4a O 67/20 – Bewegungssensorgesteuerte Leuchtenvorrichtung II

Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3212

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 21. April 2022, Az. 4a O 67/20

  1. I. Das Versäumnisurteil der Kammer vom 07.10.2021 bleibt mit der Maßgabe aufrechterhalten,
    dass die Auskunftsverpflichtung gemäß Ziff. I. 1. a) des Versäumnisurteils erst für Verletzungshandlungen ab dem 01. Januar 2017 besteht,
    mit der weiteren Maßgabe, dass die Beklagte in Ziff. I. 3. des Versäumnisurteils verurteilt wird, der Klägerin Rechtsanwaltskosten in Höhe von 6.833,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz erst seit dem 14. August 2020 zu zahlen,
    sowie mit der Maßgabe, dass Ziff. II. des Versäumnisurteils wie folgt lautet:
    „Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die zu Ziffer I. 1. bezeichneten in der Zeit seit dem 01. September 2010 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird, wobei sich die Schadensersatzpflicht für die vor dem 01. Januar 2017 begangenen Handlungen auf die Herausgabe dessen beschränkt, was die Beklagte durch die Benutzung des deutschen Teils des EP 1 062 XXX B1 auf Kosten der Klägerin erlangt hat.“
    II. Im Übrigen wird das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.
    III. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu 1/8, die Beklagte zu 7/8 zu tragen.
    IV. Das Urteil ist hinsichtlich Ziff. I. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 230.000,00 € vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil darf nur gegen Leistung dieser Sicherheit fortgesetzt werden. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten für die Klägerin vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
  2. Tatbestand
  3. Die Klägerin macht gegen die Beklagte Ansprüche auf Auskunft, Rechnungslegung, Feststellung der Schadensersatzverpflichtung und auf Erstattung von Rechtsverfolgungskosten wegen einer Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents EP 1 062 XXX B1 (im Folgenden: Klagepatent) geltend, das bereits Gegenstand eines Parallelverfahrens vor der Kammer unter dem Az. 4a O 139/17 gewesen ist (zum stattgebenden Urteil vgl. Anlage K 1).
    Die Klägerin war alleinige Inhaberin des am 09.03.1999 unter Inanspruchnahme der Priorität der DE 298 04 XXX U vom 09.03.1998 und der DE 299 03 XXX U vom 05.03.1999 angemeldeten Klagepatents. Die Anmeldung des Klagepatentes wurde am 27.12.2000 veröffentlicht, der Hinweis auf die Patenterteilung wurde am 09.01.2002 bekannt gemacht.
    Das Klagepatent ist am 09.03.2019 durch Zeitablauf erloschen. Gegen das Klagepatent wurde zuvor eine Nichtigkeitsklage beim Bundespatentgericht erhoben. Mit Urteil vom 30.10.2019 wies das Bundespatentgericht die Nichtigkeitsklage ab und bestätigte den Rechtsbestand des zwischenzeitlich erloschenen Klagepatentes vollumfänglich (vgl. Urteil – 6 Ni 34/18, Anlage K 2).
    Die Klägerin führt vor der Kammer noch ein weiteres paralleles Verletzungsverfahren, wobei die dortige Beklagte ebenfalls eine Nichtigkeitsklage erhoben hatte. Das Nichtigkeitsverfahren wird beim Bundespatentgericht zum Az. 4 Ni 27/21 geführt. Am 10.02.2022 erging der aus dem Anlagenkonvolut K 11 ersichtliche qualifizierte Hinweis gemäß § 83 Abs. 1 PatG.
    Das Klagepatent betrifft eine bewegungssensorgesteuerte Leuchtenvorrichtung. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch 1 lautet wie folgt:
  4. „Bewegungssensorgesteuerte Leuchtenvorrichtung mit einem auf einem Befestigungssockel (12; 20) gehaltenen, mit seinen Außenwänden einen lichten Zwischenraum (28) oberhalb des Befestigungssockels begrenzenden Leuchtmittel (14; 22), insbesondere einer Gasentladungslampe, und einem zum Aktivieren oder Deaktivieren des Leuchtmittels als Reaktion auf eine erfasste Bewegung eingerichteten Bewegungssensor (26; 32),
    dadurch gekennzeichnet, dass
    der Bewegungssensor ein auf einem Trägermodul (26) gebildeter Mikrowellensensor mit einer Sende- und/oder Empfangsantenne (16; 32) und einer zugeordneten Sensorelektronik ist, das so auf dem Befestigungssockel (12, 24) vorgesehen ist, dass das Trägermodul (26) mit zumindest einem Teilbereich in dem Zwischenraum (28) aufgenommen ist.“
  5. Nachfolgend wird in verkleinerter Form Figur 1 des Klagepatentes eingeblendet, die eine erste Ausführungsform der erfindungsgemäßen Leuchtenvorrichtung zeigt:
  6. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Klagepatentschrift, vorgelegt als Anlagenkonvolut K 4, Bezug genommen.
    Bei der Beklagten handelt es sich um ein in A ansässiges Unternehmen, das Lichtprodukte, nämlich LED-Strahler, Funktionsleuchten, Arbeitsstrahler, Bewegungssensoren sowie Zubehör und Ersatzteile, an Geschäftskunden und Endverbraucher vertreibt. Zum Produktprogramm der Beklagten zählt auch die „B“ mit der Produktbezeichnung „C“, eine LED-Deckenlampe mit Hochfrequenzsensor, wie sie die Klägerin bei der Beklagten im Jahre 201X im Rahmen eines Testkaufes erworben hatte (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform). Wegen der Einzelheiten der Ausgestaltung wird auf die folgenden Fotografien der angegriffenen Ausführungsform des Anlagenkonvoluts K 7 Bezug genommen
    sowie auf das Produktdatenblatt der Anlage K 10.
    Die Klägerin mahnte die Beklagte mit dem aus dem Anlagenkonvolut K 8 ersichtlichen anwaltlichen Schreiben vom 23.04.2020 ab und forderte sie erfolglos zur Auskunft, Rechnungslegung sowie Anerkennung der Schadensersatzverpflichtung auf.
  7. Die Klägerin ist der Auffassung, die angegriffene Ausführungsform mache von sämtlichen Merkmalen des Klagepatentanspruchs Gebrauch.
    Die angegriffene Ausführungsform sei eine bewegungssensorgesteuerte Leuchtenvorrichtung im Sinne des Klagepatentes Die Erfindung gemäß dem Klagepatent betreffe insoweit eine bewegungssensorgesteuerte Leuchtenvorrichtung, die unter anderem mit einem Leuchtmittel, einem Bewegungssensor und einem Trägermodul ausgestattet sei. Das Klagepatent unterscheide daher zwischen einer Leuchtenvorrichtung einerseits und einem Leuchtmittel andererseits, so dass Leuchtenvorrichtung und Leuchtmittel nicht gleichzusetzen seien. Vielmehr handele es ich bei der klagepatentgemäßen Leuchtenvorrichtung um eine Gesamtvorrichtung, die die verschiedenen, in der Patentschrift genannten Komponenten umfasse. Das Klagepatent setze insbesondere nicht voraus, dass die Leuchtenvorrichtung in eine bereits bestehende Leuchte eingesetzt werde. Die angegriffene Ausführungsform sei eine LED-Deckenlampe mit HF-Bewegungssensor und daher eine bewegungssensorgesteuerte Leuchtenvorrichtung im Sinne des Klagepatentes.
    Die angegriffene Leuchtenvorrichtung verfüge auch über ein Leuchtmittel im Sinne des Klagepatentes. Das klagepatentgemäße Leuchtmittel sei nicht auf die einzelne lichtemittierende Komponente oder die einzelne Leuchtdiode einer LED-Leuchte beschränkt. Für eine solche einschränkende Auslegung gäben weder der Wortlaut noch die Beschreibung oder die Figuren des Klagepatentes Anlass. Der Patentanspruch schließe gerade nicht aus, dass die Leuchtenvorrichtung neben dem einzelnen Leuchtmittel weitere Leuchtmittel enthalte oder mehrteilig ausgebildet sei. Zudem sei das Klagepatent nicht auf gängige Leuchtmittel, wie z.B. Glühlampen und/oder Energiesparlampen, beschränkt. Dies gehe insbesondere aus Abs. [0010] hervor, wonach die Erfindung nicht auf eine spezielle Form oder Ausführung eines Leuchtmittels beschränkt sei. Der bei der angegriffenen Ausführungsform vorzufindende Tragring mit den Leuchtioden sei daher als einheitliches Leuchtmittel im Sinne des Klagepatents zu verstehen.
    Bei der angegriffenen Ausführungsform werde mit den Außenwänden des Leuchtmittels auch ein lichter Zwischenraum oberhalb des Befestigungssockels im Sinne des Klagepatentes begrenzt. Nach Abs. [0008] verstehe das Klagepatent unter einem Innen- und/oder Zwischenraum jeglichen, oberhalb des Befestigungssockels gelegenen Raum, welcher durch Abschnitte des Leuchtmittels bestimmt, definiert bzw. begrenzt werde, wobei derartige Innen- bzw. Zwischenräume ansonsten ungenutzt blieben. Der „lichte Zwischenraum“ im Sinne des Klagepatents sei nicht allein in vertikaler Richtung, sondern auch in horizontaler Erstreckung zu verstehen. Dies gehe auch aus Abs. [0008] der Beschreibung hervor. Soweit in dem Ausführungsbeispiel mit einem röhrenförmigen Leuchtmittel ein langgestreckter Zwischenraum zu erkennen sei, so führe dies zu keiner Beschränkung des Anspruchswortlauts. Das Klagepatent gebe insbesondere keinen Anhaltspunkt dafür, dass ein Zwischenraum nur „licht“ sei, wenn ein Großteil der Fläche nicht eingenommen bzw. genutzt werde. Bei der angegriffenen Ausführungsform verfüge der Tragring mit darauf angeordneten LED, der das Leuchtmittel im Sinne des Klagepatentes bilde, über einheitliche Außenwände, die einen lichten Zwischenraum begrenzten.
