Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3305
Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 03. November 2022, I-2 U 39/21
Vorinstanz: 4a O 9/20
- I. Der Antrag der Klägerin auf Zurückweisung des Streitbeitritts der Streithelferin wird als unzulässig zurückgewiesen.
- II. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 25. November 2021 verkündete Urteil der 4a Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel dahingehend abgeändert,
- dass die Verurteilung entfällt, soweit sie sich auf die angegriffene Ausführungsform II („F“) bezieht,
- und
- der Hauptsachetenor stattdessen um den Zusatz „Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.“ ergänzt wird.
- III. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin zu 85 % und die Beklagten zu 15 %.
- Die Kosten zweiter Instanz tragen die Klägerin zu 90 % und die Beklagten zu 10 %.
- Die erstinstanzlichen Kosten der Streithelferin trägt die Klägerin zu 70 %. Im Übrigen trägt die Streithelferin ihre Kosten erster und zweiter Instanz selbst.
- IV. Dieses Urteil und das am 25. November 2021 verkündete Urteil des Landgerichts Düsseldorf, letzteres im Umfang seiner Bestätigung, sind vorläufig vollstreckbar.
- Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten sowie der Streithelferin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten sowie die Streithelferin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
- Die Beklagten dürfen die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe 700.000,- € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
- V. Die Revision wird nicht zugelassen.
- VI. Der Streitwert für die erste Instanz wird auf 700.000,- € festgesetzt. Davon entfallen jeweils 350.000,- € auf die angegriffenen Ausführungsformen I („C“) und II („F“).
- Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 400.000,- € festgesetzt. Davon entfallen 50.000,- € auf die angegriffene Ausführungsform I („C“) und 350.000,- € auf die angegriffene Ausführungsform II („F“).
- VI. Die Streitwertbeschwerde der Streithelferin wird zurückgewiesen.
- Gründe
- I.
- Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen Verletzung des deutschen Patents 10 2004 027 XXA (nachfolgend: Klagepatent) auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung sowie auf Feststellung der Schadenersatzpflicht dem Grunde nach in Anspruch. Darüber hinaus begehrt die Klägerin von der Beklagten zu 1) Rückruf, Vernichtung sowie die Feststellung der Entschädigungspflicht.
- Das Klagepatent wurde am 2. Juni 2004 unter Inanspruchnahme der Priorität der GB 0312XXB vom 3. Juni 2003 angemeldet. Nach Offenlegung der Patentanmeldung am 30. Dezember 2004 wurde der Hinweis auf die Patenterteilung am 20. Oktober 2016 veröffentlicht. Das Klagepatent, dessen ursprüngliche Inhaberin die B, Inc. war, steht in Kraft. Die Umschreibung des Klagepatents auf die Klägerin (vormals B Drinks GmbH) wurde am 23. April 2019 beantragt und am 29. Mai 2019 im Register des Deutschen Patent- und Markenamtes veröffentlicht.
- Das Klagepatent trägt die Bezeichnung „Tassenspender“. Sein Patentanspruch 1 ist wie folgt formuliert:
- „Tassenspender in Karussellbauart mit einer Vielzahl von radial um eine Karussellachse beabstandet angeordneten Spendemechanismen zum Spenden von Tassen aus einer entsprechenden Vielzahl von Stapeln ineinandergeschachtelter Tassen, wobei jeder Mechanismus vier oder mehr Tassentrennschnecken aufweist, die eine kreisförmige Tassenspendeöffnung bilden, und benachbarte Spendemechanismen nahe aneinander in dem Spender angeordnet sind, so dass der kleinste Abstand zwischen benachbarten Tassenspendeöffnungen ca. 25 Millimeter oder weniger beträgt, wobei jeder Tassenspendemechanismus zwei äußere Tassentrennschnecken aufweist, die auf einer ersten Hälfte eines Umfanges der Tassenspendeöffnungen angeordnet sind, wobei die beiden äußeren Schnecken voneinander einen ersten Abstand aufweisen, und zwei innere Tassentrennschnecken aufweist, die auf einer zweiten Hälfte der Öffnung angeordnet sind und voneinander einen zweiten Abstand aufweisen, wobei der zweite Abstand kleiner ist als der erste Abstand.“
- Die nachfolgend verkleinert wiedergegebene Figur 1 der Klagepatentschrift erläutert die Erfindung anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels. Es handelt sich um eine perspektivische Ansicht eines Tassenspendemechanismus für einen Tassenspender entsprechend einer ersten Ausführungsform der Erfindung:
- Die Beklagte zu 1) – deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2) ist – stellt her und vertreibt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Füllprodukte für Getränkeverkaufsautomaten. Daneben liefert sie an ihre Kunden bei Bedarf Snack-, Heiß- und Kaltgetränkeautomaten.
- Zu diesen Verkaufsautomaten gehörten u.a. solche des Typs „C“ (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform I) des Herstellers D GmbH & Co KG Automaten-bau E.
- Weiter gehören zu den genannten Getränkeverkaufsautomaten solche des Typs „F“ (angegriffene Ausführungsform II). Hierbei handelt es sich um Automaten, die ursprünglich aus der Produktion der Klägerin bzw. ihres Konzerns stammen. Die Beklagte zu 1) bietet diese unter dem Weblink https://www.g.com an (Screenshot der Internetseite, vorgelegt als Anlage K 18).
- Die Klägerin sieht im Angebot und Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen in der Bundesrepublik Deutschland eine wortsinngemäße Verletzung des Klagepatents. Sie hat daher mit Schriftsatz vom 7. Februar 2020 Klage zum Landgericht Düsseldorf erhoben, wobei sie von den Beklagten Unterlassung (Antrag zu I.1.), Auskunftserteilung (Antrag zu I.2.), Rechnungslegung (Anträge zu I.3. und. I.4.) sowie – nur von der Beklagten zu 1) – Vernichtung (Antrag zu I.5.) und Rückruf (Antrag zu I.6.) verlangt hat. Darüber hinaus hat die Klägerin die Feststellung der Schadenersatz- und – nur im Hinblick auf die Beklagte zu 1) – Entschädigungspflicht begehrt.
- Nachdem die Beklagten jeweils mit Schriftsatz vom 19. Juni 2020 (Bl. 71 GA bzw.
Bl. 115 GA) der D GmbH & Co. KG Automaten E (nachfolgend: Streithelferin) den Streit verkündet haben, ist diese mit Schriftsatz vom 7. Juli 2020 (Bl. 107 GA) dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten zu 1) insoweit beigetreten, wie sich die Klage gegen die Getränkeverkaufsautomaten des Typs „C“ der D GmbH & Co. KG Automatenbau E richtet. Ein Beitritt auf Seiten des Beklagten zu 2) erfolgte nicht. - Mit Schriftsatz vom 19. Juni 2020 erkannten die Beklagten zu 1) und 2) jeweils den Klageanspruch gemäß Ziff. I.1. (Unterlassung) unter Verwahrung gegen die Kostenlast an, soweit sich dieser gegen die Getränkeverkaufsautomaten des Typs „C“ des Herstellers D GmbH & Co. KG Automatenbau E richtet. Die Streithelferin schloss sich den Anträgen der Beklagten zu 1) aus dem vorgenannten Schriftsatz an. Mit einem am 27. Juli 2020 zugestellten Teil-Anerkenntnisurteil hat das Landgericht daraufhin wie folgt erkannt:
- Die Beklagten werden verurteilt,
- es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- € – ersatzweise Ordnungshaft – oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle Ordnungshaft bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der Beklagten zu 1) an ihren jeweiligen Geschäftsführern zu vollziehen ist,
- zu unterlassen,
- Tassenspender in Karussellbauart mit einer Vielzahl von radial um eine Karussellachse beabstandet angeordneten Spendemechanismen zum Spenden von Tassen aus einer entsprechenden Vielzahl von Stapeln ineinandergeschachtelter Tassen,
- soweit diese in einem Getränkeverkaufsautomaten des Typs „C“ des Herstellers D GmbH & Co. KG Automaten E verbaut sind,
- in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
- wobei jeder Mechanismus vier oder mehr Tassentrennschnecken aufweist, die eine kreisförmige Tassenspendeöffnung bilden, und benachbarte Spendemechanismen nahe aneinander in dem Spender angeordnet sind, so dass der kleinste Abstand zwischen benachbarten Tassenspendeöffnungen ca. 25 Millimeter oder weniger beträgt, wobei jeder Tassenspendemechanismus zwei äußere Tassentrennschnecken aufweist, die auf einer ersten Hälfte eines Umfangs der Tassenspendeöffnung angeordnet sind, wobei die beiden äußeren Schnecken voneinander einen ersten Abstand aufweisen, und zwei innere Tassentrennschnecken aufweist, die auf einer zweiten Hälfte der Öffnung angeordnet sind und voneinander einen Abstand aufweisen, wobei der zweite Abstand kleiner ist als der erste Abstand.
- Im Übrigen haben die Beklagten um Klageabweisung gebeten und sich im Hinblick auf die angegriffene Ausführungsform II auf Erschöpfung berufen. Darüber hinaus haben die Beklagten hinsichtlich beider angegriffener Ausführungsformen die Einrede der Verjährung sowie den Verwirkungseinwand erhoben und ergänzend den begehrten Umfang der Verpflichtung zur Auskunftserteilung sowie zum Schadenersatz beanstandet, soweit er sich auch auf die gelieferten Verbrauchsmaterialien und Verträge bezieht.
- Die Klägerin ist den Einwänden der Beklagten bereits erstinstanzlich entgegengetreten.
- Mit Schlussurteil vom 25. November 2021 hat das Landgericht Düsseldorf eine Verletzung des Klagepatents auch über den Umfang des zuvor ergangenen Teilanerkenntnisurteils hinaus bejaht und wie folgt erkannt:
- I. Die Beklagten werden verurteilt,
- 1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € – ersatzweise Ordnungshaft – oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle Ordnungshaft bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der Beklagten zu 1) an ihren jeweiligen Geschäftsführern zu vollziehen ist, zu unterlassen,
- Tassenspender in Karussellbauart mit einer Vielzahl von radial um eine Karussellachse beabstandet angeordneten Spendemechanismen zum Spenden von Tassen aus einer entsprechenden Vielzahl von Stapeln ineinandergeschachtelter Tassen,
- soweit diese in einem Getränkeverkaufsautomaten des Typs „F“ verbaut sind,
- in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
- wobei jeder Mechanismus vier oder mehr Tassentrennschnecken aufweist, die eine kreisförmige Tassenspendeöffnung bilden, und benachbarte Spendemechanismen nahe aneinander in dem Spender angeordnet sind, so dass der kleinste Abstand zwischen benachbarten Tassenspendeöffnungen ca. 25 Millimeter oder weniger beträgt, wobei jeder Tassenspendemechanismus zwei äußere Tassentrennschnecken aufweist, die auf einer ersten Hälfte eines Umfanges der Tassenspendeöffnung angeordnet sind, wobei die beiden äußeren Schnecken voneinander einen ersten Abstand aufweisen, und zwei innere Tassentrennschnecken aufweist, die auf einer zweiten Hälfte der Öffnung angeordnet sind und voneinander einen zweiten Abstand aufweisen, wobei der zweite Abstand kleiner ist als der erste Abstand;
- 2. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagten die zu Ziffer I. 1 bezeichneten Handlung sowie die gemäß Teil-Anerkenntnisurteil der Kammer vom 6. August 2020, Az. 4a O 9/20, bezeichneten Handlungen seit dem 20. Oktober 2016 begangen haben, und zwar unter Angabe
- a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
- b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
- c) der Menge der ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse gezahlt wurden;
- wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
- 3. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die zu Ziffer 1 sowie die gemäß Teil-Anerkenntnisurteil der Kammer vom 6. August 2020, Az. 4a O 9/20, bezeichneten Handlungen seit dem 1. Juli 2011 begangen haben, und zwar unter Angabe
- a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
- b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
- c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebote sowie bei Internetwerbung der Internetadressen, der Schaltungszeiträume und der Zugriffszahlen,
- d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
- 4. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten seit dem 1. Juli 2011 Leistungen erbracht haben und/oder mit Dritten Verträge geschlossen haben, deren Erbringung bzw. Erfüllung unter Verwendung der unter Ziffer 1 sowie die gemäß Teil-Anerkenntnisurteil der Kammer vom 6. August 2020, Az. 4a O 9/20 bezeichneten, von ihr zum Gebrauch an Dritte überlassenen Vorrichtungen erfolgt ist, insbesondere zu allen Leistungen und/oder Verträgen mit Dritten, die die Lieferung von Verbrauchsmaterialien (befüllte Getränkebecher; „HCups“) zur Verwendung in den unter Ziffer 1 sowie die gemäß Teil-Anerkenntnisurteil der Kammer vom 6. August 2020, Az. 4a O 9/20 bezeichneten Vorrichtungen sowie die Wartung dieser Vorrichtungen zum Gegenstand haben, und zwar unter Angabe:
- a) der einzelnen Leistungen und/oder Vertragsschlüsse aufgeschlüsselt nach Kategorie (Bezugsvertrag, Wartungsvertrag), Abschlusszeitpunkt, Vertragsdauer, jeweils zugrundeliegenden Vergütungsstruktur, der jeweils vereinbarten Preise, der unter den jeweiligen abgeschlossenen Verträgen erbrachten Leistungen sowie der jeweils erhaltenen Gegenleistungen unter Angabe der jeweiligen Leistungszeitpunkte, sowie der Namen und Anschriften der Leistungsempfänger und/oder Vertragspartner,
- b) des Gewinns, der mit den Leistungen und mit unter den Verträgen er-brachten Leistungen erzielt wird und wurde, unter Angabe der einzelnen Kostenfaktoren sowie der aufgeschlüsselten Gestehungskosten,
- wobei den Beklagten – in den Fällen der Ziffern I. 3 und 4 – nach ihrer Wahl vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob eine bestimmte Lieferung oder ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
- und wobei
- – von dem Beklagten zu 2) sämtliche Angaben und
- – von allen Beklagten die Angaben zu I.3. d) und I.4. b) nur für die Zeit seit dem 21. November 2016 zu machen sind;
- 5. nur die Beklagte zu 1): die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder in ihrem Eigentum befindlichen, unter 1. sowie die gemäß Teil-Anerkenntnisurteil der Kammer vom 6. August 2020, Az. 4a O 9/20 bezeichneten Erzeugnisse an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten zu 1) – Kosten herauszugeben;
- 6. nur die Beklagte zu 1): die unter 1. sowie die gemäß Teil-Anerkenntnisurteil der Kammer vom 6. August 2020, Az. 4a O 9/20 bezeichneten und nach dem 20. Oktober 2016 in Verkehr gebrachten Erzeugnisse gegenüber gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf den gerichtlich (Teilanerkenntnisurteil des Landgerichts Düsseldorf vom 6. August 2020 und Schlussurteil des Landgerichts Düsseldorf vom 25. November 2021, Az. 4a O 9/20) festgestellten patentverletzenden Zustand der Sache und mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen und die Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen.
