I – 2 U 58/20 – Kippachsentor mit integrierter Tür

Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3145

Oberlandesgericht Düsseldorf

Urteil vom 22. Juni 2021, Az. I – 2 U 58/20

Vorinstanz: Az. 4b O 76/16

  1. A.
    Auf die Berufung der Klägerin wird das am 19. November 2020 verkündete Urteil der 4b Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
  2. I. Die Beklagten werden verurteilt,
  3. 1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu 2 Jahren, wobei eine gegen die Beklagten festzusetzende Ordnungshaft an deren jeweiligen Geschäftsführern zu vollziehen ist, zu unterlassen,
  4. Tore mit einem zwischen einer Schließstellung und einer Öffnungsstellung bewegbaren und eine Mehrzahl von bezüglich parallel zueinander verlaufenden Kippachsen gegeneinander verkippbaren Torblattelementen aufweisenden Torblatt,
  5. einer in dem Torblatt integrierten Tür mit einem um eine etwa senkrecht zu den Kippachsen verlaufenden Schwenkachse bezüglich in Richtung der Kippachsen benachbarten Torblattelementen verschwenkbaren, in seiner Schließstellung in einer Ausnehmung des Torblatts aufgenommenen und in der Schließstellung etwa in der Torblattebene angeordneten Türblatt
  6. sowie zur Führung der Torblattbewegung zwischen der Schließstellung und der Öffnungssteilung dienenden Führungsschiene mit einem etwa geradlinig und etwa parallel zum Torblattrand in der Schließstellung verlaufenden vertikalen Abschnitt, einem weiteren etwa geradlinig und etwa parallel zum seitlichen Torblattrand in der Öffnungsstellung verlaufenden horizontalen Abschnitt und einem die beiden geradlinigen Abschnitte miteinander verbindenden bogenförmigen Abschnitt und
  7. einer Verformung des Torblatts entgegenwirkenden Stabilisierungsanordnung,
  8. bei denen die Stabilisierungsanordnung ein in der Schließstellung des Torblatts den unteren Rand der Ausnehmung bildendes und an in der Schließstellung unteren Rändern der der Ausnehmung in Richtung der Kippachsen benachbarten Torblattelemente befestigtes Schwellenelement aufweist, dessen Höhe in Richtung der Schwenkachse zumindest im Bereich seiner etwa parallel zu den Kippachsen verlaufenden Ränder weniger als 20 mm beträgt, wobei die Breite des Schwellenelements in einer senkrecht zur Torblattebene in der Schließstellung verlaufenden Richtung mehr als 250% der Torblattdicke beträgt, sich das Schwellenelement über die gesamte Torblattdicke erstreckt und eine Breite von 100 mm oder mehr aufweist,
  9. ein einerseits am unteren Rand eines der Torblattelemente und andererseits an einer oberen Begrenzungsfläche des Schwellenelements befestigtes Befestigungselement vorgesehen ist und das Befestigungselement einen in einer sich parallel zu den Kippachsen erstreckenden unten offenen Einbuchtung im unteren Rand der Torblattelemente aufgenommenen Vorsprung aufweist,
  10. in der Bundesrepublik Deutschland gewerbsmäßig herzustellen/herstellen zu lassen und/oder mit dem Hinweis gewerbsmäßig anzubieten bzw. anbieten zu lassen, dass das Kappenelement „marktabhängig“ ist,
  11. wenn Letzteres geschieht wie aus der nachfolgenden Abbildung ersichtlich:
  12. 2. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die unter Ziffer I. bezeichneten Handlungen seit dem 24. Oktober 2009 begangen haben, und zwar unter Angabe
  13. a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen,
  14. b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen,
  15. für die Zeit ab dem 18. Mai 2013 darüber hinaus
  16. c) der Menge der hergestellten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
  17. d) der Namen und Anschriften der jeweiligen Abnehmer,
  18. e) der Namen und Anschriften der jeweiligen Angebotsempfänger,
  19. f) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
  20. g) der Gestehungskosten, aufgeschlüsselt nach den einzelnen Kostenfaktoren und dem erzielten Gewinn,
  21. wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Belege (Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen,
  22. und es den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder bestimmter Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
  23. 3. nur die Beklagte zu 1): an die Klägerin 3.676,14 € zu zahlen;
  24. 4. nur die Beklagte zu 1): die in ihrem unmittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen, unter Ziffer I. 1. (ohne den letzten Absatz und die Einblendung) beschriebenen Tore zu vernichten oder an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten zu 1) herauszugeben,
  25. wobei der Beklagten zu 1) gestattet ist, stattdessen lediglich das Kappenelement der angegriffenen Ausführungsform I so an dem darunterliegenden Bauteil zu befestigen, dass eine Entfernung des Kappenelementes ausgeschlossen ist, wobei die Beklagte zu 1) die Klägerin für den Fall, dass sie von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, über die Tatsache des erfolgten Umbaus und die Art und Weise der Durchführung zu unterrichten hat;
  26. II. Es wird festgestellt,
  27. 1. dass die Beklagten verpflichtet sind, an die Klägerin für die unter Ziff. I. 1. bezeichneten, zwischen dem 24. Oktober 2009 und dem 17. Mai 2013 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen, wobei sich die Entschädigungspflicht auf die Herausgabe dessen beschränkt, was die Beklagten durch die Benutzung des deutschen Teils des europäischen Patents 2 103 771 auf Kosten der Klägerin erlangt haben;
  28. 2. dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziff. I. 1. bezeichneten, seit dem 18. Mai 2013 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird, wobei sich die Schadenersatzpflicht für die vor dem 1. Januar 2014 begangenen Handlungen auf die Herausgabe dessen beschränkt, was die Beklagten durch die Benutzung des deutschen Teils des europäischen Patents 2 103 771 auf Kosten der Klägerin erlangt haben.
  29. III. Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu 2 Jahren, wobei eine gegen die Beklagten festzusetzende Ordnungshaft an deren jeweiligen Geschäftsführern zu vollziehen ist, zu unterlassen,
  30. die unter Ziff. I. bezeichneten Tore in der Bundesrepublik Deutschland gewerbsmäßig in Verkehr zu bringen/in Verkehr bringen zu lassen oder zu gebrauchen/gebrauchen zu lassen oder zu den genannten Zwecken einzuführen/einführen zu lassen oder zu besitzen,
  31. wenn diese nicht mit einem Kappenelement versehen sind.
  32. IV. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
  33. B.
    Von den Kosten des Rechtstreits erster Instanz tragen die Klägerin 70 % und die Beklagten jeweils 15 %.
  34. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 60 % und die Beklagten zu je 20 %.
  35. C.
    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
  36. Die Beklagten dürfen die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 320.000,- € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
  37. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten wegen ihrer Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des für die Beklagten vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
  38. D.
    Die Revision wird nicht zugelassen.
  39. E.
    Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 800.000,- € festgesetzt.G r ü n d e :
  40. I.
  41. Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents 2 103 XXA (nachfolgend: Klagepatent) auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung, Rückruf, Vernichtung, Feststellung der Schadenersatz- und Entschädigungspflicht dem Grunde nach sowie – nur die Beklagte zu 1) – auf Erstattung vorgerichtlicher Kosten in Anspruch.
  42. Das Klagepatent wurde am 3. Februar 2005 unter Inanspruchnahme der Priorität der DE 10200401XXB vom 23. März 2004 in deutscher Verfahrenssprache angemeldet. Die Offenlegung der Patentanmeldung erfolgte am 23. September 2009. Der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents wurde am 17. April 2013 veröffentlicht. Der deutsche Teil des Klagepatents steht teilweise in Kraft. Es wurde im Einspruchsverfahren in der durch die Klägerin als eingetragene Patentinhaberin verteidigten Fassung beschränkt aufrechterhalten. Auf die Entscheidungen der Einspruchsabteilung (Anlage B 1) sowie der Technischen Beschwerdekammer (Anlage K 22) wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
  43. Das Klagepatent trägt die Bezeichnung „Tor“. Sein Patentanspruch 1 ist in der im Einspruchsverfahren aufrechterhaltenen und allein streitgegenständlichen Anspruchsfassung wie folgt formuliert:
  44. „Tor mit einem zwischen einer Schließstellung und einer Öffnungsstellung bewegbaren und eine Mehrzahl von bzgl. parallel zueinander verlaufenden Kippachsen (20) gegeneinander verkippbaren Torblattelementen (12, 14) aufweisenden Torblatt (10), einer in dem Torblatt (10) integrierten Tür mit einem um eine etwa senkrecht zu den Kippachsen (20) verlaufende Schwenkachse bzgl. in Richtung der Kippachsen (20) benachbarten Torblattelementen (12, 14) verschwenkbaren, in seiner Schließstellung in einer Ausnehmung des Torblattes (10) aufgenommenen und in der Schließstellung vorzugsweise etwa in der Torblattebene angeordneten Türblatt (100) und einer einer Verformung des Torblattes (10) entgegenwirkenden Stabilisierungsanordnung (50, 90) sowie zur Führung der Torblattbewegung zwischen der Schließstellung und der Öffnungsstellung dienenden Führungsschienen mit einem etwa geradlinig und etwa parallel zum Torblattrand in der Schließstellung verlaufenden vertikalen Abschnitt, einem weiteren etwa geradlinig und etwa parallel zum seitlichen Torblattrand in der Öffnungsstellung verlaufenden horizontalen Abschnitt und einem die beiden geradlinigen Abschnitte miteinander verbindenden bogenförmigen Abschnitt, dadurch gekennzeichnet, dass die Stabilisierungsanordnung (90) ein in der Schließstellung des Torblattes (10) den unteren Rand der Ausnehmung bildendes und an in der Schließstellung unteren Rändern der der Ausnehmung in Richtung der Kippachsen (20) benachbarten Torblattelemente (12) befestigtes Schwellenelement (50) aufweist, dessen Höhe in Richtung der Schwenkachse zumindest im Bereich seiner vorzugsweise etwa parallel zu den Kippachsen (20) verlaufenden Ränder (52) weniger als 20 mm, vorzugsweise weniger als 10 mm, besonders bevorzugt weniger als 8 mm, insbesondere 5 mm oder weniger, beträgt, wobei die Breite des Schwellenelements (50) in einer senkrecht zur Torblattebene in der Schließstellung verlaufenden Richtung mehr als 250 % der Torblattdicke, insbesondere 300 % der Torblattdicke oder mehr, beträgt, wobei sich das Schwellenelement (50) über die gesamte Torblattdicke erstreckt, und eine Breite von 100 mm oder mehr aufweist, ein einerseits am unteren Rand eines der Torblattelemente (12) und andererseits an einer oberen Begrenzungsfläche des Schwellenelements befestigtes Befestigungselement (40) vorgesehen ist und das Befestigungselement (40) einen in einer sich parallel zu den Kippachsen erstreckenden unten offenen Einbuchtung (12a) im unteren Rand der Torblattelemente aufgenommenen Vorsprung (42) aufweist.“
  45. Die nachfolgend verkleinert wiedergegebenen Figuren 1 und 2 der Klagepatentschrift erläutern die Erfindung anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels. Figur 1 zeigt ein erfindungsgemäßes Tor zwischen der Öffnungsstellung und der Schließstellung von innen.
  46. Bei Figur 2 handelt es sich um eine Schnittdarstellung des unteren Randes der Torblattelemente in einer senkrecht zu den Kippachsen verlaufenden Schnittebene.
  47. In den vorstehend eingeblendeten Figuren ist ein Torblatt mit einer Mehrzahl von Türblattelementen zu sehen. Der untere Rand der das Türblatt (100) aufnehmenden Ausnehmung in dem Torblatt (10) wird von einem am unteren Rand der auf einander entgegengesetzten Seiten der Ausnehmung angeordneten Türblattelemente (12) befestigten Schwellenelement (50) begrenzt. Die Befestigung des Schwellenelementes (50) an den Türblattelementen (12) erfolgt mit Hilfe von Befestigungselementen (40), welche einerseits an der oberen Begrenzungsfläche des Schwellenelementes (50) und andererseits an der unteren Begrenzungsfläche der Türblattebene (12) befestigt sind (vgl. Abs. [0048] f.).
  48. Die Beklagten bewerben und vertreiben in der Bundesrepublik Deutschland Sektionaltore für Garagen, die unter anderem unter den Bezeichnungen „„B““, „„C““ (in der nach April 2012 vertriebenen Form), „„D““ und „„E““ (insgesamt: angegriffene Ausführungsform I) angeboten und in den Verkehr gebracht werden. Die Klägerin richtete sich mit ihrer Klage erstinstanzlich auch gegen das Tor „„C““ in der bis April 2012 vertriebenen Form (angegriffene Ausführungsform II).
  49. Die Tore werden unter der Verantwortung und der Kontrolle der Beklagten zu 2), bei der es sich um die schwedische Muttergesellschaft der Beklagten zu 1) handelt, hergestellt und unter anderem an die Beklagte zu 1) in Deutschland zum Weitervertrieb in Deutschland ausgeliefert. Daneben ist auch der Geschäftsbetrieb der Beklagten zu 1) auf die Herstellung von Toren ausgerichtet. Die Beklagte zu 2) ist Herausgeberin der unter der Webseite mit der Adresse www.assaabloyentrance.de abrufbaren Produktinformations- und -datenblätter. In den die angegriffene Ausführungsform I betreffenden Produktkatalogen für die Jahre 2014 (Anlage K 6 bis K 9) sowie 2015 (Anlage K 6a und Anlage K 7a) waren unter anderem der folgende Passus und die folgende Abbildung zu finden (hier beispielhaft entnommen Anlage K 7, S. 11, Bl. 84 GA; Hervorhebung durch Klägerin), die die Befestigung und Anordnung des Tür- (vgl. Skizze überschrieben mit „An der Schlupftür“) bzw. des Torblatts (vgl. Skizze überschrieben mit „Neben der Schlupftür“) schematisch im Querschnitt zeigt:
  50. ,
  51. Diese Abbildung haben die Beklagten im Rahmen des hiesigen Rechtsstreits farblich wie folgt ergänzt (gesondert vorgelegt als Anlage B 5):
  52. .
