Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3205
Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 15. Februar 2022, Az. 4b O 136/17
- I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung fällig werdenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall von bis zu 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft an dem gesetzlichen Vertreter der Beklagten (derzeit: ihrem Vorstandsvorsitzenden A), bei mehreren Vertretungsberechtigten an einem/r von ihnen nach Wahl der Klägerin zu vollziehen ist, zu unterlassen,
- im Bereich der Bundesrepublik Deutschland
- Vorrichtungen für die endoluminale Behandlung von venösen Insuffizienzen durch das Anwenden von Strahlung auf die Venenwand, um die Vene während einer Rückziehbewegung der Vorrichtung zu verschließen, mit: einem biegsamen Wellenleiter, der eine Längsachse bestimmt, einem optisch mit einer Strahlungsquelle verbindbaren proximalen Ende und einem von dem Blutgefäß aufnehmbaren distalen verrundeten Ende, das eine Strahlung emittierende Oberfläche aufweist, die Strahlung von der Strahlungsquelle bezüglich der Längsachse des Wellenleiters in seitliche Richtung und vom Wellenleiter aus ringförmig auf einen sich über einen Winkelbereich erstreckenden Abschnitt der umgebenden Gefäßwand emittiert, wobei die emittierende Oberfläche in einem spitzen Winkel zur Längsachse des Wellenleiters ausgerichtet ist und wobei die emittierende Oberfläche im Wesentlichen konisch ausgebildet ist, wobei die Vorrichtung ferner eine Abdeckung aufweist, die fest am Wellenleiter befestigt ist und daran dicht angebracht ist, die bezüglich der emittierten Strahlung im Wesentlichen transparent ist, die die emittierende Oberfläche einschließt und die eine Gas-Wellenleiterschnittstelle bildet, die emittierte Strahlung bezüglich der Längsachse des Wellenleiters in seitliche Richtung auf die umgebende Gefäßwand bricht,
- Dritten zur Benutzung in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/ oder zu liefern, die geeignet sind,
- zusammen mit wenigstens einer Laserquelle betrieben zu werden, die Laserstrahlung von 1.470 nm +/- 30 nm oder 1.950 nm +/- 30 nm bereitstellt, wobei das proximale Ende des Wellenleiters optisch mit der wenigstens einen Laserquelle verbunden ist;
- ohne
- – im Falle des Anbietens im Angebot wenigstens in derselben Schriftgröße wie die maximale Schriftgröße des Angebots ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass der Wellenleiter nicht ohne Zustimmung der B GmbH als Inhaberin des europäischen Patents 2 XXX XXX B1 mit einer Laserquelle mit einer Leistung von 1.470 nm +/- 30 nm oder 1.950 nm +/- 30 nm verwendet werden darf;
- – im Falle der Lieferung auf der Verpackung des Wellenleiters deutlich und für jeden ohne Weiteres ersichtlich darauf hinzuweisen, dass der Wellenleiter nicht ohne Zustimmung der B GmbH als Inhaberin des europäischen Patents 2 XXX XXX B1 mit einer Laserquelle mit einer Leistung von 1.470 nm +/- 30 nm oder 1.950 nm +/- 30 nm verwendet werden darf.
- II. Die Beklagte wird verurteilt,
- 1. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I. bezeichneten Handlungen seit dem 02. September 2015 begangen hat, und zwar unter Angabe
- a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
- b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
- c) der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse gezahlt wurden,
- wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
- 2. der Klägerin Auskunft zu erteilen und durch ein vollständiges und geordnetes Verzeichnis darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I. bezeichneten Handlungen seit dem 02. Oktober 2015 begangen hat, und zwar unter Angabe
- a) der Herstellungsmengen und -zeiten,
- b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
- c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, und -preisen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
- d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
- e) der nach einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
- wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht-gewerblichen Abnehmer sowie der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn berechtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter nicht-gewerblicher Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnung enthalten ist.
- III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der C Ltd., Labuan/ Malaysia durch die vorstehend zu Ziffer I. genannten, in der Zeit vom 02. Oktober 2015 bis zum 31. Juli 2016 begangenen Handlungen und der Klägerin durch die vorstehend zu Ziffer I. bezeichneten, seit dem 01. August 2016 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
- IV. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
- V. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
- VI. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 700.000,00 vorläufig vollstreckbar, wobei für die teilweise Vollstreckung des Urteils folgende Teilsicherheiten festgesetzt werden:
- Ziffer I. des Tenors: 450.000,00 EUR
- Ziffer II. des Tenors: 180.000,00 EUR
- Ziffer V. des Tenors: 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
- Tatbestand
- Die Klägerin macht als seit dem 10. August 2016 (vgl. Registerauszug vom 08. Mai 2017, Anlage K2) im Patentregister eingetragene Inhaberin des deutschen Teils (DE 60 2009 XXX XXX) des europäischen Patents 2 XXX XXX (im Folgenden: Klagepatent) gegen die Beklagte auf die Verletzung des Klagepatents gestützte Ansprüche auf Unterlassen, Auskunftserteilung und Rechnungslegung sowie Feststellung einer Schadensersatzpflicht dem Grunde nach geltend. Zwischen der Klägerin und der Beklagten ist des Weiteren ein auf die Verletzung des Klagepatents gestütztes einstweiliges Verfügungsverfahren unter dem Aktenzeichen 4b O 82/21 anhängig.
- Das in englischer Verfahrenssprache am 02. März 2009 angemeldete Klagepatent hat eine „endoluminale Laserablationsvorrichtung zur Behandlung von Venen“ zum Gegenstand. Die Offenlegung der Anmeldung des Klagepatents datiert vom 31. Juli 2013, die Veröffentlichung des Hinweises auf die Patenterteilung vom 02. September 2015. Ursprünglich eingetragener Inhaber des Klagepatents war die C Ltd, F. T. Labuan, Malaysia (im Folgenden: XXX).
- Der hier maßgebliche Klagepatentanspruch 1 hat in der ursprünglich erteilten Fassung (englische Verfahrenssprache) folgenden Wortlaut:
- „A device for endoluminal treatment of venous insufficiencies, comprising: a flexible waveguide (100, 200, 500, 600, 800, 900) defining an elongated axis, a proximal end optically connectable to a source of radiation (424), and a distal end receivable within the blood vessel an including a radiation emitting surface (110, 210, 510, 610) adapted to emit radiation from the radiation source (424) laterally with respect tot he elongated axis of the waveguide (100, 200, 500, 600, 800, 900) and annularly from the waveguide (100, 200, 500, 600, 800, 900) onto an angularly extending portion of the surrounding vessel wall, the device further comprising a cover (106, 206, 506, 606, 906) that is fixedly secured to the waveguide (100, 200, 500, 600, 800, 900) and sealed with respect thereto, substantially transparent with respect to the emitted radiation, that encloses the emitting surface (110, 210, 510, 610) therin, and that defines a gas-waveguide interface refracts emitted radiation laterally with respect to the elongated axis of the waveguide (100, 200, 500, 600, 800, 900) onto the surrounding vessel wall.“
- In einer deutschen Übersetzung lautet der ursprünglich erteilte Klagepatentanspruch 1 wie folgt:
- „Vorrichtung für die endoluminale Behandlung von venösen Insuffizienzen mit: einem biegsamen Wellenleiter (100, 200, 500, 600, 800, 900), der eine Längsachse bestimmt, einem optisch mit einer Strahlungsquelle (424) verbindbaren proximalen Ende und einem von dem Blutgefäß aufnehmbaren distalen Ende, das eine Strahlung emittierende Oberfläche (110, 210, 510, 610) aufweist, die dazu eingerichtet ist, Strahlung von der Strahlungsquelle (424) bezüglich der Längsachse des Wellenleiters (100, 200, 500, 600, 800, 900) in seitliche Richtung und vom Wellenleiter (100, 200, 500, 600, 800, 900) aus ringförmig auf einen sich über einen Winkelbereich erstreckenden Abschnitt der umgebenden Gefäßwand zu emittieren, wobei die Vorrichtung ferner eine Abdeckung (106, 206, 506, 606, 906) aufweist, die fest am Wellenleiter (100, 200, 500, 600, 800, 900) befestigt ist und daran dicht angebracht ist, die bezüglich der emittierten Strahlung im Wesentlichen transparent ist, die die emittierende Oberfläche (110, 210, 510, 610) einschließt und die eine Gas-Wellenleiterschnittstelle bildet, die emittierte Strahlung bezüglich der Längsachse des Wellenleiters (100, 200, 500, 600, 800, 900) in seitliche Richtung auf die umgebende Gefäßwand bricht.“
- Zur Verdeutlichung einer klagepatentgemäßen Ausgestaltung der geschützten Vorrichtung werden die Figuren 1a und 1b des Klagepatents nachfolgend (verkleinert) wiedergegeben.
- Auf eine von der Beklagten erhobene Nichtigkeitsklage wurde das Klagepatent erstinstanzlich vernichtet. Der Bundesgerichtshof (im Folgenden: BGH) hielt das Klagepatent mit Entscheidung vom 07. September 2021 in der folgenden beschränkten Fassung aufrecht (Ergänzungen gegenüber der erteilten Anspruchsfassung sind nachfolgend unterstrichen, Weglassungen durchgestrichen):
- „Vorrichtung für die endoluminale Behandlung von venösen Insuffizienzen durch das Anwenden von Strahlung auf die Venenwand, um die Vene während einer Rückziehbewegung der Vorrichtung zu verschließen, mit: einem biegsamen Wellenleiter (100, 200, 500, 600, 800, 900), der eine Längsachse bestimmt, einem optisch mit einer Strahlungsquelle (424) verbindbaren proximalen Ende und einem von dem Blutgefäß aufnehmbaren distalen verrundeten Ende, das eine Strahlung emittierende Oberfläche (110, 210, 510, 610) aufweist, die dazu eingerichtet ist, Strahlung von der Strahlungsquelle (424) bezüglich der Längsachse des Wellenleiters (100, 200, 500, 600, 800, 900) in seitliche Richtung und vom Wellenleiter (100, 200, 500, 600, 800, 900) aus ringförmig auf einen sich über einen Winkelbereich erstreckenden Abschnitt der umgebenden Gefäßwand zu emittiert, wobei die emittierende Oberfläche in einem spitzen Winkel zur Längsachse des Wellenleiters ausgerichtet ist und wobei die emittierende Oberfläche im Wesentlichen konisch ausgebildet ist, wobei die Vorrichtung ferner eine Abdeckung (106, 206, 506, 606, 906) aufweist, die fest am Wellenleiter (100, 200, 500, 600, 800, 900) befestigt ist und daran dicht angebracht ist, die bezüglich der emittierten Strahlung im Wesentlichen transparent ist, die die emittierende Oberfläche (110, 210, 510, 610) einschließt und die eine Gas-Wellenleiterschnittstelle bildet, die emittierte Strahlung bezüglich der Längsachse des Wellenleiters (100, 200, 500, 600, 800, 900) in seitliche Richtung auf die umgebende Gefäßwand bricht, sowie wenigstens eine Laserquelle aufweist, die Laserstrahlung von 1.470 nm +/- 30 nm oder 1.950 nm +/- 30 nm bereitstellt, wobei das proximale Ende des Wellenleiters optisch mit der wenigstens einen Laserquelle verbunden ist.“
- Das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 07. September 2021 liegt als Anlage K28 vor, die Entscheidungsbegründung ist als Anlage K29 Aktenbestandteil.
- Das Klagepatent steht in Kraft.
- Die in Lettland ansässige Beklagte stellt unter anderem eine Lasersonde zur Behandlung von Veneninsuffizienzen her, die von einer Tochtergesellschaft der Beklagten, der D GmbH (im Folgenden: Tochtergesellschaft), im Gebiet der Bundesrepublik unter der Bezeichnung „XXX“ (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform) angeboten und vertrieben wird. Zu diesem Zweck beliefert die Beklagte ihre Tochtergesellschaft mit der angegriffenen Ausführungsform. Gegen die Tochtergesellschaft ist unter dem Aktenzeichen 4b O 13/17 ein Hauptsacheverfahren und unter dem Aktenzeichen 4b O 81/21 ein einstweiliges Verfügungsverfahren anhängig. Außerdem wird die angegriffene Ausführungsform unter der Bezeichnung „XXX“ mit der Artikelnummer SFCS000XXX von einem Distributor der Tochtergesellschaft, der EGmbH (im Folgenden: Distributor) im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vertrieben. Auch der Distributor wird im Rahmen der soeben genannten Verfahren von der hiesigen Klägerin in Anspruch genommen.
