Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3265
Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 07. Februar 2023, Az. 4c O 5/22
-
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar. - Tatbestand
- Die Klägerin verfolgt aus Patentrecht gegen die Beklagten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung, Rückruf und Vernichtung sowie Feststellung der Entschädigungs- und Schadensersatzverpflichtung.
- Die Klägerin ist Inhaberin des Europäischen Patents EP 3 XXX XXX B1 (Anlage AR 4, im Folgenden: Klagepatent), welches am 22. Juli 2014 unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 23. September 2013 angemeldet wurde. Die Anmeldung wurde am 18. April 2018 offengelegt und der Hinweis auf die Erteilung wurde am 12. Dezember 2018 veröffentlicht. Das Klagepatent steht auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft. Es hat ein Einspruchsverfahren unverändert überstanden. Über die Anfang Januar 2022 durch einen Beitritt zum Beschwerdeverfahren eingelegte Beschwerde der Beklagten zu 3) gegen die Einspruchsentscheidung ist bisher keine Entscheidung ergangen (Anlage B4).
- Das Klagepatent betrifft eine Stimulationsvorrichtung.
- Anspruch 1 des Klagepatents lautet:
- „Stimulationsvorrichtung (1) für die Klitoris (12) zur sexuellen Erregung bis zum Klimax, aufweisend: eine Druckfelderzeugungseinrichtung (2) mit:
einer ersten Kammer (3) mit einer einzigen Öffnung; und einer zweiten Kammer (4) mit einer Öffnung (42) zum Aufsetzen über die Klitoris (12); und einem Verbindungselement (5), welches die erste Kammer (3) mit der zweiten Kammer (4) verbindet; und einer Antriebseinheit (6), welche das Volumen der ersten Kammer (3) durch abwechselnde Expansion und Kompression der ersten Kammer (3) durch Krafteinwirkung auf die erste Kammer derart verändert, dass über das Verbindungselement (5) in der zweiten Kammer (4) ein stimulierendes Druckfeld erzeugt wird; und eine Steuereinrichtung (7), welche die Antriebseinheit (6) ansteuert, wobei das in der zweiten Kammer (4) erzeugte Druckfeld aus einem Muster von Unter- und Überdrücken besteht, welche auf den Normaldruck aufmoduliert sind; und wobei in der Steuereinrichtung (7) die Modulation des Druckfelds vorgespeichert ist, und wobei die erste Kammer (3) mit Ihrer einzigen Öffnung über das Verbindungselement (5) ausschließlich mit der zweiten Kammer (4) verbunden ist, und wobei die Stimulationsvorrichtung (1) ein batteriebetriebenes Handgerät ist, und zumindest ein Bedienelement (71) aufweist, wobei die jeweilige Modulation des Druckfeldes mittels des Bedienelements veränderbar ist.“ - Wegen des Inhalts der insbesondere geltend gemachten Unteransprüche 2, 3 und 6 wird auf die Klagepatentschrift Bezug genommen.
- Folgende Figuren 3 bis 6 sind der Klagepatentschrift zur Veranschaulichung der Lehre des Klagepatents entnommen:
- Die Figur 3 zeigt einen Querschnitt durch die erfindungsgemäße Stimulationsvorrichtung einer ersten Ausführungsform. Die Figuren 4 bis 6 beziehen sich auf einen Querschnitt durch eine Druckfelderzeugungseinrichtung einer ersten Ausführungsform jeweils in einem ersten, zweiten und dritten Zustand.
- Die Klägerin ist ein Technologie-Start-Up mit Sitz in XXX und gehört zur weltweit tätigen A Group, die in vielen Ländern Produkte für das Liebesleben anbietet. Eines der Lifestyle-Produkte der Klägerin ist der „XXX“.
- Der Unternehmenskonzern der Beklagten ist im hier relevanten Umfang auf demselben Geschäftsfeld tätig. Die Beklagten vertreiben insbesondere eine Stimulationsvorrichtung mit der Bezeichnung „XXX“ sowie diverse baugleiche Produkte (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform(en)). Der Aufbau der angegriffenen Ausführungsformen wird anhand nachfolgender Lichtbilder veranschaulicht:
- (stammend von der Klägerin, Anlage AR 18, S. 3)
- (in Harz gegossenes Produkt, angefertigt von der Beklagten, Klageerwiderung, S. 3)
- Die Beklagte zu 1) wurde am XXX gegründet und ist im E-Commerce Business tätig. Insbesondere sind ihr diverse Onlineshops, wie u.a. www.XXX.de und www.XXX.com zuzuordnen (Anlage AR 7).
- Die Beklagte zu 2) ist eine am XXX gegründete Gesellschaft, die Dienstleistungen im Bereich Wareneinkauf und Beschaffung sowie alle damit zusammenhängenden Tätigkeiten anbietet. Sie ist für den Import von in China gefertigten angegriffenen Ausführungsformen verantwortlich. Die Beklagte zu 3) wurde am XXX als Vertriebsgesellschaft gegründet. Sie wickelt für die weiteren Unternehmensgesellschaften die Onlinegeschäfte für verschiedene Geschäftsbereiche, u.a. die hier relevanten Onlineshops www.XXX.de und www.XXX.com ab bzw. ist daran beteiligt. Sie ist Vertragspartnerin der Kunden und Dienstanbieterin für die Bereiche Online-Shop-Sortiment, Beschaffung, Versand, Retournierung von Produkten des Online-Shops sowie Kundenservice für den Online-Handel (Anlagenkonvolut AR 10). Über diese Webshops bietet sie an und vertreibt u.a. auch die angegriffenen Ausführungsformen. Die Beklagte zu 4) ist eine am XXX gegründete Vertriebsgesellschaft (Anlagenkonvolut AR 11). Sie betreibt (zusammen mit der B GmbH) den Online-Shop „XXX“ unter www.XXX.com. Die Beklagte zu 4) bietet an und verkauft außerdem XXX-Produkte unter dem Nutzernamen „XXX“ im XXX unter www.XXX.de. Über beide Webshops vertreibt sie u.a. die angegriffenen Ausführungsformen (Anlagenkonvolut AR 17).
- Der Beklagte zu 5) ist alleiniger Geschäftsführer der Beklagten zu 1) bis 4).
- Der XXX ist das direkte Nachfolgemodell zum XXX 2, der Gegenstand des Verletzungsverfahrens Az. 4a O 78/16, ausgehend von dem deutschen Patent DE 10 2013 XXX XXX B4, vor der Schwesterkammer war. Nachdem die Schwesterkammer die dortige Beklagte (B GmbH) insbesondere zur Unterlassung verurteilt hatte, wurde dessen Vertrieb im Laufe des Jahres 2017 eingestellt. Das Berufungsverfahren ist derzeit vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf (Az. I-15 U 6/18) anhängig, aber ausgesetzt, nachdem die Patentabteilung des DPMA das Patent widerrufen hat und über die Beschwerde noch keine Entscheidung ergangen ist.
- Unter dem Az. 4c O 2/22 ist ein weiteres Patentverletzungsverfahren betreffend das Europäische Patent EP 2 XXX XXX B1 zwischen den Parteien anhängig.
- Die Klägerin meint, dass die Klage begründet sei. Die angegriffenen Ausführungsformen würden wortsinngemäßen unmittelbaren Gebrauch von der Lehre des Klagepatents machen.
- Das Klagepatent grenze erste und zweite Kammer sowie das Verbindungselement anhand ihrer jeweiligen Funktionen voneinander ab und beziehe sich nicht auf eine spezifische räumlich-körperliche Ausgestaltung einer erfindungsgemäßen Vorrichtung. Insbesondere sei es für die zweite Kammer nur entscheidend, dass ein stimulierendes Druckfeld erzeugt werden könne. Mittels welcher räumlich-körperlichen Ausgestaltung der Kammern dies erfolge, sei unerheblich. Jedenfalls liege dann eine nach außen abgeschlossene zweite Kammer vor, wenn die Vorrichtung auf der Klitoris aufgesetzt sei. Anforderungen an das Verhältnis zwischen den Wänden der Kammer und einer darin befindlichen Öffnung mache die erfindungsgemäße Lehre nicht. Ähnliches gelte für die erste Kammer, welche nur eine Öffnung zum Verbindungelement aufweisen solle. Eine erste Kammer sei jedes Raumgebilde mit nur einer Öffnung, das zudem in der Lage sei, sein Volumen zu verändern. Dem Verbindungselement komme die Funktion zu, diese beiden Kammern zu verbinden. Auch hierfür gebe es keine konkreten räumlich-körperlichen Anforderungen. Möglich sei es, die unterschiedlichen Vorrichtungsteile durch die verwendeten Materialien voneinander zu unterscheiden. Es sei nicht erforderlich, dass sich die beiden Kammern und das Verbindungselement in ihrem Querschnitt/Durchmesser voneinander unterscheiden.
