I-2 U 52/22 – Schmiermittelinjektor

Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3250

Oberlandesgericht Düsseldorf

Urteil vom 03. November 2022, I-2 U 52/22

Vorinstanz: 4a O 22/20

  1. I. Auf die Berufung wird das am 18. Januar 2022 verkündete Urteil der 4a Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf im Urteilsausspruch zu I.c) dahingehend abgeändert, dass die Beklagte zu 2) mitzuteilen hat, wie sich die Produktionskosten durch den Einsatz der Diensterfindung des Klägers im Vergleich zu einem Schmiermittelinjektor des Typs „J“ verändert haben.
    II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
    III. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 90 % und die Beklagte zu 2) zu 10 %.
    IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
    V. Die Revision wird nicht zugelassen.
    VI. Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt.
  2. Gründe
    I.
    Der Kläger nimmt die Beklagte zu 2) im Wege der Stufenklage auf Auskunftserteilung, Zahlung einer angemessenen Arbeitnehmererfindervergütung sowie Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Anspruch.
    Nach den unangefochtenen Feststellungen des Landgerichts war der Kläger von 2004 bis Ende 2013, zuletzt als CAD-Konstrukteur, im Konzern der Beklagten zu 2) tätig. Während seines letzten Beschäftigungsjahres erhielt er den Auftrag zur Entwicklung eines besonders preisgünstigen Schmiermittelinjektors.
    Unter dem 19.12.2013 reichte der Kläger die streitgegenständliche Erfindungsmeldung ein. Sie betrifft einen Schmiermittelinjektor, der kompakt mit weniger Bauteilen gefertigt werden kann. In Abstimmung mit dem Miterfinder A bezifferte der Kläger seinen Anteil an der Diensterfindung mit 75 %. Die Beklagte zu 2) nahm die Diensterfindung fristgerecht unbeschränkt in Anspruch (vgl. Anlagen rop 2, rop 3) und meldete am 31.03.2014 das deutsche Patent 10 2014 205 XXA (Anlage rop 4; nachfolgend: Streitpatent) an, dessen Erteilung am 15.03.2018 veröffentlicht wurde.
    Anspruch 1 des Streitpatents, der im Berufungsverfahren allein interessiert, lautet wie folgt:
    Schmiermittelinjektor (1) mit zumindest einem Schmiermitteleinlass (6) und mindestens einem Schmiermittelauslass (26; 50), sowie einem Steuerkolben (12) und einem Dosierkolben (16),
    wobei der Steuerkolben (12) dazu ausgelegt ist, Schmiermittel von dem Schmiermitteleinlass (6) zu dem Dosierkolben (16) zu leiten und
    der Dosierkolben (16) dazu ausgelegt ist, das vom Steuerkolben (12) bereitgestellte Schmiermittel zu dem mindestens einen Schmiermittelauslass (26; 50) zu fördern,
    wobei der Dosierkolben (16) eine erste als erster Kolbenarbeitsraum ausgebildete Dosierkammer (18), und eine zweite als zweiter Kolbenarbeitsraum ausgebildete Dosierkammer (20) aufweist, die jeweils mit dem mindestens einen Schmiermittelauslass (26; 50) verbunden sind, so dass sowohl aus der ersten als auch aus der zweiten Dosierkammer (18; 20) Schmiermittel zu dem mindestens einen Schmiermittelauslass (26; 50) leitbar ist, und
    wobei weiterhin der Schmiermittelinjektor (1) einen ersten Schmiermittelkanal (22) und einen zweiten Schmiermittelkanal (24) aufweist, wobei der erste Schmiermittelkanal (22) die zweite Dosierkammer (20) mit dem Schmiermitteleinlass (6) oder dem Schmiermittelauslass (26; 50) verbindet und der zweite Schmiermittelkanal (24) die erste Dosierkammer (18) mit dem Schmiermitteleinlass (6) oder dem Schmiermittelauslass (26; 50) verbindet,
    dadurch gekennzeichnet, dass der Steuerkolben (12) einen ersten Steuerraum (36) und einen zweiten Steuerraum (38) aufweist,
    wobei in einem ersten Schaltzustand (I) des Steuerkolbens (12) der Schmiermitteleinlass (6) über den ersten Steuerraum (36) des Steuerkolbens (12) mit dem ersten Schmiermittelkanal (22) und der zweiten Dosierkammer (20) des Dosierkolbens (16) verbunden ist, und
    in einem zweiten Schaltzustand (II) der Schmiermitteleinlass (6) über den zweiten Steuerraum (38) des Steuerkolbens (12) mit dem zweiten Schmiermittelkanal (24) und der ersten Dosierkammer (18) des Dosierkolbens (16) verbunden ist.
