4c O 60/21 – Bürstenanordnung Reinigungsvorrichtung

Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3271

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 10. Januar 2023, Az. 4c O 60/21

  1. I. Die Beklagte wird verurteilt,
  2. 1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000 – ersatzweise Ordnungshaft – oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlungen bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an den jeweiligen Geschäftsführern zu vollstrecken ist, zu unterlassen,
  3. eine Düsenanordnung für eine Reinigungsvorrichtung, umfassend eine drehbar um eine Bürstenachse angeordnete Bürste,
  4. wobei besagte Bürste mit beweglichen Bürstenelementen bereitgestellt wird, die im Wesentlichen gleichmäßig über den Randbereich der Bürste verteilt sind, wobei die Bürste zumindest teilweise von einem Düsengehäuse umgeben ist und zumindest teilweise aus einer Unterseite des besagten Düsengehäuses hervorsteht, wobei selbige Unterseite beim Betrieb der Vorrichtung der zu reinigenden Oberfläche gegenübersteht,
  5. in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
  6. wenn die Bürstenelemente während der Drehung der Bürste im Wesentlichen eine Dichtung mit dem Gehäuse bilden, und zwar an einer ersten Position, an der die Bürstenelemente während der Drehung der Bürste das Gehäuse verlassen, und die zu reinigende Oberfläche während der Drehung der Bürste an einer zweiten Position zum Aufnehmen von Schmutzpartikeln und Flüssigkeit von der besagten Oberfläche berühren, dadurch einen Ansaugbereich in einem Raum zwischen der Bürste, besagtem Gehäuse und der besagten zu reinigenden Oberfläche eingrenzend, welcher an den besagten ersten und zweiten Positionen zumindest teilweise abgedichtet ist,
  7. ein einziges Rakelelement, welches sich in einem Abstand zu der Bürste befindet und an der Unterseite des Düsengehäuses an einer Seite der Bürste befestigt ist, an der die Bürstenelemente während der Drehung der Bürste in das Gehäuse münden,
  8. wobei besagtes Rakelelement darauf ausgelegt ist, während der Bewegung der Reinigungsvorrichtung Schmutzpartikel und Flüssigkeit über die oder von der zu reinigenden Oberfläche zu schieben oder zu wischen, dadurch einen Saugeinlass zwischen dem Rakelelement und der Bürste eingrenzend, der sich in den Ansaugbereich öffnet, und ein Antriebsmittel zum Antreiben der sich drehenden Bürste;
  9. 2. der Klägerin in einer gesonderten und geordneten Aufstellung, in elektronischer Form, hinsichtlich der Angaben a) und b) unter Vorlage von Rechnungen, hilfsweise Lieferscheinen, hilfsweise Quittungen, darüber Angaben zu machen, in welchem Umfang sie die in vorstehender Ziffer 1. bezeichneten Handlungen seit dem 7. Juli 2017 begangen hat, und zwar unter Angabe
  10. a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
    b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen, den jeweiligen Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
    c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen, der jeweiligen Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
    d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internet-Werbung der Domain, den Zugriffszahlen und den Schaltungszeiträumen,
    e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
  11. wobei es der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht-gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
  12. 3. die in der vorstehenden Ziffer 1. bezeichneten, im Besitz gewerblicher Endabnehmer befindlichen und seit dem 7. Juli 2017 auf den Markt gebrachten Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen gewerblichen Endabnehmer, denen durch die Beklagte oder mit ihrer Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatents DE 60 2012 XXX XXX.1 (deutscher Teil des EP 2 XXX XXX) erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagte zurückzugeben und den gewerblichen Endabnehmern für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe zugesagt wird, und endgültig zu entfernen, indem die Beklagte diese Erzeugnisse wieder an sich nimmt oder die Vernichtung derselben beim jeweiligen Besitzer veranlasst;
  13. 4. die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz und/oder Eigentum befindlichen, unter Ziffer 1. bezeichneten Erzeugnisse auf eigene Kosten zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von ihr zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten – Kosten herauszugeben (alternativ an einen zur Vernichtung bereiten Gerichtsvollzieher).
  14. II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen denjenigen Schaden zu ersetzen, welcher der A, XXX, seit dem 7. Juli 2017 bis zum 15. November 2021 und welcher der Klägerin seit dem 16. November 2021 durch die in vorstehender Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
  15. III. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
  16. IV. Das Urteil ist hinsichtlich Ziffer I.1., 3. und 4. gegen Sicherheitsleitung in Höhe von 550.000,- Euro, hinsichtlich Ziffer I.2. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 30.000,- Euro und wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
  17. Tatbestand
  18. Aus Patentrecht macht die Klägerin gegen die Beklagte Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft/Rechnungslegung sowie Rückruf und Vernichtung geltend. Darüber hinaus begehrt sie die Feststellung, dass die Beklagte zur Schadensersatzzahlung verpflichtet ist.
  19. Die Klägerin ist seit dem 16. November 2021 eingetragene Inhaberin des Europäischen Patents EP 2 XXX XXX (Anlage ES-A3a, deutsche Übersetzung vorgelegt als Anlage ES-A3a DE; im Folgenden auch: Klagepatent). Angemeldet wurde das Klagepatent in englischer Verfahrenssprache von der A und als Anmeldung am XXX unter Inanspruchnahme zweier Prioritäten vom XXX (US-XXX P) und vom XXX (US-XXX P) offengelegt. Der Hinweis auf die Erteilung wurde am 7. Juni 2017 bekannt gemacht. Der deutsche Teil des Klagepatents steht in Kraft. Über die erhobene Nichtigkeitsklage (Az. 5 Ni 12/22) ist noch keine Entscheidung ergangen.
  20. Das Klagepatent betrifft eine Reinigungsvorrichtung zum Reinigen einer Oberfläche sowie eine Düsenanordnung für ein solches Reinigungsgerät.
  21. Anspruch 1 des Klagepatents lautet in englischer Sprache:
  22. „A nozzle arrangement for a cleaning device (100), comprising:
    – a brash (12) rotatable about a brush axis (14), said brush (12) being provided with flexible brush elements (16) that are substantially uniformly distributed over the periphery of the brush (12), wherein the brush (12) is at least partly surrounded by a nozzle housing (28) and protrudes at least partially from a bottom side (30) of said nozzle housing (28), which bottom side (30), during use of the device (100), faces the surface to be cleaned (20), wherein the brush elements (16), during the rotation of the brush (12), substantially form a sealing with the housing (28) at a first position (33) where the brush elements (16) leave the housing (28) during the rotation of the brush (12), and contact the surface to be cleaned (20) during the rotation of the brush (12) at a second position (35) for picking up dirt particles (22) and liquid (24) from said surface (20), thereby defining a suction area (34) in a space between the brush (12), said housing (28) and said surface to be cleaned (20) which is at least partly sealed at said first and second positions (33, 35), – a single squeegee element (32) which is spaced apart from the brush (12) and attached to the bottom side (30) of the nozzle housing (28) on a side of the brush (12), where the brush elements (16) enter the housing (28) during the rotation of the brush ( 12), wherein said squeegee element (32) is adapted for pushing or wiping dirt particles and liquid across or off the surface to be cleaned (20) during movement of the cleaning device (100), thereby defining a suction inlet (36) between the squeegee element (32) and the brush (12) that opens into the suction area (34), and – a drive means for driving the brush (12) in rotation.“
  23. Übersetzt hat der Anspruch folgenden Wortlaut:
  24. „Eine Düsenanordnung für eine Reinigungsvorrichtung (100), umfassend:
    – eine drehbar um eine Bürstenachse (14) angeordnete Bürste (12), wobei besagte Bürste (12) mit beweglichen Bürstenelementen (16) bereitgestellt wird, die im Wesentlichen gleichmäßig über den Randbereich der Bürste (12) verteilt sind, wobei die Bürste (12) zumindest teilweise von einem Düsengehäuse (28) umgeben ist und zumindest teilweise aus einer Unterseite (30) des besagten Düsengehäuses (28) hervorsteht, wobei selbige Unterseite (30) beim Betrieb der Vorrichtung (100) der zu reinigenden Oberfläche (20) gegenübersteht, wobei die Bürstenelemente (16) während der Drehung der Bürste (12) im Wesentlichen eine Dichtung mit dem Gehäuse (28) bilden, und zwar an einer ersten Position (33), an der die Bürstenelemente (16) während der Drehung der Bürste (12) das Gehäuse (28) verlassen, und die zu reinigende Oberfläche (20) während der Drehung der Bürste (12) an einer zweiten Position (35) zum Aufnehmen von Schmutzpartikeln (22) und Flüssigkeit (24) von der besagten Oberfläche (20) berühren, dadurch einen Ansaugbereich (34) in einem Raum zwischen der Bürste (12), besagtem Gehäuse (28) und der besagten zu reinigenden Oberfläche (20) eingrenzend, welcher an den besagten ersten und zweiten Positionen (33, 35) zumindest teilweise abgedichtet ist, – ein einziges Rakelelement (32), welches sich in einem Abstand zu der Bürste (12) befindet und an der Unterseite (30) des Düsengehäuses (28) an einer Seite der Bürste (12) befestigt ist, an der die Bürstenelemente (16) während der Drehung der Bürste (12) in das Gehäuse (28) münden, wobei besagtes Rakelelement (32) darauf ausgelegt ist, während der Bewegung der Reinigungsvorrichtung (100) Schmutzpartikel und Flüssigkeit über die oder von der zu reinigenden Oberfläche (20) zu schieben oder zu wischen, dadurch einen Saugeinlass (36) zwischen dem Rakelelement (32) und der Bürste (12) eingrenzend, der sich in den Ansaugbereich (34) öffnet, und – ein Antriebsmittel zum Antreiben der sich drehenden Bürste (12).“
  25. Folgende Figuren sind der Klagepatentschrift entnommen:
  26. Die Figuren 1 und 2 zeigen einen schematischen Querschnitt einer ersten Ausführungsform einer Düsenanordnung eines Reinigungsgeräts gemäß der erfindungsgemäßen Lehre in einer ersten bzw. in einer zweiten Arbeitsposition. Eine erste Arbeitsposition einer zweiten Ausführungsform wird sodann von der Figur 3 wiedergegeben. Die Figur 5 zeigt eine vergrößerte Ansicht einer Bürste und eines Rakelelementes zur schematischen Darstellung eines Prinzips der vorliegenden Erfindung.
  27. Die Klägerin ist Teil des weltweit tätigen B-Konzerns, der im Bereich der Elektrotechnik tätig ist.
  28. Die Beklagte ist ein börsennotierter Hersteller von Haushaltsgeräten mit Sitz in XXX. Sie vertreibt unter der Dachmarke C insbesondere Reinigungsgeräte, wie beispielsweise Staubsauger, Dampfreiniger oder die hier im Streit stehenden Saugwischer.
  29. Zum Produktportfolio der Beklagten gehört insbesondere ein Akku-Saugwischer mit der Bezeichnung „XXX“ (im Folgenden auch: angegriffene Ausführungsform). Die Beklagte betreibt die Website www.C.de, auf welcher sie die angegriffene Ausführungsform bewirbt und auch zum Kauf anbietet (vgl. Anlagen ES 2a, 2b). Hergestellt wird die angegriffene Ausführungsform in China. Die Beklagte ist Inhaberin verschiedener Schutzrechte (vgl. DE 10 2019 XXX XXX B4, DE 10 2019 XXX XXX B3).
  30. Zwischen den Parteien ist unter dem Az. 4c O 1/22 ein paralleles Verletzungsverfahren hinsichtlich des Patents EP 2 XXX XXX vor der hiesigen Kammer anhängig.
  31. Die Klägerin meint, aktivlegitimiert zu sein. Ihr sei das Klagepatent wirksam von der Anmelderin übertragen worden. Nachweis für diesen Vorgang sei der als Anlage ES-A3 zur Akte gereichte Vertrag, welcher nach niederländischem Recht wirksam zustande gekommen sei. Anderes habe die Beklagte jedenfalls nicht aufgezeigt. Die Wirksamkeit des Vertrages werde im Übrigen gutachterlich von einem niederländischen Anwalt bestätigt.
