4b O 3/22 – Schnellbefestigungseinrichtung

Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3283

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 14. März 2023, Az. 4b O 3/22

  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
  3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
  4.  Tatbestand
  5. Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents EP 2 XXX XXX B1 (Anlage KAP 05; im Folgenden: Klagepatent) auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung sowie Rückruf und Vernichtung in Anspruch. Ferner begehrt sie die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten dem Grunde nach und die Erstattung außergerichtlicher Kosten.
  6. Die Klägerin ist alleinberechtigte Inhaberin des Klagepatents. Das von der Klägerin am XXX angemeldete Klagepatent nimmt eine deutsche Priorität vom XXX in Anspruch. Der Tag der Veröffentlichung der Anmeldung ist der XXX. Den Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents hat das Europäische Patentamt am 17.12.2014 veröffentlicht. Das Klagepatent steht in Deutschland in Kraft und ist unter dem amtlichen Az. DE 50 2010 XXX XXX.2 validiert.
  7. Mit Schriftsatz vom 16.05.2022 erhob die Beklagte Nichtigkeitsklage gegen das Klagepatent vor dem Bundespatentgericht. Das Verfahren wird dort unter dem Aktenzeichen 7 Ni 4/22 (EP) geführt.
  8. Das Klagepatent betrifft eine Schnellbefestigungseinrichtung mit einer Führungsschiene, die an einer horizontal verlaufenden Stange befestigt ist.
  9. Die Klägerin stützt ihre Klage auf den Vorrichtungsanspruch 1, der lautet wie folgt:
  10. Schnellbefestigungseinrichtung mit einer Führungsschiene (6), die an einer horizontal verlaufenden Stange (3) befestigt ist, die an gegenüberliegenden Seiten jeweils einen abgebogenen Endabschnitt (4) aufweist, die an Pfosten (2) eines gitterartigen Seitenteils (1) festgelegt sind, wobei mindestens ein abgebogener Endabschnitt (4) durch eine mit der Führungsschiene (6) verbundene Klammer (10, 20, 20’, 30, 30’, 40, 50, 60, 60’, 70, 80) umgriffen ist, wobei an der Klammer (10, 20, 20’, 30, 30’, 40, 50,60, 60’, 70, 80) ein an einem Pfosten (2) auf der zur Führungsschiene (6) gewandeten Seite anliegender Anschlag (12, 17, 17’, 31, 31’, 42, 51, 64, 64’ 72, 82) ausgebildet ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Führungsschiene (6) oberhalb und nicht neben der horizontalen Stange (3) angeordnet ist.
    Wegen der weiteren, von der Klägerin im Wege von „insbesondere“-Anträgen geltend gemachten Unteransprüche wird auf das Klagepatent verwiesen.
  11. Zur Veranschaulichung der erfindungsgemäßen Lehre wird nachfolgend die Figur 1A der Patentbeschreibung wiedergegeben:
  12. Die Figur zeigt neben der Schnellbefestigungseinrichtung mitsamt Führungsschiene auch die an den Pfosten befestigte Stange mit gebogenem Endabschnitt.
  13. Die Klägerin wendet sich gegen Angebot und Vertrieb einer Auszugsschiene mit der Bezeichnung „XXX XXX“ (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform) durch die Beklagte. Die angegriffene Ausführungsform wird auf der Internetseite der Beklagten beworben wie folgt:
  14. Die Klägerin erwarb zwei Muster der angegriffenen Ausführungsform. Diese enthielten neben den Auszugsschienen auch die gitterartigen Seitenteile.
  15. Die Klägerin schickte der Beklagten am 18.02.2021 (Anlage KAP 1) eine Berechtigungsanfrage, auf die die Beklagte in einer E-Mail vom 07.04.2021 die Verletzung verneinte (Anlage KAP 2). Es folgte eine Abmahnung durch die Klägerin mit Schreiben vom 05.07.2021 (Anlage KAP 3), auf die die Beklagte mit Schreiben vom 26.07.2021 (Anlage KAP 4) reagierte und erneut eine Verletzung verneinte.
  16. Die Klägerin meint, dass Gegenstand des Anspruchs die Schnellbefestigungseinrichtung ohne Stange und Pfosten sei. Denn der geltend gemachte Klagepatentanspruch 1 enthalte in Bezug auf das gitterartige Seitenteil, den Pfosten und die horizontal verlaufenden Stangen lediglich Zweckangaben, so dass diese weiteren Elemente nicht Teil des Schutzgegenstandes seien.
