4c O 8/20 – Patentkauf- und Patentlizenzvertrag

Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3235

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 9. August 2022, Az. 4c O 8/20

  1. 1. Die Beklagte wird verurteilt, Auskunft zu erteilen über die zwischen der Beklagten und der A (A) getroffenen Vereinbarungen und Absprachen sowie geführter Korrespondenz unter Vorlage von Kopien von Schriftstücken oder Ausdrucken elektronischer Korrespondenz bezüglich der einzelnen Schutzrechte und Schutzrechtsanmeldungen, die den Schutzrechtsfamilien MD-XXX, MD-XXX und MD-XXX angehören, und zwar insbesondere von
  2. • Kopien der zwischen A und der Beklagten geschlossenen Vereinbarungen,
    • Kopien der Korrespondenz zwischen A und der Beklagten im Zusammenhang mit dem Abschluss der Vereinbarung, der Aufgabe der Schutzrechte und der Forderung der Klägerin an die Beklagte, ihr die Schutzrechtsfamilien gemäß Ziff. 1. zu übertragen,
    • Kopien etwaiger anlässlich der Aufgabe geschlossener Vereinbarungen,
    • Kopien der Korrespondenz zwischen der Beklagten und A im Zusammenhang mit dem Anschreiben der Klägerin an die Beklagte gemäß Anlage K 18.
  3. 2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen denjenigen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin dadurch entstanden ist oder noch entstehen wird, dass die Beklagte der A. nicht die ihr gegenüber der Klägerin obliegenden Verpflichtungen aus dem zwischen der Klägerin und der Beklagten abgeschlossenen Lizenzvertrag vom 22. August 2018 gemäß Anlage K 4 auferlegt hat, beispielsweise die Verpflichtung aus dessen Ziffer 6.2.
  4. 3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der dadurch entstanden ist und noch entstehen wird, dass die Beklagte bezüglich der einzelnen Schutzrechte und Schutzrechtsanmeldungen, die den Schutzrechtsfamilien MD-XXX, MD-XXX, MD-XXX, MD-XXX und MP-XXX angehören, der Klägerin die erforderlichen Umschreibungserklärungen nicht bis spätestens zum 28. November 2019 zur Verfügung gestellt hat und/oder der Klägerin nicht sämtliche für die Umschreibung und oder die Eintragung erforderlichen Unterlagen und Erklärungen verschafft hat oder verschaffen kann.
  5. 4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
  6. 5. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 80 % und der Beklagten zu 20 % auferlegt.
  7. 6. Das Urteil ist mit Blick auf Ziffer 1. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 15.000,00 und wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
  8. 7. Der Streitwert wird auf EUR 150.000,00 festgesetzt.
  9. Tatbestand
  10. Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem Vertragspaket umfassend einen Patentkauf- und einen Patentlizenzvertrag.
  11. Die im hessischen XXX sitzende und zuvor unter B GmbH firmierende Klägerin entwickelt, produziert und vertreibt Automatisierungslösungen für Anwendungen im Maschinenbau. Zu ihrem Produktportfolio gehören unter anderem Automatisierungssysteme, Steuerungskomponenten und Motoren.
  12. Bei der ursprünglich unter C GmbH firmierenden Beklagten handelt es sich um die deutsche Tochtergesellschaft der D mit Sitz in den USA. Die D-Unternehmensgruppe stellt her und vertreibt Produkte für Anwendungen in der Automobil-, Luft- und Raumfahrtindustrie bis hin zu Anwendungen in Windenergieanlagen sowie Gas- und Dampfturbinen.
  13. Die Parteien vereinbarten am 22. August 2018 einen Asset-Deal im Rahmen dessen die Beklagte sowohl ihre Aktivitäten als auch bestimmte Bereiche ihres Geschäfts betreffend Windenergieanlagen zur Stromerzeugung auf die Klägerin übertrug. Im Zuge des Asset-Deals (vgl. Asset Purchase Agreement vorgelegt als Anlagen K 3/3a; nachfolgend: APA) sollten zudem eine Reihe von gewerblichen Schutzrechten („Sold IP Rights“) auf die Klägerin übertragen werden, während der Klägerin an einer Reihe weiterer Schutzrechte („Licensed IP), die zunächst bei der Beklagten verbleiben sollten, eine einfache Lizenz eingeräumt wurde (vgl. License Agreement vorgelegt als Anlagen K 4/4a“; nachfolgend: LA). In Ziff. 6.2 des LA heißt es im originalen englischen Wortlaut und in deutscher Übersetzung:
  14. „6.2. In case the Seller/Licensor intends to give up or discontinue any of the Licensed IP in any country of the world, Seller/Licensor shall ensure that no third party acquires or has acquired prior to the Closing Date (as defined in the Asset Purchase Agreement) any such Licensed IP, and Seller/Licensor shall transfer said Licensed IP at no cost to Purchaser/Licensee (and shall retain a non-exclusive license) at least three months prior to giving up or discontinuing such Licensed IP; Purchaser/Licensee by signing this License Agreement accepts such transfer. The Parties will discuss the details of the handing over.
  15. Unless agreed otherwise between the Parties, Seller/Licensor shall be obliged to terminate any licenses to third parties related to Licensed IP which Seller/Licensor intends to give up or discontinue, prior to such transfer; Purchaser/Licensee shall be obliged to negotiate a new license with such former licensee at market conditions.
  16. Purchaser/Licensee assumes all maintenance fees and other statutory payment obligations for such transferred Licensed IP as well as all legal fees and the responsibility for preparing and executing of such a transfer or assignment. For the avoidance of doubt. Purchaser is free to use and exploit any such transferred or assigned Licensed IP and to give up or discontinue any such Licensed IP in its own discretion.”
  17. “6.2. Für den Fall, dass der Verkäufer/Lizenzgeber beabsichtigt, eines der Licensed IP in einem Land der Welt aufzugeben oder zu beenden, muss der Verkäufer/Lizenzgeber sicherstellen, dass keine dritte Partei derartige Licensed IP erwirbt oder vor dem Abschlussdatum (entsprechend dem Asset Purchase Agreement) erworben hat, und der Verkäufer/Lizenzgeber muss diese Licensed IP mindestens drei Monate vor deren Aufgabe oder Einstellung kostenlos an den Käufer/Lizenznehmer übertragen (und eine nicht-exklusive Lizenz behalten); der Käufer/Lizenznehmer akzeptiert diese Übertragung durch Unterzeichnung dieser Lizenzvereinbarung. Die Parteien werden die Einzelheiten der Übergabe abstimmen.

    Sofern zwischen den Parteien nichts Anderes vereinbart wurde, ist der Verkäufer/Lizenzgeber verpflichtet, vor einer solchen Übertragung alle Lizenzen an Dritte zu kündigen, die sich auf diejenigen Licensed IP beziehen, die der Verkäufer/Lizenzgeber aufzugeben oder zu beenden beabsichtigt; der Käufer/Lizenznehmer ist verpflichtet, mit dem ehemaligen Lizenznehmer eine neue Lizenz zu Marktbedingungen auszuhandeln.