  53. Nach Auffassung der Klägerin stellen die Herstellung, das Angebot und der Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform I in der Bundesrepublik Deutschland eine unmittelbare wortsinngemäße, zumindest aber äquivalente Verletzung des Klagepatents dar. Sie nimmt die Beklagten daher wegen Patentverletzung auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung, Vernichtung, Rückruf, Feststellung der Schadenersatz- und Entschädigungspflicht dem Grunde nach sowie – nur die Beklagte zu 1) – auf Erstattung vorgerichtlicher Kosten in Anspruch.
  54. Die Beklagten haben erstinstanzlich eine Verletzung des Klagepatents durch die angegriffene Ausführungsform I in Abrede gestellt und im Übrigen die Ansicht vertreten, das Klagepatent werde sich im Einspruchsverfahren als nicht rechtsbeständig erweisen. Zudem haben die Beklagten im Hinblick auf die durch die Klägerin geltend gemachten Ansprüche auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung sowie Schadenersatz und Entschädigung für alle bis zum 31. Dezember 2013 entstandenen Ansprüche die Einrede der Verjährung erhoben.
  55. Mit Urteil vom 19. November 2020 hat das Landgericht Düsseldorf eine Patentverletzung verneint und die Klage abgewiesen.
  56. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt:
  57. Mit dem in Schließstellung unteren Rand der Torausnehmung sei derjenige Bereich gemeint, der beim Durchschreiten der Türöffnung durch eine Person zu durchqueren sei. Um die Eignung der Tür als Fluchttür zu gewährleisten, dürfe das Schwellenelement eine bestimmte Höhe, nämlich 20 mm, nicht überschreiten. In die Höhenvorgabe seien dabei all diejenigen Bauteile einzubeziehen, die sich im Bereich des unteren Randes der Torausnehmung befinden, aber an der Öffnungsbewegung der Tür nicht teilnehmen und deshalb beim Durchschreiten der Türöffnung zu überwinden seien.
  58. Dem Begriff des „Schwellenelementes“ unterfielen allein solche Bauteile, die einem Durchhängen des Torblattes in einer senkrecht zur Torblattebene verlaufenden Richtung entgegenwirken und mithin einen Beitrag zu der vom Klagepatent insoweit beabsichtigten stabilisierenden Wirkung leisten. Bauteile, mit denen eine stabilisierende Wirkung nicht erzielt werden könne, seien aus dem Begriff des Schwellenelementes auszunehmen.
  59. Des Weiteren müsse sich das Schwellenelement erfindungsgemäß über die gesamte Torblattdicke erstrecken. Die Breite des Schwellenelementes müsse somit die Torblattdicke vollständig erfassen, ohne dass es zwingend eines beidseitigen Überkragens des Torblatts bedürfe. Da das Schwellenelement die Torblattdicke mit seiner Breite einnehme, stehe das im Verhältnis zur Torblattdicke wesentlich breitere Schwellenelement um die Torblattdicke zu keiner der Torblattseiten über. Dadurch werde das Risiko eines Betretens des Elementes durch Personen und damit die Gefahr, dass diese bei einer Öffnungsbewegung des Tores mitgezogen werden, reduziert. Davon ausgehend unterfielen Ausgestaltungen, bei denen das Schwellenelement einen Teil der Torblattdicke nicht einnehme, nicht dem Schutzbereich.
  60. Mit dem Begriff der „Torblattdicke“ werde das gesamte, das Torblatt bildende Material in Bezug genommen. Das Schwellenelement erhöhe die Biegefestigkeit, um so einen „Gegenpart“ zu der auf das Torblatt wirkenden Schwerkraft in der geöffneten Stellung des Torblatts zu bilden. Entscheidend sei, dass die Biegesteifigkeit in einem angemessenen Verhältnis zu dem die Belastung bestimmenden Faktor und mithin dem gesamten Torblatt erhöht werde. Der Fachmann werde daher von einem Verständnis Abstand nehmen, das nur bestimmte Teile des Torblattes für die Bestimmung der Torblattdicke, nämlich das Innenmaß bzw. ein sich verjüngender Teil des Torblattes, als wesentlich erachte. Dies gelte auch für Ausgestaltungen, bei denen sich die Torblattdicke nach unten hin verjünge.
  61. Das Befestigungselement stelle als weiterer Bestandteil der Stabilisierungsanordnung eine Verbindung zwischen dem Tor und dem Schwellenelement her, wobei es einerseits am unteren Rand eines der Torblattelemente und andererseits an einer oberen Begrenzungsfläche des Schwellenelements befestigt sei. Obgleich der Anspruchswortlaut („eines der Torblattelemente“) nach einem rein sprachlich-philologischen Verständnis derart gedeutet werden könne, dass das Befestigungselement nur an einem einzigen Torblattelement fixiert werde, gebe die gebotene funktionsorientierte Auslegung für ein solch beschränkendes Verständnis nichts her. Eine Befestigung an weiteren Torblattelementen sei daher nicht ausgeschlossen, sondern klagepatentgemäß vielmehr gerade vorgesehen. Ebenso wenig müsse eine Fixierung des Befestigungselementes erfindungsgemäß ausschließlich an dessen oberer Begrenzungsfläche erfolgen.
  62. Ausgehend von einem solchen Verständnis mache die angegriffene Ausführungsform I mit einem Kappenelement von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch, da das Schwellenelement bei einer solchen Gestaltung in der Schließstellung des Tores nicht den unteren Rand der Ausnehmung bilde. Im Hinblick auf die Ausgestaltung dieser Ausführungsform ohne Kappenelement habe es die Klägerin demgegenüber nicht vermocht, ein Inverkehrbringen darzulegen. Unter dem Gesichtspunkt eines patentverletzenden Anbietens scheide eine Verurteilung der Beklagten aus, weil sich das Schwellenelement nicht über die gesamte Torblattdicke erstrecke. Die Beklagten hätten eingewandt, dass das Schwellenelement zu dem Torblatt um 1,5 mm nach hinten versetzt sei. Ein Erstrecken des Schwellenelements lasse sich davon ausgehend anhand des klägerischen Vortrages nicht hinreichend feststellen.
  63. In Bezug auf die angegriffene Ausführungsform II komme eine Verurteilung der Beklagten von vornherein nicht in Betracht. Insoweit sei der Klägerin die Geltendmachung von Ansprüchen wegen einer Verletzung des Klagepatents aufgrund eines im Juni 2012 zwischen ihr und der Beklagten zu 1) geschlossenen Vergleichs verwehrt.
  64. Gegen dieses, ihren Prozessbevollmächtigten am 19. November 2020 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2020 Berufung eingelegt, mit der sie ihr vor dem Landgericht erfolglos gebliebenes Begehren auf eine Verurteilung der Beklagten weiterverfolgt.
  65. Sie wiederholt und ergänzt ihr erstinstanzliches Vorbringen und macht geltend:
  66. Die Beklagten versuchten, mit dem aufsteckbaren Kappenelement eine eigene Patentverletzung zu kaschieren, ihren Kunden jedoch dennoch die Möglichkeiten und Vorteile der klagepatentgemäßen Konstruktion zu bieten. Die Beklagten nutzten gezielt und bewusst das ihnen zurechenbare patentverletzende Abnehmerverhalten aus. Das Kappenelement der angegriffenen Ausführungsform I könne innerhalb weniger Sekunden per Hand ohne größeren Kraftaufwand vom Schwellenelement entfernt werden. Es handele sich um eine leicht zu entfernende Stolperfalle und erfülle keine technische Funktion. Die Beklagten hätten das Kappenelement so konstruiert, dass es von dem Abnehmer sofort als ein die bestimmungsgemäße Nutzung behindernder Fremdkörper erkannt werde und mit wenigen Handgriffen entfernt werden könne. Im Januar 2021 habe die Klägerin bei zwei Kunden der Beklagten drei seit mehreren Jahren im Betrieb befindliche Tore der angegriffenen Ausführungsform I besichtigen können, die jeweils kein Kappenelement aufgewiesen hätten.
  67. Erfindungsgemäß bilde das Schwellenelement in der Schließstellung den unteren Rand der Ausnehmung, wobei mit dem unteren Rand der die Ausnehmung verschließende und stabilisierende Rand gemeint sei. Diesen Rand bilde das Schwellenelement, dessen Höhe zumindest im Bereich seiner etwa parallel zu den Kippachsen verlaufenden Ränder weniger als 20 mm betrage. Ob in der Ausnehmung weitere Bauteile zwischen Tür und Schwellenelement angeordnet seien, lasse Patentanspruch 1 offen.
  68. Soweit sich das Schwellenelement erfindungsgemäß über die gesamte Torblattdicke erstrecke, solle über dieses Merkmal einerseits eine bessere Stabilisierung erreicht und andererseits ein übermäßiges Auskragen über die Torblattdicke vermieden werden. Entscheidend seien dabei die Verhältnisse neben der das Türblatt aufnehmenden Ausnehmung. Für den Fachmann erkennbar werde die mit der Erstreckung des Schwellenelementes über die gesamte Torblattdicke angestrebte bessere Stabilisierung dadurch erreicht, dass sich die Torblattelemente in der Schließstellung über die gesamte Torblattdicke auf dem Schwellenelement abstützen könnten. Hierfür sei nur der untere Rand des in der Schließstellung unteren Torblattelementes entscheidend. Zudem sei ein minimaler Versatz des Schwellenelementes im Verhältnis zu einer Torblattseite bei funktionaler Betrachtung mit Blick auf die Stabilisierungsfunktion des Schwellenelements unter dem Gesichtspunkt der Biegefestigkeit auch unschädlich. Im Übrigen sei auch für die in der Klagepatentbeschreibung darüber hinaus angesprochene Vermeidung eines übermäßigen Auskragens erkennbar nur die gesamte Torblattdicke im Bereich des dem Schwellenelement zugewandten Randes des unteren Torelements entscheidend.
  69. Ausgehend von einem solchen Verständnis mache die angegriffene Ausführungsform I wortsinngemäß, zumindest aber mit äquivalenten Mitteln von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch.
    Der durch die Beklagten angesprochene Versatz um 1,5 mm sei schon deshalb unbeachtlich, weil es sich bei der geforderten Erstreckung des Schwellenelementes über die gesamte Torblattdicke nicht um eine exakte Zahl- oder Maßangabe handele. Abgesehen davon erstrecke sich das Schwellenelement ohnehin bis über den dem Schwellenelement zugewandten Rand des unteren Torblattelements hinaus, wobei es dem Beklagtenvortrag auch an Angaben zum Bezugspunkt der Messung fehle. Ungeachtet dessen werde der Fachmann jedenfalls gewisse und übliche Toleranzen für zulässig erachten.
    Wollte man dies anders sehen, handele es sich bei einem um 1,5 mm nach innen versetzten Schwellenelement jedenfalls um ein die Voraussetzungen der Äquivalenz erfüllendes Austauschmittel.
    Die angegriffene Ausführungsform I werde ohne Kappenelement als selbstständig verkehrsfähiges Zwischenprodukt hergestellt und in den vorgelegten Produktkatalogen angeboten (Anlage K 7). Der durch die Klägerin behaupteten Herstellung der angegriffenen Ausführungsform I im Inland seien die Beklagten erstinstanzlich nicht entgegengetreten. Aufgrund der unstreitigen Herstellung der angegriffenen Ausführungsform I im Inland bestehe auch eine Begehungsgefahr für die weiteren in § 9 S. 2 Nr. 1 PatG genannten Benutzungshandlungen. Des Weiteren hätten die Beklagten die angegriffene Ausführungsform I auch in den vorgelegten Produktkatalogen und auf ihrer Internetseite im Inland als Tore mit Schlupftür und niedriger Schwelle angeboten. Überdies hätten die Beklagten selbst vorgetragen, dass die angegriffene Ausführungsform I ohne Kappenelement (nur) in das Ausland vertrieben werde und das Kappenelement aus diesem Grund in den Produktkatalogen als optionales und marktabhängiges Bauteil gekennzeichnet sei. Auch im Vertrieb in das Ausland liege jedoch ein Inverkehrbringen i.S.v. § 9 S. 2 Nr. 1 PatG.
  70. Mangels wirtschaftlicher Bedeutung würden die Feststellungen des Landgerichts betreffend die angegriffene Ausführungsform II nicht mit der Berufung angegriffen.