- Hierzu behauptet die Klägerin, dass die angegriffenen Ausführungsformen von der Lehre des Klagepatents Gebrauch machen würden. Anhand der Lichtbilder der Anlage AR 18 sei die Verletzung des Klagepatents zu erkennen. Die zweite Kammer werde durch den abnehmbaren Silikonaufsatz definiert. Die erste Kammer sei in dem weißlich-transparenten Bereich zu sehen, der in Richtung des Silikonaufsatzes geöffnet sei. Das dazwischen angeordnete Plastikelement stelle das Verbindungselement dar. Das Volumen der ersten Kammer könne durch Auslenkung der flexiblen Wand verändert werden. Dies erfolge durch eine Antriebseinheit, sodass ein stimulierendes Druckfeld durch Über-/Unterdruck in der zweiten Kammer entstehe.
- Der Rechtsstreit sei schließlich auch nicht auszusetzen, weil sich das Klagepatent im Nichtigkeitsverfahren als rechtsbeständig erweisen werde.
- Die Klägerin beantragt,
- I. die Beklagten weiter zu verurteilen,
- 1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250 000 € – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der Beklagten zu 1) bis 4) an ihrem Geschäftsführer, dem Beklagten zu 5), zu vollziehen ist, zu unterlassen,
- eine Stimulationsvorrichtung für die Klitoris zur sexuellen Erregung bis zum Klimax, aufweisend: eine Druckfelderzeugungseinrichtung mit: einer ersten Kammer mit einer einzigen Öffnung; und einer zweiten Kammer mit einer Öffnung zum Aufsetzen über die Klitoris; und einem Verbindungselement, welches die erste Kammer mit der zweiten Kammer verbindet; und einer Antriebseinheit, welche das Volumen der ersten Kammer durch abwechselnde Expansion und Kompression der ersten Kammer durch Kraftwirkung auf die erste Kammer derart verändert, dass über das Verbindungselement in der zweiten Kammer ein stimulierendes Druckfeld erzeugt wird; und eine Steuereinrichtung, welche die Antriebseinheit ansteuert, wobei das in der zweiten Kammer erzeugte Druckfeld aus einem Muster von Unter- und Überdrücken besteht, welche auf den Normaldruck aufmoduliert sind; und wobei in der Steuereinrichtung die Modulation des Druckfelds vorgespeichert ist; und wobei die erste Kammer mit ihrer einzigen Öffnung über das Verbindungselement ausschließlich mit der zweiten Kammer verbunden ist; und wobei die Stimulationsvorrichtung ein batteriebetriebenes Handgerät ist; und zumindest ein Bedienelement aufweist; wobei die jeweilige Modulation des Druckfelds mittels des Bedienelements veränderbar ist
- in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen;
- 2. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie (die Beklagten) die zu Ziffer 1 bezeichneten Handlungen seit dem 12. Dezember 2018 begangen haben, und zwar unter Angabe
- a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
c) der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden, - wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
- 3. der Klägerin in einer geordneten Aufstellung schriftlich darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie (die Beklagten) die zu Ziffer 1 bezeichneten Handlungen seit dem 12. Januar 2019 begangen haben, und zwar unter Angabe:
- a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, – preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, - wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
- und wobei die Aufstellung mit den Daten der Rechnungslegung zusätzlich in einer mittels EDV auswertbaren, elektronischen Form zu übermitteln ist;
- 4. nur die Beklagten zu 1) bis 4): die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder in ihrem Eigentum befindlichen, unter Ziffer 1. bezeichneten Erzeugnisse an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten zu 1) bis 4) – Kosten herauszugeben;
- 5. nur die Beklagten zu 1) bis 4): die unter Ziffer 1. bezeichneten, seit dem 12. Dezember 2018 in Verkehr gebrachten Erzeugnisse gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf den gerichtlich (Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom …) festgestellten patentverletzenden Zustand der Sache und mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen und die Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen;
- II. festzustellen,
- 1. dass die Beklagten zu 1) bis 4) verpflichtet sind, der Klägerin für die zu Ziffer I.2. bezeichneten, in der Zeit vom 18. Mai 2018 bis zum 11. Januar 2019 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;
- 2. dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu Ziffer I.2. bezeichneten, seit dem 12. Januar 2019 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
- Die Beklagten beantragen,
- die Klage abzuweisen,
das Verfahren bis zur erstinstanzlichen Entscheidung über den gegen das Klagepatent gerichteten Einspruch auszusetzen. - Sie meinen, die angegriffenen Ausführungsformen würden die Lehre des Klagepatents nicht gebrauchen. Das Klagepatent verlange, die erste und zweite Kammer als räumlich-körperlich voneinander abgrenzbare Hohlräume mit separaten Innenvolumina auszugestalten. Es genüge nicht, lediglich die Funktion einer erfindungsgemäßen Vorrichtung in den Blick zu nehmen und jegliche räumlich-körperliche Vorgaben zu übergehen. Unerheblich sei, ob eine solche Vorrichtung ein- oder mehrstückig ausgebildet werde, da sich dies auf das zu erzeugende Druckfeld nicht auswirke.
Für die Ausgestaltung zweier Kammern als nahezu vollständig abgeschlossene Bereiche spreche auch der Stand der Technik. Denn das Klagepatent wolle gerade eine Abgrenzung von vorbekannten Einkammer-Vorrichtungen. Auch für das Verbindungselement sei eine bestimmte räumlich-körperliche Form erforderlich. Denn es solle eine Querschnittsverringerung zwischen erster und zweiter Kammer bewirken, um so das Druckfeld in der zweiten Kammer zu beeinflussen. Es solle in jeder erfindungsgemäßen Vorrichtung zu einer Düsenwirkung kommen. Dies erfordere einen Wechsel des Innenquerschnitts innerhalb der Vorrichtung. - Diese Anforderungen würden die angegriffenen Ausführungsformen nicht erfüllen. Denn sämtliche angegriffenen Ausführungsformen würden eine zylindrische Geometrie aufweisen, ohne Taillierung. Auch solche Modelle, die ein etwas aufgeweitetes Ende hätten, würden strömungstechnisch nicht anders funktionieren. Da keine erste Kammer abgrenzbar sei, gebe es auch kein darauf beschränktes Volumen, auf das eingewirkt werden könnte.
- Der Rechtsstreit sei mangels Rechtsbestands des Klagepatents auszusetzen. Die Beklagte zu 4) sei dem Beschwerdeverfahren wirksam beigetreten. Das Klagepatent sei gegenüber der JP 2011-XXX A (Anlage B5; im Folgenden: B5) nicht neu sowie gegenüber der Lehre der FR 2 XXX XXX A1 (Anlage B6; im Folgenden: B6) in Kombination mit Fachwissen nicht erfinderisch.
- Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zur Akte gereichten Schriftstücke nebst Anlagen Bezug genommen.
- Entscheidungsgründe
- A.
Die zulässige Klage ist unbegründet. - I.