  18. Der Käufer/Lizenznehmer übernimmt alle Aufrechterhaltungsgebühren und andere gesetzlich vorgesehene Zahlungsverpflichtungen für diese übertragenen Licensed IP sowie alle Rechtsgebühren und die Pflicht für die Vorbereitung und Durchführung einer solchen Übertragung oder Abtretung. Es wird klargestellt, dass es dem Käufer freisteht, jegliche übertragenen oder abgetretenen Licensed IP zu nutzen und zu verwerten und die Licensed IP nach eigenem Ermessen aufzugeben oder einzustellen.“
  19. Wegen der weiteren Einzelheiten der Verträge wird auf die Anlagen K 3/3a und K 4/4a Bezug genommen.
  20. Mit Schreiben vom 11. Oktober 2019 (vgl. Anlagen K 6/6a) teilte die Beklagte der Klägerin mit Blick auf die vom LA umfassten Patentfamilien MD-XXX, MD-XXX, MD-XXX, MD-XXX, MD-XXX und MD-XXX mit, dass sie deren Weiterverfolgung aufzugeben beabsichtige und bot diese Patentfamilien daher der Klägerin zur Übernahme gemäß Ziff. 6.2. des LA an. Mit Blick auf die Patentfamilien MD-XXX, MD-XXX, MD-XXX, MD-XXX und MP-XXX teilte die Beklagte der Kläger zudem mit, dass sie auch diese Patentfamilien aufgeben wolle, diese aber zunächst einer Drittlizenznehmerin, der E bzw. A. (nachfolgend: Drittlizenznehmerin oder nur E), zur Übernahme angeboten habe, da diese über eine ähnliche Option verfüge, wie die Klägerin in Ziff. 6.2 des Lizenzvertrages. Wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens wird auf die Anlage K 6/6a Bezug genommen. Die Klägerin antwortete mit E-Mail vom 5. November 2019 (vgl. Anlage K 7) und bestätigte den Übergang sämtlicher im Schreiben der Beklagten vom 11. Oktober 2019 genannten Patentfamilien nach Ziff. 6.2 des LA. Mit E-Mail vom 7. November 2019 bestätigte die Beklagte sodann den Eingang der E-Mail der Klägerin vom 5. November 2019 und teilte mit, dass sie die mitwirkende Patentanwälte angewiesen habe, die Übertragungen für die Patentfamilien MD-XXX, MD-XXX, MD-XXX, MD-XXX, MD-XXX und MD-XXX vorzubereiten (vgl. Anlage K 7).
  21. Nachdem die Klägerin in der Folgezeit keine weitere Reaktion der Beklagten erhalten hatte, fasste sie mit Schreiben vom 20. November 2019 (vgl. Anlage K 8) bei der Beklagten unter Fristsetzung bis zum 27. November 2019 nach, da insbesondere für Dezember 2019 eine Einspruchsverhandlung mit Blick auf die Patentfamilie MD-XXX vor dem europäischen Patentamt terminiert war. Nachdem auch diese Frist fruchtlos verstrichen war, wandte sich die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 28. November 2019 (vgl. Anlage K 9) erneut an die Beklagte und setzte eine weitere Frist bis zum 2. Dezember 2019.
  22. Mit Schreiben vom 2. Dezember 2019 (vgl. Anlage K 10) bestätigte die Beklagte der Klägerin sodann die Übertragung der Patentfamilien MD-XXX, MD-XXX, MD-XXX, MD-XXX, MD-XXX, MD-XXX und MD-XXX, wobei sie zugleich mitteilte, dass der im Schreiben vom 11. Oktober 2019 erwähnte Drittlizenznehmer die Übernahme der MD-XXX abgelehnt habe und daher auch diese Patentfamilie der Klägerin angeboten werden könne. Sie teilte weiter mit, dass der Drittlizenznehmer hingegen für die Übernahme der ihm angebotenen Patentfamilien MD-XXX, MD-XXX und MD-XXX optiert habe, so dass diese drei Patentfamilien der Klägerin nicht angeboten werden könnten. Schließlich teilte die Beklagte der Klägerin noch mit, dass der Drittlizenznehmer auch kein Interesse an der Patentfamilie MP-XXX habe, so dass die Beklagte den Lizenzvertrag mit dem Drittlizenznehmer beenden wolle.
  23. In der Folgezeit kam es zwischen den patentanwaltlichen Vertretern der Parteien zu weiterer Korrespondenz, die insbesondere die – bislang noch nicht vollständig abgeschlossene – Umschreibung der unstreitig auf die Klägerin übertragenen Patentfamilien zum Inhalt hatte, wobei es insbesondere noch der Umschreibung der nicht deutschen bzw. nicht europäischen Schutzrechte bedarf.
  24. Auf die E-Mail der Klägerin vom 6. Dezember 2019 (vgl. Anlage K 11), teilte die Beklagte mit E-Mail vom 10. Dezember 2019 (vgl. Anlage K 12) die Identität der E als Drittlizenznehmerin mit. Mit E-Mail vom 10. Februar 2019 fasste die Klägerin bei der Beklagten nach und bat um Übersendung der versprochenen Verträge und Erklärungen.
  25. Zwischenzeitlich wurden der Klägerin bzw. ihrem auch im hiesigen Verfahren mitwirkenden Patentwalt Dr. F zumindest Übertragungserklärungen der Beklagten mit Blick auf die unstreitig auf die Klägerin zu übertragenden Patentfamilien übersandt. Soweit mit Blick auf die Umschreibung noch weitere Unterlagen erforderlich sind, etwa die für die Umschreibung im US-amerikanischen Register erforderlichen Erklärungen der Erfinder, so liegen diese der Klägerin bislang noch nicht vor. Mit E-Mail vom 2. Februar 2021 (vgl. Anlagen K 16/16a) wandte sich daher der Patentanwalt der Klägerin an die Beklagte und teilte dieser unter Fristsetzung bis zum 2. März 2021 mit, welche konkreten Unterlagen noch für die Umschreibung (in den jeweiligen Ländern) fehlen. Nachdem die Beklagte auch diese Frist hat fruchtlos verstreichen lassen, fasste der Patentanwalt der Klägerin mit Schreiben vom 4. März 2021 (vgl. Anlage K 17) letztmalig nach, woraufhin die Beklagte mitteilte, sich um die Erledigung zu kümmern.
  26. Die Klägerin behauptet, Inhaberin der streitigen Patentfamilien MD-XXX, MD-XXX und MD-XXX geworden zu sein. Insoweit meint sie, Ziff. 6.2 des LA enthielte eine aufschiebend bedingte Übertragung auch dieser Patentfamilien. Jedenfalls aber sei die Beklagte zur Abgabe entsprechender Willenserklärung zur Übertragung der Schutzrechte verpflichtet. Bei der Auslegung des LA sei zudem zu berücksichtigen, dass das LA (wie es in dessen Ziff. 10.1 bestimmt sei), Bestandteil des APA sei und daher im Zweifel die Regelungen des APA vorrangig seien. Insbesondere müsse daher die Regelung der Ziff. 10.4.1 des LA im Lichte der Ziff. 15.4 des APA ausgelegt werden, so dass die Beklagte die lizenzierten Schutzrechte nur an konzernverbundene Unternehmen habe übertragen dürfen. Nicht zuletzt spreche auch der in lit. B) in der Präambel hinterlegte Zweck des APA, der Klägerin die (vollständige) Übernahme des Geschäftsbetriebs der Beklagten zu ermöglichen, gegen die Annahme, dass die Beklagte die zunächst nur weiterlizenzierten Schutzrechte ohne Weiteres an Dritte habe übertragen dürfen.
  27. Soweit die Beklagten als Anlage B 2 ein „Assignment and Transfer Agreement“ vorgelegt habe, welches sie mit A geschlossen haben will, so datiere dieses vom 18. März 2020, mithin auf einen Zeitpunkt nach Klageerhebung. Auch das von der B 2 in Bezug genommene „Asset Purchase Agreement“ datiert vom 22. Februar 2019, mithin einen Zeitraum nach Schluss des APA. Somit habe die Beklagte gegen ihre vertraglichen Pflichten aus Ziff. 6.2 des LA verstoßen, der Klägerin Eigentum den streitigen Patentfamilien nach Mitteilung des Aufgabewillens zu verschaffen.
  28. Auch sei die Beklagte nach dem APA und dem LA verpflichtet, der Klägerin sämtliche Unterlagen vorzulegen, die sie für die Umschreibung bei den jeweiligen Ämtern benötige. Für den Fall, dass die Beklagte die Schutzrechte ganz oder teilweise nicht mehr auf die Klägerin übertragen könne, habe sie jedenfalls gegen ihre vertraglichen Verpflichtungen aus Ziff. 6.2 des LA verstoßen mit der Folge, dass sie zum Schadensersatz verpflichtet wäre. Ohne Auskunftserteilung über vertragliche Absprachen mit Dritten, insbesondere mit A, sei die Klägerin auch nicht in der Lage abzuschätzen, welche Rechtsposition ihr zustehe und welche Nachteile ihr erwachsen könnten. Der Auskunftsanspruch ergebe sich aus den Grundätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB).