    Auch das Merkmal, dass das Trägermodul so auf dem Befestigungssockel vorgesehen sei, dass das Trägermodul mit zumindest einem Teilbereich in dem Zwischenraum aufgenommen sei, sei verwirklicht. Dem Befestigungssockel komme nach dem Wortlaut des Klagepatentanspruchs sowohl die Funktion zu, das Leuchtmittel zu halten, als auch die Funktion, auf ihm die Anordnung des Trägermoduls in der von dem Klagepatent erstrebten platzsparenden Weise zu ermöglichen. Weitere Vorgaben betreffend den Befestigungssockel mache das Klagepatent nicht, insbesondere nehme der Klagepatentanspruch 1 gerade keine Konkretisierung auf eine bestimmte Buchsenform vor oder erfordere, dass der Befestigungssockel der elektronischen Kontaktierung diene. Dem Klagepatent sei zudem nicht zu entnehmen, dass das Trägermodul unmittelbar auf dem Befestigungssockel angebracht sein müsse. Die angegriffene Ausführungsform verwirkliche dieses Merkmal, da das Trägermodul auf der Befestigungsplatte bzw. Metallpfanne, die den Befestigungssockel darstelle, vorgesehen sei, auf welcher das Leuchtmittel befestigt und damit gehalten und angeordnet sei. Darüber hinaus werde – was nach dem Klagepatent bereits nicht erforderlich sei – auch die elektrische Versorgung im Zusammenhang mit dem Befestigungssockel ermöglicht, da dieser zwei Löcher für Stromkabel aufweise, die zum Leuchtmittel geführt werden könnten und damit die elektrische Verbindung mit der Stromquelle ermöglichten. Da eine Unmittelbarkeit zwischen Trägermodul und Befestigungsplatte nicht vorausgesetzt werde, reiche zudem aus, dass das Trägermodul bei der angegriffenen Ausführungsform auf einer Plastik-/Kunststoffplatte, die ihreseits auf bzw. mit dem Befestigungssockel verbunden sei, in dem runden Zwischenraum, den der LED-Ring bilde, angeordnet sei. Damit sei das Trägermodul auch mit zumindest einem Teilbereich in dem lichten Zwischenraum aufgenommen. Insbesondere schwebe das Trägermodul nicht außerhalb des LED-Tragrings, sondern befinde sich gerade innerhalb des lichten Leuchtmittelrings.
    Soweit die Beklagte auf die Entscheidung und den qualifizierten Hinweis des BPatG in den beiden Nichtigkeitsverfahren verweise, würden dort lediglich Aussagen zur Rechtsbeständigkeit des Klagepatentes gemacht. Ihnen könnten indes keine Aussagen zum hiesigen Verletzungsverfahren entnommen werden. Darüber hinaus seien die dort behandelten Leuchtenvorrichtungen völlig anders aufgebaut als die des Klagepatentes.
    Die geltend gemachten Ansprüche seien ihrer Auffassung nach auch nicht verjährt. Jedenfalls folgten die Ansprüche auch aus Bereicherungsrecht.
    Ein Mitverschulden ihrerseits sei nicht gegeben. Es sei geboten gewesen, zunächst den Ausgang des vor der Kammer geführten Parallelverfahrens, dessen angegriffene Ausführungsform fast identisch zu der hier angegriffenen Ausführungsform gewesen sei, und des Rechtsbestandsverfahrens abzuwarten, bevor eine kostenauslösende Abmahnung gegenüber der Beklagten ausgesprochen worden sei.
  8. Die Kammer hat die Beklagte mit Versäumnisurteil vom 07.10.2020 antragsgemäß wie folgt verurteilt:
    I. Die Beklagte wird verurteilt,
    1. der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie die nachfolgenden Handlungen seit dem 01. September 2010 bis zum 09. März 2019 begangen hat, nämlich
    bewegungssensorgesteuerte Leuchtenvorrichtungen mit einem auf einem Befestigungssockel gehaltenen, mit seinen Außenwänden einen lichten Zwischenraum oberhalb des Befestigungssockels begrenzenden Leuchtmittel und einem zum Aktivieren oder Deaktivieren des Leuchtmittels als Reaktion auf eine erfasste Bewegung eingerichteten Bewegungssensor,
    in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen.
    wobei der Bewegungssensor ein auf einem Trägermodul gebildeter Mikrowellensensor mit einer Sende- und/oder Empfangsantenne und einer zugeordneten Sensorelektronik ist, das so auf dem Befestigungssockel vorgesehen ist, dass das Trägermodul mit zumindest einem Teilbereich in dem Zwischenraum aufgenommen ist, und zwar unter Angabe
    a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
    b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
    c) der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden,
    wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnung, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
    2. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 01. September 2010 bis zum 09. März 2019 begangen hat, und zwar unter Angabe
    a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,
    b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
    c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
    d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin bezeichneten und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
    3. der Klägerin einen Betrag in Höhe von € 6.833,80 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.08.2020 zu zahlen.
    II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 01. September 2010 bis zum 09. März 2019 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
  9. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 26.10.2020 (Bl. 68 GA), bei Gericht am selben Tage eingegangen, gegen das ihr persönlich am 16.10.2020 zugestellte Versäumnisurteil Einspruch eingelegt. Den Prozessbevollmächtigten der Beklagten ist das Versäumnisurteil am 22.10.2020 vom Geschäftsführer der Beklagten übergeben worden.
    Die Klägerin beantragt,
  10. den Einspruch gegen das Versäumnisurteil vom 07.10.2020 zurückzuweisen und das Versäumnisurteil vom 07.10.2020 aufrechtzuerhalten.
    hilfsweise,
    das Versäumnisurteil vom 07.10.2020 in Ziff. II. mit der Maßgabe aufrechtzuerhalten, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die zu Ziffer I. 1. bezeichneten in der Zeit seit dem 01. September 2010 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird, wobei sich die Schadensersatzpflicht für die vor dem 01. Januar 2017 begangenen Handlungen auf die Herausgabe dessen beschränkt, was die Beklagte durch die Benutzung des deutschen Teils des EP 1 062 XXX B1 auf Kosten der Klägerin erlangt hat.
  11. Die Beklagte beantragt,
  12. das Versäumnisurteil vom 07.10.2020 zum Geschäftszeichen 4a O 67/20 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
  13. Die Beklagte rügt zunächst einen möglichen Verstoß gegen den gesetzlichen Richter. Da die Klägerin die Klage ausdrücklich an die erkennende „4a. Patentstreitkammer“ adressiert habe, sei zweifelhaft, ob der Geschäftsverteilungsplan berücksichtigt worden sei oder die Klage versehentlich ohne weitere Prüfung der erkennenden Kammer zugeteilt worden sei. Vorsorglich beantrage sie die Abgabe an die nach dem Geschäftsverteilungsplan des LG Düsseldorf zuständige Kammer.
    Sie ist weiter der Auffassung, die angegriffene Ausführungsform verletze das Klagepatent nicht, da sie nicht von allen Merkmalen des Klagepatentanspruchs unmittelbar und wortsinngemäß Gebrauch mache.
    Die angegriffene Ausführungsform sei bereits keine „Leuchtenvorrichtung“ im Sinne des Klagepatentes. Unter „Leuchtenvorrichtung“ im Sinne des Klagepatents sei eine Vorrichtung in Gestalt einer Glühlampe, einer Energiesparlampe oder einer ähnlichen Lampe zu verstehen, die mit einem Bewegungssensor kombiniert und die von Endnutzern – durch Einstecken oder Einschrauben – in eine vorhandene Leuchte eingesetzt werden könne. Die angegriffene Ausführungsform stelle keine bewegungsgesteuerte Leuchtenvorrichtung in diesem Sinne dar, da sie LED-Ringe aufweise, die mit einer pizzaförmigen Befestigungsplatte fest verschraubt würden und daher nicht zur Gattung der Glüh- und Energiesparlampen zählten. Insbesondere würden sie nicht in bestehende Leuchten eingesetzt.
    Die angegriffene Ausführungsform weise auch kein Leuchtmittel auf, das mit seinen Außenwänden einen lichten Zwischenraum begrenze. „Leuchtmittel“ im Sinne des Klagepatentes sei die eigentlich lichtemittierende Komponente, also die einzelne Leuchtdiode. Mehrteilige Leuchtmittel würden nicht erfasst. Denn bei mehrteiligen Leuchtmitteln stelle sich das Platzproblem, dessen Lösung sich das Klagepatent zur Aufgabe mache, nicht, da die verschiedenen Leuchtmittel beliebig weiträumig voneinander beabstandet werden könnten. Selbst wenn das Klagepatent auch mehrteilige Leuchtmittel betreffe, so müsse die mehrteilige Ausgestaltung des Leuchtmittels jedenfalls vorsehen, dass jeder Bestandteil selbst in der Lage sei, Licht zu emittieren, wie es bei den Röhrenpaaren gemäß den Ausführungsbeispielen gemäß den Figuren 2 bis 6 des Klagepatentes der Fall sei. Ein „lichter Zwischenraum“ im Sinne des Klagepatentes sei zudem nicht „licht“, wenn ein Großteil der freien Fläche des Zwischenraums von anderen Komponenten als dem Trägermodul eingenommen werde. Die angegriffene Ausführungsform stelle kein einheitliches Leuchtmittel dar, sondern weise eine kranzhafte Anordnung einzelner LED mittels eines Tragrings auf. Die Ausgestaltung als flache Wandleuchte mit mehreren LED sorge dafür, dass das Platzproblem gerade nicht bestehe, da die einzelnen LED weiträumig verteilt werden könnten. Dass kein einheitliches Leuchtmittel vorliege, könne auch daran festgemacht werden, dass der Ausfall einer LED nicht zum Ausfall der anderen LED führe. Zudem emittiere der Tragring nicht selbst Licht, sondern er trage lediglich die eigentlichen lichtemittierenden Teile. Die Leuchtdioden hätten zudem eigene Außenwände, da sie auf den Tragring aufgesetzt seien und begrenzten daher auch keinen lichten Zwischenraum. Selbst wenn es sich bei dem durch den Tragring begrenzten Raum um einen Zwischenraum im Sinne des Klagepatents handele, so wäre dieser nicht „licht“, da die Fläche nicht ungenutzt bleibe, sondern von einem Großteil von der Vorschaltelektronik eingenommen werde. Der verbleibende Raum werde daher auch nicht durch den Tragring begrenzt, sondern durch den Tragring und die Platine für die Vorschaltelektronik.