    Die nachfolgenden Figuren 1 und 5 des Streitpatents zeigen Ausführungsbeispiele der Diensterfindung.
  3. Auf der Grundlage (auch) der klägerischen Erfindungsmeldung suchte die Beklagte zu 2) u.a. ein europäisches und ein US-amerikanisches Patent nach, wobei letzteres am 19.10.2021 erteilt wurde (vgl. Anlage CBH 8). Das europäische Patenterteilungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen.
    Seit 2018 wird die Diensterfindung von dem Konzern der Beklagten zu 2) durch den Vertrieb streitpatentgemäßer Schmiermittelinjektoren des Typs „B“ (vgl. Anlage rop 10) verwertet, wobei die Herstellung ausschließlich in Deutschland erfolgt. Die B-Schmiermittelinjektoren werden sowohl einzeln als auch als Bestandteil von kompletten Schmiersystemen (Kits bzw. Anlagen) veräußert.
    Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht der Klage auf der ersten Stufe gegenüber der Beklagten zu 2) teilweise stattgegeben und wie folgt erkannt:
    I. Die Beklagte zu 2) wird verurteilt,
  4. dem Kläger unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses in elektronischer Form vollständig darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang und auf welche Art die Beklagte zu 2) und ihre konzernzugehörigen Gesellschaften seit dem 19.12.2013,
  5. Schmiermittelinjektoren mit zumindest einem Schmiermitteleinlass und mindestens einem Schmiermittelauslass, sowie einem Steuerkolben und einem Dosierkolben, wobei der Steuerkolben dazu ausgelegt ist, Schmiermittel von dem Schmiermitteleinlass zu dem Dosierkolben zu leiten und der Dosierkolben dazu ausgelegt ist, das vom Steuerkolben bereitgestellte Schmiermittel zu dem mindestens einen Schmiermittelauslass zu fördern, wobei der Dosierkolben eine erste als erster Kolbenarbeitsraum ausgebildete Dosierkammer, und eine zweite als zweiter Kolbenarbeitsraum ausgebildete Dosierkammer aufweist, die jeweils mit dem mindestens einen Schmiermittelauslass verbunden sind, so dass sowohl aus der ersten als auch aus der zweiten Dosierkammer Schmiermittel zu dem mindestens einen Schmiermittelauslass leitbar ist, und wobei weiterhin der Schmiermittelinjektor einen ersten Schmiermittelkanal und einen zweiten Schmiermittelkanal aufweist, wobei der erste Schmiermittelkanal die zweite Dosierkammer mit dem Schmiermitteleinlass oder dem Schmiermittelauslass verbindet und der zweite Schmiermittelkanal die erste Dosierkammer mit dem Schmiermitteleinlass oder dem Schmiermittelauslass verbindet,
  6. dadurch gekennzeichnet, dass der Steuerkolben einen ersten Steuerraum und einen zweiten Steuerraum aufweist, wobei in einem ersten Schaltzustand des Steuerkolbens der Schmiermitteleinlass über den ersten Steuerraum des Steuerkolbens mit dem ersten Schmiermittelkanal und der zweiten Dosierkammer des Dosierkolbens verbunden ist, und in einem zweiten Schaltzustand der Schmiermitteleinlass über den zweiten Steuerraum des Steuerkolbens mit dem zweiten Schmiermittelkanal und der ersten Dosierkammer des Dosierkolbens verbunden ist,
  7. – DE 10 2014 205 XXA, Anspruch 1 –
  8. verwertet haben, und zwar unter Angabe
  9. a) der Herstellungsmengen und -zeiten;
  10. b) der einzelnen Lieferungen und Bestellungen, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Liefer- und Bestellmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer;
  11. c) wie sich die Produktionskosten durch den Einsatz der Erfindung gegenüber herkömmlichen Schmiermittelinjektoren verändert haben;
  12. d) von Dritten erhaltenen Lizenzzahlungen;
  13. e) der sonstigen Vermögensvorteile und
  14. f) der bisherigen Nutzungsdauer, und zwar ggf. einschließlich Nutzungshandlugen vor Inanspruchnahme der Erfindung;
  15. wobei die Beklagte zu 2) Rechnungen und für den Fall, dass keine Rechnungen vorhanden sind, Lieferscheine vorzulegen hat,
  16. wobei die Auskünfte zu lit. b), e) und f) Angaben sowohl über die Einzellieferungen erfindungsgemäßer Schmiermittelinjektoren als auch über Lieferungen von Kits/Anlagen, enthaltend erfindungsgemäße Schmiermittelinjektoren und deren weitere Bestandteile, zu umfassen haben, wobei die weiteren Bestandteile/Bauteile dieser gelieferten Kits/Anlagen zu benennen sind.