  29. Sie behauptet, durch die Weigerung der Beklagten, die erforderlichen Erklärungen zur Umschreibung vorzulegen, sei ihr auch ein Schaden entstanden, da sie nicht über die Schutzrechte verfügen und insbesondere gegen schutzrechtsverletzende Dritte vorgehen könne und zudem nicht unerhebliche Rechtsverfolgungskosten angefallen seien. Die genaue Schadenshöhe könne sie indes noch nicht beziffern, so dass jedenfalls ein Feststellungsinteresse bestehe. Gleiches gelte auch mit Blick auf diejenigen Patentfamilien, die unstreitig auf die Klägerin zu übertragen sind.
  30. Die Klägerin beantragt,
  31. I.
    1. festzustellen, dass die Klägerin Inhaberin der einzelnen Schutzrechte und Schutzrechtsanmeldungen ist, die den Schutzrechtsfamilien MD-XXX, MD-XXX und MD-XXX angehören, insbesondere derjenigen, die aus der Auflistung in nachfolgender Anlage A ersichtlich sind;
  32. hilfsweise hierzu
  33. die Beklagte zu verurteilen, die Inhaberstellung an den einzelnen Schutzrechten und Schutzrechtsanmeldungen gemäß vorstehendem Absatz an die Klägerin zu übertragen;
  34. 2. die Beklagte zu verurteilen, gegenüber den jeweils zuständigen Patentämtern einzuwilligen, dass die Klägerin als Inhaberin der einzelnen in vorstehender Ziffer I.1. benannten Schutzrechte und Schutzrechtsanmeldungen eingetragen wird, soweit die Beklagte selbst noch als Inhaberin der einzelnen Schutzrechte und Schutzrechtsanmeldungen eingetragen ist;
  35. 3. die Beklagte zu verurteilen, bezüglich der einzelnen in vorstehender Ziffer I.1. benannten Schutzrechte und Schutzrechtsanmeldungen die Einwilligung des jeweils eingetragenen Dritten einzuholen, soweit die Beklagte selbst nicht mehr als Inhaberin der einzelnen Schutzrechte und Schutzrechtsanmeldungen eingetragen ist;
  36. 4. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der dadurch entstanden ist und zukünftig noch entstehen wird, dass die Beklagte die für die Umschreibung der einzelnen in vorstehender Ziffer I.1. benannten Schutzrechte und Schutzrechtsanmeldungen erforderlichen Übertragungserklärungen sowie sämtliche etwaigen weiteren für die Umschreibung erforderlichen Unterlagen und Erklärungen nicht bis spätestens zum 28.11.2019 zur Verfügung gestellt hat an die Klägerin übermittelt hat;
  37. 5. die Beklagte zu verurteilen, Auskunft zu erteilen über die bezüglich der einzelnen in vorstehender Ziffer I.1. benannten Schutzrechte und Schutzrechtsanmeldungen zwischen der Beklagten und der A (A) oder anderen Dritten getroffenen Vereinbarungen und Absprachen sowie geführter Korrespondenz unter Vorlage von Kopien von Schriftstücken oder Ausdrucken elektronischer Korrespondenz, und zwar insbesondere von
  38. • Kopien der zwischen A und der Beklagten geschlossenen Vereinbarungen,
    • Kopien der Korrespondenz zwischen A und der Beklagten im Zusammenhang mit dem Abschluss der Vereinbarung, der Aufgabe der Schutzrechte und der Forderung der Klägerin an die Beklagte, ihr die Schutzrechtsfamilien gemäß Ziffer I.1. zu übertragen,
    • Kopien etwaiger anlässlich der Aufgabe geschlossener Vereinbarungen,
    • Kopien der Korrespondenz zwischen der Beklagten und A im Zusammenhang mit dem Anschreiben der Klägerin an die Beklagte gemäß Anlage K 18;
  39. hilfsweise zu den Anträgen zu Ziffer I.1. bis 4.
  40. 6. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der dadurch entstanden ist und noch entstehen wird, dass die Beklagte der Klägerin die Inhaberstellung an allen oder einzelnen der in vorstehender Ziffer I.1. benannten Schutzrechte und Schutzrechtsanmeldungen nicht verschafft hat oder verschaffen kann und/oder der Klägerin insoweit nicht zu allen oder einzelnen Schutzrechten und Schutzrechtsanmeldungen die erforderlichen Umschreibungserklärungen sowie sämtliche etwaigen weiteren für die Umschreibung erforderlichen Unterlagen und Erklärungen verschafft hat oder verschaffen kann;
  41. weiter hilfsweise zu den Anträgen zu Ziffer I.1. bis 4. und 6.
  42. 7. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen denjenigen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin dadurch entstanden ist oder noch entstehen wird, dass die Beklagte der A. nicht die ihr gegenüber der Klägerin obliegenden Verpflichtungen aus dem zwischen der Klägerin und der Beklagten abgeschlossenen Lizenzvertrag vom 22.08.2018 gemäß Anlage K 4 auferlegt hat, beispielsweide die Verpflichtung aus dessen Ziffer 6.2.;
  43. II. festzustellen dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der dadurch entstanden ist und noch entstehen wird, dass die Beklagte bezüglich der einzelnen Schutzrechte und Schutzrechtsanmeldungen, die den Schutzrechtsfamilien MD-XXX, MD-XXX, MD-XXX, MD-XXX und MP-XXX angehören, insbesondere derjenigen, die aus der Auflistung in nachfolgender Anlage B ersichtlich sind, der Klägerin die erforderlichen Umschreibungserklärungen nicht bis spätestens zum 28.11.2019 zur Verfügung gestellt hat und/oder der Klägerin nicht sämtliche für die Umschreibung und oder die Eintragung erforderlichen Unterlagen und Erklärungen verschafft hat oder verschaffen kann.
  44. Die Beklagte beantragt,
  45. die Klage abzuweisen.
  46. Die Beklagte meint, aus Ziff. 6.2 des LA ergebe sich keine automatische (aufschiebend bedingte) Übertragung der streitgegenständlichen Schutzrechte bzw. eine entsprechende Übertragungsverpflichtung auf Seiten der Beklagten. Insoweit müsse auch Ziff. 10.4.1 des LA mit berücksichtigt werden, in der bestimmt sei, dass der Lizenzgeber das lizenzierte IP auf ein „verbundenes Unternehmen oder einen Dritten“ übertragen dürfe. Etwas anderes ergebe sich auch nicht unter Berücksichtigung des APA. Zwar sei davon eine Erklärung der Beklagten umfasst, nach der die Beklagte keine Verträge mit Dritten geschlossen habe, die mit den Rechten der Klägerin kollidierten. Zum einen seien von dieser Erklärung nur Umstände vor Vertragsschluss umfasst und zum anderen sehe die Vereinbarung mit A gerade den Fortbestand der einfachen Lizenz zu Gunsten der Klägerin vor, so dass sie in ihren Rechten nicht gehindert sei.
  47. Die Vertragsverhandlungshistorie und die ausgetauschten Vertragsentwürfe würden zudem belegen, dass es dem Parteiwillen entsprochen habe, dass die lizenzierten Schutzrechte frei übertragbar sein sollten. Die Regelungen des LA würden im Sinne einer Spezialregelung den allgemeineren Regeln des APA vorgehen. Die Beklagte habe sich im Gegenzug dafür, dass Ziff. 6.1 des LA vorsehe, dass die Beklagte zunächst die Kosten für die Aufrechterhaltung der lizenzierten Schutzrechte übernehme, zusichern lassen (Ziff. 10.4.1 des LA), dass sie diese Schutzrechte frei an Dritte übertragen könne, um sich von den laufenden Kosten lösen zu können. Ziff. 6.2 des LA sei zudem von der Klägerin fehlerhaft übersetzt, da der Satzteil „prior to the Closing Date“ sich sowohl auf „aquires“ als auch auf „has aquired“ beziehe, mit der Folge, dass die Beklagte nur sicherstellen musste, dass sie die lizenzzierten Schutzechte nicht vor dem Vertragsschluss von Dritten erworben hat bzw. bis dahin erwirbt. Der Vertrag mit A sei indes erst nach Vertragsschluss erfolgt.