    Auch ein Befestigungssockel im Sinne des Klagepatents weise die angegriffene Ausführungsform nicht auf. Der Fachmann verstehe diesen Begriff im Zusammenhang mit einem Leuchtmittel dahingehend, dass dieser zur Aufnahme und zur elektrischen Kontaktierung des leuchtemittierenden Teils sowie zur elektrischen Kontaktierung mit der Spannungsversorgung und der Befestigung diene. Der elektronischen Kontaktierung zu „dienen“, bedeute in diesem Zusammenhang, dass es nicht ausreiche, wenn diese durch den Befestigungssockel in irgendeiner Form ermöglicht werde, sondern dieser müsse funktional darauf ausgerichtet sein. Insoweit sehe die Beschreibung in den Abs. [0007] und [0013] des Klagepatentes, die nicht auf Ausführungsbeispiele beschränkt seien, vor, dass die Vorschaltelektronik in dem Befestigungssockel aufgenommen sei oder dass dort zumindest Schaltungen bestünden. Die Befestigungspfanne der angegriffenen Ausführungsform stelle hingegen keinen elektrischen Kontakt her, sondern diene allein der Befestigung an der Wand sowie dem Schutz der Elektronik. Die Befestigungspfanne stelle insoweit keinen elektrischen Kontakt zum Tragring her, sondern weise lediglich Löcher für Kabel auf, die zur Vorschaltelektronik führten und nicht zum lichtemittierenden Teil. Auch die Befestigung des Leuchtmittels erfolge allein durch das Plastikgestell. Da das Trägermodul zudem nicht auf der Befestigungspfanne der angegriffenen Ausführungsform angeordnet sei, sondern auf dem Plastikgestell, das wiederum mit dem Befestigungssockel verschraubt werde, könne höchstens dieses Plastikgestell den Befestigungssockel darstellen. Auch das Plastikgestell stelle indes keinen elektrischen Kontakt her, sondern halte lediglich die Trägerplatinen und den Leuchtring fest und diene damit allein der Befestigung und der Anordnung. Zudem wäre das Leuchtmittel dann nicht „auf einem Befestigungssockel“ gehalten, sondern darunter, da der Tragring für die LED an der Unterseite des Plastikgestells, also zwischen Metallpfanne und Plastikgestell liege. Daher gebe es auch keinen durch Leuchtmittelaußenwände definierten lichten Zwischenraum „oberhalb“ des Befestigungssockels. Selbst wenn man das Metallgehäuse und das Plastikgestell als Einheit als Befestigungssockel betrachten würde, wäre keine Patentverletzung gegeben, da dann der „lichte Zwischenraum“ nicht oberhalb des Befestigungssockels, sondern darin liege.
    Schließlich sei das Trägermodul bei der angegriffenen Ausführungsform auch nicht in dem lichten Zwischenraum aufgenommen, auch nicht in einem Teilbereich. Nach dem Wortlaut der klagepatentgemäßen Beschreibung werde der „lichte Zwischenraum“ durch die Außenwände des Leuchtmittels begrenzt. Das Klagepatent definiere den klagepatentgemäßen Zwischenraum als einen Bereich, der innerhalb einer berührend um das Leuchtmittel gelegten, gedachten Schale liege (Abs. [0008] des Klagepatentes). Diese gedachte Schale sei nicht nur der Breite und Tiefe, sondern auch der Höhe nach durch die Außenwände des Leuchtmittels begrenzt, da andernfalls eine Rechtsunsicherheit dahingehend bestünde, bis wohin sich der lichte Zwischenraum erstrecken sollte. Zudem nehme auch die Klagepatentschrift eine Deckelung des Zwischenraums an, da die Wendung „mit zumindest einem Teilbereich in dem Zwischenraum aufgenommen“ sonst keinen Sinn ergäbe. Ferner würde die Annahme eines nach oben hin unbegrenzten Zwischenraums zur Anordnung des Trägermoduls der Aufgabe des Klagepatentes widersprechen, eine platzsparende Anordnung zu gewährleisten und damit auch so wenig Platz wie möglich nach oben hin zu verschwenden bzw. die Konstruktion flach zu halten. Bei der angegriffenen Ausführungsform sei das Trägermodul nicht (auch nicht zum Teil) in dem nach oben hin begrenzten lichten Zwischenraum aufgenommen. Denn es schwebe über dem angeblichen Leuchtmittel in Gestalt des Tragrings und liege ca. einen Millimeter über der Plastikaußenwand, die über dem Tragring angeordnet sei. Das Trägermodul sei insoweit die Trägerplatine, auf der die gesamte Bewegungssensortechnik aufgebaut sei, und nicht die zu dem Gesamtplastikgestell gehörende Plastikhalterung. Damit liege das Trägermodul außerhalb des „lichten Zwischenraums“, da die berührend um den Tragring gelegte Schale die Form eines kleinen Pizzabodens und nicht die eines Rohres von undefinierter Höhe habe.
    Sie erhebt zudem die Einrede der Verjährung. Die Ansprüche seien verjährt, da die Klägerin – insoweit unstreitig – spätestens seit August 2016 Kenntnis davon habe, dass sie, die Beklagte, die angegriffene Ausführungsform vertreibe.
    Schließlich treffe die Klägerin ihrer Ansicht nach jedenfalls ein Mitverschulden an der Schadensentstehung, da die Klägerin sie nicht zeitnah nach Kenntniserlangung abgemahnt und sich dadurch der Schaden vergrößern habe.
    Da mangels Patentverletzung auch die Abmahnung unberechtigt gewesen sei, seien der Klägerin auch die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nicht zu erstatten.
  14. Das Gericht hat den Parteien und den Prozessbevollmächtigten von Amts wegen gestattet, sich während der mündlichen Verhandlung an einem anderen Ort aufzuhalten und dort Verfahrenshandlungen über den von der Justiz des Landes NRW zur Verfügung gestellten Virtuellen Meetingraum (VMR) vorzunehmen. Davon haben insbesondere die Prozessbevollmächtigten Gebrauch gemacht.
    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 08.03.2022 Bezug genommen.
  15. Entscheidungsgründe
  16. Der zulässige Einspruch ist teilweise begründet. Das Versäumnisurteil war daher nur teilweise aufrechtzuerhalten. Denn die zulässige Klage ist aufgrund der Erhebung der Verjährungseinrede teilweise unbegründet, im Hilfsantrag jedoch begründet.
    Durch den zulässigen Einspruch der Beklagten ist der Rechtsstreit gemäß § 342 ZPO in die Lage zurück versetzt worden, in der er sich vor Eintritt der Säumnis befand.
  17. A.
    I.
    Die funktionale Zuständigkeit der Kammer ergibt sich aus Ziff. D. I. 1. E) aa) des Geschäftsverteilungsplans des Landgerichts Düsseldorf. Danach gilt die Zuständigkeit der Kammer mit dem älteren Eingang aufgrund Sachzusammenhangs in Patent- und Gebrauchsmusterstreitsachen und allen sonstigen Streitsachen aus technischen Schutzrechten, die Hauptsacheklagen und Eilsachen betreffen, insbesondere dann, wenn die Streitsache auf dasselbe technische Schutzrecht wie eine frühere Streitsache gestützt ist und die frühere Streitsache noch nicht oder nicht länger als drei Jahre vor Eingang der neuen Streitsache erledigt ist. Da in dem vorrangegangenen Hauptsacheverfahren vor der Kammer unter dem Az. 4a O 139/17, das ebenfalls auf das Klagepatent gestützt wurde, das Urteil erst am 08.08.2019 ergangen ist, wurde die frühere Streitsache nicht länger als drei Jahre vor Eingang der hiesigen Klage am 03.08.2020 erledigt.
  18. II.
    Dahinstehen kann, ob das Versäumnisurteil nicht hätte ergehen dürfen, da aufgrund eines gerichtlichen Fehlers die Verteidigungsanzeige des Beklagten nicht rechtzeitig zu den Gerichtsakten gelangt ist. Im Rahmen des Einspruchs ist für die neue Entscheidung von ausschlaggebender Bedeutung, ob das zu erlassende Endurteil inhaltlich mit dem Versäumnisurteil übereinstimmt. Auf die Frage, ob das frühere Versäumnisurteil zulässig war und prozessual ordnungsgemäß ergangen ist, kommt es nunmehr nicht mehr an (MüKoZPO/Prütting, 6. Aufl. 2020, ZPO § 343 Rn. 11).
  19. B.
    Die Klage ist überwiegend begründet, lediglich hinsichtlich eines Teils des Auskunftsanspruchs und hinsichtlich eines Teils der Zinsforderung unbegründet, jedoch im Hilfsantrag wiederum begründet.
    Die angegriffene Ausführungsform macht von Anspruch 1 des Klagepatents unmittelbar wortsinngemäß Gebrauch (dazu unter I.). Die Klägerin hat aufgrund der klagepatentverletzenden Handlungen der Beklagten daher die geltend gemachten Ansprüche auf Auskunft, Rechnungslegung sowie Schadensersatz dem Grunde nach aus Art. 64 EPÜ i. V. m. §§ 139 Abs. 2, 140b PatG, §§ 242, 259 BGB, wobei die Ansprüche teilweise verjährt sind und daher teilweise abzuweisen waren (dazu unter II.). Zudem hat die Klägerin einen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten (dazu unter III.).
  20. I.
    Die angegriffene Ausführungsform macht von der Lehre des Klagepatentanspruchs 1 unmittelbar und wortsinngemäß Gebrauch.
  21. 1.
    Das Klagepatent (nachfolgend genannte Absätze ohne Quellenangabe sind solche des Klagepatents) betrifft eine bewegungssensorgesteuerte Leuchtenvorrichtung.