- II. Es wird festgestellt, dass
- 1. die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, der Klägerin für die zu I. 1 sowie die gemäß Teil-Anerkenntnisurteil der Kammer vom 06.08.2020, Az. 4a O 9/20 bezeichneten, in der Zeit vom 1. Juli 2011 bis zum 20. November 2016 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;
- 2. die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der B Incorporated seit dem 21. November 2016 bis zum 26. Dezember 2018 und der Klägerin seit dem 27. Dezember 2018 durch die zu I. 1 sowie die gemäß Teil-Anerkenntnisurteil der Kammer vom 6. August 2020, Az. 4a O 90/20, bezeichneten und begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
- Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt:
- Zwischen den Parteien stehe zu Recht nicht in Streit, dass die angegriffenen Ausführungsformen von allen Merkmalen des Klagepatentanspruchs 1 Gebrauch machten.
- Hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsform II sei keine Erschöpfung eingetreten. Die tatsächlichen Voraussetzungen der Erschöpfung seien nach allgemeinen Grundsätzen und auch im vorliegenden Fall von demjenigen darzulegen und zu beweisen, der wegen Patentverletzung in Anspruch genommen werde. Den Beklagten sei es jedoch nicht gelungen darzulegen, dass sie die angegriffene Ausführungsform II aus berechtigten Quellen erworben hätten. Selbst unter Zugrundelegung des klägerischen Vortrages liege keine Erschöpfung vor. Ausweislich der vorgelegten „Consignment Note“ sei die angegriffene Ausführungsform II recycelt und dadurch nicht in Verkehr gebracht worden. Die Weitergabe an ein Recycling-Unternehmen sei zwar als Übertragung der Verfügungsgewalt zu klassifizieren. Jedoch habe sich hierdurch nicht der wirtschaftliche Wert der Erfindung, sondern lediglich der Schrottwert realisiert, also der Wert von Ersatz- und Einzelteilen, die nicht mit der Erfindung als Ganzes gleichgesetzt werden könnten. Dass die Klägerin mit einer Weiterveräußerung der angegriffenen Ausführungsform II als Gebrauchtgerät einverstanden gewesen wäre, sei nicht feststellbar. Auch vor der Übergabe der angegriffenen Ausführungsform II an das Recycling-Unternehmen sei keine Erschöpfung eingetreten. Da die Schwestergesellschaft mit der Klägerin jedenfalls wirtschaftlich verbunden sei, stelle sich die Weitergabe der angegriffenen Ausführungsform II bzw. deren Nutzung durch die Schwestergesellschaft nicht als Übertragung der Verfügungsgewalt dar. Zwar könne eine Erschöpfung auch dann eintreten, wenn eine wirtschaftlich mit dem Rechtsinhaber verbundene Person die Verfügungsgewalt übertrage. Für eine solche Übertragung reiche es jedoch nicht aus, dass das Schwesterunternehmen die Automaten zuvor im Rahmen einer Operatortätigkeit betrieben habe. Ein Inverkehrbringen liege dann nicht vor, wenn die Verfügungsgewalt nur vorübergehend übertragen werde. Dies sei insbesondere bei einer Pflicht des Abnehmers der Fall, den Gegenstand nach Gebrauch wieder an den Hersteller herauszugeben. Die Schwestergesellschaft habe die Verfügungsgewalt über die angegriffene Ausführungsform II als Operator – wenn überhaupt – nur
vorübergehend übertragen und jedenfalls wieder zurückerlangt. - Aus der festgestellten Verletzung des Klagepatents durch das Angebot sowie das Inverkehrbringen über die Internetseite der Beklagten zu 1) ergäben sich die zuerkannten Rechtsfolgen. Insbesondere seien vom Auskunftsanspruch der Klägerin auch Verbrauchsmaterialien erfasst, welche die Beklagte zu 1) gerade aufgrund des Inverkehrbringens der angegriffenen Ausführungsformen veräußert habe. Dafür müsse deren Vertrieb kausal auf der patentverletzenden Handlung beruhen. Dies sei vorliegend der Fall, soweit die Beklagte zu 1) zu den angegriffenen Ausführungsformen passende Getränkebecher, sog. „HCups“, anbiete und die von ihr selbst in den Verkehr gebrachten Automaten bestücke. Dass die „HCups“ auch mit anderen, nicht unter das Klagepatent fallenden Automaten hätten genutzt werden können, sei nicht entscheidend. Der Antrag der Klägerin beziehe sich nur auf solche „HCup“-Becher, die tatsächlich durch die angegriffenen Ausführungsformen genutzt würden. Soweit die Beklagten argumentierten, die Beklagte zu 1) habe den Umsatz mit den „HCup“-Bechern auch mittels solcher Automaten generieren können, die nicht unter die Lehre des Klagepatents fallen, führten diese, auf Zurechnungsgesichtspunkte gestützten Erwägungen in solchen Fällen nicht zu sachgerechten Ergebnissen, in denen der Umsatz nicht über die angegriffenen Ausführungsformen selbst, sondern primär über die Verbrauchsmaterialien generiert werde. Dies sei der Fall, wenn das Gerät dem Kunden kostenlos in der Erwartung zur Verfügung gestellt werde, dieser werde die Verbrauchsmaterialien vom Aufsteller beziehen. Im Übrigen sei auch derjenige Umsatz (und Gewinn) schadensrelevant, der sich aus Miet- und Leasingverträgen der Gesamtvorrichtungen ergebe, also hier der angegriffenen Ausführungsformen I und II sowie aus dem Wartungsgeschäft. Daraus folge eine entsprechende Rechnungslegungspflicht durch Vorlage der betreffenden Verträge.
- Die Ansprüche der Klägerin seien nicht verjährt. Nachdem das Klagepatent 2013 noch nicht erteilt gewesen sei, könne die Klägerin zu diesem Zeitpunkt bereits denklogisch keine Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen erlangt haben. Hinzu komme (auch im Hinblick auf den Entschädigungsanspruch), dass es allein auf die Kenntnis des Patentinhabers ankomme. Anmelderin des Klagepatents sei die B Inc. gewesen. Selbst wenn hier eine Wissenszurechnung im Konzern erfolgen würde, hätten die Beklagten keine Umstände dargetan, aus denen sich eine Kenntnis im vorgenannten Sinne ergäbe.
- Soweit die Beklagten den Unterlassungsanspruch hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsform I anerkannt hätten, seien die Kosten der Klägerin aufzuerlegen. Die Beklagten hätten den Anspruch mit der Klageerwiderung anerkannt. Vor der Klageerhebung sei keine Abmahnung erfolgt. Die Klägerin habe daher nicht ohne Weiteres annehmen können, sie werde ohne gerichtliche Hilfe nicht zu ihrem Recht kommen.
- Gegen dieses, ihren Prozessbevollmächtigten am Tag seiner Verkündung bzw. – nur in Bezug auf die Beklagte zu 1) – am 29. November 2021 zugestellte Urteil haben die Beklagte zu 1) mit anwaltlichem Schriftsatz vom 22. Dezember 2021 (Bl. 516 f. GA) sowie der Beklagte zu 2) und die Streithelferin jeweils mit anwaltlichem Schriftsatz vom 23. Dezember 2021 (Bl. 504 f. GA und Bl. 510 GA) Berufung eingelegt, mit der sie ihr vor dem Landgericht erfolglos gebliebenes Begehren auf Klageabweisung weiterverfolgen.
- Mit ihrer Berufung ficht die Beklagte zu 1) das erstinstanzliche Urteil vollumfänglich an, soweit sich dieses auf Automaten des Typs „F“ bezieht (angegriffene Ausführungsform II). Im Hinblick auf Automaten des Typs „C“ (angegriffene Ausführungsform I) richtet sich die Berufung der Beklagten zu 1) ausweislich der Berufungsbegründung gegen die Anträge I.3. (Rechnungslegung für die Zeit ab dem 1. Juli 2011), I.4. (Rechnungslegung in Bezug auf Verträge, die lediglich unter Verwendung der patentgemäß ausgestalteten und von der Beklagten zu 1) zum Gebrauch an Dritte überlassenen Vorrichtungen und die insbesondere die Lieferung von Verbrauchsmaterial sowie die Wartung zum Gegenstand haben) und II.1. (Feststellung der Entschädigungspflicht) der Klageschrift vom 7. Februar 2020. In ihrer Berufungsreplik hat die Beklagte zu 1) ergänzend zu dem zuvor allein durch die Streithelferin thematisierten Einwand der Unverhältnismäßigkeit des Rückrufs- und Vernichtungsanspruchs Stellung genommen.
- Auch der Beklagte zu 2) ficht das Urteil der Kammer in Bezug auf die angegriffene Ausführungsform II vollumfänglich an. Soweit sich das angefochtene Urteil auf die angegriffene Ausführungsform I bezieht, richtet sich die Berufung des Beklagten zu 2) nur gegen die Anträge auf Rechnungslegung hinsichtlich Leistungen, deren Erbringung bzw. Erfüllung unter Verwendung der angegriffenen Ausführungsform I, zum Gebrauch an Dritte überlassenen Vorrichtungen erfolgt ist, insbesondere zu allen Leistungen und/oder Verträgen mit Dritten, die die Lieferung von Verbrauchsmaterialien (befüllte Getränkebecher, „HCups“) zur Verwendung in den Vorrichtungen der Ausführungsform I sowie die Wartung dieser Vorrichtungen zum Gegenstand haben (Verbrauchsmaterial und Wartungsverträge).
- Eingangs ihrer Berufungsbegründung hat die Streithelferin klargestellt, dass sie das erstinstanzliche Urteil vom 25. November 2021 zur Überprüfung durch den Senat stellt, soweit die angegriffene Ausführungsform I betroffen ist.
- Die Beklagten wiederholen und ergänzen ihr erstinstanzliches Vorbringen und machen insbesondere geltend:
- Zu Unrecht sei die Kammer davon ausgegangen, dass die Rechte der Klägerin an dem streitgegenständlichen Automaten vom Typ „F“ nicht erschöpft seien.
- Die Klägerin sei dem substantiierten Vortrag, die Beklagte zu 1) habe den streitgegenständlichen Automaten des vorgenannten Typs von der „I“ Automatenservice GmbH & Co. KG erworben, nicht entgegengetreten. Ebenfalls unbestritten geblieben sei, dass die „I“ Automatenservice GmbH & Co. KG den streitgegenständlichen Automaten zusammen mit weiteren 119 Maschinen des Typs „F“ von der B Drinks GmbH, der Rechtsvorgängerin der Klägerin, erworben habe. Das Landgericht habe zu keinem Zeitpunkt darauf hingewiesen, dass der Vortrag und die entsprechenden Beweisangebote der Beklagten hinsichtlich der Erschöpfung aus seiner Sicht nicht ausreichten, die Erschöpfung des streitgegenständlichen Automaten zu belegen. Andernfalls hätte die Beklagte zu 1) ihr Vorbringen insbesondere unter Vorlage von Rechnungen über den Kauf von Automaten des Typs „F“ von der B Drinks GmbH an die „I“ Automatenservice GmbH & Co. KG ergänzt. Einer solchen Konkretisierung habe es jedoch ohnehin nicht bedurft. Durch den unbestrittenen Vortrag der Beklagten stehe fest, dass der streitgegenständliche Automat des Typs „F“ aus berechtigter Quelle, nämlich von der Rechtsvorgängerin der Klägerin selbst, stamme und somit von ihr in Verkehr gebracht worden sei.
- Abgesehen davon ergebe sich das Vorliegen einer Erschöpfung bereits aus dem eigenen Vorbringen der Klägerin. Der streitgegenständliche Automat sei unstreitig von der Schwestergesellschaft der Klägerin über sechs Jahre bestimmungsgemäß im Vereinigten Königreich betrieben worden. Er sei somit in einem Vertragsstaat der EU mit Billigung der Klägerin willentlich verwendet und somit in den Verkehr gebracht worden. Operator wie die Schwestergesellschaft der Klägerin seien Automatendienstleister, welche die Automaten auf eigene Rechnung aufstellten und betreuten. Die Schwestergesellschaft der Klägerin habe ihre Umsätze als Operator durch Mieteinnahmen für die aufgestellten Automaten, den Verkauf von Heißgetränkeautomaten und den Verkauf von Füllware („HCups“) generiert. Die Klägerin habe den weiteren Vertrieb bzw. Betrieb des Automaten nicht mehr kontrollieren können. Der Operator sei in der Vertragsgestaltung zu seinen Kunden frei. Nachdem die Klägerin die Automaten weder selbst aufgestellt noch bewirtschaftet, sondern aus ihrem Machtbereich entlassen und sich damit der wirtschaftliche Wert der Erfindung durch die Nutzung der Schwestergesellschaft realisiert habe, seien die Automaten in Verkehr gebracht. Überdies sei die Verfügungsgewalt auch nicht nur vorübergehend an die Schwestergesellschaft übertragen worden. Diese habe sich für eine etwaige Verschrottung des Automaten entschieden; die Klägerin sei zu keinem Zeitpunkt in diesen Vorgang involviert gewesen. Die Verfügungsgewalt der Klägerin über den streitgegenständlichen Automaten habe daher mit der Übergabe an die – mit ihr nicht wirtschaftlich verbundene – Schwestergesellschaft, spätestens jedoch mit der Übergabe des Automaten an die „J“ (GB) Ltd., einen Abfallentsorger, geendet, mit der sich auch der wirtschaftliche Wert der Erfindung realisiert habe.