Das Klagepatent betrifft eine Stimulationsvorrichtung für erogene Zonen, und zwar für die Klitoris sowie ein System mit einer solchen Stimulationsvorrichtung. Erogene Zonen des menschlichen Körpers können mit einer Vielzahl von Hilfsmitteln stimuliert werden. So werden beispielsweise Vibratoren verwendet, um mittels direkter Berührung einen Reiz auf einen bestimmten Hautbereich auszuüben. Diese Form der Stimulation kann jedoch zu Irritationen oder Hautreizungen führen. Auch kann ein direkter Kontakt der Intimzone mit derartigen Hilfsmitteln aus individuellen Gründen, beispielsweise der Hygiene oder wegen persönlichen Vorbehalten, nicht gewünscht sein (Abs. [0002]). - In Abs. [0003] schildert das Klagepatent weiter, dass Auflegevibratoren vorbekannt, aber zugleich problembehaftet waren, weil es aufgrund der Empfindlichkeit der Klitoriseichel bei direkter Stimulation zu Gewöhnungseffekten kommen kann. Insbesondere deshalb wurde eine indirekte Stimulation als vorzugswürdig erachtet (Abs. [0006]). Dazu wurden, wie in Abs. [0007] ausgeführt ist, herkömmliche Vakuumvorrichtungen verwendet, um die erogenen Zonen der betreffenden Person ohne direkte Berührung des zu stimulierenden Hauptbereichs zu reizen. So sind beispielsweise Vakuumpumpen für die weiblichen primären oder sekundären Geschlechtsorgane bekannt, welche üblicherweise eine Saugglocke zum Aufsetzen und eine Handpumpe aufweisen. Der mit dieser Art von Vorrichtung beispielsweise auf die Klitoris ausgeübte Unterdruck erzeugt einen negativen Druck in der Klitoris selbst, welcher üblicherweise niedriger ist als der systolische Blutdruck. Dieser Druckunterschied führt zu einer Erweiterung der Klitoris und/oder stimuliert den Blutfluss in dem betroffenen Bereich. Diese klitorale vaskulare Blutwallung dient sowohl der Lustförderung durch Steigerung der Empfindlichkeit als auch der optischen und haptischen Manipulation. Auch führt die bessere Durchblutung zu einem erhöhten Austreten von Scheidenfeuchtigkeit, die die Stimulation angenehmer gestaltet.
- Hieran wurde die manuelle Betätigung der Handpumpe kritisiert sowie der Umstand, dass auch hier Gewöhnungseffekte auftreten konnten. Daher wurden vermehrt elektronisch betriebene Vakuumpumpen verwendet, wie eine z.B. in der WO 2006/05 XXX XXX A2 beschrieben ist. Figürlich kann eine solche Vakuumpumpe wie folgt dargestellt werden (entnommen der Duplik, S. 5):
- Diese Druckschrift offenbart eine Vorrichtung zur sexuellen Therapie, wobei die Anordnung aus einer röhrenförmigen Saugkammer für die Klitoris, einer elektrischen Vakuumquelle (Vakuumpumpe) und mehreren Luftflussöffnungen besteht. Durch den Betrieb der Vakuumpumpe wird in der Kammer ein andauernder Luftfluss bzw. Luftaustausch im Bereich der Klitoris erzeugt. Dabei wird nachteilhaft die durch den Unterdruck verstärkt auftretende Scheidenfeuchtigkeit abgesaugt, weshalb ein Trocknungseffekt der stimulierten Hautpartien eintritt. Ebenso führt die abgesaugte feuchte Luft zu einer Verschmutzung der strömungstechnisch nachfolgenden Vakuumanordnung.
- In Abs. [0009] nimmt das Klagepatent die US 6 XXX XXX A in Bezug, welche eine Vorrichtung zur Stimulation der Klitoris mit einer röhrenförmigen Saugkammer, einer Vakuumquelle bzw. einer Vakuumpumpe und mehreren Ventilen, mit denen die Größe des Vakuums geregelt wird, betrifft. Figur 12 veranschaulicht eine Vorrichtung wie folgt (entnommen der Duplik, S. 5):
- Hier konnte es ebenso zu den nachteiligen Gewöhnungseffekten sowie Nachteilen hinsichtlich der Hygiene und der Austrocknung der zu stimulierenden Hautpartie kommen.
- Ferner verweist das Klagepatent in den nachfolgenden Absätzen auf die US 6 XXX XXX B1 sowie die WO 2008/02 XXX XXX A2, welche ebenfalls mittels Vakuum der indirekten Stimulation dienen sollen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Abs. [0010] und [0011] Bezug genommen. Die US 2013/001 XXX XXX A1, erläutert in Abs. [0013], offenbart eine Vorrichtung, bei der ein pulsierender Überdruck zur Stimulation als Luftdruckmassage verwendet wird. So erzeugt eine Pumpe bzw. ein Kompressor einen pulsierenden Überdruck, welcher mit Hilfe einer Düse auf die zu stimulierende erogene Zone gerichtet wird.
- An den vorbekannten Vorrichtungen kritisiert das Klagepatent als nachteilig (vgl. Abs. [0014] ff.), dass es sich aufgrund des anzuwendenden Unter-/Überdrucks um komplexe Vorrichtungen handelt, die zudem hygienische Probleme aufweisen konnten. Es traten außerdem ungewünschte Gewöhnungseffekte bei der länger andauernden bzw. bei kontinuierlichen oder häufig wiederkehrenden Anwendungen von Unterdrücken auf. Einen weiteren Nachteil sah das Klagepatent darin, dass erstens der Unterdruck mittels eines Regelventils oder einer Vakuumpumpe begrenzt sein muss, und zweitens der Unterdruck mittels einer manuellen Öffnung eines Freigabeventils abgebaut werden sollte, bevor die Saugglocke von der Haut abgelöst wird. Sollte eines der Ventile einen technischen Defekt aufweisen und/oder der Benutzer das Gerät falsch bedienen, so besteht unter Umständen Verletzungsgefahr.
- Das Klagepatent stellt sich daher die Aufgabe, eine Stimulationsvorrichtung bereitzustellen, die einfach aufgebaut und einfach sowie sicher zu verwenden ist. Es soll einen wirkungsvollen stimulationsauslösenden Effekt geben, der für die Stimulation einer erogenen Zone geeignet ist. Ferner soll dem Austrocknen der zu stimulierenden erogenen Zone vorgebeugt werden und die Vorrichtung soll hygienisch sein und Gewöhnungseffekte verhindern (Abs. [0018] ff.).
- Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent eine Vorrichtung gemäß Anspruch 1 vor, welche sich durch nachfolgende Merkmale auszeichnet:
- 1.1 Stimulationsvorrichtung (1) für die Klitoris (12) zur sexuellen Erregung bis zum Klimax, aufweisend:
1.2 eine Druckfelderzeugungseinrichtung (2) mit: - 1.2.1 einer ersten Kammer (3) mit einer einzigen Öffnung; und
1.2.2 einer zweiten Kammer (4) mit einer Öffnung (42) zum Aufsetzen über die Klitoris (12); und
1.2.3 einem Verbindungselement (5), welches die erste Kammer (3) mit der zweiten Kammer (4) verbindet; und
1.2.4 einer Antriebseinheit (6), welche das Volumen der ersten Kammer (3) durch abwechselnde Expansion und Kompression der ersten Kammer (3) durch Krafteinwirkung auf die erste Kammer (3) derart verändert, dass über das Verbindungselement (5) in der zweiten Kammer (4) ein stimulierendes Druckfeld erzeugt wird; und - 1.3 eine Steuereinrichtung (7), welche die Antriebseinheit (6) ansteuert, wobei
1.4 das in der zweiten Kammer (4) erzeugte Druckfeld aus einem Muster von Unter- und Überdrücken besteht, welche auf den Normaldruck aufmoduliert sind; und wobei
1.5 in der Steuereinrichtung (7) die Modulation des Druckfelds vorgespeichert ist, und wobei
1.6 die erste Kammer (3) mit ihrer einzigen Öffnung über das Verbindungselement (5) ausschließlich mit der zweiten Kammer (4) verbunden ist, und wobei
1.7 die Stimulationsvorrichtung (1) ein batteriebetriebenes Handgerät ist, und
1.8 zumindest ein Bedienelement aufweist; wobei - 1.8.1 die jeweilige Modulation des Druckfelds mittels des Bedienelements veränderbar ist.
-
II.
Der Streit der Parteien betrifft hier zu recht nur die Merkmalsgruppe 1.2, sodass Ausführungen der Kammer zu weiteren Merkmalen unterbleiben können. - 1.