  17. Für einen Anschlag im Sinne des Klagepatents sei außerdem eine gesonderte räumlich-körperliche Ausgestaltung nicht erforderlich, sondern könne durch die Klammer selbst verwirklicht werden. Der Anschlag werde dadurch spezifiziert, dass er am Pfosten anschlage und gerade dadurch ein weiteres Verschieben in Richtung des Pfostens verhindere. Es müsse sich dabei nicht um ein räumlich-körperlich von der Klammer abgrenzbares Teil handeln.
  18. Die Klägerin ist der Ansicht, dass sich das Klagepatent als rechtsbeständig erweisen werde.
  19. Die Klägerin beantragt,
  20. I. die Beklagte zu verurteilen,
  21. 1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00 – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Fall wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft an dem gesetzlichen Vertreter der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen
  22. Schnellbefestigungseinrichtungen mit einer Führungsschiene, die an einer horizontal verlaufenden Stange befestigt ist, die an gegenüberliegenden Seiten jeweils einen abgebogenen Endabschnitt aufweist, die an Pfosten eines gitterartigen Seitenteils festgelegt sind, wobei mindestens ein abgebogener Endabschnitt durch eine mit der Führungsschiene verbundene Klammer umgriffen ist, wobei an der Klammer ein an einem Pfosten auf der zur Führungsschiene gewandten Seite anliegender Anschlag ausgebildet ist
  23. in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
  24. wobei die Führungsschiene oberhalb und nicht neben der horizontalen Stange angeordnet ist;
    (unmittelbare Verletzung des Anspruchs 1)
  25. 2. der Klägerin in einer chronologisch geordneten und nach Jahren und Typen gegliederten Aufstellung darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie die zu I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 17.12.2014 begangen hat, und zwar unter Angabe
  26. a) der Namen und der Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
  27. b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für welche die Schnellbefestigungseinrichtungen bestimmt waren,
  28. c) der Menge der ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Schnellbefestigungseinrichtungen sowie über die Preise, die für die betreffenden Schnellbefestigungseinrichtungen bezahlt wurden;
  29. wobei
  30. – zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind,
  31. – geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen,
  32. – die Aufstellung mit den Daten der Auskunft in einer elektronisch auswertbaren Form zu übermitteln ist; und
  33. 3. der Klägerin in einer chronologisch geordneten und nach Jahren und Typen gegliederten Aufstellung darüber Rechnung zu legen in welchem Umfang sie die zu I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 17.01.2015 begangen hat, und zwar unter der Angabe
  34. a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen und den jeweiligen Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer, einschließlich der Verkaufsstellen für die die Schnellbefestigungseinrichtungen bestimmt waren,
  35. b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen und den jeweiligen Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
  36. c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internet-Werbung der Domain, den Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume, und bei direkter Werbung, wie Rundbriefen, den Namen und Anschriften der Empfänger,
  37. d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
  38. wobei
  39. – die Aufstellung mit den Daten der Rechnungslegung in einer mittels EDV auswertbaren, elektronischen Form zu übermitteln ist; und
  40. – es der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn zugleich ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
  41. II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I.1. bezeichneten, seit dem 17.01.2015 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird;
  42. III. die Beklagte weiter zu verurteilen, die in der Bundesrepublik Deutschland in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz und/oder Eigentum befindlichen, oben unter I.1. fallenden Vorrichtungen auf eigene Kosten zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten – Kosten herauszugeben;
  43. IV. die Beklagte weiter zu verurteilen, die unter I.1. bezeichneten, seit dem 17.12.2014 im Besitz gewerblicher Abnehmer befindlichen Schnellbefestigungseinrichtungen aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem die gewerblichen Abnehmer, denen durch die Beklagte oder mit deren Zustimmung Besitz an den Schnellbefestigungseinrichtungen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatents erkannt hat, schriftlich und ernsthaft aufgefordert werden, die Schnellbefestigungseinrichtungen an die Beklagten zurückzugeben und den gewerblichen Abnehmern für den Fall der Rückgabe der Schnellbefestigungseinrichtungen eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe zugesagt wird und die erfolgreich zurückgerufenen Schnellbefestigungseinrichtungen wieder an sich zu nehmen;
  44. V. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR 8.864,32 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen;
  45. Die Beklagte beantragt,
  46. die Klage abzuweisen;
  47. hilfsweise den Rechtsstreit bis zur Entscheidung über die gegen das Klagepatent gerichtete Nichtigkeitsklage (Az. 7 Ni 4/22 (EP)) auszusetzen;
  48. weiter hilfsweise, den Beklagten nachzulassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung der Klägerin abzuwenden.
  49. Die Beklagte meint, dass die angegriffene Ausführungsform die erfindungsgemäße Lehre nicht verwirkliche.
  50. Der Wortlaut des Klagepatents sei dahingehend zu verstehen, dass die erfindungsgemäße Lehre eine Schnellbefestigungseinrichtung nicht im unbefestigten Zustand, sondern in ihrem an einer horizontal verlaufenden Stange befestigten Zustand schütze. Auch bei dem im Klagepatent genannten Umgreifen eines abgebogenen Endabschnitts durch die Klammer handele es sich nicht lediglich um eine Zweckangabe.