  32. Die Klägerin ist des weiteren der Ansicht, dass die angegriffene Ausführungsform wortsinngemäßen unmittelbaren Gebrauch von der Lehre des Klagepatents mache.
  33. Eine erste Position in einer erfindungsgemäßen Vorrichtung verorte das Klagepatent dort, wo die Bürste während der Drehung das Gehäuse verlasse. An dieser ersten Position, an der die Bürste während der Drehbewegung im Wesentlichen eine Dichtung mit dem Gehäuse bilde, schließe das Klagepatent einen Kontakt zwischen Bürste und Gehäuse nicht aus. Maßgeblich sei, dass es überhaupt zu einer Dichtungswirkung komme. Dabei unterscheide sich nämlich eine erfindungsgemäße Dichtung von einer Abdichtung dadurch, dass der Durchlass einer geringen Luftmenge möglich bleibe. Inwieweit andere Elemente im Inneren des Gehäuses auf den Luftstrom oder den Unterdruck einwirken, sei unerheblich, solange es nicht zu einer vollständigen Abdichtung komme.
  34. Dies sei bei der angegriffenen Ausführungsform der Fall. Die dort vorhandene Gummileiste (auch als zweites Rakelelement bezeichnet) verhindere nicht jeden Luftdurchlass. Denn diese biete nur eine (Ab-)Dichtung, wenn sie mit einem entsprechenden Gegenstück interagiere. Auch im Bereich des Kammelements (auch als drittes Rakelelement bezeichnet) komme es nicht zu einer Dichtungswirkung, wodurch der Ansaugbereich innerhalb der angegriffenen Ausführungsform verkürzt sein könnte. Dieses Element reiche zum einen nicht derart weit in die Bürste(nelemente) hinein, wie die Beklagte dies in ihrer Skizze dargestellt habe. Zum anderen würden Tests der Klägerin zu vorherrschenden Unterdrücken in der Vorrichtung zeigen, dass es erst bei einer mit Mikrofasern besetzten Bürste zu einer Dichtungswirkung komme. Insbesondere entstehe allein durch die Rotation der Bürste kein dynamischer Druck, der groß genug sei, sich im Ansaugbereich hinter dem Kammelement auszuwirken. Dort festgestellter Unterdruck könne daher nur auf die Saugwirkung der Vorrichtung zurückgeführt werden. Dies belege, dass das dritte Rakelelement den Ansaugbereich nicht abdichte. Außerdem wäre eine Abdichtung im Bereich des zweiten Rakelelementes obsolet, wenn schon bei dem dritten Rakelelement eine hinreichende Abdichtung zur Begrenzung des Ansaugraums erfolgen würde.
  35. Die angegriffene Ausführungsform weise ferner nur ein einziges Rakelelement auf. Dieses sei in der Gummilippe zu sehen (auch erstes Rakelelement genannt), welche an der Unterseite der Vorrichtung angebracht sei und abhängig von der Bewegungsrichtung der Vorrichtung nach hinten (vorwärts) oder nach vorne (rückwärts) gebogen werde. Dadurch stehe sie mit dem zu reinigenden Boden in Kontakt und Schmutz oder Flüssigkeiten würden vom Boden gewischt oder geschoben. Das Rakelelement solle zur Beseitigung von Schmutz und Wasser insbesondere zusätzlich zur Bürste beitragen. Es stehe einer Verwirklichung der klagepatentgemäßen Lehre nicht entgegen, wenn die angegriffene Ausführungsform weitere Gummilippen im Inneren ohne Bodenkontakt aufweise. Denn die erfindungsgemäße Lehre sehe zwar nur ein Rakelelement vor, worunter aber nicht auch solche Bestandteile der Vorrichtung zu verstehen seien, die allein mit der Bürste in Kontakt treten und nicht auch mit der zu reinigenden Oberfläche.
  36. Der Rechtsstreit sei schließlich auch nicht auszusetzen, weil sich das Klagepatent im Nichtigkeitsverfahren als rechtsbeständig erweisen werde.
  37. Nachdem die Klägerin hinsichtlich Ziffer II. ursprünglich beantragt hat, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die in vorstehender Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 7. Juli 2017 entstanden ist und noch entstehen wird,
  38. beantragt sie nunmehr,
  39. zu erkennen, wie geschehen.
  40. Die Beklagte beantragt,
  41. die Klage abzuweisen,
  42. hilfsweise, den Rechtsstreit bis zu einer erstinstanzlichen Entscheidung des Bundespatentgerichts über die Nichtigkeit des deutschen Teils des Europäischen Patents EP 2 XXX XXX auszusetzen.
  43. Die Klägerin sei nicht aktivlegitimiert. Der Beklagten sei es nicht möglich, den durch die Klägerin zum Nachweis der Übertragung des Klagepatents vorgelegten Vertrag mangels Kenntnissen des niederländischen Rechts zu überprüfen. Ein eigener Anspruch der Klägerin auf Schadensersetz bestehe in keinem Fall.
  44. Zudem scheide eine Verletzung des Klagepatents aus. Es fehle bei der angegriffenen Ausführungsform an der ersten Position an einem Abstand zwischen Gehäuse und Bürste. Ein zweites Rakelelement stehe dort in dauerhafter und deutlicher Berührung mit den Bürstenelementen. Es bestehe aus flexiblem Gummi, was unstreitig ist. Eine erfindungsgemäße Abdichtung verlange dagegen aber, dass sich an einer ersten Position das Düsengehäuse und die Bürste nur fast berühren, mithin ein Abstand vorhanden sei. Dies diene der Schaffung eines Ansaugbereichs. Nur an der zweiten Position verlange das Klagepatent dagegen eine Berührung, nämlich von Bürstenelementen und Oberfläche.
  45. Da besagtes zweites Rakelelement vorhanden sei, weise die angegriffene Ausführungsform nicht nur das eine einzige beanspruchte Rakelelement auf und verwirkliche auch deshalb die Lehre des Klagepatents nicht. Zudem sei ein drittes Rakelelement im Inneren der Vorrichtung oberhalb des Saugmundes angeordnet, in Form einer durchgängigen Zackenleiste. Dieses stelle zudem dort über die Breite der Bürste eine Dichtwirkung bereit und begrenze den Ansaugbereich. Die Rakelleiste enthalte Einspritzdüsen, über die Reinigungsfluid aus einem Frischwasser-/Reinigungsmitteltank mittels feinen Sprühstrahls auf die Bürste gegeben werde. Der Gehäusedeckel verfüge an seiner Innenseite über Erhebungen, die der Verteilung des Reinigungsmittels dienen würden. Deshalb sei es technisch nachvollziehbar, dass hinter dem Kammelement keine Saugwirkung mehr vorliege; andernfalls würde das Reinigungsfluid wieder unmittelbar von der Bürste gesogen.
  46. Aufgrund dieser Ausgestaltung reiche der Ansaugraum nicht bis nach vorne zum zweiten Rakelelement. Damit liege an einer klagepatentgemäßen ersten Position auch nicht eine teilweise Abdichtung vor, sondern bereits an der unmittelbar über dem Saugmund sitzenden gezahnten Leiste. Von der Klägerin vorgenommene Tests könnten nicht belegen, dass an der ersten Position eine teilweise Abdichtung erfolge.
  47. Der Rechtsstreit sei jedenfalls mangels Rechtsbestandes des Klagepatents auszusetzen. Das Klagepatent sei gegenüber der US 2008/XXX XXX A1 (Anlagenkonvolut CMS-A4; im Folgenden auch: D2), gegenüber der US 4 XXX XXX A (im Folgenden: D5), der JP 2004/XXX XXX A2 (im Folgenden: D4) sowie der US 2006/XXX XXX A1 (im Folgenden: D7) nicht neu. Entsprechendes gelte hinsichtlich der WO 2011/XXX XXX A1 (im Folgenden: D1); gegenüber diesem Dokument sei die Lehre des Klagepatents auch nahegelegt.
  48. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zur Akte gereichten Schriftstücke nebst Anlagen Bezug genommen.
  49. Entscheidungsgründe
  50. A.
    Die zulässige Klage ist begründet.
  51. I.
    Die Klägerin ist für die hier geltend gemachten Ansprüche aktivlegitimiert.
  52. 1.
    Für die Sachlegitimation im Verletzungsrechtsstreit ist nicht der Eintrag im Patentregister, sondern die materielle Rechtslage maßgeblich. Soweit Unterlassungsansprüche geltend gemacht werden, hat eine Differenzierung zwischen Registerstand und materieller Rechtslage keine Auswirkungen auf den Inhalt der Klageanträge, da der Unterlassungsanspruch zukunftsgerichtet ist und der Unterlassungsausspruch zudem nicht nur hinsichtlich eines bestimmten Berechtigten gilt, sondern schlechthin (BGH, GRUR 2013, 713 – Fräsverfahren). Etwas anderes gilt aber für die Geltendmachung von Auskunfts-, Rechnungs- und Schadensersatzansprüchen, die Rückwirkung entfalten. Hier ist konkret anzugeben, wem gegenüber die geschuldeten Informationen abzugeben bzw. Schadensersatzleistungen zu erbringen sind. Es kann zu einem Auseinanderfallen von materieller Rechtslage und der Eintragung im Patentregister kommen. Das resultiert daraus, dass die Eintragung im Patentregister grundsätzlich keinen Einfluss auf die materielle Rechtslage hat und sich aus ihr keine unwiderlegliche Vermutungswirkung für die materielle Rechtslage ergibt.
  53. Die Eintragung im Patentregister ist für die Beurteilung der Frage, wer materiell-rechtlich Inhaber des Patents ist, dennoch nicht bedeutungslos. Ihr kommt im Rechtsstreit eine erhebliche Indizwirkung zu. Nach § 30 Abs. 3 PatG darf das Patentamt eine Änderung in der Person des Patentinhabers nur dann im Register vermerken, wenn sie ihm nachgewiesen wird. Der Nachweis muss zwar nicht zwingend durch Vorlage von Urkunden erfolgen, aus denen sich das Rechtsgeschäft oder das sonstige Ereignis, das die Übertragung bewirkt hat, unmittelbar ergibt. Gem. § 28 Abs. 2 DPMAV genügt es vielmehr, wenn der zuvor eingetragene Inhaber den Antrag auf Umschreibung zusammen mit dem Rechtsnachfolger unterschreibt oder wenn der Rechtnachfolger eine Zustimmungserklärung des zuvor eingetragenen Inhabers vorlegt. Auch in diesen Konstellationen spricht aber eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Eintragung des Rechtsübergangs im Patentregister die materielle Rechtslage zuverlässig wiedergibt. Angesichts dessen bedarf es in einem Verletzungsrechtsstreit regelmäßig keines weiteren Vortrags oder Beweisantritts, wenn sich eine Partei auf den aus dem Patentregister ersichtlichen Rechtsstand beruft. Eine Partei, die geltend macht, die materielle Rechtslage weiche vom Registerstand ab, muss vielmehr konkrete Anhaltspunkte aufzeigen, aus denen sich die Unrichtigkeit ergibt. Welche Anforderungen hierbei zu stellen sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. So wird der Vortrag, ein im Patentregister eingetragener Rechtsübergang habe einige Wochen oder Monate vor dessen Eintragung stattgefunden, in der Regel keiner näheren Substantiierung oder Beweisführung bedürfen. Der Vortrag, der eingetragene Inhaber habe das Patent nicht wirksam oder zu einem anderen Zeitpunkt erworben, erfordert demgegenüber in der Regel nähere Darlegungen dazu, woraus sich die Unwirksamkeit des eingetragenen Rechtsübergangs ergeben soll (BGH, a.a.O.).