- Die Beklagten hätten auch dargelegt und bewiesen, dass der streitgegenständliche Automat aus berechtigter Quelle gestammt habe. Wollte man dies anders sehen, sei vor dem Hintergrund, dass sich die Tatsachen für die Voraussetzungen der Erschöpfung aus dem eigenen Vortrag der Klägerin ergäben, und vor dem Hintergrund des unstreitig existierenden Gebrauchtwarenmarktes von einer Umkehr der Darlegungs- und Beweislast auszugehen.
- Jedenfalls bestünden in Bezug auf solche Verträge, die lediglich unter Verwendung der patentgemäß ausgestalteten und von der Beklagten zu 1) zum Gebrauch an Dritte überlassenen Vorrichtungen erfolgten und insbesondere die Lieferung von Verbrauchsmaterial sowie die Wartung zum Gegenstand hätten, weder Auskunfts- noch Rechnungslegungsansprüche. Der Becherumsatz sei unabhängig vom Ausgabemechanismus. Zudem sei ausgeschlossen, dass das Klagepatent den Verkauf der „HCup“-Becher begünstigt habe. Die entsprechenden Becher seien zwar für den Betrieb der angegriffenen Ausführungsformen erforderlich, sie verkörperten jedoch keineswegs eine besondere Eigenschaft der Erfindung und noch weniger den Erfindungsgedanken des Klagepatents selbst. Die „HCup“-Becher könnten in verschiedenen Getränkeautomaten – patentgemäß und nicht patentgemäß ausgestaltet – verwendet werden. Sie seien lediglich Objekt des Ausgabevorgangs. Die „HCup“-Becher und ihre Konstruktion leisteten daher keinen Beitrag zur Erfindung des Klagepatents und würden durch die Erfindung auch nicht in ihren Eigenschaften beeinflusst. Es bestehe kein Zusammenhang zwischen der Gestaltung der Becher und dem Patent, weshalb sich mit den „HCup“-Bechern auch mittels solcher Automaten Umsätze generieren ließen, die nicht unter die Lehre des Klagepatents fielen. Der wirtschaftliche Wert des Klagepatents werde nicht durch Verbrauchsmaterialien oder Wartungsverträge am Markt realisiert. Unstreitig existiere für patentgemäß ausgestaltete Getränkeautomaten ein Erst- und ein Gebrauchtwarenmarkt, die in keiner Weise an die Abnahme von Verbrauchsmaterial gebunden seien.
- Überdies sei der Klageantrag auch nicht nur auf solche Verträge beschränkt, bei denen eine entsprechende vertragliche Konstruktion mit einer vertraglichen Bezugsverpflichtung vorgelegen habe. Als Folge der erstinstanzlichen Entscheidung könne auch die Lieferung von Verbrauchsmaterial an solche Gerätenutzer von der Verpflichtung zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung erfasst sein, die ein Gerät überhaupt nicht von der Klägerin erhalten hätten.
- Zu Unrecht habe die Kammer schließlich die Voraussetzungen der Verjährung in Bezug auf den Entschädigungsanspruch und – dem folgend – auch hinsichtlich der Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüche verneint. Unstreitig habe die Geschäftsführung der B Drinks GmbH als Rechtsvorgängerin der Klägerin seit 2013 Kenntnis von der Nutzung des patentverletzenden Erzeugnisses gehabt. Das Wissen der B Drinks GmbH müsse sich der Mutterkonzern, die B Inc., zurechnen lassen. Deren etwaige Unkenntnis sei unschädlich.
- Die Streithelferin hält ergänzend die Kostenentscheidung des Landgerichts für rechtsfehlerhaft. Sie verweist zur Begründung darauf, dass sie dem Rechtsstreit explizit nur beigetreten sei, soweit sich die Klage gegen Getränkeverkaufsautomaten des Typs „C“ der D GmbH & Co. KG Automaten E richte. Vor diesem Hintergrund betrage der die Streithelferin betreffende Streitwert nur die Hälfte des Gesamtstreitwertes der Klage, was auch bei der Bildung der Kostenquote zu berücksichtigen sei. Überdies sei die Verurteilung der Beklagten zur Vernichtung unverhältnismäßig und auch zwischenzeitlich obsolet. Die patentverletzenden Warenautomaten ließen sich unschwer zu einem patentfreien Erzeugnis umgestalten. Innerhalb der Warenautomaten/Getränkeausgabeautomaten sei mit dem Tassenspendemechanismus für den Tassenspender nur ein kleines und kostengünstiges Bauteil von der durch das Klagepatent beanspruchten technischen Lehre betroffen. Dieser Mechanismus für die Ausgabe der Becher finde sich ausschließlich in Viertelbasen wieder, die bei den Automaten ohnehin regelmäßig getauscht würden. Bereits seit August 2019 stelle die Streithelferin Viertelbasen mit originär nur drei Tassentrennschnecken her. Derartige Viertelbasen habe die Streithelferin für sämtliche von ihr an die Beklagte zu 1) gelieferten Automaten zur Umrüstung der Warenautomaten auf patentfreie Geräte bereits zur Verfügung gestellt und auch schon geliefert. Aus den genannten Gründen sei auch die Verpflichtung der Beklagten zu 1) zum Rückruf unverhältnismäßig. Überdies sei die Bereitschaft der Abnehmer, einem Komplettrückruf nachzukommen, ohnehin äußerst gering, weshalb der Rückruf letztlich auch nicht im Interesse der Klägerin sei. Soweit das Landgericht die Beklagten in Bezug auf mit den Warenautomaten der Streithelferin ausgegebene „HCup“-Füllprodukte zum Schadenersatz verurteilt habe, sei dies aus den bereits im Zusammenhang mit den Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüchen genannten Gründen fehlerhaft. Darüber hinaus sei die Kammer mit keinem Wort auf das durch die Streithelferin bereits erstinstanzlich angesprochene fehlende Verschulden eingegangen. Schließlich würden die Teilnehmer der Vertriebskette dem Patentinhaber für den Schadenersatzanspruch als Gesamtschuldner haften, soweit sich ihre Ersatzverpflichtungen hinsichtlich der konkreten Verletzungsfälle und der Schadenshöhe decken. Habe der Patentinhaber vom Hersteller der Automaten Schadenersatz erhalten, könne er nicht auch noch vom Abnehmer der Maschine die Leistung von Schadenersatz fordern.
- Die Beklagte zu 1) beantragt,
- das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 25. November 2021, Az.: 4a O 9/20, abzuändern und die Klage vom 7. Februar 2020
- 1. soweit sie sich in den Anträgen auf Getränkeautomaten des Typs „F“ bezieht, vollumfänglich abzuweisen;
- 2. soweit sie sich auf Vorrichtungen gemäß Teil-Anerkenntnisurteil des Landgerichts Düsseldorf vom 6. August 2020, Az.: 4a O 9/20 bezieht, teilweise abzuweisen, soweit
- a) sie sich auf Rechnungslegung, in welchem Umfang die Beklagten die gemäß Teil-Anerkenntnisurteil des Landgerichts Düsseldorf vom 6. August 2020, Az.: 4a O 9/20 bezeichneten [Handlungen] seit dem 1. Juli 2011 begangen haben (Antrag I.3. der Klage vom 7. Februar 2020);
- b) sie sich auf Rechnungslegung, in welchem Umfang die Beklagten Leistungen erbracht und/oder hinsichtlich der mit Dritten Verträge geschlossen wurden, deren Erbringung bzw. Erfüllung unter Verwendung der gemäß Teil-Anerkenntnisurteil des Landgerichts Düsseldorf vom 6. August 2020, Az. 4a O 9/20 bezeichneten, von ihr zum Gebrauch an Dritte überlassenen Vorrichtungen erfolgt ist, insbesondere zu allen Leistungen und/oder Verträgen mit Dritten, die die Lieferung von Verbrauchsmaterialien (befüllte Getränkebecher, „HCups“) zur Verwendung in den gemäß Teil-Anerkenntnisurteil vom 6. August 2020, Az. 4a O 9/20 bezeichneten Vorrichtungen sowie die Wartung dieser Vorrichtungen zum Gegenstand haben (Antrag I.4. vom 7. Februar 2020) und
- c) sie sich auf die Feststellung, dass die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, der Klägerin für die gemäß Teil-Anerkenntnisurteil des Landgerichts Düsseldorf vom 6. August 2020, Az. 4a O 9/20 bezeichneten, in der Zeit 1. Juli 2011 bis zum 20. November 2016 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen (Antrag II.1. der Klage vom 7. Februar 2020) bezieht.
- Der Beklagte zu 2) beantragt,
- das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 25. November 2021, Gerichtsaktenzeichen: 4a O 9/20, abzuändern und die Klage vom 7. Februar 2020,
- soweit sie sich auf Getränkeverkaufsautomaten des Typs „F“ bezieht, vollumfänglich abzuweisen
- und soweit sie sich auf Vorrichtungen gemäß Teil-Anerkenntnisurteil des Landgerichts Düsseldorf vom 6. August 2020, Az. 4a O 9/20 bezieht, teilweise abzuweisen, soweit sie sich auf Leistungen bezieht, die erbracht und/oder hinsichtlich der mit Dritten Verträge geschlossen wurden, deren Erbringung bzw. Erfüllung unter Verwendung der gemäß Teil-Anerkenntnisurteil des Landgerichts Düsseldorf vom 6. August 2020, Az. 4a O 9/20 bezeichneten, von ihr zum Gebrauch an Dritte überlassenen Vorrichtungen erfolgt ist, insbesondere zu allen Leistungen und/oder Verträgen mit Dritten, die die Lieferung von Verbrauchsmaterialien (befüllte Getränkebecher; „HCups“) zur Verwendung in den gemäß Teil-Anerkenntnisurteil vom 6. August 2020, Az.: 4a O 9/20 bezeichneten Vorrichtungen zum Gegenstand haben, bezieht.
- Zugleich hat der Beklagte zu 2) klargestellt, dass er die Streitverkündung gegenüber der D GmbH & Co. KG Automaten E und damit gegenüber der Streithelferin der Beklagten zu 1) aufrechterhält.
- Die Streithelferin beantragt,
- das am 25. November 2021 verkündete angefochtene Urteil des Landgerichts Düsseldorf Az. 4a O 9/20 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
- Die Klägerin beantragt,
- 1. die Berufungen der Beklagten und der Streithelferin zurückzuweisen:
- 2. den Streitbeitritt der Streithelferin als unzulässig zurückzuweisen;
- 3. die Streitwertbeschwerde der Streithelferin zurückzuweisen.
- Sie verteidigt das angefochtene Urteil und tritt den Ausführungen der Beklagten unter Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens entgegen.
- Die Beklagten seien nicht nur den Nachweis schuldig geblieben, dass die streitgegenständliche Maschine aus autorisierter Quelle stamme. Vielmehr habe die Klägerin aus den noch vorhandenen Identifikationsmerkmalen der Maschine sogar die Herkunft und die Betriebshistorie der streitgegenständlichen Maschine, ihre Übergabe an ein Recycling-Unternehmen („J“ (GB) Ltd.) zur Verschrottung und ihr Wiederauftauchen auf dem Schwarzmarkt anhand solcher Indizien reproduzieren können, die von der Beklagten zu 1) beigebracht worden seien. Im Hinblick auf das für eine Erschöpfung erforderliche Inverkehrbringen würden die Beklagten zu verschiedenen Sachverhaltskonstellationen vortragen, in denen die Voraussetzungen eines relevanten Inverkehrbringens niemals zugleich erfüllt wären. Ihr Vortrag sei daher unerheblich und ohnehin verspätet. Die Klägerin habe die streitgegenständliche Maschine nicht an das mit ihr verbundene britische Schwesterunternehmen (damals firmierend unter B Drinks UK) veräußert, wobei es bei konzerninternen Warenbewegungen ohnehin an einem Inverkehrbringen fehle. Dessen ungeachtet habe das Schwesterunternehmen dieses Gerät selbst hergestellt, sechs Jahre lang als Operator betrieben, nach dieser Betriebsdauer den Allgemeinzustand der Maschine bewertet und sich gegen eine Wiederaufbereitung (Generalüberholung) entschieden. Erstmalig habe sich das Schwesterunternehmen durch die Übergabe an das Recyclingunternehmen „J“ (GB) Ltd. willentlich der Verfügungsgewalt über diese Maschine begeben. Durch dieses Verfügungsgeschäft habe sich nicht der Erfindungs-, sondern nur der Schrottwert der Maschine (als Summe ihrer Rohstoffe sowie Einzel- und Ersatzteile) realisiert. Ein Einverständnis zum Zwecke der Wiederaufbereitung habe die Klägerin nicht erteilt. Das britische Schwesterunternehmen habe eine Standardprozedur bei Maschinenrückläufen implementiert. Von der Klägerin wiederaufbereitete Maschinen erhielten eine neue Seriennummer („Widmung“), seien hierdurch für das Inverkehrbringen in den Gebrauchtmarkt autorisiert und für den Konzern nachträglich eindeutig identifizierbar. Die Übergabe an das Verschrottungsunternehmen bedeute, dass das Schwesterunternehmen diese Maschine als „Schrott“ ausselektiert und damit entwidmet habe. Als Verantwortliche habe die Schwestergesellschaft die „J“ (GB) Ltd. als zertifizierten Abfallentsorger mit dem Recycling beauftragt, wobei eine ständige Geschäftsbeziehung seit 2010 bestanden habe. Das Entsorgungsunternehmen habe unter dem 29.09.2016 mit einem „Certificate of Conformity“ (Anlage K 22) dementsprechend bestätigt, den streitgegenständlichen Getränkeautomaten mit allen seinen Komponenten in Übereinstimmung mit den einschlägigen britischen und EU-Vorschriften recycled zu haben.