  71. Die Klägerin beantragt,
  72. das am 19. November 2020 verkündete Urteil des Landgerichts Düsseldorf (Aktenzeichen: 4b O 76/16) wie folgt abzuändern:
  73. I. die Beklagten zu verurteilen,
  74. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu 2 Jahren, wobei eine gegen die Beklagte festzusetzende Ordnungshaft an deren Geschäftsführer zu vollziehen ist, zu unterlassen,
  75. Tore mit einem zwischen einer Schließstellung und einer Öffnungsstellung bewegbaren und eine Mehrzahl von bezüglich parallel zueinander verlaufenden Kippachsen gegeneinander verkippbaren Torblattelementen aufweisenden Torblatt,
  76. einer in dem Torblatt integrierten Tür mit einem um eine etwa senkrecht zu den Kippachsen verlaufenden Schwenkachse bezüglich in Richtung der Kippachsen benachbarten Torblattelementen verschwenkbaren, in seiner Schließstellung in einer Ausnehmung des Torblatts aufgenommenen und in der Schließstellung etwa in der Torblattebene angeordneten Türblatt
  77. sowie zur Führung der Torblattbewegung zwischen der Schließstellung und der Öffnungssteilung dienenden Führungsschiene mit einem etwa geradlinig und etwa parallel zum Torblattrand in der Schließstellung verlaufenden vertikalen Abschnitt, einem weiteren etwa geradlinig und etwa parallel zum seitlichen Torblattrand in der Öffnungsstellung verlaufenden horizontalen Abschnitt und einem die beiden geradlinigen Abschnitte miteinander verbindenden bogenförmigen Abschnitt und
  78. einer Verformung des Torblatts entgegenwirkenden Stabilisierungsanordnung
  79. in der Bundesrepublik Deutschland gewerbsmäßig herzustellen/herstellen zu lassen, anzubieten/anbieten zu lassen, in Verkehr zu bringen/in Verkehr bringen zu lassen oder zu gebrauchen/gebrauchen zu lassen oder zu den genannten Zwecken einzuführen/einführen zu lassen oder zu besitzen,
  80. bei denen die Stabilisierungsanordnung ein in der Schließstellung des Torblatts den unteren Rand der Ausnehmung bildendes und an in der Schließstellung unteren Rändern der der Ausnehmung in Richtung der Kippachsen benachbarten Torblattelemente befestigtes Schwellenelement aufweist, dessen Höhe in Richtung der Schwenkachse zumindest im Bereich seiner etwa parallel zu den Kippachsen verlaufenden Ränder weniger als 20 mm beträgt, wobei die Breite des Schwellenelements in einer senkrecht zur Torblattebene in der Schließstellung verlaufenden Richtung mehr als 250% der Torblattdicke beträgt, sich das Schwellenelement über die gesamte Torblattdicke erstreckt und eine Breite von 100 mm oder mehr aufweist,
  81. ein einerseits am unteren Rand eines der Torblattelemente und andererseits an einer oberen Begrenzungsfläche des Schwellenelements befestigtes Befestigungselement vorgesehen ist und das Befestigungselement einen in einer sich parallel zu den Kippachsen erstreckenden unten offenen Einbuchtung im unteren Rand der Torblattelemente aufgenommenen Vorsprung aufweist;
  82. II. die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die unter Ziffer I. bezeichneten Handlungen seit dem 24. Oktober 2009 begangen haben, und zwar unter Angabe
  83. 1. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen,
  84. 2. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen,
  85. für die Zeit ab dem 18. Mai 2013 darüber hinaus
  86. 3. der Menge der hergestellten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
  87. 4. der Namen und Anschriften der jeweiligen Abnehmer,
  88. 5. der Namen und Anschriften der jeweiligen Angebotsempfänger,
  89. 6. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
  90. 7. der Gestehungskosten, aufgeschlüsselt nach den einzelnen Kostenfaktoren und dem erzielten Gewinn,
  91. wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Belege (Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen,
  92. und es den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder bestimmter Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
  93. IIl. die Beklagten zu verurteilen, die in unmittelbarem Besitz oder Eigentum der Beklagten befindlichen, unter Ziffer I. beschriebenen Tore zu vernichten oder an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben und den Beklagten für den Fall, dass ihnen ein Umbau durch unwiderrufliche Befestigung des Kappenelements gestattet wird, die Klägerin über die Tatsache von dessen Vornahme und Art und Weise des Umbaus zu unterrichten;
  94. IV. die Beklagten zu verurteilen, die in dem Klageantrag Ziffer I. bezeichneten, seit dem 18. Mai 2013 in Verkehr gelangten Erzeugnisse gegenüber gewerblichen Abnehmern aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagten oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klageschutzrechts erkannt hat, aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagte zu 1. zurückzugeben und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des ggf. bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe zugesagt wird und die erfolgreich zurückgerufenen Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen und die Klägerin im Fall eines Umbaus durch unwiderrufliche Befestigung des Kappenelements über die Tatsache von dessen Vornahme und die Art und Weise des Umbaus zu unterrichten, soweit die Beklagten einen Umbau anbieten;
  95. V. festzustellen,
  96. 1. dass die Beklagten verpflichtet sind, an die Klägerin für die im Antrag Ziffer I. bezeichneten, zwischen dem 24. Oktober 2009 und dem 17. Mai 2013 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen, wobei sich die Entschädigungspflicht auf die Herausgabe dessen beschränkt, was die Beklagten durch die Benutzung des deutschen Teils des europäischen Patents EP 2103771 auf Kosten der Klägerin erlangt haben;
  97. 2. dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die im Klageantrag I. bezeichneten, seit dem 18. Mai 2013 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird, wobei sich die Schadensersatzpflicht für die vor dem 1. Januar 2014 begangenen Handlungen auf die Herausgabe dessen beschränkt, was die Beklagten durch die Benutzung des deutschen Teils des europäischen Patents EP 2103771 auf Kosten der Klägerin erlangt haben;
  98. VI. die Beklagte zu 1. zu verurteilen, an die Klägerin 12.253,80 € zu zahlen.
  99. Die Beklagten beantragen,
  100. die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 19. November 2020 (Aktenzeichen 4b O 76/16) zurückzuweisen.
  101. Sie verteidigen das angefochtene Urteil und treten den Ausführungen der Klägerin unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens entgegen.
  102. Erfindungsgemäß dürfe die untere Ausnehmung des Torblatts ausschließlich durch das nicht höher als 20 mm ausgestaltete Schwellenelement gebildet werden. Zudem müsse sich das Schwellenelement über die gesamte Torblattdicke erstrecken, bei deren Ermittlung das gesamte, das Torblatt bildende Material einzubeziehen sei. Mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass sich das klagepatentgemäße Schwellenelement explizit über die gesamte Torblattdicke erstrecke, nehme das Klagepatent eine Einschränkung vor, die der Fachmann ernst nehme. Insbesondere lasse sich die geforderte Erstreckung des Schwellenelements über die gesamte Torblattdicke nicht unter Verweis auf vermeintliche Herstellungstoleranzen relativieren. Unter Berücksichtigung solcher Toleranzen werde der Fachmann vielmehr durch eine geeignete Bemaßung und Anordnung des Schwellenelements sicherstellen, dass eine Erstreckung des Schwellenelements über die gesamte Torblattdicke auch in Ansehung etwaiger Fertigungstoleranzen gewährleistet sei.
  103. Vor diesem Hintergrund mache die angegriffene Ausführungsform I von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch. Diese werde weder als Fluchttür beworben noch vertrieben oder eingesetzt. Bei den für den deutschen Markt bestimmten Ausführungsformen I sei werkseitig über dem Schwellenelement ein Kappenelement vormontiert. Die von einer Person beim Durchschreiten der Tür des Sektionaltors zu überwindende Schwelle in Gestalt einer Kombination aus Schwellen- und Kappenelement sei höher als 20 mm. Außerdem sei das Schwellenelement im Verhältnis zum Torblatt um 1,5 mm nach hinten versetzt. Die Beklagte zu 1) stelle ausschließlich Tore für den deutschen Markt her, die vor der Montage dieses Elementes kein selbständig verkehrsfähiges Zwischenprodukt darstellen würden. Überdies hätten die Beklagten die angegriffene Ausführungsform I ohne Kappenelement auch weder in patentrechtlich relevanter Weise in der Bundesrepublik Deutschland angeboten noch in Verkehr gebracht.
  104. Die Klägerin könne ihren Verletzungsvorwurf auch nicht mit Erfolg darauf stützen, die Beklagten würden eine mögliche Umgestaltung der angegriffenen Ausführungsform I durch ihre Abnehmer bewusst ausnutzen. Im Gegenteil würden die Beklagten ihre Abnehmer sogar ausdrücklich dazu anhalten, die angegriffene Ausführungsform I nicht zu verändern. Für Abnehmer habe zu keiner Zeit eine Veranlassung bestanden, das Kappenelement zu beseitigen. Eine Solche ergebe sich insbesondere nicht aus der durch die Klägerin in Bezug genommenen DIN „EN13241“. Diese sehe Höhenunterschiede von bis zu 5 mm stets als unbedenklich an. Werde dieser Wert überschritten, bedürfe es lediglich einer deutlichen Kennzeichnung des Höhenunterschiedes.
  105. Soweit sich die Beklagten erstmals im Berufungsverfahren auf Tore beziehen, die angeblich ohne Kappenelement genutzt würden, sei dieses Vorbringen verspätet und daher in zweiter Instanz nicht berücksichtigungsfähig. Abgesehen davon sei der betreffende Vortrag auch unzureichend. Die Beklagten bestreiten mit Nichtwissen, dass diese Tore dauerhaft in dem auf den Abbildungen gezeigten Zustand seien, von den Abnehmern tatsächlich ohne Kappenelement genutzt würden und dass die Abnehmer jeweiligen Kappenelemente bewusst entfernt hätten, um die Tore ohne Kappenelement nutzen zu können. Die auf den durch die Klägerin zur Akte gereichten Abbildungen (K 24, K 25a und K 25b) gezeigten Tore seien jeweils mit werkseitig vormontiertem Kappenelement verkauft und ausgeliefert worden. Aus den vorgelegten Abbildungen sei klar erkennbar, dass die Tore diverse Beschädigungen aufwiesen und an mehreren Stellen notdürftig repariert worden seien. Damit die Tore auch nach Beseitigung des Kappenelementes im gewünschten Umfang genutzt werden könnten, seien Abnehmer überdies gezwungen, die Tore durch weitere Maßnahmen umzugestalten. Durch das Entfernen des Kappenelementes entstehe im Bereich zwischen dem Schwellenelement und dem Torblatt eine Lücke, die durch eine zusätzliche Dichtvorrichtung geschlossen werden müsse. Die aus den Abbildungen der Klägerin ersichtliche Dichtung sei weder bei Auslieferung des Tores montiert gewesen noch werde diese durch die Beklagten zum separaten Erwerb angeboten.
  106. Schließlich sei auch der Vortrag zur Äquivalenz verspätet. Abgesehen davon fehle es nicht nur an der Gleichwirkung. Vielmehr sei die Verwendung von Schwellenelementen mit einem Versatz von 1,5 mm für den Fachmann auch weder naheliegend gewesen noch orientiere sich eine solche Gestaltung an der patentgemäßen Lösung. Zum einen handele es sich bei der Vorgabe, dass sich das Schwellenelement über die gesamte Torblattdicke erstrecken müsse, um eine quasi numerische Vorgabe, die der Fachmann ernst nehme. Zum anderen sei dieses Erfordernis im Einspruchsverfahren hinzugekommen, um über die Einwände im Hinblick auf die Neuheit und erfinderische Tätigkeit hinwegzukommen.
  107. Die Klägerin tritt diesem Vorbringen entgegen.
  108. Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und der von ihnen vorgelegten Anlagen sowie auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
  109. II.
    Die Berufung der Klägerin ist zulässig, hat aber in der Sache nur im tenorierten Umfang Erfolg.
  110. Da die angegriffene Ausführungsform I in der durch die Beklagten in der Bundesrepublik Deutschland vertriebenen Form (mit einem Kappenelement) von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch macht, stehen der Klägerin insoweit die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung, Rückruf, Vernichtung, Schadenersatz, Entschädigung sowie Erstattung vorgerichtlicher Kosten aus Art. 64 EPÜ i.V.m. §§ 139 Abs. 1 und 2, 140a Abs. 1 und 3, 140b Abs. 1 und 3 PatG i.V.m. §§ 242, 259 BGB nicht zu.
  111. Allerdings fällt eine Gestaltung ohne ein solches Kappenelement in den Schutzbereich des Klagepatents. Derartige Tore haben die Beklagten im Zuge der Fertigung der angegriffenen Ausführungsform I in patentverletzender Weise hergestellt. Indem das Kappenelement in den die angegriffene Ausführungsform I betreffenden Produktdatenblättern als „marktabhängig“ bezeichnet wird, haben die Beklagten derart gestaltete Tore außerdem patentverletzend angeboten. Mit Rücksicht auf beide Benutzungshandlungen sind die Beklagten – wie aus dem Tenor ersichtlich – zur Unterlassung, Vernichtung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung sowie zur Teil-Erstattung vorgerichtlicher Kosten zu verurteilen (Tenor Ziff. A. I.). Überdies liegen die Voraussetzungen für eine Feststellung der Schadenersatz- und Entschädigungspflicht vor (Tenor Ziff. A. II). Eine patentverletzende Herstellung und ein patentverletzendes Angebot rechtfertigen demgegenüber keine Verurteilung zum Rückruf.
  112. Mit dem patentverletzenden Angebot haben die Beklagten eine Erstbegehungsgefahr für den Vertrieb von Toren ohne Kappenelement in der Bundesrepublik begründet, woraus der weitere Unterlassungsausspruch (Tenor Ziff. A. III) resultiert.
  113. Im Einzelnen:
  114. 1.
    Das Klagepatent betrifft ein Tor mit Torblättern, die mehrere Torblattelemente aufweisen, die bezüglich parallel zueinander verlaufender Kippachsen gegeneinander verkippbar sind.
  115. Derartige Tore werden üblicherweise als Garagen- oder Industrietore zum Verschließen von Durchfahrten in Garagen und Industriehallen eingesetzt. Während das Tor in der Schließstellung in einer Vertikalebene angeordnet ist, befindet es sich in der Öffnungsstellung in der Horizontalebene über dem Kopf. Zur Führung der Torblattbewegung zwischen beiden Stellungen sind üblicherweise Führungsschienen vorgesehen, die aus jeweils einem in der jeweiligen Stellung parallel zum seitlichen Torblattrand geradlinigen Abschnitt bestehen. Die beiden geradlinigen Abschnitte sind durch einen bogenförmigen Abschnitt miteinander verbunden. Damit sich das Torblatt längs des bogenförmigen Abschnitts bewegen kann, sind die Torblattelemente des Torblattes um senkrecht zu den Führungsschienen verlaufende Kippachsen gegeneinander verkippbar miteinander verbunden (Abs. [0002]).
  116. Da die Torblätter derartiger Tore eine Breite von 5 m oder mehr aufweisen können, ist ihre Öffnung mit einer erheblichen Belastung der mechanischen Elemente des Torblattes sowie mit einem erheblichen Zeitaufwand verbunden. Daher kann ein solches Tor mit einer „Schlupftür“ versehen sein, die das Verlassen des mit dem Torblatt verschlossenen Raumes ermöglicht, ohne dass das Torblatt als Ganzes geöffnet werden muss. Vielmehr muss nur das in das Torblatt integrierte Türblatt durch Verschwenken um die Schwenkachse geöffnet werden. Um eine Öffnungsbewegung des Torblattes mit dem darin integrierten Türblatt zu ermöglichen, besteht auch das Türblatt derartiger Konstruktionen üblicherweise aus einer Mehrzahl von bezüglich kolinear zu den Kippachsen verlaufenden Achsen gegeneinander verkippbaren Türblattelementen (Abs. [0003]).
  117. Befindet sich das Torblatt mit dem integrierten Türblatt in der Öffnungsstellung, darf das dort in der Horizontalebene angeordnete Torblatt nicht senkrecht zur Torblattebene durchhängen. Zudem dürfen sich die beidseitig des Türblattes angeordneten Torblattelemente in der Schließstellung nicht voneinander entfernen, wozu es insbesondere dann kommen kann, wenn Torblatt-Antriebseinrichtungen mit an den beiden seitlichen Rändern des Torblattes an die in der Schließstellung unteren Torblattelemente gekoppelten Zugmitteln zum Einsatz kommen (Abs. [0004]).