- Nachfolgend werden zur Verdeutlichung eine Fotoaufnahme der angegriffenen Lasersonde nach der Entnahme aus der Verpackung (obere Abbildung, links) und eine Abbildung aus dem als Anlage K8 vorgelegten Prospekt (obere Abbildung, rechts) sowie eine unter dem Mikroskop angefertigte Aufnahme des distalen Endes der angegriffenen Lasersonde (untere Abbildung; Beschriftung der Abbildung stammt von der Verfügungsklägerin) wiedergegeben:
- Innerhalb der Lasersonde der angegriffenen Ausführungsform befindet sich zwischen der konusförmigen Spitze und der transparenten Kappe ein Hohlraum, in dem Sauerstoff ist. Die angegriffene Lasersonde kann unter anderem mit Wellenlängen von 1.470 nm oder 1.940 nm betrieben werden.
- Die Klägerin behauptet unter Bezugnahme auf ein schriftliches Dokument (Anlage K11), das Klagepatent sei ihr durch Vereinbarung mit der BPML vom 01. August 2016 übertragen worden. Mit der Übertragung sei auch die Abtretung von Schadensersatz- und Auskunftsansprüchen der BPML an sie, die Klägerin, erfolgt.
- Die Beklagte bestreitet diesen Vortrag insgesamt mit Nichtwissen.
- Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte verletzte das Klagepatent durch Angebot und Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform mittelbar.
- Die angegriffene Ausführungsform weise insbesondere eine Gas-Wellenleiter-Schnittstelle im Sinne der geschützten Lehre auf. Auf einen bestimmten Gasdruck innerhalb der Kappe komme es in diesem Zusammenhang nicht an. Insbesondere sei dieser für die Ausbildung der angestrebten ringförmigen Strahlcharakteristik unerheblich. Das Klagepatent verlange lediglich, dass die Emissionsfläche hermetisch in einer Kappe eingeschlossen und an der Emissionsfläche eine Grenzfläche zu Luft oder einem anderen Gas definiert werde. Hierdurch entstehe ein Sprung des Brechungsindexes, durch den die ringförmige Strahlcharakteristik bewirkt werde. Der Begriff der „Gas-Wellenleiter-Schnittstelle“ könne allenfalls als Abgrenzung zu einer „Flüssigkeit-Wellenleiter-Schnittstelle“ verstanden werden. Der Gasdruck innerhalb des Hohlraums sei hingegen unerheblich.
- Die Benutzung des Klagepatents durch die Beklagte sei auch nicht durch ein positives Benutzungsrechts basierend auf dem europäischen Patent 0 XXX XXX (im Folgenden: EP‘XXX; Patentschrift liegt als Anlage WKS2 vor) betreffend eine Vorrichtung zur Laserablation von Gewebe gedeckt. Für einen Zeitraum nach dem 22. Januar 2018 gelte das bereits deshalb, weil der deutsche Teil des EP‘XXX zu diesem Zeitpunkt – insoweit unstreitig – nach Ablauf der Schutzdauer erloschen ist. Zudem sei der Gegenstand des EP‘XXX nicht mit dem Klagepatentanspruch 1 identisch.
- Weiter sei auch davon auszugehen, dass der Lizenzvertrag zwischen der Tochtergesellschaft und der F GmbH, sofern er überhaupt wirksam geschlossen worden sei, im Jahre 2014 aufgehoben worden sei, weil die F GmbH in diesem Jahre – insoweit unstreitig – von dem Unternehmen G übernommen worden ist.
- Es sei auch gerechtfertigt, der Beklagten Angebot und Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform vollumfänglich (schlechthin) zu untersagen. In diesem Zusammenhang sei unerheblich, dass die angegriffene Ausführungsform auch mit einem Laser zusammenwirken könne, der nicht mit den von dem Klagepatent beanspruchten Wellenlängen betrieben werde. Denn etwaige Warnhinweise oder Vertragsstrafen seien aufgrund der hier vorliegenden besonderen Konstellation ungeeignet, eine unmittelbare Patentverletzung durch die Abnehmer der Beklagten zu unterbinden. Insbesondere habe sie, die Klägerin, keine Möglichkeit zu überprüfen, mit welcher Wellenlänge die angegriffenen Lasersonden bei der Behandlung der Patienten zum Einsatz gelangen würden.
- Für die Beklagte sei es hingegen ein Leichtes, technische Vorkehrungen zum Ausschluss einer Patentverletzung zu treffen, etwa in der Form einer Umgestaltung der mechanischen „Schnittstelle“ (Steckverbindung) zwischen Lasersonde und Laser, so dass die Lasersonde lediglich noch mit „hauseigenen“ – die Wellenlänge der geschützten Lehre nicht erfassenden – Lasern betrieben werden könne.
- Die Klägerin beantragt,
- I. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung fällig werdenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall von bis zu 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft an dem gesetzlichen Vertreter der Beklagten (derzeit: ihrem Vorstandsvorsitzenden A), bei mehreren Vertretungsberechtigten an einem/r von ihnen nach Wahl der Klägerin zu vollziehen ist, zu unterlassen,
- im Bereich der Bundesrepublik Deutschland
- Vorrichtungen für die endoluminale Behandlung von venösen Insuffizienzen durch das Anwenden von Strahlung auf die Venenwand, um die Vene während einer Rückziehbewegung der Vorrichtung zu verschließen, mit: einem biegsamen Wellenleiter, der eine Längsachse bestimmt, einem optisch mit einer Strahlungsquelle verbindbaren proximalen Ende und einem von dem Blutgefäß aufnehmbaren distalen verrundeten Ende, das eine Strahlung emittierende Oberfläche aufweist, die Strahlung von der Strahlungsquelle bezüglich der Längsachse des Wellenleiters in seitliche Richtung und vom Wellenleiter aus ringförmig auf einen sich über einen Winkelbereich erstreckenden Abschnitt der umgebenden Gefäßwand emittiert, wobei die emittierende Oberfläche in einem spitzen Winkel zur Längsachse des Wellenleiters ausgerichtet ist und wobei die emittierende Oberfläche im Wesentlichen konisch ausgebildet ist, wobei die Vorrichtung ferner eine Abdeckung aufweist, die fest am Wellenleiter befestigt ist und daran dicht angebracht ist, die bezüglich der emittierten Strahlung im Wesentlichen transparent ist, die die emittierende Oberfläche einschließt und die eine Gas-Wellenleiterschnittstelle bildet, die emittierte Strahlung bezüglich der Längsachse des Wellenleiters in seitliche Richtung auf die umgebende Gefäßwand bricht,
- Dritten zur Benutzung in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/ oder zu liefern, die geeignet sind,
- zusammen mit wenigstens einer Laserquelle betrieben zu werden, die Laserstrahlung von 1.470 nm +/- 30 nm oder 1.950 nm +/- 30 nm bereitstellt, wobei das proximale Ende des Wellenleiters optisch mit der wenigstens einen Laserquelle verbunden ist;
- Ia. hilfsweise,
- die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung fällig werdenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall von bis zu 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft an dem gesetzlichen Vertreter der Beklagten (derzeit: ihrem Vorstandsvorsitzenden A) zu vollziehen ist, zu unterlassen,
- im Bereich der Bundesrepublik Deutschland
- Vorrichtungen für die endoluminale Behandlung von venösen Insuffizienzen durch das Anwenden von Strahlung auf die Venenwand, um die Vene während einer Rückziehbewegung der Vorrichtung zu verschließen, mit: einem biegsamen Wellenleiter, der eine Längsachse bestimmt, einem optisch mit einer Strahlungsquelle verbindbaren proximalen Ende und einem von dem Blutgefäß aufnehmbaren distalen verrundeten Ende, das eine Strahlung emittierende Oberfläche aufweist, die Strahlung von der Strahlungsquelle bezüglich der Längsachse des Wellenleiters in seitliche Richtung und vom Wellenleiter aus ringförmig auf einen sich über einen Winkelbereich erstreckenden Abschnitt der umgebenden Gefäßwand emittiert, wobei die emittierende Oberfläche in einem spitzen Winkel zur Längsachse des Wellenleiters ausgerichtet ist und wobei die emittierende Oberfläche im Wesentlichen konisch ausgebildet ist, wobei die Vorrichtung ferner eine Abdeckung aufweist, die fest am Wellenleiter befestigt ist und daran dicht angebracht ist, die bezüglich der emittierten Strahlung im Wesentlichen transparent ist, die die emittierende Oberfläche einschließt und die eine Gas-Wellenleiterschnittstelle bildet, die emittierte Strahlung bezüglich der Längsachse des Wellenleiters in seitliche Richtung auf die umgebende Gefäßwand bricht,
- Dritten zur Benutzung in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/ oder zu liefern, die geeignet sind,
- zusammen mit wenigstens einer Laserquelle betrieben zu werden, die Laserstrahlung von 1.470 nm +/- 30 nm oder 1.950 nm +/- 30 nm bereitstellt, wobei das proximale Ende des Wellenleiters optisch mit der wenigstens einen Laserquelle verbunden ist,
- ohne
- – im Falle des Anbietens im Angebot wenigstens in derselben Schriftgröße wie die maximale Schriftgröße des Angebots ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass der Wellenleiter nicht ohne Zustimmung der B GmbH als Inhaberin des europäischen Patents 2 XXX B1 mit einer Laserquelle mit einer Leistung von 1.470 nm +/- 30 nm oder 1.950 nm +/- 30 nm verwendet werden darf;
- – im Falle der Lieferung den Abnehmern unter Auferlegung einer an die B als Inhaberin des europäischen Patents 2 XXX B1 zu zahlenden Vertragsstrafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung, deren Höhe die Klägerin festsetzen kann, wobei die Angemessenheit dieser Festsetzung durch das Landgericht Düsseldorf überprüft werden kann, die schriftliche Verpflichtung aufzuerlegen, den vorbeschriebenen Wellenleiter nicht ohne Zustimmung der Klägerin mit einer Laserquelle mit einer Leistung von 1.470 nm +/- 30 nm oder 1.950 nm +/- 30 nm zu verwenden;
- I.b. weiter hilfsweise,
- die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung fällig werdenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall von bis zu 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft an dem gesetzlichen Vertreter der Beklagten (derzeit: ihrem Vorstandsvorsitzenden A) zu vollziehen ist, zu unterlassen,
- im Bereich der Bundesrepublik Deutschland
- Vorrichtungen für die endoluminale Behandlung von venösen Insuffizienzen durch das Anwenden von Strahlung auf die Venenwand, um die Vene während einer Rückziehbewegung der Vorrichtung zu verschließen, mit: einem biegsamen Wellenleiter, der eine Längsachse bestimmt, einem optisch mit einer Strahlungsquelle verbindbaren proximalen Ende und einem von dem Blutgefäß aufnehmbaren distalen verrundeten Ende, das eine Strahlung emittierende Oberfläche aufweist, die Strahlung von der Strahlungsquelle bezüglich der Längsachse des Wellenleiters in seitliche Richtung und vom Wellenleiter aus ringförmig auf einen sich über einen Winkelbereich erstreckenden Abschnitt der umgebenden Gefäßwand emittiert, wobei die emittierende Oberfläche in einem spitzen Winkel zur Längsachse des Wellenleiters ausgerichtet ist und wobei die emittierende Oberfläche im Wesentlichen konisch ausgebildet ist, wobei die Vorrichtung ferner eine Abdeckung aufweist, die fest am Wellenleiter befestigt ist und daran dicht angebracht ist, die bezüglich der emittierten Strahlung im Wesentlichen transparent ist, die die emittierende Oberfläche einschließt und die eine Gas-Wellenleiterschnittstelle bildet, die emittierte Strahlung bezüglich der Längsachse des Wellenleiters in seitliche Richtung auf die umgebende Gefäßwand bricht,
- Dritten zur Benutzung in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/ oder zu liefern, die geeignet sind,
- zusammen mit wenigstens einer Laserquelle betrieben zu werden, die Laserstrahlung von 1.470 nm +/- 30 nm oder 1.950 nm +/- 30 nm bereitstellt, wobei das proximale Ende des Wellenleiters optisch mit der wenigstens einen Laserquelle verbunden ist,
- ohne
- – im Falle des Anbietens im Angebot wenigstens in derselben Schriftgröße wie die maximale Schriftgröße des Angebots ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass der Wellenleiter nicht ohne Zustimmung der B GmbH als Inhaberin des europäischen Patents 2 XXX B1 mit einer Laserquelle mit einer Leistung von 1.470 nm +/- 30 nm oder 1.950 nm +/- 30 nm verwendet werden darf;
- – im Falle der Lieferung auf der Verpackung der Vorrichtung sowie einem am Wellenleiter selbst fest angebrachtem Hinweisfähnchen deutlich und für jeden ohne Weiteres ersichtlich darauf hinzuweisen, dass der Wellenleiter nicht ohne Zustimmung der B GmbH als Inhaberin des europäischen Patents 2 XXX B1 mit einer Laserquelle mit einer Leistung von 1.470 nm +/- 30 nm oder 1.950 nm +/- 30 nm verwendet werden darf;
- I.c. weiter hilfsweise,
- die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung fällig werdenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall von bis zu 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft an dem gesetzlichen Vertreter der Beklagten (derzeit: ihrem Vorstandsvorsitzenden A) zu vollziehen ist, zu unterlassen,
- im Bereich der Bundesrepublik Deutschland
- Vorrichtungen für die endoluminale Behandlung von venösen Insuffizienzen durch das Anwenden von Strahlung auf die Venenwand, um die Vene während einer Rückziehbewegung der Vorrichtung zu verschließen, mit: einem biegsamen Wellenleiter, der eine Längsachse bestimmt, einem optisch mit einer Strahlungsquelle verbindbaren proximalen Ende und einem von dem Blutgefäß aufnehmbaren distalen verrundeten Ende, das eine Strahlung emittierende Oberfläche aufweist, die Strahlung von der Strahlungsquelle bezüglich der Längsachse des Wellenleiters in seitliche Richtung und vom Wellenleiter aus ringförmig auf einen sich über einen Winkelbereich erstreckenden Abschnitt der umgebenden Gefäßwand emittiert, wobei die emittierende Oberfläche in einem spitzen Winkel zur Längsachse des Wellenleiters ausgerichtet ist und wobei die emittierende Oberfläche im Wesentlichen konisch ausgebildet ist, wobei die Vorrichtung ferner eine Abdeckung aufweist, die fest am Wellenleiter befestigt ist und daran dicht angebracht ist, die bezüglich der emittierten Strahlung im Wesentlichen transparent ist, die die emittierende Oberfläche einschließt und die eine Gas-Wellenleiterschnittstelle bildet, die emittierte Strahlung bezüglich der Längsachse des Wellenleiters in seitliche Richtung auf die umgebende Gefäßwand bricht,
- Dritten zur Benutzung in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/ oder zu liefern, die geeignet sind,
- zusammen mit wenigstens einer Laserquelle betrieben zu werden, die Laserstrahlung von 1.470 nm +/- 30 nm oder 1.950 nm +/- 30 nm bereitstellt, wobei das proximale Ende des Wellenleiters optisch mit der wenigstens einen Laserquelle verbunden ist,
- ohne
- – im Falle des Anbietens im Angebot wenigstens in derselben Schriftgröße wie die maximale Schriftgröße des Angebots ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass der Wellenleiter nicht ohne Zustimmung der B GmbH als Inhaberin des europäischen Patents 2 XXX B1 mit einer Laserquelle mit einer Leistung von 1.470 nm +/- 30 nm oder 1.950 nm +/- 30 nm verwendet werden darf;
- – im Falle der Lieferung auf der Verpackung des Wellenleiters deutlich und für jeden ohne Weiteres ersichtlich darauf hinzuweisen, dass der Wellenleiter nicht ohne Zustimmung der B GmbH als Inhaberin des europäischen Patents 2 XXX B1 mit einer Laserquelle mit einer Leistung von 1.470 nm +/- 30 nm oder 1.950 nm +/- 30 nm verwendet werden darf;
- II. und III.: wie erkannt.