  51. Sie meint außerdem, dass der Anschlag räumlich-körperlich von der Klammer unterscheidbar sein müsse. Derjenige Teil der Klammer, der den abgebogenen Endabschnitt der Klammer umgreife, könne nicht gleichzeitig der Anschlag sein.
  52. Die Beklagte ist der Ansicht, dass die angegriffene Ausführungsform die klagepatentgemäße Lehre nicht verwirkliche. Denn sie weise keinen Anschlag auf, der an einer Klammer ausgebildet sei und an einem Pfosten auf der zur Führungsschiene gewandten Seite anliege. Vielmehr sei die angegriffene Ausführungsform auf der Stange mit einem horizontalen Spiel befestigt.
  53. Die Beklagte meint außerdem, dass die angegriffene Ausführungsform die erfindungsgemäße Lehre auch deshalb nicht verwirkliche, weil diese lediglich ein Schnellbefestigungselement, nicht aber auch ein gitterartiges Seitenteil, umfasse.
  54. Die Beklagte ist zudem der Ansicht, dass die Entgegenhaltungen WO 2010/XXX XXX A1 und WO 2007/XXX XXX A1 die erfindungsgemäße Lehre neuheitsschädlich vorwegnehmen würden, soweit man der Klägerin in der weiten Auslegung des klagepatentgemäßen Anschlags folgen würde.
  55. Entscheidungsgründe
  56. Die zulässige Klage ist unbegründet.
  57. A
    Die Klägerin hat gegen die Beklagten keine Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Vernichtung und Rückruf sowie Schadensersatz dem Grunde nach aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. §§ 139 Abs. 1, 2, 140a Abs. 1 und 3, 140b Abs. 1 und 3 PatG, §§ 242, 259 BGB.
  58. I.
    Das Klagepatent betrifft eine Schnellbefestigungseinrichtung mit einer Führungsschiene, die an einer horizontal verlaufenden Stange befestigst ist, siehe Absatz [0001] des Klagepatents (alle folgenden, nicht näher bezeichneten Absätze sind solche des Klagepatents).
  59. Das Klagepatent beschreibt in den Absätzen [0002] und [0003] zwei aus dem Stand der Technik bekannte Schnellbefestigungselemente. Zunächst wird auf die WO 2007/XXX XXX verwiesen, die ein Schnellbefestigungselement zur Befestigung einer Führungsschiene einer Ausziehführung an einem gitterartigen Seitenteil offenbare. Dazu werde die horizontale Stange in einem abgewinkelten Endbereich durch einen klammerartigen Halteabschnitt jeweils umgriffen, so dass die beiden Halteabschnitte in eine Richtung parallel zu den abgewinkelten Endabschnitten aufgeschoben werden könnten. Dies ermögliche zwar eine einfache Montage, allerdings stehe die Führungsschiene der Auszugsführung meist in den Innenraum eines Haushaltsgerätes benachbart zu der horizontalen Stange hinein, siehe Absatz [0002].
  60. Daneben offenbare die WO 2007/XXX XXX eine Schnellbefestigung für eine Führungsschiene, bei der zwei klammerartige Halteelemente vorgesehen seien, die in eine Richtung parallel zur Längsrichtung der Stange auf die abgebogenen Endabschnitte aufgeschoben werden könnten. Dadurch könne zwar eine Montage auf einfache Weise von einer Vorderseite erfolgen, jedoch umgriffen die klammerartigen Halteabschnitte nicht nur den abgebogenen Endabschnitt, sondern auch den in Längsrichtung verlaufenden Bereich einer Stange, so dass der Aufbau nach innen relativ groß sei, siehe Absatz [0003].
  61. Vor dem Hintergrund der aus dem Stand der Technik bekannten Schnellbefestigungselemente sieht die Klagepatentbeschreibung die der Erfindung zu Grunde liegende Aufgabe darin, eine Schnellbefestigungseinrichtung mit einer Führungsschiene zu schaffen, die an einer horizontal verlaufenden Stange befestigst wird, einen kompakten Aufbau besitzt und eine einfache Befestigung der Führungsschiene ermöglicht, siehe Absatz [0004].
  62. Zur Lösung des Problems schlägt das Patent eine Schnellbefestigungseinrichtung mit den folgenden Merkmalen vor:
  63. 1. Schnellbefestigungselement
  64. 2. mit einer Führungsschiene (6).
  65. 3. Die Führungsschiene ist an einer horizontal verlaufenden Stange (3) befestigt.