In der Merkmalsgruppe 1.2 stellt das Klagepatent eine Druckfelderzeugungseinrichtung unter Schutz, deren einzelne Komponenten in den folgenden Merkmalen näher erläutert werden. So soll eine Druckfelderzeugungseinrichtung aus einer ersten Kammer mit einer einzigen Öffnung (Merkmal 1.2.1), einer zweiten Kammer mit einer Öffnung zum Aufsetzen über die Klitoris (Merkmal 1.2.2), einem Verbindungselement, welches die erste Kammer mit der zweiten Kammer verbindet (Merkmal 1.2.3) sowie einer Antriebseinheit bestehen, welche das Volumen der ersten Kammer durch abwechselnde Expansion und Kompression der ersten Kammer durch Krafteinwirkung auf die erste Kammer derart verändert, dass über das Verbindungselement in der zweiten Kammer ein stimulierendes Druckfeld erzeugt wird (Merkmal 1.2.4). - Für die Umsetzung der erfindungsgemäßen Lehre kommt es auf ein Zusammenspiel dieser Komponenten an, weil dadurch der zur Stimulierung auf die Klitoris einwirkende Druck beeinflusst wird.
- a.
Die erste und zweite Kammer sind nach der Lehre des Klagepatents durch ihre räumlich-körperliche Ausgestaltung abgrenzbare Bereiche innerhalb einer erfindungsgemäßen Druckfelderzeugungseinrichtung. Sie können und sollen Öffnungen (eine einzige bzw. mindestens eine) aufweisen, sich darüber hinaus aber dadurch auszeichnen, dass sie überwiegend geschlossen sind. Die erste und zweite Kammer unterteilen den Raum in einer Druckfelderzeugungseinrichtung. Bloß durchgehende röhrenförmige Ausgestaltungen im Vorrichtungsinneren stellen keine erste oder zweite Kammer nach der Lehre des Klagepatents dar. Eine Unterscheidbarkeit verschiedener Bereiche der Vorrichtung allein anhand der Materialeigenschaften entspricht nicht einer erfindungsgemäßen ersten und zweiten Kammer. - Das Klagepatent definiert den Begriff der Kammer nicht und auch der Anspruch enthält keine konkreten Anforderungen an die Ausgestaltung als Kammer. Dieser verlangt nur, dass die Kammern eine (einzige) Öffnung aufweisen, was deutlich macht, dass es sich abgesehen von der Öffnung um im Übrigen geschlossene Gebilde handelt.
- Dieses Verständnis ergibt sich ausgehend von einer rein-philologischen Betrachtung des Wortes „Kammer“, womit ein abgeteilter Hohlraum bzw. ein kleinerer Raum gemeint ist. Weder aus dem Klagepatent noch dem zitierten Stand der Technik lassen sich Anhaltspunkte entnehmen, dass der Fachmann dem Begriff „Kammer“ auf dem vorliegenden Gebiet der Technik eine vom allgemeinen Sprachverständnis abweichende Bedeutung beimessen würde. Gegenteiliges hat auch die Klägerin nicht substantiiert vorgetragen.
- So zeigt unter systematischen Gesichtspunkten bereits die Anordnung des Verbindungselements (Merkmal 1.2.3), dass die erste und zweite Kammer nicht unterschiedslos räumlich ineinander übergehen sollen. Denn das Verbindungselement soll gerade zwischen den Kammern angeordnet sein und eine Verbindung zwischen erster und zweiter Kammer ermöglichen. Auch das Merkmal 1.2.4 verdeutlicht dies. Es soll das Volumen der ersten Kammer verändert werden, was voraussetzt, dass die erste Kammer einen ausschließlich dieser zuordbaren Innenraum aufweist. Nur auf das Volumen der ersten Kammer soll unmittelbar eingewirkt werden. Die zweite Kammer ist an der Volumenveränderung nur mittelbar beteiligt, indem sich dort ein Druckfeld entwickelt.
- Auch die allgemeinen Beschreibungsstellen unterstützen das Verständnis der Kammern als unterteilte Räume mit voneinander unterscheidbaren Volumina.
- Abs. [0025] führt aus:
- „Das Medium ist üblicherweise gasförmig, vorzugsweise Luft, kann jedoch beispielsweise alternativ oder additiv ein flüssiges Medium, beispielsweise Wasser oder handelsübliches Gleitmittel, sein. Beispielsweise kann das Gleitmittel vor Benutzung der Stimulationsvorrichtung in die erfindungsgemäßen Kammern eingefüllt werden.“
- Es wird das Medium innerhalb einer Vorrichtung nach der erfindungsgemäßen Lehre beschrieben. Das Erfordernis eines weitgehend abgeschlossenen Raumgebildes als Kammer wird daran deutlich, dass ein Gleitmittel in die erfindungsgemäßen Kammern eingefüllt werden soll. Dieses kann allerdings nur in die Kammern eingefüllt werden – um bei einer Veränderung der Druckverhältnisse hinausbefördert zu werden -, wenn diese räumlich-körperlich vorhanden sind. Ein bloß röhrenförmig ausgebildeter Körper bildet insoweit keine Kammern aus.
- Abs. [0033] greift in der gleichen Weise den Aspekt des Einfüllens von Reinigungsflüssigkeiten auf.
- „Weiter entsteht nach dem Aufsetzen der halbseitig bzw. teilweise geöffneten zweiten Kammer auf den zu stimulierenden Hautbereich ein in sich abgeschlossenes System der Medien-bzw. Luftströmung in der Druckfelderzeugungseinrichtung. So wird das Medium bzw. die Luft maßgeblich zwischen den Kammern hin- und herbewegt, während ein Austausch mit Medien bzw. mit Luft von außerhalb des Systems zumindest weitgehend vermieden wird. So ist die erste Kammer über bzw. durch das Verbindungselement ausschließlich mit der zweiten Kammerverbunden.“
- Es wird die Vorrichtung bei der Verwendung erläutert und hervorgehoben, dass ein in sich abgeschlossenes System der Medien- bzw. Luftströmung in der Druckfelderzeugungseinrichtung vorliegen soll. Entstehende Druckverhältnisse sollen innerhalb der Einrichtung gehalten werden, um so bestmöglich auf die Klitoris einzuwirken. Wenn hierbei Luft zwischen den Kammern hin- und her bewegt werden soll, bedeutet dies, dass zwei (weitgehend) separate Bereiche vorliegen müssen, zwischen denen ein Luftaustausch erfolgen kann. Luft soll von der einen Kammer in die andere Kammer gelangen und andersherum. Dementsprechend spricht Abs. [0036] auch von einem „zwischen den Kammern transportierten Medium“.
- Darüber hinaus besagt Abs. [0036]:
- „Das zwischen den Kammern transportierte Medium ist in seinem Volumen prinzipbedingt auf das maximale Volumen der ersten Kammer begrenzt. Zudem kann das transportierte Volumen durch die maximal mögliche Volumenänderung, welche durch die Antriebseinheit bewirkt wird, weiter konstruktiv beschränkt werden.“
- Dies zeigt dem Fachmann, dass Ausgangspunkt der Druckerzeugung in der Einrichtung die erste Kammer und deren konkretes Volumen ist. Es muss abgrenzbar vom übrigen Volumen im Vorrichtungsinneren sein, weil nur so eine Überstimulierung der Klitoris aufgrund zu großen Drucks verhindert werden kann.
- Auch die besonderen Beschreibungsstellen stützen das Verständnis von erster und zweiter Kammer als weitgehend abgeschlossene Räume.
- In Abs. [0054] heißt es:
- „Eine optionale Beleuchtung 9 ist an oder in dem Gehäuse 8 vorgesehen. Dabei dient die Beleuchtung 9 vorzugsweise der Beleuchtung des Inneren der zweiten Kammer 4.“
- Die erörterte Beleuchtung 9 dient vorzugsweise der Beleuchtung des Inneren der zweiten Kammer. Dies ist dem Fachmann ein Hinweis auf eine irgendwie abgrenzbare zweite Kammer. Andernfalls käme nämlich nur deren spezifische Beleuchtung nicht in Betracht.