- Zu Recht habe die Kammer den Rechnungslegungsanspruch auch auf Verbrauchsmaterialien erstreckt. Das Geschäftsmodell der Beklagten sehe vor, dass dem Kunden die angegriffenen Ausführungsformen entweder kostenlos zur Verfügung gestellt und dies über den „HCup“-Verkauf querfinanziert oder dass die angegriffenen Ausführungsformen verkauft und über die so angebahnte Kundenbeziehung der Verbrauchsmaterialmarkt betrieben werde. Im ersten Fall sei offenkundig, dass der „HCup“-Umsatz unmittelbar mit dem patentverletzenden Liefern der angegriffenen Ausführungsformen verknüpft sei. Aber auch in der zweiten Konstellation liege der Fall nicht anders. Sowohl im Falle des Direktvertriebs als auch bei Verkauf der Maschine und der „HCups“ bestehe damit der notwendige Konnex zwischen der Patentverletzung und dem „HCup“-Umsatz, weil der „HCup“-Umsatz kausale Folge des Verkaufs bzw. des Zurverfügungstellens eines (patentverletzenden) Automaten sei. Der Tenor des erstinstanzlichen Urteils sei demgemäß beschränkt. Vor diesem Hintergrund erweise sich das Berufungsvorbringen der Beklagten und der Streithelferin als für die Erstreckung des Rechnungslegungsanspruchs auf Umsätze mit den „HCups“ irrelevant. Auch wenn „HCups“ unstreitig auch mit patentfreien Maschinen ausgegeben werden könnten, überließen die Beklagten Maschinen der Typen „C“ und „F“ Dritten ausschließlich für die Verwendung mit den von der Beklagten zu 1) gelieferten „HCups“.
- Darüber hinaus stütze die Streithelferin die angebliche Unverhältnismäßigkeit des Vernichtungs- und des Rückrufanspruchs auf neue Tatsachen, die erstinstanzlich nicht vorgetragen worden seien. Die Klägerin bestreite, dass die Streithelferin der Beklagten zu 1) Viertelbasen mit originär nur drei Tassentrennschnecken zur Umrüstung auf patentfreie Automaten zur Verfügung gestellt habe. Außerdem arbeite die patentfreie Ausgestaltung nicht in gleichem Maße zuverlässig. Die Klägerin wolle zudem nicht hinnehmen, dass von ihr nicht autorisierte und zu verschrottende „F“-Maschinen aus ihrer eigenen Produktion in dieser Weise „verschlimmbessert“ würden, anstelle sie endgültig dem Markt zu entziehen.
- Im Übrigen sei der Streitbeitritt unzulässig. In Ermanglung abweichenden Vorbringens sei die Geltung der Allgemeinen Verkaufs- und Lieferbedingungen der Streithelferin für die Lieferungen an die Beklagte zu 1) zu unterstellen. Danach sei – bedingt durch das Anerkenntnis der Verletzung durch die Beklagte zu 1) – eine Rechtsmängelhaftung der Streithelferin gegenüber der Beklagen zu 1) ausgeschlossen. Die Beklagte zu 1) habe das rechtliche Interesse der Streithelferin und damit ihr eigenes Streitverkündgungsinteresse im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens selbst beseitigt, weshalb sich die Frage der Zulässigkeit des Beitritts somit im Berufungsrechtszug neu stelle.
- Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und der von ihnen vorgelegten Anlagen sowie auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
- II.
Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache nur im Hinblick auf die angegriffene Ausführungsform II Erfolg. Insoweit berufen sich die Beklagten mit Erfolg auf Erschöpfung, so dass die Klage insoweit abweisungsreif ist. - Hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsform I hat das Landgericht demgegenüber zu Recht in dem Angebot und dem Vertrieb in der Bundesrepublik Deutschland eine wortsinngemäße Benutzung des Klagepatents gesehen und die Beklagten zur Unterlassung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung sowie zum Schadenersatz verurteilt. Entsprechende Ansprüche stehen ihr aus §§ 139 Abs. 1 und 2, 140b Abs. 1 und 3 PatG i.V.m. §§ 242, 259 BGB zu. Darüber hinaus besteht auch im Hinblick auf die Verurteilung der Beklagten zu 1) zum Rückruf und zur Vernichtung sowie in Bezug auf die Feststellung der Entschädigungspflicht für eine Abänderung des erstinstanzlichen Urteils kein Anlass. Die diesbezügliche Verurteilung findet ihre Grundlage in §§ 140a Abs. 1 und 3, 33 Abs. 1 PatG.
- 1.
Mit ihrer Rüge der Unzulässigkeit der Streitverkündung kann die Klägerin in zweiter Instanz nicht mehr gehört werden, nachdem sie ihr aus § 71 Abs. 1 ZPO erwachsendes Antragsrecht bereits erstinstanzlich durch rügeloses Verhandeln verloren hat, § 534 ZPO i.V.m. § 295 ZPO (OLG Köln, Beschl. v. 18.11.2013, Az.: 17 W 165/13; NJZ 2020, 1367, 1371; Cepl/Voß/Thomas, Prozesskommentar zum Gewerblichen Rechtschutz, 2. Aufl., § 71 Rz. 2; BeckOK ZPO/Vorwerk/Wolff/Dressler, Stand: 01.07.2022, § 71 Rz. 3; Musielak/Voit, ZPO, 19. Aufl., § 71 Rz. 2; Müko/ZPO/Schultes, 6. Aufl., § 71 Rz. 3; Zöller/Althammer, ZPO, 34. Aufl., § 71 Rz. 1). Obwohl das aus Sicht der Klägerin zum Wegfall des Nebeninterventionsinteresses und in der Folge zur Unzulässigkeit der Streitverkündung führende Teil-Anerkenntnis bereits weit vor der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung abgegeben wurde, hat die Klägerin in der ersten Instanz zu keinem Zeitpunkt eine Zurückweisung des Streitbeitritts beantragt, sondern zu diesem Themenkreis rügelos verhandelt. Damit ist sie mit dem Einwand der Unzulässigkeit der Streitverkündung nicht nur in erster Instanz, sondern auch im Berufungsverfahren ausgeschlossen. Ihr Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Streitverkündung war daher durch Zwischenurteil als unzulässig zurückzuweisen. - 2.
Das Klagepatent betrifft Tassenspender in Karussellbauart mit einer Vielzahl von radial um eine Karussellachse beabstandet angeordneten Spendemechanismen. - Wie der Fachmann den einleitenden Bemerkungen in der Klagepatentbeschreibung entnimmt, basieren In-Tassen-Verkaufssysteme auf Stapeln von Wegwerftassen, die jeweils in ihrem unteren Abschnitt einen Teil von getränkebildenden Zutaten enthalten. Die Tassen sind in dem Stapel über eine Schnappverbindung miteinander verbunden, wodurch der Stapel auf einfache Weise verpackt, gelagert und transportiert werden kann. Für den Gebrauch wird der Stapel von seiner Verpackung getrennt und in den Spender einer Verkaufsvorrichtung eingeführt. Erhält die Maschine ein Verkaufssignal, trennt sie automatisch eine Tasse von dem unteren Bereich des Stapels und füllt diese mit heißem Wasser, um das Getränk herzustellen. Die meisten Getränkeverkaufsmaschinen enthalten mehrere Tassenstapel, wobei für jedes herzustellende Getränk mindestens ein solcher Stapel vorhanden ist. Üblicherweise sind die Tassenstapel in einem Karussell angeordnet, so dass eine Drehung des Karussells den gewünschten Tassenstapel in eine Spendeposition bringt.
- Tassenspender in Karussellbauart sind beispielsweise aus der GB-A-136208 und der WO 01/82249 bekannt. Bei diesen Tassenspendern kommen zur Abtrennung einzelner Tassen von dem unteren Bereich des Stapels für gewöhnlich vier spiralförmige Schneckentrenner („Schneckentrennkurve“) zum Einsatz, die im gleichen Abstand um den Umfang der Tassen angeordnet sind und auf gleiche Weise durch einen einzelnen Servo mittels eines Zahnstangenrahmens oder eines Ringverzahnungsmechanismus angetrieben werden (Abs. [0003]).
- Obwohl derartige Tassenspender zuverlässig einzelne Tassen zuführen können, sind sie sperrig. Da um jeden Tassenstapel ein Tassenspendemechanismus angeordnet werden muss, müssen die Tassenstapel derart beabstandet angeordnet sein, dass ein solcher Mechanismus aufgenommen werden kann (Abs. [0004]).
- Hinsichtlich des weiteren Standes der Technik wird auf die Klagepatentbeschreibung (Abs. [0006] – [0009]) Bezug genommen.
- Vor dem Hintergrund des Standes der Technik liegt dem Klagepatent die – nicht explizit als solche gekennzeichnete – Aufgabe zugrunde, einen Tassenspender für In-Tassen-Verkäufe bereitzustellen, der eine höhere Tassenpackdichte als ein herkömmlicher Karussellspender aufweist. Dadurch kann eine größere Anzahl an Tassenstapeln in eine Verkaufsmaschine von vorbestimmter Größe eingebracht werden, was es ermöglicht, die Anzahl der angebotenen Getränke zu steigern und/oder die Häufigkeit des Nachfüllens der Verkaufsvorrichtung zu senken. Daneben sollen die Anzahl und die Größe von Komponenten verringert werden. Schließlich wäre es nach der Klagepatentbeschreibung ebenso wünschenswert, wenn ein einzelner, an einer bestimmten Stelle in der Maschine angebrachter Mechanismus das Trennen der Tassen von allen Stapeln in der Maschine antreiben könnte, wodurch eine Verdopplung von Komponenten zwischen den Stapeln reduziert werden könnte (Abs. [0005]).
- Zur Lösung dieser Problemstellung sieht Patentanspruch 1 eine Kombination der folgenden Merkmale vor:
- 1. Tassenspender in Karussellbauart
- 1.1. mit einer Vielzahl von radial um eine Karussellachse beabstandet angeordneten Spendemechanismen zum Spenden von Tassen aus einer entsprechenden Vielzahl von Stapeln ineinandergeschachtelter Tassen.
- 2. Jeder Mechanismus weist auf:
- 2.1. vier oder mehr Tassentrennschnecken, die eine kreisförmige Tassenspendeöffnung bilden;
- 2.2. zwei äußere Tassentrennschnecken,
- 2.2.1. die auf einer ersten Hälfte eines Umfanges der Tassenspendeöffnung angeordnet sind
- und
- 2.2.2. voneinander einen ersten Abstand aufweisen;
- 2.3. zwei innere Tassentrennschnecken,
- 2.3.1. die auf einer zweiten Hälfte der Öffnung angeordnet sind
- und
- 2.3.2. voneinander einen zweiten Abstand aufweisen.
- 2.3.2.1. Der zweite Abstand ist kleiner ist als der erste Abstand.
- 3. Benachbarte Spendemechanismen sind nahe aneinander in dem Spender angeordnet,
- 3.1. so dass der kleinste Abstand zwischen benachbarten Tassenspendeöffnungen ca. 25 Millimeter oder weniger beträgt.
- 3.
Dass beide angegriffenen Ausführungsformen von der durch Patentanspruch 1 unter Schutz gestellten technischen Lehre des Klagepatentes wortsinngemäßen Gebrauch machen, steht zwischen den Parteien auch in der zweiten Instanz zu Recht nicht in Streit. Weitere Ausführungen zu diesem Themenkreis erübrigen sich daher. - 4.
Sind bei der angegriffenen Ausführungsform I damit unstreitig sämtliche Voraussetzungen einer unmittelbaren Verletzung des Klagepatents verwirklicht, kann die Klägerin von den Beklagten Unterlassung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung sowie Schadenersatz verlangen. Entsprechende Ansprüche stehen ihr aus § 139 Abs. 1 und 2, § 140b Abs. 1 und 3 PatG i.V.m. §§ 242, 259 BGB zu. Darüber hinaus besteht auch im Hinblick auf die Verurteilung der Beklagten zu 1) zum Rückruf und zur Vernichtung sowie in Bezug auf die Feststellung der Entschädigungspflicht für eine Abänderung des erstinstanzlichen Urteils kein Anlass. Die diesbezügliche Verurteilung findet ihre Grundlage in §§ 140a Abs. 1 und 3, 33 Abs. 1 PatG. Soweit sich aus den nachfolgenden Ausführungen nichts Abweichendes ergibt, wird zur Vermeidung von Wiederholungen vollumfänglich auf die zutreffenden Erwägungen im erstinstanzlichen Urteil Bezug genommen. - a)
Ohne Erfolg wenden sich die Beklagten und die Streithelferin mit ihrer Berufung gegen die Verurteilung zur Rechnungslegung über die Lieferung befüllter Getränkebecher („HCups“) zur Verwendung in den durch die Beklagte zu 1) gelieferten Vorrichtungen einschließlich der geschlossenen Wartungsverträge (erstinstanzlicher Tenor Ziff. I.4.). - aa)
Für das Bestehen eines solchen Rechnungslegungsanspruchs ist nicht entscheidend, ob die Beklagten diese Umsatzgeschäfte allein dem Umstand verdanken, dass sie den patentgeschützten Gegenstand in einer patentgemäßen und nicht in einer schutzrechtsfreien Ausgestaltung angeboten haben (OLG Karlsruhe, GRUR 2022, 641, 647 – Polsterumarbeitungsmaschine). - Der Rechnungslegungsanspruch dient der Ermittlung, Bezifferung und Durchsetzung des der Klägerin zustehenden Schadenersatzanspruchs aus § 139 Abs. 2 PatG. Im Rahmen dieses Rechnungslegungsanspruchs hat der Verletzer all diejenigen Einzelheiten mitzuteilen, die der Kläger für die Ermittlung des Schadenersatzanspruchs benötigt. Er umfasst alle Angaben, die es dem Kläger erlauben, seinen Schaden wahlweise nach einer der drei Berechnungsmethoden – der Lizenzanalogie, dem eigenen entgangenen Gewinn oder dem Verletzergewinn – zu bestimmen.
- Da der Patentinhaber frei zwischen den einzelnen Berechnungsmethoden des Schadenersatzes wählen kann und sich daher insbesondere auch nicht vor Auskunftserteilung und Rechnungslegung hinsichtlich der von ihm präferierten Form der Schadensberechnung festlegen muss (BGH, GRUR 2000, 226, 227 – Planungsmappe; GRUR 2008, 93 – Zerkleinerungsvorrichtung; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 14. Aufl., Abschn. I, Rz. 100), reicht es für das Bestehen eines Rechnungslegungsanspruchs, dass sich aus den die Verbrauchsmaterialien betreffenden Geschäften sowie den Wartungsverträgen ein Beitrag zum Verletzergewinn ergeben kann.