  54. Der Kläger hat mithin für sein Begehren auf Auskunft, Rechnungslegung und Schadensersatz zwei Möglichkeiten: Er kann an den Tag seiner Registereintragung anknüpfen. Das erfordert keinen weiteren Sachvortrag zur materiell-rechtlichen Inhaberschaft. Will der Kläger einen weiteren Zeitraum, nämlich auch einen solchen vor der Registerumschreibung, geltend machen, muss er dazu vortragen, wie er zu dem in seinen Klageanträgen berücksichtigten früheren Zeitpunkt materiell-rechtlicher Inhaber des Klagepatents geworden ist. Liegt dieser Zeitpunkt nur geringfügig (Wochen oder wenige Monate) vor seiner Registrierung, ergibt sich regelmäßig keine weitere Notwendigkeit, Einzelheiten der Rechtsinhaberschaft vorzutragen (Mes, PatG, 5. Aufl. 2020, § 30 Rn. 21 mit Verweis auf Kühnen, GRUR 2014, 137). Etwas anderes muss aber dann gelten, wenn eine größere Zeitspanne zwischen dem materiellen Rechtserwerb und der Eintragung in das Patentregister liegt.
  55. Ein weiteres Problem hinsichtlich der Rechtsübertragung kann sich in den Fällen ergeben, bei denen die Ansprüche aus dem Patent im Zuge einer ausländischen (z.B. gesellschaftsrechtlichen) Transaktion übertragen wurden. Ausgehend von § 293 ZPO vertritt die wesentliche Kommentarliteratur die Ansicht, dass – mangels objektiver Beweislastverteilung – keiner Partei ein Nachteil dadurch erwachsen dürfe, dass sie sich nicht zum ausländischen Recht verhält (vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 14, Aufl., Kapitel D., Rn. 248; Geimer in Zöller, Kommentar zur ZPO, 34. Auflage 2022, § 293, Rn. 17; Prütting in Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Auflage 2020; Rn. 51ff.). Daraus folgt, dass von den Beklagten grundsätzlich kein Vortrag zum relevanten ausländischen Recht verlangt werden kann, vielmehr ist es an dem deutschen Verletzungsgericht, sich unter Anwendung des einschlägigen Rechts Gewissheit darüber zu verschaffen, dass der abgetretene Anspruch rechtswirksam übergegangen ist. Insoweit wäre von Amts wegen ggf. ein Rechtsgutachten einzuholen.
  56. Der BGH hat sich bislang noch nicht einheitlich zur Frage verhalten, in welchem Umfang von den Parteien Vortrag zum ausländischen Recht erwartet werden darf/muss. Während er in seinem Beschluss vom 22. April 2010 (Az. IX ZR 94/08) davon ausgeht, dass „die Anwendung ausländischen Rechts nicht von Amts wegen zu prüfen ist, sondern der Anfechtungsgegner hierfür die Darlegungs- und Beweislast trägt“, vertritt ein anderer Senat in seinem Beschluss vom 30. April 2013 (Az. VII ZB 22/12; zitiert von Kühnen, a.a.O.) die Auffassung, dass ausländisches Recht (dort griechisches Recht) von Amts wegen zu ermitteln sei. In zwei Entscheidungen aus dem Jahr 1992 (NJW 1992, 2026ff., Urt. v. 30. April 1992, Az. IX ZR 233/90 und NJW 1992, 3096ff., Urt. v. 4. Juni 1992, Az. IX ZR 149/91) hat der BGH die Ansicht vertreten, dass es von den Umständen des Einzelfalls abhängt, welcher Parteivortrag verlangt werden kann. Haben die Parteien „unschwer Zugang“ zu Erkenntnisquellen einer ausländischen Rechtsordnung, wird man „in der Regel“ erwarten können, dass sie „das ausländische Recht konkret darstellen“.
  57. Letztgenannter Ansicht schließt sich die Kammer für das hiesige Verfahren an.
  58. 2.
    Die Klägerin hat hinreichend zu ihrem Erwerb des Patents nebst Abtretungen der zugehörigen Ansprüche vorgetragen. Zugunsten der Klägerin greift die Indizwirkung ihrer Eintragung im Patentregister.
  59. Hierzu hat die Klägerin zunächst mit der Klageschrift als Anlage ES-A3 ein Vertragsdokument zu den Akten gereicht, das den maßgeblichen Übertragungsvorgang zwischen ihr und der A nachweisen soll. Soweit die Beklagte dessen Abfassung in englischer Sprache bemängelt hat, ist diese Kritik aufgrund der nunmehr vorliegenden deutschen Übersetzung dieses Dokuments obsolet geworden. Die Übersetzung, deren Richtigkeit die Beklagte nicht in Abrede stellt, lautet auszugsweise wie folgt:
  60. Aus dieser Regelung ist zu erkennen, dass die Parteien der Vereinbarung eine umfassende Übertragung von Schutzrechten nebst korrespondierender Ansprüche angestrebt haben. Diese Vereinbarung datiert vom 2. September 2021. Aufgrund der bereits Mitte November 2021 erfolgten Eintragung in das Register gilt zugunsten der Klägerin die Indizwirkung und die formelle Lage spricht für die materielle Inhaberschaft der Klägerin.
  61. Es wäre an der Beklagten gewesen, auf erhebliche Weise Gründe vorzubringen, die das Indiz des Registers erschüttern könnten und die Klägerin zur vollen Darlegung ihrer materiellen Rechtsstellung für vor dem Eintragungszeitpunkt liegende Zeiten verpflichtet hätten.
  62. Derlei Vortrag wäre der Beklagten auch möglich gewesen. Denn, auch losgelöst von der Frage, ob die Kammer die anwaltliche Stellungnahme aus der Anlage ES A-10 auch ohne deutsche Übersetzung berücksichtigt hätte, hat dieses Dokument der Beklagten offensichtlich Anhaltspunkte für Kriterien einer wirksamen Rechtsübertragung gegeben. So meint die Beklagte, zwischen einer Rechtsgrundlage einer Übertragung einerseits und der förmlichen Übertragung andererseits zu unterscheiden. Auch ohne dass dieses Dokument im Einzelnen dezidiert die Anforderungen an eine Rechtsübertragung nach niederländischem Zivilrecht dargestellt hat, hätte die Beklagte dies als Ausgangspunkt für eine eigene Recherche von etwaigen Formerfordernissen heranziehen können. Mit der Benennung zweier Rechtsvorschriften lagen konkrete Ausgangspunkte vor, um eine eigene Bewertung der Rechtslage vorzunehmen oder zumindest zu initiieren. Insoweit war von der Beklagten für einen erheblichen Gegenvortrag zu erwarten, dass sie an diesen ersichtlichen Fragestellungen anknüpft, um eine Unwirksamkeit der Rechtsübertragung zumindest mit konkreten Verweisen auf die niederländische Rechtsordnung zu behaupten. Der pauschale Verweis auf ein von Amts wegen einzuholendes Rechtsgutachten verfängt daher nicht. Dieses Erfordernis vorbehaltlos auf diejenigen Sachverhaltskonstellationen anzuwenden, in denen zugunsten des Pateninhabers und Klägers die Indizwirkung aus dem Register eingreift, würde die Bedeutung der Indizwirkung überdies leerlaufen lassen. Dafür besteht aber kein Grund, zumal der ober(sten)gerichtlichen Rechtsprechung weder zu entnehmen ist, dass die Indizwirkung überhaupt nur auf inländische Übertragungsvorgänge/-nachweise, noch dass sie nur auf deutsche Patente/Patentanmeldungen anzuwenden wäre. Zu berücksichtigen ist hier zudem, dass die in Streit stehende Rechtsordnung diejenige der Niederlande ist, welche Ähnlichkeiten zu dem deutschen Recht aufweist, was von der Beklagten jedenfalls nicht erheblich in Abrede gestellt worden ist. Der Beklagten als mindestens mittelständisches Unternehmen wäre eine Recherche zu anderem europäischen Recht zumutbar gewesen.
  63. II.
    Das Klagepatent betrifft insbesondere eine Düsenanordnung für eine Reinigungsvorrichtung zum Reinigen einer Oberfläche (Abs. [0001]).
  64. Abs. [0002] schildert die bekannte Situation so, dass die Reinigung von Hartböden durch Staubsaugen und anschließendes Wischen erfolgt. Das Staubsaugen entfernt den groben Schmutz, während das Wischen die Flecken beseitigt. Es waren diverse Geräte vorbekannt, die mittels harter Bürsten und Saugkraft gearbeitet haben, um Wasser und Schmutz vom Boden zu entfernen. Zudem, vor allem für den Hausgebrauch, gab es Geräte, die mit harten Bürsten und einem Rakelelement ausgestattet waren, welches mithilfe von Unterdruck Schmutzpartikel vom Boden heben sollte. Die Rakelelemente sind üblicherweise als flexible Gummilippe verwirklicht, die an der Unterseite des Reinigungsgeräts angebracht ist und lediglich über die zu reinigende Oberfläche gleitet, wodurch Schmutzpartikel und Flüssigkeit über die zu reinigende Oberfläche geschoben oder von ihr abgewischt werden. Mittels Unterdruck, der in der Regel durch ein Vakuumaggregat erzeugt wird, werden die gesammelten Schmutzpartikel und die Flüssigkeit aufgenommen (Abs. [0003]).
  65. Aus dem Stand der Technik war beispielsweise aus der EP 0 XXX XXX A1 eine Rakelvorrichtung für ein Staubsaugersystem vorbekannt. Ebenso lehrte bereits die US 7,XXX XXX B1 eine Kehrmaschine, welche allerdings keine Unterdruckquelle aufwies und daher nicht in der Lage, Wasser von dem zu reinigenden Boden aufzusaugen (Abs. [0004]). Ähnlich war es bei dem Staubsauger gemäß der US 4,XXX XXX A; dieses Gerät verfügte über eine gute Scheuerwirkung bei der Fleckenentfernung vom Boden, allerdings auch nur eine geringe Leistung beim Trocknen des Bodens.
  66. Weitere vorbekannte Geräte verfügten über ein Doppelrakelelement, wobei die Rakel auf einer Seite der Bürste angeordnet sind. Eine zusätzliche Vakuumquelle erzeugt einen Sog in einem Kanal zwischen der Doppelrakelanordnung, um das Reinigungswasser wieder vom Boden zu entfernen. Abs. [0007] erläutert hierzu allerdings, dass bei solchen Geräten eine Bewegung in Vorwärtsrichtung erforderlich war, um das zur Reinigung aktiv versprühte Wasser wieder vom Boden aufzunehmen.
  67. Um dieses Problem zu beheben, sah schon die EP 0 XXX XXX A1 eine Doppelrakeldüse vor, die sowohl bei Vorwärts- als auch bei Rückwärtsbewegung ein gutes Reinigungsergebnis bewirkt. Eine beidseitige Anordnung der Rakel von der Bürste hatte aber die unerwünschte Konsequenz, dass die Düse sperrig wurde. Zudem bestand ein erhöhtes Kratzrisiko für den Boden durch den ständigen Kontakt des Geräts mit dem Boden.
    Dem wollten andere Geräte aus dem Stand der Technik begegnen, wie das Klagepatent in Abs. [0010] erläutert, indem zwei separate Bürsten vorgesehen waren, die parallel zueinander angeordnet sind.
  68. Hieran kritisiert das Klagepatent, dass wiederum eine sperrige Bürste mit einer unbefriedigenden Handlungsfreiheit entsteht.