  48. Mit Blick auf die Schutzrechtsfamilien MD-XXX, MD-XXX und MD-XXX fehle es bereits an zwei übereinstimmenden, auf die Übertragung der Schutzrechte gerichteten Willenserklärungen. Die Beklagte behauptet insoweit, der Klägerin mit Schreiben vom 11. Oktober 2019 eine Aufgabeabsicht betreffend der Patentfamilien MD-XXX, MD-XXX und MD-XXX nur bedingt für den Fall erklärt zu haben, dass diese drei Patentfamilien nicht von dem Drittlizenznehmer übernommen würden; insoweit fehle es daher bereits an einer finalen Aufgabe-/Übertragungserklärung. Soweit man die Erklärung der Beklagten in Schreiben vom 11. Oktober 2019 als Angebot zur Übertragung der drei streitigen Patentfamilien verstehen sollte, mithin als eine Willenserklärung im Sinne eines Angebots, so habe dieses Angebot jedenfalls unter der aufschiebend Bedingung gestanden, dass der Drittlizenznehmer die Schutzrechtsfamilien nicht fristgerecht übernehme, was indes der Fall gewesen sei (vgl. Anlage B 1). Über die Übernahme sei die Klägerin auch mit Schreiben vom 2. Dezember 2019 (vgl. Anlage K 10) informiert worden. Im Übrigen seien auch die Formerfordernisse für die rechtsgeschäftliche Übertragung der drei Patentfamilien nicht gewahrt worden, insbesondere das Formerfordernis des Art. 72 EPÜ.
  49. Auch sei kein Übertragungsanspruch gestützt auf Ziff. 6.2 des LA zu Gunsten der Klägerin und mit Blick auf die MD-XXX, MD-XXX und MD-XXX entstanden. Voraussetzung dafür wäre, dass die Beklagte die Schutzrechte habe aufgeben wollen, mithin der Bestand der Schutzrechte gefährdet gewesen sei. Durch die Übertragung der Schutzrechte auf einen Dritten (und der Übernahme der einfachen Lizenz mit der Klägerin) habe diese Gefahr aber zu keinem Zeitpunkt bestanden.
  50. Durch den Wechsel des Lizenzgebers seien der Klägerin im Übrigen keinerlei Nachteile bzw. Schäden entstanden, insbesondere habe sie ihre Stellung als einfache Lizenznehmerin ohne Pflicht zur Rechnungslegung und Zahlung einer Lizenzgebühr behalten. Soweit die Klägerin insoweit noch behauptet, durch ihre Rolle als einfache Lizenznehmer sei sie gehindert, die Schutzrechte gegen Dritte geltend zu machen, so stehe diesem Einwand bereits Ziff. 7.2 des LA entgegen, gemäß dem die Klägerin sehr wohl zur Rechtsdurchsetzung ermächtigt sei.
  51. Dem geltend gemachten Schadensersatzanspruch stünde auch bereits entgegen, dass der Beklagten keine Pflichtverletzung i.S.d. § 280 BGB vorzuwerfen sei. Schließlich bestehe auch – schon mangels Rechtsgrundlage – kein Auskunftsanspruch der Klägerin, zumal die Beklagte die Klägerin über die Identität des Erwerbers/Drittlizenznehmers informiert und zudem angeboten habe, den Kontakt herzustellen.
  52. Mit Blick auf die unstreitig auf die Klägerin zu übertragenden Schutzrechtsfamilien sei der Beklagten ebenfalls keine einen Schadensersatzanspruch auslösende Pflichtverletzung vorzuwerfen. Keines der Schutzrechte drohe innerhalb der Frist der Ziff. 6.2 zu verfallen, so dass hinreichende Zeit verbliebe, die Umschreibung zu bewirken. Zudem habe die Klägerin die von der Beklagten mit E-Mail vom 2. Dezember 2019 (vgl. Anlage B 3) übermittelten und unterschriebenen Übertragungsdokumente zurückgewiesen (vgl. E-Mail vom 12. Dezember 2019, Anlage B 4) und eigene Dokumente entworfen. Die durch die Verzögerung bei der Klägerin entstandenen Rechtsverfolgungskosten seien daher nicht der Beklagten anzulasten.
  53. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie auf die zu den Akten gereichten Unterlagen ergänzend Bezug genommen.
  54. Entscheidungsgründe
  55. Die zulässige Klage hat in der Sache nur teilweise Erfolg.
  56. A.
    Die Klage ist nur teilweise begründet.
  57. I.
    Die Kammer vermochte nicht festzustellen, dass die Klägerin Inhaberin einzelner Schutzrechte bzw. Schutzrechtsanmeldungen geworden ist, die den Patentfamilien MD-XXX, MD-XXX und MD-XXX angehören. Gleichfalls vermochte die Kammer nicht festzustellen, dass die Beklagte der Klägerin noch die Inhaberschaft an diesen Schutzrechten verschaffen kann. Demgegenüber hat der hilfsweise zu Ziff. I.7 gestellte Antrag auf Schadensersatzfeststellung sowie der korrespondierende Auskunftsantrag gemäß Ziff. I.5. Erfolg.
  58. 1.
  59. 1.1.
    Die Klägerin ist nicht Inhaberin der Schutzrechte bzw. Schutzrechtsanmeldung, welche den Patentfamilien MD-XXX, MD-XXX und MD-XXX (nachfolgend auch: streitige Patentfamilien) angehören.
  60. Zwischen den Parteien steht zu Recht nicht im Streit, dass die Beklagte (bzw. ihre Rechtvorgängerinnen) ursprünglich Inhaberin der den streitigen Patentfamilien angehörigen Schutzrechte war. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist sie, nachdem die Beklagte ihre Entscheidung zur Aufgabe dieser Schutzrechte getroffen und dies auch gegenüber der Klägerin auch im Oktober 2019 kommuniziert hatte, nicht Inhaberin an den vorgenannten Patentfamilien geworden. Entsprechendes folgt insbesondere nicht aus Ziff. 6.2 des LA.
  61. Die Klausel der Ziff. 6.2 statuiert in ihrem ersten Absatz – der nachfolgend erneut wiedergegeben wird – nur eine schuldrechtliche Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin die Inhaberschaft an den vom Lizenzvertrag betroffenen Schutzrechten für den Fall zu verschaffen, in welchen sie deren Aufgabe beabsichtigt:
  62. „Für den Fall, dass der Verkäufer/Lizenzgeber beabsichtigt, eines der Licensed IP in einem Land der Welt aufzugeben oder zu beenden, muss der Verkäufer/Lizenzgeber sicherstellen, dass keine dritte Partei derartige Licensed IP erwirbt oder vor dem Abschlussdatum (entsprechend dem Asset Purchase Agreement) erworben hat, und der Verkäufer/Lizenzgeber muss diese Licensed IP mindestens drei Monate vor deren Aufgabe oder Einstellung kostenlos an den Käufer/Lizenznehmer übertragen (und eine nicht-exklusive Lizenz behalten); der Käufer/Lizenznehmer akzeptiert diese Übertragung durch Unterzeichnung dieser Lizenzvereinbarung. Die Parteien werden die Einzelheiten der Übergabe abstimmen.“
  63. Insoweit handelt es sich um ein Verpflichtungsgeschäft, mit dem sich die Beklagte als Lizenzgeberin gegenüber der Klägerin als Lizenznehmerin verpflichtet hat, dieser den Lizenzgegenstand zu übertragen und zwar für den Fall, dass die Beklagte das Schutzrecht aufgeben oder beenden will. Von dem Verpflichtungsgeschäft grundsätzlich zu trennen ist nach den allgemein geltenden zivilrechtlichen Regeln zum Vertragsschluss das Verfügungsgeschäft, mithin dasjenige Rechtsgeschäft, mit dem der Gegenstand des Verpflichtungsgeschäfts (materiell-rechtlich) auf den aus dem Verpflichtungsgeschäft Berechtigten übertragen wird.