  17. II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
  18. III. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
    Mit ihrer Berufung wendet sich die Beklagte zu 2) nicht gegen ihre grundsätzliche Auskunftspflicht, sondern lediglich gegen deren Umfang. Sie ist der Meinung, dass sie Auskünfte nach Ziffer I.c) des landgerichtlichen Urteilstenors (nämlich dazu, „wie sich die Produktionskosten durch den Einsatz der Erfindung gegenüber herkömmlichen Schmiermittelinjektoren verändert haben“) nicht schulde. Insofern sei der Urteilsausspruch schon unbestimmt, weil gänzlich unklar sei, welche konkreten (real existierenden oder hypothetisch zu konstruierenden) Schmiermittelinjektoren aus dem konzerneigenen Produktsortiment überhaupt als „herkömmliche“ zu betrachten und deshalb zu Referenzzwecken heranzuziehen seien. Abgesehen davon bestehe ein derart weitreichender Auskunftsanspruch für die Zwecke der Vergütungsberechnung nach Lizenzgrundsätzen auch materiellrechtlich nicht. Dies gelte vor allem deshalb, weil bereits das umfangreiche Sortiment an Schmiermittelinjektoren, mit dem Ausführungsvarianten für ein ganz unterschiedliches Anforderungs- und Leistungsprofil bereitgehalten würden, die wiederum auf ganz unterschiedliche Einsatzzwecke und Verwendungsbedingungen eingerichtet seien, zeige, dass es zu den fraglichen B-Schmiermittelinjektoren kein gleiches Produkt gebe, das ohne Nutzung der Diensterfindung gefertigt sei. Die einzelnen Injektoren seien praktisch nicht gegeneinander austauschbar, weswegen es sich bei ihnen um ein aliud handele und nicht um für einen sinnvollen Kostenvergleich mit dem streitpatentgemäßen B-Gerät geeignete Referenzinjektoren.
    Die Beklagte zu 2) beantragt,
    das landgerichtliche Urteil im Umfang seines Ausspruchs zu I.c) abzuändern und die Klage insoweit abzuweisen.
    Der Kläger beantragt,
    die Berufung zurückzuweisen,
    hilfsweise, den Urteilstenor im angefochtenen Teil wie folgt neu zu fassen:
    … unter Angabe …
    c) der Produktionskosten der Beklagten für erfindungsgemäße Schmiermittelinjektoren im Vergleich zu Schmiermittelinjektoren der Modelle C-33, B-Schmierstoffverteiler, LG-Schmierstoffverteiler, C-32 HV, C-1, QC, „J“, C-11, C-V, C-V XL, LM5, C-32, C-V mini, SP/SV, D-KR, D-KRFKM, E-KR, E-KRFKM, F-KR, F-KRFKM, F-KR-NP, F-KR-KA, F-KR-KS, F-KR-KD, D, G-KR, G-KR-FKM, G-KR-NP, G-KR-KA, G-KR-KS, G-KR-KD, D, H sowie I,
    wobei die Kosten – weiter hilfsweise – lediglich für die jeweilige Basisausführung der vorgenannten Injektoren mitzuteilen sind.