- Der Rechnungslegungsanspruch ist nicht auf solche Geschäftsvorfälle beschränkt, die tatsächlich und nachweislich einen Beitrag zum herauszugebenden Verletzergewinn leisten. Nur wenn die Auskunftserteilung und Rechnungslegung grundsätzlich alle Geschäftsvorfälle umfasst, die kausal auf dem Vertrieb der patentverletzenden Vorrichtung beruhen, ist der Berechtigte in der Lage zu überprüfen, ob und gegebenenfalls inwieweit der Verletzer auch insoweit herauszugebenden Gewinn aus der Patentverletzung gezogen hat. Bestimmte Arten von Geschäftsvorfällen unterfallen daher nur dann per se nicht der Rechnungslegung, wenn von vornherein ein Beitrag zum Verletzergewinn hinreichend sicher ausgeschlossen werden kann. Daher erstreckt sich die Verpflichtung zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung regelmäßig auch auf solche, durch Leasing- und Wartungsverträge sowie die Veräußerung von Verbrauchsmaterialien generierten Umsätze des Verletzers mit dem Abnehmer einer patentverletzenden Vorrichtung, die kausal auf der Veräußerung der patentverletzenden Vorrichtung beruhen können. Ob der aus diesen Umsatzgeschäften erzielte wirtschaftliche Ertrag gerade auf denjenigen Vorteilen beruht, die das Klagepatent gegenüber dem Stand der Technik zur Verfügung stellt, kann für den Umfang des herauszugebenden Verletzergewinns von Bedeutung sein, ist aber für die Verpflichtung zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung unerheblich (OLG Karlsruhe, GRUR 2022, 641, 647 f. – Polsterumarbeitungsmaschine; OLG Düsseldorf, Urt. v. 02.11.2008, Az.: I-2 U 82/02; LG Düsseldorf, InstGE 6, 136; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 14. Aufl., Abschn. D, Rz. 715). Allein auf diese Weise wird der Berechtigte in die Lage versetzt, für die Berechnung des Verletzergewinns relevante Vorgänge zu ermitteln und die Angaben des Verletzers zum erzielten Verletzergewinn zu überprüfen (OLG Karlsruhe, a.a.O.).
- bb)
Ausgehend von diesen Grundsätzen unterliegen die begehrten Informationen über die Lieferung von Verbrauchsmaterialien in Gestalt sog. „HCups“ einschließlich der zugrundeliegenden Verträge ebenso wie die Wartungsverträge der Verpflichtung zur Rechnungslegung. - (1)
Es gehört nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten zu ihrem Geschäftsmodell, ihren Kunden „HCup“-Warenautomaten kostenfrei zu überlassen und sie sodann auf der Basis einer Exklusivitätsvereinbarung mit ihren „HCup“-Produkten zu beliefern (vgl. jeweils Klageerwiderung v. 19.06.2020, S. 4 f. [Bl. 73 f. und 116 f. GA]). Zwar stellt die Streithelferin ein derartiges Geschäftsmodell in ihrer Berufungsbegründung in Abrede (vgl. Berufungsbegründung, S. 8, Bl. 584 GA); ihr diesbezügliches Vorbringen ist jedoch unbeachtlich, weil sie sich mit ihm unzulässigerweise in Widerspruch zum Vorbringen der durch sie unterstützten Hauptpartei setz, § 67 S. 1 Hs. 2 ZPO (vgl. BeckOK ZPO Vorwerk/Wolf/Dressler, 45. Edition, Stand: 01.07.2022, § 67 Rz. 17). Das durch die Beklagten selbst beschriebene Geschäftsmodell zeichnet sich dadurch aus, dass der maßgebliche Umsatz und Gewinn zumindest bei einem Teil der Kunden nicht mit dem Verkauf oder der Vermietung der Maschine, sondern mit der Lieferung des Verbrauchsmaterials erwirtschaftet wird. Soweit der Umsatz für das Verbrauchsmaterial bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise der Maschine und dort der Nutzung der patentgemäßen Funktionalität zuzurechnen ist, ist er anteilig ebenfalls dem Verletzergewinn zuzurechnen. Für die Überprüfung, ob der Verletzer einen Teil des mit dem patentverletzenden Erzeugnis erzielten Gewinns mittelbar über den Umsatz mit dem Verbrauchsmaterial erwirtschaftet und daher auch ein Teil des Umsatzes mit dem Verbrauchsmaterial möglicherweise unter diesem Gesichtspunkt zum Verletzergewinn beiträgt, benötigt die Klägerin die Angaben zu den Umsatzgeschäften mit Verbrauchsmaterial für die patentverletzenden Erzeugnisse. Entsprechendes gilt für die für die streitgegenständlichen Automaten ggf. geschlossenen Wartungsverträge (so auch: OLG Karlsruhe, GRUR 2022, 641, 648 – Polsterumarbeitungsmaschine). - (2)
Dass es sich bei den damit der Rechnungslegungspflicht unterliegenden „HCup“-Bechern unstreitig um Produkte handelt, die auch anderweitig als in den dem Klagepatent unterfallenden Automaten eingesetzt werden können, steht der Rechnungslegungspflicht nicht entgegen. Ebenso wenig ist es für das Bestehen der Pflicht zur Rechnungslegung Bedingung, dass die „HCup“-Becher nur deshalb abgesetzt werden konnten, weil der patentgeschützte Gegenstand schutzrechtsgemäß und nicht schutzrechtsfrei ausgestaltet war. Diese Fragen sind – was vorliegend keiner abschließenden Entscheidung bedarf – allenfalls auf der Ebene des Schadenersatzes, nicht aber für den vorgelagerten Rechnungslegungsanspruch relevant (ebenso: OLG Karlsruhe, GRUR 2022, 641, 647 – Polsterumarbeitungsmaschine). - Die Beklagten können ihrer Rechnungslegungspflicht weder vollumfänglich noch teilweise dadurch mit Erfolg entgehen, dass sie auf das Bestehen eines Erst- und eines Gebrauchtwarenmarktes für patentgemäß ausgestaltete Getränkeautomaten verweisen, auch wenn für die dort erworbenen Geräte keine Abnahmeverpflichtung besteht. Nachdem die Klägerin ihren Rechnungslegungsantrag von vornherein auf Automaten beschränkt hat, die von den Beklagten an Dritte überlassen wurden („…deren Erbringung bzw. Erfüllung unter Verwendung der … von ihr zum Gebrauch an Dritte überlassenen Vorrichtungen erfolgt ist“), unterfallen Lieferungen von „HCups“ an die Nutzer derartiger, von Dritten erworbener Geräte von vornherein nicht der Rechnungslegungspflicht.
- Soweit die Beklagten allerdings ergänzend dazu auch solche Lieferungen von Verbrauchsmaterial an Abnehmer aus der Rechnungslegungspflicht herausnehmen wollen, denen die Beklagten zuvor – jedoch ohne Abnahmeverpflichtung – einen Automaten geliefert haben, besteht dafür kein Grund. Abgesehen davon, dass bereits die Kammer zu Recht darauf hingewiesen hat, dass es die Beklagten damit in der Hand hätten, ihrer Verpflichtung zur Rechnungslegung allein durch eine entsprechende Vertragsgestaltung zu entgehen, haben die Beklagten auch ohne eine Verpflichtung zur Abnahme einer bestimmten Menge an „HCups“ über die Lieferung der Maschine eine entsprechende Nachfrage nach derartigen Verbrauchsmaterialien auf Abnehmerseite geschaffen, die ihnen ggf. weitere Absatzmöglichkeiten eröffnet. Der für das Entstehen der Rechnungslegungspflicht erforderliche Kausalzusammenhang ist damit gegeben. Ob und ggf. in welchem Umfang sich diese Lieferungen letztlich im Rahmen der Schadensberechnung niederschlagen, bedarf an dieser Stelle keiner Entscheidung. Für den Rechnungslegungsanspruch genügt die (hier bestehende) Möglichkeit, dass sich hieraus ein Beitrag zum Verletzergewinn ergibt.
- b)
Ohne Erfolg hat die Beklagte zu 1) in Bezug auf den Entschädigungsanspruch (§ 33 Abs. 1 PatG) und dem folgend auch hinsichtlich der die Zeit vor Patenterteilung betreffenden Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüche die Einrede der Verjährung erhoben. - aa)
Der Anspruch auf Entschädigung verjährt drei Jahre nach Anspruchsentstehung und Kenntniserlangung bzw. grob fahrlässiger Unkenntnis des Gläubigers von den anspruchsbegründenden Tatsachen und der Person des Schuldners, wobei die Frist mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem beides eingetreten ist, spätestens aber 10 Jahre ab Anspruchsentstehung. Zudem gilt die Besonderheit, dass die Verjährung frühestens ein Jahr nach Erteilung des Patents eintritt (§§ 33 Abs. 3, 141 S. 1 PatG,
§§ 195, 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB). - bb)
Konkreten Vortrag zur Kenntniserlangung ist die für die Voraussetzungen der Verjährung darlegungs- und beweisbelastete Beklagte zu 1) schuldig geblieben. Ebenso wenig hat sie hinreichende Tatsachen vorgetragen, aus denen sich eine grob fahrlässige Unkenntnis der Klägerin ableiten ließe. - Soweit die Beklagte zu 1) in diesem Zusammenhang auf die Ausstellung der streitgegenständlichen Automaten auf einer Messe im Jahr 2013 rekurriert, war die Klägerin zu diesem Zeitpunkt nicht Inhaberin des Klagepatents. Dieses wurde ihr erst 2018 übertragen, weshalb es auf die Kenntnis der damaligen Patentinhabern, der B Inc., ankommt (BGH, GRUR-RR 2017, 185 – Derrick; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 14. Aufl., Abschn. E, Rz. 802). Für deren Kenntnis hat die Beklagte zu 1) über bloße Spekulationen hinausgehend nichts vorgetragen. Eine allgemeine Wissenszurechnung im Konzern findet demgegenüber nicht statt (BGH, GRUR 2009, 794, 795 – Auskunft über Tintenpatronen; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.07.2008, 2 W 60/06, BeckRS 2009, 19731).
- Hinzu kommt, dass es auch an hinreichendem Vortrag für eine entsprechende Kenntnis der Klägerin fehlt. Hierfür reicht es nicht, dass der Geschäftsführer der Rechtsvorgängerin – worauf die Beklagte zu 1) abstellen will – aufgrund eines Messeauftritts „Kenntnis von der Nutzung des patentverletzenden Erzeugnisses“ und damit des Getränkeautomaten hatte. Einen solchen Automaten stellt das Klagepatent nicht unter Schutz. Es beschäftigt sich vielmehr allein mit dem darin enthaltenen Tassenspender, der sich insbesondere durch vier, trapezförmig angeordnete Tassentrennschnecken auszeichnet. Dass dieser Mechanismus auf der Messe präsentiert oder zumindest aufgrund der dort ausgestellten Automaten erkennbar war, behauptet auch die Beklagte zu 1) nicht. Ebenso wenig finden sich in ihren Ausführungen Hinweise auf den Inhalt der auf der Messe geführten Gespräche.
- c)
Mit dem durch sie zunächst allein erhobenen, die Verurteilung zur Vernichtung und zum Rückruf betreffenden Unverhältnismäßigkeitseinwand kann die Streithelferin bereits aus prozessualen Gründen nicht gehört werden. Gleiches gilt, soweit auch die Beklagte zu 1) im Laufe des Berufungsverfahrens diesen Einwand thematisiert hat. - aa)
Der Streithelfer kann sowohl neben als auch dann, wenn die Partei ihrerseits von einer ihr eingeräumten Rechtsmittelmöglichkeit keinen Gebrauch macht, ohne die Partei gegen eine im Verfahren ergangene Entscheidung Rechtsmittel einlegen (BGH, NJW 1985, 2480; NJW 1990, 190; 1997, 2385, 2386; BeckOK ZPO, Vorwerk/Wolf/Dressler, 45. Edition, Stand: 01.07.2022, § 67 Rz. 11; Cepl/Voß/Thomas, Prozesskommentar zur ZPO, 2. Aufl., § 67 Rz. 3). In beiden Fällen ist sein Rechtsmittel stets für die Partei eingelegt, wobei es sich bei einem Nebeneinander um ein einheitliches Rechtsmittel handelt, das von der Partei und dem Nebenintervenienten geführt wird (BGH, NJW-RR 2006, 644; NJW 2012, 1042; BeckRS 2011, 26797; 2017, 236, 238; GRUR 2022, 59 – Diskontinuierliche Funkverbindung). Der Streithelfer selbst erlangt dabei keine Parteirolle (BGH NJW-RR 2022, 942; NJW-RR 2022, 404; BeckOK a.a.O.). - Da der Nebenintervenient nur die Partei in ihrer Prozessführung unterstützen, nicht aber den Rechtsstreit selbständig führen soll, kann er nicht wirksam Erklärungen abgeben, Sachvortrag halten und Prozesshandlungen vornehmen, die mit dem Willen der unterstützten Partei nicht vereinbar sind (BGH, NJW 1976, 292; NJW-RR 1999, 285; NJW 2007, 632, 634; BGHZ 165, 358, 361 = NJW 2009, 3240 f.; Musielak/Voit/Weth, ZPO, 19. Aufl., § 67 Rz. 9; MüKo ZPO/Schultes, 6. Aufl., § 67 Rz. 10). Er darf sich grundsätzlich nicht in Widerspruch zu Erklärungen der unterstützten Partei im Prozess stellen (BGH, MDR 2007, 1442; OLG Hamm, MDR 1998, 286; Cepl/Voß/Thomas, a.a.O., § 68, Rz. 12; Zöller, a.a.O., § 67 Rz. 9). Ein entsprechender entgegenstehender Wille der Partei kann sich sowohl aus ausdrücklichen Erklärungen der Partei als auch aus deren eigenem Prozessverhalten ergeben (BGH, NJW-RR 2008, 261; Urt. v. 09.02.2017, Az.: I ZR 91/15, BeckRS 2017, 101997, Rz. 19; BeckOK, a.a.O., § 67 Rz. 16; Musielak/Voit, a.a.O.). Er kann aber auch aus konkludentem Verhalten der Partei zu folgern sein, wenn Erklärungen und Handlungen des Nebenintervenienten in der Sache mit dem prozessualen Vorgehen der Partei unvereinbar sind (BGH, Urt. v. 26.04.2022, Az.: VI ZR 1321/20, BeckRS 2022, 118889, Rz. 13; OLG Jena, Teilurt. v. 24.11.2010, Az.: 6 U 906/04, BeckRS 2011, 25980).
