4a O 32/20 – Formteilherstellungsverfahren

Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3238

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 29. September 2022, Az. 4a O 32/20

  1. I. Die Beklagte wird verurteilt,
  2. 1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft an ihrem Geschäftsführer zu vollziehen ist, zu unterlassen,
  3. Zwischenspeicher, welche zur Durchführung eines Verfahrens geeignet sind,
  4. zur Herstellung eines Formteils mit mindestens zwei Gefügebereichen unterschiedlicher Duktilität aus einem Halbzeug, insbesondere einer Platine, aus härtbarem Stahl mit einer Erwärmung in einem Durchlaufofen und einem Härteprozess, wobei das Halbzeug in dem Durchlaufofen auf Austenitisierungstemperatur erwärmt wird, nachfolgend ein erster Teilbereich des Halbzeugs auf eine Temperatur gekühlt wird, bei welcher das Gefüge des Teilbereichs in ferritisches-perlitisches Gefüge umgewandelt wird, während ein zweiter Teilbereich des Halbzeugs auf Austenitisierungstemperatur gehalten wird, nachfolgend das Halbzeug in einem Presshärtewerkzeug zu dem Formteil umgeformt und vergütet wird, bei dem das Halbzeug nach Durchlauf durch den Durchlaufofen mit dem zweiten Teilbereich in eine Kammer eines Zwischenspeichers, insbesondere eines Pufferofens eingelegt und dort gelagert wird, wobei der Zwischenspeicher den zweiten Teilbereich auf Austenitisierungstemperatur hält, während der erste Teilbereich aus der Kammer des Zwischenspeichers, insbesondere des Pufferofens vorragt und dieser vorragende Bereich an Luft oder mit Luft auf die Temperatur gekühlt wird, bei welcher das ferritisch-perlitische Gefüge gebildet wird, nachfolgend das Halbzeug aus dem Zwischenspeicher, insbesondere dem Pufferofen entnommen und dem Presshärtewerkzeug zum Zwecke des Umformens und Vergütens übergeben wird;
  5. gewerblichen Abnehmern im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten,
  6. ohne im Falle des Anbietens ausdrücklich und unübersehbar darauf hinzuweisen, dass die Zwischenspeicher nicht ohne Zustimmung der Klägerin als Inhaberin des deutschen Teils des Europäischen Patents EP 2 365 XXX B1 mit einem Durchlaufofen verwendet werden dürfen;
  7. 2. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses in elektronischer Form vollständig darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagte die zu Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 18.05.2016 begangen hat, und zwar unter Angabe
  8. a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer von an die Beklagte gelieferten Zwischenspeichern,
  9. b) der Menge der hergestellten und der ausgelieferten Zwischenspeicher,
  10. wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Rechnungen in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
  11. 3. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses in elektronischer Form vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte die zu Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 18.06.2016 begangen hat, und zwar unter Angabe
  12. a) der einzelnen Angebote von Zwischenspeichern gemäß Ziffer I.1., aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
  13. b) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Herstellungs- und Verbreitungsauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
  14. wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernimmt und ihn ermächtigt, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist.
  15. II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die unter Ziffer I.1. bezeichneten, seit dem 18.06.2016 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
  16. III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
  17. IV. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 65 % und die Beklagte 35 %.
  18. V. Das Urteil ist für die Klägerin vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 350.000,00. Daneben ist der Unterlassungsanspruch (Ziffer I.1. des Tenors) gesondert vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 250.000,00. Die Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung (Ziffern I.2. und I.3. des Tenors) sind gesondert vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 35.000,00. Für beide Parteien ist das Urteil im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
  19. Tatbestand
  20. Die Klägerin nimmt die Beklagte aus dem deutschen Teil des Europäischen Patents EP 2 365 XXX B1 (nachfolgend: Klagepatent, vorgelegt als Anlage rop 1) wegen behaupteter unmittelbarer und mittelbarer Patentverletzung auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung sowie auf Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, eine Entschädigung zu zahlen und Schadensersatz zu leisten, in Anspruch.
  21. Die Klägerin ist die im Register des Deutschen Patent- und Markenamts (vgl. Anlage rop 2) eingetragene Inhaberin des Klagepatents mit dem Titel „Verfahren und Vorrichtung zur Herstellung eines Formteiles mit mindestens zwei Gefügebereichen unterschiedlicher Duktilität“. Die Anmeldung des in deutscher Verfahrenssprache erteilten Klagepatents wurde am 15.10.2010 unter Inanspruchnahme des Prioritätsdatums 04.03.2010 einer deutschen Schrift eingereicht und am 14.09.2011 offengelegt. Die Erteilung des Klagepatents wurde am 18.05.2016 veröffentlicht.
  22. Das Klagepatent steht in Kraft. Die Beklagte hat gegen das Klagepatent Nichtigkeitsklage (Anlage B 13) eingereicht, über die das Bundespatentgericht noch nicht entschieden hat. Das Bundespatentgericht erließ unter dem 11.07.2022 den qualifizierten Hinweis nach § 83 Abs. 1 PatG (Anlage rop 19).
  23. Der geltend gemachte Patentanspruch 1 des Klagepatents lautet wie folgt:
  24. „Verfahren zur Herstellung eines Formteiles mit mindestens zwei Gefügebereichen unterschiedlicher Duktilität aus einem Halbzeug (1), insbesondere einer Platine, aus härtbarem Stahl mit einer Erwärmung in einem Durchlaufofen (2) und einem Härteprozess, wobei das Halbzeug (1) in dem Durchlaufofen (2) auf Austenitisierungstemperatur erwärmt wird, nachfolgend ein erster Teilbereich (4) des Halbzeugs (1) auf eine Temperatur gekühlt wird, bei welcher das Gefüge des Teilbereichs in ferritisches-perlitisches Gefüge umgewandelt wird, während ein zweiter Teilbereich (5) des Halbzeugs (1) auf Austenitisierungstemperatur gehalten wird, nachfolgend das Halbzeug (1) in einem Presshärtewerkzeug (6) zu dem Formteil umgeformt und vergütet wird,
  25. dadurch gekennzeichnet, dass das Halbzeug (1) nach Durchlauf durch den Durchlaufofen (2) mit dem zweiten Teilbereich (5) in eine Kammer eines Zwischenspeichers (7), insbesondere eines Pufferofen (8) eingelegt und dort gelagert wird, wobei der Zwischenspeicher den zweiten Teilbereich (5) auf Austenitisierungstemperatur hält, während der erste Teilbereich (4) aus der Kammer des Zwischenspeichers (7), insbesondere des Pufferofens (8) vorragt
    und dieser vorragende Bereich an Luft oder mit Luft auf die Temperatur gekühlt wird, bei welcher das ferritisch-perlitische Gefüge gebildet wird, nachfolgend das Halbzeug (1) aus dem Zwischenspeicher (7), insbesondere dem Pufferofen (8) entnommen und dem Presshärtewerkzeug (6) zum Zwecke des Umformens und Vergütens übergeben wird.“
  26. Zur Veranschaulichung der beanspruchten Lehre wird nachfolgend Figur 1 des Klagepatents verkleinert eingeblendet, die nach Abs. [0048] der Beschreibung des Klagepatents ein erstes Ausführungsbeispiel in einer schematischen Draufsicht zeigt:
  27. Zu der vorstehend gezeigten Figur 1 erläutert das Klagepatent in den Abs. [0050] ff. seiner Beschreibung, dass eine Anlage zur Realisierung des Verfahrens beispielsweise aus einem Durchlaufofen 2 mit einem Stetigförderer besteht, der durch den Durchlaufofen 2 läuft und das Halbzeug 1 in Durchlaufrichtung 3 transportiert. In diesem Durchlaufofen 2 wird das Halbzeug 1 auf Austenitisierungstemperatur erwärmt, beispielsweise auf ca. 930°C. Nachfolgend wird ein erster Teilbereich 4 des Halbzeugs 1 auf eine Temperatur (ca. 500° C) gekühlt, bei welcher das Gefüge des Teilbereichs 4 in ein ferritisches-perlitisches Gefüge umgewandelt wird, während ein zweiter Teilbereich 5 des Halbzeugs auf Austenitisierungstemperatur gehalten wird. Dazu wird ein Halbzeug 1 nach Durchlauf durch den Durchlaufofen 2 mit dem zweiten Teilbereich 5 in eine Kammer eines Zwischenspeichers 7, beispielsweise in Form eines Pufferofens 8, eingelegt (siehe Bewegungspfeil 9). Der zweite Teilbereich 5 wird so in dem Zwischenspeicher 7 auf Austenitisierungstemperatur gehalten. Der erste Teilbereich 4 ragt dagegen aus der Kammer des Zwischenspeichers 7 vor und wird an Luft oder vorzugsweise mit Luft langsam gekühlt. Das so vorbehandelte Halbzeug 1 wird dann aus dem Zwischenspeicher 7 entnommen und dem Härtewerkzeug 6 zum Zwecke des Umformens und Vergütens übergeben (Bewegungspfeil 10).
  28. Die Parteien sind unmittelbare Wettbewerber im Bereich der Herstellung von Formteilen für die Automobilindustrie. Die Beklagte ist ein Unternehmen mit Sitz in B, wo sie mit Maschinen, die von dem (…) Unternehmen C (nachfolgend kurz: C) stammen, Formteile mit zwei Gefügen herstellt (nachfolgend: angegriffenes Verfahren). Zur Veranschaulichung des angegriffenen Verfahrens wird nachfolgend ein Ausschnitt aus einer Präsentation nach Anlage rop 8 eingeblendet:
  29. Im angegriffenen Verfahren kommt ein Ofen mit fünf Ofenfächern („E“ – E units) für Halbzeuge zum Einsatz. Nach der Erwärmung wird das Halbzeug aus dem betreffenden Ofenfach entnommen und in eine unterhalb der Ofenfächer angeordnete „D-Box“ eingebracht. In der D-Box wird das Halbzeug teilweise Hitze ausgesetzt und auf einer Austenitisierungstemperatur gehalten („hard zone“); teilweise ist das Halbzeug mit einer Schablone von der Hitzestrahlung abgeschirmt und wird auf eine Temperatur gekühlt, bei der sich ein ferritisch-perlitisches Gefüge ergibt („soft zone“). Die Erwärmung erfolgt mittels Heizdrähten und Strom. Die verschiedenen „Zonen“ veranschaulicht folgende, S. 16 der Präsentation in Anlage rop 8 entnommene schematische Zeichnung:
  30. Zur weiteren Veranschaulichung wird nachfolgend eine beispielshafte Ausgestaltung einer Schablone eingeblendet, die in die D-Box eingesetzt werden kann (von S. 4 des Schriftsatzes der Beklagten vom 25.03.2022 = Bl. 279 GA):
  31. Mit Hilfe von vier Handhabungsvorrichtungen werden die Halbzeuge anschließend einem Presshärtewerkzeug zugeführt. Dieses Presshärtewerkzeug wird bei der Anlage der Beklagten von vier D-Boxen (denen jeweils 5 Ofenfächer zugeordnet sind) versorgt.
  32. Die D-Box wird von C in der Publikation nach Anlage rop 8 als integrierte Version mit 5 Ofenfächern und einzeln als „X D-Box“ („H“) dargestellt und in diesen Gestaltungen auch von C vertrieben. Zur Veranschaulichung wird ein Ausschnitt aus S. 22 der Anlage rop 8 verkleinert eingeblendet:
  33. Auf S. 24 Anlage rop 8 findet sich die nachfolgend verkleinert eingeblendete Darstellung einer X D-Box zusammen mit einem Rollenofen (J):
  34. Von dem früheren Inhaber des EP 2 864 XXX (nachfolgend: Lizenzpatent, Anlage rop 14) ist der Beklagten eine ausschließliche Lizenz am Lizenzpatent eingeräumt worden. Auf Basis ihres ausschließlichen Nutzungsrechts hat die Beklagte wiederum C eine einfache Lizenz am Lizenzpatent erteilt. Mittlerweile hat die C das Lizenzpatent erworben, wovon aber die ausschließliche Lizenz zugunsten der Beklagte nicht berührt wird. Die Beklagte erteilt also weiterhin der C eine Lizenz am Lizenzpatent. In dem Internetauftritt von C (Anlage rop 17) heißt es unter dem Datum 08.04.2021:
  35. „….“
  36. In einem von Mitarbeitern von C und der Beklagten verfassten Beitrag zu einem Tagungsband zu einem (XXX-) Kolloquium im Jahre 2019 (Anlage rop 13) wird auf S. 5X ausgeführt, dass die erste D-Box-Produktionslinie mit voller Kapazität bei der Beklagten installiert werden wird. Weiter heißt es auf S. 5X in deutscher Übersetzung:
  37. „In Europa arbeiten G und C bei der D-Box-Technologie eng zusammen. C ist Inhaber der Patentrechte und G ist Inhaber ein exklusiven Produktionslizenz für den europäischen Markt“.