- Die Beklagte beantragt,
- die Klage abzuweisen.
- Die Beklagte ist der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform verletze die Lehre des Klagepatents nicht. Es fehle insbesondere an einer Gas-Wellenleiterschnittstelle im Sinne der Lehre des Klagepatents.
- Da innerhalb der Kappe der angegriffenen Ausführungsform lediglich ein Druck von 0,064 bar herrsche, liege in technischer Hinsicht ein Vakuum vor. Ein solches aber schließe die Lehre des Klagepatents aus. Mit der „Gas-Wellenleiterschnittstelle“ grenze sich das Klagepatent zu der in Abschnitt [0002] der Klagepatentschrift genannten US-Schrift ab, die beschreibe, dass sich in einem Hohlraum der geschützten Vorrichtung ein Vakuum befinde. Da dem Fachmann bekannt sei, dass die Herstellung eines absoluten Vakuums nicht möglich sei, verstehe der Fachmann als ein solches einen Raum, der gegenüber der Umgebung in einem gewissen Ausmaß evakuiert sei, so dass der Gasdruck gegenüber der Umgebung abgesenkt sei, auch wenn ein Rest-Gasdruck noch vorhanden sei. Ein technisches Vakuum in diesem Sinne liege nach allgemeinen Fachverständnis unterhalb eines Drucks von 300 mbar vor. Das Klagepatent nehme mit der „Gas-Wellenleiterschnittstelle“ ein technisches Vakuum in diesem Sinne aus.
- Die Beklagte meint zudem, ihr stehe auf der Grundlage des EP‘XXX ein positives Benutzungsrecht zu. In diesem Zusammenhang behauptet sie unter Verweis auf das als Anlage WKS EP4 vorgelegte Dokument, ihre Tochtergesellschaft habe mit der F GmbH, der eingetragenen Inhaberin des EP‘XXX, im September 2013 einen Lizenzvertrag geschlossen, der auch sie, die Beklagte, berechtige, die Lehre des EP‘XXX zu nutzen. Der Vertrag habe bis zum Ablauf der maximalen Schutzdauer des EP‘XXX fortbestanden. Die technischen Lehren des EP‘XXX und des Klagepatents seien auch identisch.
- Da die angegriffene Ausführungsform – insoweit unstreitig – auch patentfrei, nämlich mit Lasern, bei denen lediglich außerhalb des Schutzbereichs des Klagepatents liegende Wellenlängen zum Einsatz gelangen können, nutzbar ist, sei es jedenfalls nicht gerechtfertigt, der Beklagten Angebot und Vertrieb der angegriffenen Sonde schlechthin zu untersagen.
- Es bestehe auch keine einfache Möglichkeit der technischen Umgestaltung der Steckverbindung. Da sie bzw. ihre Tochtergesellschaft selbst keine Laser anbieten würden, sei sie darauf angewiesen, dass die von ihr angebotenen Lasersonden mit Lasern anderer Hersteller kompatibel seien.
- Das Gericht hat Beweis durch Vorlage von Urkunden erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll zur Sitzung vom 08. März 2018 (Bl. 210f. GA) verwiesen.
- Entscheidungsgründe
- Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.
- Aufgrund der festgestellten Rechtsverletzung stehen der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zu, Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. § 139 Abs. 1, 2, § 140a Abs. 1, 3, § 140b Abs. 1, 3 PatG i. V. m. § 242, § 259 BGB. Die Beklagte ist jedoch nicht dazu verpflichtet, Angebot und Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform vollumfänglich zu unterlassen, sondern lediglich mit den aus dem Tenor ersichtlichen Maßgaben.
- I.
Die Klägerin ist seit dem 01. August 2016 Inhaberin des Klagepatents und als solche seither berechtigt, aus der Verletzung des Klagepatents erwachsende Ansprüche geltend zu machen. - Für die Sachbefugnis ist nicht die Eintragung im Patentregister, sondern die materiell-rechtliche Rechtslage maßgeblich (BGH, GRUR 2013, 713, Rn. 56f. – Fräsverfahren). Gleichwohl kommt dem Inhalt des Patentregisters im Rechtsstreit eine erhebliche Indizwirkung zu (ebd., Rn. 58). Trägt der Patentinhaber vor, der aus dem Patentregister erkennbare Rechtsübergang habe sich einige Wochen oder Monate vor dessen Registereintragung zugetragen, bedarf es regelmäßig keines weiteren Vortrags oder Beweisantritts (ebd., Rn. 60). Eine Partei, die geltend macht, die materielle Rechtslage weiche vom Registerstand ab, muss dann vielmehr konkrete Anhaltspunkte vorlegen, aus denen sich die Unrichtigkeit ergibt (a.a.O.).
- Diese Indizwirkung greift auch im vorliegenden Fall zugunsten der Klägerin, ohne dass die Beklagte Anhaltspunkte dafür vorgetragen hat, dass die aus dem Register erkennbaren Verhältnisse nicht mit der materiell-rechtlichen Rechtslage übereinstimmen.
- Denn die Klägerin trägt vor, sie sei durch Vereinbarung mit der XXX am 1. August 2016 Inhaberin des Klagepatents geworden, die Eintragung der Klägerin als Patentinhaberin datiert vom 10. August 2016 (vgl. Registerauszug vom 08. Mai 2017, Anlage K2), ist mithin neun Tage nach der von der Klägerin behaupteten Übertragung des Klagepatents erfolgt.
- 2.
Soweit die Klägerin Auskunfts- und Schadensersatzansprüche der XXX in dem Zeitraum vom 02. Oktober 2015 bis zum 31. Juli 2016 geltend macht, ist sie aufgrund der an sie erfolgten Abtretung dieser Ansprüche auch dazu berechtigt, § 398 BGB. - a)
Es liegt eine schriftliche Übertragungsvereinbarung zwischen der XXX und der Klägerin vor (Anlage K11). Aus § 2 Ziffer 2 der Vereinbarung geht hervor, dass mit dem Schutzrecht auch „sonstige Rechte“ an die Klägerin abgetreten werden, wobei es sich bei „sonstigen Rechten“ ausweislich des § 1 Ziffer 2 insbesondere auch um Ansprüche auf Rechtslegung und in der Vergangenheit entstandene Schadensersatzansprüche handelt. - Die Kammer ist gem. § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO davon überzeugt, dass die in Bezug genommenen Erklärungen so von den aus der schriftlichen Vereinbarung hervorgehenden Personen abgegeben worden sind.
- Das Original der Vereinbarung hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 08. März 2018 mit der Beweiswirkung des § 416 ZPO vorgelegt.
- Die Beklagte hat die Echtheit der Vereinbarung bestritten, die Kammer hat indes nach Vorlage der Urkunde des Notars Dr. H(§ 441 Abs. 1 ZPO) keine Zweifel daran, dass die schriftliche Vereinbarung aus August 2016 von den darin genannten Personen Dr. I (auf Seiten der XXX) sowie Dr. J und Dr. K (auf Seiten der Klägerin) persönlich unterzeichnet worden ist.
- Nach einem Vergleich der aus der notariellen Urkunde erkennbaren Unterschriften (Anlage K22, S. 3 und die letzte Seite) geht das Gericht davon aus, dass die Personen, die als Unterzeichner der Vereinbarung aus August 2016 in dieser genannt sind, das Dokument auch tatsächlich unterzeichnet haben, § 442, 1. HS. Die Unterschriften aus der notariellen Urkunde und der schriftlichen Vereinbarungen stimmen im Wesentlichen überein, kleinere Unterschiede in den jeweiligen Unterschriften liegen nach dem Eindruck der Kammer im Rahmen der Variationen, die sich bei der Unterschriftenzeichnung tagesformabhängig ergeben. Auch die Beklagte hat insoweit nichts vorgebracht, was gegen eine Übereinstimmung der Unterschriften sprechen könnte.
- b)
Die Vereinbarung vom 1. August 2016 ist auch wirksam. - aa)
Auf Seiten der XXX ist die Vereinbarung von Herrn Dr. L unterzeichnet worden. Dabei handelte es sich um den am 01. August 2016 allein vertretungsberechtigten Direktor der XXX. - Gemäß Art. 62 der notariell (von dem Notar Herrn M) beurkundeten Gründungsurkunde der XXX (Anlage K21; deutsche Übersetzung: Anlage K27), die im Original vorliegt (beigezogenes Original aus der Verfahrensakte 4b O 13/17), liegt die Vertretungsbefugnis originär bei dem Verwaltungsrat. Dieser kann jedoch seine Befugnis gem. Art. 63 der Urkunde unter anderem auf einen Direktor übertragen. Gem. Art. 48 sind bis zur Ernennung von Direktoren die Unterzeichner der Gründungsurkunde, hier ausschließlich Herr I, befugt, als Direktoren zu fungieren.