- bb)
Gemessen daran kann die Streithelferin die Verurteilung der Beklagten zu 1) zum Rückruf sowie zur Vernichtung nicht mit Erfolg angreifen. - Auch wenn ein Streithelfer einen weitergehenden Berufungsantrag als die durch ihn unterstützte Partei stellen kann, wenn diese den weitergehenden Antrag in der ersten Instanz verfolgt und der Streithelfer Berufung eingelegt hat (OLG Hamm, NJW-RR 1997, 1156; Zöller/Althammer, 34. Aufl., § 67 Rz. 9b), setzt auch ein solches Vorgehen voraus, dass die Partei mit dem weitergehenden Antrag des Streithelfers einverstanden ist. Auch in einem solchen Fall darf sich der Streithelfer nicht in Widerspruch zum Willen der Hauptpartei setzen. Genau einen solchen Widerspruch hat die Streithelferin jedoch durch ihr Vorbringen zur Unverhältnismäßigkeit des Rückrufs und der Vernichtung herbeigeführt. Die Beklagte zu 1) hat sich in ihrer Berufungsbegründung vom 25. Februar 2022 (Bl. 597 f. GA) ausdrücklich zum Umfang der Anfechtung des erstinstanzlichen Urteils erklärt und klargestellt, dass sie dieses in Bezug auf die angegriffene Ausführungsform I nur im Hinblick auf die Verurteilung zur Rechnungslegung sowie hinsichtlich der zugesprochenen Entschädigung angreifen will. Diese ausdrückliche Klarstellung lässt sich auch unter Berücksichtigung der durch die Beklagte zu 1) formulierten Anträge nicht anders verstehen als dahin, dass die Beklagte zu 1) das erstinstanzliche Urteil im Übrigen hinnehmen und damit insbesondere die Verurteilung zum Rückruf und zur Vernichtung nicht angreifen will. Dass ihr Vorbringen in der Berufungsbegründung genau so zu verstehen sein sollte, hat die Beklagte zu 1) in ihrer Berufungsreplik bestätigt, indem sie darauf rekurriert hat, eine Thematisierung der lediglich mit drei Tassentrennschnecken ausgestatteten Umgehungslösung sei für sie aufgrund eines auch im Hinblick auf diese Ausgestaltung drohenden (weiteren) Patentverletzungsverfahrens zunächst mit erheblichen wirtschaftlichen Risiken verbunden gewesen, die sie nicht eingehen konnte und wollte. Dieses Risiko sei erst entfallen, als der Prozessbevollmächtigte der Klägerin im Sommer 2022 (Anm.: und damit weit nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist) klargestellt habe, dass derartige Gestaltungen von Klägerseite nicht als patentverletzend angesehen würden. Ohne eine Erwähnung der nur drei Tassentrennschnecken lässt sich der Unverhältnismäßigkeitseinwand nicht schlüssig begründen, weshalb die Beklagte zu 1) – aus ihrer Sicht konsequent – mit ihrer Berufung die Verurteilung zum Rückruf und zur Vernichtung nicht angegriffen hat. Zu diesem erklärten Willen setzt sich die Streithelferin in Widerspruch, wenn sie die Verurteilung zum Rückruf und zur Vernichtung beanstandet und auch insoweit Klageabweisung beantragt. Dass sich die Beklagte zu 1) erstmalig in ihrer Berufungsreplik dem Vorbringen der Streithelferin angeschlossen hat und doch noch auf den Unverhältnismäßigkeitseinwand zurückgekommen ist, vermag an dem vorstehenden Befund schon deshalb nichts zu ändern, weil das erstinstanzliche Urteil im Hinblick auf die Verurteilung zur Vernichtung und zum Rückruf angesichts der zwischenzeitlich abgelaufenen Berufungsbegründungsfrist in Rechtskraft erwachsen ist.
- cc)
Wollte man dies anders sehen, hat das Vorbringen der Beklagten zur Unverhältnismäßigkeit der Rückruf- und Vernichtungsansprüche jedenfalls unter Präklusionsgesichtspunkten außer Betracht zu bleiben. - Die vermeintliche Unverhältnismäßigkeit der vorgenannten Ansprüche war erstinstanzlich kein Thema. Soweit die Streitverkündete erstinstanzlich vorgetragen hat, die durch sie seit dem Sommer 2019 hergestellten (sic!) Automaten wiesen lediglich drei Tassentrennschnecken auf, lassen sich daraus keinerlei Rückschlüsse auf die Behandlung von Altautomaten und insbesondere auf deren Umbau ziehen. Insbesondere lässt das Vorbringen der Streithelferin nicht im Ansatz erkennen, dass von ihr für derartige Automaten patentfreie Viertelbasen mit nur drei Tassentrennschnecken angeboten wurden. Derartiges lässt sich insbesondere auch nicht in die allgemein gehaltene, nicht näher spezifizierte Behauptung hineinlesen, die streitgegenständlichen Ausführungsformen würden weder be- noch vertrieben, weshalb es im hiesigen Rechtsstreit nicht um einen Unterlassungs-, sondern lediglich um einen Schadenersatzanspruch gehe (vgl. Schriftsatz v. 13.08.2021, S. 4 unten, Bl. 319 GA). Daraus, dass die Beklagten den Unterlassungsanspruch anerkannt haben, lassen sich schon deshalb keine Rückschlüsse auf die Behandlung von Altautomaten und deren Umbau ziehen, weil die Beklagten die Hintergründe ihres Teil-Anerkenntnisses erstinstanzlich nicht erläutert haben. Selbst wenn – was zu Gunsten der Streithelferin unterstellt werden kann – ein solches Anerkenntnis vor dem Hintergrund des Bestehens einer auch für Altgeräte bestehenden Umgehungslösung erfolgt ist, fehlte es erstinstanzlich an jeglichem Vortrag zu deren Gestaltung. Trägt die Streithelferin hierzu erstmalig in der Berufungsinstanz vor, handelt es sich daher nicht um eine Vertiefung erstinstanzlichen Vortrages, sondern um ein erstmaliges, den Präklusionsvorschriften (§§ 529, 531 ZPO) unterliegendes neues Vorbringen.
- Ob sich die streitgegenständlichen Automaten, wie von der Streithelferin behauptet, problemlos und kostengünstig durch den Austausch der Viertelbasen in eine patentfreie Ausgestaltung verwandeln lassen, bedarf daher vorliegend keiner Entscheidung. Die Klägerin hat nicht nur die Bereitstellung entsprechender, mit lediglich drei Tassentrennschnecken versehener und damit patentfreier Viertelbasen durch die Beklagte zu 1) bestritten, sondern auch die hinreichende Zuverlässigkeit einer solchen Abwandlung in Abrede gestellt (vgl. Berufungsreplik, S. 12 f., Bl. 714 f. GA). Die Ausführungen der Klägerin zur Unverhältnismäßigkeit sind daher neues tatsächliches Vorbringen in zweiter Instanz, das nur unter den Voraussetzungen der §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 S. 1 ZPO berücksichtigungsfähig ist. Für das Vorliegen eines entsprechenden Zulassungsgrundes ist nichts ersichtlich. Die Streithelferin hat nicht einmal den Versuch unternommen, ihr verspätetes Vorbringen zu rechtfertigen. Sie hat vielmehr im Gegenteil selbst vorgetragen, die mit einer neuen Spritzgussform hergestellten Viertelbasen mit originär nur drei Tassentrennschnecken seien ab August 2019 und damit weit vor der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung zur Verfügung gestellt worden. Ihr diesbezügliches Vorbringen ist daher präkludiert und dementsprechend nicht zuzulassen.
- Der Verweis der Beklagten zu 1) auf mögliche Prozessrisiken in Bezug auf die Ausgestaltung der Umgehungslösung mit drei Tassentrennschnecken führt zu keinem anderen Ergebnis. Es ist an der Beklagten zu 1), derartige Prozessrisiken jederzeit abzuwägen und davon ausgehend eine Prozessstrategie zu entwickeln. Entscheidet sie sich dazu, einen bestimmten Einwand aufgrund der damit verbundenen Risiken bewusst nicht zu erheben, muss sie sich daran festhalten lassen und die entsprechenden Konsequenzen – hier: Nichtberücksichtigung ihres Einwandes – tragen. Für eine Zulassung ihres Vorbringens lässt § 531 Abs. 2 ZPO in einem solchen Fall keinen Raum.
- d)
Soweit die Streithelferin schließlich die Verurteilung zum Schadenersatz beanstandet, setzt sie sich auch damit in Widerspruch zum erklärten Willen der Beklagten zum Umfang der Anfechtung der erstinstanzlichen Entscheidung. Insoweit gelten die Ausführungen zum Rückruf und zur Vernichtung entsprechend. - Abgesehen davon begehrt die Klägerin vorliegend ausschließlich die Feststellung der Schadenersatzpflicht dem Grunde nach, bezogen auf das Angebot und den Vertrieb von Tassenspendern. Die Frage, ob und ggf. in welchem Umfang die Verbrauchsmaterialien bei der Schadensberechnung Berücksichtigung finden müssen, bedarf daher im vorliegenden Verfahren keiner Beantwortung. Ebenso wenig entscheidungserheblich ist das vermeintlich fehlende Verschulden der Streithelferin. Die Beklagten handelten nach den unangegriffen gebliebenen Feststellungen des Landgerichts selbst schuldhaft. Auch dieser Berufungsangriff geht daher von vornherein ins Leere. Gleiches gilt schließlich auch für den weiteren Hinweis auf die vermeintliche gesamtschuldnerische Haftung verschiedener Teilnehmer der Vertriebskette. Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Feststellung der Schadenersatzpflicht der Beklagten für deren Angebot und Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen. Zwar kann der Schutzrechtsinhaber, der sich vom Hersteller den durch die Herstellung und den Vertrieb verursachten Schaden ersetzen lässt, nicht mehr gegen unmittelbare oder mittelbare Abnehmer des Verletzers mit Schadenersatz- und Unterlassungsansprüchen vorgehen (OLG Düsseldorf, GRUR 1939, 365, 367 – Spritztütenmaschine; Sack, WRP 1999, 1088, 1107; GRUR 1999, 193, 197). Dabei handelt es sich aber lediglich um eine Frage der Erschöpfung, die – da sich die Klägerin, soweit ersichtlich, den ihr entstanden Schaden bisher nicht hat erstatten lassen – für den vorliegenden Fall keine Relevanz besitzt. Eine gesamtschuldnerische Haftung zwischen dem Hersteller und ihm in der Vertriebskette nachgelagerten Händlern lässt sich mit diesen Erwägungen nicht begründen.
- 5.
In Bezug auf die angegriffene Ausführungsform II ist der von den Beklagten erhobene Einwand der Erschöpfung begründet, weshalb der Klägerin die hinsichtlich dieser Ausführungsform geltend gemachten Ansprüche nicht zustehen. - a)
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist das Ausschließlichkeitsrecht aus einem Patent, das ein Erzeugnis betrifft, hinsichtlich solcher Exemplare des geschützten Erzeugnisses erschöpft, die vom Patentinhaber oder mit seiner Zustimmung in Verkehr gebracht worden sind. Die rechtmäßigen Erwerber wie auch diesen nachfolgende Dritterwerber – einschließlich Wettbewerber des Patentinhabers – sind befugt, diese Exemplare bestimmungsgemäß zu gebrauchen, an Dritte zu veräußern oder zu einem dieser Zwecke Dritten anzubieten (vgl. nur BGH, GRUR 2018, 170, 173 – Trommeleinheit; GRUR 2012, 1118, 1119 – Palettenbehälter II; BGHZ 171, 167 Rz. 27 = GRUR 2007, 769 – Pipettensystem). - Gegenstand der Erschöpfung ist das patentgeschützte Erzeugnis. Daran ändert sich nichts, wenn es als solches nicht im Geschäftsverkehr gehandelt wird. Auch der Bezugspunkt der Erschöpfung bleibt in diesem Fall der Patentanspruch, der dieses Erzeugnis schützt. Zumindest in dieser Konstellation ist daher nicht zwischen Gegenstand und Bezugspunkt der Erschöpfung zu differenzieren. Die Rechte aus einem Patent bestehen an der Vorrichtung, die der Patentanspruch schützt. Das Ausschließlichkeitsrecht des Patentinhabers folgt allein aus diesem Anspruch und kann daher auch nur soweit reichen wie dessen Schutzbereich. Umfang und Reichweite des Ausschließlichkeitsrechts werden mithin vom Anspruch bestimmt, so dass dieser dem Patentinhaber jenseits seines Schutzbereichs auch keinerlei Rechte gewährt. Ausgeübt und durch das erstmalige Inverkehrbringen eines patentgeschützten Erzeugnisses verbraucht werden kann ein Recht dementsprechend ebenfalls nur, soweit es besteht. Darüber hinaus kann sich der Patentinhaber nicht seiner „Rechte“ begeben, da er solche nicht besitzt. Wie weit die Ausübung und der Verbrauch des Ausschließlichkeitsrechts reichen und worauf sie sich beziehen, lässt sich daher nur anhand des Patentanspruchs mit der gebotenen Rechtssicherheit feststellen. Dies gilt auch dann, wenn das patentgeschützte Erzeugnis kein selbständiger Gegenstand des Warenverkehrs ist, sondern nur als Bestandteil einer Gesamtvorrichtung gehandelt wird. Dass das patentgeschützte Erzeugnis nur ein Teil des gehandelten Wirtschaftsgutes ist, ändert nichts an dem rechtlichen Ansatz, dass das Ausschließlichkeitsrecht des Patentinhabers vom Anspruch bestimmt und begrenzt wird. Durch das Inverkehrbringen der Gesamtvorrichtung wächst das Recht des Patentinhabers keineswegs an oder verändert sich; sein (positives) Benutzungs- und sein Verbietungsrecht sind nach wie vor nur an den Anspruch geknüpft. Der Patentinhaber kann auf diese Weise mithin nur sein Ausschließlichkeitsrecht mit Blick auf das durch den Anspruch geschützte Erzeugnis ausüben und somit erschöpfen. Allein das patentgeschützte Erzeugnis wird hierdurch gemeinfrei (BGH, GRUR 2018, 170, 173 – Trommeleinheit; OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.04.2017, Az.: I-15 U 68/15, BeckRS 2017, 110549, Rz. 104 f. – Prozesskartusche; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 14. Aufl., Abschn. E, Rz. 712; Benkard/Grabinski/Zülch, Patentgesetz, 11. Aufl., § 139 Rz. 10).