  38. Die Klägerin meint, die Beklagte verletze das Klagepatent durch die Anwendung des angegriffenen Verfahrens unmittelbar. Weiterhin verletzte sie – teilweise im mittäterschaftlichen Zusammenwirken mit C – das Klagepatent auch mittelbar durch das Anbieten der D-Box, auch im Zusammenhang mit einem Rollenofen.
  39. Das Klagepatent verlange als „Durchlaufofen“ lediglich einen Ofen, in dem das Halbzeug auf Austenitisierungstemperatur erwärmt werden könne. Das Klagepatent verstehe den anspruchsgemäßen Durchlaufofen allein nach seiner Funktion als Erwärmungseinrichtung bzw. Erwärmungsofen für das (gesamte) Halbzeug auf Austenitisierungstemperatur. Auf welche Weise der Durchlaufofen ausgestaltet sei, lasse der Anspruch des Klagepatents offen, da dies für dessen Lehre nicht relevant sei. Auch wenn ein Ofen stationär sei, könne er eine Durchlaufgeschwindigkeit aufweisen, nämlich die Zeit, in der das Halbzeug in dem Ofen verbleibe. Aufgrund der Erörterung unterschiedlich ausgestalteter Öfen im Klagepatent erkenne der Fachmann, dass es auf eine bestimmte Art des Durchlaufofens nicht ankomme. Aus betriebsökonomischen Gründen komme eine beliebig lange Verweildauer im Ofen – egal wie dieser ausgestaltet sei – nicht in Betracht, so dass auch bei stationären Problemen das vom Klagepatent zu lösende Problem der unterschiedlichen Taktungen auftrete.

    Nach dem zutreffenden Verständnis des Klagepatents seien die fünf Ofenfächer (E units) oberhalb der D-Box bei der angegriffenen Ausführungsform daher Durchlauföfen im Sinne des Klagepatents.

  40. Die Kammer des Zwischenspeichers für die Lagerung des zweiten Teilbereichs des Halbzeugs sei anspruchsgemäß ein (kleinerer) Teil des (größeren) Zwischenspeichers. Diese werde durch ihre Funktion definiert, nämlich, dass der zweite Teilbereich des Halbzeugs hierin eingelegt, dort gelagert und auf Austenitisierungstemperatur gehalten werde könne. Dort, wo sich der zweite Teilbereich des Halbzeugs befinde und auf der genannten Temperatur gehalten werde, sei anspruchsgemäß die Kammer des Zwischenspeichers. Die Kammer müsse nicht geschlossen sein; vielmehr sei eine Öffnung für das Hinein- und Herausnehmen des Halbzeugs zwingend erforderlich.
  41. Mit dem Teilmerkmal „vorragen“ sei eine Anordnung des ersten Teilbereiches des Halbzeugs gemeint, bei der dieser Teilbereich von der Wärmezone der Kammer ausgenommen sei und an Luft oder mit Luft – aber gegebenenfalls immer noch im Zwischenspeicher – so gekühlt werde, dass das ferritische-perlitische Gefüge gebildet werde. Die Kammer sei also ein Bereich (im Sinne einer Wärmezone) des Zwischenspeichers, in dem ein Teil des Halbzeugs eingelegt und gelagert werden könne, während ein anderer Teil des Halbzeugs hieraus vorrage.
  42. Der Anspruch verlange nicht, dass ein Teilbereich aus dem Zwischenspeicher rage, sondern nur aus der Kammer des Zwischenspeichers. Damit könne sich der aus der Kammer vorragende erste Teilbereich auch vollständig im Zwischenspeicher befinden. Dies bestätige der übrige Anspruchswortlaut, da hiernach nachfolgend das gesamte Halbzeug (also mit beiden Teilbereichen) aus dem Zwischenspeicher entnommen werde.
  43. Die eigentliche D-Box, ganz unten im Aggregat (unter den fünf Kammern / Öfen für die Erwärmung auf Austenitisierungstemperatur) sei ein klagepatentgemäßer Zwischenspeicher. Die D-Box sei der gesamte Zwischenspeicher und nicht nur dessen Kammer. Hierin seien unterschiedliche Temperaturführungen für einen ersten und einen zweiten Teilbereich des Halbzeugs vorgesehen. Ein Abschnitt des Halbzeugs (= zweiter Teilbereich) sei dabei in der „hard zone“ der Strahlungswärme („radiant heat“) ausgesetzt, während ein anderer Abschnitt des Halbzeugs (= erster Teilbereich) aus der hard zone hervorrage und zwar in die gekühlte, von der Schablone abgeschirmte „soft zone“.
  44. Ein klagepatentgemäßer Zwischenspeicher müsse nicht mehrere Halbzeuge gleichzeitig aufnehmen können. Eine solche Vorgabe enthalte Patentanspruch 1 nicht, sondern sei erst Gegenstand von Unteranspruch 2 sowie einer bevorzugten Ausführungsform gemäß der Abs. [0017] und [0036] der Klagepatentbeschreibung. Die Entkoppelung der Taktzeiten von Durchlaufofen und Presshärtewerkzeug werde klagepatentgemäß dadurch erreicht, dass mit dem Zwischenspeicher ein eigenständiges Aggregat zwischengeschaltet sei. Mehrere Fächer seien hierfür nicht erforderlich.
  45. Die D-Box sei ein klagepatentgemäßer Zwischenspeicher. Hierzu behauptet die Klägerin, das Halbzeug könne in der D-Box auch problemlos länger bleiben, so dass eine Entkoppelung des Takts hierüber erreicht werde. Hilfsweise stellten die bei der angegriffenen Ausführungsform vorhandenen 4 D-Boxen für ein Presshärtewerkzeug zusammen jedenfalls einen Zwischenspeicher mit mehreren Fächern dar.
  46. Die Klägerin meint, es liege zudem eine mittelbare Patentverletzung durch das Anbieten und Liefern von Zwischenspeichern der als „H“ beworbenen X D-Box vor. Diese D-Box werde für die Verwendung mit einen „XXX“ (= J; nachfolgend auch Rollenoffen genannt) vertrieben, wie er auf S. 24 Anlage rop 8 als etwa 55 Meter langer Rollenofen wiedergeben ist. Dieser Rollenofen sei auch nach der Definition der Beklagten ein klagepatentgemäßer Durchlaufofen. Die (X) D-Box sei ein Mittel, das sich auf ein wesentliches Element des klagepatentgemäßen Verfahrens beziehe, und werde für die Verwendung des klagepatentgemäßen Verfahrens angeboten.
  47. Die Beklagte biete die Lehre des Klagpatentes mittelbar (auch) durch ihr mittäterschaftliches Zusammenwirken mit C an. Eine klagepatentgemäße Verwendung der X D-Box werde auf S. 24 Anlage rop 8 und S. 59 Anlage rop 13 empfohlen. Dies sei auch gegenüber den Teilnehmern der Konferenzen in Bad Nauheim (September 2018, Anlage rop 10) und in Bad Boll (April 2019) erfolgt. Das mittäterschaftliche Zusammenwirken ergebe sich etwa aus Anlage rop 13 (Übersetzung in Anlage rop 13a), wonach die Beklagte und C bei der D-Box-Technologie in Europa eng zusammenarbeiteten. Nach dem objektiven Erklärungswert handele es sich aufgrund der Verwendung des Logos der Beklagten bei der Anlage rop 8 um eine gemeinsame Darstellung von ihr und der C.
  48. Weiterhin nehme die Beklagte für sich in Anspruch, aufgrund einer exklusiven Lizenz berechtigt zu sein, die Benutzung der D-Box in der in Anlage rop 8 beschriebenen Verfahrensweise Dritten zu erlauben oder zu untersagen (vgl. Anlage rop 11). Aufgrund der Lizenzvergabe am Lizenzpatent an C hafte die Beklagte für die Angebotshandlungen von C.
  49. Es sei ein uneingeschränktes Verbot gerechtfertigt, da die Beklagte zusammen mit C die Benutzung der D-Box als Zwischenspeicher für einen Durchlaufofen in Form eines Rollenofens prominent herausstelle.
  50. Das Verfahren sei nicht auszusetzen, da die von der Beklagten eingelegte Nichtigkeitsklage keinen Erfolg haben werde.
  51. Die Klägerin beantragt:
  52. A.I. Die Beklagte wird verurteilt,
  53. 1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft an ihrem Geschäftsführer zu vollziehen ist, zu unterlassen,
  54. (a) ein Verfahren in der Bundesrepublik Deutschland anzuwenden
  55. zur Herstellung eines Formteils mit mindestens zwei Gefügebereichen unterschiedlicher Duktilität aus einem Halbzeug (1), insbesondere einer Platine, aus härtbarem Stahl mit einer Erwärmung in einem Durchlaufofen (2) und einem Härteprozess, wobei das Halbzeug (1) in dem Durchlaufofen (2) auf Austenitisierungstemperatur erwärmt wird, nachfolgend ein erster Teilbereich (4) des Halbzeugs (1) auf eine Temperatur gekühlt wird, bei welcher das Gefüge des Teilbereichs in ferritisches-perlitisches Gefüge umgewandelt wird, während ein zweiter Teilbereich (5) des Halbzeugs (1) auf Austenitisierungstemperatur gehalten wird, nachfolgend das Halbzeug (1) in einem Presshärtewerkzeug (6) zu dem Formteil umgeformt und vergütet wird, bei dem das Halbzeug (1) nach Durchlauf durch den Durchlaufofen (2) mit dem zweiten Teilbereich (5) in eine Kammer eines Zwischenspeichers (7), insbesondere eines Pufferofens (8) eingelegt und dort gelagert wird, wobei der Zwischenspeicher den zweiten Teilbereich (5) auf Austenitisierungstemperatur hält, während der erste Teilbereich (4) aus der Kammer des Zwischenspeichers (7), insbesondere des Pufferofens (8) vorragt und dieser vorragende Bereich an Luft oder mit Luft auf die Temperatur gekühlt wird, bei welcher das ferritisch-perlitische Gefüge gebildet wird, nachfolgend das Halbzeug (1) aus dem Zwischenspeicher (7), insbesondere dem Pufferofen (8) entnommen und dem Presshärtewerkzeug (6) zum Zwecke des Umformens und Vergütens übergeben wird;
  56. EP 2 365 XXX B1 – Verfahrensanspruch 1
  57. (b) durch das vorstehend zu Ziffer A.1. (a) genannte Verfahren unmittelbar hergestellte Formteile aus gehärtetem Stahl anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen;
    EP 2 365 XXX B1 – Verfahrensanspruch 1
  58. 2. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses in elektronischer Form vollständig darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagte die zu Ziffer A.I.1 bezeichneten Handlungen seit dem 18.05.2016 begangen hat, und zwar unter Angabe
  59. a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer von an die Beklagte geliefertem Halbzeug aus härtbarem Stahl,
  60. b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die aus dem Halbzeug aus härtbarem Stahl hergestellten Formteile gemäß Ziffer A.I.1. (b) bestimmt waren,
  61. c) der Menge der hergestellten und der ausgelieferten Formteile gemäß Ziffer A.I.1. (b) und der Menge der erhaltenen und der bestellten Halbzeuge aus härtbarem Stahl sowie der Preise, die für die betreffenden Formteile und Halbzeuge bezahlt wurden,
  62. wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Rechnungen in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
  63. 3. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses in elektronischer Form vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte die zu Ziffer A.I.1 bezeichneten Handlungen seit dem 14.10.2011 begangen hat, und zwar unter Angabe
  64. a) der Herstellungsmengen und -zeiten,
  65. b) der einzelnen Lieferungen von hergestellten Formteilen gemäß Ziffer A.I.1 (b), aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Liefermengen, -zeiten und -preisen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
  66. c) der einzelnen Angebote von Formteilen gemäß Ziffer A.I.1. (b), aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
  67. d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Herstellungs- und Verbreitungsauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
  68. e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
  69. wobei von der Beklagten die Angaben zu lit e) nur für die Zeit seit dem 18.06.2016 zu machen sind,
  70. wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nicht-gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernimmt und ihn ermächtigt, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter nicht-gewerblicher Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist;
  71. A.II. Es wird festgestellt,
  72. 1. dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin für die unter Ziffer A.I.1 bezeichneten, in der Zeit vom 14.10.2011 bis zum 17.06.2016 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;
  73. 2. dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziffer A.I.1 bezeichneten, seit dem 18.06.2016 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
  74. B.I. Die Beklagte wird weiter verurteilt,
  75. 1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft an ihrem Geschäftsführer zu vollziehen ist, zu unterlassen,
  76. Zwischenspeicher, welche zur Durchführung eines Verfahrens geeignet sind,