  64. Grundsätzlich können auch gewerbliche Schutzrechte und die entsprechenden Schutzrechtsanmeldung Gegenstand solcher Verfügungsgeschäfte im Sinne von §§ 398, 413 BGB sein (vgl. für ein deutschen Patent etwa: Ullmann/Deichfuß in Benkard, PatG, 11. Auflage 2015, § 15, Rz. 15f.; allgemein: Grüneberg, Kommentar zum BGB, 81. Auflage 2022, § 413, Rz. 1 und 2 i.V.m. § 398, Rz. 2). Voraussetzung einer wirksamen Übertragung bzw. Abtretung eines gewerblichen Schutzrechts sind indes zwei – ggf. auch konkludent abgegebene – übereinstimmende Willenserklärung der Vertragsparteien. Die Anwendbarkeit des BGB folgt insoweit aus Ziff. 15.6 des APA und 10.7 des LA, die die Anwendung deutschen Rechts explizit vorsehen.
  65. 1.1.1.
    Der vorstehenden Klausel der Ziff. 6.2 des LA ist – anders als die Klägerin meint – eine solche auf das Verfügungsgeschäft gerichtete (und unter einer aufschiebenden Bedingung im Sinne von § 158 Abs. 1 BGB stehende) Willenserklärung der Beklagten nicht zu entnehmen.
  66. Ausgangpunkt für die Auslegung der Klausel bildet deren Wortlaut. Soweit die Klausel davon spricht, dass „der Verkäufer/Lizenzgeber diese Licensed IP mindestens drei Monate vor deren Aufgabe oder Einstellung kostenlos an den Käufer/Lizenznehmer übertragen [muss]“ so liegt darin kein Angebot des Lizenzgebers (Beklagte), welches auf die unmittelbare Übertragung der Schutzrechte auf die Klägerin zu Inhalt hat. Zwar folgt diesem Satz ein Halbsatz, der besagt, dass „der Käufer/Lizenznehmer diese Übertragung durch Unterzeichnung dieser Lizenzvereinbarung [akzeptiert]“, was dafür sprechen könnte, dass dies die Annahme des Übertragungsangebots darstellt. Jedoch kann dieser Halbsatz aus Sicht einer verständigen Dritten auch dergestalt verstanden werden, dass die Annahme der Übertragung bereits jetzt und mit Blick auf eine zukünftig noch von der Lizenzgeberin abzugebende Übertragungserklärung erfolgen soll. Für das letztere Verständnis streitet, dass im letzten Satz des ersten Absatzes noch davon gesprochen wird, dass sich die Parteien über die Einzelheiten der Übergabe absprechen werden, was dafür spricht, dass die Übertragung noch nicht abschließend erklärt werden sollte.
  67. Auch die Systematik der Ziff. 6.2 wie des gesamten LA streitet dafür, dass die Beklagte die von der Lizenz umfassten Schutzrechte noch nicht aufschiebend bedingt auf die Klägerin übertragen wollte. So statuiert der nächste Absatz der Ziff. 6.2 die Pflicht der Beklagten, vor einer Übertragung im Sinne des ersten Absatzes der Ziff. 6.1 alle an Dritte vergebene Lizenzen zu kündigen. Sofern aber – wie die Klägerin meint – die Übertragung bereits in dem Moment abgeschlossen sein soll, in dem die Beklagte die Aufgabe des jeweiligen Schutzrechts ankündigt, so könnte die Beklagte den Lizenzvertrag mit einem Dritten gar nicht mehr kündigen, da die Lizenz im Wege des Sukzessionsschutzes dann bereits auf die Klägerin übergegangen wäre.
  68. Auch spricht die Ziff. 10.4.1 des LA, nach der der Lizenzgeber berechtigt ist, „das lizenzierte IP und/oder diesen Lizenzvertrag auf ein verbundenes Unternehmen oder einen Dritten zu übertragen“, gegen das Verständnis der Klägerin der Ziff. 6.2. Denn wenn die lizenzierten Schutzrechte bereits mit Vertragsschluss (aufschiebend bedingt) auf die Klägerin übertragen worden wären, so würde die Regelung der Ziff. 10.4.1 insoweit leer laufen, als es dann gar kein lizenziertes IP mehr gegeben hätte, das von der Beklagten an einen Dritten oder ein verbundenes Unternehmen hätte übertragen werden können. In diesem Zusammenhang nicht nachzuvollziehen ist zudem das Verständnis der Klägerin, die Regelungen des APA, insbesondere die Regelung in Ziff. 15.4, gingen den Regeln des LA vor bzw. würden deren Auslegung maßgeblich beeinflussen. Zum einen entspricht es den allgemeinen Auslegungsregeln von Verträgen, dass Spezialregelungen die allgemeiner gehaltenen Regelungen ergänzen und/oder modifizieren und nicht umgekehrt. Während das APA allgemein den Verkauf des Geschäftsbetriebes der Beklagten und den Verkauf bestimmter Schutzrechte („Sold IP-Rights“) regelt, haben sich die Parteien entschlossen, die vom APA umfassten Lizenzierung weiterer Schutzrechte durch einen ergänzenden Vertrag, vorliegend den LA, zu regeln („Licensed IP“). Insoweit konsistent spricht Ziff. 10.1. des LA auch dann davon, dass das LA einen integralen Bestandteil des APA bildet, mithin für die Lizenzierung speziellere Regelungen enthält.
  69. Etwas anders ergibt sich schließlich auch nicht aus der von den Parteien zuletzt in Bezug genommenen Historie der Vertragsverhandlungen und den ausgetauschten Vertragsentwürfen. Wie den zur Akte gereichten Vertragsentwürfen und der zugehörigen Korrespondenz der am Vertragsabschluss beteiligten Personen entnommen werden kann (vgl. Anlagen K 14, K 16 und B 6ff.), war insbesondere auch die Klausel der Ziff. 6.2 und 10.4.1 bis zuletzt Gegenstand kontroverser Diskussionen zwischen den Parteien. Maßgeblich für die Frage, was der Ziff. 6.2 entnommen werden kann, ist indes die tatsächlich in den Vertrag aufgenommene Fassung. Soweit die Parteien beide Bezug nehmen auf die Vertragsentwürfe und meinen, diese würden ihre jeweilige Auffassung bzw. ihr Verständnis von Ziff. 6.2 stützen, so belegt dies nur, dass es einen Dissens gab bzw. gibt, da sich die subjektiven Vorstellungen der Parteien erheblich unterschieden. Zur Auflösung des Dissens kommt es daher darauf an, wie ein objektiver Dritter die Klausel versteht, was vorstehend ausgeführt wurde.
  70. 1.1.2.
    Auch dem Schreiben der Beklagten vom 11. Oktober 2019 ist – anders als die Klägerin meint – keine Willenserklärung dahingehend zu entnehmen, dass (auch) die streitigen Patentfamilien der Klägerin sofort zur Übernahme angeboten werden sollen.
  71. Während die Beklagte im ersten Teil des Schreibens (Seite 1 der Anlage K 6/6a) die Klägerin über ihre Absicht informierte, die dort genannten Patentfamilien aufzugeben und sie daher diese Schutzrechte – gemäß ihrer Verpflichtung auf Ziff. 6.2 des LA – der Klägerin zur Übernahme anbot, so gilt dies nicht in gleichem Maße für die auf Seite 2 genannten weiteren Schutzrechtsfamilien, zu denen auch die drei streitigen Patentfamilien gehören. Zwar lässt sich dem Schreiben eindeutig entnehmen, dass die Beklagte auch auf diese Patentfamilien verzichten wollte. Anders als mit Blick auf die auf der ersten Seite genannten Patentfamilien hat die Beklagte die streitigen Patentfamilien aber nicht der Klägerin unmittelbar zur Übernahme angeboten, vielmehr hat die Beklagte erklärt, diese Patentfamilien zunächst einem Dritten zu Übernahme angeboten zu haben. Diese Patentfamilien sollten der Klägerin daher vorsorglich und nur für den Fall zur Übernahme angeboten werden, dass der Drittlizenznehmer die Übernahme ablehnt, was in Folge auch mit Blick auf die beiden Patentfamilien MD-XXX und MP-XXX geschah. Ein objektiver Dritter konnte das Schreiben der Beklagten daher nur so verstehen, als die streitigen Patentfamilien der Klägerin erst für den Fall zur Übernahme angeboten werden sollten, in welchem sie von Drittlizenznehmer nicht übernommen werden.