- b)
Ausgehend von diesen Grundsätzen sind die Rechte der Klägerin an dem Tassenspender des streitgegenständlichen Automaten des Typs „F“ vorliegend erschöpft. Es kann dahinstehen, ob der durch die Klägerin bei der „K“ GmbH aufgefundene Automat tatsächlich, wie von den Beklagten behauptet, aus einem Pool von Automaten stammt, welche die „I“ Automatenservice GmbH & Co. KG von der B Drinks GmbH über die Jahre erworben hat. Einer Beweisaufnahme durch Vernehmung der zu dieser Frage benannten Zeugen bedarf es schon deshalb nicht, weil bereits das eigene Vorbringen der Klägerin, welches sich die Beklagten hilfsweise zu Eigen machen, den Einwand der Erschöpfung trägt. - aa)
Soweit die Beklagten den durch sie erhobenen Erschöpfungseinwand allerdings damit begründen wollen, die Klägerin habe ihrer Schwestergesellschaft in UK die Verfügungsgewalt über die streitgegenständliche F-Maschine verschafft (vgl. Berufungsbegründung der Beklagten zu 1), S. 10 – 12), kann dieses Vorbringen dem Erschöpfungseinwand von vornherein nicht zum Erfolg verhelfen, weil die Klägerin klargestellt hat, dass die streitgegenständliche Maschine von der Schwestergesellschaft der Klägerin selbst hergestellt und anschließend von dieser vertrieben wurde (vgl. Prot. der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung, S. 3, 3. Abs.; Berufungserwiderung, S. 5, Rz. 13). Abgesehen davon führt eine rein konzerninterne und mit einem innerbetrieblichen Vorgang vergleichbare Warenbewegung ohnehin nicht zur Gemeinfreiheit der Ware (zum UrhR: BGH, GRUR 1982, 100 – Schallplattenexport; OLG Hamburg, GRUR 1985, 923 – Imidazol; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 14. Aufl., Abschn. E, Rz. 762; Mes, Patentgesetz, 5. Aufl., § 9 Rz. 83; Benkard, Patentgesetz, 11. Aufl., § 9 Rz. 17; Haedicke/Timmann/Bukow, 2. Aufl., § 13 Rz. 62). - bb)
Ebenso wenig ist die Tassenspendeeinheit des streitgegegenständlichen Automaten dadurch gemeinfrei geworden, dass die Schwestergesellschaft der Klägerin den Automaten als Operator betrieben hat. - Allein durch einen solchen Betrieb sind die Ausschließlichkeitsrechte der Klägerin in der Regel nicht verbraucht. Der Grundsatz der Erschöpfung gründet in der Überlegung, dass der Berechtigte seine Ausschließlichkeitsrechte nur ein einziges Mal, nämlich bei der ersten Veräußerung der patentgeschützten Sache, geltend machen kann (BGH, GRUR 1998, 130, 132 – Handhabungsgerät; GRUR 2018, 170, 173 – Trommeleinheit; Mes, Patentgesetz, 5. Aufl., § 9 Rz. 83). Bringt der Patentinhaber selbst oder ein mit dessen Zustimmung handelnder Dritter das patentierte Erzeugnis oder das unmittelbare Erzeugnis eines patentierten Verfahrens in einem der Vertragsstaaten der Europäischen Union in Verkehr, unterliegen das weitere Inverkehrbringen, das Anbieten und der Gebrauch dieser Sache nicht mehr dem Verbietungsrecht aus dem Patent (Mes, Patentgesetz, 5. Aufl., § 9 Rz. 83; Ann, Patentrecht, 8. Aufl., § 33 Rz. 274 m.w.N.).
- Auch wenn der Tatbestand des Inverkehrbringens grundsätzlich in gleicher Weise wie unter dem Gesichtspunkt der Verletzung (§ 9 Nr. 1 PatG) und damit im Sinne einer Übertragung der tatsächlichen Verfügungsgewalt an dem Erzeugnis zu verstehen ist, besteht insoweit keine völlige und restlose Kongruenz, weil sie zu unangemessenen Ergebnissen führt. Ein Inverkehrbringen, das – wie hier das Aufstellen des Automaten – nicht auf eine Eigentumsverschaffung, sondern nur auf zeitweilige Gebrauchsüberlassung abzielt, bietet auch dann keine hinreichende Gelegenheit zur Realisierung des Marktwertes der Erfindung und rechtfertigt nicht die Anwendung des Erschöpfungsgrundsatzes, wenn das Geschäftsmodell des Patentinhabers maßgeblich auf einer solchen Gebrauchsüberlassung beruht (generell zur Frage der Gebrauchsüberlassung: Ann, Patentrecht, 8. Aufl., § 33 Rz. 286; Haedicke/Timmann/Bukow, 2. Aufl., § 13 Rz. 63; Reimer, GRURInt. 1972, 221, 227). Auch in einem solchen Fall ist der Patentinhaber in der Lage, einen (je nach vorausgegangener Zeitdauer der Gebrauchsüberlassung nicht unerheblichen) Teil des Marktwertes der Erfindung über die Veräußerung des unter Patentschutz stehenden Gegenstandes zu realisieren. Hinzu kommt, dass die Interessen desjenigen, der die Sache lediglich vorübergehend erhalten hat, nur begrenzt schützenswert sind, da er nicht davon ausgehen darf, dass er die Sache bei einer leihweisen Übergabe vollständig gemeinfrei (z.B. auch durch einen Weiterverkauf) benutzen darf (Haedicke/Timmann/Bukow, a.a.O.).
- Etwas anderes kann allerdings dann gelten, wenn sich durch den Betrieb der technische Zustand einer unter Schutz gestellten Gesamtvorrichtung dergestalt verschlechtert hat, dass diese tatsächlich verschrottungsreif ist. Rein betriebswirtschaftliche Erwägungen und insbesondere eventuell auf Seiten des Patentinhabers bestehende Abschreibungsmodelle sind dabei irrelevant. Die Gesamtvorrichtung muss aus technischen Gründen bei objektiver Betrachtung derart unbrauchbar sein, dass sich für sie keine andere Verwendungsmöglichkeit als die Verschrottung findet. Tritt ein solcher Zustand ein, hat der Patentinhaber zu diesem Zeitpunkt sämtliche Vorteile aus der Erfindung gezogen; diese wird gemeinfrei.
- Besonderheiten gelten jedoch in Fällen, bei denen das Patent – wie hier – lediglich ein Bauteil unter Schutz stellt. In derartigen Konstellationen sind die Betrachtungen allein auf dieses Bauteil zu fokussieren. Nur, wenn sich für dieses Bauteil allein aus technischen Gründen keine andere sinnvolle Verwendungsmöglichkeit mehr findet als die Verschrottung, tritt Erschöpfung ein. In allen anderen Fällen besteht der Patentschutz auch dann fort, wenn die Gesamtvorrichtung ihrerseits technisch gesehen schrottreif ist, so dass sich die Patentrechte dadurch, dass der Patentinhaber die Sache in Verkehr bringt, erschöpfen können.
- Auf den konkreten Fall gewendet kommt es allein auf die unter Schutz stehende Tassenspendeeinheit, nicht jedoch auf den gesamten Automaten an. Dafür, dass sich im Zeitpunkt der Beendigung der Nutzung des Automaten durch das Schwesterunternehmen der Klägerin für diesen Tassenspender keine andere Verwendungsmöglichkeit fand als die Vernichtung, fehlt es an Anhaltspunkten. Dies gilt umso mehr, da es offenbar einen Markt für entsprechende Ersatzteile gab. Abgesehen davon lässt das bisherige Parteivorbringen auch nicht die Feststellung zu, für den gesamten Automaten habe aus zwingenden technischen Gründen nur noch die Möglichkeit der Verschrottung bestanden. Ausgehend von dem eigenen Vortrag der Klägerin fand der von ihrem Schwesterunternehmen ausgemusterte Automat bei der „K“ GmbH Verwendung. Schon dies spricht dagegen, dass dieser Automat im Zeitpunkt der Beendigung der Nutzung durch das Schwesterunternehmen aus rein technischen Gründen schrottreif war. Eine Erschöpfung allein durch den Betrieb des Tassenspenders bis zu seiner technischen Schrottreife lässt sich daher ebenso wenig feststellen wie eine Schrottreife des gesamten Automaten. Gegenteiligen Vortrag leistet die Klägerin auch auf den ausführlichen gerichtlichen Hinweis im Senatsbeschluss vom 28.09.2022 nicht. Ihm ist vielmehr zu entnehmen, dass der Getränkeautomat insgesamt noch funktionsfähig gewesen sein kann und nur deshalb ausgemustert wurde, weil er Gebrauchsspuren aufgewiesen hat, deretwegen der Automat nicht weiter im Einsatz bleiben und auch nicht generalüberholt werden sollte.
- cc)
Eine Erschöpfung ist jedoch dadurch eingetreten, dass der bei der „K“ GmbH vorgefundene und die Grundlage des Verletzungsvorwurfs bildende Automat bereits nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin durch ihr Schwesterunternehmen 2016 an die „J“ (GB) Ltd. abgegeben wurde. Damit ist der die Erfindung verkörpernde Gegenstand, der Tassenspender dieses Automaten, unter Aufgabe der Verfügungsgewalt der Schwestergesellschaft in die Verfügungsgewalt eines Dritten, der „J“ (GB) Ltd., übergegangen, wodurch sich der wirtschaftliche Wert der Erfindung realisiert hat. Dass diese Überlassung gegen oder zumindest ohne den Willen und das Einverständnis der Klägerin bzw. der B Inc. als vormaliger Patentinhaberin erfolgte, behauptet selbst die Klägerin nicht. - (1)
Überlässt der Patentinhaber oder mit seinem Willen ein Dritter die unter Patentschutz stehende Sache einem Dritten, bringt er diese regelmäßig in Verkehr, wodurch er sein Ausschließlichkeitsrecht hinsichtlich dieses Erzeugnisses ausgeübt hat. Es besteht daher kein Grund mehr, ihm darüber hinaus Einwirkungsmöglichkeiten auf das weitere Schicksal desselben zu geben. Vielmehr ist es nunmehr allein Sache des – im Verhältnis zum Patentinhaber rechtmäßigen – Erwerbers, über dieses Erzeugnis zu verfügen (BGH, GRUR 1980, 38 f. – Fullplastverfahren; GRUR 1997, 116 f. – Prospekthalter; BeckOK Patentrecht Fitzner/Lutz/Bodewig/Ensthaler/Gollrad, 25. Edition, Stand: 15.07.2022, § 9 Rz. 18). Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn dem Dritten zwar der Besitz an der Sache verschafft wird, sich dieser aber gleichwohl weder in die Lage versetzt sieht, die Sache zu veräußern, noch diese zu gebrauchen, weil er diese unmittelbar und zwingend vernichten soll. In einem solchen Fall fehlt es bei Lichte gesehen an einem Inverkehrbringen als Grundvoraussetzung der Erschöpfung (vgl. hierzu: Ann, Patentrecht, 8. Aufl., § 33, Rz. 101 f.). Der mit der Vernichtung betraute Dritte handelt bei einer solchen Gestaltung letztlich nur als verlängerte Werkbank des Patentinhabers, indem er die Sache anstelle des Patentinhabers vernichtet. - (2)
Das Vorbringen der Klägerin lässt eine solche Feststellung nicht zu. Es bleibt daher beim Regelfall der mit der Überlassung der Sache an einen Dritten eintretenden Erschöpfung. - (a)
Nachdem das Schwesterunternehmen der Klägerin der „J“ (GB) Ltd. den in Rede stehenden Automaten überlassen hat, war diese von Gesetzes wegen in der Lage, über diesen Automaten und seine Bauteile zu verfügen und diese bei Bedarf einzeln oder in ihrer Gesamtheit zu veräußern. Weder der gesamte Automat noch der hier maßgebliche Tassenspender waren zu diesem Zeitpunkt – wie ausgeführt – derart schrottreif (technisch unbrauchbar), dass sie keiner anderen Verwertung als der Vernichtung mehr zugeführt werden konnten. War der Tassenspender im Zeitpunkt der Weitergabe des Automaten an die „J“ (GB) Ltd. noch voll funktionsfähig (wovon mangels anderweitigen Sachvortrages der Klägerin auszugehen ist, zumal die Klägerin die Tassenspendeeinheit im Verhandlungstermin vom 03.11.2022 selbst als praktisch verschleißfrei bezeichnet hat), so hat das Schwesterunternehmen der Klägerin diesen mit der Weitergabe in Verkehr gebracht. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn zwischen den vorgenannten Parteien eine die „J“ (GB) Ltd. rechtlich bindende Abrede bestand, dass die „J“ (GB) Ltd. weder zu einer Veräußerung des Automaten in Gänze noch zur Veräußerung einzelner Bauteile einschließlich des hier in Rede stehenden Tassenspenders berechtigt, sondern zur unmittelbaren und unverzüglichen Vernichtung des Automaten einschließlich des Tassenspendemechanismus verpflichtet war. - Auch wenn ein innerer, die Erschöpfung ausschließender Vorbehalt regelmäßig keine Beachtung finden darf (BGH, GRUR 2006, 863 – ex works; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 14. Aufl., Abschn. E, Rz. 715), ist der vorliegende Fall nicht anders zu behandeln als Sachverhaltskonstellationen, bei denen der Schutzrechtsinhaber den geschützten Gegenstand innerhalb der EU bzw. des EWR unter Verlust seiner Verfügungsgewalt einem Dritten (etwa dem Spediteur des Käufers) übergeben hat. Dort entscheiden die Einzelheiten des Transportvertrages über den Erschöpfungseinwand: Sehen sie vor, dass sich der Schutzrechtsinhaber noch innerhalb der EU der Verfügungsgewalt über die Sache begibt, tritt Erschöpfung ein, weil sich der Patentinhaber der Möglichkeit begeben hat, die Sache so zu dirigieren, dass die Ware in der EU nicht in den Verkehr gelangt. Behält der Schutzrechtsinhaber nach den Abreden des Transportvertrages hingegen bis zur EU-Grenze die Herrschaft darüber, was mit der Ware geschieht, fehlt es am Erschöpfungstatbestand (vgl. hierzu Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 14. Aufl., Abschn. E, Rz. 758 unter Bezugnahme auf EuGH, GRUR 2002, 156 – Davidoff; GRUR 2010, 723 – Coty Prestige/Simex Trading; BGH, GRUR 2021, 1191 – Hyundai-Grauimport). Auf den vorliegenden Fall gewendet kommt es somit darauf an, ob die Klägerin als Patentinhaberin bzw. ihr Schwesterunternehmen ungeachtet dessen, dass sie den Besitz an dem Automaten und damit insbesondere auch an dem darin enthaltenen (und für den Erschöpfungseinwand allein maßgeblichen) Tassenspender der „J“ (GB) Ltd. überlassen hat, aufgrund der mit dieser getroffenen Absprachen in der Lage war, die tatsächliche Vernichtung sicherzustellen, so dass der Automat weder in Gänze noch – worauf es vorliegend angesichts des auf den Tassenspender beschränkten Erfindungsgegenstandes ankommt – in Einzelteilen in den Rechtsverkehr gelangen konnte. Nur dann fehlt es an einem Inverkehrbringen als Grundlage der Erschöpfung.