  69. Das Klagepatent stellt sich daher die Aufgabe, eine Vorrichtung bereitzustellen, die diese Nachteile überwindet.
  70. Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent daher eine Vorrichtung mit nachfolgenden Merkmalen vor:
  71. 1. Eine Düsenanordnung für eine Reinigungsvorrichtung (100), umfassend:
  72. 1.1 eine drehbar um eine Bürstenachse (14) angeordnete Bürste (12)
  73. 1.2 wobei besagte Bürste (12) mit beweglichen Bürstenelementen (16) bereitgestellt wird, die im Wesentlichen gleichmäßig über den Randbereich der Bürste (12) verteilt sind,
  74. 1.3 wobei die Bürste (12) zumindest teilweise von einem Düsengehäuse (28) umgeben ist
  75. 1.4 und wobei die Bürste (12) zumindest teilweise aus einer Unterseite (30) des besagten Düsengehäuses (28) hervorsteht, wobei selbige Unterseite (30) beim Betrieb der Vorrichtung (100) der zu reinigenden Oberfläche (20) gegenübersteht,
  76. 1.5 wobei die Bürstenelemente (16) während der Drehung der Bürste (12) im Wesentlichen eine Dichtung mit dem Gehäuse (28) bilden, und zwar an einer ersten Position (33), an der die Bürstenelemente (16) während der Drehung der Bürste (12) das Gehäuse (28) verlassen,
  77. 1.6 und wobei die Bürstenelemente (16) während der Drehung der Bürste (12) die zu reinigende Oberfläche (20) an einer zweiten Position (35) zum Aufnehmen von Schmutzpartikeln (22) und Flüssigkeit (24) von der besagten Oberfläche (20) berühren,
  78. 1.7 dadurch einen Ansaugbereich (34) in einem Raum zwischen der Bürste (12), besagtem Gehäuse (28) und der besagten zu reinigenden Oberfläche (20) eingrenzen, welcher an den besagten ersten und zweiten Positionen (33, 35) zumindest teilweise abgedichtet ist,
  79. 1.8 ein einziges Rakelelement (32), welches sich in einem Abstand zu der Bürste (12) befindet und an der Unterseite (30) des Düsengehäuses (28) an einer Seite der Bürste (12) befestigt ist, an der die Bürstenelemente (16) während der Drehung der Bürste (12) in das Gehäuse (28) münden,
  80. 1.9 wobei besagtes Rakelelement (32) darauf ausgelegt ist, während der Bewegung der Reinigungsvorrichtung (100) Schmutzpartikel und Flüssigkeit über die oder von der zu reinigenden Oberfläche (20) zu schieben oder zu wischen,
  81. 1.10 dadurch einen Saugeinlass (36) zwischen dem Rakelelement (32) und der Bürste (12) eingrenzend, der sich in den Ansaugbereich (34) öffnet,
  82. 1.11 und ein Antriebsmittel zum Antreiben der sich drehenden Bürste (12).
  83. III.
    Die Parteien streiten zu Recht einzig über das Verständnis der Merkmale 1.5 bis 1.8. Erörterungen der Kammer zu den übrigen Merkmalen bedarf es nicht.
  84. 1.
    Das Klagepatent stellt eine Düsenanordnung für eine Reinigungsvorrichtung unter Schutz, welche insbesondere eine um eine Bürstenachse drehbar angeordnete Bürste aufweisen soll (Merkmal 1.1). Eine erfindungsgemäße Vorrichtung soll sich durch besondere Eigenschaften der Bürste und der Bürstenelemente auszeichnen, wobei konkrete Anforderungen an deren Anordnung und Ausgestaltung in den folgenden Merkmalen gestellt werden.
  85. Merkmal 1.5 verlangt, dass die Bürstenelemente während der Drehung der Bürste im Wesentlichen eine Dichtung mit dem Gehäuse bilden, und zwar an einer ersten Position, an der die Bürstenelemente während der Drehung der Bürste das Gehäuse verlassen.
  86. Danach soll es durch eine aufeinander abgestimmte Ausrichtung von Gehäuse und Bürstenelementen dort, zu einer wesentlichen Dichtung kommen, wo die Bürstenelemente aus dem Gehäuse hervorkommen. Wie Gehäuse und Bürste(nelemente) angeordnet sind, ob zwischen ihnen ein Abstand oder körperlicher Kontakt besteht, ist nicht entscheidend, solange es im Wesentlichen zu einer Dichtung kommt. Unter einer solchen versteht das Klagepatent, den Luftaustritt auf eine minimale Strömungsrate zu reduzieren.
  87. Der Anspruch spezifiziert den Bereich, wo die Bürstenelemente während der Drehung der Bürste das Gehäuse verlassen, als erste Position. Dort soll es zu einer Dichtungswirkung kommen. Konkrete Anforderungen an die räumlich-körperliche Ausgestaltung einer Dichtung „im Wesentlichen“ sind dem Anspruch nicht zu entnehmen. Zu erkennen ist nur, dass die Bürstenelemente und das Gehäuse der Vorrichtung zu deren Herstellung beitragen sollen.
  88. Rein philologisch beschreibt die Formulierung „im Wesentlichen“, dass etwas zwar überwiegend, aber nicht vollständig vorliegt. Mit diesem Zusatz wird das Maß der erforderlichen Dichtungswirkung reduziert, indem keine vollständige Dichtung in dem Sinne, dass jeglicher Luft-/Flüssigkeitsdurchtritt verhindert werden muss, vorhanden sein muss.
  89. Dieses Verständnis wird durch allgemeine Beschreibungsstellen in der Klagepatentschrift bekräftigt.
  90. Abs. [0016] beschreibt:
  91. „Die Anordnung der Bürste innerhalb des Düsengehäuses ist so gewählt, dass die Bürstenelemente während der Drehung der Bürste an einer ersten Position, an der die Bürstenelemente das Gehäuse während der Drehung der Bürste verlassen, im Wesentlichen eine Dichtung mit dem Gehäuse bilden. Zusätzlich wird an einer zweiten Position, an der die Bürstenelemente während der Drehung der Bürste die zu reinigende Oberfläche berühren, ein zumindest teilweise abgedichteter Bereich gebildet. Auf diese Weise wird in dem Raum zwischen der Bürste, dem Düsengehäuse und der zu reinigenden Oberfläche ein Ansaugbereich eingegrenzt, der zumindest teilweise gegenüber der Umgebung der Düse abgedichtet ist. „Abdichtung“ oder „abgedichtet“ im Rahmen der vorliegenden Erfindung bedeutet nicht eine vollständige Abdichtung zur Umgebung, da sonst Schmutz und Flüssigkeit nicht mehr von der Oberfläche aufgenommen werden könnten. „Abdichtung“ oder „abgedichtet“ bezieht sich im Rahmen der vorliegenden Erfindung vielmehr auf eine Situation, in der ein Luftaustritt an den beiden oben genannten Positionen auf ein Minimum reduziert ist, oder in anderen Worten, in der nur eine relativ konstante kleine Luftmenge den Bereich zwischen dem Gehäuse und der Bürste an der ersten Position und zwischen der Bürste und der Oberfläche an der zweiten Position passieren kann. So wird eine Art Engstelle geschaffen, die einen unerwünschten, zu hohen Luftaustritt an den beiden beschriebenen Positionen verhindert.“
  92. In Abs. [0017] heißt es:
  93. „Die Abdichtung an der ersten Position kann beispielsweise dadurch erreicht werden, indem das Düsengehäuse oder ein Teil davon in dem Bereich, in dem die Bürstenelemente das Gehäuse verlassen, so nahe an der Bürste angeordnet wird, dass in diesem Bereich ein dünner Kanal zwischen dem Gehäuse und der Bürste gebildet wird. Mit anderen Worten ist das Düsengehäuse in diesem Bereich vorzugsweise so nahe am Gehäuse angeordnet, dass die Bürste das Gehäuse fast berührt. Ein Abstand von ca. 0,5 mm zwischen dem Gehäuse und der Bürste hat gute Dichtungsergebnisse gezeigt. […] Es ist festzuhalten, dass auch ein Kontakt zwischen der Bürste und dem Gehäuse möglich ist, ohne den Schutzbereich der Erfindung zu verlassen.“
  94. Offenbart wird damit eine Anordnung, welche einen dünnen Kanal aufweist und das Düsengehäuse nah an den Bürstenelementen angeordnet ist. Dies ist aber nicht die einzig zulässige Ausgestaltungsmöglichkeit, weil es sich ausdrücklich um eine „beispielweise“ gegebene Ausführung handelt. Daher stellt Abs. [0017] am Ende auch ausdrücklich klar, dass ein Kontakt zwischen der Brüste und dem Gehäuse ebenso anspruchsgemäß ist. Entscheidend ist, dass es zu einem dünnen Kanal kommt, jedoch keine vollständige Abdichtung, die jeglichen Luftdurchtritt und damit die angestrebte Aufnahme von Schmutz und Flüssigkeit in die Vorrichtung unmöglich macht.
  95. Auch ergibt sich nicht aus der Gegenüberstellung mit Merkmal 1.6, dass für die Realisierung des Merkmals 1.5 jeglicher körperliche Kontakt zwischen Vorrichtungsteilen ausgeschlossen ist. Dort ist ausdrücklich mit Blick auf die zweite Position beschrieben, dass die Bürstenelemente während der Drehung der Bürste die zu reinigende Oberfläche berühren. Dort ist der Bodenkontakt aber auch zwingend erforderlich, da es andernfalls nicht zu einer Reinigung der Oberfläche kommen könnte. Dieses Erfordernis besteht an der ersten Position nicht. An dieser Stelle kommt es auf ein irgendwie geartetes Zusammenspiel von Düsengehäuse und Bürstenelementen an, wo eine Berührung nicht zwingend, aber auch nicht schädlich ist, solange der Luftaustritt nur reduziert und nicht ausgeschlossen ist.
  96. Keine der Beschreibungsstellen konkretisiert im Übrigen, welcher Teil des Düsengehäuses mit den Bürstenelementen zusammenwirken soll bzw. verlangt hierfür eine bestimmte Ausgestaltung des Düsengehäuses. Umso weniger macht das Klagepatent Vorgaben, aus welchem Material der entsprechende Teil des Düsengehäuses bestehen muss. Denkbar ist deshalb ein Zusammenwirken von zum Gehäuse gehörenden weiteren Bestandteilen (wie etwa einer Gummileiste) mit den Bürstenelementen. Im Abs. [0017] wird nur allgemein auf ein „Teil“ des Düsengehäuses verwiesen, mit dem ein Zusammenwirken erfolgen kann. Bekräftigt wird dies durch den zwar auf eine bevorzugte Ausführungsform bezogenen, den Anspruchsumfang aber nicht einengenden Abs. [0073], welcher den Teil des Gehäuses mit der Bezugsziffer 41 kennzeichnet und damit ausweislich der Figuren 1 und 2 ein in Richtung der Bürste ausgerichtetes, rechtwinklig zum übrigen Düsengehäuse angeordnetes Element adressiert wird.
  97. Mit der Bestimmung einer ersten und einer zweiten Position, an der es jeweils zu einer wesentlichen Abdichtung kommt, zielt die erfindungsgemäße Lehre auf die Bildung eines Ansaugbereichs ab. Dies geht aus dem Merkmal 1.7 des Anspruchs hervor, welches eine Schlussfolgerung („dadurch“) aus den vorangehenden Merkmalen 1.5 (Definition der ersten Position) und 1.6 (Definition der zweiten Position) ableitet. Merkmal 1.7 grenzt den Ansaugbereich somit durch diejenigen Bestandteile der Vorrichtung ein, die schon in den Merkmalen 1.5 und 1.6 die Lage der ersten und zweiten Position bestimmt haben, nämlich die Bürste, das Gehäuse und die zu reinigende Oberfläche. Diese drei Komponenten stellen gemeinsam einen Raum zur Verfügung, der dem Ansaugen von Schmutzpartikeln und Flüssigkeit dienen soll, welche so in den Saugeinlass gelangen können. Die erste und zweite Position stellen die äußeren Begrenzungen des Ansaugbereichs dar.
  98. Die erfindungsgemäße Lehre des Klagepatents schließt hierbei die Anordnung anderer Bauteile innerhalb des Ansaugbereichs nicht aus. Allerdings ist eine Verkürzung des Ansaugbereichs durch andere Bauteile aufgrund einer durch sie bewirkten früheren und vollständigen Abdichtung nicht mit der Lehre des Klagepatents zu vereinbaren.