  77. zur Herstellung eines Formteils mit mindestsens zwei Gefügebereichen unterschiedlicher Duktilität aus einem Halbzeug (1), insbesondere einer Platine, aus härtbarem Stahl mit einer Erwärmung in einem Durchlaufofen (2) und einem Härteprozess, wobei das Halbzeug (1) in dem Durchlaufofen (2) auf Austenitisierungstemperatur erwärmt wird, nachfolgend ein erster Teilbereich (4) des Halbzeugs (1) auf eine Temperatur gekühlt wird, bei welcher das Gefüge des Teilbereichs in ferritisches-perlitisches Gefüge umgewandelt wird, während ein zweiter Teilbereich (5) des Halbzeugs (1) auf Austenitisierungstemperatur gehalten wird, nachfolgend das Halbzeug (1) in einem Presshärtewerkzeug (6) zu dem Formteil umgeformt und vergütet wird, bei dem das Halbzeug (1) nach Durchlauf durch den Durchlaufofen (2) mit dem zweiten Teilbereich (5) in eine Kammer eines Zwischenspeichers (7), insbesondere eines Pufferofens (8) eingelegt und dort gelagert wird, wobei der Zwischenspeicher den zweiten Teilbereich (5) auf Austenitisierungstemperatur hält, während der erste Teilbereich (4) aus der Kammer des Zwischenspeichers (7), insbesondere des Pufferofens (8) vorragt und dieser vorragende Bereich an Luft oder mit Luft auf die Temperatur gekühlt wird, bei welcher das ferritisch-perlitische Gefüge gebildet wird, nachfolgend das Halbzeug (1) aus dem Zwischenspeicher (7), insbesondere dem Pufferofen (8) entnommen und dem Presshärtewerkzeug (6) zum Zwecke des Umformens und Vergütens übergeben wird;
  78. – EP 2 365 XXX B1 – mittelbare Verletzung des Verfahrensanspruchs 1 –
  79. gewerblichen Abnehmern im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder an solche zu liefern;
  80. hilfsweise:
  81. Zwischenspeicher, welche zur Durchführung eines Verfahrens geeignet sind,
  82. zur Herstellung eines Formteils mit mindestsens zwei Gefügebereichen unterschiedlicher Duktilität aus einem Halbzeug (1), insbesondere einer Platine, aus härtbarem Stahl mit einer Erwärmung in einem Durchlaufofen (2) und einem Härteprozess, wobei das Halbzeug (1) in dem Durchlaufofen (2) auf Austenitisierungstemperatur erwärmt wird, nachfolgend ein erster Teilbereich (4) des Halbzeugs (1) auf eine Temperatur gekühlt wird, bei welcher das Gefüge des Teilbereichs in ferritisches-perlitisches Gefüge umgewandelt wird, während ein zweiter Teilbereich (5) des Halbzeugs (1) auf Austenitisierungstemperatur gehalten wird, nachfolgend das Halbzeug (1) in einem Presshärtewerkzeug (6) zu dem Formteil umgeformt und vergütet wird, bei dem das Halbzeug (1) nach Durchlauf durch den Durchlaufofen (2) mit dem zweiten Teilbereich (5) in eine Kammer eines Zwischenspeichers (7), insbesondere eines Pufferofens (8) eingelegt und dort gelagert wird, wobei der Zwischenspeicher den zweiten Teilbereich (5) auf Austenitisierungstemperatur hält, während der erste Teilbereich (4) aus der Kammer des Zwischenspeichers (7), insbesondere des Pufferofens (8) vorragt und dieser vorragende Bereich an Luft oder mit Luft auf die Temperatur gekühlt wird, bei welcher das ferritisch-perlitische Gefüge gebildet wird, nachfolgend das Halbzeug (1) aus dem Zwischenspeicher (7), insbesondere dem Pufferofen (8) entnommen und dem Presshärtewerkzeug (6) zum Zwecke des Umformens und Vergütens übergeben wird;
  83. – EP 2 365 XXX B1 – mittelbare Verletzung des Verfahrensanspruchs 1 –
  84. gewerblichen Abnehmern im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder an solche zu liefern;
  85. ohne im Falle des Anbietens und des Lieferns ausdrücklich und unübersehbar darauf hinzuweisen, dass die Zwischenspeicher nicht ohne Zustimmung der Klägerin als Inhaberin des deutschen Teils des Europäischen Patents EP 2 365 XXX B1 mit einem Durchlaufofen verwendet werden dürfen;
  86. 2. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses in elektronischer Form vollständig darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagte die zu Ziffer B.I.1 bezeichneten Handlungen seit dem 18.05.2016 begangen hat, und zwar unter Angabe
  87. a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer von an die Beklagte gelieferten Zwischenspeichern,
  88. b) der Menge der hergestellten und der ausgelieferten Zwischenspeicher,
  89. wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Rechnungen in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
  90. 3. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses in elektronischer Form vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte die zu Ziffer B.I.1 bezeichneten Handlungen seit dem 18.06.2016 begangen hat, und zwar unter Angabe
  91. a) der einzelnen Lieferungen von Zwischenspeichern gemäß Ziffer B.I.1, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Liefermengen, -zeiten und -preisen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
  92. b) der einzelnen Angebote von Zwischenspeichern gemäß Ziffer B.I.1, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
  93. c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Herstellungs- und Verbreitungsauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
  94. wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nicht-gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernimmt und ihn ermächtigt, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter nicht-gewerblicher Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist.
  95. B.II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die unter Ziffer B.I.1. bezeichneten, seit dem 18.06.2016 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
  96. Ferner beantragt die Klägerin, zur Ermöglichung der teilweisen Vollstreckung der zuerkannten Ansprüche jeweils Teilsicherheiten festzusetzen.
  97. Die Beklagte beantragt,
  98. die Klage abzuweisen;
  99. hilfsweise:
    den Rechtsstreit bis zur Entscheidung des Bundespatentgericht über die gegen das Klagepatent eingereichte Nichtigkeitsklage, welche beim Bundespatentgericht unter dem Aktenzeichen 7 Ni 15/20 (EP) geführt wird, auszusetzen;
  100. weiter hilfsweise:
    der Beklagten nachzulassen, die vorläufige Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung (Bank- oder Sparkassenbürgschaft) abzuwenden.
  101. Die Beklagte meint, sie verletze das Klagepatent weder unmittelbar noch mittelbar.
  102. Ein klagepatentgemäßer Durchlaufofen sei dadurch gekennzeichnet, dass an einer Seite des Ofens die Platine eingelegt und diese dann – nach Durchlaufen des Ofens – am entgegensetzten Ende wieder entnommen werde. Die Halbzeuge müssten also durch den Ofen transportiert und beim Durchlaufen erwärmt werden. Entsprechend verweise das Klagepatent in seiner Aufgabenstellung darauf, dass das Verfahren ohne Beeinflussung der Durchlaufgeschwindigkeit durch den Durchlaufofen durchführbar sein solle. Eine solche Durchlaufgeschwindigkeit könne nur bei einem Durchlaufofen existieren und unterscheide sich von der Erwärmungsgeschwindigkeit. Nur bei einem Durchlaufofen bestehe das vom Klagepatent angesprochene Problem, dass in regelmäßigen Abständen Platinen abgenommen werden müssen. Bei einem stationären Ofen könnten die Platinen hierin weiter gelagert werden.
  103. Das Verständnis eines Durchlaufofens belegten die Abs. [0014] und [0017] der Klagepatentbeschreibung sowie der (nebengeordnete) Vorrichtungsanspruchs 9. Der hierin verwendete Begriff „Stetigförderer“ beziehe sich nur auf eine kontinuierliche Bewegung als Unterschied zu „intermittierend“ oder auf eine Beförderung jeweils nur eines Halbzeugs. Klagepatentanspruch 1 erfasse dagegen beide Arten der Bewegung.
  104. Der Begriff des Durchlaufofens sei im Klagepatent auch nicht anders als nach dem allgemeinen Verständnis des Fachmanns definiert, wie es etwa in der X-Norm XXX zum Ausdruck komme.
  105. Bei dem angegriffenen Verfahren der Beklagten würden keine klagepatentgemäßen Durchlauföfen, sondern nur stationäre Öfen verwendet.
  106. Das Klagepatent verlange, dass der erste Teilbereich des Halbzeugs aus dem Zwischenspeicher hervorrage und zwar aus der Kammer, in die der zweite Teilbereich eingelegt sei. Der aus der Kammer vorragende Teil könne zwar noch im Zwischenspeicher gekühlt werden, dürfe aber nicht mehr in der Kammer sein, sondern müsse aus dieser vorragen. Das Klagepatent verlange eine klare räumliche Ausgestaltung und nicht nur eine temperaturdifferenzierte Erwärmung. Der erste Teilbereich müsse sich räumlich außerhalb der Kammer befinden. Ein Bauteil rage nicht bereits dann aus der Kammer hervor, wenn ein Teilbereich durch ein weiteres Bauteil in der Kammer gegen Wärme geschützt werde.
  107. Beim angegriffenen Verfahren rage kein Teilbereich des Halbzeugs aus der Kammer hervor. Die D-Box sei ein geschlossenes System, in welchem das Halbzeug vollständig eingelegt werde. Die Erzielung unterschiedlicher Temperaturbereiche durch eine Schablone in der D-Box sei eine Temperaturregelung innerhalb der Kammer. Das Vorhandensein von Abschottungsblechen genüge nicht für die Annahme einer Kammer. Würde man den mit einer Schablone abgeschirmten Bereich als Kammer auffassen, würde eine Verwirklichung des Merkmals daran scheitern, dass der gekühlte Teilbereich des Halbzeugs nicht aus der Kammer hervorrage, sondern sich in der Kammer befinde.
  108. Wie bereits die Aufgabe durch Verweis auf den Taktrhythmus des Presswerkzeugs und die Durchlaufgeschwindigkeit des Durchlaufofens verdeutliche, gehe es dem Klagepatent um die Einbettung der einzelnen Verfahrensschritte im Rahmen des Gesamtverfahrens. Nach dem Vorbringen der Klägerin ermögliche die Erfindung über den Einsatz eines Zwischenspeichers den Takt des Durchlaufofens vom Takt des Durchlaufofens und dem des Presshärtewerkzeugs zu entkoppeln. Daher müsse der Zwischenspeicher dazu in der Lage sein, mehrere Halbzeuge aufzunehmen.
  109. Dagegen weise die D-Box nur ein Fach auf, so dass eine Entkoppelung nicht möglich sei. Anders als die Klägerin behaupte, sei es bei den angegriffenen Ausführungsformen nicht möglich, den Zeitraum im Bereich des Zwischenspeichers beliebig anzupassen und sowohl eine deutlich kürzere als auch eine deutlich längere Verweilzeit im Zwischenspeicher vorzusehen. Es sei nicht ersichtlich, was die Klägerin mit dem Verweis auf das Vorhandensein von vier Einheiten (D-Boxen) bei der Beklagten bezwecke.
  110. Es fehle an einem substantiierten Vorwurf der mittelbaren Patentverletzung. Die eigene Benutzung der D-Box sei keine Handlung, die zu einer mittelbaren Patentverletzung führe. Der „XXX“ mit einer Läge von 55 m (S. 24 Anlage rop 8) ohne einen anderen Rollenoffen sei – insoweit unstreitig – bei der Beklagte nie in Betrieb oder geplant gewesen oder auch nur ihr gegenüber angeboten worden. Die in den Anlagen rop 10 – 13 vorgelegten Unterlagen stammten nicht von der Beklagten, sondern von C, die ihre Anlagen alleine und selbstverantwortlich anbiete. Der Name der Beklagten tauche auf einer Präsentation der Firma C nur auf, weil sich die Folien auf eine Versuchsanlage mit einem stationären Ofen bezögen, die von C bei der Beklagten aufgebaut wurde und deren Daten verwendet worden seien. Diese Anlage habe aber nichts mit einem Rollenofen zu tun. Die Lizenzierung des Lizenzpatents an C sei kein Anbieten. Die Lizenzierung beziehe sich nicht auf ein konkretes Produkt.
  111. Die Beklagte trägt vor, ein Schlechthin-Verbot der D-Box sei nicht statthaft, da diese – wie bei der Beklagten – patentfrei mit einem stationären Ofen verwendet werden könne.
  112. Hilfsweise sei der Rechtsstreit bis zur Entscheidung des Bundespatentgericht über die gegen das Klagepatent eingereichte Nichtigkeitsklage auszusetzen. Bei der von der Klägerin vertretenen Auslegung sei Anspruch 1 von den Entgegenhaltungen DE 102 XX XXX (Anlage B 9; K5), EP 1 XXX XXX (Anlage B 8) und EP 2 XXX XXX (Anlage rop 5; K8) neuheitsschädlich getroffen.