    Er verteidigt das landgerichtliche Urteil und hält daran fest, dass die mit seiner Erfindung verbundenen Kosteneinsparungen bei der Herstellung und Montage von Schmiermittelinjektoren zusätzliche Gewinnaussichten eröffneten, was einen höheren Lizenzsatz bei der Berechnung seiner Erfindervergütung rechtfertige. Um das Ausmaß des betrieblichen Nutzens abschätzen zu können, sei er (der Kläger) auf die zuerkannten Auskünfte zu den Produktionskostenvorteilen angewiesen. Sie seien in Bezug auf alle Schmiermittelinjektoren im Sortiment des Konzerns der Beklagten zu 2) zu geben, die durch einen erfindungsgemäß ausgestatteten Injektor ersetzt werden könnten, was jedenfalls für diejenigen Geräte zutreffe, die im hilfsweise formulierten Berufungsantrag aufgelistet seien.
    Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte nebst Anlagen Bezug genommen.
    II.
    A.
    Die Berufung ist zulässig, insbesondere fehlt es nicht an der erforderlichen Beschwer der Beklagten zu 2) von mehr als 600 € (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).
    Geht es um die Bewertung der Beschwer eines Rechtsmittels gegen die Verurteilung zur Auskunft, ist auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, den die sorgfältige Erfüllung des titulierten Anspruchs erfordert, sowie auf etwaige Geheimhaltungsinteressen des Verurteilten (BGH, GRUR 2017, 185 – Derrick). Verpflichtet der Titel auch zur Belegvorlage, sind die erforderlichen Kopierkosten (Zeitaufwand und Sachkosten) hinzuzurechnen (BGH, NJW 2019, 604). Dabei ist, wenn die Auskunft – wie hier – außerhalb der Freizeit erbracht werden muss, der je Stunde in Ansatz zu bringende Betrag an dem Höchststundensatz von 25 € zu orientieren, den § 22 JVEG für die Entschädigung von Zeugen vorsieht (BGH, MDR 2014, 1274).
    Vorliegend hat die Beklagte zu 2) unwidersprochen dargelegt, dass eine Befolgung des Urteilstenors, der zu einer vergleichenden Produktionskostenbetrachtung zwingt, ein Team von ca. 6 Mitarbeitern aus unterschiedlichen Zuständigkeitsbereichen für mindestens 30 Stunden beschäftigen würde. Legt man dies – mangels anderweitiger Anhaltspunkte – zugrunde, wird der Beschwerdewert von 600 € deutlich überschritten.
    B.
    In der Sache hat die Berufung überwiegend Erfolg.
    1.
    Die Beklagte zu 2) greift das landgerichtliche Urteil nur hinsichtlich eines Teils des Auskunftsumfangs an, weswegen für das Berufungsverfahren feststeht, dass die Beklagte zu 2) dem Kläger dem Grunde nach und in dem von ihr im Übrigen nicht angegriffenen Umfang zur vorbereitenden Auskunftserteilung über die Einzelheiten der Erfindungsbenutzung in ihrem Konzern verpflichtet ist (§§ 242 BGB, § 9 Abs. 1 ArbEG). Gegenstand des Berufungsverfahrens ist dementsprechend allein die Frage, ob der Kläger verlangen kann, dass ihm die Beklagte zu 2) – über die sonstigen Angaben zum Vertrieb erfindungsgemäßer Schmiermittelinjektoren, zu deren Bekanntgabe sie bereits rechtskräftig verurteilt worden ist Tenor zu I.a) und b) – auch mitzuteilen hat, wie sich die Produktionskosten durch den Einsatz der Diensterfindung im Vergleich zu herkömmlichen Schmiermitttelinjektoren verändert haben.
    2.
    Die insoweit vorgenommene Verurteilung des Landgerichts kann schon deshalb keinen Bestand haben, weil sich dem Tenor zu I.c) nicht in der durch § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO gebotenen Weise hinreichend bestimmt entnehmen lässt, was einen „herkömmlichen“ Schmiermittelinjektor auszeichnet und welchen Gegenstand die Beklagte zu 2) demgemäß für den anzustellenden Produktionskostenvergleich als Referenz heranzuziehen hat.