  118. Um dem zu begegnen und die erforderliche Stabilität zu gewährleisten kommen üblicherweise Stabilisierungsanordnungen in Gestalt eines Zargenrahmens zum Einsatz, der die das Türblatt aufnehmende Ausnehmung vollständig umläuft und an benachbarten Torblattelementen befestigt ist. Dabei wird das den unteren Rand der Ausnehmung bildende Zargenelement üblicherweise an einem den unteren Rand bildenden Ausschnitt des unteren Torblattelementes befestigt. Auf diese Weise wird mithilfe des sich in diesem Fall über die gesamte Torblattbreite erstreckenden unteren Torblattelementes und dem unteren Zargenelement eine ausreichende Stabilität der Gesamtkonstruktion erreicht. Allerdings bildet das untere Torblattelement zusammen mit dem darauf befestigten unteren Zargenelement eine Stolperkante, weshalb derartige Schlupftüren nicht als Fluchtwege anerkannt werden (Abs. [0005]).
  119. Vor diesem Hintergrund schlägt die WO 01/055543 vor, das Türblatt wie aus der nachfolgend zu Illustrationszwecken eingeblendeten Figur 5 ersichtlich derart zu gestalten, dass es sich im geschlossenen Zustand des Tores bis zum Boden hin erstreckt.
  120. Die erforderliche Stabilität der Gesamtkonstruktion in der Öffnungsstellung und während der Schließbewegung soll durch eine Stabilisierungsanordnung in Form einer Arretierungseinrichtung erreicht werden, welche in der Torblattöffnungsstellung einer Bewegung des Türblattes bezüglich den benachbarten Torblattelementen entgegenwirkt. Dazu weist das Tor mindestens einen, parallel zu den Kippachsen horizontal verschiebbaren Schubbolzen im bodenseitigen Bereich der Zargenanordnung oder des Türblattes auf, welcher in der Arretierungsstellung in eine Öffnung in der Zarge oder dem Türblatt eingreift. Daneben umfasst die in Form der Arretierungseinrichtung gebildete Stabilisierungsanordnung ein um eine parallel zur Schwenkachse verlaufende Achse verschwenkbares Riegelelement, das beim Verschieben des Schubbolzens in die Öffnung von dem Schubbolzen zur Seite gedrückt wird, wobei dieses Riegelelement mit einem rastenartig ausgebildeten Ende hinter die Kante eines Widerlagers am Tür- oder Torsegment fasst und dort einrastet. Dadurch soll eine Bewegung der beidseitig des Türblattes angeordneten Torblattelemente in horizontaler Richtung in der Hauptebene des Tores verhindert werden, um so das vorstehend beschriebene Aufziehen eines Spaltes zwischen Türblatt und Zarge bzw. benachbarten Torblattelementen während der Öffnungs- oder Schließbewegung des Torblattes zu unterbinden (Abs. [0006]).
  121. Beim Einsatz derartiger Tore hat sich allerdings gezeigt, dass es trotz der beschriebenen Maßnahmen wegen des zur Sicherstellung eines zuverlässigen Betriebes unvermeidlichen Spiels der Bewegung von Schubbolzen und Riegelelement bei einer Torblatöffnungs- und -schließbewegung zu einer beachtlichen Spaltbildung zwischen dem Türblatt und den benachbarten Torblattelementen kommt. Darüber hinaus hängt das Torblatt in der Öffnungsstellung insgesamt in einer senkrecht zur Torblattebene verlaufenden Richtung in nicht hinnehmbarer Weise durch. Daher wurde bereits eine Weiterbildung der vorstehend beschriebenen Tore vorgeschlagen, bei der die die Stabilisierungsanordnung bildende Arretierungseinrichtung mindestens ein in einer etwa senkrecht zu den Kippachsen verlaufenden Ebene vorzugsweise etwa parallel zu der Schwenkachse bewegbares Arretierungselement aufweist, wodurch die beschriebene Spaltbildung verhindert wird. Allerdings ist die so ausgeführte Stabilisierungsanordnung mit einem beachtlichen konstruktiven Aufwand verbunden (Abs. [0012]).
  122. Wie der Fachmann Abs. [0008] der Klagepatentschrift entnimmt, dürfen untere Türanschläge und -schwellen, soweit sie technisch unbedingt erforderlich sind, laut der Schrift „Türen und Türzubehör, DIN 18024 Teil 2 vom November 1996“ („DIN Taschenbuch 240, 31. August 2003 (2003-03-31), Beuth Verlag GmbH, XP 55038108) nicht höher als 2 cm sein.
  123. Hinsichtlich des weiteren Standes der Technik wird auf Abs. [0007] bis [0011] der Klagepatentschrift Bezug genommen.
  124. Vor dem geschilderten Hintergrund bezeichnet es die Klagepatentschrift als Aufgabe der Erfindung, ein konstruktiv einfach ausführbares Tor bereitzustellen, welches einerseits die Anforderungen an einen Fluchtweg erfüllt und andererseits eine ausreichende Gesamtstabilität aufweist (Abs. [0013]).
  125. Zur Lösung dieser Problemstellung sieht Patentanspruch 1 eine Kombination der folgenden Merkmale vor:
  126. 1. Tor mit einem Torblatt (10), einer Tür, einer Stabilisierungsanordnung und Führungsschienen.
  127. 2. Das Torblatt (10)
  128. 2.1. ist zwischen einer Schließstellung und einer Öffnungsstellung bewegbar;
  129. 2.2. weist eine Mehrzahl von Torblattelementen (12, 14) auf, die bezüglich parallel zueinander verlaufenden Kippachsen (20) gegeneinander verkippbar sind.
  130. 3. Die Tür
  131. 3.1. ist in dem Torblatt (10) integriert;
  132. 3.2. weist ein Türblatt (100) auf, das
  133. 3.2.1. um eine etwa senkrecht zu den Kippachsen (20) verlaufende Schwenkachse bezüglich in Richtung der Kippachsen benachbarter Torblattelemente verschwenkbar
  134. und
  135. 3.2.2. in der Schließstellung in einer Ausnehmung des Torblatts (10) aufgenommen wird und etwa in der Torblattebene angeordnet ist.
  136. 4. Die Stabilisierungsanordnung
  137. 4.1. wirkt einer Verformung des Torblatts (10) entgegen;
  138. 4.2. weist ein Schwellenelement (50) und ein Befestigungselement (40) auf.
  139. 4.3. Das Schwellenelement (50)
  140. 4.3.1. bildet in der Schließstellung des Torblatts den unteren Rand der Ausnehmung;
  141. 4.3.2. ist an in der Schließstellung unteren Rändern der der Ausnehmung in Richtung der Kippachsen (20) benachbarten Torblattelemente (12) befestigt;
  142. 4.3.3. erstreckt sich über die gesamte Torblattdicke;
  143. 4.3.4. weist eine Breite von 100 mm oder mehr auf.
  144. 4.3.5. Die Breite des Schwellenelements beträgt in einer senkrecht zur Torblattebene in der Schließstellung verlaufenden Richtung mehr als 250 % der Torblattdicke, [insbesondere 300 % der Torblattdicke oder mehr].
  145. 4.3.6. Die Höhe des Schwellenelements beträgt in Richtung der Schwenkachse zumindest im Bereich seiner etwa parallel zu den Kippachsen verlaufenden Ränder (52) weniger als 20 mm, [vorzugsweise weniger als 10 mm, besonders bevorzugt weniger als 8 mm, insbesondere 5 mm oder weniger].
  146. 4.4. Das Befestigungselement (40)
  147. 4.4.1. ist einerseits am unteren Rand eines der Torblattelemente (12) und andererseits an einer oberen Begrenzungsfläche des Schwellenelements befestigt;
  148. 4.4.2. weist einen in einer sich parallel zu den Kippachsen erstreckenden, unten offenen Einbuchtung (12a) im unteren Rand der Torblattelemente aufgenommenen Vorsprung (42) auf.
  149. 5. Die Führungsschienen
  150. 5.1. dienen zur Führung der Torblattbewegung zwischen der Schließstellung und der Öffnungsstellung;
  151. 5.2. weisen einen etwa geradlinig und etwa parallel zum seitlichen Torblattrand in der Schließstellung verlaufenden vertikalen Abschnitt auf;
  152. 5.3. weisen einen weiteren etwa geradlinig und etwa parallel zum seitlichen Torblattrand in der Öffnungsstellung verlaufenden horizontalen Abschnitt auf und
  153. 5.4. weisen einen die beiden geradlinigen Abschnitte miteinander verbindenden bogenförmigen Abschnitt auf.
  154. 2.
    Damit das Tor die notwendige Gesamtstabilität aufweist und zugleich als Fluchtweg fungieren kann (Abs. [0013]), ist erfindungsgemäß eine mindestens zweiteilige Stabilisierungsanordnung vorgesehen, die ein Schwellen- und ein Befestigungselement umfasst (Merkmal 4.2.).
  155. a)
    Während der Fachmann Patentanspruch 1 detaillierte Vorgaben zur technischen Gestaltung des Schwellenelementes entnimmt, ist ihm die Ausgestaltung des Befestigungselementes weitgehend überlassen. Dieses muss lediglich einen in eine Einbuchtung des unteren Randes des Torblattelementes eingreifenden Vorsprung aufweisen (Merkmal 4.4.2.) sowie am unteren Rand eines der Torblattelemente und an einer oberen Begrenzungsfläche des Schwellenelementes befestigt sein (Merkmal 4.4.1.). Dadurch wird zum einen sichergestellt, dass die einzelnen Torblattelemente bei der Großserienproduktion unabhängig von ihrem späteren Einsatzort gleichförmig hergestellt werden können. Zum anderen trägt das so gestaltete Befestigungselement auch dazu bei, die gewünschte Stabilisierungswirkung zu erzielen (Abs. [0025], Anlage K 22, S. 24, Punkt 6.1.3.). Dazu, wie das Befestigungselement an den vorgenannten Orten angebracht werden soll, verhält sich Patentanspruch 1 nicht. Die Befestigung kann daher über eine stoffschlüssige, aber auch im Wege einer form- oder kraftschlüssigen Verbindung erfolgen, wobei auch eine Kombination dieser Befestigungsarten nicht ausgeschlossen ist (vgl. (Abs. [0025]) a.E.).
  156. b)
    Den Kern der Erfindung bildet das in der Merkmalsgruppe 4.3. im Einzelnen beschriebene Schwellenelement.
  157. aa)
    Wie der Fachmann Abs. [0015] der Klagepatentbeschreibung entnimmt, wirkt das den unteren Rand der Ausnehmung bildende Schwellenelement dem Durchhängen des Torblattes in einer senkrecht zur Torblattebene wirkenden Richtung entgegen, während ein Aufspreizen der der Ausnehmung benachbarten Torblattelemente auch durch ein oberhalb der Ausnehmung angeordnetes Stabilisierungselement oder sogar über ein oberes Torblattelement verhindert werden kann.
  158. bb)
    Um sicherzustellen, dass das Schwellenelement als Bestandteil der Stabilisierungsanordnung nicht zu einer Stolperkante wird (Abs. [0021]), braucht es eine möglichst flache Ausgestaltung desselben, weshalb die Höhe des Schwellenelementes in Richtung der Schwenkachse erfindungsgemäß zumindest im Bereich seiner etwa parallel zu den Kippachsen verlaufenden Ränder weniger als 20 mm betragen darf (Merkmal 4.3.6.).
  159. Eine solche Beschränkung der Höhe des Schwellenelementes kann die Eignung der Schlupftür als Fluchtweg allerdings nur dann sicherstellen, wenn sich die angegebene Höhe tatsächlich auf das beim Durchschreiten der Tür zu überwindende Hindernis bezieht. Andernfalls läuft die Höhenbegrenzung ins Leere. Für die durch die Einspruchsabteilung vorgenommene Differenzierung zwischen einem (stabilisierenden) Schwellenelement-Profil und einem „Kappenelement“ (vgl. Anlage B 1, S. 34 unten, Punkt 51.3.3.) ist somit weder Raum noch ist eine Solche veranlasst. Zu Recht ist die Technische Beschwerdekammer auf diese Differenzierung nicht zurückgekommen. Eine solche Unterscheidung ist auch nicht aufgrund der Systematik des Patentanspruchs geboten. Zwar handelt es sich bei dem Schwellenelement um einen Bestandteil der Stabilisierungsanordnung; es trägt dementsprechend zur Stabilisierung bei. Jedoch schließt Patentanspruch 1 eine mehrteilige Ausgestaltung des Schwellenelements mangels entsprechender Vorgaben nicht aus. Es ist somit dem Fachmann überlassen, ob er das Schwellenelement ein- oder mehrteilig ausgestaltet. Ist dem so, besteht kein Grund, bei einer mehrteiligen Gestaltung nur Teile, denen eine stabilisierende Wirkung zukommt, als Bestandteil des Schwellenelementes zu begreifen. Eine Gestaltung, bei der ein stabilisierendes Bauteil mit einer – nicht stabilisierenden – Kappe versehen ist, stellt somit insgesamt das Schwellenelement dar, dessen Höhe zumindest in den Randbereichen weniger als 20 mm betragen muss.
  160. cc)
    Damit das Schwellenelement gleichwohl die ihm zugedachte Stabilisierungsfunktion erfüllen und ein Durchhängen des Torblattes verhindern kann, muss seine fehlende Höhe ausgeglichen werden. In diesem Zusammenhang macht sich die Erfindung die Erkenntnis zunutze, dass es zur Verhinderung des Durchhängens des Tores in einer senkrecht zur Torblattebene verlaufenden Richtung nur einer beachtlichen Ausdehnung des Stabilisierungselementes in Durchbiegerichtung bedarf, während in der senkrecht dazu verlaufenden Richtung der Schwenkachse eine geringere Höhe ausreicht (Abs. [0015]). Mit anderen Worten kann die fehlende Höhe des Schwellenelementes durch eine größere Breite desselben ausgeglichen werden. Dem tragen die Merkmale 4.3.4. und 4.3.5. dadurch Rechnung, dass das Schwellenelement eine Breite von 100 mm oder mehr aufweisen seine Breite in einer senkrecht zur Torblattebene in der Schließstellung verlaufenden Richtung mehr als 250 % der Torblattdicke betragen soll.