- Dass zum 01. August 2016 bereits Direktoren ernannt waren, was einer Vertretung durch Herrn X nach der Regelung des Art. 48 der Gründungsurkunde entgegenstehen würde, ist nicht ersichtlich. Auch die Bestellung des Herrn N als erster Sekretär (Art. 59 der Gründungsurkunde) sowie der O Ltd. (Vertreter: Herr P) als Sekretär sind auf die Vertretungsbefugnis des Herrn X ohne Auswirkung, denn der Sekretär ist ausweislich der Gründungsurkunde mit der Vertretung der Gesellschaft nicht befasst. Sie kann auch auf diese nicht durch den Verwaltungsrat übertragen werden.
- Schließlich bleibt auch die Ernennung des Herrn Q als Direktor ohne Auswirkungen auf die Vertretungsbefugnis, weil diese erst mit Wirkung zum 04. August 2016 geschah, mithin nach der Unterzeichnung der hier maßgeblichen Vereinbarung am 01. August 2016.
- bb)
Auch auf Seiten der Klägerin handelten die im Zeitpunkt der Unterzeichnung der Vereinbarung am 01. August 2016 vertretungsberechtigten Personen. - Auf Seiten der Klägerin ist die Vereinbarung von Herrn Dr. J und Herrn Dr. R unterzeichnet worden. Dabei handelt es sich ausweislich des die Klägerin betreffenden Handelsregisterauszugs des Amtsgerichts Bonn vom 10. April 2017 (Anlage K12) um die damaligen Geschäftsführer der Klägerin (vgl. Eintragungsnummern 7 und 9), mithin um ihre gem. § 35 Abs. 2 Satz 1 GmbHG gemeinschaftlich zur Vertretung berechtigten Organe.
- II.
Die Erfindung des Klagepatents betrifft endovaskuläre Laserbehandlungen, insbesondere die Behandlung vaskulärer Pathologien wie etwa venöser Inusffizienz mit Hilfe von Laserenergie unter Verwendung eines Lichtwellenleiters (Abs. [0001] des Klagepatents; Abschnitte ohne Bezeichnung sind nachfolgend solche des Klagepatents). - Das Klagepatent führt einleitend die US 48 XXX XXX als Stand der Technik ein und fasst den Offenbarungsgehalt der Druckschrift derart zusammen, dass sie ein faseroptisches Gerät für die Übertragung und seitliche Abstrahlung von Laserstrahlung, insbesondere für die Angioplastie, offenbare (Abs. [0002]). Das Gerät verfüge über eine optische Faser, deren distales Ende mit einer für die Laserstrahlung transparenten Mikroabdeckung versehen sei (Abs. [0002]). Die Abdeckung weise einen im Wesentlichen ringförmig verdickten Abschnitt auf, der das distale Ende der optischen Faser umgebe und einen „blütenförmigen“ Ausgangslaserstrahl erzeuge (Abs. [0002]). Durch eine Kapillare könne ein Drucküberschuss des in der Mikrokapsel enthaltenen Gases vermieden werden, wahlweise könne auch ein Vakuum in der Mikrokapsel erzeugt werden (Abs. [0002]).
- Nachfolgend stellt das Klagepatent das menschliche Venensystem und dessen mögliche pathologischen Zustände dar.
- Das Venensystem der unteren Extremitäten des Menschen bestehe im Wesentlichen aus dem oberflächlichen Venensystem und dem tiefen Venensystem, beide seien durch Venae perforantes miteinander verbunden (Abs. [0003]). Das oberflächliche System bestehe aus der Vena saphena magna und der Vena saphena parva, wogegen das tiefe Venensystem die Vena tibialis anterior und die Vena tibialis posterior beinhalte, die sich in der Nähe des Knies zur Vena poplitea vereinen würden (Abs. [0003]). Letztere wiederum gehe nach der Vereinigung mit der Vena saphena parva in die Vena femoralis über (Abs. [0003]).
- Das Venensystem verfüge über Klappen, die bewirken würden, dass ein unidirektionaler Blutfluss zurück zum Herzen vorherrsche (Abs. [0004]). Bei den Venenklappen handele es sich um Bikuspidalklappen, bei denen jedes Segel eine Blutkammer bilde (Abs. [0004]). Die freien Oberflächen der bikuspidalen Venenklappe werde unter retrogradem Blutdruck zusammengedrückt (Abs. [0004]). Bei normaler Funktion werde ein retrograder Blutdruck verhindert, es werde lediglich ein antegrader Fluss zum Herzen hin zugelassen (Abs. [0004]). Eine Bikuspidalklappe sei insuffizient, wenn ihre Segel bei einem retrograden Druckgradient nicht vollständig abdichten würden, so dass es zu einem retrograden Blutfluss komme (Abs. [0004]). Komme es zu einem solchen retrograden Blutfluss nehme der Druck in den unteren Venensektionen zu, was wiederum zu einer Dilatation der Venen und zu einer Zunahme der Klappeninsuffizienz führen könne (Abs. [0004]).
- Die Klappeninsuffizienz, gewöhnlich als venöse Insuffizienz bezeichnet, sei eine chronische Erkrankung, die zu Hautkolorit, Varizen, Schmerzen, Schwellungen und Ulzerationen führen könne (Abs. [0005]). Varizen seien Blutgefäße, die sich verlängert und verdreht hätten und deren Wände mit der Zeit an Elastizität verloren hätten (Abs. [0005]). Aufgrund der Dilatation der Blutgefäße würden die Klappen nicht mehr vollständig schließen und die Venen würden die Fähigkeit verlieren, Blut zurück zum Herzen zu transportieren, was zu einer Ansammlung von Blut in den Gefäßen führen, was wiederum eine weitere Verlängerung und Verdrehung der Venen bewirke (Abs. [0005]). Varizen seien normalerweise blau oder violett und könnten in einer verdrehten Form aus der Hautoberfläche hervortreten, was regelmäßig die ästhetische Erscheinungsform nachteilig beeinflusse (Abs. [0005]). Sie entstünden häufig in den oberflächlichen Venen der Beide, die beim Stehen einem hohen Druck ausgesetzt seien (Abs. [0005]). Andere Formen von Varizen seien Venous Lakes, retikuläre Varizen und Teleangiektasien (Abs. [0005]).
- Das Klagepatent widmet sich sodann den vorbekannten Behandlungsmöglichkeiten vaskulärer Pathologien.
- Behandlungsmöglichkeiten wie das Hochlagern der Beine im liegenden Zustand oder im Sitzen, das Tragen elastischer Strümpfe sowie regelmäßige Bewegung bzw. sportliche Betätigung würden lediglich eine Linderung bestimmter Symptome herbeiführen, mit diesen würden sich jedoch keine Varizen entfernen oder deren Neubildung vermeiden lassen (Abs. [0006]). Eine häufige Behandlungsmethode für das Entfernen von Varizen stelle die Entfernung insuffizienter Venen dar, beispielsweise durch chirurgische Eingriffe, Sklerotherapie, Elektrokauterisation und Lasertherapien (Abs. [0007]). Dabei werde Blut, das eigentlich durch die entfernte Vene fließe, durch die verbleibenden gesunden Venen umgeleitet (Abs. [0007]).
- Bei der Sklerotherapie werde mit einer dünnen Nadel eine Lösung direkt in die Vene injiziert, was eine Reizung der Innenauskleidung der Vene mit der Folge verursache, dass diese anschwellen und das Blut gerinnen würde (Abs. [0008]). Die Vene vernarbe, wobei das Narbengewebe mit der Zeit unsichtbar werde (Abs. [0008]). Einige Ärzte würden sowohl Varizen als auch Besenreiser mittels Sklerotherapie behandeln (Abs. [0008]). Zu den am häufigsten angewandten Sklerosierungsmitteln würden hypertone Kochsalzlösung oder SotradecolTM (Natrium-Tetradecylsulfat) zählen (Abs. [0008]). Das Sklerosierungsmittel wirke auf die Innenauskleidung der Venenwände und führe dazu, dass die Vene verschlossen und der Blutfluss unterbunden werde (Abs. [0008]).
- Nachteilig an der Sklerotherapie sei, dass diese eine Reihe von Komplikationen mit sich bringen könne (Abs. [0008]). So könnten Allergiker etwa eine allergische Reaktion erleiden, die in einigen Fällen schwerwiegend ausfallen könne (Abs. [0008]). Das Sklerosierungsmittel könne die Haut zudem dann, wenn die Nadel nicht korrekt eingeführt werde, verbrennen, wodurch Narben oder Verfärbungen entstehen würden (Abs. [0008]). Weiter könne es zur Bildung von Blutgerinnseln oder wandernden Blutgerinnseln kommen (Abs. [0008]). Auch sei die Behandlung per Sklerotherapie im Allgemeinen auf Venen bis zu einer bestimmten Größe beschränkt, weil bei größeren Varizen wahrscheinlich sei, dass sie sich bei einer Behandlung durch Skelrotherapie wieder öffnen (Abs. [0008]).
- Weiter sei das Venenstripping als Behandlungsmethode bekannt. Dabei handele es sich um einen chirurgischen Eingriff, der zur Behandlung von Varizen unter Vollnarkose oder Lokalanästhesie durchgeführt werde (Abs. [0009]). Sie gehe derart vonstatten, dass die problematische Vene aus dem Körper herausgezogen werde, indem eine biegsame Vorrichtung durch die Vene hindurch geschoben und durch eine Inzision in der Leistengegend wieder entfernt werde (Abs. [0009]). Kleinere Zuflüsse dieser Venen würden ebenfalls mit einer derartigen Vorrichtung herausgezogen oder über eine Reihe kleiner Inzisionen (z.B. mittels ambulanter Phlebektomie) entfernt. Die Venen, die mit tiefen Venen verbunden seien, würden abgeschnürt (Abs. [0009]).
- Das Klagepatent kritisiert das Venenstripping insoweit als nachteilig, als an den Inzisionsstellen Narben entstehen und sich in einigen Fällen Blutgerinnsel bilden könnten (Abs. [0010]). Des Weiteren könne das Venenstripping sehr schmerzhaft und zeitaufwändig in der Durchführung sowie langwierig in der Genesung sein (Abs. [0010]). Auch sei es mit dem Nachteil verbunden, dass Kollateralgefäße der gestrippten Vene beschädigt werden können, wodurch Blutungen entstünden, die wiederum die Entstehung von Hämatomen und anderen Komplikationen (Blutverlust, Schmerzen, Infektionen, Nervenverletzungen und Schwellungen) nach sich ziehen könnten (Abs. [0010]). Die Patienten würden zudem noch viele Stunden oder sogar Tage nach dem Eingriff unter Schmerzen leiden (Abs. [0010]). Weiter seien die Nebenwirkungen zu berücksichtigen, die im Zusammenhang mit der Durchführung derartiger chirurgischer Eingriffe unter Narkose auftreten könnten (z.B.: Übelkeit, Erbrechen, das Risiko von Wundinfektionen) (Abs. [0010]).
- Weiter sei es möglich, zur Behandlung insuffizienter Venen Radiofrequenz („RF“) anzuwenden, wie es etwa in der US-Patentanmeldung Nr. 2006/XXX von S beschrieben sei (Abs. [0011]). Hierbei würden Elektroden durch einen Katheter in die Vene eingeführt und so positioniert, dass sie die Venenwand berühren würden. Über die Elektroden würde RF-Energie angewendet, um die Venenwand selektiv zu erhitzen (Abs. [0011]). Ein Nachteil dieser Methode sei, dass ein anhaltender Kontakt zwischen den RF-Elektroden und der Venenwand erforderlich sei, weshalb nur über diese Berührungspunkte Energie an die Venenwand abgegeben werde (Abs. [0011]). Auch kritisiert das Klagepatent, dass die Methode für den Patienten zeitaufwändig und so belastend sein könne (Abs. [0011]). Schließlich könnten RF-Katheter und –Elektroden kostenintensiv in der Herstellung sein (Abs. [0011]).
- Das Klagepatent nimmt sodann Bezug auf vorbekannte minimal-invasive Behandlungen von Varizen in Form der endoluminalen Laserablation („ELA“), bei der typischerweise ein Lichtwellenleiter durch eine Schleuse in die zu behandelnde Vene eingeführt werde (Abs. [0012]). Der Lichtwellenleiter sei an seinem distalen Ende mit einer ebenen Emissionsfläche ausgestaltet, über die Laserenergie in das Blut und/ oder die Venenwand emittiert werde (Abs. [0012]). Diese Laserenergie werde vom Blut und/ oder Venenwandgewebe absorbiert, was zur thermischen Verödung und Fibrose der Vene führe (Abs. [0012]). Im Folgenden nennt das Klagepatent beispielhaft das US-Patent Nr. 6 XXX XXX (Abs. [0013]) sowie das US-Patent Nr. 6,XXX,XXX (Abs. [0014]), das zeige, das – wie im Stand der Technik üblich – bei der „ELA“ relativ hohe Energnieniveaus zur Anwendung gelangen würden (Abs. [0015]).