- Abs. [0058] führt des Weiteren aus:
- „Die zweite Kammer 4 bildet durch das Aufsetzen auf das zu stimulierende Körperteil 11 eine zum Äußeren der Druckfelderzeugungseinrichtung 2 weitgehend oder vollständig abgeschlossene Kammer, welche nur noch über das Verbindungselement 5 mit der zweiten Kammer in Verbindung steht, wobei die Ränder der Kammer 4 im Idealfall dicht mit der Oberfläche des Körperteils 11 abschließen. Auf diese Weise entstehen zwei kommunizierende Kammern 3 und 4, wobei bei Volumenänderung einer der Kammern 3 oder 4 ein entsprechender Druckausgleich zwischen den Kammern 3 und 4 über das Verbindungselement 5 erfolgt.“
- Die Beschreibungsstelle gibt dem Fachmann in Übereinstimmung mit der allgemeinen Beschreibung zu erkennen, dass eine erfindungsgemäße Vorrichtung, die sich Über-/Unterdruckverhältnisse zunutze macht, darauf angewiesen ist, in sich geschlossen zu sein. Dazu wird die zweite Kammer bündig über der Klitoris platziert, wodurch ein weitgehend oder vollständig abgeschlossener Raum (Kammer) entsteht. Die zweite Kammer soll nur noch mit der ersten Kammer in Kontakt stehen. Indem das Klagepatent erst nach dem Aufsetzen der Einrichtung auf die Klitoris von einem abgeschlossenen System ausgeht, wird deutlich, dass beidseitig offene Konstruktionen nicht erfindungsgemäß sind. Die Hautpartie schließt so auf der einen Seite die zweite Kammer ab, während die im Inneren hin zum Verbindungselement über eine Öffnung verfügt. Zu diesem geschlossenen System und den einwirkenden Drücken trägt sodann auch die räumliche Innenausgestaltung einer Vorrichtung bei und ermöglicht ein Wechselspiel von verschiedenen Drücken zwischen den Kammern. Ein rohrförmiges Inneres könnte hierzu nicht beitragen.
- Ebenso wenig finden sich im Klagepatent Anhaltspunkte, wonach die Unterscheidung von erster und zweiter Kammer allein anhand der Materialbeschaffenheit erfolgen könnte. Es ist nicht zu erkennen, dass unterschiedliches Material und insoweit eine mehrstückige Ausgestaltung innerhalb der Vorrichtung ausreichend wären, die beiden Kammern nicht nur äußerlich voneinander abzugrenzen, sondern auch zu erfindungsgemäß wechselnden Druckverhältnissen zu führen. Dies folgt nicht aus Abs. [0060], auf welchen die Klägerin Bezug nimmt:
- „Die Wand 31 der ersten Kammer 3 besteht vorzugsweise aus einem flexiblen, medien- bzw. luftundurchlässigen Material, beispielsweise Gummi. Die Halterung 32 besteht vorzugsweise aus einem starren Kunststoff, welcher ebenso medien- bzw. luftundurchlässig ist. Die Wand 41 der zweiten Kammer ist vorzugsweise aus einem flexiblen, hautfreundlichen Material hergestellt, beispielsweise Silikon oder Gummi.“
- Beschrieben werden zwar unterschiedliche Materialien für die einzelnen Vorrichtungsabschnitte. Diese kommen aber allenfalls ergänzend zu den erläuterten räumlich-körperlichen Vorgaben zum Tragen. Dies bestätigt Unteranspruch 4, weil dort eine Vorrichtung beansprucht ist, deren zweite Kammer, Verbindungselement und erste Kammer einstückig ausgebildet sind. Denn, da demnach nicht zwingend eine mehrstückige Ausgestaltung erforderlich ist, kann die Materialwahl allein nicht ausreichend sein, die einzelnen Vorrichtungsteile voneinander abzugrenzen.
- Gleichermaßen bestätigen die Figuren das aufgefundene Verständnis. Die Figuren 3 bis 9 stellen die beiden Kammern als weitgehend von Wänden umgebene Räume dar, welche in Richtung zueinander überwiegend abgeschlossen sind und nur eine schmale Öffnung über das Verbindungselement besteht. Dieser Durchgangsbereich ist deutlich schmaler als das Volumen der Kammern im Übrigen.
- Dass die erste Kammer eine einzige Öffnung in Richtung des Verbindungselements aufweisen soll und die zweite Kammer mindestens eine Öffnung zum Aufsetzen über die Klitoris, steht vorstehendem Verständnis nicht entgegen. Denn anders als die Klägerin meint, ist dem Klagepatent nicht zu entnehmen, dass die einzige Öffnung der ersten Kammer bzw. beide Öffnungen der zweiten Kammer, insbesondere diejenige ausgerichtet auf das Verbindungselement, denselben Durchmesser haben müssen. Der Anspruch macht keine spezifischen Vorgaben für die Öffnungen und benennt auch die zweite Öffnung der zweiten Kammer (gekennzeichnet mit der Bezugszimmer 51) nicht. Allerdings ergibt sich das Erfordernis, die Öffnungen unterschiedlich zu dimensionieren aus den räumlich-körperlichen Vorgaben des Klagepatents zu den Kammern sowie aus dem jeweiligen technischen Zusammenhang, in dem die Öffnungen eingesetzt werden sollen. Denn wie zuvor bereits dargestellt, soll ein Druckfeld durch eine Volumenänderung in der ersten Kammer entstehen und die Medienströmung durch die Öffnung(en) und das Verbindungselement kanalisiert werden. Dies erfordert grundsätzlich kleine Öffnungen; einzig die Öffnung in der zweiten Kammer zum Aufsetzen auf die Klitoris erfordert notwendigerweise einen größeren Durchmesser. Dieses Verständnis der Öffnungen steht auch in Einklang mit der Rechtsprechung, wonach einem an unterschiedlichen Stellen im Patent verwendeten Begriff grundsätzlich dieselbe technische Bedeutung zukommt (BGH, GRUR 2017, 152 – Zungenbett). Denn eine Öffnung beschreibt vorliegend immer eine Durchtrittmöglichkeit innerhalb der Vorrichtung. Lediglich aus den weiteren räumlich-körperlichen Anforderungen ergibt sich deren unterschiedliche Dimensionierung, wodurch der der jeweiligen Öffnung zugedachten technischen Funktion Rechnung getragen wird (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 15. Juli 2014 – I-15 U 35/14).
- Anderes folgt auch nicht aus Abs. [0065]:
- „Diese Medienströmung ist nun durch die Ausrichtung der Öffnung 51 und/oder des Verbindungselements 5 vorzugsweise auf das zu stimulierende Körperteil 11, insbesondere auf die Eichel der Klitoris 12, gerichtet. Die erfindungsgemäße indirekte (Druck-)Massage erfolgt durch das auf das Körperteil 11 strömende Medium. Dabei ist die Größe der Öffnung 51 derart dimensioniert, dass diese im Verhältnis zu dem in der ersten Kammer 3 verdrängten Volumen klein genug ist, um das Medium für eine spürbare Massagewirkung ausreichend zu beschleunigen.“
- Hier überlässt es das Klagepatent nicht dem Fachmann, die Dimensionierung der Öffnung 51 selbst zu wählen. Mit „vorzugsweise“ wird ihm lediglich deren konkrete Ausrichtung überlassen. Dass dies dagegen nicht für die Größe der Öffnung gelten kann, ergibt sich aus dem letzten Satz der Beschreibungsstelle, weil die Öffnung in Wechselwirkung mit dem Volumen der ersten Kammer stehen muss und nur dann das Medium hinreichend beschleunigen kann, wenn sie klein genug ist.
- Außerdem unterstützen technisch-funktionale Aspekte das vorstehende Verständnis. Das Aufbauen und Weiterleiten von Druck innerhalb der Vorrichtung erfordert, dass ein begrenzter Raum vorhanden ist. Denn nur beim Auftreffen auf Widerstände kann Druck erhöht werden und nur, wenn dann ein separater Raum mit anderen Druckverhältnissen vorhanden ist, kann das Medium kanalisiert und weitergeleitet werden. Hinzukommt, dass auf die Sensibilität der zu stimulierenden Hautpartie Rücksicht genommen werden und der aufzubringende Druck reguliert werden soll. Die erste Kammer soll das Maximum des applizierbaren Drucks bereitstellen, was aber nur möglich ist, wenn deren Volumen technisch nachweislich begrenzt ist.