  113. Für die Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die ausgetauschten Schriftsätze samt Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
  114. Entscheidungsgründe
  115. Die zulässige Klage ist teilweise begründet, teilweise unbegründet. Eine unmittelbare Patentverletzung lässt sich nicht feststellen, so dass der Klägerin die unter A. geltend gemachten Ansprüche nicht zustehen (hierzu unter II.). Jedoch verletzt die Beklagte das Klagepatent mittelbar (hierzu unter III.), so dass der Klägerin die unter B. geltend gemachte Ansprüche aus Art. 64 EPÜ i.V.m. §§ 139 Abs. 1, Abs. 2, 140b PatG, §§ 242, 259 BGB teilweise zustehen (hierzu unter IV.). Im Rahmen des der Kammer nach § 148 ZPO zustehenden Ermessens wird die Verhandlung des Verfahrens nicht im Hinblick auf das Nichtigkeitsverfahren ausgesetzt (hierzu unter V.).
  116. I.
    Das Klagepatent, dem die nachfolgend ohne Quellenangabe zitierten Absätze entstammen, betrifft unter anderem ein Verfahren zur Herstellung eines Formteiles mit mindestens zwei Gefügebereichen unterschiedlicher Duktilität aus einem Halbzeug aus härtbarem Stahl.
  117. Das Verfahren umfasst die Erwärmung des Halbzeugs in einem Durchlaufofen und einem Härteprozess, wobei das Halbzeug in dem Durchlaufofen auf Austenitisierungstemperatur erwärmt wird, nachfolgend ein erster Teilbereich des Halbzeugs auf eine Temperatur gekühlt wird, bei welcher das Gefüge des Teilbereichs in ferritisches-perlitisches Gefüge umgewandelt wird, während ein zweiter Teilbereich des Halbzeugs auf Austenitisierungstemperatur gehalten wird. Nachfolgend wird das Halbzeug in einem Presshärtewerkzeug zu dem Formteil umgeformt und vergütet (Abs. [0001]).
  118. 1.
    In seiner einleitenden Beschreibung schildert das Klagepatent, dass aus der EP 1 180 XXX B1 eine B-Säule als Karosseriekomponente für ein Kraftfahrzeug bekannt ist. Diese ist als B-Säule in Form eines Längsprofils ausgestaltet, das einen ersten Längenabschnitt mit einem überwiegend martensitischen Werkstoffgefüge und einer Festigkeit über 1.XXX N/mm² und einen zweiten Längenabschnitt höherer Duktilität mit einem überwiegend ferritisch-perlitischen Werkstoffgefüge und einer Festigkeit von unter 850 N/mm² aufweist (Abs. [0002]). Das entsprechende Werkstück besitzt für in der Automobiltechnik erwünschte Eigenschaften (Abs. [0003]).
  119. Weiterhin ist aus der DE 19 XXX XXX C2 ein Verfahren zur Herstellung eines metallischen Formbauteiles für Kraftfahrzeugkomponenten bekannt, welches Bereiche mit höherer Duktilität aufweist. Bei diesem Verfahren wird eine Platine aus geeignetem Stahl zur Verfügung gestellt, die in partiellen Bereichen, die beim fertigen Formbauteil eine höhere Festigkeit als das übrige Bauteil aufweisen sollen, in einer Zeit von weniger als 30 Sekunden auf eine Temperatur zwischen 600°C und 900°C gebracht wird. Anschließend wird die wärmebehandelte Platine in einem Pressenwerkzeug zum Formbauteil umgeformt und hierin auch vergütet (Abs. [0004]).
  120. Nach einer weiteren Verfahrensweise wird eine Platine zunächst pressformtechnisch vor- oder endgeformt; anschließend werden partielle Bereiche des Zwischen- oder Formbauteiles in der oben beschriebenen Weise wärmebehandelt. Die Bereiche weisen dann gegenüber dem übrigen Bauteil eine wesentlich höhere Festigkeit auf. Die Vergütung kann im Presswerkzeug vorgenommen werden mit reduzierten oder sogar ohne Formoperationen. Gegebenenfalls findet nur ein Nachpressen statt.
  121. Eine weitere Verfahrensweise ist in dieser Druckschrift beschrieben, wobei dann die Platine zunächst komplett auf eine Temperatur zwischen 900°C und 950°C homogen erwärmt wird, in einem Pressenwerkzeug zum Formbauteil umgeformt und anschließend vergütet wird. Danach wird eine gezielte partielle Erhöhung der Duktilität des Formbauteiles in gewünschten Bereichen durch partielles Nachwärmen vorgenommen (Abs. [0005]). Diese Verfahrensweise kritisiert das Klagepatent als relativ aufwendig (Abs. [0006]).
  122. In der DE 102 56 XXX B3, vorgelegt in Anlage rop 3, ist ein weiteres Verfahren zur Herstellung eines solchen Formbauteiles beschrieben. Hierbei wird das zu erwärmende Halbzeug während des Transports durch einen Durchlaufofen, der in zwei unterschiedliche Temperaturzonen getrennt ist, gefördert, so dass in einem Teilbereich eine relativ hohe Temperatur und in einem anderen Teilbereich eine relativ niedrige Temperatur zur Verfügung gestellt wird. Nachfolgend wird dieses Bauteil in ein Warmform-Härtewerkzeug eingebracht, um das fertige Bauteil mit entsprechender Gefügeausbildung zu erzeugen (Abs. [0007]). Hieran kritisiert das Klagepatent, dass es bei einer derartigen Ausgestaltung schwierig ist, Bauteile mit unterschiedlich langen ersten und zweiten Bereichen auszubilden, da die Trennung der Temperaturbereiche im Regelfall durch eine im Durchlaufofen vorgesehene Trennwand erfolgt, die nur mit großem Aufwand versetzbar ist, um unterschiedlich ausgebildete Teile zu erzeugen (Abs. [0008]).
  123. Das Klagepatent führt weiter aus, dass aus der DE 10 2006 XXX XXX A1 (Anlage rop 4) ein Verfahren ähnlicher Art bekannt ist. Hierbei wird eine Platine oder ein Halbzeug auf Austenitisierungstemperatur erwärmt und anschließend in ein Umformwerkzeug mit einer Presse eingelegt. Das Formen des Halbzeugs und Abschrecken des Halbzeugs erfolgt durch den Kontakt mit dem Umformwerkzeug. Dabei werden Bereiche des Halbzeugs, die während des Formens Tiefziehkräfte übertragen müssen, nach dem Erwärmen auf eine Temperatur über Austenitisierungstemperatur und vor dem Kontakt der entsprechenden Bereiche mit dem Umformwerkzeug dosiert abgekühlt, ohne dass dabei in den Bereichen die zum Härten notwendige Abkühlgeschwindigkeit erreicht wird. Das Halbzeug wird anschließend geformt und im Umformwerkzeug gehärtet (Abs. [0009). Aus Sicht des Klagepatents ist diese Verfahrensweise zwar zielführend, jedoch relativ aufwendig und schwer beherrschbar (Abs. [0010]).
  124. Schließlich ist aus der DE 10 2006 018 XXX A1 ein Verfahren zum Erwärmen von Werkstücken bekannt, wobei dem Werkstück über einen Zeitraum Wärme zugeführt wird. Während der Erwärmung wird von einem ausgewählten Abschnitt des Werkstücks Wärme abgeführt, so dass die während des Erwärmungszeitraums in dem ausgewählten Abschnitt erreichte Temperatur unter der vorgegebenen Temperatur bleibt. Hieran kritisiert das Klagepatent ebenfalls den Aufwand und den Energieverbrauch, da die aufgebrachte Energie teilweise direkt wieder abgeführt werden muss (Abs. [0011]).
  125. Die DE 102 08 XXX C1 wiederum offenbart ein Verfahren zum Herstellen eines gehärteten Bauteils mit zwei unterschiedlichen Gefügestrukturen. Hierbei wird das Bauteil zunächst auf Austenitisierungstemperatur erwärmt und dann einem Härteprozess zugeführt. Auf dem Transportweg, z.B. auf einem Förderband, wird ein erster Bereich auf eine Temperatur oberhalb der Martensit-Starttemperatur abgeschreckt und dann auf dieser gehalten, so dass sich ein perlitisch-ferritisches Gefüge bildet. Ein zweiter Bereich wird auf Austenitisierungstemperatur gehalten. Schließlich wird das Werkstück insgesamt gehärtet, was ggf. in einem Formwerkzeug geschieht (Abs. [0012]).
  126. Die US 2007/XXX A1 zeigt einen Ofen zum Erhitzen von Stahlblechen. Dieser umfasst eine Mehrzahl von übereinander angeordneten Ebenen, von denen jede ein Stahlblech aufnehmen kann. In jeder Ebene ist auch ein Transportmechanismus zum Bewegen des Blechs während des Heizvorgangs vorgesehen. An gegenüberliegenden Seiten des Ofens können eine Be- und eine Entladevorrichtung vorgesehen sein, die vertikal verfahrbar sind, um Bleche in horizontaler Richtung in eine beliebige Ebene hinein- bzw. aus dieser herauszufördern (Abs. [0013]).
  127. Schließlich offenbart die EP 2 110 XXX A2 (Anlage rop 5) ein Verfahren zum Erwärmen eines Blechwerkstücks in einem Durchlaufofen, wobei das Werkstück nach vollständigem Erwärmen soweit aus dem Ofen heraus bewegt wird, dass sich ein Teilbereich des Werkstücks abkühlt (Abs. [0014]).
  128. Das Klagepatent bezeichnet es ausgehend von dem dargestellten Stand der Technik als seine Aufgabe, ein Verfahren zur Verfügung zu stellen, welches gut beherrschbar ist, energiegünstig betrieben werden kann und eine Behandlung und Formung von entsprechenden Halbzeugen oder Platinen im Taktrhythmus des Presshärtewerkzeuges ohne Beeinflussung der Durchlaufgeschwindigkeit durch den Durchlaufofen ermöglicht (Abs. [0015]).
  129. 2.
    Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent ein Verfahren nach Maßgabe von Patentanspruch 1 vor, der sich in Form einer Merkmalsgliederung wie folgt darstellen lässt:
  130. 1 Verfahren zur Herstellung eines Formteiles.
  131. 1.1 Das Formteil umfasst mindestens zwei Gefügebereiche unterschiedlicher Duktilität und wird aus einem Halbzeug (1), insbesondere einer Platine, aus härtbarem Stahl hergestellt.
  132. 1.2 Das Verfahren umfasst eine Erwärmung in einem Durchlaufofen (2) und einen Härteprozess.
  133. 1.3 Das Halbzeug (1) wird in dem Durchlaufofen (2) auf Austenitisierungstemperatur erwärmt.
  134. 2 Nachfolgend:
  135. 2.1 Das Halbzeug (1) wird nach Durchlauf durch den Durchlaufofen (2) mit dem zweiten Teilbereich (5) in eine Kammer eines Zwischenspeichers (7), insbesondere eines Pufferofens (8) eingelegt und dort gelagert, wobei der Zwischenspeicher (7) den zweiten Teilbereich (5) auf Austenitisierungstemperatur hält.
  136. 2.2 Der erste Teilbereich (4) ragt währenddessen aus der Kammer des Zwischenspeichers (7), insbesondere des Pufferofens (8), vor, wobei dieser vorragende Bereich an Luft oder mit Luft auf die Temperatur gekühlt wird, bei welcher das Gefüge des [ersten] Teilbereichs in ferritisches-perlitisches Gefüge umgewandelt wird.
  137. 3 Nachfolgend:
  138. 3.1 Das Halbzeug (1) wird aus dem Zwischenspeicher (7), insbesondere dem Pufferofen (8) entnommen.
  139. 3.2 Das Halbzeug wird dem Presshärtewerkzeug (6) zum Zwecke des Umformens und Vergütens übergeben.
  140. 3.3 Das Halbzeug (1) wird in einem Presshärtewerkzeug (6) zu dem Formteil umgeformt und vergütet.
  141. 3.
    Klagepatentanspruch 1 schützt ein Verfahren, bei dem aus einem Halbzeug aus härtbaren Stahl ein Formteil mit mindestens zwei Gefügebereichen hergestellt wird, wobei die Gefügebereiche jeweils eine unterschiedliche Duktilität aufweisen.
  142. a)
    Das beanspruchte Verfahren besteht aus drei Schritten:
  143. Zunächst wird das Halbzeug in einem Durchlaufofen auf Austenitisierungstemperatur erhitzt (Merkmal 1.3)
  144. Im zweiten Schritt wird das Halbzeug einem zweiten Wärmebehandlungsschritt unterzogen, wobei der erste Teilbereich so gekühlt wird, dass das Gefüge dieses Teilbereichs in ferritisches-perlitisches Gefüge umgewandelt wird (Merkmal 2.2), während der zweite Teilbereich des Halbzeugs auf Austenitisierungstemperatur gehalten wird (Merkmal 2.1). Hierzu soll der zweite Teilbereich in die Kammer eines Zwischenspeichers eingelegt und dort gelagert werden, während der erste Teilbereich aus der Kammer des Zwischenspeichers hervorragt und der vorragende Bereich an Luft oder mit Luft gekühlt wird.