- Mit dieser Form der Behandlung gehe der Nachteil einher, dass die Laserstrahlung nur über die sehr kleine ebene Emissionsfläche an der blanken Lichtwellenleiterspitze ausgegeben werde (Abs. [0016]), so dass zu jedem Zeitpunkt nur ein sehr kleiner, lokalisierter Teil des Bluts und/ oder der Venenwand vor der ebenen Emissionsfläche die emittierte Laserenergie direkt empfange (Abs. [0016]). Weiter sei zu kritisieren, dass die Laserstrahlung bei den vorbekannten Verfahren und Vorrichtungen lediglich in Vorwärtsrichtung aus der ebenen Emissionsfläche des Lichtwellenleiters ausstrahle, was zu einer lokal sehr begrenzten Abgabe führe (Abs. [0016]). Das Klagepatent identifiziert als weiteren Nachteil, dass das relativ hohe Energieniveau zu hohen Temperaturen und infolge dessen zu starken Schmerzen im umliegenden Gewebe führe (Abs. [0016]). Nach der Behandlung könnten insbesondere Schmerzen, Hämatome und Parästhesie auftreten (Abs. [0016]). Schließlich könne es zu Venenperforationen kommen (Abs. [0016]).
- Ein weiteren Nachteil, der mit der ELA-Behandlung mittelbar einhergehe, beschreibt das Klagepatent dahingehend, dass diese auf einem Tumeszenzverfahren beruhe, bei dem große Mengen an Tumeszenzlokalanästhetika verabreicht werden würden (Abs. [0017]). Diese seien toxisch und könnten in einigen Fällen, so z.B. bei Verwendung großer Volumina, Nebenwirkungen wie z.B. Konvulsionen beim Patienten hervorrufen (Abs. [0017]). Auch könne ein unerwünschter Anstieg des Blutdrucks auftreten (Abs. [0017]). Weiter sei eine Injektion großer Volumina von flüssigem Anästhetikum entlang der Vene erforderlich. Dies verlängere die Behandlungsdauer und rufe postinterventionelle Nebenwirkungen (z.B. schwarze und blaue Flecken) hervor (Abs. [0017]).
- Außerdem würden die großen Mengen von Tumeszenzanästhetikum verhindern, dass der Patent die thermische Stimulation der nerven wahrnehme und den behandelnden Arzt auffordern könne, das Verfahren zu stoppen (Abs. [0018]). Auf diese Art und Weise könne es zu thermischen Nervschädigungen kommen (Abs. [0018]).
- Des Weiteren erörtert das Klagepatent die fehlende Kontrollierbarkeit der Rückziehgeschwindigkeit vorbekannter Lichtwellenleiter – etwa dem in dem US-Patent Nr. 6,XXX,XXX offenbarten – als problematisch, was – bei einer zu langesamen Rückziehbewegung – eine Überhitzung und Perforation der Gefäßwand hervorrufen könne (Abs. [0019]). Erfolge die Rückziehbewegung hingegen zu schnell, reiche die Bestrahlungsenergie möglicherweise nicht aus, um das Gefäß richtig zu verschließen (Abs. [0019]). Insoweit findet in der Klagepatentschrift bereits die US-Patentanmeldung Nr. 2004/XXX als im Hinblick auf die Kontrollierbarkeit der Rückziehgeschwindigkeit verbesserte Ausgestaltung Erwähnung, jedoch sei auch im Hinblick auf diese zu bemängeln, dass die Strahlung über eine ebene Emissionsfläche an der Lichtwellenleiterspitze und hauptsächlich in Längsrichtung abgegeben werde (Abs. [0020]).
- Ausgehend von dem dargestellten Stand der Technik nimmt es sich das Klagepatent zur Aufgabe (technisches Problem), einen oder mehrere der beschriebenen Nachteile und/ oder negativen Eigenschaften des Stands der Technik zu überwinden (Abs. [0021]). Dies soll erfindungsgemäß durch eine Vorrichtung entsprechend dem Klagepatentanspruch 1 in der durch Entscheidung des BGH vom 07. September 2021 beschränkt aufrecht erhaltenen Fassung erfolgen, der sich wie folgt gliedern lässt (die im Rahmen des Rechtsbestandsverfahrens ergänzten Merkmale sind nachfolgend unterstrichen):
- (0) Vorrichtung für die endoluminale Behandlung von venösen Insuffizienzen durch das Anwenden von Strahlung auf die Venenwand, um die Vene während einer Rückziehbewegung der Vorrichtung zu verschließen, mit:
- (1) einem biegsamen Wellenleiter,
- (1.1) der eine Längsachse bestimmt,
- (2) einem optisch mit einer Strahlungsquelle verbindbaren proximalen Ende und
- (3) einem von dem Blutgefäß aufnehmbaren distalen verrundeten Ende,
- (3.1) das eine Strahlung emittierende Oberfläche aufweist,
- (3.1.1) die Strahlung von der Strahlungsquelle bezüglich der Längsachse des Wellenleiters in seitliche Richtung und vom Wellenleiter aus ringförmig auf einen sich über einen Winkelbereich erstreckenden Abschnitt der umgebenden Gefäßwand emittiert,
- (3.1.2) wobei die emittierende Oberfläche in einem spitzen Winkel zur Längsachse des Wellenleiters ausgerichtet ist und wobei die emittierende Oberfläche im Wesentlichen konisch ausgebildet ist,
- (4) wobei die Vorrichtung ferner eine Abdeckung aufweist,
- (4.1) die fest am Wellenleiter befestigt und daran dicht angebracht ist, und
- (4.2) die bezüglich der emittierten Strahlung im Wesentlichen transparent ist, und
- (4.3) die die emittierende Oberfläche einschließt und
- (4.4) die eine Gas-Wellenleiterschnittstelle bildet, die emittierte Strahlung bezüglich der Längsachse des Wellenleiters in seitliche Richtung auf die umgebende Wand bricht,
- (5) sowie wenigstens eine Laserquelle aufweist, die Laserstrahlung von 1.470 nm +/- 30 nm oder 1.950 nm +/- 30 nm bereitstellt, wobei das proximale Ende des Wellenleiters optisch mit der wenigstens einen Laserquelle verbunden ist.
- III.
Ausgehend von dem Streit der Parteien bedarf das Merkmal 4.4, - „that [the cover] defines a gas-waveguide interface that refracts emitted radiation laterally with respect to the elongated axis of the waveguide onto the surrounding vessel wall“,
- „die [gemeint ist die Abdeckung] eine Gas-Wellenleiterschnittstelle bildet, die emittierte Strahlung bezüglich der Längsachse des Wellenleiters in seitliche Richtung auf die umgebende Wand bricht“,
- einer Auslegung.
- Ausweislich des streitigen Merkmals definiert die Abdeckung der geschützten Vorrichtung eine Gas-Wellenleiterschnittstelle. Daraus ergibt sich eine räumlich-körperliche Ausgestaltung derart, dass die emittierende Oberfläche (nach Merkmalsgruppe 3.1, dort insbesondere Merkmal 3.1.1) von einem Raum umgeben ist, der nach außen hin durch die Abdeckung abgegrenzt wird (vgl. auch Merkmal 4.3). Darüber besteht auch zwischen den Parteien im Ausgangspunkt noch kein Streit. Die Parteien sind vielmehr unterschiedlicher Auffassung darüber, welche Eigenschaften der von der Abdeckung ausgebildete Raum, der an die emittierende Oberfläche angrenzt, aufweist. Insoweit ist ausreichend, dass sich in diesem ein Gas befindet, unerheblich ist, ob darin ein bestimmter Gasdruck vorherrscht.
- 1.
Der für die Auslegung gem. Art. 69 Abs. 1 Satz 1 EPÜ maßgebliche Anspruchswortlaut enthält eine Vorgabe insoweit, als eine „Gas“-Wellenleiterschnittstelle entsteht, das heißt der von der Abdeckung umgrenzte, die emittierende Oberfläche umgebende Raum ist wortlautgemäß mit einem Gas gefüllt. Die Klagepatentbeschreibung, die gem. Art. 69 Abs. 1 Satz 2 EPÜ bei der Auslegung ergänzend heranzuziehen ist, stützt dieses Verständnis, indem sie davon spricht, dass „an der Emissionsfläche eine Grenzfläche zu Luft oder einem anderen Gas definiert“ wird (Abs. [0042]). Abschnitt [0054] erwähnt insoweit auch synonym die „Kern-Gas-Grenzfläche“, wobei mit „Kern“ der Lichtwellenleiterkern, das heißt die optische Faser, in Bezug genommen ist. - 2.
Die Beklagte meint, darüber hinaus verbinde die geschützte Lehre mit dem hier in Rede stehenden Merkmal die Anforderung, dass das Gas in dem umschlossenen Raum mit einem bestimmten (oberhalb eines „technischen Vakuums“ liegenden) Gasdruck vorhanden sei. Diese beschränkende Lesart findet jedoch weder in dem Anspruchswortlaut einen Niederschlag noch ergibt sie sich bei der gebotenen technisch-funktionalen Betrachtung. - a)
Der Anspruchswortlaut lässt nicht erkennen, dass es der geschützten Lehre auf einen bestimmten Gasdruck innerhalb des von der Abdeckung umgebenden Raums ankommt, vielmehr spezifiziert er diesen allein im Hinblick darauf, dass sich darin Materie in einer bestimmten Erscheinungsform, nämlich in Form von Gas, befindet. - Im Wortlaut des hier in Rede stehenden Merkmals („[…] die emittierte Strahlung bezüglich der Längsachse des Wellenleiters in seitliche Richtung auf die umgebende Wand bricht“) klingt weiter an, dass die Lehre des Klagepatents mit einer solchen Ausgestaltung den erfindungswesentlich angestrebten Erfolg umsetzt, eine Strahlungscharakteristik herbeizuführen, bei der die emittierte Strahlung nicht senkrecht zur Längsachse der optischen Faser auf die Venenwand trifft, sondern in Bezug auf diese in seitlicher Richtung auf die Gefäßwand aufgebracht wird. Dies wird – wie Merkmal 3.1.1 erhellt – auch bereits durch die räumlich-körperliche Ausgestaltung der Emissionsfläche selbst bewirkt, aber auch die Gas-Wellenleiterschnittstelle leistet hierzu einen Beitrag (vgl. auch Abs. [0042]). Dem soeben angeführten Abschnitt ist dabei weiter zu entnehmen, dass die geschützte Lehre in diesem Zusammenhang unterschiedliche Brechungsindizes der Emissionsfläche und der Grenzfläche zu Luft oder einem anderen Gas zur Erreichung des technischen Effekts fruchtbar macht.
- Ein solcher angestrebter Unterschied der Brechungsindizes wird aber bereits dann herbeigeführt, wenn sich in dem von der Abdeckung gebildeten Hohlraum überhaupt Gas befindet, unabhängig von der den Druck bestimmenden Anzahl der Gasmoleküle. Denn das Material der optischen Faser (Feststoff) weist einen anderen Brechungsindex auf als das Gas (insbesondere Luft), in welche die Strahlung eintritt, wenn sie von der Oberfläche emittiert wird. Der erwünschte technische Effekt erfordert deshalb nicht, dass sich in dem Hohlraum ein Gasdruck befindet, der höher als der Gasdruck eines technischen Vakuums liegt. Das behauptet auch die Beklagte, die im Ergebnis ein solch enges Verständnis vertreten, nicht (zur Argumentation der Beklagten nachfolgend unter lit. b)). Denn auch in einem technischen Vakuum befinden sich – wenn auch in nur geringem Umfang – Gasmoleküle, die einen anderen Brechungsindex als der optische Faserkern aufweisen. Auch die Beklagte führt insoweit aus, technisch-funktional ergebe sich kein Unterschied daraus, ob eine Gas-Wellenleiterschnittstelle oder eine Vakuum-Wellenleiterschnittstelle ausgebildet werde. Darauf, ob sich der Unterschied der Brechungsindizes zusätzlich noch dadurch verändert, dass ein bestimmter Gasdruck in dem Hohlraum vorherrscht, kommt es nicht an. Die Lehre des Klagepatents quantifiziert nicht, in welchem Umfang die Abstrahlcharakteristik durch Unterschiede in den Brechungsindizes beeinflusst wird.