  66. 4. Die Stange (3) weist an gegenüberliegenden Seiten jeweils einen abgebogenen Endabschnitt (4) auf.
  67. 5. Die Endabschnitte (4) sind an Pfosten (2) eines gitterartigen Seitenteils (1) festgelegt.

    6. Mit der Führungsschiene (6) ist eine Klammer (10, 20, 20‘, 30, 30‘, 40, 50, 60, 60‘, 70, 80) verbunden.

  68. 7. Mindestens ein abgebogener Endabschnitt (4) ist durch die Klammer (10, 20, 20‘, 30, 30‘, 40, 50, 60, 60‘, 70, 80) umgriffen.
  69. 8. An der Klammer (10, 20, 20‘, 30, 30‘, 40, 50, 60, 60‘, 70, 80) ist ein Anschlag (12, 17, 17‘, 31, 31‘, 42, 51, 64, 64‘, 72, 82) ausgebildet,
  70. 9. Der Anschlag (12, 17, 17‘, 31, 31‘, 42, 51, 64, 64‘, 72, 82) liegt an einem Pfosten (2) auf der zur Führungsschiene (6) gewandten Seite an.
  71. 10. Die Führungsschiene (6) ist oberhalb und nicht neben der horizontalen Stange (3) angeordnet.
  72. II.
    Das Klagepatent bedarf im Hinblick auf den vorliegenden Rechtsstreit bezüglich der Merkmale 3 bis 10, sowie insbesondere des Merkmals 8 der Auslegung.
  73. 1.
    Das Verhältnis der in Merkmal 1 genannten Schnellbefestigungseinrichtung zu der in den Merkmalen 3 und 4 näher beschriebenen Stange und den in Merkmal 5 genannten Pfosten bedarf der Auslegung.
  74. Merkmal 3 spezifiziert die Führungsschiene dahingehend, dass diese an einer horizontal verlaufenden Stange befestigt ist. Nach Merkmal 4 weist die Stange an den gegenüberliegenden Seiten jeweils einen abgebogenen Endabschnitt auf. Die abgebogenen Endabschnitte sind wiederum an den Pfosten eines gitterartigen Seitenteils befestigt, Merkmal 5. Merkmal 6 schreibt der Führungsschiene sodann eine Klammer zu, durch die mindestens einer der abgebogenen Endabschnitte umgriffen wird, Merkmal 7. In Merkmal 10, dem kennzeichnenden Teil, heißt es sodann, dass die Führungsschiene oberhalb der horizontalen Stange angeordnet ist.
  75. a)
    Bereits grammatikalisch bezieht sich der Anspruchswortlaut nicht nur auf die Schnellbefestigungseinrichtung, sondern umfasst daneben auch die Stange, an der die Schnellbefestigungseinrichtung befestigt ist und die Pfosten, an der die abgebogenen Endabschnitte der Stange festgelegt sind.
  76. Hinsichtlich der Stange ergibt sich dies aus Merkmal 3, in welchem es heißt, dass „die [Schnellbefestigungseinrichtung] an einer horizontal verlaufenden Stange befestigt ist“. Das Prädikat „befestigt ist“ weist die Zeitform Präsens auf, so dass auf einen gerade andauernden Zustand verwiesen wird. Auch die Prädikate „aufweist“ (bezogen auf die gebogenen Endabschnitte der Stange) in Merkmal 4; „festgelegt sind“ (bezogen auf die Endabschnitte in Bezug auf den Pfosten) in Merkmal 5; „umgriffen ist“ (bezogen auf die Klammer in Bezug auf den gebogenen Endabschnitt) Merkmal 7; „angeordnet ist“ (bezogen auf die Lage der Führungsschiene oberhalb der Stange) Merkmal 10, sind alle im Präsens gehalten und beziehen sich damit auf einen aktuellen Zustand. Die erfindungsgemäße Lehre umfasst also nicht nur die Schnellbefestigungseinrichtung bestehend aus Führungsschiene, Stange und Klammer mit Anschlag, sondern ist gerichtet auf den Zustand, in dem diese Schnellbefestigungseinrichtung an einer Stange befestigt ist, die wiederum an den Pfosten eines gitterartigen Seitenteils festgelegt sind.
  77. Würde die erfindungsgemäße Lehre darauf abzielen, eine Schnellbefestigungseinrichtung mit einer Führungsschiene zu schützen, die lediglich dem Zweck der Befestigung an einer horizontal verlaufenden Stange zu dient, müsste der Wortlaut eine derartige Zweckangabe erkennen lassen. Das ist hier nicht der Fall.