    Wie die Erörterungen im Berufungsverfahren gezeigt haben, existiert im Vertriebssortiment der Beklagten kein im Leistungs- und Verwendungsprofil mit dem Gerät B identischer Schmiermittelinjektor herkömmlicher Bauart, der von der Diensterfindung des Klägers (noch oder weiterhin) keinen Gebrauch (mehr) macht. Es mag dahinstehen, ob das Landgericht bei seiner Verurteilung von der Vorstellung ausgegangen ist, dass es solche parallelen oder sich ablösenden Baureihen gegeben hat und/oder gibt. Die Formulierung auf Seite 27, 3. Absatz seines Urteils, „geschuldet sei ein Vergleich der Produktionskosten bei Gebrauch der Diensterfindung mit dem vorher erforderlichen Kostenaufwand für einen im Übrigen gleichartigen Schmiermittelinjektor“, lässt dies nicht zweifelsfrei erkennen. Aber selbst wenn es dem Landgericht darum gegangen sein sollte, solche Schmiermittelinjektoren als Referenzobjekte anzusprechen, die sich durch einen erfindungsgemäß ausgestatteten B-Injektor ersetzen lassen, mit diesem also aus der Sicht der Nachfrager austauschbar sind, bleibt auch bei ergänzender Heranziehung der Urteilsgründe unklar und wäre letztlich dem Vollstreckungsverfahren überlassen, was diejenigen Kriterien sein sollen, die die Ersetzbarkeit und Austauschbarkeit des Referenzobjektes begründen. Eine derartige Ungewissheit darf nicht sein, weil der Beklagte einen rechtlichen Anspruch darauf hat, durch das gegen ihn ergangene Urteil rechtssicher zu erfahren, was von ihm verlangt wird. Ansonsten stünde er in der Gefahr, entweder zu wenig zu tun und dadurch eine Vollstreckungsmaßnahme gegen sich zu provozieren, oder aber – was gleichermaßen zu vermeiden ist – freiwillig zu viel zu tun und dadurch den Gläubiger zu Unrecht zu bereichern.
    Den Bestimmtheitsanforderungen des § 253 ZPO genügen hingegen die Hilfsanträge des Klägers, welche die zu Vergleichszwecken zu berücksichtigen Schmiermittelinjektoren im Einzelnen benennen.
    3.
    Dem ersten Hilfsantrag ist jedoch nur mit Blick auf den Schmiermittelinjektor „J“ zu entsprechen. Der weitergehende, diverse andere Injektoren betreffende Auskunftsanspruch ist demgegenüber abzuweisen.
    a)
    Da der Auskunftsanspruch der Vorbereitung, namentlich Bezifferung des Anspruchs auf Zahlung der vom Arbeitgeber geschuldeten Erfindervergütung dient, und die Erfindervergütung maßgeblich von der wirtschaftlichen Verwertbarkeit der Erfindung durch den Arbeitgeber abhängt, für die wiederum die wirtschaftlichen Vorteile bedeutsam sind, die der Arbeitgeber aus der Verwertung der Diensterfindung tatsächlich zieht, und weil der Arbeitnehmererfinder typischerweise außerstande ist, sich hierüber aus eigener Kenntnis ein verlässliches Bild zu machen, entspricht es gefestigter Rechtsprechung (vgl. nur BGH, GRUR 2002, 801 – Abgestuftes Getriebe), dass dem Arbeitnehmererfinder gegenüber seinem Arbeitgeber als Hilfsmittel zur Ermittlung der Höhe seiner Erfindervergütung ein Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch zusteht, dessen Inhalt und Umfang sich unter Beachtung von § 242 BGB nach den Umständen und unter Einbeziehung der Verkehrsübung bestimmt.