  161. Erfindungsgemäß ist die Breite des Schwellenelementes in einer senkrecht zur Torblattebene verlaufenden Richtung daher größer als die Torblattdicke, um so eine bessere Stabilisierung zu erreichen (Abs. [0026]). Soweit die Klägerin den Begriff der „Torblattdicke“ unter Verweis auf ein vermeintliches Abstützen der Torblattelemente auf dem Schwellenelement allein auf den unteren Rand des in der Schließstellung unteren Torblattelements reduzieren will, lässt sich diese Sichtweise weder mit dem Wortlaut des Patentanspruchs noch mit der Klagepatentbeschreibung in Einklang bringen. Richtiger Bezugspunkt ist nach dem klaren Wortlaut des Patentanspruchs die „Torblattdicke“ und damit die (Gesamt-)dicke des Torblattes. Anhaltpunkte dafür, dass das Klagepatent, das hinsichtlich der dort verwendeten Begriffe sein eigenes Lexikon darstellt (BGH, GRUR 1999, 909, 911 – Spannschraube; GRUR 2016, 361 – Fugenband; GRUR 2016, 1031 – Wärmetauscher; Urt. v. 08.04.2021, Az.: I-2 U 13/20, GRUR-RS 2021, 8206 – Halterahmen II), den Begriff der „Torblattdicke“ abweichend vom allgemeinen Sprachgebrauch verwendet, sucht der Fachmann in der Klagepatentbeschreibung vergebens. Im Gegenteil ist auch in Figur 2 die Dicke des Torblattes mit dem Bezugszeichen „D“ als Gesamtdicke des Torblattes eingezeichnet. Maßgeblich ist daher die gesamte Dicke des Torblattes, unabhängig von einer ggf. im Übergangsbereich zum Befestigungselement zu findenden Verjüngung. Auch wenn es sich bei Figur 2 nebst der zugehörigen Beschreibung um ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel handelt, auf das die Erfindung nicht reduziert werden darf (BGHZ 160, 204, 210 = GRUR 2004, 1023 – Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung; BGH, GRUR 2007, 778, 779, 780 – Ziehmaschinenzugeinheit; GRUR 2008, 779, 783 – Mehrgangnabe; OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.08.2020, Az.: I-2 U 25/19, GRUR-RS 2020, 21040 – Schnellspannvorrichtung; Urt. v. 08.04.2021, Az.: I-2 U 13/20, GRUR-RS 2021, 8206 – Halterahmen II), gibt sie dem Fachmann einen Anhaltspunkt, welches Begriffsverständnis den Ausführungen in der Klagepatentschrift zugrundeliegt. Das durch die Klägerin angesprochene Abstützen des Torblattes auf dem Schwellenelement findet in der Klagepatentbeschreibung demgegenüber keine Erwähnung.
  162. dd)
    Übersteigt die Breite des Schwellenelementes die Torblattdicke, steht es zwangsläufig über; es kommt zu einem „Auskragen“. Um dem zu begegnen und ein übermäßiges Auskragen zu vermeiden, erstreckt sich das Schwellenelement erfindungsgemäß über die gesamte Torblattdicke (Merkmal 4.3.3.). Dies stellt sicher, dass sich das Auskragen auf den über die Torblattdicke hinausgehenden Bereich beschränkt. Eine Möglichkeit, ein übermäßiges Auskragen zu verhindern, ist in Figur 2 gezeigt: Dort erstreckt sich das Schwellenelement über die gesamte Torblattdicke und steht sowohl auf der Torblattinnen- als auch auf der Torblattaußenseite über das Torblatt hervor (Abs. [0050]). Wie der Senat bereits ausgeführt hat, handelt es sich bei der in Figur 2 gezeigten Gestaltung allerdings nur um ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel, welches der Beschreibung von Möglichkeiten der Verwirklichung des Erfindungsgedankens dient und daher grundsätzlich keine einschränkende Auslegung des die Erfindung allgemein kennzeichnenden Patentanspruchs erlaubt. Ein beidseitiger Überstand stellt somit für den Fachmann eine Option dar, um die geforderte Erstreckung des Schwellenelementes über die gesamte Torblattdicke zu realisieren. In Ermanglung einer entsprechenden Vorgabe im Patentanspruch ist jedoch ebenso eine Gestaltung vom Schutzbereich erfasst, bei welcher sich der Überstand lediglich auf der Torblattinnen- oder -außenseite befindet, solange sich das Schwellenelement noch über die gesamte Torblattdicke erstreckt, so dass sich der Überstand auf den die Torblattdicke übersteigenden Bereich des Schwellenelements beschränkt.
  163. 3.
    Dies vorausgeschickt macht die angegriffene Ausführungsform I nur dann von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch, wenn sie nicht mit einem Kappenelement versehen ist. Eine Gestaltung mit Kappenelement fällt demgegenüber nicht in den Schutzbereich des Klagepatents.
  164. a)
    Unabdingbare Voraussetzung für eine Patentverletzung ist stets, dass die angegriffene Ausführungsform alle Merkmale des Patentanspruchs verwirklicht. Nur wenn dies feststellbar ist, kann sich gegebenenfalls die weitere Frage anschließen, ob diese auch objektiv geeignet ist, die patentgemäßen Eigenschaften und Wirkungen zu erreichen. Das stimmt inhaltlich mit der Rechtsprechung überein, dass, wenn eine Ausführungsform von den Merkmalen eines Patentanspruchs in deren räumlich-körperlicher Ausgestaltung identisch Gebrauch macht, es sich bei der Prüfung der Patentverletzung grundsätzlich erübrigt, Erwägungen darüber anzustellen, ob die identisch vorhandenen Merkmale demselben Zweck dienen und dieselbe Wirkung und Funktion haben wie diejenigen des Klagepatents (BGH, GRUR 2006, 131 – Seitenspiegel; BGH, GRUR 1991, 436 – Befestigungsvorrichtung II; vgl. OLG Düsseldorf, Urt. V. 13.02.2014, Az.: I-2 U 93/12, BeckRS 2014, 05736 – Folientransfermaschine; GRUR-RR 2016, 97, 101 – Primäre Verschlüsselungslogik; Urt. v. 27.04.2017, Az.: I-2 U 23/14, BeckRS 2017, 109820; Urt. v. 19.07.2018, Az.: I-15 U 43/15, BeckRS 2018, 22632).
  165. b)
    Davon ausgehend fällt die angegriffene Ausführungsform I, soweit sie mit einem Kappenelement versehen ist, nicht in den Schutzbereich des Klagepatents. In diesem Fall fehlt es zumindest an einer Verwirklichung von Merkmal 4.3.6., wonach die Höhe des Schwellenelements in Richtung der Schwenkachse zumindest im Bereich seiner etwa parallel zu den Kippachsen verlaufenden Ränder weniger als 20 mm betragen soll.
  166. Wie der Senat bereits im Einzelnen ausgeführt hat, handelt es sich bei dem Kappenelement um einen Teil der Schwelle. Es ist daher in die Berechnung der Höhe des Schwellenelementes einzubeziehen. Nach den unbeanstandet gebliebenen Feststellungen des Landgerichts (vgl. Urteil, S. 8, zweiter Abs.) beträgt die Höhe des im Bereich der Schlupftür beim Durchschreiten der Tür zu überwindenden Schwellenelementes mit dem aufgesetzten Kappenelement und dem darunter angebrachten Moosgummi sowie dem Dichtungselement durchgängig 30 mm. Bleiben Moosgummi und Dichtungsteil außen vor, bemisst sich die Höhe durchgängig mit 23 mm; sie liegt daher außerhalb des beanspruchten Bereichs. Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit dieser entscheidungserheblichen Feststellungen begründen könnten, sind nicht ersichtlich, weshalb der Senat diese Tatsachen seiner Entscheidung ebenfalls zugrunde zu legen hat (§ 529 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO). Angesichts der in den Patentanspruch aufgenommenen bevorzugten Ausführungsbeispiele, wonach die Höhe des Schwellenelements idealerweise deutlich niedriger sein soll, und der angestrebten Eignung des Tores als Fluchtweg (Abs. [0013]) hat der Fachmann auch keinen Anlass, eine Überschreitung des im Patentanspruch genannten Grenzwertes für die Höhe der Schwelle um mehrere Millimeter zu tolerieren und noch als erfindungsgemäß anzusehen.
  167. c)
    Anders verhält es sich bei einer Ausgestaltung ohne Kappenelement. Hier sind sämtliche Merkmale von Patentanspruch 1 verwirklicht.
  168. aa)
    Dass das Schwellenelement ohne das Kappenelement im Bereich seiner etwa parallel zu den Kippachsen verlaufenden Ränder eine Höhe von weniger als 20 mm aufweist, steht zwischen den Parteien nicht in Streit. Den entsprechenden Ausführungen im unstreitigen Tatbestand des landgerichtlichen Urteils sind die Beklagten nicht entgegengetreten (§ 529 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO). An einer Verwirklichung von Merkmal 4.3.6. kann bei einer Gestaltung ohne Kappenelement daher kein Zweifel bestehen.
  169. bb)
    Entgegen der Auffassung der Beklagten führt es aus dem Schutzbereich des Klagepatents nicht heraus, dass das Befestigungselement das Schwellenelement zumindest bei einem Teil der Ausführungsformen umklammert, wie dies aus der nachfolgend eingeblendeten Abbildung ersichtlich ist:
  170. Auch bei einer solche Gestaltung ist das Befestigungselement nicht nur am Rand eines Torblattelementes, sondern auch, wie von Merkmal 4.4.1. gefordert, an einer oberen Begrenzungsfläche des Schwellenelementes befestigt.
  171. Wie ausgeführt lässt die Erfindung dem Fachmann die Wahl, wie er das Befestigungselement am Schwellenelement anbringt. Als eine Befestigungsmöglichkeit findet in Abs. [0025] eine formschlüssige Verbindung Erwähnung. Um eine Solche handelt es sich auch bei einer Umklammerung, wie sie sich bei einem Teil der angegriffenen Ausführungsformen findet. Auch mit einer solchen Umklammerung ist das Befestigungselement zwischen dem unteren Rand der Torblattelemente und der oberen Begrenzungsfläche des Schwellenelementes angeordnet. Mehr verlangt Merkmal 4.4.1. nicht.
  172. Dass eine solche „Klammerlösung“ die Höhe des Schwellenelementes beeinflussen kann, steht einer Verwirklichung der erfindungsgemäßen Lehre nicht entgegen. Patentanspruch 1 stellt ein Tor mit einem Torblatt unter Schutz, welches über die in der Merkmalsgruppe 4. im Einzelnen beschriebene Stabilisierungsanordnung verfügt. Entscheidend ist somit, dass das Schwellenelement die ihm anspruchsgemäß zugedachten Eigenschaften aufweist. Dementsprechend bemisst sich die Höhe des Schwellenelementes vom Boden aus. Von dort aus muss seine Höhe in Richtung der Schwenkachse zumindest im Bereich seiner etwa parallel zu den Kippachsen verlaufenden Rändern 20 mm unterschreiten. Nur so lässt sich gewährleisten, dass es sich bei der Schwelle nicht um eine Stolperfalle handelt und die Tür ggf. auch die Anforderungen an einen Fluchtweg erfüllt. Dementsprechend ist der untere, den der Stabilisierung dienenden Abschnitt des Schwellenelementes umschließende Bereich in die Berechnung der Höhe des Schwellenelementes einzubeziehen. Solange das Schwellenelement ausgehend hiervon eine Höhe von 20 mm unterschreitet, erfüllt es die in Merkmal 4.4.1. normierten Anforderungen.
  173. cc)
    Selbst wenn das dreieckige Profil, wie von den Beklagten behauptet, bei den angegriffenen Ausführungsform I um 1,5 mm zurückversetzt wäre (was vorliegend keiner Entscheidung bedarf), erstreckt sich das Schwellenelement über die gesamte Torblattdicke (Merkmal 4.3.3.). Dass ein solch minimaler Rückversatz einer Verwirklichung der unter Schutz gestellten technischen Lehre nicht entgegenstehen kann, erschließt sich bereits mit Blick darauf, dass es sich bei der angegriffenen Ausführungsform I um Garagentore und nicht um Objekte der Feinmechanik handelt. Im Verhältnis zu deren Gesamtmaß ist der behauptete Rückversatz minimal und vernachlässigbar. Dies gilt umso mehr, da bei der Herstellung derartiger Garagentore unstreitig Fertigungstoleranzen auftreten können. Ob diese exakt den durch die Klägerin behaupteten Werten entsprechen, kann dahinstehen. Allein die Möglichkeit des Auftretens von Fertigungstoleranzen führt dem Fachmann vor Augen, dass minimale Abweichungen, wie sie sich (vermeintlich) bei der angegriffenen Ausführungsform I finden, in Bezug auf die geforderte Erstreckung des Schwellenelementes über die gesamte Torblattdicke außer Betracht bleiben können. Für ein einschränkendes Verständnis besteht auch unter funktionalen Gesichtspunkten kein Anlass. Die vorgegebene Höhe des Schwellenelementes soll die Eignung der Schlupftür als Fluchtweg sicherstellen (vgl. Abs. [0008], [0015]). Das bedingt die Notwendigkeit der exakten Einhaltung der dafür jeweils geltenden Grenzwerte. Mit der Erstreckung des Schwellenelementes über die gesamte Torblattdicke sollen demgegenüber lediglich eine bessere Stabilisierung erreicht und ein übermäßiges Auskragen verhindert werden (Abs. [0016]). Hierfür ist ein Rückversatz im Millimeterbereich ersichtlich ohne Belang.
  174. 4.
    Davon ausgehend haben die Beklagten die angegriffene Ausführungsform I mit der in den Produktdatenblättern enthaltenen Konstruktionszeichnung, in welcher das Kappenelement als „marktabhängig“ bezeichnet wird, in patentverletzender Weise i.S.v.