  99. Der Abs. [0034] als Bestandteil der allgemeinen Beschreibung, was von Abs. [0083]ff. im Rahmen der besonderen Beschreibung aufgegriffen wird, führt aus:
  100. „Gemäß einer weiteren bevorzugten Ausführungsform der vorliegenden Erfindung umfasst die Reinigungsvorrichtung ferner ein Beschränkungselement, welches im Ansaugbereich angeordnet ist, um zumindest teilweise den Saugeffekt zwischen dem Saugeinlass und dem Saugauslass zu beschränken. Das Beschränkungselement kann an einer beliebigen Position innerhalb des Düsengehäuses zwischen dem Saugeinlass und dem Saugauslass angeordnet sein.“
  101. In Abs. [0035] heißt es weiter:
  102. „Das Beschränkungselement ist dazu geeignet, die Saugwirkung, die durch den erzeugten Unterdruck im Ansaugbereich im Raum zwischen dem Saugeinlass und dem Saugauslass entsteht, zumindest teilweise zu begrenzen.“
  103. Erläuternd beschreibt Abs. [0084] zum Einsatzzweck des Beschränkungselements:
  104. „Es verringert den Abstand zwischen dem Gehäuse 28 und der Bürste 12 an einer Stelle zwischen dem Saugeinlass 36 und dem Saugauslass 47. Auf diese Weise wird durch die Bürste 12 und das Düsengehäuse 28 eine Art Strömungsbegrenzung gebildet. Dadurch erscheint der Ansaugkanal 34 (auch als Ansaugbereich 34 bezeichnet) für die Passage von Luft, Schmutz 22 und Flüssigkeit 24 an dieser Stelle nahezu geschlossen. Aufgrund der oben erwähnten Eigenschaften der Bürstenelemente 16 wird jedoch immer noch eine konstante Menge an Luft, Schmutz und Flüssigkeit durch den Raum 39 zwischen den Bürstenelementen 16 transportiert. Dies führt zu einem relativ konstanten Arbeitspunkt des Systems.“
  105. Diese Beschreibungsstellen machen dem Fachmann deutlich, dass auf den Saugeffekt mittels weiteren, dem Gehäuse zuzuordnenden Bauteilen eingewirkt werden darf. Das Beschränkungselement darf irgendwo im Bereich zwischen dem Saugauslass und dem Saugeinlass platziert werden.
  106. Zugleich bestärkt die genannte Beschreibungsstelle in Abs. [0084] das erörterte Verständnis bezogen auf einen körperlichen Kontakt an der ersten Position. Denn gerade durch die erfindungsgemäßen Eigenschaften der Bürste – wie sie sich aus Abs. [0015] ergeben und welche vorliegend nicht in Streit stehen – verbleibt es auch bei Kontakt der Bürste mit anderen Vorrichtungselementen bei einem kleinen, aber hinreichenden Luftkanal, um Schmutz und Flüssigkeit aufzunehmen.
  107. Die Figuren des Klagepatents, insbesondere die von der Klägerin in Bezug genommenen Figuren 1 und 2, geben für das Verständnis der ersten Position bzw. der bereitzustellenden teilweisen Abdichtung/im Wesentlichen abgedichtet allerdings keinen weitergehenden Aufschluss. Sie zeigen zwar, dass an der ersten Position die als Striche eingezeichneten Borsten das Gehäuse berühren. Dies hat aber keine zwingende Bedeutung, da es sich nur um grobe Skizzen einer erfindungsgemäßen Vorrichtung handelt.
  108. Technisch-funktional legt das Klagepatent eine erste Position fest, um einen Ansaugbereich festlegen zu können. Dieser soll sich an seinen äußeren beiden Stellen (erste und zweite Position) dadurch auszeichnen, dass es zu einer Saugwirkung kommt, die ausreichend stark ist, um Schmutz und Flüssigkeit aufnehmen zu können. Dies soll durch eine zumindest teilweise Abdichtung an diesen Positionen erreicht werden. Die Vorrichtung muss demnach ausgestaltet sein, dass in jedem Fall ein reduzierter Luftdurchtritt möglich bleibt. Wie dies im Einzelnen bei der Ausgestaltung der Bürstenelemente und des Gehäuses bewerkstelligt wird, ist dafür nicht entscheidend, solange es nicht zu einer vollständigen Abdichtung kommt.
  109. 2.
    Als weiteren Bestandteil in einer erfindungsgemäßen Vorrichtung sieht Merkmal 1.8 ein einziges Rakelelement vor, das sich in einem Abstand zu der Bürste befindet und an der Unterseite des Düsengehäuses an einer Seite der Bürste befestigt ist, an der die Bürstenelemente während der Drehung der Bürste in das Gehäuse münden.
  110. Ein Rakelelement nach dem Klagepatent zeichnet sich dadurch aus, dass es (jedenfalls) bei Benutzung der Vorrichtung in Bodenkontakt steht und über den Boden bewegt/gezogen wird. Eine bestimmte Materialbeschaffenheit ist nicht vorgegeben. Das Rakelelement wirkt an der zweiten Position mit dem Ansaugbereich zusammen, indem es diesen begrenzt und die Aufnahme von Schmutz in das Gerät begünstigt. Außerdem soll nur ein einzelnes dieser Elemente in der erfindungsgemäßen Vorrichtung enthalten sein.
  111. Der Anspruch grenzt ein Rakelelement inhaltlich nicht näher ein. Nach allgemeinem Sprachgebrauch ist ein „Rakel“ ist ein Gerät, das aus Gummi oder Holz bestehen kann, und das eingesetzt wird, um überschüssiges viskoses Material zu entfernen. Damit entspricht die deutsche Übersetzung der englischen Anspruchsfassung, die von „squeegee element“ spricht, wobei „squeegee“ mit Gummischrubber oder Rakel übersetzt werden kann.
  112. Schon danach ist es die originäre Aufgabe eines Rakels, überschüssiges Material zu entfernen. Dies setzt, wie der Fachmann problemlos erkennt, zwingend voraus, dass es Kontakt mit der Oberfläche, auf welcher das Material aufgebracht wurde, hat, weil andernfalls eine Entfernung von Materialüberschuss nicht möglich ist.
  113. Dieses Verständnis wird schon durch Merkmal 1.9 bekräftigt, welches zum Rakelelement ergänzt, dass dieses darauf ausgelegt ist, während der Bewegung der Reinigungsvorrichtung Schmutzpartikel und Flüssigkeit über die oder von der zu reinigenden Oberfläche zu schieben oder zu wischen.
  114. Gleichermaßen unterstützen schon die allgemeinen Beschreibungsstellen des Klagepatents dieses Verständnis und insoweit insbesondere den erforderlichen Bodenkontakt.
  115. In Abs. [0020] ist formuliert:
  116. „Da nicht alle Schmutzpartikel und Flüssigkeitstropfen direkt vom Vakuumaggregat aufgenommen werden können, wird ein kleiner Teil des Schmutzes und der Flüssigkeit in dem Bereich, in dem die Bürstenelemente den Kontakt mit der Oberfläche verlieren, auf die Oberfläche zurückgeschleudert. Dieser Effekt des Wiederbespritzens der Oberfläche wird jedoch durch das Rakelelement überwunden, das diese wiederverspritzte Flüssigkeit und den Schmutz auffängt, indem es als eine Art Abstreifer fungiert, so dass die verbleibende Flüssigkeit und der Schmutz dann durch den angelegten Unterdruck aufgenommen werden können. Das Rakelelement sorgt also dafür, dass die Restflüssigkeit und der Schmutz den Ansaugbereich nicht wieder verlassen, ohne vom Vakuumaggregat aufgenommen zu werden. Es verschließt also gewissermaßen den Ansaugbereich für Schmutz und Flüssigkeit auf einer Seite des Düsengehäuses.“
  117. Besonders Abs. [0022] betont den Nutzen des Rakelelements:
  118. „Das Rakelelement ist dazu geeignet, Schmutzpartikel und Flüssigkeit während der Bewegung der Reinigungsvorrichtung über die zu reinigende Oberfläche zu schieben oder von ihr abzuwischen. Er wirkt wie eine Art Abstreifer, der die Oberfläche abwischt und dabei Flüssigkeitstropfen und Schmutzpartikel von der zu reinigenden Oberfläche aufsammelt. Zwischen dem Rakelelement und der Bürste befindet sich ein Saugeinlass, der in den Ansaugbereich mündet.“
  119. Und auch Abs. [0028] formuliert:
  120. „Bei der Bewegung des Geräts gleitet das Rakelelement über die zu reinigende Oberfläche und schiebt oder wischt dabei Schmutzpartikel und Flüssigkeit über oder vom Boden, während die Bürste während ihrer Drehung gleichzeitig Schmutz- und Flüssigkeitspartikel von der Oberfläche aufnimmt.“
  121. Diese Beschreibungsstellen machen dem Fachmann deutlich, dass das Rakelelement Kontakt mit der zu reinigenden Oberfläche benötigt, weil er auf dieser befindliche Schmutzpartikel und Flüssigkeit beseitigen soll. Er wirkt mit dem Ansaugbereich zusammen und sorgt für ein verbessertes Aufsaugen der Schmutzpartikel. Anforderungen, dass bei einem einzigen Wisch- oder Schiebevorgang sämtliche Wasser- und Schmutzpartikel vollständig aufgenommen worden sein müssten, ergeben sich daraus nicht. Insbesondere ergibt sich derlei nicht aus der zuvor zitierten Formulierung in Abs. [0020], wonach das Rakelelement dafür sorge (englisch: ensures), dass Restflüssigkeit und Schmutz den Ansaugbereich nicht wieder verlassen. Denn damit verdeutlicht das Klagepatent nur, wie das Rakelelement zur Schmutzbeseitigung beitragen soll. Spezifische Anforderungen an die Effektivität dieses Vorgangs werden nicht aufgestellt.
  122. Nicht offenbart von der Klagepatentbeschreibung wird im Zusammenhang mit dem Rakelelement, dass auch andere Oberflächen als der jeweils zu reinigende Boden unter der Oberfläche, die abgewischt werden soll, verstanden werden könnten.
  123. Die im Klagepatent enthaltenen Figuren 1 und 3 unterstützen das erörterte Verständnis, welches für ein erfindungsgemäßes Rakelelement Bodenkontakt verlangt. Unabhängig von der Bewegungsrichtung, in die die Vorrichtung verbracht wird, behält das Rakelelement, ggf. unter Änderung seiner Ausrichtung, Bodenkontakt. Insoweit spricht auch gerade die Darstellung der Figur 1 dafür, nur solche Vorrichtungsteile als erfindungsgemäßes Rakelelement zu begreifen, die Bodenkontakt aufweisen. Denn dort ist mit dem Bezugszeichen 41 ein weiteres Element zu erkennen, ohne Bodenkontakt, sondern allenfalls mit Kontakt zur Bürste. Dass dieses als Rakelelement betrachtet würde, ist jedenfalls nicht ersichtlich.
  124. Insbesondere technisch-funktionale Gesichtspunkte unterstützen das Verständnis eines Rakelelements mit zwingendem Bodenkontakt. Eine Abwischfunktion über den Boden kann nur bei entsprechender Berührung erfolgen. Durch das Rakelelement sollen Wasser und Schmutz in einem bestimmten Bereich der Vorrichtung – nämlich dem Ansaugbereich – zusammengehalten werden, um von dort in den Saugeinlass aufgenommen werden zu können. Ein nicht am Boden befindliches Rakelelement könnte diese Funktion nicht erfüllen, weil Partikel entweichen und nicht erfolgreich vom Boden in die Vorrichtung gelangen könnten. Nicht erforderlich ist indes auf der anderen Seite, dass direkt bei einem (ersten) Abwischvorgang alle Partikel vollständig aufgenommen wurden. Denn dies hängt individuell von der zu bewältigenden Schmutz-/Wassermenge ab.