- Dieses Verständnis steht abschließend mit dem im Klagepatent gewürdigten Stand der Technik in Einklang. Den einleitenden Ausführungen der Klagepatentbeschreibung ist zu entnehmen, dass sämtliche vorbekannte Vorrichtungen einen nicht-unterteilten Innenraum („röhrenförmige Saugkammer“) aufwiesen, wie die im Tatbestand wiedergegebenen Figuren deutlich machen. Daher weiß der Fachmann auch ohne ausdrückliche Bezugnahme in den Abs. [0022] und [0023] auf vorbekannte Kammern in Stimulationsvorrichtungen, dass die neuartige Ausgestaltung des Innenaufbaus erforderlich ist, um die gewünschten technischen Effekte umzusetzen. Der Bedarf, das Volumen der ersten Kammer konkret bestimmen zu können, ergibt sich vor allem auch für eine Abgrenzung der erfindungsgemäßen Lehre vom Stand der Technik. Die Verletzungsgefahr für die zu stimulierende Hautpartie soll begrenzt und die Dimensionierung der Komponenten darauf angepasst werden (vgl. Abs. [0037]). Dafür ist es erforderlich, das Volumen der ersten Kammer bemessen zu können. Dies bedingt zugleich die Ausgestaltung der zweiten Kammer, weil diese technisch-funktional so ausgebildet sein muss, dass sie das durch die erste Kammer zur Verfügung stehende Volumen effektiv auf die Hautpartie weiterleiten kann. Wie die Bestimmung eines maximalen Volumens der ersten Kammer, welches zum Druckaufbau genutzt werden soll, ohne die Differenzierung von verschiedenen Kammern erfolgen könnte, ist nicht zu erkennen, da kein abgrenzbares Volumen vorläge.
- Auch die im Einspruchsbescheid mitgeteilte Auffassung der Einspruchsabteilung (vgl. Anlage AR 3) kann indiziell vorstehendes Verständnis bekräftigen. Darin ist die Einspruchsabteilung zur dortigen D14 der Ansicht, dass nur eine erste Kammer vorhanden sein, es aber an einer Offenbarung von zweiter Kammer sowie Verbindungselement fehle. Dabei weist eine Vorrichtung nach der Lehre der D14 als vorderen Abschluss einen Bereich mit einem gleichbleibenden Durchmesser auf. Es sind unterschiedliche Bereiche zu erkennen, indes keine voneinander als solche abgrenzbaren Räume.
- b.
In Merkmal 1.2.3 beansprucht das Klagepatent ein Verbindungselement, welches die erste Kammer mit der zweiten Kammer verbindet. - Das Verbindungselement stellt nach der Lehre des Klagepatents eine räumlich-körperliche Verbindung zwischen den beiden Kammern her, welche dazu ausgelegt sein muss, die im Inneren der Vorrichtung herrschenden Druckverhältnisse zu regulieren und ein Druckfeld zwischen den Kammern aufzubauen (strömungstechnische Kommunikation). Dazu ist erforderlich, dass es im Vergleich zur Vorrichtung im Übrigen einen deutlich geringeren Durchmesser aufweist. Unerheblich ist dagegen, ob es sich um ein separates Vorrichtungsteil handelt oder ob das Verbindungselement aus Teilen der ersten und zweiten Kammer selbst gebildet wird.
- Der Begriff des Verbindungselementes macht deutlich, dass zwei Elemente miteinander in Kontakt kommen sollen. Der Fachmann erkennt, dass das Verbindungselement im Zusammenhang mit unterschiedlichen Druckverhältnissen eingesetzt werden soll, was dessen gegenüber der übrigen Vorrichtung geringeren Durchmesser erforderlich macht.
- Dies wird durch die Anspruchssystematik bestätigt. Denn die gesamte Merkmalsgruppe 1.2 befasst sich mit einer Druckfelderzeugungseinrichtung. Aufgrund der Anordnung des Verbindungselements in einer Druckfelderzeugungseinrichtung erkennt der Fachmann, dass das Verbindungselement spezifisch auf unterschiedliche Druckverhältnisse ausgelegt sein und zu ihnen beitragen soll. So besagt Merkmal 1.2.4 ausdrücklich, dass über das Verbindungselement in der zweiten Kammer ein stimulierendes Druckfeld erzeugt wird. Durch diese Ergänzung wird die Art und Weise der Kommunikation zwischen erster und zweiter Kammer konkretisiert. Sie soll nicht auf einen irgendwie gearteten Austausch überhaupt, sondern auf den Austausch bestimmter Strömungen gerichtet sein. Dies bedingt eine entsprechende räumlich-körperliche Ausgestaltung, auch ohne dass diese ausdrücklich im Anspruch benannt ist. Dass das Druckfeld „über“ das Verbindungselement bereitgestellt wird, dient dem Fachmann als Anhaltspunkt, dass dieses Element technisch an der Funktionsweise einer erfindungsgemäßen Vorrichtung mitwirken soll.
- Vorstehendes Verständnis wird durch die allgemeinen Beschreibungsstellen des Klagepatents unterstützt. So können zunächst dem bereits angeführten Abs. [0030] Hinweise auf die gewünschte Wirkweise des Verbindungselements entnommen werden:
- „Durch die Ausrichtung des zumindest einen Verbindungselements auf den zu stimulierenden Hautbereich kann das Druckfeld unmittelbar wirken, wobei das Druckfeld maßgeblich durch die Konfiguration des zumindest einen Verbindungselements und der zumindest einen Öffnung von dem Verbindungselement in die zweite Kammer beeinflusst wird, und so je nach Anwendung der Stimulationsvorrichtung einstellbar ist. So kann die zumindest eine Öffnung des Verbindungselements dem zu stimulierenden Körperteil, vorzugsweise direkt, gegenüber liegen. Beispielsweise kann das Verbindungselement bei einer Stimulationsvorrichtung, welche für die Klitoris bestimmt ist, eine einzelne Durchgangsöffnung mit Düsenwirkung auf die Klitoriseichel zwischen der ersten und der zweiten Kammer aufweisen. Alternativ kann das zumindest eine Verbindungselement aus mehreren, beispielsweise vier, Durchgangsöffnungen zwischen den Kammern bestehen, wenn ein großflächigerer Hautbereich stimuliert werden soll.“
- Ausdrücklich weist das Klagepatent dem Verbindungselement hier eine Düsenwirkung zu. Die in diesem Beschreibungsabsatz erwähnte Düsenwirkung ist auch nicht als optional anzusehen. Denn wenn das Klagepatent die Ausführungen mit „beispielsweise“ einleitet, bezieht sich dies nur auf die Anordnung des Verbindungselements und die Anzahl der Durchgangsöffnungen. Durch die Düsenwirkung soll das Medium transportiert und zugleich kanalisiert werden. Der Fachmann weiß, dass dafür ein geringerer Durchmesser des Bauteils erforderlich ist. Andernfalls könnte nicht gezielt auf die Strömung eingewirkt werden, was aber wiederum erforderlich ist, da das strömende Medium gezielt in Richtung der Klitoris gelenkt werden soll. In diesem Verständnis findet der Fachmann zudem durch die besonderen Beschreibungsstellen Unterstützung, welche den Schutzbereich des Klagepatents aber insgesamt nicht einengen.