    § 9 Nr. 1 PatG in der Bundesrepublik Deutschland angeboten. Hierfür reicht es aus, dass die Beklagten durch die Darstellung in den Produktdatenblättern eine Nachfrage nach schutzrechtsverletzenden Gegenständen geweckt haben. Dass es sich bei den Produktdatenblättern um Werbung handelt, hat bereits das Landgericht im erstinstanzlichen Urteil (Umdruck S. 27 unten) festgestellt, ohne dass die Parteien dem im Berufungsverfahren entgegengetreten wären. Darüber hinaus haben die Beklagten die angegriffene Ausführungsform I ohne Kappenelement auch in der Bundesrepublik Deutschland im Zuge der Fertigung der angegriffenen Ausführungsform I unter Verletzung des Klagepatents hergestellt.
  175. a)
    Das Anbieten ist nicht nur eine dem Herstellen, Inverkehrbringen, Gebrauchen, Einführen oder Besitzen vorausgehende Vorbereitungshandlung, sondern eine eigenständige Benutzungsart neben diesen Handlungen, die selbstständig zu beurteilen und für sich allein anspruchsbegründend ist (vgl. BGH, GRUR 2003, 1031 – Kupplung für optische Geräte; GRUR 2006, 927, 928 – Kunststoffbügel; GRUR 2007, 221, 222 – Simvastin; OLG Düsseldorf, GRUR 2004, 417, 419 – Cholesterinspiegelsenker; Urt. v. 20.12.2012 – Az.: I-2 U 89/07, BeckRS 2013, 11856; Urt. v. 30.10.2014, Az. I-2 U 3/14, BeckRS 2014, 21755; Urt. v. 06.10.2016, Az.: I-2 U 19/16, BeckRS 2016, 21218). Der Begriff des Anbietens ist rein wirtschaftlich zu verstehen. Er umfasst jede im Inland begangene Handlung, die nach ihrem objektiven Erklärungswert den Gegenstand der Nachfrage in äußerlich wahrnehmbarer Weise zum Erwerb der Verfügungsgewalt bereitstellt (BGH, GRUR 2006, 927 – Kunststoffbügel; OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.02.2014, Az. I-2 U 42/13 = BeckRS 2014, 05732; Urt. v. 27.03.2014, Az.: I-15 U 19/14 = BeckRS 2014, 16067; Urt. v. 30.10.2014, Az.: I-2 U 3/14 = BeckRS 2014, 21755; Urt. v. 06.10.2016 – Az.: I-2 U 19/16, BeckRS 2016, 21218; OLG Karlsruhe, GRUR 2014, 59; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 9. Auflage, Abschnitt A, Rz. 223; Schulte/Rinken/Kühnen, Patentgesetz, 9. Auflage, § 9 Rz. 52). Es ist daher unerheblich, ob der Anbietende den Gegenstand selbst herstellt oder ob er ihn von dritter Seite bezieht (BGH, GRUR 2006, 927, 928 – Kunststoffbügel; Schulte/Rinken/Kühnen, Patentgesetz, 9. Auflage, § 9 Rz. 55). Nach geltendem Recht ist Voraussetzung für ein Anbieten grundsätzlich auch nicht das tatsächliche Bestehen einer Herstellungs- und/oder Lieferbereitschaft (BGH, GRUR 2003, 1031, 1032 – Kupplung für elektrische Geräte; OLG Düsseldorf, InstGE 2, 125, 128 f. – Kamerakupplung II; Urt. v. 20. Dezember 2012, Az.: I-2 U 89/07 – Elektronenstrahl-Therapiergerät; Urt. v. 06.10.2016, Az.: I-2 U 19/16, BeckRS 2016, 21218; OLG Karlsruhe, GRUR 2014, 59 – MP2-Geräte). Ebenso kommt es für eine Patentverletzung nicht darauf an, ob das Angebot Erfolg hat, es also nachfolgend zu einem Inverkehrbringen kommt (Senat, GRUR 2004, 417, 418 – Cholesterinspiegelsenker; Schulte/Rinken/Kühnen, a.a.O.).
  176. Zweck des § 9 PatG ist es, dem Patentinhaber einerseits grundsätzlich alle wirtschaftlichen Vorteile zu sichern, die sich aus der Benutzung der patentierten Erfindung ergeben können, und ihm andererseits einen effektiven Rechtsschutz zu gewähren. Daher ist nicht erforderlich, dass das Anbieten die Voraussetzungen eines rechtswirksamen und verbindlichen Vertragsangebotes im Sinne von § 145 BGB erfüllt. Ferner kommt es nicht darauf an, ob der Anbietende eigene oder fremde Geschäftsabschlüsse bezweckt und ob er bei einem Angebot zugunsten eines Dritten überhaupt von diesem beauftragt oder bevollmächtigt ist (BGH, GRUR 2006, 927 – Kunststoffbügel). Maßgeblich ist vielmehr nur, ob mit der fraglichen Handlung tatsächlich eine Nachfrage nach schutzrechtsverletzenden Gegenständen geweckt wird, die zu befriedigen mit dem Angebot in Aussicht gestellt wird (OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.02.2014, Az.: I-2 U 42/13 = BeckRS 2014, 05732; Urt. v. 11.06.2015, Az.: I-2 U 64/14 = GRUR-RS 2015, 18679 – Verbindungsstück; Urt. v. 06.10.2016, Az.: I-2 U 19/16, BeckRS 2016, 21218).
  177. Davon ausgehend werden von einem „Anbieten“ im Sinne von § 9 PatG insbesondere auch vorbereitende Handlungen umfasst, die das Zustandekommen eines späteren Geschäfts über einen unter dem Schutz des Patents stehenden Gegenstand ermöglichen oder befördern sollen, das die Benutzung dieses Gegenstands einschließt. Es genügen daher auch Handlungen, die vertragsrechtlich als bloße Aufforderung zur Abgabe von Angeboten angesehen werden (BGH, GRUR 2003, 1031 – Kupplung für optische Geräte; OLG Düsseldorf, Urt. v. 27.03.2014, Az.: I-15 U 19/14 = BeckRS 2014, 16067; Urt. v. 30.10.2014, Az.: I-2 U 3/14), ohne dass es bereits einer Lieferbereitschaft oder -fähigkeit bedarf (OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.06.2015, Az.: I-2 U 64/14 = GRUR-RS 2015, 18679 – Verbindungsstück; Urt. v. 06.10.2016, Az.: I-2 U 19/16, BeckRS 2016, 21218). Es ist zur Gewährleistung eines wirksamen Rechtschutzes somit nur von Belang, ob mit der fraglichen Handlung für einen schutzrechtsverletzenden Gegenstand tatsächlich eine Nachfrage geschaffen wird, die zu befriedigen mit dem Angebot in Aussicht gestellt wird (OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.06.2015, Az.: I-2 U 64/14 = GRUR-RS 2015, 18679 – Verbindungsstück; Urt. v. 06.10.2016, Az.: I-2 U 19/16, BeckRS 2016, 21218).
  178. b)
    Dies ist bei der nachfolgend nochmals eingeblendeten, durch die Klägerin mit Hervorhebungen versehenen Abbildung der Fall:
  179. Für einen potentiellen Abnehmer ist nicht erkennbar, auf welchen Märkten das Kappenelement vorhanden und wo die angegriffene Ausführungsform I auch ohne ein Kappenelement erhältlich ist. Für ihn erschließt sich aus der Abbildung insbesondere nicht, ob die angegriffene Ausführungsform I in der Bundesrepublik Deutschland stets mit einem solchen Kappenelement ausgeliefert wird oder ob er diese ggf. auch ohne ein solches Kappenelement erwerben kann. Dafür, dass es sich auch mit Blick auf den deutschen Markt um ein optionales Bauteil handelt, spricht im Gegenteil, dass der Hinweis in einem in deutscher Sprache abgefassten Produktdatenblatt enthalten ist, der sich schon mit Rücksicht auf die Sprachfassung erkennbar (jedenfalls vornehmlich) an deutsche Abnehmerkreise richtet. Sofern das Tor in Deutschland überhaupt nur mit einem Kappenelement zu beziehen wäre und die Variante ohne Kappenelement ausschließlich für das Ausland vorgesehen wäre, würde es keinen Sinn ergeben, darauf in einem deutschsprachigen Prospekt hinzuweisen. Der Umstand, dass dem deutschsprachigen (und vornehmlich deutschen) Abnehmer die Information gegeben wird, dass das Kappenelement „marktabhängig“ (d.h. optional) ist, muss deshalb auch als an den deutschen Interessenten gerichtet verstanden werden und macht für ihn nur dahingehend Sinn, dass auch er die Wahl hat, das Tor mit oder ohne Kappenelement zu ordern. Die fragliche Darstellung ist vor diesem Hintergrund geeignet, zumindest von Teilen der Abnehmerkreise genau so verstanden zu werden und folglich eine Nachfrage für die Lieferung eines nicht mit einem solchen Kappenelement versehenen Tores zu generieren. Es handelt sich daher um ein patentverletzendes Angebot.
  180. c)
    Eine weitere Benutzungshandlung in der Alternative des Herstellens ergibt sich daraus, dass die Beklagten im Zuge des Fertigungsprozesses Tore anfertigen, die mit einem Schwellenelement versehen, aber noch ohne Kappenelement ausgestattet und somit patentverletzend sind. Dass der besagte Montagezustand nicht den von den Beklagten letztendlich angestrebten Herrichtungsstand repräsentiert, hat wegen des umfassend gewährten Sachschutzes keine Bedeutung. Weder kommt es darauf an, dass die patentgemäße Konstitution subjektiv angestrebt ist, noch entlastet den Verletzer, dass die patentgerechte Ausstattung für seine Zwecke ggf. sogar unerwünscht ist; maßgeblich sind allein die objektiven Verhältnisse, die vorliegend dadurch gekennzeichnet sind, dass, bevor die Kappenelemente aufgeklickt werden, Tore mit allen Merkmalen des Patentanspruchs hervorgebracht werden, die in dieser Form sogar voll funktionsfähig und marktgängig wären. Da sich die Kappenelemente genauso leicht, wie sie aufgesteckt wurden, auch wieder entfernen lassen, kann auch keine Rede davon sein, dass die patentgemäße Konstitution im Zuge der weiteren Fertigung endgültig verloren gegangen ist.
  181. d)
    Da die Beklagten hiernach das Klagepatent unmittelbar wortsinngemäß (§ 9 S. 2 Nr. 1 PatG) verletzen, ergeben sich die folgenden Rechtsfolgen:
  182. aa)
    Der Unterlassungsanspruch beruht auf Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 1 PatG, da die Benutzung des Erfindungsgegenstandes im Inland ohne Berechtigung erfolgt ist. Soweit das Angebot in Rede steht, steht die zwischenzeitliche Änderung der Produktdatenblätter der Zuerkennung eines Unterlassungsanspruchs nicht entgegen. Es fehlt an einer die Wiederholungsgefahr beseitigenden strafbewehrten Unterlassungserklärung.
  183. Bei der diesbezüglichen Tenorierung des Unterlassungsausspruchs hat der Senat berücksichtigt, dass der Vorwurf der Patentverletzung durch Anbieten vorliegend nur deshalb und insoweit gerechtfertigt erscheint, weil sich die in den Produktdatenblättern zu findende Kennzeichnung des Kappenelementes als „marktabhängig“ für potentielle Abnehmer als Angebot eines Garagentores ohne Kappenelement verstehen lässt. Dieser charakteristische Umstand musste im Tenor Niederschlag finden. Ansonsten würde der Streit über die Reichweite der Verurteilung unzulässigerweise in das Vollstreckungsverfahren verlagert (vergleichbar: BGH, Urt. v. 08.06.2021, Az.: X ZR 47/19, GRUR-RS 2021, 17583 – Ultraschallwandler).
  184. bb)
    Im Umfang der Unterlassungsverurteilung hat die Klägerin gegen die Beklagten dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadenersatz, der aus Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 2 PatG folgt. Als Fachunternehmen hätten die Beklagten die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt, welche die Einholung patentrechtlich fundierten Rechtsrates eingeschlossen hätte, zumindest erkennen können, § 276 BGB. Da durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten die Entstehung eines Schadens hinreichend wahrscheinlich ist, dieser durch die Klägerin aber noch nicht beziffert werden kann, weil sie den Umfang der rechtsverletzenden Benutzungshandlungen ohne ihr Verschulden nicht im Einzelnen kennt, ist auch ein rechtliches Interesse der Klägerin an der Feststellung der Schadenersatzverpflichtung anzuerkennen, § 256 ZPO. Im Hinblick auf die durch die Beklagten erhobene Verjährungseinrede macht die Klägerin für die Zeit vor dem 1. Januar 2014 nur noch einen Rest-Schadenersatzanspruch geltend.
  185. Des Weiteren hat die Klägerin gegen die Beklagten aus Art. II § 1 Abs. 2 IntPatÜG dem Grunde nach auch einen Anspruch auf Zahlung einer den Umständen nach angemessenen Entschädigung. Die Beklagten hätten als Fachunternehmen bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, dass die von ihnen benutzte Erfindung Gegenstand der offengelegten europäischen Patentanmeldung war. Der durch die Klägerin vor dem Hintergrund der Verjährungseinrede lediglich geltend gemachte Rest-Entschädigungsanspruch folgt aus Art. II § 1a Abs. 1 S. 2 IntPatÜG i.V.m. § 141 S. 2 PatG, § 852 BGB (vgl. hierzu: BeckOK Patentrecht/Otten-Dünnweber, 19. Edition, Stand: 15.01.2021, § 33 PatG Rz. 15 a.E.).
  186. cc)
    Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, ihren Entschädigungs- und Schadenersatzanspruch zu beziffern, steht ihr gegen die Beklagten ein Anspruch auf Rechnungslegung im zuerkannten Umfang zu. Die Rechnungslegungspflicht folgt aus §§ 242, 259 BGB. Die Klägerin ist auf die Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt; die Beklagten werden durch die ihnen abverlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Soweit es um Restentschädigungs- und Bereicherungsanspruch geht, wird dieser nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie bestimmt. Einer Kenntnis der Kosten- und Gewinnsituation bedarf es bei dieser Berechnungsart nicht (BGH, GRUR 2008, 896 – Tintenpatrone I; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 13. Aufl., Abschn. D, Rz. 820), weshalb die Klägerin die diesbezüglichen Angaben erst für die schadenersatzrelevante Zeit verlangen kann, und zwar auch für diejenigen Handlungen, die lediglich einen Restschadenersatzanspruch begründen (BGH, GRUR 2019, 496 – Spannungsversorgungsvorrichtung). Zugunsten der Klägerin besteht daneben ein Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsform I, der sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus Art. 64 EPÜ i.V.m. § 140b Abs. 1 PatG ohne Berücksichtigung eines Karenzmonats ergibt, wobei der Umfang der Auskunftspflicht aus § 140b Abs. 3 PatG folgt.