    Nach den einleitenden Bemerkungen des Klagepatents sind derartige Vorrichtungen beispielsweise aus der DE 196 01 XXX A1 bekannt und basieren auf dem Prinzip, gängige Leuchtmittel – Glühlampen, Energiesparlampen o. ä. – in möglichst kompakter Weise mit einem Bewegungsdetektor zu verbinden, um das Leuchtmittel dann bewegungsgesteuert aktivieren und deaktivieren zu können (Absatz [0001]).
    Bei dem bekannten Stand der Technik wurde, so das Klagepatent, der Bewegungssensor in einem bevorzugt in eine Leuchtmittelfassung einsetzbaren Sockelgehäuse aufgenommen, wobei dieses Sockelgehäuse dann seinerseits eine Leuchtmittelfassung zum Einsetzen des Leuchtmittels anbot (Absatz [0002]).
    Eine solche Technologie eignet sich damit insbesondere für solche Leuchten, bei denen das Leuchtmittel hinreichend Platz zum Ein- bzw. Zwischensetzen des Sockelgehäuses bietet (Absatz [0003]).
    Insbesondere unter kompakten Leuchtenschirmen bzw. bei nur begrenztem Raum oberhalb des Leuchtmittelsockels kann es jedoch Umstände geben, die das Einfügen dieses bekannten Sockelgehäuses zwischen Sockel und Leuchtmittel nicht gestatten. Dies gilt insbesondere dann, wenn etwa aufgrund der notwendigen Elektronik oder Antenne das einzusetzende Sockelgehäuse eine bestimmte Mindestgröße überschreitet (Absatz [0004]).
    Davon ausgehend benennt es das Klagepatent als seine Aufgabe, eine gattungsgemäße bewegungssensorgesteuerte Leuchtenvorrichtung dahingehend zu verbessern, dass die Gesamtanordnung kompakter und insbesondere auch unter beengten Raumverhältnissen einsetzbar wird (Absatz [0005]).
  22. 2.
    Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent eine bewegungssensorgesteuerte Leuchtenvorrichtung mit den Merkmalen des Klagepatentanspruchs 1 vor, der sich wie folgt gliedern lässt:
  23. 1. Bewegungssensorgesteuerte Leuchtenvorrichtung
    2. mit einem Leuchtmittel (14; 22), insbesondere einer Gasentladungslampe,
    2.1 das Leuchtmittel ist auf einem Befestigungssockel (12; 20) gehalten und
    2.2 begrenzt mit seinen Außenwänden einen lichten Zwischenraum (28) oberhalb des Befestigungssockels,
    3. mit einem zum Aktivieren oder Deaktivieren des Leuchtmittels als Reaktion auf eine erfasste Bewegung eingerichteten Bewegungssensor (26; 32),
    4. wobei der Bewegungssensor ein auf einem Trägermodul (26) gebildeter Mikrowellensensor mit einer Sende- und/oder Empfangsantenne (16; 32) und einer zugeordneten Sensorelektronik ist;
    5. das Trägermodul ist so auf dem Befestigungssockel (12, 24) vorgesehen, dass das Trägermodul (26) mit zumindest einem Teilbereich in dem Zwischenraum (28) aufgenommen ist.
  24. 3.
    Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht alle Merkmale des Klagepatentanspruchs 1, insbesondere die Merkmale 1, 2, 2.1, 2.2 und 5. Die Verwirklichung der übrigen Merkmale ist zwischen den Parteien zu Recht unstreitig, so dass es dazu keiner weiteren Ausführungen bedarf.
    Die Kammer hält insoweit an der Auslegung des Klagepatentanspruchs 1 wie in dem Urteil der Kammer vom 08.08.2019 in dem Rechtsstreit unter dem Aktenzeichen 4a O 139/17 fest. Die Auslegung der Kammer entspricht im Ergebnis auch der Auslegung des Bundespatentgerichts, wie sie aus dem als Anlage K 2 vorgelegten Urteil und dem als Anlagenkonvolut K 11 vorgelegten qualifizierten Hinweis hervorgeht. Zwar ist das Verletzungsgericht an die Auslegung des Bundespatentgerichts nicht gebunden, es hat aber dessen Stellungnahme als sachverständige Äußerung zu würdigen (vgl. BGH, GRUR 1996, 757, 759 – Zahnkranzfräse; BGH, GRUR 1998, 895 – Regenbecken; BGH, GRUR 2010, 950, 951/952 – Walzenformgebungsmaschine).
  25. a.
    Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht Merkmal 1, „Bewegungssensorgesteuerte Leuchtenvorrichtung“.
  26. aa.
    Bei der bewegungssensorgesteuerten „Leuchtenvorrichtung“ gemäß Merkmal 1 handelt es sich um die Gesamtvorrichtung, die durch die weiteren Merkmale näher bestimmt wird und insbesondere das Leuchtmittel (Merkmal 2) und den Bewegungssensor (Merkmal 3) als Bestandteile enthält. Der Anspruch schließt damit nicht nur nicht aus, dass eine anspruchsgemäße Leuchtenvorrichtung das Leuchtmittel und den Bewegungssensor bereits enthält, sondern setzt dies sogar ausdrücklich voraus. Aus der im Wortlaut des Klagepatentanspruchs 1 vorgenommenen Differenzierung zwischen der Leuchtenvorrichtung einerseits und dem Leuchtmittel andererseits wird zudem ersichtlich, dass die Leuchtenvorrichtung gerade nicht mit dem Leuchtmittel gleichzusetzen ist. Dies steht auch im Einklang mit der Beschreibung und den Zeichnungen des Klagepatentes. So ist aus der Figur 2, die als einzige Figur die „Leuchtenvorrichtung“ durch die Bezugsnummer 20 bezeichnet, ersichtlich, dass die „Leuchtenvorrichtung“ die Gesamtvorrichtung, bestehend aus unter anderem dem Sockelgehäuse (24) und den Röhrenpaaren (22), die das Leuchtmittel darstellen, bezeichnet.
    Auch das Bundespatentgericht vertritt die Auffassung, dass eine „Leuchtenvorrichtung“ im Sinne des Klagepatentes aus Sicht des Fachmanns eine Leuchte sei, da es sich bei der Bezeichnung „Leuchtenvorrichtung“ weder um einen Fachbegriff noch um eine umgangssprachliche Bezeichnung handele. Diese Leuchte umfasse außer der im Klagepatentanspruch 1 aufgezählten Einzelheiten, die im Übrigen nicht beschränkend seien, Befestigungssockel, Leuchtmittel, Bewegungssensor und Trägermodul beispielsweise auch elektrische Leitungen, ein Gehäuse oder den in den Absätzen [0015] sowie [0019] erwähnten Lampenschirm (vgl. Ausführungen des BPatG, Anlage K 2, S. 7 f. unter Ziff. 6.1 sowie Anlagenkonvolut K 11, S. 4 unter Ziff. 6.1).
    Der Klagepatentanspruch gibt darüber hinaus an keiner Stelle vor, dass die Leuchtenvorrichtung in eine bereits vorhandene Leuchte eingesetzt wird oder werden kann, wie es die Beklagte annimmt.
    Weder eine solche Vorgabe noch eine Gleichsetzung von „Leuchtenvorrichtung“ und „Leuchtmittel“ ergibt sich zudem aus dem erwähnten Stand der Technik, insbesondere nicht daraus, dass das Klagepatent in Abs. [0001] einleitend ausführt, die Erfindung betreffe eine bewegungsgesteuerte Leuchtenvorrichtung und „derartige Vorrichtungen“ seien beispielsweise aus der DE 489 bekannt und basierten auf dem Prinzip, „gängige Leuchtmittel – Glühlampen, Energiesparlampen o.ä. –“ in möglichst kompakter Weise mit einem Bewegungsdetektor zu verbinden. Zwar können sich Anhaltspunkte für das Verständnis eines Merkmals auch daraus ergeben, dass das Patent von einer bestimmten vorbekannten Konstruktion ausgeht, diese als vorteilhaft ansieht und für die Erfindung beibehalten will. Hier ist regelmäßig die Annahme gerechtfertigt, dass sich das Patent in diesem Punkt den Stand der Technik zu Eigen macht. Infolgedessen ist es regelmäßig zulässig und geboten, für die Auslegung auf den betreffenden Stand der Technik zurückzugreifen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.06.2015 – I-15 U 106/14, Rn. 283 bei juris; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 14. Auflage 2022, Abschnitt A Rn. 73 ff.). Vorliegend geht das Klagepatent indes von einem gegenüber der DE 489 anderen Verständnis des Begriffs der (Leuchten-)„Vorrichtung“ aus und will die vorbekannte Konstruktion gerade nicht beibehalten. Nach der DE 489 wird der Bewegungssensor in einem in eine Leuchtmittelfassung einsetzbaren Sockelgehäuse aufgenommen, wobei das Sockelgehäuse dann seinerseits eine Leuchtmittelfassung zum Einsetzen des Leuchtmittels anbietet (vgl. Absatz [0002]). Daraus kann nicht der Schluss gezogen werden, das Klagepatent verstehe unter einer klagepatentgemäßen „Leuchtenvorrichtung“ die Leuchtmittel selbst, die um einen Bewegungssensor erweitert werden. Denn Aufgabe des Klagepatents ist es gerade, eine gegenüber der DE 489 kompaktere Gesamtanordnung bereitzustellen (vgl. Absatz [0005]). Zu dieser Gesamtanordnung gehört, wie Merkmal 2 zeigt, das Leuchtmittel selbst, beschränkt sich indes nicht auf dieses. Dieses unterschiedliche Verständnis einer „Vorrichtung“ wird zudem dadurch bestätigt, dass die DE 489 eine „Vorrichtung zum Steuern eines Leuchtmittels“ (vgl. Anspruch 1 der DE 489), das Klagepatent dagegen eine „Leuchtenvorrichtung“ lehrt. Aus der DE 489 geht schließlich auch nicht hervor, dass die dort offenbarten Leuchtmittel, die mit einem Bewegungsdetektor verbunden werden, zwingend in eine bereits bestehende Leuchte eingesetzt würden oder eine entsprechende Eignung aufweisen müssten.
  27. bb.
