt werden müssen. Der Verfahrensschritt gemäß Merkmal 4.1.5 wird überhaupt nur durchgeführt, wenn nicht genügend Schnittpunkte konfokal detektiert werden konnten. Zum anderen lehrt es der Anspruch 1 lediglich als vorteilhaft, fünf Schnittpunkte zu ermitteln. Funktional ist erforderlich, dass aus den ermittelten Schnittpunkten und der vorbekannten Form der Eintritts- oder Kontaktfläche des Kontaktelements die Lage der Eintritts- oder Kontaktfläche des Kontaktelements bestimmt werden kann.
-
6.
Die Kammer kann auch nicht feststellen, dass die Beklagte durch die Herstellung und den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform den Anspruch 1 des Klagepatents mittelbar verletzt. Es kann nicht festgestellt werden, dass die angegriffene Ausführungsform als wesentliches Mittel geeignet ist, den Gegenstand der klagepatentgemäßen Erfindung zu benutzen, jedenfalls aber fehlt es an der notwendigen Verwendungsbestimmung. -
a.
Bei der angegriffenen Ausführungsform handelt es sich um eine Vorrichtung zur Materialbearbeitung durch Erzeugung optischer Durchbrüche in oder an einem Objekt, die unstreitig eine variable, dreidimensional wirkende Fokusverstelleinrichtung zur Fokussierung gepulster Bearbeitungslaserstrahlung auf verschiedene Orte im oder auf dem Objekt aufweist. Es handelt sich zwar um ein Mittel, das im Verfahrensanspruch erwähnt ist. Es kann aber angesichts der obigen Ausführungen nicht festgestellt werden, dass die Fokusverstelleinrichtung der angegriffenen Ausführungsformdazu genutzt wird, den Fokus der Messlaserstrahlung vor der Bearbeitung des Objekts in einer Messfläche zu verstellen, die die erwartete Lage der Eintritts- oder Kontaktfläche schneidet (Merkmal 4.1.2 des Anspruchs 1). -
b.
Jedenfalls fehlt es an der erforderlichen Verwendungsbestimmung sowie dem subjektiven Element der mittelbaren Patentverletzung. - Eine solche Verwendungsbestimmung ist von der Klägerin weder dargetan noch ist sie sonst ersichtlich. Weder spricht ein Maß der Eignung der angegriffene Ausführungsform für den klagepatentgemäßen Gebrauch noch die übliche Verwendung oder entsprechende Anwendungshinweise. Ein mögliches Abweichen von dem dargestellten automatisierten Verfahren (Purkinje-Reflektion; konfokale Detektion auf der z-Achse) der angegriffenen Ausführungsform oder diesbezügliche Hinweise für die Abnehmer sind nicht dargetan.
-
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO, soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat, folgt sie aus § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO. - Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.