  145. Im dritten und letzten Schritt wird das Halbzeug dem Zwischenspeicher entnommen und einem Presshärtewerkzeug übergeben, von dem es umgeformt und vergütet wird (Merkmalsgruppe 3).
  146. b)
    Die beiden Gefügebereiche unterschiedlicher Duktilität entstehen also dadurch, dass im zweiten Verfahrensschritt ein Teilbereich von der Kammer des Zwischenspeichers auf Austenitisierungstemperatur gehalten wird, während der zweite Teilbereich aus der Kammer des Zwischenspeichers vorragt und auf eine Temperatur gekühlt wird, bei der in diesem Teilbereich ein ferritisches-perlitisches Gefüge entsteht.
  147. 4.
    Vor dem Hintergrund des Streits der Parteien bedürfen verschiedene Begriffe bzw. Merkmale in Klagepatentanspruch 1 der näheren Erörterung.
  148. a)
    Der im ersten Verfahrensschritt vom Halbzeug zu durchlaufende Durchlaufofen (Merkmale 1.2, 1.3 und 2.1) ist klagepatentgemäß ein Ofen, bei dem das Halbzeug auf einer Seite eingelegt werden kann, dann beim Durchlaufen des Ofens erhitzt wird und anschließend auf einer anderen Seite entnommen werden kann oder aus derselben Öffnung, wenn während des Transport eine Wendung stattfindet. Nicht vom Schutzbereich des Klagepatents sind dagegen Öfen umfasst, bei denen das Halbzeug eingelegt, im Ofen erhitzt und ohne Bewegung im Ofen wieder durch dieselbe Öffnung entnommen wird („stationäre Öfen“).
  149. aa)
    In dem Durchlaufofen soll das Halbzeug auf Austenitisierungstemperatur erwärmt werden (Merkmal 1.3). Diese Funktion könnte zwar auch grundsätzlich von einem normalen Ofen ausgeübt werden. Jedoch darf eine funktionale Betrachtung nicht dazu führen, dass ein räumlich-körperliches Merkmal auf seine bloße Funktion reduziert wird, so dass die Auslegung mit den räumlich-körperlichen Vorgaben des Merkmals nicht mehr in Einklang zu bringen ist (BGH, GRUR 2016, 921 Rn. 29 f. – Pemetrexed; Meier-Beck, GRUR 2003, 905, 906). Der Fachmann, bei dem es sich hier um einen Hochschulabsolvent des Maschinenbaus mit mehrjähriger Berufserfahrung im Bereich der umformtechnischen Fertigung von Bauteilen aus Stahlblech handelt (so auch das BPatG im Hinweis, S. 4 Anlage rop 19), erkennt vielmehr, dass der Begriff „Durchlaufofen“ mit einer bestimmten räumlich-körperlichen Gestaltung verbunden ist. Diese würde verloren gehen, wenn „Durchlaufen“ nur bezeichnen würde, dass ein Gegenstand in dem Ofen erwärmt wird, da eine solche breite Definition letztlich jeden Ofen erfassen würde. Der Anspruchswortlaut lässt aber gerade nicht offen, in welchem Ofen das Halbzeug erwärmt werden soll, sondern verlangt spezifisch einen „Durchlaufofen“.
  150. Das dargestellte Verständnis liegt auch der gesamten Beschreibung des Klagepatents zugrunde. Das Klagepatent geht gerade von einem Ofen aus, durch den die Halbzeuge hindurch transportiert werden. Bereits die in Abs. [0015] geschilderte Aufgabe zielt darauf ab, ein Verfahren bereitzustellen, bei der die Behandlung der Halbzeuge im Taktrhythmus des Presshärtewerkezugs „ohne Beeinflussung der Durchlaufgeschwindigkeit durch den Durchlaufofen“ möglich ist. Das Klagepatent geht also davon aus, dass die Halbzeuge den Ofen in einer bestimmten Geschwindigkeit durchlaufen, also durch diesen transportiert werden. Das Durchlaufen ist hier ersichtlich nicht als Erwärmungszeitraum, sondern als räumlicher Transport zu verstehen. Auch Abs. [0011] belegt, dass die Durchlaufgeschwindigkeit nicht mit der Erwärmungszeit gleichzusetzen ist. Weiterhin spricht das Klagepatent in der allgemeinen Vorteilsbeschreibung davon, dass erfindungsgemäß „der Durchlaufofen kontinuierlich in üblicher Geschwindigkeit betrieben werden“ könne (Abs. [0017]), womit die Transportgeschwindigkeit und keine Erwärmungszeit gemeint ist.
  151. Als Vorteil der anspruchsgemäßen Lehre führt das Klagepatent weiterhin in Abs. [0XXX] aus, dass mit dem Verfahren „eine kontinuierliche Abnahme von Halbzeug von dem Durchlaufofen erfolgen kann und die Entnahme der Halbzeugteile taktmäßig entsprechend der gewünschten Abkühlung an das Härtewerkzeug erfolgen kann, ohne dass die Geschwindigkeit des Durchlaufofens reduziert werden müsste“. Eine reduzierbare Geschwindigkeit des Durchlaufofens kann sich aber kaum auf einen Ofen beziehen, in dem die Halbzeuge eingelegt, aber nicht hindurchtransportiert werden.
  152. bb)
    Dies entspricht auch dem allgemeinen (Fach-) Verständnis. Der allgemeine Sprachgebrauch hat zwar für die Ermittlung des maßgeblichen technischen Sinngehalts (vgl. BGH, GRUR 1999, 902, 912 – Spannschraube) des Anspruchs bzw. Merkmals keine abschließende Bedeutung; auf ihn darf bei der Patentauslegung nichts desto trotz zurückgegriffen werden, weil in der Regel Begriffe mit ihrem (auf dem betroffenen Fachgebiet) üblichen Inhalt verwendet werden (vgl. BGH, GRUR, 2016, 169 Rn. 17 – Luftkappensystem, OLG Düsseldorf, Urteil vom 26.10.2017 – I-15 U 95/16). Weichen Begriffe in den Schutzansprüchen vom allgemeinen technischen Sprachgebrauch ab, was bei entsprechenden Hinweisen in der Patentschrift zu prüfen ist, ist der sich aus den Patentansprüchen und der Beschreibung ergebende Begriffsinhalt maßgebend (BGH, GRUR 2005, 754 – werkstoffeinstückig; BGH, GRUR 1999, 909, 911 – Spannschraube). Vorliegend entspricht aber der allgemeine Sprachgebrauch dem Verständnis des Klagepatents eines Durchlaufofens als Ofen, bei dem das zu erwärmende Gut während der Erwärmung transportiert wird, wie die Beklagte mit Verweis auf die VDMA-Norm XXX (Anlage B 17) dargetan hat.
  153. cc)
    Dieses Verständnis sieht der Fachmann durch die Diskussion des Standes der Technik in der einleitenden Beschreibung des Klagepatents bestätigt. Anhaltspunkte für das Verständnis eines Merkmals können sich auch daraus ergeben, dass das Patent von einer bestimmten, vorbekannten Konstruktion ausgeht, diese als vorteilhaft ansieht und für die Erfindung beibehalten will (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 30.10.2016 – I-15 U 30/14; OLG Düsseldorf, Urteil vom 15.08.2019 – I-15 U 11/18). Das Klagepatent benutzt den Begriff des Durchlaufofens in Bezug auf den in den Abs. [0007] f. diskutierten Stand der Technik DE 102 56 XXX B3 (Anlage rop 3). Bei dem hierin gezeigten Durchlaufofen werden die Bauteile durch den Ofen transportiert (Abs. [0007]). Das Klagepatent kritisiert nicht den Transport durch den Ofen, sondern die Schwierigkeiten, hier zwei Gefügebereiche mit unterschiedlichen Längen vorzusehen (Abs. [0008]). Die Lösung des Klagepatents liegt nicht in der Abkehr vom Transport des Halbzeugs durch den Durchlaufofen, sondern in einem zusätzlichen Zwischenspeicher zur Ausbildung von zwei Gefügebereichen.
  154. Auch in Bezug auf die EP 2 110 XXX A2 (Abs. [0014]) bezeichnet das Klagepatent als Durchlaufofen einen Ofen, bei dem das Werkstück durch den Ofen transportiert wird. Wiederum übt das Klagepatent an dem Transport durch den Ofen keine Kritik.
  155. Ein anderes Verständnis ergibt sich auch nicht aus der Erörterung der US 2007/XXX A1, deren Prioritätsschrift DE 10 2006 XXX 781 als Anlage rop 7 von der Klägerin vorgelegt wurde. Das Klagepatent benutzt in diesem Zusammenhang den Begriff des Durchlaufofens nicht.
  156. dd)
    Weitere Bestätigung findet dieses Verständnis in der Erteilungsakte. Zwar kann die Erteilungsakte zur Auslegung nicht unmittelbar herangezogen werden, da sie in Art. 69 EPÜ (bzw. § 14 PatG) nicht genannt ist. Äußerungen des Prüfers im Erteilungsverfahren können aber unter Umständen als Indizien für das Verständnis des Fachmannes berücksichtigt werden, worauf eine Auslegung alleine aber nicht gestützt werden darf (BGH, GRUR 2016, 921 Rn. 39 – Pemetrexed). Gleiches gilt für Äußerungen des Patentinhabers. Sie können allenfalls indiziell das Verständnis des Fachmanns belegen (vgl. BGH, GRUR 2016, 921 – Pemetrexed; OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.01.2018 – I-15 U 66/17 – Rn. 49 bei Juris).
  157. Eine solche indizielle Bestätigung des Auslegungsergebnisses kann hier dem Erteilungsverfahren entnommen werden. Die fachmännischen Äußerungen des Prüfers und der Klägerin bestätigen einen Unterschied zwischen einem Durchlaufofen und einem normalen Ofen ohne Durchtransport des zu erwärmenden Gegenstands. So hat der Prüfer im Erteilungsverfahren des Klagepatents im Bescheid nach Anlage B 11 (S. 3 Ziffer 2.2) ausgeführt, die angemeldete Lehre von Anspruch 1 unterscheide sich von der D1 (= DE 102 08 XXX) dadurch, dass die D1 „nicht explizit erwähnt, ob die Erwärmungseinrichtung ein Durchlaufofen ist“. Auch hat die Klägerin als Anmelderin des Klagepatents im Erteilungsverfahren mit Schreiben vom 11.02.2014 die angemeldete Lehre von der D1 mit dem Argument abgegrenzt, der dortige Ofen sei kein Durchlaufofen.
  158. ee)
    Dagegen trägt der Vorrichtungsanspruch 9 zum Verständnis des Begriffs des Durchlaufofens im hier zu erörternden Anspruch 1 nichts bei, da der Vorrichtungsanspruch 9 unabhängig neben Verfahrensanspruch 1 steht.
  159. b)
    Weiterhin bedarf der Erörterung, was das Klagepatent unter der „Kammer des Zwischenspeichers“ in den Merkmalen 2.1 und 2.2 versteht. Nach diesen Merkmalen soll der zweite Teilbereich des Halbzeugs in eine Kammer des Zwischenspeichers eingelegt und dort auf Austenitisierungstemperatur gehalten werden (Merkmal 2.1), während der erste Teilbereich aus der Kammer des Zwischenspeichers vorragen soll (Merkmal 2.2). Der vorragende Teil soll an Luft oder mit Luft auf die Temperatur gekühlt werden, bei dem das Gefüge des Teilbereichs in ferritisches-perlitisches Gefüge umgewandelt wird.
  160. Wie sich bereits unmittelbar aus dem Anspruch ergibt, ist Zweck der unterschiedlichen Lagerung, die zwei Teilbereiche des Halbzeugs unterschiedlichen Temperaturen auszusetzen, damit sich unterschiedliche Gefügebereiche bilden.
  161. aa)
    Klagepatentgemäß muss sich der erste Teilbereich außerhalb der Kammer befinden. Der Schutzbereich erfasst damit sowohl Ausgestaltungen, bei denen der erste Teilbereich noch innerhalb des Zwischenspeichers positioniert ist, als auch solche, bei denen sich der erste Teilbereich außerhalb der Kammer und zugleich außerhalb des Zwischenspeichers befindet. Entscheidend für die Lehre des Klagepatents ist das Erreichen unterschiedlicher Temperaturbereiche. Vor diesem Hintergrund ist kein funktionaler Grund erkennbar, warum der erste Teilbereich nicht außerhalb der Kammer, aber innerhalb des Zwischenspeichers gekühlt werden könnte.