- In Abs. [0073] werden unterschiedliche Ausgestaltungsmöglichkeiten des Verbindungselements gegenübergestellt. Es heißt:
- „Die Ausgestaltung des Verbindungselements 5 mit mehreren Kanälen 52 und Öffnungen 51 führt zu einer Verteilung des Druckfeldes auf mehrere Konzentrationspunkte. Während die Ausgestaltung des Verbindungselements 5 mit nur einem Kanal, wie in Zusammenhang mit Fig. 6 beschrieben, zur Ausbildung eines stark konzentrierten Medien- bzw. Luftstroms auf einen Zielbereich hin führt, kann bei der in Fig. 9 gezeigten Ausgestaltung des Verbindungselements 5 der Medien-bzw. Luftstrom auf mehrere Zielbereiche verteilt werden.“
- Hier spricht das Klagepatent von einem Kanal bzw. Kanälen, die durch das Verbindungselement bereitgestellt werden. Der Hinweis auf einen Kanal signalisiert dem Fachmann, dass eine gegenüber umgebenden Bereichen engere Stelle vorgesehen werden soll. Insbesondere auch für ein Verbindungselement mit nur einem Kanal – wie in den angegriffenen Ausführungsformen – soll es so zu einer Konzentration und damit auch Beschleunigung des Mediums kommen („kanalisieren“). Hierin spiegelt sich die in der allgemeinen Beschreibung angeführte Düsenwirkung wieder. Auf diese Weise dient das Verbindungselement dazu, einen Druckunterschied auszugleichen bzw. in der ersten Kammer erzeugten Überdruck in die zweite Kammer zu leiten.
- Das Erfordernis, das Verbindungselement mit einem geringeren Durchmesser auszustatten, folgt ebenso aus den Abs. [0066] f. In Abs. [0066] ist formuliert:
- „Weiter kann die Art der Strömung nicht nur durch die Größe und die Ausrichtung der Öffnung 51 vorteilhaft beeinflusst werden, sondern auch durch die innere Konfiguration des Verbindungselements. Beispielsweise können helixförmige Rillen in dem Verbindungselement 5 einen Drall der erfindungsgemäßen Strömung verursachen, wobei das Strömungsprofil der Strömung eine „weichere“ bzw. turbulentere Wirkung auf das zu stimulierende Körperteil entfaltet.“
- In vorstehendem Beschreibungsabsatz wird deutlich gemacht, dass es durch das Zusammenspiel von Verbindungselement und Größe der Öffnung 51 zu einem Strömungsprofil kommen soll. Das erfordert eine entsprechende Ausgestaltung des Inneren.
- Abs. [0059] formuliert:
- „Zwei zueinander ausgerichtete Öffnungen in der Wand 41 der zweiten Kammer und der Halterung 32 bilden gemeinsam das Verbindungselement 5, welches die erste Kammer 3 und die zweite Kammer 5 verbindet. Dabei sind die Wand 31, die Halterung 32 und die Wand 41 vorzugsweise miteinander medien- bzw. luftdicht verklebt.“
- Hier schlägt das Klagepatent konkret vor, aus welchen Vorrichtungsteilen das Verbindungselement gebildet sein kann. Zu erkennen ist, dass wiederum die Öffnung 51 maßgeblich an der Bereitstellung der erfindungsgemäßen Wirkung beteiligt ist. Obwohl es sich nicht um eine abschließend zu begreifende Vorgabe für das Verbindungselement handelt, ist – entgegen der Ansicht der Klägerin – jedenfalls auch eine bestimmte räumlich-körperliche Ausprägung des Verbindungselements zu verlangen; nicht abstrakt jegliches Raumgebilde ist in der Lage, eine Düsenwirkung herbeizuführen. Es gibt keinen gegenteiligen Hinweis im Klagepatent, dass das Verbindungselement auch dann noch strömungstechnisch wirken könnte, wenn es keinerlei räumlich-körperlichen Anforderungen unterliegt und unterschiedslos denselben Durchmesser wie die Kammern aufweist. Insoweit scheidet vorliegend, ähnlich wie in der Entscheidung des OLG Düsseldorf „WC-Sitzgelenk“ (GRUR-RR 2014, 185), ein Verständnis des Verbindungselements, das auf dessen technische Funktion reduziert ist, aus.
- Unteranspruch 8 unterstützt das Verständnis einer grundsätzlich vorhandenen Düsenwirkung, welche allerdings spezifische Ausgestaltungen erfahren kann, indem der Verbindungselement durch Öffnungen besonders ausgerichtet wird. Denn dort ist eine Stimulationsvorrichtung beansprucht, deren Verbindungselement eine innere Formgebung und eine Öffnung zur zweiten Kammer aufweist, welche derart ausgestaltet sind, dass das Druckfeld in Richtung und Ausprägung moduliert wird.
- Die Figuren in der Klagepatentschrift sprechen überdies für das gefundene Verständnis. Jeder Darstellung ist das Verbindungselement als räumliche Engstelle innerhalb der Vorrichtung zu entnehmen.
- Das Erfordernis, das Verbindungselement als Verengung innerhalb der Vorrichtung auszugestalten, folgt außerdem vor dem technisch-funktionalen Hintergrund. Ein Druckfeld in der zweiten Kammer kann nur erzeugt werden, wenn sich in einem davorliegenden Bereich Druck aufbauen konnte, der sodann in beschleunigter Form in die zweite Kammer gelangt und dort zielgerichtet auf die zu stimulierende Hautpartie gelenkt wird.
-
III.
Die angegriffenen Ausführungsformen machen keinen Gebrauch von der Lehre nach dem Klagepatent. Vorstehendes Verständnis zugrunde legend fehlt es jedenfalls an der Verwirklichung der Merkmale 1.2.1, 1.2.2, 1.2.3 sowie 1.2.4. - 1.
Die Klägerin stellt die Verletzungsdiskussion in erster Linie anhand der angegriffenen Ausführungsform XXX dar. - Ausgehend von ihren eigenen Lichtbildern verortet die Klägerin die erste und zweite Kammer sowie ein Verbindungselement in der angegriffenen Ausführungsform wie folgt:
- Der abnehmbare Silikonaufsatz bilde die zweite Kammer, das perlmuttfarbene Plastikelement sei das Verbindungselement und das weitere Plastikelement die erste Kammer.
- Auch die Beklagten beziehen sich auf den Innenaufbau der zuvor benannten angegriffenen Ausführungsform und veranschaulichen ihn mit dem eingeblendeten Lichtbild, entnommen der Klageerwiderung:
- Es handelt sich – anders als bei dem Lichtbild der Klägerin – um eine nicht perspektivische Aufnahme der angegriffenen Ausführungsform im Querschnitt, deren Richtigkeit die Klägerin auch nicht in Abrede stellt. Vielmehr nimmt sie auch dort eine Zuordnung der Vorrichtungsbestandteile vor (Abbildung von Bl. 174 GA):
- Die Kammer legt diese Aufnahme daher ihrer Subsumtion zugrunde, weil sie die Verhältnisse maßstabsgetreuer und ohne perspektivische Verzerrungen wiedergibt.
-
2.
Die Klägerin hat es zur Überzeugung der Kammer jedoch nicht vermocht, das Vorliegen einer ersten und einer zweiten Kammer und eines Verbindungselements aufzuzeigen (Merkmale 1.2.1, 1.2.2 und 1.2.3). - a.
Hierbei begegnet die Geeignetheit des vorwiegend an Lichtbildern orientieren Verletzungsvorbringens schon grundsätzlichen Zweifeln. Die Klägerin hat diverse Stimulatoren der Beklagten aufgeschnitten, um deren inneren Aufbau aufzuzeigen, wobei es teils zu Verformungen an den Gehäusen gekommen ist (vgl. Bl. 113 GA). Jedenfalls nachdem die Beklagten in der Klageerwiderung Bezug auf die in der Anlage AR 18 dokumentierten angegriffenen Ausführungsformen genommen haben, hat die Klägerin ihr Vorbringen in der Replik zwar auf diese erweitert. Indes beschränkt sich der Vortrag auf das Einblenden von Lichtbildern nebst grafischer Einfärbung derjenigen Bereiche, welche nach Ansicht der Klägerin die beiden Kammern und das Verbindungselement darstellen. Exemplarisch sieht dies wie folgt aus (Abbildung Bl. 170 GA): - Die erste Kammer ist gelb, die zweite Kammer orange und das Verbindungselement rot dargestellt. Schon den vorstehenden Abbildungen vermag die Kammer keine zwei eindeutig voneinander unterscheidbaren und abgegrenzten Kammern entnehmen. Die Farbgebung führt lediglich zu einer visuellen Unterteilung eines ansonsten durchgängigen Bereichs, welcher sich allenfalls durch das umgebende Material unterscheidet. Die Darstellungen in den angegriffenen Ausführungsformen variieren nur insofern, als die Kammern und das Verbindungselement geometrisch anders ausgeformt sind und teils die erste oder zweite Kammer länger oder schmaler ausgestaltet sind und auch das Verbindungselement breiter oder schmaler ausfällt. Diese Unterschiede sind nach Auffassung der Kammer überwiegend auf die Perspektiven der Lichtbilder zurückzuführen und nicht auf tatsächliche Gegebenheiten. Ungeachtet dessen sind aber auch den geometrisch verzerrten Abbildungen keine klar definierten Kammern zu entnehmen.