  187. dd)
    Überdies kann die Klägerin von der Beklagten die Erstattung vorgerichtlicher Kosten aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 2 PatG bzw. aus §§ 683 S. 1, 670 BGB verlangen. Nachdem die Abmahnung jedoch lediglich teilweise berechtigt war, waren die Abmahnkosten nach dem Verhältnis des Gegenstandswertes des berechtigten Teils der Abmahnung zum Gegenstandswert der Abmahnung anteilig zu kürzen (vgl. BGH, GRUR 2012, 949 – Missbräuchliche Vertragsstrafe; GRUR 2010, 744 – Sondernewsletter; GRUR 2010, 939 – Telefonwerbung nach Unternehmenswechsel; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 13. Aufl., Abschn. D, Rz. 61).
  188. ee)
    Der Vernichtungsanspruch nach Art. 64 EPÜ i.V.m. § 140a Abs. 1 PatG greift ebenfalls dem Grunde nach durch, soweit er sich gegen die in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Beklagte zu 1) richtet. Nachdem die Beklagte zu 1) ihren Sitz in der Bundesrepublik Deutschland hat, ist grundsätzlich von ihrem Inlandsbesitz auszugehen. Die Beklagte zu 2) hat ihren Sitz demgegenüber in Schweden. Konkrete Tatsachen, anhand derer sich ein Inlandsbesitz der Beklagten zu 2) feststellen ließe, hat die Klägerin nicht vorgetragen, weshalb die Zuerkennung eines Vernichtungsanspruchs gegen diese Beklagte von vornherein ausscheidet.
  189. Soweit die Beklagte zu 1) unwiderlegt behauptet, bei den für den deutschen Markt bestimmten Toren sei werkseitig über dem Schwellen- ein Kappenelement vormontiert, wobei sie (die Beklagte zu 1)) in der Bundesrepublik Deutschland lediglich Tore für den deutschen Markt herstelle, ändert dies nichts an dem Befund, dass die Beklagte zu 1) im Zuge der Herstellung solcher Tore auch patentgemäße Tore ohne Kappenelement in ihrem Besitz und Eigentum hat. Denn das Tor liegt montagebedingt zunächst nur mit einem Schwellenelement ohne Kappe vor und wird, weil das Kappenelement als letztes montiert wird, erst danach in einen patentfreien Zustand verbracht. Zwar kommt es für die Zuerkennung des Vernichtungsanspruchs auf diejenigen Verhältnisse an, die im maßgeblichen Zeitpunkt der Schlussverhandlung vorliegen, so dass der Zustand der angegriffenen Tore im Besitz oder Eigentum des Verletzers in diesem Moment entscheidet; aufgrund der fortlaufenden Produktion ist jedoch lebensnah davon auszugehen, dass es – bezogen auf die Zeit bei der Schlussverhandlung und danach – mindestens einzelne Tore im Besitz der Beklagten zu 1) geben wird, die (noch) nicht mit einem Kappenelement versehen sind.
  190. Letztlich kommt es hierauf aber nicht einmal an. Zwar fallen mit einem Kappenelement versehene Tore nicht in den Schutzbereich des Klagepatents und unterliegen daher auf den ersten Blick auch nicht der Vernichtung. Es darf jedoch nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Vernichtungsanspruch auch der Absicherung des Unterlassungsanspruchs dient. Wegen der äußerst einfachen und jederzeit möglichen Demontierbarkeit des Kappenelementes (zu der weiter unten noch ausgeführt werden wird) und mit Rücksicht auf die Tatsache, dass auch ohne Kappenelement ein sowohl voll funktionsfähiges wie auch uneingeschränkt marktgängiges Produkt vorliegt, ist die Annahme gerechtfertigt, dass die Beklagte zu 1) auch mit ihren vollständig montierten Toren Gegenstände im Besitz und Eigentum hat, die problemlos ohne Kappenelement umgerüstet werden können und deswegen rechtlich nicht anders zu behandeln sind als Tore ohne Kappenelement. In der Konsequenz bedeutet dies, dass dem Vernichtungsanspruch auch diejenigen Tore unterfallen, die mit einem aufgeklickten Kappenelement versehen sind.
  191. Im Umfang ist die Vernichtung aus Verhältnismäßigkeitsgründen wie aus dem Tenor ersichtlich beschränkt. Dass die angegriffene Ausführungsform I – wie von den Beklagten behauptet – zumindest im Ausland teilweise auch ohne Kappenelement vertrieben wurde, steht zwischen den Parteien nicht in Streit und lässt sich auch der auf Seite 11 der Anlage K 7 zu findenden Abbildung entnehmen („D = marktabhängig“). Eine Gestaltung ohne Kappenelement stellt somit offenkundig ein marktfähiges Produkt dar. Zugleich lässt sich der patentverletzende Charakter der angegriffenen Ausführungsform I leicht durch eine dauerhafte Verbindung von Kappenelement und darunterliegendem Bauteil sicherstellen. Vor diesem Hintergrund erscheint es selbst unter Einbeziehung der mit der Vernichtung angestrebten Generalprävention sowie dem Sanktionsgedanken (vgl. BGH, GRUR 2019, 518 – Curapor; OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2021, 15, 19 – Bodenbelag; Urt. v. 18.03.2021, Az.: I-2 U 18/19, GRUR-RS 2021, 6714 – Hubsäule; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 13. Aufl., Abschn. D, Rz. 852) unverhältnismäßig, die Beklagte zu 1) allein wegen der fehlenden dauerhaften Anbringung des Kappenelements zu einer Vernichtung des gesamten Tores zu verurteilen. Eine Vollvernichtung, die für die Beklagte zu 1) mit weitaus schwereren wirtschaftlichen Folgen verbunden wäre, ist ihr daher nicht zumutbar. Dem Vernichtungsinteresse der Klägerin kann vielmehr bereits dadurch hinreichend Rechnung getragen werden, dass das Kappenelement, wie im Tenor im Einzelnen angegeben, dauerhaft mit dem darunterliegenden Bauteil verbunden wird. Ein weitergehendes Vernichtungsinteresse der Klägerin hat aus Verhältnismäßigkeitsgründen zurückzutreten.
  192. Zur Gewährleistung eines effektiven Rechtschutzes ist es allerdings geboten, die Beklagte zu 1) zusätzlich gegenüber der Klägerin zum Nachweis zu verpflichten, dass und wie sie den eine Schutzrechtsverletzung ausschließenden Umbau vorgenommen hat. Was dazu erforderlich ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls, namentlich vom Schutzbedürfnis des Verletzten und der Zumutbarkeit für den Verletzer, ab. Im vorliegenden Fall reicht in Ermanglung von Anhaltspunkten für die Notwendigkeit der Präsentation aussagekräftiger „Beweismittel“ die bloße Unterrichtung über die Tatsache des erfolgten Umbaus und die Art und Weise ihrer Durchführung aus.
  193. ff)
    Die Voraussetzungen eines Rückrufanspruchs aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 140a Abs. 3 PatG liegen nicht vor. Insofern fehlt es an konkreten Anhaltspunkten dafür, dass die angegriffene Ausführungsform I (und nicht bloß Teile davon) nach Veröffentlichung des Hinweises auf die Erteilung des Klagepatents tatsächlich in der Bundesrepublik Deutschland in die Vertriebswege gebracht wurde; das bloße Angebot vermag einen Rückrufanspruch nicht zu begründen (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 06.04.2017, Az.: I-2 U 51/16, BeckRS 2017, 109833; Urt. v. 06.10.2016, Az.: I-2 U 19/16, BeckRS 2016, 21218; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 13. Auflage, Abschnitt D, Rz. 876).
  194. 5.
    Ein Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform I ohne Kappenelement in der Bundesrepublik Deutschland lässt sich demgegenüber nicht feststellen. Die Beklagten haben eine solche Benutzung mit der Behauptung erheblich bestritten, bei den für den deutschen Markt bestimmten Toren sei werkseitig über dem Schwellen- ein Kappenelement vormontiert. Gegenteiliges hat die Klägerin nicht aufzuzeigen vermocht. Hierfür kann sie sich insbesondere – unabhängig von Verspätungsfragen – nicht mit Erfolg auf die in den Anlagen K 24, K 25a und K 25b gezeigten Tore berufen. Insoweit lässt sich bereits nicht feststellen, ob sich diese Tore im Auslieferungszustand befinden oder nachträglich verändert wurden. Auch wenn das Kappenelement in den Produktdatenblättern als marktabhängiges, optionales Zusatzbauteil gezeigt ist (vgl. Anlage K 7, S. 11), lässt auch dies allein nicht den Schluss zu, die angegriffene Ausführungsform I werde in der Bundesrepublik Deutschland auch ohne Kappenelement vertrieben. Denn es bleibt die Möglichkeit, dass sich die Beklagten der Reichweite ihrer Werbung nicht bewusst gewesen sind, in der auch nur deshalb das Angebot eines Tores ohne Kappenelement zu sehen ist, weil die Gesamtdarstellung aus der Empfängersicht mindestens teilweise dahin verstanden werden kann, dass das Tor wahlweise mit und ohne Kappenelement zu haben ist.
  195. 6.
    Nachdem es somit an dem Vertrieb einer entsprechend dem Klagepatent vorkonfigurierten angegriffenen Ausführungsform I in der Bundesrepublik Deutschland fehlt, kommt eine über Herstellung und Angebot hinausgehende unmittelbare Verletzung des Klagepatents nur in Betracht, wenn a) davon auszugehen ist, dass Abnehmer die gelieferten Tore durch Entfernen des Kappenelementes derart umgestalten, dass dies zur Verwirklichung sämtlicher Merkmale des Patentanspruchs 1 führt, und dies b) den Beklagten zurechenbar ist. An eine derartige Zurechnung ist etwa zu denken, wenn die Beklagten diese Umgestaltung als letzten Herstellungsakt – ausdrücklich oder konkludent – angeleitet oder zumindest bewusst für sich ausgenutzt haben. Die Beklagten machen sich unter solchen Umständen mit ihrer Lieferung die Nacharbeit ihrer Abnehmer bewusst zu eigen, was es rechtfertigt, ihnen diese Nacharbeit so zuzurechnen und sie so zu behandeln, als hätten sie die Vorrichtung bereits in dem die Erfindung benutzenden Zustand selbst in den Verkehr gebracht bzw. angeboten (OLG Düsseldorf, Urt. v. 24.02.2011, Az.: I-2 U 122/09, BeckRS 2011, 8375 = InstGE 13, 78 – Lungenfunktionsmessgerät; GRUR-RR 2017, 97 – Primäre Verschlüsselungslogik; GRUR-RR 2020, 289 – Repeater; Urt. v. 27.04.2017, Az.: I-2 U 23/14, BeckRS 2017, 109820; Urt. v. 19.07.2018, Az.: I-15 U 43/15, BeckRS 2018, 22632; Urt. v. 25.06.2020, Az.: I-2 U 17/19). Hierfür fehlt es vorliegend jedoch an Anhaltspunkten. Weder lassen die dem Senat präsentierten Tatsachen den Schluss auf die Entfernung des Kappenelementes durch Abnehmer der Beklagten zu noch wäre den Beklagten eine solche Entfernung – deren Vorliegen unterstellt – zurechenbar.
  196. a)
    Auch wenn die Klägerin mittels eines in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht überreichten Videos veranschaulicht hat, dass sich das lediglich auf den darunterliegenden Bereich aufgeklickte Kappenelement der angegriffenen Ausführungsform I selbst für Laien ohne den Einsatz von Werkzeug mit wenigen Handgriffen entfernen lässt, fehlt es vorliegend bereits an konkreten Anhaltspunkten dafür, dass (und warum) Abnehmer, die sich für ein Garagentor mit Kappenelement entschieden haben, einen solchen Umbau im Zuge des regulären Gebrauchs tatsächlich vornehmen. Bei der Untersuchung ihrer Motivationslage, solches zu tun, kann nicht einfach unterstellt werden, dass den Abnehmern das Klagepatent und die dort geschilderten technischen Zusammenhänge bekannt sind. Derartiges wäre nur zulässig, wenn entweder unstreitig oder tatrichterlich feststellbar wäre, dass der Inhalt des Klagepatents den Marktteilnehmern auf Nachfragerseite mindestens geläufig ist, wofür jedoch nichts vorgetragen und auch nichts ersichtlich ist.