  125. Das Klagepatent setzt mit einem im vorstehenden Sinne verstandenes Rakelelement die Bedeutung von Rakelelementen fort, wie sie im Stand der Technik bekannt waren. Die Bezugnahme der Beklagten auf die Figur 13, um Gegenteiliges darzutun, überzeugt nicht. Bereits eingangs der Klagepatentbeschreibung in Abs. [0003] heißt es:
  126. „Die Rakelelemente sind üblicherweise als flexible Gummilippe verwirklicht, die an der Unterseite des Reinigungsgeräts angebracht ist und lediglich über die zu reinigende Oberfläche gleitet, wodurch Schmutzpartikel und Flüssigkeit über die zu reinigende Oberfläche geschoben oder von ihr abgewischt werden. Mittels Unterdruck, der in der Regel durch ein Vakuumaggregat erzeugt wird, werden die gesammelten Schmutzpartikel und die Flüssigkeit aufgenommen.“
  127. Damit wird das auch einer erfindungsgemäßen Vorrichtung zugrunde liegende Prinzip erläutert und das Gleiten über die zu reinigende Oberfläche hervorgehoben. So spricht auch Abs. [0004] von einem „Abzieher“ als Rakelvorrichtung. Insbesondere Abs. [0009] lautet es ausdrücklich:
  128. „[…] Durch den ständigen Kontakt der Rakel mit dem Boden während der Bewegung des Geräts können solche Doppelrakel eine hohe Kratzbelastung des Bodens erzeugen.“
  129. Der hier beschriebene Nachteil von Bodenkratzern ist überhaupt nur denkbar, wenn es Bodenkontakt durch das Rakelelement gibt. An dieses grundlegende Prinzip des Rakels knüpft die erfindungsgemäße Lehre des Klagepatents unverändert an. Dies bedeutet indes nicht, dass jegliche vorbekannte Rakelelemente weiterhin Gegenstand der Erfindung wären. Wie etwa im Hinblick auf die Figur 13 zu erkennen ist, kann dies gerade nicht der Fall sein, weil das Klagepatent insbesondere die Anordnung und Anzahl der vorzusehenden Rakelelemente verändern wollte, um eine Verbesserung gegenüber dem Stand der Technik zu erzielen. Im Übrigen weisen auch die Rakelelemente aus der Figur 13 Bodenkontakt auf.
  130. IV.
    Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht unter Berücksichtigung des erläuterten Verständnisses die Lehre des Klagepatents.
  131. Nach dem eigenen Verständnis der Beklagten weist die angegriffene Ausführungsform nachfolgend skizzierten Innenaufbau auf:
  132. Obwohl es sich bei der Skizze der Beklagten im Wesentlichen um eine Prinzipdarstellung handelt, hat die Kammer nach eigener Anschauung einer angegriffenen Ausführungsform erhebliche Bedenken an der Darstellungsweise. Denn insbesondere der Saugauslass ist eher mittig von der Bürste angeordnet und verläuft zunächst horizontal in das Gehäuse der Vorrichtung hinein und nicht derart schräg nach oben wie gezeichnet. Auch ist bei Betrieb der Brüste und dem dritten Rakelelement mindestens ein fingerbreiter Spalt offen.
  133. Eine seitens der Klägerin gefertigte Gegenüberstellung dieser Skizze mit einer aufgeschnittenen angegriffenen Ausführungsform sieht daher wie folgt aus (entnommen der Replik, mit Anmerkungen der Klägerin):
  134. Dafür, dass die Prinzipskizze der Beklagten nicht vollständig den realen Aufbau wiedergibt, spricht auch die Darstellung des Gutachters der Beklagten, der die angegriffene Ausführungsform ihrem inneren Aufbau nach wie folgt darstellen will (Anlage CMS A9, S. 3):
  135. Die Kammer legt ihrer Würdigung daher die Darstellungen der Klägerin zugrunde, weil diese den realen konstruktiven Gegebenheiten entsprechen.
  136. 1.
    Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht Merkmal 1.5, indem sie an der ersten Position eine Dichtung im Wesentlichen aufweist.
  137. a.
    Die Klägerin identifiziert die erste Position dort, wo das aus Gummi bestehende Dichtelement/zweite Rakelelement sitzt, weil an dieser Stelle die Bürstenelemente das Düsengehäuse verlassen. Das Gummielement ist Teil des Gehäuses und mit diesem fest verbunden. Rein optisch liegt das Gummielement an den Bürstenelementen an, zu einer vollständigen Abdichtung kommt es aber nicht. Das gesteht die Beklagte selbst zu. Sie spricht insoweit immer nur davon, dass es zu einer nahezu vollständigen Abdichtung komme. Solange es aber keine vollständige Dichtung ist, verbleibt, wie von der erfindungsgemäßen Lehre gefordert, zumindest ein schmaler Kanal, wobei der Luftaustritt im Übrigen reduziert wurde. Dies hat die Beklagte auch mit der Duplik nicht mehr in Abrede gestellt; vielmehr hat sie auch dort betont, dass es aufgrund der Ausgestaltung als Gummileiste eine nahezu vollständige Abdichtung vorliegt.
  138. b.
    Der Verwirklichung des Merkmals 1.5 steht die Anordnung des dritten Rakelelements nicht entgegen. Diese führt nicht zu einem nur verkürzt ausgestalteten Ansaugbereich, der aus der erfindungsgemäßen Lehre herausführen würde. Gemäß ihrer Darlegungslast hat die Klägerin hinreichend substantiiert und durch Messungen unterlegt vorgetragen, welche Druckverhältnisse im Inneren der angegriffenen Ausführungsform vorherrschen und wie diese zu erklären sind.
  139. Die Klägerin hat mit der Replik Messergebnisse vorgelegt, wobei die entsprechenden Messungen zwischen Gehäuse und Bürste unmittelbar hinter dem kammartigen Element vorgenommen wurden (aus Rotationsrichtung betrachtet, vgl. auch Lichtbild Bl. 193 und Punkt A):
  140. Es sind nachfolgende Werte ermittelt worden:
  141. Weitere Messungen der Klägerin sind zur Ermittlung eines dynamischen Unterdrucks im Bereich zwischen der ersten Position und dem dritten Rakelelement erfolgt, um zu verifizieren, ob dort auftretender Unterdruck tatsächlich nicht mehr auf das Ansaugen der Vorrichtung zurückzuführen ist. Die Beklagte hat das Aufkommen eines solchen Drucks nämlich als Erklärung dafür angeführt, weshalb es hinter dem dritten Element überhaupt zu einem messbaren Druck kommen könnte – trotz des kammartigen Elements.
  142. Die Klägerin hat hierzu auf nachvollziehbare Weise ermittelt, dass ein solcher dynamischer Unterdruck (auch Schleppströmung) allenfalls 0,31 mBar beträgt und somit allenfalls rund 5 % des insgesamt gemessenen Unterdrucks an dieser Stelle bei nasser Bürste ausmacht. Wenn in diesem Bereich also Unterdruck festgestellt wird, kann er jedenfalls nicht plausibel nur auf die Umdrehungen der Bürste und dadurch entstehende Schleppströmungen zurückgeführt werden. Dies hat die Konsequenz, dass trotz der Integration des dritten Rakelelements keine hinreichende Abdichtung durch dieses erfolgt, sondern vielmehr Luft an diesem vorbeiströmen kann.
  143. Die Klägerin hat mit der Triplik weitere Messungen vorgelegt, welche das zuvor erläuterte Ergebnis bestätigen (Anlage ES 11, S. 10):
  144. Die Messungen wurden dabei an zwei verschiedenen Stellen und sowohl im nassen als auch trockenen Zustand der Bürste vorgenommen, nämlich oberhalb und unterhalb der Düsenanordnung. Die erlangten Messergebnisse liegen im Wesentlichen in dem Messbereich, den die Klägerin schon mit der Replik aufgezeigt hat, was deren Richtigkeit und Aussagekraft umso mehr unterstreicht. Etwaige Schwankungen sind derlei Messungen zuzugestehen und schmälern den Aussagegehalt des Messergebnisses nicht.
  145. Hiergegen vermochte das Vorbringen der Beklagten nicht zu überzeugen und eine gegenteilige Ausgestaltung eines Ansaugbereichs aufzeigen.
  146. Das Erklären der Beklagten mit Nichtwissen zu den Testergebnissen der Klägerin greift schon deshalb nicht, weil sie eigene Messungen durch einen Gutachter eingeholt hat, wobei es ein Leichtes gewesen wäre, konkret die Messergebnisse der Klägerin zu überprüfen. Die hierbei angestellten eigenen Messungen für den dynamischen Unterdruck entkräften die Messungen der Klägerin nicht.
  147. In der Klageerwiderung hat die Beklagte zur Wirkung des dritten Rakelelements nur behauptet, es führe zu einer teilweisen Abdichtung. Mit Messungen wurde diese Behauptung noch nicht belegt. Der durchgeführte Test der Beklagten vermag die Bedeutung des dritten Rakelelements bzw. die Bedeutungslosigkeit des zweiten Rakelelements nicht zu begründen. Der Test wurde ohne obere Abdeckung durchgeführt, weshalb die Vorrichtung schon nicht ordnungsgemäß betrieben wurde. Dass dennoch Schmutzpartikel vom Boden aufgenommen wurden, ist kein Beleg für eine relevante Abdichtung nur durch das dritte Rakelelement. Denn auch ohne Abdeckung verbleibt es natürlich bei einer Saugwirkung des Geräts überhaupt; bei einer geschlossenen Abdeckung dürfte sie aber besser/anders ausfallen.
  148. Allein der Verweis auf Lichtbilder genügt zum Nachweis einer Abdichtwirkung des dritten Rakelelements ebenso wenig (vgl. Seite 18 der Duplik):
  149. Die optisch zu erkennende Berührungslinie besagt nichts über die Durchlassmöglichkeit von Luft. Denn tatsächlich ist, wie vorstehend angeführt, nach der Wahrnehmung der Kammer ein Finger breit Platz zwischen dem Kamm und der Bürste, was für einen Luftaustritt unzweifelhaft ausreichend ist. Zu berücksichtigen ist außerdem, dass es sich bei der Bürste nicht um starre Elemente handelt und damit eine rein optische Berührungslinie keine Aussage über das tatsächliche Interagieren von Kamm und Bürste treffen kann. Bestätigt wird diese kammerseitige Feststellung von hinreichendem Platz zwischen Bürste und Kamm auch durch beide Parteigutachter, die jeweils einen Gegenlichtversuch durchgeführt haben und dabei zwischen dem dritten Rakelelement und der Bürste ein Lichtspalt zu erkennen war.
  150. Die seitens der Beklagten bzw. ihres Gutachters angestellten Messungen stehen dem Verletzungsnachweis der Klägerin nicht entgegen. Umso mehr korrelieren sie mit diesen.
  151. Zunächst hat der Gutachter der Beklagten Messungen für den oberen Teil der Vorrichtung im Düsengehäuse vorgenommen. Die Messpunkte waren wie nachfolgend gezeigt verteilt:
  152. S. 9
  153. Die vorgenommenen Versuche wiesen Konstellationen mit und ohne Abziehlippe (zweites Rakelelement) sowie unterschiedliche Zusammensetzungen von (nicht) rotierender Bürste und an-/ausgeschalter Absaugung auf. Als Ergebnisse ließ sich ermitteln:
  154. Diese Messwerte lassen erkennen, dass es sich maßgeblich auf die Druckverhältnisse auswirkt, ob die Absaugung bei rotierender Bürste angeschaltet ist oder nicht. Ob dabei aber die Abziehlippe angebracht ist, wirkt sich nicht maßgeblich aus (vgl. oben links und Mitte rechts).