- Umso weniger ist bei denjenigen angegriffenen Ausführungsformen wie dem XXX und dem XXX eine Verletzung des Klagepatents zu erkennen, wobei die nachfolgenden Ausführungen entsprechend für andere Ausführungsformen mit einem vergleichbaren Aufbau gelten. Diese beiden angegriffenen Ausführungsformen weisen den nachfolgend gezeigten inneren Aufbau auf (Abbildungen von Bl. 178 und 181 GA):
- Die Klägerin erläutert die technischen Funktionsweisen dieser Modelle nicht. Dabei ist aber insbesondere bei dem „XXX“ fraglich, wie ein derart langgestrecktes Verbindungselement strömungstechnisch für die Kommunikation zwischen den Kammern relevant sein könnte. Bei dem Modell XXX ist schon nicht zu erkennen, wie das deutlich kleinere Volumen der ersten Kammer gegenüber dem Volumen der zweiten Kammer überhaupt wirken und ein Druckfeld erzeugen könnte.
- Allein die Eignung der angegriffenen Ausführungsformen (vgl. BGH, GRUR 2006, 399 – Rangierkatze) zur Stimulation der Klitoris ist hier auch nicht ausreichend, eine Verletzung des Klagepatents zu begründen. Denn bei einer solchen Betrachtung blieben die räumlich-körperlichen Anforderungen gänzlich außer Acht.
- Die Beklagten haben dagegen nachvollziehbar behauptet, dass keine der angegriffenen Ausführungsformen eine andere als zylindrische, nicht taillierte Bauform aufweise. In der Klageerwiderung haben sie auf alle Abbildungen der Anlage AR 18 Bezug genommen und vorgetragen, weshalb keine Verletzung vorliegt. Maßgeblich kritisieren die Beklagten die lediglich perspektivischen Ansichten und betonen zudem, dass jeweils nur eine nicht-taillierte Kammer vorliege. Außerdem hätte die Klägerin auf unterschiedliche Weise die Gehäuse aufgeschnitten, z.B. teilweise nur um 100° bzw. 135° (vgl. XXX, XXX), was keinen zuverlässigen Schluss auf die innere Ausgestaltung zulasse.
- Die Klägerin ist dieser Kritik in der Replik nicht substantiiert entgegengetreten. Auch dort legt sie ihrem Vorbringen die ursprünglichen perspektivischen Lichtbilder zugrunde, insbesondere auch für die weiterhin ins Verfahren eingeführten Modelle (vgl. XXX).
- Es sind sodann auch die Beklagten, die konkret auf solche angegriffenen Ausführungsformen verweisen, bei denen der vorderste Bereich der Aufsetztülle leicht aufgeweitet und zudem eine Membran schräg aufgesetzt ist (vgl. XXX Bl. 116 GA, XXX Bl. 121, XXX Bl. 123) und erläutern, dass diese abweichenden Ausgestaltungen dennoch einen konstanten, jedenfalls nicht taillierten inneren Durchmesser und insbesondere keine abweichende technische Funktionsweise im Hinblick auf die Druckverhältnisse aufweisen. Insoweit ist die innere leicht abweichende Form nur der äußeren Form geschuldet. Die Klägerin hat sich hierzu nicht eingelassen und sich mit etwaigen konstruktiven Abweichungen einzelner angegriffener Ausführungsformen gar nicht näher beschäftigt.
- Auf die eigens bearbeiteten Lichtbilder der Beklagten, welche jeweils Striche enthalten, um den nicht-taillierten Innenbereich zu veranschaulichen, kam es im Rahmen der Verletzungsdiskussion deshalb schon nicht mehr an. Im Übrigen erscheint der Kammer aber auch die Strichdicke zu breit gewählt zu sein, um den inneren Verlauf tatsächlich nachzuvollziehen. Leichte Versatzstücke im Inneren sind nicht (mehr) zu erkennen. Und beispielsweise bei dem Modell XXX (Bl. 238 GA) erscheint die Strichführung nicht vollständig nachvollziehbar (was aber auch hier der Perspektive geschuldet sein könnte).
- c.
Umso weniger gelingt der Klägerin in der Replik ein Verletzungsnachweis mittels einer angegriffenen Ausführungsform, bei der der weiße Silikonaufsatz entfernt wurde. - Die Klägerin hat auch für diesen Fall Lichtbilder zur Akte gereicht, die nachfolgend gezeigt werden (Abbildung von Bl. 188 GA):
- Das erste Bilderpaar zeigt die angegriffene Ausführungsform mit und ohne Silikonaufsatz und das zweite Bilderpaar bezieht sich auf einen partiellen Querschnitt durch die angegriffene Ausführungsform und verortet wiederum durch die Farben orange, rot und gelb die unterschiedlichen Bestandteile – nach Ansicht der Klägerin – im Inneren.
- Für die hier zu treffende Entscheidung kommt es bereits nicht darauf an, ob es sich bei diesem Silikon-Aufsatzstück um ein nach dem Klagepatent optional verwendbares abdichtendes Auflageteil handeln könnte (vgl. Unteranspruch 6). Denn eine Ausgestaltung ohne diesen Aufsatz entspricht nicht der ordnungsgemäßen Verwendung der angegriffenen Ausführungsform. Diese sind vielmehr so konstruiert, dass bei einem regulären Einsatz der Silikonaufsatz vorhanden ist.
- Aber auch bei abmontiertem Silikonaufsatz ist die Kammer nicht vom Vorliegen einer ersten und zweiten Kammer überzeugt. Zwar mag der Innenaufbau insbesondere im Bereich des Verbindungselements taillierter aussehen als bei den anderen Modellen. Dies ist aber wiederum der Darstellungsweise und dem nicht vollständigen Querschnitt durch die angegriffene Ausführungsform geschuldet, weshalb der Einfärbung durch die Klägerin keine Bedeutung beigemessen werden kann. Im Übrigen ist für eine angegriffene Ausführungsform ohne Silikonaufsatz nicht zu erkennen – und es dürfte aufgrund der nun nicht mehr flexiblen Öffnung in Richtung der Klitoris nicht möglich sein –, dass unterschiedliche Druckverhältnisse erzeugt werden. Zumal auch dann noch nicht derart hinreichend voneinander abgrenzbare Kammern im Sinne der erfindungsgemäßen Lehre auszumachen sind.
- 3.
Eine Verwirklichung des Merkmals 1.2.4 ist ebenso wenig feststellbar.
Die Klägerin hat nicht dargelegt, wie durch abwechselnde Expansion und Kompression durch Krafteinwirkung auf die – nach ihrer Ansicht – erste Kammer deren Volumen verändert und dadurch in der zweiten Kammer ein Druckfeld erzeugt wird. Insoweit beschränken sich die Ausführungen und Darstellungen der Klägerin darauf, dass überhaupt ein Druckfeld erzeugt wird und der im Inneren einer angegriffenen Ausführungsform herrschende Druck verändert wird. Die Klägerin verweist auf die Antriebseinheit und die hintere Ausgestaltung der ersten Kammer, welche komprimiert und entfaltet werden könne, wodurch eine Volumenänderung bewirkt werden könne. Dies ist als Verletzungsnachweis aber nicht hinreichend, weil nicht zu erkennen ist, dass nur und gezielt auf das Volumen der ersten Kammer eingewirkt wird. - IV.
- Mangels feststellbarer Verletzung des Klagepatents stehen der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche nicht zu.
-
B.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 ZPO. - Streitwert: 2.500.000,- Euro