  78. b)
    Für eine Auslegung, nach der neben der Schnellbefestigungseinrichtung auch die Stange und die Pfosten vom Anspruch umfasst sind, spricht zudem, dass die horizontal verlaufende Stange wesentlich für die erfindungsgemäße Lehre ist. Die in der Klagepatentschrift genannte Aufgabe umfasst das Schaffen einer Schnellbefestigungseinrichtung, die einen kompakten Aufbau besitzt, siehe Absatz [0005]. Dies wird dadurch erreicht, dass die Führungsschiene oberhalb der Stange angeordnet ist und dadurch der nutzbare Innenraum vergrößert wird, Absatz [0010]. Demnach ist die Abstimmung von Stange und der die Führungsschiene umfassenden Schnellbefestigungseinrichtung aufeinander entscheidend für das Erreichen des erfindungsgemäßen Vorteils und spricht dafür, dass neben der Schnellbefestigungseinrichtung an sich auch die Stange unter Schutz gestellt werden soll.
  79. c)
    Im Übrigen lässt die Klagepatentbeschreibung bereits die Mehrteiligkeit allein der Schnellbefestigungseinrichtung zu, so dass nicht ausgeschlossen ist, dass darüber hinaus auch noch weitere Teile unter Schutz gestellt werden. So heißt es in Absatz [0009]:
  80. „Für eine einfache Montage der beiden Klammern an der Führungsschiene können beide Klammern an einer Leiste festgelegt sein, die mit der Führungsschiene verbunden ist. Dadurch können die beiden Klammern an der Leiste vormontiert sein, so dass nur ein Befestigungsschritt erforderlich ist, nämlich die Festlegung der Leiste an der Führungsschiene. Alternativ ist es auch möglich, die Klammern integral mit der Führungsschiene auszubilden, so dass auf eine zusätzliche Leiste verzichtet werden kann. Eine weitere Alternative stellt die direkte Festlegung der Klammern an der Führungsschiene dar. Dies kann z.B. durch form- oder stoffschlüssige Festlegung geschehen.“
  81. Die Patentschrift gibt an dieser Stelle mehrere mögliche Ausgestaltungen der Führungsschiene an, zu denen unter anderem eine derartige gehört, bei der die Klammern an der Führungsschiene befestigt werden. Das bedeutet, dass es sich bei der Schnellbefestigungseinrichtung, die neben der Führungsschiene auch zumindest eine Klammer umfasst, nicht zwingend um eine einstückige, also „aus einem Guss“ bestehende Ausführung handeln muss. Dies macht auch der Wortlaut selbst in Merkmal 6 deutlich, in welchem von einer mit der Führungsschiene verbundenen Klammer die Rede ist. Welcher Art die Verbindung ist, lässt das Klagepatent offen. Wenn aber jegliche Art der Verbindung von Klammer und Führungsschiene ausreicht, um eine erfindungsgemäße Schnellbefestigungseinrichtung zu schaffen, spricht nichts dagegen, dass die erfindungsgemäße Lehre wiederum auch die Schnellbefestigungseinrichtung mitsamt der Stange und dem Pfosten umfasst, an welcher die Schnellbefestigungseinrichtung ihrerseits befestigt wird.
  82. d)
    Dagegen spricht nicht der Umstand, dass Stange und Pfosten typischerweise Teil eines Haushaltsgeräts – wie beispielsweise eines Backofens – sind, das sich bereits im Haushalt des potentiellen Erwerbers einer Schnellbefestigungseinrichtung befindet. Zum einen kann die Auslegung der erfindungsgemäßen Lehre nicht von den späteren Umständen, unter denen ein Produkt verkauft wird, abhängen. Zum anderen sieht es auch die Klagepatentbeschreibung lediglich als vorteilhaft an, wenn die bereits vorhandenen Gargutträger weiter verwendet werden können, die bereits vor der Montage der Auszugsführung in das Seitengitter einschiebbar waren, Absatz [0010]. Von einer Weiterverwendung der bereits vorhandenen Stangen und/oder Pfosten ist darin keine Rede.