    Diese Auslegung zugrunde gelegt, handelt es sich bei der angegriffenen Ausführungsform, einer LED-Deckenlampe mit Bewegungssensor, nämlich einem Hochfrequenz (HF)-Sensor (vgl. Produktdatenblatt der Anlage K 10), um eine bewegungssensorgesteuerte Leuchtenvorrichtung. Unerheblich ist, wie ausgeführt, dass sie nicht in eine bereits bestehende Leuchte eingesetzt wird.
  28. b.
    Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht auch Merkmal 2,
    „mit einem Leuchtmittel (14; 22), insbesondere einer Gasentladungslampe“,
    Merkmal 2.1
    „das Leuchtmittel ist auf einem Befestigungssockel (12; 20) gehalten“
    sowie Merkmal 2.2,
    „begrenzt mit seinen Außenwänden einen lichten Zwischenraum (28) oberhalb des Befestigungssockels“.
  29. aa.
    (1)
    Nach Merkmal 2 handelt es sich um eine Leuchtenvorrichtung „mit einem Leuchtmittel“, insbesondere einer Gasentladungslampe. Das Leuchtmittel bildet die lichtemittierende Komponente der soeben erläuterten Gesamtvorrichtung.
    Zwar schließt der Patentanspruch nicht aus, dass die Leuchtenvorrichtung neben dem in Merkmal 2 genannten einzelnen Leuchtmittel weitere Leuchtmittel enthält. Jedoch muss sich nach dem Wortlaut des Anspruchs die Verwirklichung der weiteren Merkmale 2.1 und 2.2 hinsichtlich eines einzelnen Leuchtmittels feststellen lassen.
    Auf eine spezielle Ausführung eines Leuchtmittels ist das Klagepatent, wie Absatz [0010] ausdrücklich klarstellt, nicht beschränkt. Hinsichtlich der Art des Leuchtmittels umfasst das Klagepatent somit neben der nur beispielhaft genannten Gasentladungslampe auch sämtliche andere Formen lichtemittierender Quellen. Bei der Ausgestaltung des Leuchtmittels als Gasentladungs-Leuchtmittel handelt es sich gemäß Abs. [0011] lediglich um ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel. Eine Beschränkung hinsichtlich der Art des Leuchtmittels ergibt sich aufgrund des klaren Wortlauts auch nicht aus der einleitenden Beschreibung des Klagepatentes in Abs. [0001]. Soweit dort im Kontext mit der DE 489 von „gängigen Leuchtmitteln – Glühlampen, Energiesparlampen o.ä. –“ die Rede ist, die mit Bewegungsdetektoren verbunden werden und die durch die Lehre des Klagepatentes verbessert werden sollen, so bezieht sich dies lediglich auf solche Vorrichtungen, die aus dem Stand der Technik, insbesondere aus der DE 489 bekannt sind. Wie bereits ausgeführt, verfolgt das Klagepatent eine andere Lösung. Zudem ist die Aufzählung von Glühlampen, Energiesparlampen „o.ä.“ nicht abschließend. Auch soweit in den Ausführungsbeispielen ausschließlich (handelsübliche) Energiesparlampen bzw. -leuchten gezeigt werden, beschränkt dies den weiten Wortlaut des Klagepatentanspruchs 1 nicht.
    Auch nach den Ausführungen des Bundespatentgerichts habe der Fachmann bei dem Begriff „Leuchtmittel“ am Anmelde- bzw. Prioritätszeitpunkt vor allem an die fakultativ genannte Gasentladungslampe (Kompaktleuchtstofflampe oder Energiesparlampe) gedacht, außerdem aber auch an Glühlampen und Halogenlampen, wobei auch Leuchtdioden bereits verbreitet gewesen seien und es sich abgezeichnet habe, dass es nur eine Frage der Zeit sein würde, bis diese auch für Beleuchtungszwecke einsetzbar sein würden (vgl. BPatG, Anlage K 2, S. 8 unter Ziff. 6.2 sowie Anlagenkonvolut K 11, S. 4 unter Ziff. 6.2).
    Die Form des Leuchtmittels stellt das Klagepatent, wie Absatz [0010] ebenfalls klarstellt, grundsätzlich in das Belieben des Fachmanns. Jedoch ergibt sich eine Anforderung an die Form des Leuchtmittels aus Merkmal 2.2. Danach begrenzt das Leuchtmittel mit seinen Außenwänden einen lichten Zwischenraum. Das in Merkmal 2 genannte Leuchtmittel muss daher seiner Form nach in der Lage sein, einen derartigen Zwischenraum zu begrenzen.
    Das Klagepatent schließt ferner nicht aus, dass das (einzelne) Leuchtmittel, auf das es hinsichtlich der weiteren Voraussetzungen des Anspruchs ankommt, mehrteilig ausgestaltet ist. Vielmehr geht das Klagepatent selbst von der Möglichkeit einer mehrteiligen Ausgestaltung aus. So werden die drei Röhrenpaare (22) des in den Figuren 2 bis 6 gezeigten Ausführungsbeispiels in Absatz [0027] als „ein Gasentladungsleuchtmittel“ bezeichnet. Ob die einzelnen Bestandteile einer solchen mehrteiligen Ausgestaltung miteinander verbunden sind, ist dabei ebenso unerheblich wie die Frage, ob bei Ausfall eines der Bestandteile die Komponente noch in der Lage ist, Licht zu emittieren. Bei einer mehrteiligen Ausgestaltung des Leuchtmittels ist auch nicht erforderlich, dass jeder Bestandteil selbst in der Lage ist, Licht zu emittieren. Ein einheitliches Leuchtmittel liegt immer dann vor, wenn sich ein oder mehrere einheitliche Außenwände feststellen lassen (vgl. auch BPatG, Anlage K 2, S. 8 unter Ziff. 6.7 sowie Anlagenkonvolut K 11, S. 5 unter Ziff. 6.7). Nur dann lässt sich die Vorgabe aus Merkmal 2.2 erfüllen, wonach ein (einzelnes) Leuchtmittel durch seine Außenwände einen lichten Zwischenraum im Sinne des Merkmals 2.2 begrenzt.
  30. (2)
    Das Klagepatent definiert nicht ausdrücklich, was es unter einem „Befestigungssockel“ im Sinne des Merkmals 2.1 versteht. Allerdings ergeben sich aus dem Anspruchswortlaut Vorgaben an dessen räumlich-körperliche Anordnung innerhalb der Gesamtvorrichtung. Nach Merkmal 2.1 ist auf dem Befestigungssockel das Leuchtmittel gehalten. Ferner befindet sich der durch das Leuchtmittel mit seinen Außenwänden begrenzte Zwischenraum oberhalb des Befestigungssockels (Merkmal 2.2). Schließlich ist das Trägermodul auf dem Befestigungssockel vorgesehen, und zwar so, dass es mit zumindest einem Teilbereich in dem Zwischenraum aufgenommen ist (Merkmal 5). Daraus ergibt sich zugleich die Funktion des Befestigungssockels, nämlich einerseits das Leuchtmittel zu halten und andererseits auf ihm die Anordnung des Trägermoduls in der vom Klagepatent erstrebten platzsparenden Weise zu ermöglichen.
    Weitergehende Vorgaben an den Befestigungssockel lassen sich dem Klagepatent nicht entnehmen. Zwar enthält der Befestigungssockel nach der Beschreibung darüber hinaus Schaltungen, wie insbesondere ein übliches elektronisches Vorschaltgerät (EVG) für das Leuchtmittel, und kann im Rahmen einer möglichen Weiterbildung zusätzlich die (kompakte) Steuer- bzw. Auswertelektronik für den Bewegungssensor enthalten (Absätze [0007] und [0013]). Auch in den Ausführungsbeispielen ist die Steuer- bzw. Vorschaltelektronik in dem Befestigungssockel angeordnet (vgl. Absätze [0018], [0028]). Jedoch darf der Schutzbereichs eines Patents nicht auf gezeigte Ausführungsbeispiele beschränkt werden, weil sie die Lehre des Hauptanspruchs bloß exemplarisch aufzeigen (BGH, GRUR 2008, 779 – Mehrgangnabe). Eine Vorgabe, wonach die Steuer- und Vorschaltelektronik für das Leuchtmittel zwingend im oder am Befestigungssockel anzuordnen ist, hat im Patentanspruch keinen Niederschlag gefunden. Patentschriften stellen insoweit im Hinblick auf die dort gebrauchten Begriffe gleichsam ihr eigenes Lexikon dar, so dass letztlich der einer Patentschrift zu entnehmende Begriffsinhalt maßgebend ist (BGH, GRUR 1999, 909 – Spannschraube). Das Klagepatent stellt bereits mit dem Wortlaut Befestigungssockel die oben erläuterte Halte- und Anordnungsfunktion in den Vordergrund. Für die Erfüllung dieser Funktion ist weder die Einsetzbarkeit in eine vorhandene Lampe erforderlich noch muss der Befestigungssockel notwendigerweise zugleich die Steuer- bzw. Vorschaltelektronik enthalten. Dass der Befestigungssockel die Vorschaltelektronik für das Leuchtmittel aufweisen muss, findet sich – neben einer weiteren Vorgabe – erst in dem abhängigen Unteranspruch 5. Zwar können bei additiv hinzugefügten Merkmalen von der Beschaffenheit des Zusatzmerkmals Rückschlüsse auf das „richtige“ Verständnis des Hauptanspruchs nicht ohne weiteres gezogen werden (vgl. BGH, GRUR 2016, 1031, 1033 [15] – Wärmetauscher). Die Erwähnung erst im Unteranspruch 5 spricht aber auch nicht gegen die dargestellte Auffassung.