    Der Auskunftsanspruch ist ein Anwendungsfall des allgemeinen Grundsatzes, dass nach Treu und Glauben eine Auskunftspflicht besteht, wenn die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen es mit sich bringen, dass der Berechtigte die zur Vorbereitung und Durchsetzung seines Anspruchs notwendigen Auskünfte weder besitzt noch sich auf zumutbare Weise selbst beschaffen kann, und der Verpflichtete sie unschwer, d.h. ohne unbillig belastet zu sein, zu geben vermag. Die Kriterien der Erforderlichkeit einerseits und der Zumutbarkeit andererseits sind dabei nicht nur für die Frage bedeutsam, ob überhaupt ein Auskunftsanspruch besteht, sondern bestimmen auch seinen Umfang. Der Arbeitnehmererfinder kann von seinem Arbeitgeber daher nicht unbeschränkt alle Angaben verlangen, die zur Bestimmung und Überprüfung der angemessenen Erfindervergütung irgendwie hilfreich und nützlich sind oder sein können, sondern nur solche Angaben einfordern, die zur Ermittlung der angemessenen Vergütung unter Berücksichtigung seiner berechtigten Interessen notwendig sind. Darüber hinaus kann der Arbeitgeber insbesondere Angaben verweigern, die für ihn mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden wären, der in keinem vernünftigen Verhältnis zu der dadurch erreichten genaueren Bemessung der dem Arbeitnehmer zustehenden angemessenen Vergütung mehr steht, oder die zu geben ihm wegen eines berechtigten Geheimhaltungsinteresses nicht oder nicht ohne besondere Schutzvorkehrungen zuzumuten ist. Dabei besteht zwischen den Kriterien der Erforderlichkeit und der Zumutbarkeit eine Wechselwirkung: Je bedeutsamer die verlangten Angaben für den Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers sind, desto intensivere Bemühungen um Aufklärung sind dem Arbeitgeber zumutbar; je stärker der Arbeitgeber durch ein Auskunftsverlangen belastet wird, desto sorgfältiger muss geprüft werden, inwieweit die Angaben zur Ermittlung einer angemessenen Vergütung unumgänglich sind. Zu berücksichtigen ist darüber hinaus das legitime Bedürfnis des Diensterfinders, die vom Arbeitgeber gemachten Angaben auf ihre Plausibilität und Richtigkeit überprüfen zu können, bevor er sie seiner Vergütungsberechnung zugrunde legt. Angaben, die diesem berechtigten Zweck dienen, sind deshalb gleichfalls auskunftspflichtig.
    Regelmäßig rechtfertigt sich – wie dargelegt – die Annahme, dass von dem Arbeitgeber tatsächlich erzielte wirtschaftliche Vorteile den Erfindungswert am besten widerspiegeln, weil der Arbeitgeber in seinem eigenen Interesse bestrebt sein wird, die Erfindung so auszunutzen, wie dies im Interesse eines möglichst großen Erfolgs seiner unternehmerischen Tätigkeit sachlich möglich und wirtschaftlich vernünftig ist. Als Hilfskriterium zur Ermittlung ist im Allgemeinen die Lizenzanalogie besonders geeignet, d.h. die Prüfung der Frage, welche Gegenleistung für die Überlassung der Erfindung vernünftige Parteien vereinbart hätten, wenn es sich bei der Diensterfindung um eine dem Arbeitgeber zur ausschließlichen Nutzung überlassene freie Erfindung handeln würde. Auf diese Weise wird als Erfindungswert der Marktpreis zu Grunde gelegt, den der Arbeitgeber einem freien Erfinder im Rahmen eines exklusiven Lizenzvertrages zahlen würde (BGH, aaO – Abgestuftes Getriebe).
    Steht fest, dass zur Ermittlung der angemessenen Vergütung – wie regelmäßig und auch im Streitfall – die Methode der Lizenzanalogie heranzuziehen ist, richtet sich der Umfang des Auskunftsanspruchs danach, welcher Angaben des Arbeitgebers es bedarf, um zu ermitteln, welche Gegenleistung einem gedachten Lizenzgeber zustehen würde, wenn vernünftige Parteien Art und Umfang der Nutzung der Erfindung durch den Arbeitgeber zum Gegenstand einer vertraglichen Vereinbarung gemacht hätten. Bei eigenen Umsatzgeschäften mit dem Gegenstand der Erfindung sind hiernach regelmäßig jedenfalls die Umsatzerlöse anzugeben, da die Lizenzgebühr typischerweise in Gestalt einer prozentualen Beteiligung des Lizenznehmers an den Umsatzerlösen des Lizenzgebers vereinbart wird. Darüber hinaus kann der Gewinn, den der Arbeitgeber mit der Verwertung der Erfindung zu erzielen vermag, einen Anhaltspunkt für die zutreffende Bestimmung des Lizenzsatzes geben, da er den Vorteil widerspiegelt, den der „Lizenznehmer” durch die Benutzung der Erfindung erreicht und der durch die Lizenzgebühr entgolten wird (BGH, aaO – Abgestuftes Getriebe).