  83. e)
    Letztlich ist die Auslegung des Klagepatents in der hier vorgenommenen Art und Weise von der Klägerin selbst im Erteilungsverfahren gewollt und bezweckt gewesen. Wie sich aus einer Eingabe im Erteilungsverfahren der auch im Rahmen des Verletzungsverfahrens mitwirkenden Patentanwaltskanzlei ergibt, sollte mit einer Neuformulierung des Anspruchs 1 neben der Führungsschiene auch das Seitengitter mit der vertikal verlaufenden Stange Bestandteil des Anspruchs 1 werden (siehe Anlage rop 6):
  84. „Der neue Anspruch 1 basiert auf einer Kombination der ursprünglichen Ansprüche 1 und 10. Zudem wurde der Oberbegriff des Anspruches 1 dahingehend geändert, dass eine Schnellbefestigungseinrichtung mit einer Führungsschiene, die an einer horizontal verlaufenden Stange befestigt ist, beansprucht wird. Dadurch soll klargestellt werden, dass die Führungsschiene und das Seitengitter mit der horizontal verlaufenden Stange Bestandteil des Anspruches 1 sind. Dies ist auch deshalb notwendig, weil die neu im kennzeichnenden Teil enthaltenen Merkmale auf die Positionierung der Führungsschiene zumindest teilweise oberhalb der Stange gerichtet sind.“
  85. Zwar sind weder das Erteilungsverfahren noch die vom Patentinhaber in diesem Zusammenhang geäußerten Ansichten bindend, aber hier stellen sie eine Bestätigung des bereits objektiv aus der Patentschrift Entnehmbaren dar und sind damit als Äußerungen eines Fachmanns ein gewichtiges Beweisanzeichen dafür, was aus fachlicher Sicht der Patentschrift zu entnehmen ist (Benkard PatG/Scharen, 11. Aufl. 2015, PatG § 14 Rn. 34 m.w.N.).
  86. Gegen die hier vorgenommene Auslegung spricht auch nicht das von der Klägerin angeführte Zitat aus der Beschreibung des Klagepatents, siehe Absatz [0013]:
  87. „Eine Schnellbefestigungseinrichtung zur Festlegung einer Auszugsführung an einem Seitengitter 1 wird insbesondere für Backöfen eingesetzt, kann aber auch für andere Haushaltsgeräte oder im Möbelbereich verwendet werden.“
  88. Die Formulierung „Schnellbefestigungseinrichtung zur Festlegung“ mag darauf zurückzuführen sein, dass die Klägerin im Rahmen des Patenterteilungsverfahrens neue Ansprüche einreichte und die Beschreibung nicht entsprechend anpasste. Dies kann aber auch dahinstehen, weil der Anspruch selbst eindeutig nicht die Wendung „zur Festlegung“ verwendet, sondern in Abgrenzung dazu die Schnellbefestigungseinrichtung in ihrem an der Stange befestigten Zustand beschreibt.
  89. 2.
    Nach den Merkmalen 8 und 9 umfasst die erfindungsgemäße Schnellbefestigungseinrichtung einen Anschlag, der an einem Pfosten auf der zur Führungsschiene gewandten Seite anliegen muss.
  90. a)
    Begrifflich ist der Anschlag Teil der Schnellbefestigungseinrichtung. Denn diese umfasst neben der Führungsschiene (Merkmal 2) eine mit dieser verbundene Klammer (Merkmal 6), wobei an dieser wiederum der Anschlag ausgebildet ist (Merkmal 8). Die Schnellbefestigungseinrichtung umfasst also mit der Führungsschiene, der Klammer und dem Anschlag drei Elemente, denen technisch bereits ihrem Wortlaut nach unterschiedliche Funktionen zugewiesen sind. Während die Führungsschiene der Führung (beim Ein- und Ausziehen des Gargutträgers) dient und die Klammer etwas (hier mindestens einen gebogenen Endabschnitt) umklammert, muss der Anschlag an etwas (hier an einen Pfosten auf der zur Führungsschiene gewandten Seite) anschlagen. Er dient – so auch die Beschreibung des Klagepatents – der Sicherung gegen ein Verschieben der Schnellbefestigungseinrichtung in Richtung des Pfostens, siehe Absatz [0005].
  91. Es muss sich bei der Führungsschiene, der Klammer und dem Anschlag demnach um drei nicht nur technisch-funktional, sondern auch räumlich-körperlich unterscheidbare Elemente der Schnellbefestigungseinrichtung handeln, deren technische Funktion aus sich heraus erkennbar sein muss. Für den Anschlag findet dies im Wortlaut dadurch eine Stütze, dass dieser nach Merkmal 8 an der Klammer „ausgebildet“ sein muss. Eine solche Ausbildung meint eine räumlich-körperliche Ausgestaltung.
  92. Dies gilt trotz des Umstandes, dass die erfindungsgemäße Lehre neben der Schnellbefestigungseinrichtung auch die horizontal verlaufende Stange und die Pfosten umfasst. Denn ob die Schnellbefestigungseinrichtung einen Anschlag aufweist, darf sich nicht erst anhand der konkreten Ausgestaltung und dem Zusammenspiel mit den weiteren Teilen ergeben. Würde es für das Vorliegen eines Anschlags ausreichen, dass irgendein Bestandteil der Schnellbefestigungseinrichtung an einem (irgendwie gearteten) Pfosten anschlägt, wäre der Anschlag jeglicher Bedeutung beraubt. Denn das wäre nahezu immer denkbar.