    Selbst wenn man entgegen der vorgenommenen Auslegung – wie es das Bundespatentgericht ohne nähere Begründung annimmt (vgl. BPatG, Anlage K 2, S. 8 unter Ziff. 6.3 sowie Anlagenkonvolut K 11, S. 4 unter Ziff. 6.3) – davon ausginge, dass der erfindungsgemäße Befestigungssockel neben der Aufnahme des lichtemittierenden Teils sowohl der elektronischen Kontaktierung des lichtemittierenden Teils als auch der elektrischen Kontaktierung mit der Spannungsvorrichtung und zur Befestigung dienen muss, müssen die entsprechenden Schaltungen für das Leuchtmittel jedenfalls nicht im Sinne eines umschlossenen Raums innerhalb des Befestigungssockels aufgenommen sein. Denn dem Klagepatent ist keine Konkretisierung auf eine bestimmte Buchsenform des Befestigungssockels zu entnehmen. Weiterhin setzt das Klagepatent an keiner Stelle voraus, dass der Befestigungssockel selbst Schaltungen aufweisen müsste, um der elektronischen Kontaktierung zu dienen. Vielmehr führt das Klagepatent in Abs. [0007] der Beschreibung aus, dass Schaltungen „im Befestigungssockel vorhanden“ sind bzw. in Abs. [0013], dass er die Vorschaltelektronik „enthält“ und nimmt somit lediglich Bezug auf eine Anordnung bzw. Platzierung von Schaltungen und der Vorschaltelektronik im Zusammenhang mit dem Befestigungssockel.
  31. (3)
    Nach dem Wortlaut des Klagepatentanspruchs 1 wird der „lichte Zwischenraum“ gemäß Merkmal 2.2, der sich oberhalb des Befestigungssockels befindet, von den Außenwänden des Leuchtmittels begrenzt und ist in der Lage, zumindest einen Teilbereich des Trägermoduls aufzunehmen.
    Nach Absatz [0008] versteht das Klagepatent unter einem Innen- und/oder Zwischenraum jeglichen, oberhalb des Befestigungssockels gelegenen Raum, welcher durch Abschnitte des Leuchtmittels bestimmt, definiert bzw. begrenzt wird, wobei derartige Innen- bzw. Zwischenräume ansonsten ungenutzt blieben. Insbesondere im Fall von röhrenförmigen Leuchtmitteln – langgestreckten, gebogenen oder gewendelten Leuchtmittelröhren – sind als erfindungsgemäße Innen- bzw. Zwischenräume sämtliche Raumbereiche zu verstehen, die innerhalb einer berührend um das Leuchtmittel gelegten, gedachten Schale liegen. Diese insbesondere genannten Ausführungsbeispiele der röhrenförmigen Leuchtmittel begrenzen den Schutzbereich des Klagepatents indes nicht, sondern stellen für den Fachmann lediglich erläuternde Beispiele dar. Insoweit sind auch andere Formen von Leuchtmitteln als die genannten Leuchtmittelröhren denkbar (s.o.), die sich nicht dazu eignen, eine sie berührende „gedachte Schale“ über sie zu legen. Auch diese können daher nach dem Klagepatent grundsätzlich in der Lage sein, durch ihre Außenwände erfindungsgemäß einen oberhalb des Befestigungssockels gelegenen Raum zu begrenzen. Insoweit gibt der Wortlaut des Klagepatentanspruchs 1 auch nicht vor, dass die Begrenzung des lichten Zwischenraums durch die Außenwände des Leuchtmittels zwingend zu allen Seiten (vertikal und horizontal) erfolgen muss.
    Die in Merkmal 2.2 weiter enthaltene Vorgabe, dass es sich um einen „lichten“ Zwischenraum handelt, versteht der Fachmann dahingehend, dass der Zwischenraum freie Fläche bzw. Raum bieten muss. Dieses Verständnis deckt sich auch mit den Ausführungsbeispielen. Insoweit wird in den Ausführungsbeispielen der Figuren 3 und 4 veranschaulicht, dass die drei Röhrenpaare (22) bzw. deren Außenwände den lichten Zwischenraum (28) begrenzen, in dem die Trägerplatine (26) angeordnet ist. Dem Klagepatent lässt sich hingegen an keiner Stelle entnehmen, dass ein Zwischenraum nur „licht“ ist, wenn ein Großteil der freien Fläche nicht anderweitig eingenommen bzw. genutzt wird. Maßgeblich ist allein, dass ein freier Raum bzw. eine freie Fläche besteht, der bzw. die ausgenutzt werden kann, um die Gesamtanordnung kompakter zu gestalten, wie es sich das Klagepatent zur Aufgabe gemacht hat (vgl. Abs. [0005]).
    Auch nach den Ausführungen des Bundespatentgerichts versteht der Fachmann den Begriff „lichten Zwischenraum“, dem die Begriffe „lichte Weite“ sowie „lichte Höhe“ geläufig sind, als Raumvolumen, das ihm zur Platzierung des Trägermoduls des Bewegungssensors zur Verfügung steht (vgl. BPatG, Anlage K 2, S. 9 unter Ziff. 6.6 sowie Anlagenkonvolut K 11, S. 5 unter Ziff. 6.6).
  32. (4)
    Nach dem Wortlaut des Klagepatentanspruchs 1 begrenzt das Leuchtmittel mit seinen Außenwänden den lichten Zwischenraum gemäß dem Merkmal 2.2 zudem „oberhalb des Befestigungssockels“. Der Fachmann erkennt dies als Bezugnahme auf die Orientierung in der zeichnerischen Darstellung in der Patentschrift, verbindet mit dieser räumlichen Angabe aber keine bestimmte Einbaulage des Leuchtmittels (vgl. BPatG, Anlagenkonvolut K 11, S. 4 unter Ziff. 6.3).
  33. bb.
    Unter Berücksichtigung dieser Auslegung verwirklicht die angegriffene Ausführungsform die vorgenannten Merkmale.
  34. (1)
    Bei der angegriffenen Ausführungsform handelt es sich um eine Leuchtenvorrichtung mit „einem Leuchtmittel“ in dem so verstandenen Sinne, nämlich dem Tragring, auf welchem die einzelnen lichtemittierenden Dioden (LED) der angegriffenen Ausführungsform kreisförmig angeordnet sind.
    Dass der Tragring mehrteilig ausgestaltet ist, indem er sowohl über eine Vielzahl von LED als auch über die runde Trägerfläche verfügt, führt nach obiger Auslegung nicht aus der Verletzung heraus. Für die Merkmalsverwirklichung ebenfalls unerheblich ist, dass mit der runden Trägerfläche ein nicht lichtemittierendes Bauteil vorhanden ist. Der Tragring mit den darauf angeordneten LED ist als einheitliches Leuchtmittel anzusehen. Er verfügt über einheitliche Außenwände, die ihrer Form nach geeignet sind, einen lichten Zwischenraum zu begrenzen.
  35. (2)
    Ein lichter Zwischenraum im Sinne des Merkmals 2.2 des Klagepatentanspruchs ist mit der kreisförmigen Aussparung im inneren Teil des Leuchtmittels der angegriffenen Ausführungsform vorhanden.
    Dass ein Großteil der freien Fläche von der Vorschaltelektronik eingenommen wird, wie es aus der nachfolgenden Abbildung der Beklagten hervorgeht,
    ist nach der vorgenommenen Auslegung unerheblich, da maßgeblich ist, dass ein freier Raum zur Verfügung steht, unabhängig davon, wie groß dieser ist. Zudem wird der lichte Zwischenraum nicht durch einen hinzugedachten Deckel bzw. eine Schale, die über den Tragring gelegt wird, nach oben hin begrenzt.
  36. (3)
    Die angegriffene Ausführungsform verfügt zudem über einen Befestigungssockel im Sinne des Merkmals 2.1 in Gestalt der (Metall-)Befestigungspfanne. Auf dieser ist bei der angegriffenen Ausführungsform das Leuchtmittel – der Tragring – gehalten, indem dieses zusammen mit einem darüber gelegten Plastikgestell mit der Befestigungspfanne unmittelbar verschraubt wird.
    Zudem ermöglicht die Befestigungspfanne die Anordnung des Trägermoduls. Das Trägermodul ist auf dem Befestigungssockel vorgesehen, indem es zusammen mit dem durchsichtigen Plastikgestell auf ihm gehalten ist (dazu unter Zif. B. I. 3. c. bb. näher).
    Soweit man entgegen der hier vorgenommenen Auslegung weiter verlangt, dass ein patentgemäßer Befestigungssockel darüber hinaus sowohl der elektronischen Kontaktierung des lichtemittierenden Teils als auch der elektrischen Kontaktierung mit der Spannungsvorrichtung dient, so wird auch dies von der angegriffenen Ausführungsform erfüllt.
    Auf der nachfolgenden von der Klägerin eingereichten Abbildung sind insoweit drei Löcher in der Befestigungsplatte erkennbar, wobei durch die linken zwei Löcher die Stromkabel durchgeführt werden, um die Leuchtenvorrichtung – über die auf dem Plastikgestell angeordnete Vorschaltelektronik und darüber auch das unmittelbar auf der Befestigungsplatte angeordnete Leuchtmittel – mit Elektrizität zu versorgen:
    Insoweit ist auf der Abbildung die Buchse (von der Klägerin rot eingekreist) erkennbar, in die das Kabel zur elektrischen Stromversorgung ausgehend von der elektrischen Vorschalteinrichtung eingeführt wird. Dass die Befestigungsplatte selbst keine Schaltungen aufweist, führt, wie dargelegt, nicht aus dem Schutzbereich des Klagepatentes heraus. Gleiches gilt für den Umstand, dass die elektrische Versorgung des Leuchtmittels, insbesondere die Vorschaltelektronik – nicht im Sinne eines umschlossenen Raums von der Befestigungsplatte umschlossen ist, sondern auf dem Plastikgestell auf dem Befestigungssockel angeordnet ist.
  37. (4)
    Der lichte Zwischenraum, der von den Außenwänden des LED-Rings begrenzt wird, befindet sich bei der angegriffenen Ausführungsform zudem oberhalb des Befestigungssockels – hier in Gestalt der Befestigungspfanne – im Sinne von Merkmal 2.2, auf dem das Leuchtmittel gehalten wird.
  38. c.
    Schließlich wird auch Merkmal 5,
    „das Trägermodul ist so auf dem Befestigungssockel (12, 24) vorgesehen, dass das Trägermodul (26) mit zumindest einem Teilbereich in dem Zwischenraum (28) aufgenommen ist“,
    von der angegriffenen Ausführungsform verwirklicht.
  39. aa.
    Nach dem Wortlaut des Klagepatentanspruchs 1 ist das Trägermodul auf dem Befestigungssockel vorgesehen. Dabei muss zumindest ein Teilbereich des Trägermoduls in dem lichten Zwischenraum aufgenommen sein.