    Welche Angaben im Einzelnen erforderlich sind, richtet sich danach, an welche tatsächlichen Umstände vernünftige Parteien die Gegenleistung des „Lizenznehmers” geknüpft hätten, inwieweit der Arbeitnehmer über diese Umstände in entschuldbarer Weise im Unklaren ist und inwieweit diese Unklarheit vom Arbeitgeber in zumutbarer Weise beseitigt werden kann (BGH, aaO – Abgestuftes Getriebe).
    b)
    Im Streitfall besteht die Diensterfindung gerade darin, einen kompakten und kostengünstigen Schmiermittelinjektor vorgeschlagen zu haben. Die Einsparung von Produktionskosten war nicht nur Gegenstand des dem Kläger erteilten Entwicklungsauftrages, aus dem die Diensterfindung hervorgegangen ist (LGU Seite 4, 4. Absatz), sondern wird auch in der Aufgabenstellung der die Diensterfindung umsetzenden DE 10 2014 205 975 ausdrücklich herausgestellt, welche dahin formuliert ist,
    [0006] … einen robusten und zuverlässig funktionierenden Schmiermittelinjektor bereitzustellen, der wenig Bauraum beansprucht und dabei einfach zu fertigen ist.
    Im Berufungsverfahren räumt die Beklagte zu 2) dementsprechend auch selbst ein, dass der B-Injektor aufgrund eines abweichenden Funktionsablaufs kompakter gebaut ist und weniger Komponenten aufweist, was potenziell einen günstigen Einfluss auf den Herstellungs- und Montageaufwand und damit die Fertigungskosten haben kann. Soweit die Beklagte zu 2) für die von ihr nach der Diensterfindung gefertigten Injektoren eine tatsächliche Kostenersparnis abstreitet, kommt dem keine rechtliche Bedeutung bei. Dass das mit der Diensterfindung verbundene Einsparpotenzial ganz oder teilweise nicht ausgeschöpft worden ist, mag das Ergebnis der vom Arbeitgeber geschuldeten Auskunftserteilung sein; das Verfehlen der Erfindungsvorteile trotz Benutzung der Diensterfindung kann jedoch nicht schon der Auskunftspflicht als solcher entgegengehalten werden. Lassen sich daher die Produktionskosten dank der Diensterfindung spürbar herabsetzen, so eröffnet dies dem Arbeitgeber wirtschaftliche Vorteile, entweder, indem er zum Ausbau seiner Marktstellung seine Verkaufspreise senken oder aber bei gleichbleibenden Preisen seinen Verkaufsgewinn steigern kann (Senat, Urteil vom 21.10.2021 – I-2 U 7/21). Die Kostenoptimierung schafft damit für den Arbeitgeber einen wirtschaftlichen Nutzen, an dem der Diensterfinder über einen den ermöglichten Verwertungsvorteilen adäquaten Lizenzsatz zu beteiligen ist.
    Vor diesem Hintergrund steht der Kläger mit Recht auf dem Standpunkt, dass eine durch seine Erfindung ermöglichte Reduzierung der Produktionskosten einen wesentlichen Bemessungsfaktor für die ihm zustehende Erfindervergütung repräsentiert, weswegen die Beklagte zu 2) ihm hierüber redlicherweise Auskunft zu erteilen hat. Gibt es – wie hier – keine unmittelbar identischen Vergleichsobjekte, weil die anderen Schmiermittelinjektoren außerhalb des Gerätetyps B technisch abweichend ausgestattet sind, so kann dem berechtigten Aufklärungsinteresse des Klägers nur dadurch nachgekommen werden, dass zum Vergleich der ohne die Diensterfindung anfallenden Produktionskosten ein Schmiermittelinjektor herangezogen wird, der in seiner Konstruktion, Leistungsfähigkeit und Verwendungstauglichkeit dem erfindungsgemäßen B-Injektor möglichst nahe kommt. Nach der eigenen Einlassung der Beklagten zu 2) ist dies das Gerät der Baureihe „J“, anhand dessen demgemäß der Produktionskostenvergleich vorzunehmen ist.