  93. b)
    Die dem Anschlag eigens zukommende, erfindungswesentliche Funktion bestätigt die Klagepatentbeschreibung vor allem in Absatz [0005], in welchem es heißt:
  94. „Erfindungsgemäß ist an mindestens einer Klammer ein an einem Pfosten auf der zur Führungsschiene gewandten Seite anliegender Anschlag ausgebildet, so dass der Anschlag eine Sicherung gegen ein Verschieben der Schnellbefestigungseinrichtung in Richtung des Pfostens ausbildet. Dadurch wird erreicht, dass die Befestigungsstellen an dem Bereich der Längserstreckung der Stange entfallen können und die Befestigung näher an dem Pfosten, also an einer Außenwand eines Innenraumes angeordnet ist, denn das Seitengitter mit den Stangen wird meist an einer Seitenwand eines Innenraumes festgelegt, insbesondere in einem Backofen. Dadurch wird der nutzbare Innenraum vergrößert und die Führungsschiene der Auszugsführung kann weiter außen positioniert werden.“
  95. Konkret wird mit den Anschlägen also ein Wegfall der Befestigungsstellen im Bereich der Längserstreckung der Stange bezweckt. Dadurch kann die Befestigung näher am Pfosten erfolgen und der nutzbare Innenraum wird vergrößert. So ist der Anschlag neben der Positionierung der Führungsschiene oberhalb der horizontalen Stange wesentlich für das Erreichen des erfindungsgemäßen Erfolgs.
  96. Es ist damit gerade die Ausgestaltung des Anschlags, durch den sich das Klagepatent vom vorbekannten Stand der Technik abgrenzt. Sowohl die in Absatz [0002] genannte WO 2007/XXX XXX als auch die in Absatz [0003] genannte WO 2007/XXX XXX offenbaren beide nicht nur eine Führungsschiene, die neben und nicht – wie nach der klagepatentgemäßen Lehre vorgesehen – oberhalb der Stange angeordnet ist, sondern auch keinen erfindungsgemäßen Anschlag. Dabei stehen diese beiden Merkmale in einer Wechselwirkung. Auch wenn die Absätze [0002] und [0003] nur den grundsätzlichen Aufbau der aus dem Stand der Technik vorbekannten Führungsschienen kritisieren, bedingt dieser Aufbau auch den fehlenden Anschlag. Denn da die vorbekannten Schnellbefestigungselemente Befestigungsstellen im Bereich der Längserstreckung aufwiesen, ragten sie relativ weit in den Innenraum hinein. Da bereits die Längserstreckung der Stange für eine Befestigung sorgte – hier also schon an der Stange in Richtung des Pfostens zur Anlage kam und eine Verschiebung verhinderte – war ein (weiterer) Anschlag an der zur Stange gewandten Seite nicht notwendig. Eine Weiterentwicklung der vorbekannten Schnellbefestigungseinrichtungen durch bloßes Weglassen der Befestigung in Längserstreckung hätte zu einer freien Beweglichkeit der an dem abgebogenen Ende angebrachten Klammern geführt. Um dem entgegen zu wirken, sieht die erfindungsgemäße Lehre den Anschlag vor, wobei es dem Klagepatent um einen definierten Anschlag derart geht, dass dieser auf die Maße des Gitters abgestimmt ist.
  97. Damit zeigt auch die Abgrezung zum Stand der Technik, dass dem Anschlag eine erfindungswesentliche und damit eigene Bedeutung zukommt.
  98. c)
    Dass irgendein Anschlagen der Klammer an den Pfosten für das Vorliegen eines Anschlags nicht ausreichen kann, ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut des Klagepatentanspruchs, der begrifflich zwischen Führungsschiene, Klammer und Anschlag unterscheidet, sondern wird auch von der Beschreibung bestätigt.
  99. Nach der Klagepatentbeschreibung kann der Anschlag plattenförmig oder in U-Form ausgebildet sein, siehe Absatz [0006]:
  100. „[…] Der Anschlag kann dabei wahlweise plattenförmig ausgebildet sein und eine ebene Anlagefläche ausbilden, oder an einem U-förmigen Halter ausgebildet sein. Bei dem U-förmigen Halter besteht der Vorteil, dass nicht nur Kräfte in Richtung der Pfosten übertragen werden können, sondern auch Zugkräfte der Führungsschiene von dem Pfosten durch den U-förmigen Halter aufgenommen werden. Dies erfordert, dass der U-förmige Halter mit einem Schenkel zwischen den Pfosten und einer Seitenwand, beispielsweise eines Backofens, einfügbar ist.“
  101. Einen plattenförmigen Anschlag zeigt beispielsweise die nachfolgend wiedergegebene Figur 2 des Klagepatents mit der Bezugsziffer 12:
  102. Auch die Figuren 2B, 3A, 3B, 11A und 11B zeigen einen plattenförmig ausgebildeten Anschlag.
  103. Einen U-förmigen Anschlag hingegen zeigt beispielsweise die nachfolgend wiedergegebene Figur 5A des Klagepatents mit der Bezugsziffer 42:
  104. Auch die Figuren 5B, 6A, 6B, 8A und 9A zeigen einen U-förmig ausgebildeten Anschlag.
  105. Daneben finden sich im Wortlaut des Klagepatents unter anderem die Bezugsziffern 64 und 64‘ für den Anschlag. Diese Ziffern weisen auch die Figuren 8B und 9B an der jeweils zweiten, hinteren Klammer auf. Sie werden in der Klagepatentbeschreibung – anders als im Anspruchswortlaut – als Anschlagssteg bezeichnet und sind weder platten-, noch U-förmig ausgebildet. Gemeinsam ist allen in der Beschreibung vorkommenden Anschlägen jedoch, dass sie räumlich-körperlich von der Klammer und der Führungsschiene abgrenzbar sind. Das gilt auch für die U-förmigen Anschläge, die zwar auch eine Klammerfunktion erfüllen, aber immer zusätzlich zur eigentlichen Klammer ausgebildet sind. Insofern unterscheidet die Klagepatentbeschreibung trotz des nahezu identischen Erscheinungsbildes terminologisch zwischen dem U-förmigen Halter und der Klammer.
  106. d)
    Insgesamt reicht es also nicht aus, wenn einem Element der Schnellbefestigungseinrichtung, insbesondere der Klammer als solcher, neben anderen Funktionen auch die eines Anschlags zukommt. Vielmehr muss der Anschlag mit der ihm zugedachten Funktion als solcher räumlich-körperlich von der Klammer unterscheidbar und identifizierbar sein. Dies muss die Schnellbefestigungseinrichtung auch in nicht montiertem Zustand erkennen lassen.
  107. III.
    Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht die klagepatentgemäße Lehre, insbesondere das Merkmal 2.2.1, nicht.
  108. Die angegriffene Ausführungsform umfasst neben den Auszugsschienen auch die gitterartigen Seitenteile. Diese Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform wurde von der Beklagten beworben und auch so an die Klägerin geliefert. Nachdem die Klägerin dazu substantiiert ausgeführt und Fotos der gelieferten Muster eingeblendet hatte, ist die Klägerin dem nicht weiter entgegengetreten.
  109. 1.
    Der Anschlag soll nach dem Vortrag der Klägerin in der U-förmigen Klammer zu sehen sein, die seitlich an dem Pfosten anliegt. Zur Veranschaulichung wird nachfolgend das von der Klägerin eingefügte Foto aus Seite 20 der Klageschrift vom 13.01.22 (Bl. 21 dA) eingefügt:
  110. Der U-förmigen Klammer kommt in erster Linie eine Befestigungsfunktion zu. Auf Grund der konkreten Ausgestaltung der Stange schlägt die Stirnseite der Klammer darüber hinaus an dem Pfosten an. Dabei handelt es sich aber um eine reflexartige Funktion, die der Klammer nur zufällig und nur wegen der hier vorliegenden, konkreten Ausgestaltung der Klammer, der Stange und der Pfosten zukommt. Dieser Umstand führt jedoch nicht dazu, dass erfindungsgemäß „an der Klammer ein Anschlag ausgebildet ist.“ Dazu müsste ein technisch-funktional abgrenzbares Element der Führungsschiene, das von der Klammer unterscheidbar ist, vorliegen und dem allein diese Funktion zugeschrieben werden kann. Dass ein solches Element vorliegt, wird von der Klägerin aber gar nicht vorgetragen und ist auch anderweitig nicht ersichtlich.
  111. 2.
    Daran ändert auch der Umstand nichts, dass es sich mit der U-Form um eine in der Klagepatentbeschreibung ausdrücklich genannte, mögliche Form des Anschlags handelt. Denn wie aus der Beschreibung und den Figuren ersichtlich, umgreift der an der Klammer ausgebildete U-förmige Anschlag den Pfosten, was den (zusätzlichen) Vorteil hat, dass nicht nur Kräfte in Richtung der Pfosten übertragen werden können, sondern auch Zugkräfte der Führungsschiene von dem Pfosten durch den U-förmigen Halter aufgenommen werden. Diesen Vorteil bietet die U-Form der angegriffenen Ausführungsform aber gerade nicht, weil dort lediglich die Stirnseite der Klammer die Anschlagsfunktion übernimmt.
  112. B
    Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
  113. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S. 1 und 2 ZPO.
  114. Der Streitwert wird gemäß §§ 51 Abs. 1 GKG auf 250.000,00 Euro festgesetzt, wovon 50.000,00 Euro auf den Antrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht entfallen.

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