  162. Der Anspruchswortlaut enthält auch keine Vorgabe, wonach der erste Teilbereich aus dem Zwischenspeicher ragen muss, sondern nur außerhalb der Kammer. Es findet sich im Klagepatent kein Ansatzpunkt dafür, dass diese Kammer den gesamten Zwischenspeicher ausfüllen muss. Der Zwischenspeicher muss klagepatentgemäß jedenfalls eine Kammer aufweisen. Die Größe der Kammer innerhalb des Zwischenspeichers bleibt aber dem Fachmann überlassen; dieser wird sie so wählen, dass der zweite Teilbereich des Halbzeugs hierin aufgenommen werden kann.
  163. Schließlich soll die Kühlung auf die Temperatur, bei der sich das ferritisch-perlitische Gefüge des ersten Teilbereichs bildet, nach Merkmal 2.2 „an Luft oder mit Luft“ erfolgen. Dies verdeutlicht, dass der erste Teilbereich vollständig aus dem Zwischenspeicher herausragen kann, wobei die Kühlung „an Luft“ erfolgt. Ebenso lässt das Klagepatent es aber auch zu, dass der Teilbereich innerhalb des Zwischenspeichers, aber außerhalb der Kammer „mit Luft“ auf die erforderliche Temperatur gebracht werden kann.
  164. Dieses Verständnis wird dadurch gestützt, dass nach Merkmal 3.1 das Halbzeug „aus dem Zwischenspeicher entnommen“ wird, was darauf hindeutet, dass auch der erste Teilbereich im Zwischenspeicher ist – eben nur nicht in der Kammer.
  165. Dagegen tragen Figuren 1 und 2 nichts zum Verständnis des Vorragens bei. Es ist nicht ersichtlich, dass diese Figuren nur Momentaufnahmen darstellen, bei denen der Augenblick gezeigt ist, in dem die Halbzeuge zum Presshärtewerkzeug transportiert werden. Vielmehr ist dargestellt, dass die Halbzeuge aus dem Zwischenspeicher (7) jeweils vorragen und sich mit einem Teilbereich an der freien Luft befinden. Auf das Verständnis der Zeichnung kommt es letztlich aber nicht an, da es sich hierbei um Ausführungsbeispiele handelt, auf die der weitere Wortsinn von Anspruch 1 nicht beschränkt werden kann (vgl. BGH, GRUR 2007, 778 – Ziehmaschinenzugeinheit; BGH, GRUR 2004, 1023 – Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung).
  166. bb)
    Unter einer Kammer versteht das Klagepatent einen definierten räumlichen Bereich innerhalb des Zwischenspeichers, in dem der zweite Teilbereich auf Austenitisierungstemperatur gehalten wird.
  167. Das Klagepatent verlangt in den Merkmalen 2.1 und 2.2 nicht lediglich unterschiedliche Temperaturbereiche für das Halbzeug, sondern, dass diese durch das räumlich-körperliche Einbringen in bzw. Vorragen aus der Kammer des jeweiligen Teilbereichs erreicht werden. Wie die Kammer im Zwischenspeicher gebildet ist, überlässt das Klagepatent allerdings dem Fachmann. Entscheidend ist, dass der Zwischenspeicher räumlich-körperlich so konstruiert ist, dass sich zwei Temperaturbereiche bilden lassen. Dies kann einerseits durch eine Gestaltung erreicht werden, bei der die Kammer nur eine Teilfläche des Zwischenspeichers bildet, aus dem der erste Teilbereich dann ragt; andererseits ist es klagepatentgemäß auch möglich, dass das Halbzeug so gelagert werden kann, dass der erste Teilbereich aus dem Zwischenspeicher – und damit auch aus der Kammer – vorragt. Besondere bauliche Anforderungen zum Aufbau der Kammer lassen sich dem Klagepatent nicht entnehmen. Diese muss insbesondere keine bestimmten Wände aufweisen.
  168. c)
    Entgegen dem Vorbringen der Beklagten erfordert es der Patentanspruch 1 nicht, dass der Zwischenspeicher über mehrere Fächer für Halbzeuge verfügt.
  169. Das Klagepatent schreibt im geltend gemachten Anspruch 1 hinsichtlich des Zwischenspeichers nur die vorstehend erörterte Kammer vor. Es findet sich dagegen im Anspruchswortlaut kein Hinweis darauf, dass der Zwischenspeicher mehrere Einlagefächer für (mehrere) Halbzeugteile aufweisen muss. Eine Ausgestaltung des Zwischenspeichers mit mehreren Einlagebereichen ist vielmehr Gegenstand von Unteranspruch 2, der Anspruch 1 dahingehend weiterentwickelt, dass der Zwischenspeicher „in seiner Ofenkammer mehrere Einlagebereiche für mehrere Halbzeugteile (1) aufweist, wobei die aus dem Durchlaufofen (2) zeitlich nacheinander abgenommenen Halbzeugteile (1) jeweils in einen der Einlagebereiche eingelegt werden und taktweise nach der teilweisen Kühlung an das Presshärtewerkzeug (6) übergeben werden“. Da der Anspruch 1 grundsätzlich breiter sein muss als der abhängige Anspruch 2, erkennt der Fachmann, dass die Zahl der Einlagefächer in Anspruch 1 gerade nicht vom Klagepatent vorgegeben ist. Auch wird eine solche Ausgestaltung in Abs. [0019] als besonders bevorzugt beschrieben, was zeigt, dass ein Zwischenspeicher mit mehreren Einlagebereichen nur eine vorteilhafte Weiterentwicklung der allgemeineren, von Patentanspruch 1 geschützten Lehre ist. Gleiches gilt für die in Abs. [0036] als bevorzugt erörterte Ausgestaltung des Zwischenspeichers mit mehreren Ablageplätzen für Halbzeugteile.
  170. Die in Abs. [0017] als Vorteil der Erfindung beschriebene Entkoppelung bezieht sich allgemein auf den Effekt des Zwischenspeichers. Denn soweit es in Abs. [0017] heißt,
  171. „Zudem ist sichergestellt, dass die Durchlaufgeschwindigkeit durch den Durchlaufofen nicht in zwingender Abhängigkeit mit der Übergabe an das Härtewerkzeug gekoppelt ist, sondern durch den Zwischenspeicher ist eine entsprechende zeitliche Abstimmung möglich, so dass der kontinuierliche Betrieb des Durchlaufofens und der taktweise Betrieb des Härtewerkzeuges leicht aneinander angepasst werden können.“,
  172. findet eine Entkoppelung auch bei einem Zwischenspeicher mit nur einem Fach statt. Statt unmittelbar vom Durchlaufofen zum Presshärtewerkzeug transportiert zu werden, ermöglicht das Dazwischenschalten eines weiteren Verfahrensschritts – nämlich im Zwischenspeicher – eine Veränderung der Taktung. Es mag sein, dass eine weitergehende Entkopplung nur erreicht werden kann, wenn der Zwischenspeicher über mehrere Einlagefächer verfügt. Dies ist aber für die Verwirklichung von Anspruch 1 nicht erforderlich, sondern vielmehr Gegenstand der Unteransprüche.
  173. II.
    Die Beklagte verletzt das Klagepatent nicht unmittelbar. Bei dem von ihr verwendeten Verfahren erfolgt die Erwärmung des Halbzeugs entgegen der Merkmale 1.2, 1.3 und 2.1 nicht in einem Durchlaufofen. Vielmehr werden in dem angegriffenen Verfahren unstreitig mehrere Ofenfächer eingesetzt, bei denen die Halbzeuge durch dieselbe Öffnung eingelegt und herausgenommen werden, ohne dass die Halbzeuge hierin bewegt werden. Es findet keine Erwärmung während des Transports innerhalb der Ofenfächer statt.
  174. III.
    Die Beklagte verletzt das Klagepatent aber mittelbar durch das Anbieten der (X) D-Box zur Verwendung mit einem Durchlaufofen in Form eines Rollenofens.
  175. Nach § 10 Abs. 1 PatG ist es jedem Dritten verboten, anderen als zur Benutzung der patentierten Erfindung berechtigten Personen Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen, zur Benutzung der Erfindung anzubieten oder zu liefern, wenn der Dritte weiß oder es auf Grund der Umstände offensichtlich ist, dass diese Mittel dazu geeignet und bestimmt sind, für die Benutzung der Erfindung verwertet zu werden.
  176. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Die D-Box bezieht sich auf ein wesentliches Element der Erfindung (hierzu unter 1.). Die Beklagte hat diese auch für die Benutzung in dem klagepatentgemäßen Verfahren angeboten (hierzu unter 2.).
  177. 1.
    Die D-Boxen sind Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung des Klagepatents beziehen.
  178. a)
    Ein Mittel bezieht sich auf ein Element der Erfindung, wenn es geeignet ist, mit einem solchen bei der Verwirklichung des geschützten Erfindungsgedankens funktional zusammenzuwirken (BGH, GRUR 2004, 758, 761 – Flügelradzähler). Da der Patentanspruch maßgeblich für den Umfang der geschützten Lehre ist, sind regel-mäßig alle im Patentanspruch benannten Merkmale wesentliche Elemente der Er-findung, soweit sie nicht ausnahmsweise zum erfindungsgemäßen Leistungsergebnis nichts beitragen (BGH, GRUR 2007, 769 – Pipettensystem). Im Zusammenhang mit einem Verfahrensanspruch bedeutet dies, dass eine im Patentanspruch genannte Vorrichtung, die zur Ausführung des Verfahrens verwendet wird, sich regelmäßig auf ein wesentliches Element der Erfindung bezieht (BGB, GRUR 2007, 773 – Rohrschweißverfahren).
  179. b)
    Bei den D-Boxen handelt es sich um Zwischenspeicher, welche mehrere Merkmale des beanspruchten Verfahrens ausführen können. Bei dem Einsatz einer (X) D-Box zusammen mit einem Durchlaufofen – wie dem in Anlage rop 8 dargestellten Rollenofen – werden alle Merkmale des Patentanspruchs 1 des Klagepatents verwirklicht.
  180. aa)
    Hierbei werden auch die Merkmal 2.1 und 2.2 verwirklicht, da die D-Box (als Zwischenspeicher) eine Kammer aufweist, aus der ein erster Teilbereich des Halbzeugs ragt, der im Einklang mit Merkmal 2.2 gekühlt wird, während der in der Kammer gelagerte zweite Teilbereich gemäß Merkmal 2.1 auf Austenitisierungstemperatur gehalten wird.
  181. Bei der D-Box sind diejenigen Bereiche als klagepatentgemäße Kammer anzusehen, die nicht von der Schablone über- und unterdeckt sind („hard zone“). Es ist unstreitig, dass die sich hierin eingelegte Bereiche des Halbzeugs – in Einklang mit Merkmal 2.1 – auf Austenitisierungstemperatur gehalten werden.
  182. Die Teilbereiche des Halbzeugs, die demgegenüber im Bereich der Schablone sind („soft zone“), ragen – wie von Merkmal 2.2 vorgesehen – aus der Kammer vor und werden unstreitig mit Luft auf eine Temperatur gekühlt, wodurch das Gefüge dieses Teilbereichs in ferritisches-perlitisches Gefüge umgewandelt wird.
  183. Es steht der Verwirklichung einer klagepatentgemäßen Kammer nicht entgegen, dass diese durch das Fehlen einer Schablone gebildet wird. Vielmehr reicht es aus, dass aufgrund des räumlich-körperlichen Fehlens der Schablone örtlich fest vorgegebene Areale existieren, in denen die von Merkmal 2.1 vorgesehene Lagerung und Temperaturbehandlung des zweiten Teilbereichs erfolgt. Weitere Anforderungen an die Kammer enthält Merkmal 2.1 nicht.
  184. bb)
    Es steht der Verwirklichung des Klagepatentanspruchs 1 nicht entgegen, dass in der D-Box nur ein Fach für ein Halbzeug vorhanden ist. Wie oben erläutert wurde, erfordert Anspruch 1 nicht, dass mehrere Fächer vorhanden sind.
  185. cc)
    Die Verwirklichung der übrigen Merkmale von Patentanspruch 1 bei der Verwendung der D-Box zusammen mit einem Durchlaufofen ist zwischen den Parteien zu recht unstreitig, so dass weitere Ausführungen nicht erforderlich sind.
  186. 2.
    Auch die übrigen Voraussetzungen der mittelbaren Patentverletzung sind gegeben, da die Beklagte die D-Boxen im mittäterschaftlichen Zusammenwirken mit der C im Sinne von § 10 Abs. 1 PatG anbietet.