  72. Das Übertragungsangebot von Seiten der Beklagten stand daher unter einer aufschiebenden Bedingung im Sinne von § 158 Abs. 1 BGB mit der Folge, dass es nach Eintritt der Bedingung kein annahmefähiges Angebot der Beklagten auf Übertragung der streitigen Patentfamilien gab. Insoweit kommt es nach § 133 BGB auf den maßgeblichen Willen der Parteien an, wobei sich der Wille der Beklagten, ein bedingtes Angebot abgeben zu wollen, zweifelsfrei aus ihrer Erklärung ergibt.
  73. 1.1.3.
    Da die streitigen Schutzrechte weder durch den Abschluss des APA/LA, noch in Folge des Schreibens der Beklagten vom 11. Oktober 2019 auf die Klägerin übergegangen sind, musste der Antrag zu Ziff. I.1., mit dem die Klägerin Feststellung ihrer Inhaberschaft an diesen Schutzrechten begehrt, ohne Erfolg bleiben.
  74. Gleiches gilt auch mit Blick auf den hilfsweise gestellten Antrag zu Ziff. I.1., mit dem die Klägerin eine Verurteilung der Beklagten begehrt, ihr die Inhaberschaft an den streitigen Schutzrechtsfamilien zu verschaffen. Selbst wenn man an dieser Stelle zu Gunsten der Klägerin unterstellt, aus Ziff. 6.2 folge die Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin die streitigen Schutzrechts zu übertragen, da die Beklagte deren Aufgabe hinreichend eindeutig erklärt hat, so scheitert dies jedenfalls an dem Einwand der Unmöglichkeit gemäß § 275 BGB. Denn die streitigen Schutzrechte wurden seitens des insoweit nicht widersprochenen Vortrags der Beklagten, nach Abschluss des APA/LA auf einen Dritten (A) übertragen, so dass die Beklagte nicht mehr Inhaberin dieser Schutzrechte ist und daher der Klägerin die Inhaberschaft auch nicht mehr verschaffen kann.
  75. 2.
    Aus den in Ziff. I.1. genannten Gründen folgt auch, dass die Anträge zu den Ziff. I.2. bis I.4. ohne Erfolg belieben mussten.
  76. Da weder die Beklagte noch die Klägerin Inhaberin an den streitigen Schutzrechtsfamilien ist, besteht auch kein Anspruch der Klägerin darauf, dass die Beklagte gegenüber den zuständigen Patentämtern Erklärungen dahingehend abzugeben hat, dass die Klägerin als Inhaberin eingetragen wird. Insoweit besteht dann auch kein Anspruch der Klägerin dahingehend, dass die Beklagte verurteilt wird, entsprechende Erklärungen von Dritten einzuholen.
  77. Da die Beklagte der Klägerin nicht mehr die Inhaberschaft an den streitigen Schutzrechtsfamilien zu verschaffen vermag, besteht auch kein Anspruch der Klägerin auf Feststellung dahingehend, dass ihr gemäß § 280 BGB diejenige Schäden zu ersetzen sind, die ihr dadurch entstanden ist, dass die Beklagte die erforderlichen Übertragungserklärungen nicht bis spätestens 28. November 2019 beigebracht hat.
  78. 3.
    Demgegenüber hat der äußerst hilfsweise zu Ziff. I.7. gestellte Feststellungsantrag Erfolg, da die Beklagte schuldhaft ihre Pflichten aus Ziff. 6.2 des LA verletzt hat und der Eintritt eines Schadens bei der Klägerin nicht auszuschließen ist.
  79. 3.1.
    Die Ziff. 6.2 des LA statuiert eine schuldrechtliche Pflicht der Beklagten, der Klägerin die Inhaberschaft an den lizenzierten Schutzrechten in dem Fall zu verschaffen, in welchem sie das jeweilige Schutzrecht aufgeben will. Entsprechendes folgt unmittelbar aus dem Wortlaut der Klausel, wo von „muss diese Licensed IP … kostenlos auf an den Käufer/Lizenznehmer übertragen“ gesprochen wird.
  80. Vorliegend kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagte dadurch, dass sie die streitigen Patentfamilien nach Vertragsschluss mit der Klägerin auf A übertragen hat, bereits eine schuldhafte Pflichtverletzung begangen hat, die einen Schadensersatzanspruch der Klägerin nach §§ 280 Abs. 1, 283 BGB begründen könnte.
  81. Denn die Parteien haben in Ziff. 6.2 flankierend weitere Pflichten der Beklagten statuiert, gegen die die Beklagte verstoßen hat. So hatte die Beklagte als Verkäuferin/Lizenzgeberin sicherzustellen, „dass keine Dritte Partei derartige Licensed IP erwirb oder vor dem Abschlussdatum (entsprechend dem Asset Purchase Agreement) erworben hat“. Aus Sicht eines verständigen Dritten (§§ 133, 157 BGB) kann diese Regelung der Klausel 6.2 nur so verstanden werden, als sich die Beklagte verpflichten wollte, alle Handlungen und Rechtsgeschäfte zu unterlassen, die dafür sorgen können, dass die lizenzierten Schutzrechte nicht mehr auf die Klägerin übertragen werden können, insbesondere dadurch, dass die Schutzrechte an einen Dritten übertragen werden.
  82. Dies gilt sowohl mit Blick auf solche Umstände, die vor Abschluss des APA/LA mit der Klägerin vorlagen, aber auch – anders als die Beklagte meint – mit Blick auf solche Handlungen der Beklagten nach Abschluss des APA/LA. Soweit die Beklagte zuletzt noch angeführt hat, der Terminus „prior to the Closing Date“ würde sich sowohl auf „aquires“ als auch auf „has aquired“ beziehen, so dass die Parteien nur solche Handlungen der Beklagten unterbinden wollten, die vor Abschluss des APA/LA lagen, so vermochte die Kammer dieser Sichtweise nicht zu folgen. Zwar mag es aus grammatikalischer Sicht grundsätzlich möglich sein, den Terminus „prior to the Closing Date“ beiden Verben zuzurechnen, indes macht dies – worauf die Klägerin zu Recht hingewiesen hat – aus systematischen und inhaltlichen Gründen keinen Sinn. Zum einen bezieht sich die Alternative „has aquired“ bereits auf den gesamten Zeitraum vor Abschluss des Vertrages, so dass es keinen relevanten Zeitraum gibt, der von „aquires“ umfasst wäre, wenn alle Handlungen nach Vertragsschluss nicht umfasst sein sollten. Darüber hinaus würde der – u.a. auch in der Präambel festgehaltene – Zweck des APA/LA verfehlt, wenn es der Beklagten ermöglicht würde, die vom Lizenzvertrag umfassten Schutzrechte nach Abschluss des Asset-Deal frei, d.h. ohne zeitgleiche Übernahem der Pflichten der Beklagten durch den Erwerber, zu übertragen, da für diesen Fall die Klägerin gerade nicht in die Position versetzt würde, den von der Beklagten abgegebenen Geschäftsbereich umfassend zu übernehmen. Vielmehr bestünde die Gefahr, dass sich die Klägerin zukünftig nicht nur mit einer Lizenzgeberin auseinandersetzen müsste, sondern für den Fall, dass die Beklagte die lizenzierten Schutzrechte an mehr als eine Drittpartei weitergibt, mit einer Vielzahl von Lizenzgebern, die zudem die Lizenz auch jederzeit beenden könnten, ohne dass die Klägerin dann die Schutzrechte erhalten würde. Ausgehend von dieser Sachlage versteht ein verständiger Dritter die Beschränkung der Ziff. 6.2 dahingehend, dass die Beklagte als Lizenzgeberin alle Handlung, also auch in der Zukunft, zu unterlassen hat, die der sicheren Übernahme der Schutzrechte durch die Klägerin entgegenstehen.