  155. Hinzukommt, dass die gutachterlichen Ausführungen die Funktion des zweiten Rakelelements als teilweises Dichtelement bestätigen. Denn die Messungen ohne Abziehlippe werden vom Gutachter der Beklagten dahin interpretiert, dass der Unterdruck in Rotationsdichtung der Bürste abnimmt, was bei angebrachter Abdichtlippe nicht der Fall war, weil dort der Druck kurz vor der Lippe wieder zugenommen hat . Grund dafür kann eine Verringerung des Strömungskanals durch die Lippe sein. Dies bestätigt das Verständnis der Klägerin von der Funktionsweise der angegriffenen Vorrichtung, dass an dieser Stelle eine teilweise Abdichtung erfolgt und der Luftstrom an dieser Stelle auf einen Widerstand trifft.
  156. Damit in Einklang stehen die Messwerte, welche der Beklagtengutachter für den Bereich zwischen der Bürste und dem ersten Rakelelement ermittelt hat. Dies gilt selbst unabhängig von der Kritik der Klägerin an dem Messaufbau (Rad und Düsenkopf auf unterschiedlichen Oberflächen aufgestellt, Druckbohrungen evtl. falsch platziert u.Ä.), den folgenden Lichtbildern nebst Messergebnissen zu entnehmen ist:
  157. Mit diesem weiteren Versuchsaufbau will der Gutachter den Unterdruck zwischen der Bürste und der ersten Rakelelement bestimmen, ebenfalls wieder mit und ohne Abziehlippe.
  158. Gegenüber den ersten Messungen weisen diese Untersuchungen höhere Werte auf für den Bereich zwischen dem Saugeinlass und dem dritten Rakelelement aus. Verglichen mit den Messwerten der Klägerin für den Bereich zwischen zweitem und drittem Rakelelement belegt dies ein Einwirken auf die Druckverhältnisse durch das dritte Element, indes ohne dass der Unterdruck maßgeblich beseitigt werden könnte. Logisch lassen sich diese Wertveränderungen eben dadurch erklären, dass der Unterdruck nach Passieren des dritten Rakelelements abnimmt, durch dieses mithin etwas gebremst wird. Hinzukommt die größere Entfernung von dem Ansaugbereich.
  159. Dass im Bereich zwischen zweitem und drittem Rakelelement keinerlei wirksamer Ansaugstrom, sondern nur noch ein durch die Bürste verursachter Schleppstrom anläge, lässt sich indes nicht erkennen. Auch hier unterstützen die Untersuchungen der Beklagten das seitens der Klägerin gefundene Ergebnis. Dies ist insbesondere den Messungen zu entnehmen, die nur mit rotierender Bürste und ausgeschalteter Absaugung durchgeführt worden sind. Denn gemittelt ergibt sich aus diesen Messungen ein Druckwert von -0,32 mBar, was dem Wert der Klägerin entspricht. Wenn der Gutachter für diesen Bereich der Vorrichtung meint, dass die Schleppströmung der Ansaugung entgegenwirke, weshalb der Unterdruck dort geringer ausfalle, vermag die Kammer dies nicht nachzuvollziehen, da diese Aussage nicht mit konkreten Messwerten belegt ist.
  160. Die weitere Schlussfolgerung des Gutachters aus diesen Messwerten, dass zwei Unterdruckbereiche vorhanden seien, steht der Merkmalsverwirklichung deshalb nicht entgegen, weil weder festzustellen ist, dass aufgrund eines relevanten Beitrags des dritten Rakelelements eine vollständige Abdichtung eintreten würde, noch, dass der Unterdruck im Bereich zwischen zweitem und drittem Element einzig auf die Rotation der Drehung zurückgeht.
  161. Auch das weitere Vorbringen der Beklagten im Schriftsatz vom 12. Dezember 2022, der außerhalb des Fristenregimes der Kammer zur Akte gereicht wurde, ändert vorstehende Feststellungen nicht mehr. Wie bereits zuvor gibt auch die darin enthaltene CAD-Zeichnung die angegriffene Ausführungsform nicht realitätsgetreu wieder, weil es an der Darstellung von Bürstenelementen fehlt, die aber für die erfindungsgemäße Lehre entscheidend sind. Stattdessen wurde eine Art Walze dargestellt, die mit Teilen des Gehäuses in Kontakt stehen soll. Sofern Kritikpunkte an den Ausführungen des Gutachters der Klägerin angebracht wurden, greifen diese nicht durch. Es handelt sich nicht um fundierte Gegenargumente, die wissenschaftlich etwa anhand eines Gegengutachtens belegt worden wären. Sie sind damit nicht geeignet, die oben bereits erläuterten plausiblen Berechnungen des klägerischen Gutachters infrage zu stellen.
  162. Da in dem Schriftsatz der Beklagten vom 12. Dezember 2022 nach Auffassung der Kammer weder neues noch erhebliches Vorbringen der Beklagten enthalten war, bedurfte es seitens der Klägerin keiner weiteren Stellungnahme.
  163. 2.
    Die angegriffene Ausführungsform macht Gebrauch von Merkmal 1.8. Sie verfügt nur über ein einziges Rakelelement an der Unterseite, welches Bodenkontakt hat. Soweit die Beklagte auf das zweite oder dritte Rakelelement als weitere erfindungsgemäße Rakelelemente abstellt, weisen diese Vorrichtungsteile unstreitig jeweils keinen Kontakt zum Boden auf, was die erfindungsgemäße Lehre für ein Rakelelement jedoch vorsieht. Hinzukommt, dass insbesondere das dritte Rakelelement auch nicht dem Abstreifen von Flüssigkeiten dient, sondern gerade für deren Verteilung auf der Bürste sorgt, worin nicht die Funktion eines erfindungsgemäßen Rakelelements liegt.
  164. 3.
    Ebenso gebraucht die angegriffene Ausführungsform Merkmal 1.9.
  165. Die Behauptung der Beklagten, das Rakelelement der angegriffenen Ausführungsform sei nicht in der Lage, Schmutzpartikel/Flüssigkeit über den Boden zu wischen/schieben, überzeugt die Kammer nicht.
  166. Die erst mit der Duplik vorgebrachten gutachterlichen Untersuchungen vermögen vorstehendes Ergebnis nicht zu ändern. Wenn die Beklagte daraus ableiten will, dass das Rakelelement gar nicht zum vollständigen Wassertransport geeignet sei und daher nicht im Sinne eines Abziehelements fungiere, überzeugt dies die Kammer nicht. Die anhand von Lichtbildern dokumentierten und im Gutachten nach Anlage CMS_A9 erläuterten Versuche sind nach Auffassung der Kammer nicht repräsentativ und valide. Sie zeigen nur, dass der testweise am Boden befindliche Wasserfleck nicht bei einem einzigen Hinüberfahren mit der Vorrichtung beseitigt worden ist und nur Teile des Wassers bewegt worden sind. Dabei ist aber schon zu berücksichtigen, dass die Bürste nicht montiert war und somit keine zweite Position (Kontakt zwischen Bürste und Boden) vorlag, deren rückwärtiger Absicherung das Rakelelement mit dient, zumal sich ohne die Bürste auch der Einsaugvorgang anders darstellen wird. Den Versuchen lag nicht die ordnungsgemäße Funktionsweise der angegriffenen Ausführungsform zugrunde.
  167. Diese Behauptung steht im Übrigen auch im Widerspruch zum bisherigen Vorbringen der Beklagten, wonach die Funktion des unterseitig angebrachten Rakels unstrittig war und die Beklagte das Ausscheiden einer Merkmalsverwirklichung mit der Anzahl der Rakelelemente begründet hat. Sie ist damit unbeachtlich gem. § 138 ZPO.
  168. Abgesehen davon kommt es auf die inhaltliche Richtigkeit dieser Behauptung aber auch nicht an. Das Rakelelement muss nämlich schon nicht den Anforderungen an einen Fensterabzieher genügen, sodass der Gegenüberstellung der angegriffenen Ausführungsform mit einem Abwischer für Fenster keine Bedeutung zukommt. Denn bei der angegriffenen Ausführungsform steht nicht isoliert die Abziehfunktion im Zentrum. Vielmehr soll diese ergänzend zur Reinigungswirkung der Bürste eingesetzt werden. Der Versuchsaufbau hat daher auch vor diesem Hintergrund nicht einem realen Einsatz der angegriffenen Vorrichtung entsprochen. Eine derartig große Wassermenge wird schon allein deshalb nach Gebrauch der Vorrichtung nicht mehr vorliegen, weil die Bürstenelemente Teile des Wassers aufgenommen und damit vom Boden beseitigt haben werden. Der weiter angestellte Rauchtest kann des Weiteren so verstanden werden, dass das Rakelelement eine hintere Begrenzung/Abdichtung in der angegriffenen Vorrichtung bereitstellt. Denn nach den gutachterlichen Erläuterungen war festzustellen, dass hinter dem Rakelelement strömender Rauch außen an diesem vorbeiströmt und sodann vom Gerät eingesogen wird. Nicht zu erkennen war, dass der Rauch unter dem Rakelelement hindurch geströmt ist. Es bestand mithin eine hinreichende Dichtung zum Boden. Im Übrigen stellt der Gutachter zudem fest, dass die Voraussetzung zum Abziehen (von Wasser) in beide Richtungen, wegen des Umschlagens der Lippe, grundsätzlich gegeben ist (Anlage CMS-A9, S. 8). Dies ist für eine Verwirklichung des Merkmals 1.9 in jedem Falle ausreichend.
  169. Mit vorstehenden Ausführungen steht auch die Augenscheinnahme in der mündlichen Verhandlung in Einklang. In eine von der Klägerin mitgebrachte, noch originalverpackte angegriffene Ausführungsform wurde Wasser eingefüllt. Sodann wurde Wasser auf den Boden des Gerichtssaals gegeben. Ein Vertreter der Beklagten ist mit der angegriffenen Ausführungsform im vollständig montierten Zustand über den Wasserfleck gefahren. Nach eigener Anschauung des Gerichts war der Wasserfleck auf dem Boden danach nicht mehr zu erkennen. In dem Schmutzwassertank der angegriffenen Ausführungsform waren Wasserpartikel zu erkennen. Aufgrund dessen ist die Kammer davon überzeugt, dass die angegriffene Ausführungsform und insbesondere das erste Rakelelemente bei ordnungsgemäßer Verwendung dazu in der Lage ist, Wasser- (und Schmutz-) Partikel vom zu reinigenden Boden zu beseitigen. Damit bestehen keine Zweifel an der Verwirklichung von Merkmal 1.9.
  170. IV.
    Aufgrund der vorstehenden Ausführungen resultieren die folgenden Rechtsfolgen:
  171. 1.
    Da die Beklagte das Klagepatent widerrechtlich benutzt hat, ist sie gemäß Art. 64 EPÜ, § 139 Abs. 1 PatG zur Unterlassung der Benutzungshandlungen verpflichtet.
  172. 2.
    Die Beklagte trifft auch ein zumindest fahrlässiges Verschulden. Denn die Beklagte als Fachunternehmen hätte bei Anwendung der von ihr im Geschäftsverkehr zu fordernden Sorgfalt die Benutzung des Klagepatents erkennen und vermeiden können, § 276 BGB. Für die Zeit ab Erteilung des Klagepatents schuldet die Beklagte daher Ersatz des Schadens, welcher der Klägerin entstanden ist und noch entstehen wird, Art. 64 EPÜ, § 139 Abs. 2 PatG.
  173. Da die genaue Schadensersatzhöhe derzeit noch nicht feststeht, die Klägerin nämlich keine Kenntnis über den Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen durch die Beklagte hat, hat sie ein rechtliches Interesse gemäß § 256 ZPO daran, dass die Schadensersatzpflicht der Beklagten dem Grunde nach festgestellt wird.
  174. 3.