  187. a)
    Das Anbieten ist in § 10 Abs. 1 PatG so wie bei § 9 PatG zu verstehen (OLG Karlsruhe, GRUR 2014, 59 – MP2-Geräte; Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 14. Aufl. 2022, Kap. A. Rn. 507). Ein dem Beklagten untersagtes Anbieten ist nicht nur eine dem Herstellen, Inverkehrbringen, Gebrauchen, Einführen oder Besitzen vorausgehende Vorbereitungshandlung, sondern eine eigenständige Benutzungsart neben diesen Handlungen, die selbstständig zu beurteilen ist (vgl. BGH, GRUR 2003, 1031, 1032 – Kupplung für optische Geräte; BGH, GRUR 2006, 927, 928 – Kunststoffbügel; BGH, GRUR 2007, 221, 222 – Simvastatin). Der Begriff des Anbietens umfasst jede im Inland begangene Handlung, die nach ihrem objektiven Erklärungswert den Gegenstand der Nachfrage in äußerlich wahrnehmbarer Weise zum Erwerb der Verfügungsgewalt bereitstellt (BGH, GRUR 2008, 927 – Kunststoffbügel; OLG Düsseldorf, Urteil vom 22.03.2019 – I-2 U 31/16 – Rn. 290 bei Juris; OLG Düsseldorf, Urteil vom 06.10.2016 – I-2 U 19/16 – Rn. 97 bei Juris). Ein Mittel hierzu ist auch die bloße Bewerbung eines Produkts im Internet, da dies bereits dazu bestimmt und geeignet ist, Interesse an dem beworbenen Gegenstand zu wecken und diesen betreffende Geschäftsabschlüsse zu ermöglichen (OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2007, 259, 261 – Thermocycler). Es kommt dagegen für eine Patentverletzung nicht darauf an, ob das Angebot Erfolg hat, es also nachfolgend zu einem Inverkehrbringen kommt (OLG Düsseldorf, GRUR 2004, 417, 418 – Cholesterinspiegelsenker).
  188. Wegen einer Patentverletzung passivlegitimiert kann auch der Mittäter sein. Die Annahme einer Mittäterschaft setzt eine gemeinschaftliche Tatbegehung und damit ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken voraus (BGH, GRUR 2012, 1279, 1283 m.w.N). Dieses Zusammenwirken muss sich auf eine Patentverletzung beziehen.
  189. b)
    Hiernach hat die Beklagte die (X) D-Box im Zusammenwirken mit der C für die klagepatentgemäße Verwendung mit einem Rollenofen angeboten. Dem Zusammenwirken steht nicht entgegen, dass die Beklagte keine (X) D-Box mit einem Rollenofen einsetzt und sie selbst keine derartigen Maschinen herstellt oder liefert. Vielmehr haftet die Beklagte für das gemeinsame Bewerben.
  190. aa)
    Ein solches Anbieten liegt in der Präsentation der beiden Unternehmen auf dem XX-Kolloquium im Jahre 2XXX. Im Tagungsband zu diesem Kolloquium (Anlage rop 13, S. 59) findet sich ein gemeinsamer Artikel von Mitarbeitern von C und der Beklagten, in dem die X D-Box mit einem XX Meter langen Rollenofen (J) zusammen dargestellt ist. Ohne weiteren Hinweis ist damit davon auszugehen, dass der Mitarbeiter der Beklagten auch für diese Darstellung verantwortlich ist. Eine Distanzierung der Beklagten von der Präsentation einer (X) D-Box in Verbindung mit einem Rollenofen ist nicht ersichtlich.
  191. Der Tagungsbeitrag stellt sich auch als Anbieten dar, da hierin die Vorteile der D-Boxen dargestellt werden, was geeignet ist, eine entsprechende Nachfrage zu wecken.
  192. Die Darstellung der D-Box mit dem Rollenofen im Tagungsband entspricht der auf S. 2X der Präsentation in Anlage rop 8, welche die Logos beider Unternehmen aufweist. Dabei handelt es sich um eine werbliche Darstellung einer Nutzung des geschützten Verfahrens, die zur Schaffung einer Nachfrage nach der D-Box geeignet ist. Soweit die Beklagte geltend macht, diese Präsentation sei nicht mit ihr abgestimmt gewesen, geht dies ins Leere. Die Beklagte ist jedenfalls nicht dagegen vorgegangen, dass ihr Logo in der Präsentation verwendet wird. Vielmehr wurde genau diese Darstellung auch im Tagungsband zum XXX-Kolloquium 2XXX verwendet.
  193. Soweit die Beklagte einwendet, sie habe nur Forschungsergebnisse bereitgestellt, welche zudem nur die patentfreie Verwendung der D-Box mit einem stationären Ofen beträfen, geht dies ins Leere. Zwar verletzen weder die patentfreie Nutzung der D-Box mit einem stationären Ofen noch die Weitergabe von hierdurch erzielten Forschungsergebnissen das Klagepatent. Nach dem objektiven Erklärungswert geht die Mitwirkung der Beklagten aber darüber hinaus, wie zum Beispiel der Tagungsbeitrag zeigt, für den sich die Beklagte (über ihren Mitarbeiter) insgesamt als verantwortlich zeigt. Dass die Darstellung der D-Box mit dem Rollenoffen alleine der C zuzurechnen sein könnte, kann dem Tagungsbeitrag nicht entnommen werden.
  194. bb)
    Der objektive Eindruck eines Anbietens (auch) seitens der Beklagten wird bestätigt dadurch, dass sie zusammen mit der C als Lizenzgeberin für die D-Box auftritt, wie etwa im Internetauftritt nach Anlage rop 11.
  195. Zwar stellt die Erteilung einer Lizenz am Lizenzpatent für sich genommen keine mittelbare Patentverletzung dar. Das Verschaffen eines Nutzungsrechts an einem Patent lässt sich ohne weitere Umstände nicht als Anbieten eines von einem anderen Patent geschützten Verfahrens ansehen. Denn die Nutzung der Lehre des Lizenzpatents führt nicht zwingend zur Verwendung des klagepatentgemäßen Verfahrens. Weiterhin ist die Lizenzierung alleine betrachtet nicht geeignet, die notwendige Bestimmung des Mittels (im Sinne von § 10 PatG) zu erfüllen.
  196. In der Gesamtschau liegt hier jedoch gleichwohl ein Anbieten vor. Die Aussage, die Unternehmen hätten vereinbart, OEM und anderen Zulieferern die Lizenzen zur Nutzung der D-Box-Technologie zu erteilen, lässt die Beklagte als Mitanbieterin dieses Produkts erscheinen. Den Zusammenhang mit der Verwendung eines Rollenofens stellt der Betrachter über die Präsentation in Anlage rop 8 oder dem Tagungsbeitrag in Anlage rop 13 her (die das Logo der Beklagten zeigt bzw. von ihrem Mitarbeiter stammt).
  197. Aus diesem Grunde steht es einem Anbieten nicht entgegen, dass in der Verlautbarung eine solche klagepatentgemäße Verwendung der D-Box nicht erwähnt ist. Es fehlt auch jeder Hinweis, dass die Beklagte nur für patentfreie Nutzungsmöglichkeiten als Werbende auftritt.
  198. 3.
    Die übrigen Voraussetzungen zur Qualifikation des Angebots als mittelbare Patentverletzung sind ebenfalls gegeben.
  199. Der von § 10 Abs. 1 PatG geforderte doppelte Inlandsbezug liegt vor. Es steht nicht in Streit, dass das Angebot der (X) D-Box auch an inländische Unternehmen zur Verwendung mit einem Rollenofen im Inland gerichtet ist. Dass die Anlage rop 8 in englischer Sprache verfasst ist, spricht dem nicht entgegen, da entsprechende Sprachkenntnisse in der deutschen Automobilzulieferindustrie angenommen werden können. Weiterhin waren unter den Teilnehmern des Kolloquiums in Deutschland zahlreiche inländische Unternehmen (vgl. die Teilnehmerliste in Anlage rop 12). Die Anlage rop 8 wurde auch auf einer Konferenz in Deutschland unter Anwesenheit verschiedener inländischer Unternehmen präsentiert (vgl. Anlage rop 10).
  200. Ebenfalls sind die subjektiven Voraussetzungen der mittelbaren Patentverletzung gegeben. Für die Beklagte ist jedenfalls offensichtlich, dass die (X) D-Box von Abnehmern für die Nutzung des geschützten Verfahrens durch Kombination mit einem Rollenofen verwendet wird. Auch die Eignung hierzu ist ihr bewusst.
  201. IV.
    Aus der festgestellten mittelbaren Patentverletzung ergeben sich die tenorierten Rechtsfolgen.
  202. 1.
    Die Beklagte ist der Klägerin gemäß Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 1 PatG zur Unterlassung verpflichtet, wobei die Verurteilung nur hinsichtlich der Benutzungsform des Anbietens erfolgt. Weiterhin war kein Schlechthin-Verbot auszusprechen.
  203. a)
    Eine Verurteilung zur Unterlassung wegen des Lieferns kommt nicht in Betracht, da nicht ersichtlich ist, dass die Beklagte D-Boxen geliefert hat. Insofern besteht auch keine Erstbegehungsgefahr, da die D-Boxen von der C eigenverantwortlich vertrieben werden. Es ist auch nicht ersichtlich, dass das Unternehmen der Beklagten Anlagen vertreibt.
  204. b)
    Die Beklagte war lediglich dazu zu verurteilen, beim Anbieten einen Warnhinweis aufzunehmen.
  205. aa)
    Welche Vorsorgemaßnahmen der Anbieter oder Lieferant eines Mittels, das sowohl patentverletzend als auch patentfrei verwendet werden kann, zu treffen hat, bestimmt sich nach Abwägung aller Umstände im Einzelfall. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Maßnahmen einerseits geeignet und ausreichend sein müssen, um Patentverletzungen mit hinreichender Sicherheit zu verhindern, andererseits den Vertrieb des Mittels zum patentfreien Gebrauch nicht in unzumutbarer Weise behindern dürfen (BGH, GRUR 2007, 679, 685 – Haubenstretchautomat m.w.N.). Als im Vergleich zum Schlechthinverbot mildere Maßnahmen zur Verhinderung von Patentverletzungen sind insbesondere Warnhinweise oder – subsidiär, falls ein Warnhinweis nicht ausreicht – der Abschluss von Unterlassungsverpflichtungs-Vereinbarungen (ggf. mit Strafbewehrung) mit Abnehmern vorranging zu prüfen (vgl. BGH, GRUR 2007, 679, 685 – Haubenstretchautomat).
  206. bb)
    Vorliegend war die Beklagte dazu zu verurteilen, ein Anbieten ohne Warnhinweis zu unterlassen. Ein Schlechthin-Verbot kommt nicht in Betracht, da für die D-Box eine patentfreie, wirtschaftlich relevante Nutzungsmöglichkeit besteht – namentlich mit einem stationären Ofen. Insbesondere erscheint eine Nutzung einer D-Box mit vier Ofenfächern zusammen mit einem Durchlaufofen fernliegend, da die Ofenfächer die Erwärmung bewerkstelligen.
  207. Soweit die Klägerin argumentiert, ein Schlechthin-Verbot sei gerechtfertigt, weil die Beklagte den Einsatz der D-Box mit einem Rollenofen prominent herausstelle, greift dies nicht durch. Zunächst ist die Art der Darstellung einer klagepatentgemäßen Nutzungsmöglichkeit nur insoweit für die Frage der gebotenen Maßnahme zur Verhinderung von Patentverletzungen erheblich, als die Herausstellung Rückschlüsse auf die wirtschaftliche Relevanz der patentfreien Nutzugsmöglichkeit des Mittels erlauben kann. Ein solcher Schluss ist aber hier nicht möglich. Bereits im Tatsächlichen ist ein solches Herausstellen der patentverletzenden Nutzungsmöglichkeit nicht erkennbar, vielmehr wird mindestens ebenso deutlich die Verwendung mit einem stationären Ofen dargestellt.
  208. 2.
    Die Beklagte hat der Klägerin Schadenersatz zu leisten (Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 2 PatG), denn als Fachunternehmen hätte sie die Patentverletzung durch das angegriffene Verfahren bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erkennen können, § 276 BGB.
  209. Für die Feststellung eines Schadensersatzanspruchs genügt bei der mittelbaren Patentverletzung, dass es zu einer mittelbaren Patentverletzungshandlung – auch „nur“ in Form eines Angebots – gekommen ist, da dann eine Wahrscheinlichkeit für eine Lieferung des Mittels und eine nachfolgende unmittelbare Patentverletzung besteht (Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 14. Aufl. 2022, Kap. D. Rn. 699). Dafür reicht es, wenn das Angebot der Beklagten zu einer Lieferung durch C geführt haben kann.
  210. Die genaue Schadenshöhe steht derzeit noch nicht fest. Da es jedoch ausreichend wahrscheinlich ist, dass es zu unmittelbaren Patentverletzungen gekommen ist und der Klägerin damit durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist und dieser von der Klägerin noch nicht beziffert werden kann, weil sie ohne eigenes Verschulden in Unkenntnis über den Umfang der Verletzungshandlungen ist, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadenersatzverpflichtung dem Grunde nach anzuerkennen, § 256 ZPO.