- (b)
Für eine solche vertragliche Bindung finden sich im Vorbringen der Klägerin keine hinreichenden Anhaltspunkte. - (aa)
Auf den erst am 10.10.2016, d.h. mehrere Tage nach der Überlassung des Getränkeautomaten an die „J“ (GB) Ltd., in Kraft getretenen schriftlichen Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen im Bereich der Abfallentsorgung (Anl. WKS 6, 6a) zwischen der britischen Schwestergesellschaft der Klägerin und der „J“ (GB) Ltd. kann vorliegend schon deshalb nicht abgestellt werden, weil die Vertragsregelungen erst zu einem Zeitpunkt in Kraft getreten und wirksam geworden sind, zu dem der Getränkeautomat bereits in die Obhut der „J“ (GB) Ltd. entlassen war. - (bb)
Rechtliche Pflichten der „J“ (GB) Ltd. in Bezug auf den den Verletzungsvorwurf tragenden Getränkeautomaten können sich allein aus der Handhabung der ständigen Geschäftsbeziehung ergeben haben, welche die Klägerin für die Zeit seit dem Jahr 2010 behauptet. - Ihrem Vorbringen zufolge soll es sich bei der „J“ (GB) Ltd. um ein zertifiziertes Abfallentsorgungsunternehmen gehandelt haben, dessen sich die B Drinks UK bedient hat, um ihrer für die vertriebenen Produkte bestehenden gesetzlichen Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Entsorgung von Abfallmaterialien in Übereinstimmung mit den einschlägigen britischen sowie EU-Vorschriften nachzukommen. Eine gewisse Stütze findet diese Behauptung in dem vorgelegten „Certificate of Conformity“ (Anlage K 19) sowie der zur Akte gereichten „Consignment Note“ (Anlage K 22), die zwar nichts über die vertraglichen Vorgaben und Grundlagen im Vorfeld der durchgeführten Abfallentsorgung aussagen, die aber im Nachhinein mit Blick auf das von der „J“ (GB) Ltd. tatsächlich Unternommene jedenfalls das UK- und EU-konforme Recycling sowie eine entsprechende Entsorgung des Gerätes mit-samt seiner Komponenten bestätigen („Certificate“: „… have been recycled and disposed of to UK and EU environmental regulations“) und festhalten, dass 100 % des betreffenden Automaten recyled wurden („Consignment Note“). Daraus folgt freilich nicht, dass die B Drinks UK der „J“ (GB) Ltd. jeweils konkrete Vorgaben zur Art und Weise der vorzunehmenden Entsorgung gemacht hat. Insoweit ist schon unklar, ob die Bestätigung eines durchgeführten „Recycling“ den Begriff überhaupt rechtstechnisch im Sinne einer ganz bestimmten Maßnahme nach der Abfall-RL verwendet oder das Wort nicht bloß untechnisch nach Art eines umgangssprachlichen Oberbegriffs für jedwede Art der Abfallentsorgung gebraucht. Aber selbst wenn zugunsten der Klägerin ersteres angenommen wird, bedeutet der Umstand, dass der Getränkeautomat mit seinen Bestandteilen im Sinne der Abfall-RL „recycled“ wurde, noch nicht, dass die B Drinks UK genau hierzu eine Entsorgungsanweisung erteilt hatte. Wenn es bei undifferenziertem Entsorgungsauftrag im Nachgang tatsächlich zu einer gegenständlichen Vernichtung gekommen wäre, hat dies rechtlich schon deswegen keine Bedeutung, weil sich die Erschöpfung mit der Übergabe des Getränkeautomaten an die „J“ (GB) Ltd. einstellt und nicht mehr davon beeinflusst wird, wie der Entsorger im Anschluss daran tatsächlich mit der Sache verfährt. Der Akt des Inverkehrbringens verwirklicht sich nämlich schon mit der Überlassung an die „J“ (GB) Ltd., sofern dieser keine eindeutige Vernichtungspflicht für den Tassenspendemechanismus auferlegt ist.
- Dass der „J“ (GB) Ltd. im Zusammenhang mit dem Entsorgungsauftrag spezielle Handlungsanweisungen gegeben worden sind, die – jenseits der abfallrechtlichen Bestimmungen – Vorkehrungen dagegen treffen, dass es in Bezug auf funktionsfähig gebliebene, patentgeschützte Bestandteile des Getränkeautomaten zu einer Erschöpfung der Patentrechte kommt, behauptet die Klägerin nicht. Sie macht insbesondere nicht geltend, die „J“ (GB) Ltd. für den Fall, dass der in Takt gebliebene Tassenspendemechanismus nach den abfallrechtlichen Vorgaben wiederverwendet werden kann, in jedem Fall und unter allen Umständen zu vernichten ist. Vielmehr hat die B Drinks UK ihre Pflichten zur Abfallentsorgung generell und umfassend an die „J“ (GB) Ltd. delegiert, so dass sie (die B Drinks UK) mit Blick auf die dort (bei der „J“ (GB) Ltd.) anstehende „Dritt-Entsorgung“ des Getränkeautomaten nicht mehr erwarten konnte, als dass die „J“ (GB) Ltd. dasjenige unternimmt, wozu sie die einschlägigen Rechtsvorschriften anhalten. Soweit die Abfallgesetze Handlungsalternativen eröffnen, musste die B Drinks UK daher mit jeder Entsorgungsmaßnahme rechnen und hat diese dementsprechend auch gebilligt, die nach der geltenden Rechtslage möglich und erlaubt war. Soweit in Bezug auf wiederverwendbare Einzelkomponenten ein Gebrauchtwarenmarkt existierte, musste die B Drinks UK daher umso mehr eine solche Art der Entsorgung in Betracht ziehen, zumal die „J“ (GB) Ltd. im Rahmen der Erläuterung ihres Geschäftsmodells die Gewährleistung der maximalen Wiederverwendung eigens betont (vgl. Schriftsatz vom 09.11.2021, S. 12 f., Bl. 379 GA). Anderes würde nur dann gelten, wenn die „J“ (GB) Ltd. in der Vergangenheit von sich aus die funktionstüchtigen Tassenspendemechanismen durchgehend und ausnahmslos durch gegenständliche Vernichtung entsorgt hätte, so dass die B Drinks UK berechtigterweise darauf vertrauen durfte, dass auch mit Blick auf den streitgegenständlichen Automaten selbstverständlich nicht anders verfahren werden wird. Für ein solches Szenario – und sei es auch nur in Bezug auf andere, mit dem Tassenspendemechanismus vergleichbare Kunststoffteile des Getränkeautomaten – bietet das Vorbringen der Klägerin keinerlei Anhaltspunkte.
- Ohne besondere Vernichtungsabsprachen (für die nichts vorgetragen und auch nichts ersichtlich ist) konnte und durfte die B Drinks UK von einer Vernichtung des funktionsfähig gebliebenen Tassenspendemechanismus ihres Getränkeautomaten durch die „J“ (GB) Ltd. folglich nur ausgehen, wenn diese Art der Entsorgung gesetzlich alternativlos vorgeschrieben war. Das ist nicht zu erkennen. Wie die Klägerin selbst vorträgt, stellt es ein bevorzugtes und gegenüber dem „Recycling“ grundsätzlich vorrangiges Entsorgungsverfahren dar, Bestandteile (wie den Tassenspendemechanismus) von Erzeugnissen (Getränkeautomaten), die zu Abfällen geworden sind, zu prüfen, zu reinigen und zu reparieren, so dass sie (die funktionstüchtigen Erzeugnisbestandteile) ohne weitere Vorbehandlung wiederverwendet werden können (Vorbereitung zur Wiederverwendung). Weil dem so ist, war es nicht nur denkbar, sondern lag es geradezu auf der Hand, dass die „J“ (GB) Ltd. der ihr übertragenen Entsorgung des Getränkeautomaten in Bezug auf den Tassenspendemechanismus dadurch in gesetzlicher Weise nachkommen würde, dass sie den betreffenden Bestandteil demontiert und der Wiederverwendung zuführt. Indem die B Drinks UK den Getränkeautomaten dennoch in die Verfügungsgewalt der „J“ (GB) Ltd. gegeben hat, hat sie den patentgemäßen Tassenspender endgültig in Verkehr gebracht und dadurch die Patentrechte aus dem Klagepatent erschöpft.
- Eine abweichende Beurteilung könnte allenfalls dann geboten sein, wenn die Rangfolge der Entsorgungsmaßnahmen in dem Sinne unverrückbar verbindlich wäre, dass in denjenigen Fällen, in denen – wie hier – eine Vorbereitung zur Wiederverwendung möglich ist, unter keinen Umständen und auch nicht zum Schutz des hieran bestehenden geistigen Eigentums eine Vernichtung zulässig wäre. Dass die abfallrechtlichen Vorschriften in diesem Sinne zu verstehen wären, macht jedoch auch die Klägerin nicht geltend. Dafür besteht auch kein Anlass, weil die aus dem Klagepatent folgenden Eigentumsrechte nicht gegenüber dem Schutzgut der Entsorgungsvorschriften zurückzustehen haben.
- Auf die zwischen den Parteien streitige Frage, ob es speziell für Tassenspendeeinheiten einen Gebrauchtwarenmarkt gibt, kommt es bei allem nicht an. Die Klägerin räumt nämlich selbst ein, dass gebrauchte und vom Erstbesitzer ausgemusterte Getränkeautomaten jedenfalls als Ganzes auf dem Markt erscheinen. Sollte es deshalb – entgegen den Behauptungen der Beklagten zu 1) – keinen Gebrauchtwarenmarkt für Tassenspendeeinheiten geben, so war angesichts der eingeräumten Gepflogenheiten jedenfalls damit zu rechnen, dass bei einem insgesamt funktionsfähig gebliebenen oder durch eine Überholung wieder funktionsfähig gemachten Automaten ein Abnehmerkreis existiert, der es lohnend und sinnvoll macht, den Automaten, auch wenn ihn der Erstbesitzer (wie die Klägerin) nach seinen Maßstäben für ausmusterungsreif gehalten hat, zu veräußern, womit die patentgeschützte Tassenspendeeinheit des Automaten zwangsläufig in den Verkehr gelangt. Auf den Gegenstand des Klageangriffs trifft dieses Szenario ganz offensichtlich zu, weil der betreffende Automat nach der Ausmusterung bei der Klägerin einer weiteren regulären Verwendung zugeführt worden ist.
- 6.
Ist in Bezug auf den einzigen, durch die Klägerin zur Grundlage ihres Verletzungsvorwurfs gemachten Tassenspender Erschöpfung eingetreten, wäre es an ihr, weitere durch die Beklagte zu 1) eingesetzte oder zumindest angebotene Automaten zu benennen, hinsichtlich deren Tassenspender keine Erschöpfung eingetreten ist. Kommt sie dem – wie hier – nicht nach, ist die Klage in Bezug auf die angegriffene Ausführungsform II abweisungsreif. - III.
- Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO i.V.m. § 101 Abs. 1 ZPO. Soweit die Kammer in Bezug auf die angegriffene Ausführungsform I den auf das Teil-Anerkenntnis entfallenden Kostenanteil der Klägerin auferlegt hat, ist dies im Berufungsverfahren unangegriffen geblieben und hat dementsprechend Bestand.
- Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.
- Für eine Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung, weil die in § 543 ZPO aufgestellten Voraussetzungen dafür ersichtlich nicht gegeben sind. Es handelt sich um eine reine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung, mit der der Bundesgerichtshof auch nicht im Interesse einer Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung befasst werden muss (§ 543 Abs. 2 ZPO). Hinzu kommt, dass in Bezug auf die Frage der die Verbrauchsmaterialen und Wartungsverträge betreffenden Verpflichtung zur Rechnungslegung ohnehin zeitnah mit einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes zu rechnen ist (vgl. OLG Karlsruhe, GRUR 2022, 641).
- Das als Streitwertbeschwerde zu wertende Vorbringen der Streithelferin zum Streitwert geht ins Leere, nachdem das Landgericht für die Streithelferin keinen gesonderten Streitwert festgesetzt hat. Nichtsdestotrotz kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass sich die Klägerin mit ihrer Klage gegen zwei voneinander unabhängige Ausführungsformen richtet, wobei die Streithelferin klar zum Ausdruck gebracht hat, dass sie sich nur in Bezug auf die angegriffene Ausführungsform I („C“) am Rechtsstreit beteiligen will. Daher entspricht der auf sie entfallende Streitwert demjenigen, der auf diese Ausführungsform entfällt. Der Senat hat deshalb nunmehr klarstellend für beide Instanzen eine entsprechende Aufteilung des Streitwertes vorgenommen, wobei diese Aufteilung nunmehr auch bei der Berechnung der Kostenquoten Berücksichtigung gefunden hat.