    Aus dem Merkmal 4, wonach der Bewegungssensor ein auf einem Trägermodul (26) gebildeter Mikrowellensensor mit einer Sende- und/oder Empfangsantenne (16; 32) und einer zugeordneten Sensorelektronik ist, folgt zudem, dass das Trägermodul jedenfalls aus dem Mikrowellensensor gebildet wird und diesen trägt. Der Wortlaut des Klagepatentanspruchs 1 gibt indes nicht vor, dass das Trägermodul ausschließlich den Mikrowellensensor trägt. Insoweit geht auch aus Abs. [0014] der Beschreibung hervor, dass es in einer Ausführungsform möglich ist, die (kompakte) Steuer- bzw. Auswertelektronik für den Bewegungssensor nach Abs. [0013] „auf dem flächigen Träger für die Sende/Empfangsantenne vorzusehen“.
    Weiterhin gibt der Wortlaut des Klagepatentanspruchs 1 die Form des Trägermoduls nicht vor. Lediglich in der Beschreibung der Ausführungsbeispiele ist – wie bereits erwähnt – in Abs. [0014] die Rede von einem „flächigen Träger“ und in den Abs. [0019] und [0028] von einer „flächigen Trägerplatine“, wie sie auch in Figur 5 dargestellt ist, was jedoch den insoweit offenen Wortlaut des Patentanspruchs nicht beschränkt. Maßgeblich ist daher allein, dass das Trägermodul räumlich so ausgestaltet ist, dass es jedenfalls den Mikrowellensensor tragen kann. Zudem muss es hinsichtlich seiner Längen- und Breitenabmessungen so ausgebildet sein, dass es in den lichten Zwischenraum jedenfalls teilweise aufgenommen werden kann.
    Das Klagepatent schreibt zudem nicht vor, dass sich der Mikrowellensensor selbst in dem lichten Zwischenraum befinden muss (vgl. so auch BPatG, Anlagenkonvolut K 11, S. 5 unter Ziff. 6.6). Es reicht daher aus, dass sich dort (irgend-)ein Teilbereich des Trägermoduls befindet. Das Klagepatent gibt andererseits auch nicht vor, dass in den lichten Zwischenraum nur das Trägermodul bzw. ein Teil davon aufgenommen wird, so dass es aus dem Schutzbereich des Klagepatentes nicht herausführt, wenn in dem lichten Zwischenraum weitere Vorrichtungen, Verkabelungen o.ä. angeordnet sind.
    Das Klagepatent gibt ferner nicht vor, in welcher Art und Weise das Trägermodul auf dem Befestigungssockel vorgesehen ist. So geht weder aus dem Wortlaut des Klagepatentanspruchs 1 noch aus der Beschreibung hervor, dass das Trägermodul unmittelbar auf dem Befestigungssockel angebracht oder mit ihm verbunden sein muss. Maßgeblich ist danach allein, dass es so auf dem Befestigungssockel angeordnet ist, dass ein Teilbereich desselben in dem lichten Zwischenraum aufgenommen ist. Soweit die Figuren nur Ausführungsbeispiele zeigen, aus denen kein weiteres Element zwischen Trägermodul und Befestigungssockel ersichtlich ist, so schränkt dies den insoweit offenen Anspruchswortlaut nicht ein.
  40. bb.
    Bei der angegriffenen Ausführungsform ist das Trägermodul demnach im Sinne des Merkmals 5 auf dem Befestigungssockel vorgesehen. Das Trägermodul wird insoweit durch die Einheit von Trägerplatine, auf dem der Mikrowellensensor angeordnet ist, und der die Trägerplatine haltende Plastikerhöhung gebildet. Das so gestaltete Trägermodul ist zentriert auf der Mitte der durchsichtigen Plastikplatte angeordnet, die mit dem Tragring zusammen auf der Befestigungspfanne verschraubt ist, und zwar in dem runden Zwischenraum, den der LED-Ring bildet, wie es aus der nachfolgend eingeblendeten und von der Klägerin angefertigten Abbildung der angegriffenen Ausführungsform hervorgeht:
    Dass das Trägermodul unmittelbar auf einem Plastikgestellt angeordnet ist, das seinerseits mit der Befestigungspfanne verschraubt wird, wie es aus der nachfolgend eingeblendeten Abbildung der Beklagten noch deutlicher hervorgeht,
    steht einer Verletzung nach der hier vorgenommenen Auslegung, die keine unmittelbare Verbindung des Trägermoduls mit dem Befestigungssockel erfordert, nicht entgegen.
    Das Trägermodul ist durch die mittige Anordnung auch mit zumindest einem Teilbereich in dem lichten Zwischenraum aufgenommen. Insbesondere steht es einer Verwirklichung des Merkmals nicht entgegen, dass das Trägermodul – seitlich betrachtet – über den Tragring bzw. das Leuchtmittel ragt, wie es aus der nachfolgenden Einblendung hervorgeht,
    da der lichte Zwischenraum nach oben hin nicht beschränkt ist. Selbst falls der lichte Zwischenraum auch der Höhe nach durch die schmalen Außenwände des Tragrings begrenzt wäre, so würde sich jedenfalls ein Teilbereich des Trägermoduls noch in dem – insoweit kleineren – lichten Zwischenraum befinden. Insoweit verlangt das Klagepatent, wie bereits ausgeführt, nicht, dass sich der Mikrowellensensor selbst innerhalb des lichten Zwischenraums befinden muss.
    Soweit die Beklagte auf die Ausführungen des BPatG auf Seite 8 f. seines qualifizierten Hinweises (Anlage K 11) verweist, wonach es eine Entgegenhaltung als nicht neuheitsschädlich erachtet habe, die eine bewegungssensorgesteuerte Leuchtenvorrichtung betreffe, deren Sensor wie bei der angegriffenen Ausführungsform angeordnet sei, so verfängt dies nicht. Nach dem qualifizierten Hinweis des BPatG offenbart die dortige NK2 eine bewegungssensorgesteuerte Leuchtenvorrichtung mit einem auf einem Befestigungssockel (46) gehaltenen, mit seinen Außenwänden „einen lichten Zwischenraum (Kreisfläche innerhalb der Leuchtstoffröhre 43)“ oberhalb des Befestigungssockels (46) begrenzenden Leuchtmittel (43 – in der nachfolgenden Abbildung gelb markiert). Das Trägermodul und der Bereich auf ihm, den der Fachmann als Bewegungssensor (19 – in der nachfolgenden Abbildung lila markiert) verstehen könnte, sei „weit von dem kreisförmigen Bereich innerhalb der Leuchtstoffröhre 43 entfernt“, so dass sich laut BPatG der NK2 nicht entnehmen lasse, dass das Trägermodul im lichten Zwischenraum der Leuchtstoffröhre anzuordnen sei, wobei auf die nachfolgende Fotomontage verwiesen wird:
    Die angegriffene Ausführungsform ist jedoch anders aufgebaut, so dass die Ausführungen nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar sind. Zum einen handelt es sich bei dem in der NK2 gezeigten Bewegungssensor nicht um einen Mikrowellensensor, sondern um einen Temperaturänderungen detektierenden Infrarotsender (vgl. S. 9 der Anlage K 11), der an der Leuchte außen angebracht werden muss. Selbst soweit sich aus den Ausführungen des BPatG ergeben sollte, dass es eine Begrenzung des lichten Zwischenraums durch das Leuchtmittel auch der Höhe nach angenommen hat, so war das Trägermodul zudem nicht – anders als hier – jedenfalls mit einem Teilbereich in dem lichten Zwischenraum angeordnet, sondern befand sich gänzlich außerhalb desselben.
    Auch soweit die Beklagte in diesem Kontext auf die Ausführungen des BPatG in seinem qualifizierten Hinweis (Anlage K 11) auf S. 6 ff. verweist, wo bezugnehmend auf die nachfolgende kolorierte Figur 1 der Entgegenhaltung NK1
    die Auffassung vertreten wird, der Befestigungssockel sei nicht in dem Leuchtengehäuse mit der Bezugsziffer 21 (grün eingefärbt) zu sehen, sondern in dem (grauen) Gestell mit den Bezugsziffern 61, 62, so dass sich das Trägermodul nicht in dem lichten Zwischenraum befinde, ist dies auf den Streitfall nicht übertragbar. Denn ein solches Gestell, das das Leuchtmittel unabhängig von dem Leuchtengehäuse hält, ist bei der angegriffenen Ausführungsform nicht vorhanden. Vielmehr ist das Leuchtmittel dort unmittelbar auf der Befestigungspfanne befestigt. Dementsprechend war es hinsichtlich der vom BPatG betrachteten Entgegenhaltung nachvollziehbar, anzunehmen, dass das dortige Trägermodul mit der Bezugsziffer 42, wie aus der nachfolgenden kolorierten Figur 2 der NK1 ersichtlich, nicht in dem lichten Zwischenraum aufgenommen war, sondern sich unterhalb des Befestigungssockels befand:
    Völlig anders liegt der Fall hier, da sich das Trägermodul bei der angegriffenen Ausführungsform oberhalb der Befestigungspfanne bzw. dem Befestigungssockel befindet.
  41. II.
    Die Beklagte hat die angegriffene Ausführungsform im Sinne des § 9 S. 2 Nr. 1 PatG in der Bundesrepublik Deutschland angeboten und vertrieben. So hat die Klägerin bei der Beklagten im Jahre 2016 im Rahmen eines Testkaufes die angegriffene Ausführungsform erworben.
    Aufgrund der festgestellten Patentverletzung ergeben sich die nachfolgenden Rechtsfolgen:
  42. 1.
    a.
    Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz dem Grunde nach aus Art. 64 EPÜ i. V. m. § 139 Abs. 2 PatG. Die Beklagte handelte schuldhaft, da sie als Fachunternehmen die Patentverletzung durch die angegriffene Ausführungsform bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können, § 276 BGB.