  197. aa)
    Soweit die Klägerin erstmals in der Berufungsbegründung auf drei bei Kunden der Beklagten in der Bundesrepublik Deutschland eingebaute Garagentore verweist (vgl. Anlagen K 24 bis K 25b), ist dieses neue und durch die Beklagten bestrittene tatsächliche Vorbringen (§ 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) in Ermangelung eines Zulassungsgrundes nicht zu berücksichtigen. Insbesondere liegen die Voraussetzungen einer Zulassung nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht vor. Die Vorschrift schließt die Berücksichtigung solcher tatsächlicher Umstände aus, die in erster Instanz nicht vorgebracht wurden, obwohl sie und ihre Bedeutung für den Ausgang des Rechtsstreits der Partei bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen (BGH, NJW 2004, 2152, 2154; NJW 2004, 2825, 2827; OLG Saarbrücken, NJW-RR 2003, 139, 140) und zu deren Geltendmachung sie dort imstande war (OLG Düsseldorf, Urt. v. 17.12.2015, Az.: I-2 U 25/10, BeckRS 2016, 03039). Umgekehrt sind alle Tatsachen, die erst nach der letzten mündlichen Verhandlung erster Instanz entstanden oder der Partei erst nach diesem Zeitpunkt bekannt geworden sind, zu berücksichtigen, soweit die Unkenntnis nicht auf Nachlässigkeit beruht (BGH, Beschluss v. 30.06.2010, Az.: IV ZR 229/07, r+s 2010, 420, 421; Musielak/Voit/Ball, ZPO, 18. Aufl., § 531 Rz. 19). Sorgfaltsmaßstab ist dabei die einfache Fahrlässigkeit (BGH, NJW 2004, 2825, 2827; OLG Saarbrücken, a.a.O.). Zwar besteht keine grundsätzliche Verpflichtung einer Partei, tatsächliche Umstände, die ihr nicht bekannt sind, erst zu ermitteln. Etwas anderes kann sich jedoch unter Berücksichtigung der Prozessförderungspflicht beim Vorliegen besonderer Umstände ergeben (BGH, NJW 2003, 200, 202; NJW-RR 2011, 211, 213; VersR 2011, 414f.; NJW-RR 2014, 85; Rimmelspacher in: Münchner Kommentar zur ZPO, 6. Aufl., § 531 Rz. 27). Behauptet der Verfahrensführer daher, neue Tatsachen oder Beweismittel seien ihm erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz bekannt geworden, hat er zur Vermeidung des Vorwurfs der Nachlässigkeit darzulegen, warum er sich trotz entsprechender Anhaltspunkte nicht früher um Kenntnis bemüht hat (KG Berlin, Urt. v.12.09.2002, Az.: 8 U 78/02, BeckRS 2002, 13257; Gehrling, MDR 2003, 426, 428). Dem wird die Klägerin nicht gerecht. Der pauschale Hinweis, sie habe sich erstmals im Januar 2021 davon vergewissern können, dass Abnehmer die angegriffene Ausführungsform I tatsächlich ohne Kappenelement nutzen, genügt dafür nicht. Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin waren die Tore bereits seit zwei bzw. sechs Jahren eingebaut. Dazu, weshalb ihr gleichwohl eine frühere Besichtigung der Tore nicht möglich war, äußert sich die Klägerin gleichwohl nicht.
  198. Abgesehen davon verhält sich die Klägerin auch nicht zu den Hintergründen der bei diesen Toren vorgenommenen Veränderungen. Zu Recht haben die Beklagten darauf hingewiesen, dass die auf den durch die Klägerin vorgelegten Fotografien gezeigten Tore diverse Beschädigungen aufweisen und an mehreren Stellen notdürftig repariert wurden. Es wäre daher an der Klägerin gewesen, näher zu den Umständen der Umgestaltung vorzutragen. Dem ist sie jedoch nicht nachgekommen. Dass die betreffenden Tore durch die jeweiligen Abnehmer in freier Entscheidung (und nicht etwa zur Beseitigung etwaiger Schäden an den Kappenelementen) umgebaut wurden, vermag der Senat vor diesem Hintergrund nicht festzustellen.
  199. bb)
    Selbst wenn die zur Anbringung des Kappenelementes gewählte Klickverbindung, wie von der Klägerin behauptet, tatsächlich von den Beklagten darauf angelegt wäre, bei Bedarf entfernt zu werden und das darunterliegende, ebenfalls als Schwelle ausgestaltete und für sich begehbare Bauteil freizulegen, erschließt sich nicht, welchen Anlass Abnehmer haben sollten, das Kappenelement abzunehmen und die an sie gelieferten Garagentore dadurch umzubauen.
  200. (1)
    Ein ausdrücklicher Hinweis auf die Möglichkeit eines solchen Umbaus findet sich – mangels gegenteiligen Parteivortrages – offenbar weder auf den Garagentoren selbst noch in den zugehörigen Produktdatenblättern. Die letzteren lassen auch nicht den Schluss zu, Abnehmer würden ohne eine explizite Erläuterung der Beseitigungsmöglichkeit eine solche erkennen und das Kappenelement bei Bedarf abnehmen. Die bloße Bewerbung der angegriffenen Ausführungsform I als „Schlupftür mit niedriger Schwelle“, die ein bequemes Überqueren ermöglicht und die Stolpergefahr minimiert (vgl. Anlagen K 6, S. 13, K 7 bis K 9), ist dafür zu allgemein gehalten. Die Vorteilsangaben lesen sich nämlich zwanglos auch auf eine Ausführungsform mit Kappenelement, deren Schwelle nach dem Verständnis des allgemeinen Sprachgebrauchs ohne weiteres als „niedrig“ bezeichnet werden kann und der der Verkehr ohne Zögern die Qualität zusprechen wird, bequem und stolperfrei überquert werden zu können.
  201. (2)
    Die in den Produktdatenblättern enthaltenen Vorteilshinweise beziehen sich im Übrigen auf das dort beschriebene Sektionaltor, welches marktabhängig über ein Kappenelement verfügen kann. Ist ein solches – aufgrund der vom Kunden vorgenommenen Bestellung – vorhanden, so kann der Hinweis darauf, dass das Tor ggf. auch ohne Kappenelement bestellbar und erhältlich gewesen wäre, noch keinen Anreiz geben, das (vom Hersteller ordergerecht montierte) Kappenelement eigenmächtig zu entfernen.
  202. Zwar wird die in die Produktdatenblätter aufgenommene Konstruktionszeichnung nebst erläuterndem Hinweis auf die Marktabhängigkeit des Kappenelements (vgl. etwa Anlage K 6, S. 12, rechte Spalte; Anlage K 8, S. 11, rechte Spalte) den Beklagten mit diesem Urteil verboten; sie ist dennoch rechtlich relevant und prüfungsbedürftig, weil die im Geschäftsverkehr verwendeten Prospektangaben im Falle der Zurechnung einer Demontage des Kappenelements durch den Abnehmer eine weitergehende Verurteilung der Beklagten auch wegen des erfolgten (und nicht nur drohenden) Vertriebs von Toren ohne Kappenelement rechtfertigen würde.
  203. (a)
    Es stellt zwei grundsätzlich unterschiedliche Dinge dar, ob dem Kunden bei der Bestellung eines Erzeugnisses vom Hersteller die Wahl zwischen verschiedenen Ausstattungsvarianten eingeräumt wird, oder ob es darum geht, dass der Kunde den ihm gelieferten Gegenstand nachträglich durch einen eigenmächtigen Umbau in seiner Ausstattung verändert, mag dies auch in einer Weise geschehen, die in dieser Form für ihn zu bestellen gewesen wäre. Dass das Kappenelement in den Produktblättern lediglich dünn gezeichnet und mit dem Zusatz „D = marktabhängig“ versehen ist, verdeutlicht dem Abnehmer insofern lediglich, dass das beworbene Tor in unterschiedlichen Ausstattungsvarianten (nämlich mit und ohne Kappenelement) erhältlich ist, was aber noch nicht bedeutet, dass sich der Abnehmer aufgerufen fühlen könnte, ein bewusst mit Kappenelement bestelltes und erhaltenes Tor von sich aus durch Entfernen des montierten Kappenelements umzubauen. Zum einen bedürfte es eines hinreichenden Anlasses, derartiges zu tun; darüber hinaus dürfte es keine (gegenläufigen) Gründe geben, die den Abnehmer von einem möglicherweise in Erwägung gezogenen Umbau abhalten würden.
  204. (b)
    Schon ein Umbauanlass ist nicht zu erkennen. Er liegt insbesondere nicht in den für Fluchtwege geltenden Grenzwerten für die Höhe einer zu überschreitenden Schwelle. Die angegriffene Ausführungsform I wird unstreitig nicht als Fluchttür vertrieben. Selbst wenn es sich bei der Schlupftür aufgrund der örtlichen Gegebenheiten um den einzigen Fluchtweg handeln würde, müsste hinzukommen, dass der Abnehmer über die geltenden Höhenanforderungen im Bilde ist, was bereits zweifelhaft erscheint. In jedem Fall aber kann er anhand der Produktangaben, die sich zu den genauen Abmessungen nicht verhalten, überhaupt nicht erkennen, dass das Kappenelement und seine Demontage der Schlüssel dazu sind, aus dem von ihm in einer ungeeigneten Ausstattung bestellten Tor ein solches zu machen, das sich gesetzlich als Fluchtweg eignet. Im Gegenteil legen die Konstruktionszeichnungen und die daraus ersichtlichen Größenverhältnisse dem Betrachter viel eher die Annahme nahe, dass mit dem Entfernen des Kappenelements kein irgendwie nennenswerter Verlust an Höhe im Bereich der Türschwelle verbunden ist. Ähnliches gilt für den Fall, dass der Abnehmer die Schwelle der Schlupftür mit Kappenelement aufgrund ihrer Höhe beim Überfahren mit z.B. einem Transportwagen oder dergleichen als unbequemes Hindernis empfinden würde. Derjenige, der sich ausgiebig mit den Produktdatenblättern befasst, mag zwar zu der Erkenntnis gelangen, dass das Schwellenelement ohne Kappe aufgrund seiner beiderseitigen Auflaufschrägen das Überfahren im Vergleich zu dem rechteckig aufragenden Kappenelement erleichtert. Die Klägerin selbst behauptet jedoch nicht, dass sich das Kappenelement nicht oder nicht praktikabel überfahren lässt; dafür ist auch nichts ersichtlich. Das muss auch dem Abnehmer angesichts der zeichnerischen Darstellung einleuchten, wonach das Kappenelement das darunter befindliche Schwellenelement nur geringfügig erhöht. Im Interesse eines mehr als überschaubaren Gewinns an Komfort wird ein vernünftiger Abnehmer jedoch keinen eigenmächtigen Umbau wagen.
  205. (c)
    Die angegriffene Ausführungsform I ist unstreitig CE-zertifiziert. Schon die mit ihrem Umbau verbundene Gefahr eines Verlusts der CE-Zertifizierung und damit ggf. einhergehende Haftungsfragen sind ein beachtlicher Grund für jeden Abnehmer, das Garagentor nicht eigenständig durch die Abnahme des Kappenelements umzubauen. Darüber hinaus ist jedermann mindestens laienhaft geläufig, dass Eingriffe in die Substanz des Liefergegenstandes zu einem Verlust der Gewährleistungsrechte führen können. Hinzu kommt schließlich, dass sich in den die angegriffene Ausführungsform I betreffenden Benutzerhandbüchern neben Sicherheits- und Warnhinweisen eine deutliche Warnung vor eigenmächtigen Veränderungen der Tore findet (vgl. Anlagen B 13 bis B 19). Ohne eine ausdrückliche Gestattung der Abnahme des Kappenelementes können Abnehmer den Hinweis, die Demontage des Tores sowie einzelner Bauteile dürfe aufgrund ihrer Gefährlichkeit nur durch qualifiziertes Personal erfolgen (vgl. Anlage B 17, S. 4), nur so verstehen, dass hiervon auch die eigenmächtige Beseitigung des Kappenelementes erfasst sein soll. Das gilt umso mehr, als sich an anderer Stelle die ausdrückliche Aufforderung findet, aufgrund der bei unautorisierten Modifikationen drohenden Verletzungsgefahr keinen (!) Teil des Sektionaltores zu demontieren (vgl. Anlage B 17, S. 11).
  206. (3)
    Soweit die Klägerin schließlich darauf verweist, die Beklagten erklärten mit der CE-Kennzeichnung die Konformität mit der DIN EN 13241:2003 (Anlage K 13), die nur ohne das Kappenelement gewährleistet sei, spielt dieser Aspekt für Abnehmer keine Rolle. Es mag sein, dass nach dieser DIN Tore keine Stolpergefahren verursachen dürfen, wobei lediglich Höhenunterschiede von bis zu 5 mm per se als ungefährlich angesehen werden. Adressat dieser DIN ist jedoch der Hersteller, nicht der Abnehmer des Garagentores. Eine eventuelle Nichteinhaltung der DIN motiviert Letzteren daher nicht zur Reduzierung der Höhe der Schwelle und damit zur Beseitigung des Kappenelementes. Dieser wird sich vielmehr an den im Benutzerhandbuch zu findenden Sicherheits- und Warnhinweisen orientieren und daher keine Veränderungen vornehmen. Das schließt eine Beseitigung des Kappenelementes ein.
  207. b)
    Jedenfalls ließe sich ein etwaiger Umbau – dessen Vorliegen unterstellt – den Beklagten nicht zurechnen. Ausgehend von den vorstehenden Ausführungen leiten die Beklagten ihre Abnehmer weder ausdrücklich noch stillschweigend zu einem solchen Umbau an. Dass sich insbesondere auch nicht die in den Produktdatenblättern zu findende Konstruktionszeichnung selbst mit dem Zusatz „marktabhängig“ und der dünnen Zeichnung des Kappenelementes als eine solche stillschweigende Anleitung verstehen lässt, hat der Senat bereits im Einzelnen erläutert. Auf die diesbezüglichen Ausführungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Für ein bewusstes Ausnutzen eines eventuell selbstständig vorgenommenen Umbaus fehlt es bereits von vornherein an entsprechenden Anknüpfungstatsachen, so dass es insoweit keiner weiteren Ausführungen bedarf.
  208. 7.
    Aufgrund der durch das patentverletzende Angebot begründeten Erstbegehungsgefahr stehen der Klägerin hinsichtlich der übrigen, aus dem Tenor ersichtlichen Benutzungshandlungen gegen die Beklagte Unterlassungsansprüche aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 1 PatG zu. Hiervon erfasst sind jedoch ausgehend von den vorstehenden Überlegungen ausschließlich die Herstellung und der Vertrieb von Garagentoren ohne Kappenelement. Auf Garagentore, die herstellerseitig mit einem Kappenelement versehen sind und mit einem Solchen ausgeliefert werden, erstreckt sich der Unterlassungstenor demgegenüber auch dann nicht, wenn deren Kappenelement ggf. später durch einen Nutzer abgenommen wird. Insoweit konnte der Senat – wie ausgeführt – eine Patentverletzung nicht feststellen.
    III.
  209. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.
  210. Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO. Bei der Bemessung der vor der Vollstreckung zu leistenden Sicherheit hat der Senat den vorstehend im Einzelnen erläuterten beschränkten Umfang der Verurteilung in der Hauptsache berücksichtigt.
  211. Für eine Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung, weil die in § 543 ZPO aufgestellten Voraussetzungen dafür ersichtlich nicht gegeben sind. Es handelt sich um eine reine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung, mit der der Bundesgerichtshof auch nicht im Interesse einer Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung befasst werden muss (§ 543 Abs. 2 ZPO).

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