  211. 3.
    Zur Bezifferung des Schadensersatzanspruchs steht der Klägerin aus Art. 64 EPÜ i.V.m. §§ 242, 259 BGB ein Rechnungslegungsanspruch zu. Die Klägerin ist auf die tenorierten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagte wird durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Allerdings waren keine Angaben zu Lieferungen geschuldet, da die Beklagte unstreitig keine D-Boxen geliefert hat.
  212. 4.
    Weiterhin steht der Klägerin ein Auskunftsanspruch nach Art. 64 EPÜ i.V.m. § 140b PatG zu. Dessen Umfang ergibt sich unmittelbar aus § 140b Abs. 3 PatG. Dem steht nicht entgegen, dass nicht ersichtlich ist, dass die Beklagte auskunftspflichtige Handlungen begangen hat, da sie insoweit eine Nullauskunft erteilen kann.
  213. V.
    Die Verhandlung wird nicht im Rahmen des der Kammer nach § 148 ZPO zustehenden Ermessens in Bezug auf das Nichtigkeitsverfahren gegen das Klagepatent ausgesetzt.
  214. 1.
    Nach § 148 ZPO kann das Gericht bei der Vorgreiflichkeit eines anderen Verfahrens die Verhandlung eines Rechtsstreits aussetzen. Die Vorgreiflichkeit ist aufgrund der angenommenen Verletzung des Schutzrechtes hinsichtlich der anhängigen Nichtigkeitsklage gegeben. Die Erhebung einer Nichtigkeitsklage stellt ohne Weiteres noch keinen Grund dar, den Verletzungsrechtsstreit auszusetzen. Die Patenterteilung ist auch für die (Verletzungs-) Gerichte bindend. Wegen der gesetzlichen Regelung, die für die Ansprüche nach §§ 139 ff. PatG lediglich ein in Kraft stehendes Patent verlangt und für die Beseitigung dieser Rechtsposition nur die in die ausschließliche Zuständigkeit des Patentgerichts fallende Nichtigkeitsklage oder den Einspruch vor dem jeweiligen Patentamt zur Verfügung stellt, kann der Angriff gegen das Klagepatent nicht als Einwand im Verletzungsverfahren geführt werden. Jedoch darf dies nicht dazu führen, dass diesem Angriff jede Auswirkung auf das Verletzungsverfahren versagt wird. Die Aussetzung des Verletzungsstreits im Rahmen der nach § 148 ZPO zu treffenden Ermessenentscheidung ist vielmehr grundsätzlich, aber auch nur dann geboten, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass das Klagepatent der erhobenen Nichtigkeitsklage oder dem erhobenen Einspruch nicht standhalten wird (BGH, GRUR 2014, 1237, 1238 – Kurznachrichten; OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.06.2015 – I-2 U 64/14).
  215. Zu berücksichtigen ist hierbei auch der qualifizierte Hinweis des Bundespatentgerichts im Nichtigkeitsverfahren. Eine in einem solchen Hinweis zum Ausdruck gebrachte vorläufige Auffassung ist zwar nicht bindend und sie nimmt die spätere Entscheidung selbstverständlich auch nicht vorweg. Gleichwohl ist davon auszugehen, dass der vorläufigen Auffassung bereits eine umfassende und sorgfältige Prüfung zugrunde liegt und das Bundespatentgericht entsprechende Hinweise nicht leichtfertig erteilt. Vor diesem Hintergrund kann bei einer deutlich geäußerten und sorgfältig begründeten vorläufigen Auffassung mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit damit gerechnet werden, dass die bescheidsmäßig dokumentierte Auffassung ihren Niederschlag in der späteren Entscheidung finden wird. Maßgeblich für die Bedeutung des Hinweises ist jedoch, ob das Bundespatentgericht bereits eine eindeutige und begründete Position bezieht oder bloß mögliche Erwägungen in den Raum stellt (vgl. OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2021, 400). Eine für eine Aussetzung erforderliche Vernichtungswahrscheinlichkeit wird kaum in Betracht kommen, wenn das Bundespatentgericht in einem qualifizierten Hinweis von dem Rechtsbestand des Klageschutzrechts ausgeht. Etwas anders mag nur in sehr seltenen Ausnahmefällen gelten, in denen die Kammer, obwohl sie nicht mit Fachleuten des betreffenden Technikgebiets besetzt ist, ausnahmsweise selbst die Unrichtigkeit der Einschätzung im Hinweis feststellen und so die Vernichtung des Patents prognostizieren kann.
  216. 2.
    Vorliegend kann nicht mit der für eine Aussetzung erforderlichen Wahrscheinlichkeit ersehen werden, dass das Bundespatentgericht das Klagepatent vernichten wird.
  217. a)
    Es lässt sich nicht prognostizieren, dass im Nichtigkeitsverfahren die Entgegenhaltung DE 102 08 XXX C1 (nachfolgend: K5, vorgelegt in Anlage B 9) als neuheitsschädlich angesehen wird.
  218. Dies gilt bereits deshalb, da das Bundespatentgericht in dem qualifizierten Hinweis vom 11.07.2022 die vorläufige Auffassung vertreten hat, dass die K5 nicht neuheitsschädlich ist (vgl. S. 11 ff. Anlage rop 19). Dass diese Auffassung falsch ist und in der Nichtigkeitsverhandlung oder in der Nichtigkeitsberufung revidiert werden wird, vermag die Kammer nicht zu erkennen.
  219. aa)
    Zur Veranschaulichung der Lehre der K5 wird nachfolgend deren Figur 1 verkleinert eingeblendet:
  220. Die K5 offenbart ein Verfahren mit dem – wie sich aus Anspruch 1 ergibt – aus einer Platine ein gehärtetes metallisches Bauteil mit mindestens zwei Bereichen unterschiedlicher Duktilität hergestellt wird. Die Platine (Bezugsziffer 2) wird in einer Erwärmungseinrichtung (1) auf eine Austenitisierungstemperatur erwärmt wird. Auf dem Transportweg zu einer Härteeinrichtung 3, beispielsweise zu einem Umformwerkzeug, in dem die Platine dann eine Umformung unter gleichzeitiger Abkühlung erfährt, wird der Prozess in zwei Prozessteile P1 und P2 aufgeteilt, die die lokale Bearbeitung unterschiedlicher Bereiche der Platine oder des Formbauteils ermöglichen zur Einstellung unterschiedlicher Verformungseigenschaften im Endbauteil (Abs. [0028] K5). Für den ersten Prozessteil P1 sind eine Abkühlzone 4 und eine Haltstrecke 5 vorgesehen, während bei der zweiten Teil-Prozesslinie (P2) eine Zone zum Halten im Austenitbereich 6 angeordnet ist.
  221. bb)
    Es ist schon zweifelhaft, ob in der K5 ein klagepatentgemäßer Durchlaufofen gezeigt ist. In dem qualifizierten Hinweis führt das Bundespatentgericht aus, es sei in der K5 nur ein Kammerofen offenbart (vgl. S. 13 Anlage rop 19).
  222. Dies entspricht auch der Auffassung des Prüfers im Erteilungsverfahren, in dem die K5 dem Klagepatent bereits entgegengehalten wurde (vgl. Abs. [0012] der Klagepatentbeschreibung). Auch der Prüfer sah den Unterschied zwischen Patentanspruch 1 des Klagepatents und der K5 darin, dass die Entgegenhaltung keinen Durchlaufofen offenbart (Ziffer 2.2 Anlage B 11).
  223. Dass diese beiden fachkundigen Äußerungen unrichtig sind, vermag die Kammer nicht zu erkennen.
  224. cc)
    Eine Vorwegnahme durch die K5 scheitert daneben an der mangelnden Offenbarung eines klagepatentgemäßen Zwischenspeichers. Es ist zweifelhaft, ob das Transportband in der K5 als Zwischenspeicher angesehen werden kann, da es an einer Lagerung eines Teilbereiches des Halbzeuges in einer Kammer fehlt. Dies entspricht auch der vorläufigen Auffassung des Bundespatentgerichts (vgl. S. 13 Anlage rop 19), deren Unrichtigkeit die Kammer nicht erstehen kann.
  225. b)
    Die Entgegenhaltung EP 2 110 XXX (nachfolgend: K8; Anlage rop 5) rechtfertigt aus Sicht der Kammer ebenfalls keine Aussetzung. Nach vorläufiger Auffassung des Bundespatentgerichts im qualifizierten Hinweis (S. 13 ff. Anlage rop 19) ist die K8 nicht neuheitsschädlich. Zudem wird die Entgegenhaltung K8 bereits im Klagepatent erörtert (vgl. Abs. [0014]), was für sich genommen schon gegen eine Aussetzung auf dieser Grundlage spricht.
  226. aa)
    Zur Erläuterung des Gegenstands der K8 wird nachfolgend deren Figur 3 verkleinert eingeblendet:
    Nach der Lehre der K8 wird ein Werkstück nach der Erwärmung so aus dem Ofen (10) (Heizstrecke) herausbewegt, dass sich ein erster Teilbereich (21) des Werkstücks noch im Ofen befindet, während der zweite Teilbereich (22) sich bereits außerhalb des Ofens befindet. Hierdurch stellen sich für beide Teilbereiche unterschiedliche Temperaturen ein (vgl. Zusammenfassung der K8 und Abs. [0011] K8). Die K8 beschreibt auch, dass die Blechwerkstücke homogen im Ofen auf Austenittemperatur erwärmt werden und anschließend mit dem gewünschten Ende aus der Ofentür herausgeführt werden, wodurch sich in diesem Bereich ein Perlit- und Ferritgefüge bildet, während der im Ofen befindliche Teil weiterhin auf Austenitgefüge verweile (Abs. [0024] K8).
  227. bb)
    Eine neuheitsschädliche Vorwegnahme kann nicht prognostiziert werden, da in der K8 kein Zwischenspeicher offenbart ist, was auch der vorläufigen Auffassung des Bundespatentgerichts entspricht (S. 15 Abs. 2 Anlage rop 19). Zwar sieht das Klagepatent vor, dass der Zwischenspeicher auch als Erweiterung des Abgabebereichs des Durchlaufofens gebildet werden kann (Abs. [0028] f.). Allerdings muss der angesprochene Bereich des Durchlaufofens gleichwohl einen Zwischenspeicher bilden, nämlich innerhalb einer „Erweiterung“. Demgegenüber ist in der K8 keine irgendwie geartete Differenzierung zwischen Durchlaufofen und einem Zwischenspeicher, in dem das Halbzeug (teilweise) eingelegt wird, erkennbar. Bei der K8 verbleibt das Halbzeug vielmehr teilweise im Ofen.
  228. c)
    Die Entgegenhaltung EP 1 180 XXX B1 (vorgelegt in Anlage B 8) kann eine Aussetzung nicht begründen. Diese Entgegenhaltung wird ebenfalls im Klagepatent selbst erörtert (Abs. [0002]). Aus der knappen Darstellung in der Klageerwiderung (Bl. 63 GA) lässt sich für die Kammer nicht erkennen, dass diese Entgegenhaltung die Lehre des Klagepatents vorwegnimmt.
  229. d)
    Soweit die Beklagte auf einen Bescheid des DPMA zu einer zum Klagepatent parallelen Patentanmeldung verweist, kann dies eine Aussetzung nicht begründen. Die Beklagte trägt bereits nicht zum Gegenstand der beiden vom DPMA herangezogenen Entgegenhaltungen DE 10 2006 XXX XXX A1 und DE 197 XXX XXX A1 vor. Ohne nähere Erläuterung kann eine Aussetzung nicht erfolgen.
  230. e)
    Eine fehlende erfinderische Tätigkeit der klagepatentgemäßen Lehre macht die Beklagte im hiesigen Verletzungsverfahren nicht geltend, so dass auch auf dieser Grundlage kein Anlass für eine Aussetzung besteht. Im Übrigen vertritt das Bundespatentgericht im qualifizierten Hinweis die Auffassung, dass der Gegenstand des Klagepatents nicht im Stand der Technik nahegelegt war (vgl. S. 17 ff. Anlage rop 19).
  231. VI.
    Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.
  232. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
  233. Der Beklagten war keine Abwendungsbefugnis nach § 712 Abs. 1 ZPO einzuräumen, da die Beklagte einen durch die Vollstreckung des Urteils drohenden, unersetzlichen Nachteil weder dargelegt, noch – wie von § 714 Abs. 2 ZPO vorgeschrieben – glaubhaft gemacht hat.
  234. VII.
    Der Streitwert wird auf EUR 1.000.000,00 festgesetzt, wovon EUR 500.000,00 auf die Klagerweiterung vom 14.07.2021 entfallen.

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