- b)
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Klagepatentbeschreibung in Abschnitt [0002] die US 48 XXX XXX in Bezug nimmt und in diesem Zusammenhang eine Ausgestaltung erwähnt, bei welcher das distale Ende der optischen Faser von einer Mikrokapsel umgeben ist und in dem dadurch ausgebildeten Raum wahlweise ein Vakuum erzeugt werden kann. - Unbeschadet dessen, dass ausgehend von der Beschreibung schon nicht zu erkennen ist, dass das Klagepatent sich von dem in Abschnitt [0002] in Bezug genommenen Stand der Technik abzugrenzen gedenkt – auf die US‘XXX wird im Folgenden weder Bezug genommen, noch wird die dort offenbarte Ausgestaltung ausdrücklich kritisiert – ist auch ein bloßes Abgrenzungsbedürfnis zum vorbekannten Technikstand allein nicht geeignet, um darauf eine enge Auslegung einer technischen Lehre zu stützen, wenn der maßgebliche Anspruchswortlaut sowie eine an der technischen Funktion des jeweiligen Merkmals für sich und für den erfindungswesentlich angestrebten Erfolg ausgerichtete Betrachtungsweise ein weiteres Verständnis rechtfertigen.
- 3.
Schließlich ergibt sich auch aus der Rechtsbestands-Entscheidung des BGH vom 07. September 2021 sowie aus der Eingabe der Patentanmelderin vom 10. Februar 2015 (Anlage WKS N6) nichts, was – entgegen des hier vertretenen Verständnisses – eine engere Auslegung des Merkmals rechtfertigt. - Der BGH hat sich nicht konkret mit der hier zwischen den Parteien in Streit stehenden, das Merkmal (4.4) betreffenden Auslegungsfrage befasst. Vielmehr hat er ausdrücklich offengelassen, ob das in Abschnitt [0002] beschriebene Vakuum als ein Gas im Sinne einer Gas-Wellenleiterschnittstelle verstanden werden kann (vgl. BGH-Urteil, S. 38, Rn. 160f.: die dortigen Ausführungen betreffend das US-Patent 4 XXX XXX – dort bezeichnet als N3, vgl. Anlage K29, BGH-Urt. S. 37, Rn. 150).
- Auch die als Anlage WKS N6 vorgelegte Eingabe der Patentanmelderin aus Februar 2015 führt gegenüber der hier vertretenen Auslegung zu keinem engeren Verständnis. Die Beklagte macht hier für eine in ihrem Sinne beschränkende Lesart des Klagepatents die Äußerung der Patentanmelderin in Bezug auf die US‘XXX fruchtbar, wonach eine Ausführungsform mit einem Vakuum innerhalb der Mikrokapsel eine Abdeckung habe, die keine Gas-Wellenleiterschnittstelle definiere (Anlage WKS N6, S. 3, 5. Abs.).
- Einschränkende Erklärungen des Anmelders im Einspruchs- oder Erteilungsverfahren können indizielle Bedeutung dafür haben, wie der Fachmann den Gegenstand des Patents versteht (BGH, NJW 1997, 3377 (3380) – Weichvorrichtung II). Jedoch kann ein sich aus dem zulässigen Auslegungsmaterial ergebendes – wie hier – weites Auslegungsergebnis nicht unter bloßem Verweis auf eine Äußerung des Patentanmelders aus dem Erteilungsverfahren revidiert werden (vgl. auch Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 14. Auflage, 2022, Kap. A., Rn. 100).
- Vorliegend kommt hinzu, dass die Argumentation der Beklagten hinsichtlich eines engen Verständnisses von der klagepatentgemäßen Lehre maßgeblich darauf beruht, dass der Fachmann auf der Grundlage seines Fachwissens davon ausgehe, dass ein Vakuum – im Sinne der vollständigen Abwesenheit von Materie – nicht erzeugt werden könne, sondern vielmehr stets ein gewisser Gasanteil, dann allerdings mit einem äußerst geringen Gasdruck, verbleibe. Dass den Ausführungen der Patentanmelderin eben dieses Verständnis eines Vakuums gleichermaßen zugrunde liegt, ist nicht erkennbar. Ihre Ausführungen können dann aber vor diesem Hintergrund auch davon geprägt sein, dass in dem Raum keinerlei Gasmoleküle (d.h. Abwesenheit von Materie) vorhanden sind, was dann eine Abgrenzung zu der klagepatentgemäß vorgesehenen Gas-Wellenleiterschnittstelle bedeuten würde.
- IV.
Es liegt eine Benutzung des Klagepatents im Sinne des § 10 PatG vor. - Nach § 10 Abs. 1 PatG ist es jedem Dritten verboten, ohne Zustimmung des Patentinhabers in der Bundesrepublik Deutschland anderen als zur Benutzung der patentierten Erfindungen berechtigten Personen, Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen, zur Benutzung der Erfindung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder zu liefern, wenn der Dritte weiß oder es auf Grund der Umstände offensichtlich ist, dass diese Mittel dazu geeignet und bestimmt sind, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden.
- 1.
Die angegriffene Lasersonde ist im Zusammenhang mit einem Laser dazu geeignet, die klagepatentgemäße Lehre zu benutzen, und bezieht sich zudem auf ein wesentliches Element der Erfindung. - Ein Mittel ist dann geeignet, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden, wenn dieses im Zusammenhang mit weiteren Elementen in eine Gestaltung gebracht werden kann, die von allen Merkmalen des unter Patentschutz stehenden Gegenstandes (bzw. Verfahrens) Gebrauch macht und damit eine Benutzungshandlung im Sinne von § 9 PatG verwirklicht (vgl. BGH, GRUR 2005, 848 (850) – Antriebsscheibenaufzug). Ob die erforderliche Eignung des Mittels vorliegt, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden, beurteilt sich nach der objektiven Beschaffenheit des Gegenstands, der angeboten oder geliefert werden soll oder worden ist (a.a.O.). Es genügt, dass der Gebrauch des Mittels anlässlich einer den Patentanspruch verwirklichenden Benutzungshandlung nach § 9 bei objektiver Betrachtung nicht außerhalb aller Wahrscheinlichkeit liegt (Scharen, in: Benkard, PatG, 11. Auflage, 2015, § 10, Rn. 5). Ein Mittel bezieht sich auf ein Element der Erfindung, wenn es geeignet ist, mit einem solchen bei der Verwirklichung des geschützten Erfindungsgedankens funktional zusammenzuwirken (BGH, GRUR 2004, 758 (761) – Flügelradzähler). Da der Patentanspruch maßgeblich für den Umfang der geschützten Lehre ist, sind regelmäßig alle im Patentanspruch benannten Merkmale wesentliche Elemente der Erfindung (a. a. O.), soweit sie nicht ausnahmsweise zum erfindungsgemäßen Leistungsergebnis nichts beitragen (BGH, GRUR 2007, 769 – Pipettensystem).
- Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
- Die angegriffene Ausführungsform weist insbesondere eine Gas-Wellenleiterschnittstelle im Sinne des Merkmals (4.4) auf. Maßgeblich für die Merkmalsverwirklichung ist, dass sich in dem von der Abdeckung umschlossenen Hohlraum der angegriffenen Ausführungsform ein Gas befindet. Dies ist unstreitig der Fall. In dem Hohlraum befindet sich Gas in Form von Sauerstoff. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass der Gasdruck in dem Hohlraum nach dem Vorbringen der Beklagten lediglich gering ist, weshalb der Fachmann – so die Beklagte – von einem technischen Vakuum ausgeht. Die Lehre des Klagepatents ist auch dann verwirklicht, wenn ein nur geringer Gasdruck in dem Hohlraum vorherrscht, sich jedoch ein Gas in diesem befindet.
- Die angegriffene Sonde ist zudem nur mit einem Laser, von dem die erforderliche Strahlung ausgeht, überhaupt einsetzbar, wobei sie insbesondere auch mit einem Laser, der innerhalb des von dem Klagepatent vorgegebenen Wellenlängenbereichs liegt (Merkmal (5)), eingesetzt werden kann.
- Bei der angegriffenen Sonde handelt es sich auch um ein Mittel, das sich in dem oben beschriebenen Sinne auf ein wesentliches Element der Erfindung bezieht. Die erfindungsgemäße Lehre erfährt, wie die Merkmale (1) – (4.4) zeigen, maßgeblich durch die Ausgestaltung des Wellenleiters eine Umsetzung.
- 2.
Es ist auch offensichtlich, dass die Abnehmer die angegriffene Ausführungsform zur Verwendung (im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland) in klagepatentgemäßer Art und Weise bestimmen. - Die Bestimmung des Mittels zur unmittelbaren Patentverletzung kann nicht nach objektiven Maßstäben bemessen werden, sondern hängt von der subjektiven Willensrichtung des Angebotsempfängers oder Belieferten ab: Plant dieser den Einsatz des Mittels für die Benutzung der Erfindung, dann liegt die Bestimmung vor; plant der Angebotsempfänger dies nicht, fehlt es an der Bestimmung des Mittels zur unmittelbaren Patentverletzung (BGH, GRUR 2005, 848 (851) – Antriebsscheibenaufzug). Der erkennbare Handlungswille des Angebotsempfängers oder Belieferten ist entscheidend dafür, ob der angebotene oder gelieferte Gegenstand bestimmt ist, zur Benutzung der Erfindung verwendet zu werden (a.a.O.). Erkennt der Angebotsempfänger oder Belieferte aus den Umständen, unter denen er das Angebot oder die Lieferung des Mittels erhält, die Eignung des Mittels, patentverletzend verwendet zu werden, und bildet er den Willen, das Mittel auf diese Weise zu benutzen, ist das Tatbestandsmerkmal des Bestimmtseins des Mittels, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden, erfüllt (a.a.O.). Der Tatbestand der mittelbaren Patentverletzung ist jedoch nicht erst dann erfüllt, wenn der Abnehmer die Bestimmung zur patentverletzenden Verwendung des Mittels tatsächlich bereits getroffen hat (BGH, GRUR 2006, 839, Rn. 22 – Deckenheizung). Insbesondere bei einem vom Gesetz einbezogenen unaufgeforderten ersten Angebot wird eine Bestimmung der Mittel für eine patentgemäße Benutzung durch den Abnehmer im Sinne einer bereits getroffenen Entscheidung regelmäßig fehlen (BGH, ebd., Rn. 23). Der Tatbestand ist bereits dann als verwirklicht anzusehen, wenn aus der Sicht des Dritten bei objektiver Betrachtung nach den Umständen die hinreichend sichere Erwartung besteht, dass der Abnehmer die angebotenen oder gelieferten Mittel zur patentverletzenden Verwendung bestimmen wird (BGH, ebd., Rn. 22).
- So ist es hier.
- Die angegriffene Ausführungsform muss, um betriebsbereit zu sein, zwingend mit einem Laser zusammenwirken. Aus dem Informationsblatt nach Anlage K8, das die angegriffenen Ausführungsform betrifft, geht hervor, dass die angegriffene Ausführungsform beispielhaft mit Lasern mit Wellenlängen von 980 nm oder von 1470 nm betrieben werden kann. In dem aktuellen Internetauftritt der Beklagten (screenshots vorgelegt als Anlage K31) heißt es, die angegriffene Ausführungsform sei für die Benutzung von Wellenlängen zwischen 810 nm bis 1940 nm einsetzbar.
- Die hier in Bezug genommenen Materialien rechtfertigen die Annahme, dass die Abnehmer der Beklagten die angegriffene Ausführungsform mit einem Laser einsetzen, der Laserlicht mit der klagepatentgemäßen Wellenlänge von 1470 nm (Merkmal (5)) generiert. Daraus folgt zugleich, dass die Verwendungsbestimmung des Abnehmers für die Beklagte jedenfalls auch offensichtlich ist.
- V.
Der Beklagten steht auf der Grundlage des EP‘XXX auch kein positives Benutzungsrecht zu. - Ein jüngeres Patentrecht kann gegenüber dem Inhaber eines älteren Patents durch dessen Patentanspruch begrenzt sein, denn das Ausschlussrecht nach § 9 Satz 1 PatG gibt dem Berechtigten aus dem älteren Patent ein Abwehrrecht gegen die Rechte aus einem jüngeren Patent (BGH, GRUR 1963, 563 (565) – Aufhängevorrichtung). Auf das ältere Schutzrecht kann sich auch derjenige stützen, dem von dessen Inhaber die Benutzung gestattet worden ist (a.a.O.). Das gilt jedoch nur insoweit, dass derjenige, der sich auf das positive Benutzungsrecht aus einem älteren Patent beruft, ausschließlich dessen Lehre benutzt und nicht von zusätzlichen Merkmalen Gebrauch macht, die erst von dem jüngeren Schutzrecht gelehrt werden (BGH, GRUR 2009, 655, Rn. 27 – Trägerplatte).