    Die genaue Schadenshöhe steht derzeit noch nicht fest. Da es jedoch ausreichend wahrscheinlich ist, dass durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist und dieser von der Klägerin noch nicht beziffert werden kann, weil sie ohne eigenes Verschulden in Unkenntnis über den Umfang der Verletzungshandlungen ist, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadenersatzverpflichtung dem Grunde nach anzuerkennen, § 256 ZPO.
  43. b.
    Ein Mitverschulden ist der Klägerin nicht anzulasten.
    Es ist bereits zweifelhaft, ob ein Mitverschulden bereits im hiesigen Verfahren eingewendet werden kann oder dieses nicht vielmehr erst in einem Höheverfahren Berücksichtigung findet. Im Ergebnis kann dies jedoch offen bleiben, da ein Mitverschulden der Klägerin nicht festgestellt werden kann.
    Denn im Streitfall ist der Klägerin nicht vorzuwerfen, dass sie trotz Kenntnis des Vertriebs der angegriffenen Ausführungsform jedenfalls seit dem Testkauf im Jahr 2016 die Beklagte erst mit anwaltlichen Schreiben vom 23.04.2020 abgemahnt hat. Es kann ihr insoweit nicht zum Nachteil gereichen, dass sie zunächst den Ausgang des vor der Kammer geführten Parallelverfahrens, dessen angegriffene Ausführungsform einen vergleichbaren Aufbau wie die hier angegriffenen Ausführungsform hatte, sowie den Ausgang des Rechtsbestandsverfahrens betreffend das Klagepatent abgewartet hat, bevor sie gegen die Beklagte zunächst außergerichtlich und sodann gerichtlich vorgegangen ist. Denn das frühzeitige Vorgehen gegen die Beklagte wäre sinnlos gewesen, wenn die Nichtigkeitsklage erfolgreich gewesen wäre und das Klagepatent ex tunc beseitigt worden wäre. Für die Klägerin bestand insoweit auch keine Verpflichtung, die Beklagte unmittelbar nach Kenntniserlangung von der Verletzungshandlung in Anspruch zu nehmen, damit sich der Schaden nicht durch weitere Vertriebshandlungen der Beklagten vergrößert. Vielmehr liegt es ausschließlich im Verantwortungsbereich der Beklagten, wenn diese schuldhaft Verletzungshandlungen über einen längeren Zeitraum begeht, die zu Schäden der Klägerin führen, die die Beklagte schließlich zu ersetzen hat. Dies gilt auch im Hinblick auf die Verjährungsvorschriften, die dem Verletzten ab Kenntniserlangung grundsätzlich einen Zeitraum von drei Jahren einräumen, um Ansprüche geltend zu machen. Besondere Umstände, die ausnahmsweise eine andere Beurteilung rechtfertigen würden, sind von der Beklagten nicht dargelegt worden.
  44. c.
    Die Klägerin begehrt die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung für Handlungen seit dem 01.09.2010 bis zum 09.03.2019. Die Schadensersatzansprüche sind indes teilweise verjährt.
    Ansprüche wegen Verletzung eines Patents verjähren gemäß § 141 PatG, der entsprechend auch auf europäische Patente Anwendung findet (Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 14. Aufl., Kap. E Rn. 799, m.w.N.), nach den allgemeinen Regeln des BGB und somit innerhalb von drei Jahren (BGH, GRUR 2015, 780 – Motorradteile). Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Tatsachen sowie der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat.
    Schadensersatzansprüche wegen patentverletzenden Handlungen seit dem 01.09.2010 bis zum 31.12.2016 sind demnach verjährt. Der Eintritt der Verjährung für Handlungen ab dem 01.01.2017 wurde durch die Erhebung der hiesigen Klage im Jahre 2020 nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt.
    Für Handlungen in der Zeit vom 01.09.2010 bis zum 31.12.2016 hat die Klägerin indes einen Restschadensersatzanspruch aus § 141 S. 2 PatG i.V.m. § 852 BGB als Minus zum Schadensersatzanspruch, der auf die von der Klägerin – insoweit hilfsweise – beantragte Herausgabe des durch die Benutzung des Klagepatents Erlangten gerichtet ist.
    Nach § 141 S. 2 PatG i.V.m. § 852 BGB ist der Ersatzpflichtige auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet, wobei dieser Anspruch erst in zehn Jahren von seiner Entstehung an verjährt (§ 852 S. 2 BGB). Die Verjährungsregel des § 852 S. 2 BGB entspricht inhaltlich der des § 199 Abs. 3 BGB (Palandt/Sprau, BGB, 77. Aufl. 2018, § 852 Rn. 2 a.E.). Für diese gilt die Ultimo-Regel von § 199 Abs. 1 BGB nicht, sondern eine taggenaue Verjährung (Palandt/Ellenberger, BGB, 77. Aufl. 2018, § 199 Rn. 42).
    Für Ansprüche aus Handlungen vom 01.09.2010 an war die Verjährung gehemmt. Nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB wird die Verjährung durch Erhebung der Klage gehemmt. Erhoben ist die Klage mit der Zustellung (§ 253 ZPO), wobei die verjährungshemmende Wirkung nach § 167 ZPO schon mit Einreichung der Klage eintritt, wenn die Zustellung demnächst erfolgt (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 77. Aufl. 2018, § 204 Rn. 6 f.). Da die Klage am 03.08.2020 bei Gericht eingereicht und der Beklagten am 13.08.2020 – also demnächst – zugestellt wurde, war die Verjährung des Restschadensersatzanspruches für Handlungen ab dem 01.09.2010 gehemmt. Für Handlungen vor diesem Zeitpunkt wird kein (Rest-)Schadensersatz begehrt.
  45. 2.
    a.
    Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, ihre Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche zu beziffern, steht ihr gegen die Beklagte ein Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung im zuerkannten Umfang zu. Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsform ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus Art. 64 EPÜ i. V. m. § 140b Abs. 1 PatG, der Umfang der Auskunftspflicht aus Art. 64 EPÜ i. V. m. § 140b Abs. 3 PatG. Die weitergehende Rechnungslegungspflicht folgt aus §§ 242, 259 BGB. Die Klägerin ist auf die Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt; die Beklagte wird durch die ihr abverlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.
  46. b.
    Eine Verjährung des Anspruchs aus §§ 242, 259 BGB ist nicht eingetreten. Zwar unterliegt der Rechnungslegungsanspruch aus § 242 BGB grundsätzlich selbstständig und unabhängig vom Hauptanspruch der allgemeinen Verjährungsfrist. Der Rechnungslegungsanspruch aus § 242 BGB kann jedoch grundsätzlich nicht vor dem Hauptanspruch, dem er dient, verjähren, da ansonsten der gewährte Restschadensersatzanspruch nicht beziffert werden könnte und dieser Anspruch somit konterkariert würde (vgl. BGH, NJW 2017, 2755 Rn. 8, m.w.N.). Im Rahmen der Rechnungslegung betreffend den Restschadensersatzanspruch sind insbesondere auch Angaben zur betriebenen Werbung, zu ihren Gestehungskosten und dem erzielten Gewinn zu machen, da durch die Verletzungshandlung auf Kosten des Berechtigten auch ein Gewinn als erlangt anzusehen ist, den der Verpflichtete gerade durch die Verletzung des Immaterialgüterrechts oder seine Mitwirkung an dieser Verletzung erzielt hat (Kammer, Urteil vom 16.11.2021 – 4a O 68/20; BGH GRUR 2019, 496 Rn. 11 ff. – Spannungsversorgungsvorrichtung, m.w.N.).
    Allerdings ist der Auskunftsanspruch gemäß Art. 64 EPÜ in Verbindung mit § 140b Abs. 1 PatG auf Verletzungshandlungen ab dem 01.01.2017, die in unverjährter Zeit begangen wurden, zu beschränken. Der Anspruch nach § 140b PatG verjährt selbstständig; er dient auch nicht der Bezifferung eines (ggf. noch nicht verjährten) (Rest-)Schadensersatzanspruchs. Die Verjährung bestimmt sich nach § 141 PatG i.V.m. §§ 195, 199 Abs. 1 BGB. Für Handlungen ab dem 01.01.2017 ist aufgrund der Klageerhebung keine Verjährung eingetreten (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB; vgl. die Ausführungen oben). Für Handlungen vor dem 01.01.2017 ist der Anspruch aus § 140b PatG dagegen verjährt. Dies betrifft die in Ziff. I. 1.a) genannten Auskünfte zu der Herkunft und den Vertriebswegen der angegriffenen Ausführungsform, die nicht vom Anspruch nach §§ 242, 259 BGB umfasst sind.
  47. III.
    Die Klägerin hat gegen die Beklagte zudem einen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in geltend gemachter Höhe für das aus dem Anlagenkonvolut K 8 ersichtliche anwaltlichen Schreiben vom 23.04.2020, der sich aus §§ 683 Abs. 1, 677, 670 BGB (Geschäftsführung ohne Auftrag) bzw. § 139 Abs. 2 PatG ergibt.
    Die Abmahnung war begründet und berechtigt, da die geltend gemachten Ansprüche bestanden (s. hierzu Ziff. II.) und der Beklagten Gelegenheit gegeben wurde, die Klägerin klaglos zu stellen.
    Die Klägerin kann auch grundsätzlich Ersatz der für die Einschaltung eines Patent-anwalts im Rahmen der Abmahnung entstandenen Gebühren verlangen. Die Mitwirkung eines Patentanwalts war aufgrund des technischen Sachverhalts und der erforderlichen Analyse der angegriffenen Ausführungsformen notwendig. Dies stellt auch die Beklagte nicht in Abrede.
    Die Höhe der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten von 6.833,80 € ergibt sich insoweit aus einem angemessenen und von der Beklagten auch nicht angegriffenen Gegenstandswert in Höhe von 350.000,00 € aus einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr zzgl. Auslagenpauschale in Höhe von jeweils 20,00 €.
    Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 BGB. Die Klage ist der Beklagten am 13.08.2020 zugestellt worden, so dass sie sich erst ab dem 14.08.2020 in Zahlungsverzug befindet.
    Der Anspruch ist zudem nicht verjährt, da die Verjährung rechtzeitig durch die Klageerhebung gehemmt wurde.
  48. IV.
    Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711, 709 ZPO.
  49. Streitwert: 350.000,00 €

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