  83. Schließlich steht diesem Verständnis auch nicht die Ziff. 10.4.1. des LA entgegen, nach der die Lizenzgeberin unter anderem berechtigt sein soll, das lizenzierte IP auf einen Dritten zu übertragen. Denn dieses in Satz 2 der Ziff. 10.4.1 statuierte Recht der Beklagten, die vom Lizenzvertrag umfassten Schutzecht auch auf einen Dritten übertragen zu können, korrespondiert mit dem letzten Satz der Ziff. 10.4.1, wo bestimmt ist, dass „diese Vereinbarung [der Lizenzvertrag mit der Klägerin] für die Rechtsnachfolger und zulässigen Abtretungsempfänger jeder Partei bindend [ist]“. Die Beklagte durfte daher zwar die lizenzierten Schutzrechte auf einen Dritten übertragen, dann hätte sie aber dafür Sorge tragen müssen, dass dieser Dritte der Klägerin die gleichen Rechte einräumt, wie es die Beklagte in dem LA getan hat, insbesondere muss der Dritte die lizenzierten Schutzrechte der Klägerin zu Übernahme anbieten, falls er sie aufgeben will.
  84. Gegen diese Pflicht hat die Beklagte vorliegend schuldhaft verstoßen. Unter dem 22. Februar 2019 (Lizenzvertrag, vgl. Anlage B 21) bzw. 18. März 2020 (Patentübertragungsvertrag, vgl. Anlage B 2) hat die Beklagte mit A Verträge abgeschlossen, die eine ähnliche bzw. eine identische Regelung wie die Ziff. 6.2 des LA enthielten, mithin die eine Pflicht der Beklagten zur Übertragung der streitigen Schutzrechtsfamilien an A statuiert und zwar ohne dass A automatisch in die Pflichten der Beklagten gegenüber der Klägerin eintritt. Die Kammer vermochte auch nach dem weiteren, auf den Hinweisbeschluss der Kammer vom 3. Januar 2022 (Bl. 221 d.A.) erfolgten Vorbringen der Beklagten nicht festzustellen, dass die Beklagte ihrer aus den Verträgen mit der Klägerin folgenden Verpflichtung zur Übertragung der vorgenannten Schutzrechte bei Aufgabeabsicht auf die A nachgekommen ist.
  85. Soweit die Beklagte als Anlage B 2 die Übertragungsvereinbarung mit A aus März 2020 vorgelegt hat, so ergibt sich aus der dortigen Ziff. 3 zwar, dass die streitigen Patentfamilien mit den existierenden Lizenzen und Belastungen übertragen wurden, allerdings nur solche Lizenzen und Belastungen, die separat identifiziert wurden („subject to existing licenses and encumbrances that have been separately identified“). Die Kammer vermochte der Anlage B 2 indes unmittelbar nicht zu entnehmen, dass D Kenntnis von dem Lizenzvertrag der Beklagten mit der Klägerin und insbesondere der Belastung nach Ziff. 6.2 hat. Entsprechendes ergibt sich weder aus der Anlage B 2 noch aus der als Annex 1 beigefügten Patentliste.
  86. Entsprechendes ergibt sich auch weiter nicht aus den Ziffern 6.3 bis 6.5 des als Anlage B 21 in teilgeschwärzter Fassung vorgelegten Lizenzvertrages der Beklagten mit D. Insbesondere der von der Beklagten in Bezug genommenen Vertragsklausel der Ziff. 6.5 kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit entnommen werden, dass D alle vertraglichen Verpflichtungen der Beklagten gegenüber der Klägerin übernommen hat, insbesondere die Verpflichtung die streitgegenständlichen Schutzechte bei Aufgabeabsicht der anderen Seite anzudienen. Denn Ziff. 6.5 statuiert zunächst nur die Verpflichtung von D, unverzüglich nach Übernahme der Schutzechte die anfallenden Kosten und (Aufrechterhaltungs-)Gebühren zu tragen. Soweit im zweiten Satz der Ziff. 6.5 noch Bezug genommen wird auf solche Schutzrechte, die Gegenstand von Belastungen, Rechten, Zusicherungen und Verpflichtungen gegenüber Dritten sein können, können („may be“) dem Lizenznehmer, vorliegend A, solche Schutzechte übertragen werden. Aus der Verwendung des Wortes „können“ folgt aber auch, dass eine Übertragung der bestehenden Verpflichtungen gegenüber Dritten zwar möglich, aber nicht zwingend war. Insoweit geht auch das Argument der Beklagten an der Sache vorbei, in Ziff. 6.5 würde am Ende des zweiten Satzes nicht mehr im Konjunktiv ausgeführt sein, dass der Lizenznehmer, hier A, Verpflichtungen gegenüber Dritten „beachten und erfüllen“ („will also honor and fulfil“) wolle. Denn dieser Halbsatz steht in einem untrennbaren Zusammenhang mit dem ersten Teil des zweiten Satzes der Ziff. 6.5, der nur eine optionale Übernahme etwaiger Verpflichtungen durch A vorsieht. Daraus folgt, dass A sich zumindest an solche Verpflichtungen gegenüber Dritten halten will, die übernommen wurden. Im Umkehrschluss bedeutet dies aber auch, dass dies nicht zwingend auch für solche Verpflichtungen gegenüber Dritten gilt, die – wie vorliegend – nicht explizit übernommen wurde.
  87. Daran ändert dann auch der zu Gunsten der Beklagten als richtig unterstellte Umstand nichts, dass D über den für sie handelnden Mitarbeiter, Herr G, vor Abschluss des Patentübertragungsvertrages mit E-Mail vom 8. November 2019 (vgl. Anlage B 22) über die seitens der Beklagten gegenüber der Klägerin bestehenden Pflichten informiert wurde. Selbst wenn D von den Verpflichtungen der Beklagten gegenüber der Klägerin wusste, so besagt dies nichts darüber, ob sich auch D an diese Verpflichtungen zukünftig halten will, mithin diese Verpflichtung übernehmen wollte. Gegen den Eintritt von D in die vertraglichen Verpflichtungen der Beklagten gegenüber der Klägerin dürfte dabei nicht zuletzt sprechen, dass D bislang auf entsprechende Anfragen der Klägerin (vgl. Schreiben vom 12. April 2021, vorgelegt als Anlage K 18) nicht reagiert hat bzw. die seitens D in Aussicht gestellte Prüfung (vgl. E-Mail des Herrn G vom 18. Mai 2021, vorgelegt als Anlage K 19) ohne Reaktion geblieben ist.
  88. Die vorgenannte Pflichtverletzung war auch von der Beklagten zu vertreten, § 280 Abs. 1 S. 2 BGB.
  89. Die Beklagte ist daher dem Grund nach verpflichtet, der Klägerin alle Schäden zu ersetzen, die ihr aus der Pflichtverletzung erwachsen sind und noch erwachsen können. Mit Blick darauf, dass die genaue Schadensersatzhöhe derzeit aber noch nicht feststeht, hat die Klägerin ein rechtliches Interesse gemäß § 256 ZPO daran, dass die Schadensersatzpflicht der Beklagten zunächst dem Grunde nach festgestellt wird. Anders als die Beklagte meint, erscheint es auch nicht ausgeschlossen, dass der Klägerin dadurch, dass die Beklagte die Schutzechte auf D übertragen hat, ohne Sorge dafür zu tragen, dass die Schutzrechte ggf. später noch auf die Klägerin zu übertragen sind, Schäden entstehen, etwa weil D die Schutzrechte aus welchen Gründen auch immer aufgibt.
  90. Aus dem Vorstehenden folgt indes auch, dass nur dem weiteren Hilfsantrag zu Ziff. I.7 stattzugeben war und nicht bereits dem Hilfsantrag zu Ziff. I.6. Wie zuvor ausgeführt war der Beklagten vorliegend der Vorwurf zu machen, dass sie es schuldhaft unterlassen hat, D die gleichen Verpflichtungen gegenüber der Klägerin aufzuerlegen, die sie selbst traf. Die Beklagte hat aber nicht für solche Schäden einzustehen, die – wie mit Antrag zu Ziff. I.6. gefordert – allgemein dadurch entstanden sind, dass die Beklagte der Klägerin nicht die Inhaberschaft an den streitigen Patentfamilien verschafft hat.