- Letzteres ist jedoch im Hinblick auf die hier zur Entscheidung stehende Konstellation der Fall. Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht weitergehende Merkmale des jüngeren Rechts, insbesondere das Merkmal (3) und, jedenfalls soweit eine unmittelbare Patentverletzung in Rede steht, auch das Merkmal (5).
- 1.
Merkmal (3) des Klagepatents legt in der beschränkt aufrechterhaltenen Fassung fest, dass das distale Ende – wie auch bei der angegriffenen Ausführungsform – „verrundet“ ist (dazu unter lit. a)), während das EP‘XXX keine Vorgaben zur Form der Hülse enthält, mithin sowohl eine abgerundete als auch eine spitze Formgebung – diese sogar bevorzugt – zulässt (dazu unter lit. b)). - a)
Mit dem in Merkmal (3) genannten „distalen Ende“ ist die äußere Umgrenzung der geschützten Vorrichtung – nicht etwa die emittierende Oberfläche – in Bezug genommen. Das distale Ende in diesem Sinne kann danach auch die Abdeckung im Sinne des Merkmals (4) meinen, wenn diese – wie bei der angegriffenen Ausführungsform – die äußere Umgrenzung der geschützten Vorrichtung bildet. - Das ergibt sich daraus, dass Merkmal (3) von dem Ende spricht, welches „von einem Blutgefäß aufnehmbar“ ist. Damit ist der Teil der Vorrichtung in Bezug genommen, der in Kontakt mit dem Blutgefäß kommt. Dieses, distale, Ende der Vorrichtung wird – wie eine Gesamtbetrachtung mit Merkmal (2) zeigt – dem proximalen Ende der Vorrichtung gegenübergestellt, an dem die Laserquelle nach Merkmal (5) angeschlossen wird. Der Fachmann wird in seinem Verständnis weiter dadurch gestärkt, dass das so identifizierte distale Ende der Vorrichtung „verrundet“ ist, womit der Zweck verbunden ist, dass das Gefäßmaterial beim Einführen der Vorrichtung in das Gefäßsystem nicht beschädigt wird. Ausgehend von diesem angestrebten technischen Effekt macht die Anordnung einer verrundeten Form des distalen Endes nur im Hinblick auf den Vorrichtungsteil Sinn, der mit dem Gefäßmaterial in Kontakt kommt, was auf die emittierende Oberfläche nicht zutrifft. Denn diese ist ausweislich des Merkmals (4.3) stets von der Abdeckung umgeben.
- Schließlich steht dieses Auslegungsergebnis auch im Einklang mit der Klagepatentbeschreibung, die im Zusammenhang mit dem durch die Figur 10 verkörperten Ausführungsbeispiel davon spricht, dass „die Schutzkappe über ein distales Ende 1107 verfüge, um die Bewegung des mit der Kappe verschlossenen Lichtwellenleiters durch ein verschlungenes Blutgefäß zu erleichtern (Abs. [0056], Abs. [0059] und Abs. [0072], wobei das Ausführungsbeispiel nach Abs. [0056] nicht klagepatentgemäß ist, weil nämlich die Emissionsfläche im Wesentlichen eben ist, so dass das Merkmal (3.1.2) nicht verwirklicht ist. Für das Verständnis des hier in Rede stehenden Merkmals (3) ist das jedoch unerheblich. Die Passage kann gleichwohl hierfür herangezogen werden). Dadurch entfällt die Notwendigkeit einer Schleuse und eines Führungsdrahtes beim Einbringen der Vorrichtung in das Gefäßsystem (Abs. [0059]).
- b)
Das EP‘XXX nimmt es sich zur Aufgabe (technisches Problem) eine einfach aufgebaute Vorrichtung zur Laserablation von Gewebe bereitzustellen, die einen unmittelbaren Gewebeabtrag mit möglichst geringen Komplikationsmöglichkeiten bei vergleichsweise geringen Laserleistungen und Gerätekosten erreicht (Abs. [0020] der EP‘XXX). - Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch eine Vorrichtung entsprechend dem Anspruch 1 des EP‘XXX gelöst, deren Merkmale sich gegliedert wie folgt darstellen lassen:
- 0. Vorrichtung zur Laserablation von Gewebe mit:
- 1. einer Laserlichtquelle, deren Ausgangsleistung in ein erstes Ende eines Lichtleiters eingespeist wird,
- 2. einem Lichtleiter mit einem freien Ende,
- 2.1 an dem die Lichtenergie austritt und auf das Gewebe gerichtet wird, um die Ablation des Gewebes hervorzurufen,
- 2.2 das mit Abstand von einer interstitiell in das Gewebe einbringbaren im wesentlichen zylindrischen Hülse umgeben ist,
- 3. Strahlumlenkeinrichtungen zur Umlenkung des aus dem Lichtleiter austretenden Lichtstrahls
- 3.1 die an dem freien Ende des Lichtleiters angeordnet sind.
- 4. Die Hülse ist aus für das Laserlicht im wesentlichen durchlässigem Material.
- 5. Das freie Ende des Lichtleiters ist durch eine konische Spitze mit einem Spitzenwinkel gebildet.
- 6. Die Strahlumlenkeinrichtungen
- 6.1 sind gebildet durch:
- 6.1.1 die den Spitzenwinkel aufweisende konische Spitze,
- 6.1.2 die Hülse und
- 6.1.3 das den Zwischenraum zwischen der Spitze und der Hülse füllende Medium,
- 6.2 ergeben eine Auskopplung der Lichtenergie in einem scheiben- oder ringförmigen Raum unter einem Winkel zur Längsachse.
- Der hier maßgebliche Anspruchswortlaut des EP‘XXX (Merkmal 2.2) beschreibt die Hülse in ihrer räumlich-körperlichen Ausgestaltung lediglich insoweit, als diese eine im Wesentlichen „zylindrische“ Form aufweist. Im Übrigen enthält er eine Zweckangabe dahingehend, dass sich die Hülse zum interstitiellen Einbringen in das Gewebe eignet. Damit ist gemeint, dass die Vorrichtung in das Gewebe eingeführt wird (Abs. [0024] des EP‘XXX), anders als etwa bei einer transurethralen Applikation, bei welcher der Applikator in die Harnröhre eingeführt wird und von dort aus auf das Gewebe einwirkt (Abs. [0007] des EP‘XXX).
- Dem Anspruch ist eine bestimmte Form der Hülse nicht zu entnehmen, insbesondere keine verrundete Form, wie sie der Klagepatentanspruch verlangt. Auch aus der beschriebenen Zweckangabe folgt keine bestimmte räumlich-körperliche Ausgestaltung. Allenfalls erscheint es für die Eignung zum interstitiellen Einbringen in das Gewebe vorteilhaft, wenn die Hülse eine spitze Form aufweist. Denn eine solche Ausgestaltung vereinfacht – wie es in der Beschreibung des EP‘XXX heißt – das Einbringen der Vorrichtung in das Gewebe (Unteranspruch 4 und Abs. [0030]), bedingt es aber technisch nicht.
- VI.
Aufgrund der festgestellten Rechtsverletzung stehen der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche im Wesentlichen zu. - 1.
Die Beklagte ist zu einem Unterlassen insoweit verpflichtet, wie die angegriffene Ausführungsform zur Verwendung mit einem Laser der Wellenlänge 1.470 nm +/- 30 nm oder mit einer Wellenlänge von 1.950 nm +/- 30 nm in Rede steht, Art. 64 Abs. 1 i. V. m. § 139 Abs. 1 PatG. Die Klägerin kann hingegen kein Unterlassen von Angebot und Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform schlechthin verlangen (sog. Schlechthin-Verbot). Der Beklagten kann in diesem Zusammenhang weder die Verpflichtung auferlegt werden, den Abnehmern bei Lieferung der angegriffenen Ausführungsform ein Vertragsstrafeversprechen aufzuerlegen (Hilfsantrag Ziff. I.a)), noch kann es ihr auferlegt werden, die Verpackung der angegriffenen Ausführungsform mit einem Warnhinweis zu versehen und darüber hinaus an der jeweiligen gelieferten angegriffenen Ausführungsform selbst ein Hinweisfähnchen anzubringen (Hilfsantrag Ziff. I.b)). Vielmehr sind die Angebots- und Vertriebshandlungen der Beklagten dahingehend zu beschränken, dass – neben der Angebotshandlung – auch ein Vertrieb der angegriffenen Sonde lediglich mit einem auf der Verpackung der Sonde angebrachten Warnhinweis erfolgen kann (Hilfsantrag Ziff. I.c)). - a)
Ein uneingeschränktes Verbot, die angegriffene Ausführungsform anzubieten und zu liefern, kann grundsätzlich nur dann ausgesprochen werden, wenn das angebotene oder gelieferte Mittel technisch und wirtschaftlich sinnvoll ausschließlich in patentverletzender Art und Weise verwendet werden kann (BGH, GRUR 2006, 839, Rn. 27 – Deckenheizung). Die Beschränkung der Unterlassungspflicht ist insoweit kein Ausfluss des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, sondern trägt dem Umstand Rechnung, dass nur rechtswidriges Verhalten verboten werden darf und nicht jedes Angebot und jede Lieferung der angegriffenen Sonde rechtswidrig ist. Ein Unterlassungstenor muss dies hinreichend abbilden, mithin sicherstellen, dass die rechtswidrigen Nutzungen unterlassen werden und die berechtigten Nutzungen weiterhin möglich sind. - Nach dieser Maßgabe war hier ein Schlechthin-Verbot nicht auszusprechen.
- Eine nur patentverletzende Nutzungsmöglichkeit der angegriffenen Ausführungsform besteht vorliegend nicht, denn die angegriffene Ausführungsform kann auch mit Lasern betrieben werden, die eine Wellenlänge generieren, die außerhalb des von dem Klagepatent beanspruchten Bereichs liegen.
- b)
Die Klägerin macht geltend, eine uneingeschränkte Unterlassungsverurteilung sei vorliegend ausnahmsweise gerechtfertigt, weil ein Warnhinweis bzw. ein Vertragsstrafeversprechen wirkungslos seien. Dies aber veranlasst vorliegend kein Schlechthin-Verbot. - Die Klägerin führt Rechtsprechung an, wonach der mittelbare Patentverletzer vollumfänglich zur Unterlassung verurteilt worden ist, weil zum einen ein bloßer Hinweis sowie die Übernahme von vertragsstrafegesicherten Unterlassungsverpflichtungen durch die Abnehmer der Geräte nicht ausreichen würden und es dem mittelbaren Patentverletzer zum anderen ohne weiteres zumutbar sei, die Geräte technisch umzugestalten (OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2004, 345 (349) – Rohrschweißverfahren).
- Eine mit der genannten Rechtsprechung vergleichbare Fallgestaltung liegt hier aus den nachfolgend angeführten Gründen nicht vor.