    c)
    Für eine Einbeziehung weiterer Gerätetypen in den Kostenvergleich, wie sie Gegenstand der klägerischen Hilfsanträge sind, besteht hingegen kein Anlass. Mit ihnen wäre nach den unwidersprochenen Angaben der Beklagten zu 2) ein ganz erheblicher Zusatzaufwand verbunden. Soweit der Kläger dem im Verhandlungstermin ohne weitere Substantiierung entgegengehalten hat, dass alle Daten bei der Beklagten zu 2) ohnehin vorhanden und abrufbar seien, kommt dem keine Bedeutung zu, weil die Beklagte zu 2) dargelegt hat, dass es sich um keine verifizierten Produktkosten, sondern bloß um kalkulatorische Annahmen handele, mit deren Bekanntgabe einer Auskunftsverurteilung in der Tat nicht genügt werden würde. Diesen Mehraufwand der Beklagten zu 2) abzuverlangen, wäre nur dann gerechtfertigt, wenn der Kläger dartun könnte, dass mit einer vergleichenden Produktionskostenbetrachtung der von ihm benannten übrigen, nicht erfindungsgemäßen Schmiermittelinjektoren für die Zwecke der Vergütungsberechnung ein solcher Erkenntnisgewinn im Vergleich zu der Sachlage bei einem Kostenvergleich nur zwischen den B- und „J“-Injektoren verbunden wäre, dass der Beklagten zu 2) der Mehraufwand billigerweise zuzumuten ist. Das gilt umso mehr, als zwischen dem Weniger an Produktionskosten bei den B-Injektoren und dem Zuschlag beim Lizenzsatz kein direkter mathematischer Zusammenhang besteht, sondern das Maß, um den der übliche Lizenzsatz wegen der durch die Diensterfindung bedingten Kostenvorteile heraufzusetzen ist, das Ergebnis einer rein wertenden Betrachtung ist. Der durch weitere Kostenvergleiche erzielte Informations- und Erkenntnisgewinn muss deshalb dergestalt sein, dass er einen merklichen Einfluss auf eben diese wertende Entscheidung haben kann. Das ist hier nicht ersichtlich. Der Kläger verhält sich – auch auf den gerichtlichen Hinweis im Verhandlungstermin vom 6. Oktober 2022 – nämlich überhaupt nicht dazu, welche vergütungsrelevanten Unterschiede zwischen den „J“-Injektoren und den weiteren in seinen Hilfsantrag aufgenommenen Schmiermittelinjektoren bestehen, weswegen sich auch nicht ansatzweise beurteilen lässt, welche für den Lizenzsatz bedeutsamen konkreten Umstände, die nicht bereits durch eine vergleichende Betrachtung der „J“-Injektoren zutage treten, dadurch gewonnen werden sollen, dass zusätzlich die übrigen Schmierstoffinjektoren herkömmlicher Bauart hinsichtlich ihrer Produktionskosten durchleuchtet werden. Ein den Zusatzaufwand rechtfertigender Nutzen ist deshalb nicht erkennbar, und zwar weder dafür, alle weiteren Injektoren des Hilfsantrages in den Kostenvergelich einzubeziehen, noch dafür, dies wenigstens für einzelne von ihnen zu unternehmen. Einen mit dem einen oder dem anderen verbundenen Erkenntnisgewinn darzulegen, wäre indessen Sache des Klägers als Anspruchsteller gewesen. Dass ihm die hierzu erforderlichen Kenntnisse fehlen, ist nicht behauptet und versteht sich angesichts seiner langjährigen Beschäftigung im Konzern der Beklagten zu 2) und seiner zuletzt bekleideten Position, in der er mit den Schmiermittelinjektoren jedenfalls grundsätzlich vertraut gewesen sein müsste, auch nicht von selbst.
    III.
    Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Für die Kostenverteilung ist maßgeblich, dass das im Berufungsrechtszug zu beurteilende Auskunftsbegehren, das nur in der Form des Hilfsantrages hinreichend bestimmt bezeichnet ist, sich ganz überwiegend als unberechtigt erweist. Die Anordnung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
    Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen, weil die hierfür in § 543 ZPO aufgestellten Voraussetzungen ersichtlich nicht vorliegen. Als reine Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO noch erfordern die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder die Fortbildung des Rechts eine revisionsgerichtliche Entscheidung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

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