  91. Soweit die Beklagte mit Blick auf den zuletzt gestellten Hilfsantrag zu Ziffer I.7 die Einrede der Verjährung erhoben hat, vermag die Kammer den Eintritt der Verjährung nicht zu erkennen. Denn bei dem vorliegend hilfsweise gestellten Antrag handelt es sich um eine Präzisierung des ursprünglich bereits gestellten, auf Schadensersatzfeststellung gerichteten Hilfsantrages zu Ziff. I.6., so dass der Hilfsantrag zu Ziff. I.7. jedenfalls als Minus schon im Hilfsantrag zu Ziff. I.6. streitgegenständlich war.
  92. 4.
    Die Klägerin kann von der Beklagten im tenorierten Umfang auch die mit Ziff. I.5. begehrte Auskunft verlangen.
  93. 4.1.
    Grundsätzlich können sich – worauf die Klägerin zu Recht hingewiesen hat – Auskunftsansprüche auch aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ergeben, wenn die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen es mit sich bringen, dass der Anspruchsberechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und wenn der Verpflichtete in der Lage ist, unschwer die zur Beseitigung dieser Ungewissheit erforderliche Auskunft zu erteilen (vgl. BGH NJW 2002, 3771 – m.w.N.). Soll die begehrte Auskunft zur Vorbereitung vertraglicher Schadensersatzansprüche aus einem Dauerschuldverhältnis dienen, so genügen für das Auskunftsverlangen der begründete Verdacht einer Vertragspflichtverletzung und die Wahrscheinlichkeit eines daraus resultierenden Schadens (vgl. BGH NJW 2014, 155 – m.w.N. ).
  94. 4.2.
    Vorliegend fehlt es an einem hinreichenden Interesse der Klägerin solcher Unterlagen, die nicht das Vertragsverhältnis der Beklagten mit D betreffen.
  95. Soweit sie die Vorlage der zwischen der Beklagten und weiteren Dritten geschlossenen Vereinbarungen begehrt, vermochte die Kammer nicht zu erkennen, inwieweit diese für die Berechnung des hier streitgegenständlichen Schadens relevant sein könnten. Nach der Auslegung der Kammer durfte die Beklagte die lizenzierten Schutzrechte an einen Dritten übertragen, ihr war insoweit nur der Vorwurf zu machen, dass sie dabei keine Sorge getragen hat, dass auch die Verpflichtung der Ziff. 6.2 des LA auf den Erwerber übergeht. Da die Beklagte die streitgegenständlichen Schutzrechte auf D übertragen hat, kommt es auf die etwaigen vertraglichen Beziehungen zu weiteren Dritten nicht an. Daher braucht die Beklagte auch nicht die Verträge mit anderen Lizenznehmern vorzulegen.
  96. Soweit es um die Frage der Übertragung der Verpflichtungen der Beklagten gegenüber der Klägerin auf D geht, hat die Beklagte vorgetragen, dass es außer den bereits teilweise geschwärzten und während des hiesigen Verfahrens der Klägerin übermittelten Verträgen und weiteren Dokumenten, keine weiteren Regelungen/Vereinbarungen mit D gäbe, die etwas zu der Sache beitragen könnten. Selbst wenn man dies zu Gunsten der Beklagten als richtig unterstellt, ist dennoch keine (vollständige) Erfüllung des Auskunftsanspruchs im Sinne von § 362 BGB eingetreten. Denn eine Auskunft stellt eine – grundsätzlich schriftlich zu erteilende – Wissenserklärung dar, wobei der Auskunftsanspruch nur dann erfüllt wird, wenn die gemachten Angaben nach dem erklärten Willen des Schuldners die Auskunft in dem geschuldeten Umfang darstellen (vgl. Fetzer in MüKo, BGB, 9. Auflage 2022, § 362, Rz. 38 m.w.N.). Die Beklagte hat indes zu keinem Zeitpunkt vorgetragen, dass die zum Zwecke der Rechtsverteidigung vorgelegten Unterlagen auch der Erfüllung des (von ihr in Abrede gestellten) Auskunftsanspruchs dienen sollten.
  97. II.
    Der zur Ziff. II. gestellte Antrag der Klägerin auf Schadensersatzfeststellung bezüglich der Patentfamilien (nachfolgend: unstreitige Patentfamilien) ist ebenfalls begründet, da ihr dem Grunde nach ein Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 280 Abs. 2, 286 BGB gegen die Beklagte zusteht. Die Beklagte befindet sich mit der Übersendung der für die Umschreibung der unstreitigen Patentfamilien in den jeweiligen Registern in Verzug.
  98. Mit Schreiben vom 11. Oktober 2019 (Anlage K 6) hatte die Beklagte der Klägerin – wie zuvor ausgeführt – die Übernahme der Patentfamilien MD-XXX, MD-XXX. MD-XXX, MD-XXX, MD-XXX und MD-XXX angeboten und später mit Schreiben vom 2. Dezember 2019 (Anlage K 10) auch noch die MP-XXX, wobei die Angebote unstreitig von der Klägerin angenommen wurden. Die Beklagte ist daher ihrer aus Ziff. 6.2 des LA folgenden Hauptpflicht zur Übertragung der Schutzrechte nach Mitteilung des Aufgabewillens nachgekommen, wobei die Beklagte insoweit sicherzustellen hat, dass die Übertragung vollständig durchgeführt werden kann, insbesondere die Klägerin als Zessionarin nicht nur materiell-rechtliche Inhaberin an den Schutzrechten wird, sondern der Klägerin es auch ermöglicht wird, in den jeweiligen Registern als Inhaberin eingetragen zu werden. Insoweit statuiert Ziff. 6.2 zumindest die Nebenpflicht, alle Handlungen vorzunehmen und Erklärungen abzugeben bzw. einzuholen, die der Klägerin die Eintragung in das jeweilige nationale Register ermöglich. Dazu gehören unter anderem die Pflicht, der Klägerin alle erforderlichen Unterlagen zu übermitteln und/oder sie bei der Beschaffung dieser Unterlagen zu unterstützen, jedenfalls soweit es sich um Vorgänge handelt, die im Betrieb der Beklagten begründet sind.
  99. Entgegen der Ansicht der Beklagten, bezieht sich die 3-Monatsfrist – ausweislich ihres klaren Wortlautes – auch nicht auf einen Zeitraum 3 Monate vor Auslauf der Schutzrechte. Vielmehr knüpft die Frist an den Willen der Beklagten zur Aufgabe an, wobei die Klausel dann keine Vorgaben dazu macht, innerhalb welcher Frist die Beklagte ihrer Nebenpflichten nachzukommen hat.
  100. Die Klägerin hat der Beklagten bereits mit Schreiben vom 20. November 2019 (Anlage K 8) mitgeteilt, die unstreitigen Patentfamilien – wie auch die streitigen Patentfamilien – übernehmen zu wollen und der Beklagten ein Frist bis zum 27. November 2019 gesetzt. Insoweit hätte es der Beklagten oblegen, die Klägerin bis zu diesem Zeitpunkt mit den notwendigen Unterlagen zur Umschreibung zu versorgen. Zwar hat die Beklagte der Klägerin mit E-Mail vom 3. Dezember 2019 auch den Entwurf einer separaten Übertragungsvereinbarung zukommen lassen, die in einigen Jurisdiktionen zur Registerumschreibung herangezogen werden könnte. Indes sind die betroffenen Patentfamilien unstreitig bis zum heutigen Tage noch nicht in allen Registern auf die Klägerin eingetragen, da immer noch Unterlagen der Beklagten fehlen. Diese wurde seitens der Klägerin zuletzt mit E-Mail vom 2. Februar 2021 (Anlagen K 16/16a) unter Fristsetzung bis zum 2. März 2021 angemahnt, so dass sich die Beklagten jedenfalls nunmehr in Verzug im Sinne von § 286 Abs. 1 BGB befindet.
  101. Es erscheint auch nicht ausgeschlossen, dass der Klägerin dadurch Schäden entstanden sind bzw. noch entstehen können, dass sie bislang nicht formell als Inhaberin im Register eingetragen ist. Daher hat sie ein berechtigtes Interesse daran, die Schadenersatzverpflichtung der Beklagten auch insoweit dem Grunde nach feststellen zu lassen.
  102. B.
    Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 709 ZPO.

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