    Um die Klägerin in die Lage zu versetzen, den ihr zustehenden Schadensersatz zu beziffern, ist die Beklagte verpflichtet, im zuerkannten Umfang über ihre Benutzungshandlungen Rechnung zu legen, Art. 64 EPÜ, § 140b PatG i.V.m. § 242 BGB.
  175. 4.
    Die Beklagte ist nach Art. 64 EPÜ, § 140a Abs. 1 und 3 PatG in der zuerkannten Weise auch zur Vernichtung und zum Rückruf der das Klagepatent verletzenden Gegenstände verpflichtet.
  176. V.
    Der Rechtsstreit war nicht auszusetzen. Die Kammer vermochte nicht festzustellen, dass die im Wege der Nichtigkeitsklage vorgebrachten Einwände gegen den Rechtsbestand des Klagepatents hinreichend wahrscheinlich erfolgreich verlaufen würden.Nach Auffassung der Kammern (Mitt. 1988, 91 – Nickel-Chrom-Legierung, BlPMZ 1995, 121 – Hepatitis-C-Virus), die durch das Oberlandesgericht Düsseldorf (GRUR 1979, 188 – Flachdachabläufe; Mitt. 1997, 257, 258 – Steinknacker) und den Bundesgerichtshof (GRUR 1987, 284 – Transportfahrzeug; GRUR 2014, 1237 ff. – Kurznachrichten) bestätigt wurde, stellen ein Einspruch gegen das Klagepatent oder die Erhebung der Nichtigkeitsklage als solche noch keinen Grund dar, den Verletzungsrechtsstreit auszusetzen, da dies faktisch darauf hinauslaufen würde, dem Angriff auf das Klagepatent eine den Patentschutz hemmende Wirkung beizumessen, die dem Gesetz fremd ist (§ 58 Abs. 1 PatG). Die Interessen der Parteien sind vielmehr gegeneinander abzuwägen.
  177. Wenn das Klagepatent mit einer Patentnichtigkeitsklage angegriffen ist, verurteilt das Verletzungsgericht, wenn es eine Verletzung des in Kraft stehenden Patents bejaht, grundsätzlich nur dann wegen Patentverletzung, wenn es eine Nichtigerklärung nicht für (überwiegend) wahrscheinlich hält; andernfalls hat es die Verhandlung des Rechtsstreits nach § 148 ZPO auszusetzen, bis jedenfalls erstinstanzlich über die Nichtigkeitsklage entschieden ist (BGH, GRUR 2014, 1237, 1238 – Kurznachrichten). Denn eine – vorläufig vollstreckbare – Verpflichtung des Beklagten zu Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung sowie Vernichtung patentgemäßer Erzeugnisse ist regelmäßig nicht zu rechtfertigen, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten steht, dass dieser Verurteilung durch die Nichtigerklärung des Klagepatents die Grundlage entzogen werden wird. Der aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) in Verbindung mit den Grundrechten folgende und damit verfassungsrechtlich verbürgte Justizgewährungsanspruch gebietet, dem Verletzungsbeklagten wirkungs-vollen Rechtsschutz zur Verfügung zu stellen, wenn er sich gegen den Angriff aus dem Klagepatent mit einem Gegenangriff gegen den Rechtsbestand dieses Patents zur Wehr setzen will. Dies erfordert nicht nur eine effektive Möglichkeit, diesen An-griff selbst durch eine Klage auf Nichtigerklärung führen zu können auch eine angemessene Berücksichtigung des Umstands, dass in diesem Angriff auch ein – und gegebenenfalls das einzige – Verteidigungsmittel gegen die Inanspruchnahme aus dem Patent liegen kann. Wegen der gesetzlichen Regelung, die für die Ansprüche nach §§ 139 ff. PatG lediglich ein in Kraft stehendes Patent verlangt und für die Beseitigung dieser Rechtsposition nur die in die ausschließliche Zuständigkeit des Patentgerichts fallende Nichtigkeitsklage zur Verfügung stellt, kann der Angriff gegen das Klagepatent anders als in anderen Rechtsordnungen nicht als Einwand im Verletzungsverfahren oder durch Erhebung einer Widerklage auf Nichtigerklärung geführt werden. Dies darf indessen nicht dazu führen, dass diesem Angriff jede Auswirkung auf das Verletzungsverfahren versagt wird. Die Aussetzung des Verletzungsstreits ist vielmehr grundsätzlich, aber auch nur dann geboten, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass das Klagepatent der erhobenen Nichtigkeitsklage nicht standhalten wird (BGH, GRUR 2014, 1237, 1238 – Kurznachrichten).
  178. Die erfindungsgemäße Lehre beruht auf Neuheit.
  179. Eine Entgegenhaltung ist dann neuheitsschädlich, wenn sich die gesamte als Erfindung beanspruchte Lehre des Klagepatents aus dieser Schrift, deren Gesamtinhalt zu ermitteln ist, für den Fachmann am Prioritätstag in einer Weise ergibt, dass ihm die dort vorgestellte technische Lösung unmittelbar und eindeutig sämtliche Merkmale der Erfindung offenbart. Dabei beschränkt sich die technische Lehre der Patentschriften nicht auf den Inhalt der Ansprüche, sondern schließt die gesamte technische Information ein, die ein Durchschnittsfachmann Ansprüchen, Beschreibung und Abbildungen entnehmen kann (vgl. BGH GRUR 2009, 382, 384 – Olanzapin).
  180. 1.
    Das Klagepatent ist gegenüber der D2 neu.
  181. Die D2 betrifft Bodenreinigungsgeräte, die Feuchtigkeit und Flüssigkeitsmengen vom Boden aufnehmen können.
  182. Die von der Beklagten angeführte Figur 17a stellt eine erfindungsgemäße Ausführung nach der D2 im Schnitt dar (Abbildung aus der Klageerwiderung mit Anm. der Beklagten):
  183. In der D2 ist ein Agitator vorgesehen, als dasjenige Vorrichtungsteil, das in Bodenkontakt steht, um diesen zu reinigen. Hierbei kann es sich ausweislich der Beschreibung in den Abs. [0082] ff. um ein zylindrisches Mittel handeln, insbesondere um einen Schaumstoffzylinder. Dem von der Beklagten in Bezug genommenen Abs. [0086] sind nur Hinweise auf andere Materialzusammensetzungen der Walze zu entnehmen. Es kann indes dahingestellt bleiben, ob auch eine Bürste zum Einsatz kommen könnte. Denn es fehlt jedenfalls an der unmittelbaren und eindeutigen Offenbarung der Merkmale 1.5 und 1.7.
  184. Die für Merkmal 1.5 erforderliche Dichtung im Wesentlichen an einer ersten Position durch die Bürste und das Gehäuse will die Beklagte nur aus der oben eingeblendeten Figur ableiten. Danach sieht es so aus, als gäbe es im oberen Bereich der Bürste ein Zusammenspiel mit dem Gehäuse. Technische Einzelheiten hierzu hat die Beklagte aber nicht erläutert, obwohl diese deshalb notwendig gewesen wären, weil eine Zeichnung immer nur einen Anhaltspunkt geben kann. Umso weniger vermag die Kammer eine erste Position anhand der Zeichnung als offenbart ansehen, als dort nicht einmal eine Verbindung zu dem Saugkanal zu erkennen ist. Nur an der unteren Hälfte der Walze ist eine Verbindung zu diesem zu erkennen, was durch den wegführenden roten Pfeil verdeutlicht wird.
  185. Aus diesem Grund ist auch die unmittelbare und eindeutige Offenbarung des Merkmals 1.7 nicht festzustellen. Dieses setzt einen Ansaugbereich voraus, welcher neben der zweiten Position insbesondere auch durch die erste Position gebildet würde. Hierzu führt die Klägerin im Übrigen auch aus, dass die D2 zwei Ansaugbereiche vorsieht, was dem Abs. [0112] zu entnehmen sei. Es bestehe ein Ansaugbereich für Schmutzeinlass und einen Flüssigkeitseinlass. Hierzu hat die Beklagte mit der Duplik nichts Gegenteiliges mehr behauptet.
  186. 2.
    Die D4 steht der Lehre des Klagepatents nicht neuheitsschädlich entgegen.
  187. Die vorliegende Erfindung betrifft Staubsauger-Saugwerkzeuge und Staubsauger mit solchen Werkzeugen, insbesondere Staubsauger-Saugwerkzeuge mit hoher Saugleistung für wandnahen Staub und Staubsauger mit solchen Werkzeugen (Abs. [0001]).
  188. Die Figur 1 veranschaulicht die Lehre der D4 wie folgt (entnommen der Klageerwiderung mit Anmerkungen der Beklagten):
  189. Es fehlt auch hier an der Vorwegnahme der Merkmale 1.5 – 1.7.
  190. Die Beklagten haben ihre Darlegungen ausschließlich an vorstehender Figur orientiert, ohne ihre Behauptungen durch konkrete Verweise auf die Druckschrift zu untermauern. Schon deshalb ist das Vorbringen nicht nachzuvollziehen. Hinzukommt, dass schon an diesem auf diese Weise seitens der Beklagten an den Tag gelegten Verständnisses Zweifel bestehen. Noch deutlicher als bei der D2 ist hier nicht zu erkennen, dass die erste Position einen Ansaugbereich eingrenzt. Vielmehr führt ein Gehäuseteil vollständig um einen Teil (rechtes oberes Viertel) der Bürste herum und verfügt lediglich an der Unterseite, wo die Beklagte eine zweite Position erblickt, über einen Saugbereich, gekennzeichnet durch den wegführenden Pfeil (vgl. Abs. [0011]). Mangels offenbarter erster Position liegt auch kein Ansaugbereich nach Merkmal 1.7 vor.
  191. 3.
    Die D5 kann der Lehre des Klagepatents schon deshalb nicht erfolgreich als neuheitsschädlicher Stand der Technik entgegengehalten werden, weil diese Druckschrift im Klagepatent angeführt und damit geprüfter Stand der Technik ist.
  192. Aber jedenfalls auch in der Sache vermag dieses Dokument nicht die fehlende Neuheit der klagepatentgemäßen Lehre aufzuzeigen. Die Beklagte legt nämlich jedenfalls nicht dar, inwieweit sämtliche Merkmale, abgesehen von Merkmal 1.1/1.2, unmittelbar und eindeutig offenbart werden. Sie beschränkt sich auf Ausführungen zur Ausgestaltung einer Bürste und selbst diese, ohne konkret auf Passagen der Druckschrift Bezugzunehmen. Ebenso wenig erörtert sie das Verständnis des Klagepatents von einer erfindungsgemäßen Bürste. Auch hier ist die Bezugnahme auf eine Figur nicht geeignet, die Lehre der D5 nachvollziehbar zu erklären. Es handelt sich bei der Figur 1 um Darstellungen, die ohne nähere Erläuterungen nicht eingängig sind.
  193. 4.
    Schließlich steht die Lehre der D7 dem Klagepatent nicht neuheitsschädlich entgegen.
    Die Beklagte nimmt erstmals in der Duplik auf diese Druckschrift Bezug, und trägt selbst in dieser nicht inhaltlich zu der D7 vor. Dass die Klägerin zu diesem Dokument nicht in der Replik Stellung genommen hat, obwohl es Gegenstand der Nichtigkeitsklage war, ist nicht nachteilig für die Klägerin. Ausweislich der prozessleitenden Verfügung hätte die Beklagte zu den relevanten Entgegenhaltungen selbst in ihren Schriftsätzen vortragen müssen.
  194. 5.
    Die D1 steht weder der Neuheit noch der Erfindungshöhe des Klagepatents entgegen. Die Beklagte verweist nur pauschal auf diese Druckschrift. Weder erläutert sie, was deren Offenbarungsgehalt ist, noch, weshalb der Fachmann ausgehend von diesem Stand der Technik eine Motivation gehabt haben sollte, eine Vorrichtung nach der Lehre des Klagepatents zu entwickeln.
  195. Streitwert: 750.000,- Euro

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