- aa)
Der bloße Umstand, dass es für die Klägerin schwierig ist, Einblicke in den Bereich zu erhalten, in dem die angegriffene Ausführungsform zur Anwendung gelangt, reicht insoweit nicht aus. Dies ist vielmehr regelmäßig der Fall, wenn die geschützte Vorrichtung oder das geschützte Verfahren in einem Bereich zur Anwendung gelangen, der sich der Öffentlichkeit nicht ohne weiteres erschließt. Hier hat der Patentinhaber grundsätzlich die Möglichkeit, über ein selbstständiges Beweisverfahren Einblick in den Betrieb des jeweiligen Abnehmers zu erhalten. Zutreffend erscheint der Kammer, dass dies bei der streitgegenständlichen Konstellation nicht in der Form möglich ist, dass die angegriffene Ausführungsform während des Betriebs, das heißt während der medizinischen Behandlung eines Patienten, mit einem bei dem Abnehmer vorhandenen Laser begutachtet werden kann. Insoweit aber ist unstreitig, dass Lasergeräte typischerweise lediglich Laserstrahlung nur einer bestimmten Wellenlänge aussenden und die Möglichkeit, unterschiedliche Wellenlängen einzustellen, nicht besteht. Das erhöht die Kontrollmöglichkeit für die Klägerin, weil die Art des verwendeten Lasergeräts einfacher zu ermitteln ist als die konkret eingestellte Wellenlänge bei einzelnen Behandlungsvorgängen. Gleichzeitig streitet dieser Umstand für die grundsätzliche Wirksamkeit eines Warnhinweises. Denn die Entscheidung für eine nachfolgende patentgemäße Verwendung fällt dann regelmäßig bereits beim Kauf der angegriffenen Ausführungsform, Warnhinweis bzw. Vertragsstrafeversprechen wirken dann genau in dem Zeitpunkt von Angebot und Verkauf. - bb)
Aus der eingangs zitierten Rechtsprechung geht zudem auch nicht hervor, dass ein Schlechthin-Verbot immer schon dann in Betracht kommt, wenn eine Kontrollmöglichkeit des Patentinhabers für eine patentfreie Benutzung beim Abnehmer nicht oder nicht ohne weiteres besteht. Maßgeblich ist vielmehr auch, ob eine technische Umgestaltung, die von der patentverletzenden Benutzung wegführt, für den Beklagten zumutbar ist, was hier von der Klägerin nicht hinreichend dargetan ist. - Zwar stellt auch die Beklagte nicht in Abrede, dass es technisch ohne weiteres möglich ist, das Verbindungsstück, mit welchem die Lasersonde mit einem Laser zusammengebracht wird, derart abzuändern, dass „handelsübliche“ Laser mit der angegriffenen Sonde nicht mehr verbunden werden können. In diesem Zusammenhang ist aber jedenfalls der Vortrag der Beklagten beachtlich, wonach ihr Geschäftsmodell darauf ausgelegt ist, dass die angegriffene Sonde mit Lasern anderer Hersteller zusammengebracht werde, weil sie bzw. ihre Tochtergesellschaft selbst Laser nicht vertreibe. Aus diesem Grund seien die Lasersonden mit einem sog. Standard-SMA-XXX-Anschluss (nach Branchenstandard IEC XXX) ausgestattet. Auch ihre Abnehmer würden mit der Erwartungshaltung der Kompatibilität der angegriffenen Ausführungsform mit durch andere Hersteller vertriebenen Lasern an sie herantreten. Der Vorschlag der Klägerin ist demgegenüber darauf angelegt, dass die Beklagte ein proprietäres System schafft, durch welches der Vertrieb ihrer Lasersonden nur noch in einer Einheit mit ihren Lasern erfolgen kann.
- c)
Da im Hinblick auf die angegriffene Ausführungsform auch patentfreie Benutzungsmöglichkeiten bestehen (dazu zuvor unter lit. a)) und ein Schlechthin-Verbot auch ausnahmsweise nicht gerechtfertigt ist (dazu zuvor unter lit. b)), kann die Klägerin ein Unterlassen von Angebot und Lieferung der angegriffenen Ausführungsform nur eingeschränkt verlangen. Eine Einschränkung ist der Beklagten in diesem Zusammenhang insoweit aufzuerlegen, dass sie sowohl Angebots- als auch Vertriebshandlungen lediglich mit dem Hinweis vornehmen darf, dass die angegriffenen Sonden ohne Zustimmung der Klägerin nicht mit Lasern der Wellenlängen 1470 nm +/- 30 nm oder 1.950 nm +/-30 nm verwendet werden dürfen. Für weitergehende Beschränkungen, insbesondere der Verpflichtung, ihren Abnehmern ein Vertragsstrafeversprechen aufzuerlegen, oder zusätzlich an der dem Abnehmer gelieferten Sonde selbst ein Hinweisfähnchen anzubringen, ist hingegen kein Raum. - aa)
Welche Vorsorgemaßnahmen der Anbieter oder Lieferant einer Ware, die sowohl patentverletzenden als auch patentfrei verwendet werden kann, zu treffen hat, bestimmt sich nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalls (BGH, GRUR 2006, 839, Rn. 27f. – Deckenheizung). Die Maßnahme muss einerseits geeignet und ausreichend sein, um Patentverletzungen mit hinreichender Sicherheit zu verhindern, andererseits darf der Vertrieb der Mittel zum patentfreien Gebrauch dadurch nicht in unzumutbarer Weise behindert sein (a.a.O.). - Im Hinblick auf das Fordern einer Vertragsstrafevereinbarung für den Fall der Lieferung ist Vorsicht geboten (Kühnen, ebd., Kap. D., Rn. 531). Ob eine Warnung ausreichend ist oder ggf. auch die Ausbedingung einer Vertragsstrafe in Betracht kommt, richtet sich nach dem Grad der Gefahr der patentverletzenden Benutzung (BGH, GRUR 1961, 627 (627f.) – Metallspritzverfahren). Eine Forderung nach Vertragsstrafen ist nur dann gerechtfertigt, wenn die Gefahr der patentverletzenden Benutzung durch die Abnehmer besonders nahe liegt. Denn die Forderung mit seinen Abnehmern Strafversprechen zu vereinbaren, hindert den Lieferanten erheblich in der freien geschäftlichen Betätigung (ebd., (628)). Sie kann wegen der absehbaren Reaktionen der potenziellen Abnehmer wirtschaftlich einem uneingeschränkten Verbot des Vertriebs gleichkommen (BGH, GRUR 2007, 679, Rn. 52 – Haubenstretchautomat). Grundsätzlich ist zu erwarten, dass die Schutzrechtslage im Kreis gewerblicher Abnehmer bekannt ist, weshalb sie im eigenen Interesse bemüht sind, Patentverletzungen zu vermeiden (a.a.O.). Der Anspruch auf Unterlassung des Vertriebs von Mitteln, die von den Abnehmern oder Belieferten patentverletzend benutzt werden können, solange sich die Abnehmer nicht auf das Klagepatent bezogen strafbewehrt zur Unterlassung verpflichtet haben, setzt deshalb die Feststellung besonderer Umstände voraus (a.a.O.).
- bb)
Nach dieser Maßgabe ist bei der hier zur Entscheidung stehenden Konstellation allein das Anbringen von Warnhinweisen im Zusammenhang mit dem Angebot bzw. im Falle der Lieferung auf der Verpackung der angegriffenen Ausführungsform – womit nicht etwa nur eine mehrere angegriffene Ausführungsformen umgebende „Sammelverpackung“, gemeint ist, sondern insbesondere auch die die jeweilige angegriffene Ausführungsform umgebende Einzelverpackung – zu verlangen. - (1)
Es ist bereits dazu ausgeführt worden, dass das Anbringen eines Warnhinweises hier grundsätzlich seine Wirkung im Zeitpunkt der Kaufentscheidung entfaltet, weil der Abnehmer auch in diesem Moment ein Bewusstsein darüber entwickelt, mit was für einem Laser (und damit zusammenhängend mit welcher Wellenlänge) er die angegriffene Sonde betreibt. Dies mag allenfalls dann anders sein, wenn sich der Abnehmer in dem Wissen, dass – etwa in größeren Kliniken – mehrere Laser (das heißt unterschiedliche Wellenlängen) zur Verfügung stehen, im Zeitpunkt der Kaufentscheidung noch offen hält, mit welchem Laser und mit welcher Wellenlänge er die Sonde in Betrieb nimmt. In diesem Fall aber geht aus dem auf der Verpackung jeder einzelnen Sonde befindlichen Warnhinweis hervor, dass ein Betrieb mit der klagepatentgemäßen Wellenlänge ohne Zustimmung der Klägerin nicht erfolgen darf. Dieser erweist sich auch als wirksam, weil nämlich die Umverpackung der jeweiligen Sonde schon aus medizinisch-hygienischen Gründen erst kurz vor der Verwendung der Sonde von dieser entfernt wird. Dass der behandelnde Arzt bzw. die OP-Schwester, die die Sonde auspackt, hierauf per se kein Augenmerk richtet, vermag die Kammer nicht ohne weiteres anzunehmen. Die Wellenlänge ist für die beabsichtigte medizinische Behandlung und teilweise auch für deren Abrechnung bedeutsam, weshalb im Hinblick auf diese bei dem Behandler ein Bewusstsein herrscht. Ausgehend davon, dass dem Behandler mehrere Laser (mit jeweils sich unterscheidenden Wellenlängen) zur Verfügung stehen, stellt sich auch das Ausweichen auf einen Laser mit einer Wellenlänge, die außerhalb des Schutzbereichs des Klagepatents liegt, als einfach handhabbar dar. - (2)
Die Kammer kann auch nicht feststellen, dass eine klagepatentverletzende Verwendung besonders naheliegt, was es geboten erscheinen lassen könnte, den Abnehmern der Beklagten ein Vertragsstrafeversprechen aufzuerlegen. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung insoweit vorgetragen, dass sich in der medizinischen Zulassung für Sonden „wahrscheinlich“ konkrete Wellenlängen befinden würden, die denjenigen des Klagepatents entsprechen würden, woran sich der Arzt halten würde. Die Beklagte hat demgegenüber vorgetragen, die medizinische Zulassung sei für sämtliche Wellenlängen von 810 nm bis 1940 nm erfolgt. Die medizinischen Zulassungsdokumente würden auch nicht der Geheimhaltung unterliegen. Vor diesem Hintergrund erweist sich das Vorbringen der Klägerin als prozessrechtlich unerheblich. Diesem lässt sich weder entnehmen, dass sie Einsicht in die Zulassungsunterlagen genommen oder aber jedenfalls ein solcher Versuch stattgefunden hat.. Ein bloßes Bestreiten des Beklagtenvorbringens mit Nichtwissen ist demgegenüber unbehelflich, denn die Klägerin ist im Hinblick auf die hier in Rede stehenden Tatsachen darlegungsbelastet. Bei der so vorgenommenen Würdigung des Parteivorbringens kommt hinzu, dass sich aus den von der Klägerin selbst vorgelegten Werbeunterlagen zur angegriffenen Ausführungsform ergibt, dass diese für einen Betrieb mit Wellenlängen von „980 nm und 1470 nm“ als besonderes geeignet beworben werden (Anlage K9, S. 1 und Anlage K8 S. 2), mithin nicht nur klagepatentgemäße Wellenlängen bevorzugt Verwendung finden können. In dem die angegriffene Ausführungsform betreffenden aktuellen Internetauftritt (screenshots vorgelegt als Anlage K31) heißt es weiter und in Übereinstimmung mit dem Vorbringen der Beklagten zum Inhalt der Zulassungsunterlagen, die angegriffene Ausführungsform sei für die Benutzung von Wellenlängen zwischen 810 nm bis 1940 nm einsetzbar. - (3)
Soweit die Klägerin zusätzlich zu dem Anbringen eines Warnhinweises auf der Verpackung auch das Anbringen eines Hinweisfähnchens an der Vorrichtung selbst begehrt, ist auch dies abzulehnen. Dies erscheint der Kammer schon deshalb nicht praktikabel, weil es sich bei der angegriffenen Sonde um eine medizinische Vorrichtung handelt, die jedenfalls mit weiten Teilen in das menschliche Gefäßsystem eingeführt wird. Das Anbringen eines Hinweisfähnchens steht daher sowohl der ordnungsgemäßen Handhabung der Vorrichtung als auch medizinischen Hygienestandards entgegen. - 2.
Weiterhin hat die Klägerin gegen die Beklagte dem Grunde nach Ansprüche auf Zahlung von Schadensersatz aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 1 und 2 PatG, weil die Beklagte die Patentverletzung schuldhaft beging. Als Fachunternehmen hätte die Beklagte die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. - Es ist auch nicht unwahrscheinlich, dass der Klägerin als Inhaberin des Klagepatents durch die Patentverletzung ein Schaden entstanden ist.
- Das für die Zulässigkeit des Feststellungsantrags gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass die Klägerin derzeit nicht in der Lage ist, den konkreten Schaden zu beziffern und ohne eine rechtskräftige Feststellung der Schadensersatzpflicht die Verjährung von Schadensersatzansprüchen droht.
- 3.
Der Klägerin stehen gegen die Beklagte auch Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 140b Abs. 1 PatG, §§ 242, 259 BGB zu. Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsform ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus § 140b Abs. 1 PatG, der Umfang der Auskunftspflicht aus § 140b Abs. 3 PatG. Die weitergehende Auskunftspflicht und die Verpflichtung zur Rechnungslegung folgen aus §§ 242, 259 BGB, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern. Die Klägerin ist auf die tenorierten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagte wird durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. - VII.
Die Entscheidung über die Kosten ergeht nach § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. - Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach § 709 Satz 1 ZPO und, soweit die Vollstreckung der Kostenentscheidung betroffen ist, nach § 709 Satz 1, 2 ZPO.
- VIII.
Der Streitwert wird gem. § 51 Abs. 1 GKG auf EUR 700.000,- festgesetzt.