Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3088
Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 14. Januar 2021, Az. 4b O 74/19
- I. Die Beklagte wird verurteilt,
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00 – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlungen bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an ihren jeweiligen Geschäftsführern zu vollziehen ist, zu unterlassen, - Mikroskope
- in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
- wenn diese umfassen;
- – ein Probenplatzierungsteil mit einer Platzierungsoberfläche, auf der eine Probe platziert werden kann, und einer unteren Oberfläche, die der Platzierungsoberfläche gegenüberliegt,
- – eine Beobachtungslinse zum Empfangen von Fluoreszenz von der Probe, wobei die Beobachtungslinse eine Immersionslinse ist,
- – eine optische Einheit, die von der Beobachtungslinse verschieden ist, zum Erzeugen von Blattlicht, das sich in einer Richtung parallel zu einer Beobachtungsebene der Beobachtungslinse ausbreitet, wobei das Blattlicht von der unteren Oberfläche her in das Probenplatzierungsteil eintritt und durch das Probenplatzierungsteil hindurchtritt, um die Probe zu bestrahlen, wobei die Fluoreszenz durch das Probenplatzierungsteil zur unteren Oberfläche hin hindurchtritt, um von der Beobachtungslinse aufgenommen zu werden
und - – eine Fluidhaltevorrichtung zum Halten von Flüssigkeit zwischen der Beobachtungslinse und dem Probenplatzierungsteil;
- II. Die Beklagte wird verurteilt,
- der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I. bezeichneten Handlungen seit dem 1. Juli 2020 begangen hat, und zwar unter Angabe
- 1. der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer;
- 2. der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren;
- 3. der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden;
- wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen.
- III. Die Beklagte wird verurteilt,
- der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I. bezeichneten Handlungen seit dem 1. Juli 2020 begangen hat, und zwar unter Angabe:
- 1. der Herstellungsmengen und -zeiten;
- 2. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen und der jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,
3. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen und der jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
- 4. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internet-Werbung der Domain, der Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume,
- 5. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
- wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht-gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
- IV. Die Beklagte wird verurteilt,
- die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder in ihrem Eigentum befindlichen, unter I. bezeichneten Erzeugnisse nach ihrer Wahl auf ihre Kosten zu vernichten oder an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf ihre Kosten herauszugeben.
- V. Die Beklagte wird verurteilt,
- die unter I. bezeichneten, seit dem 1. Juli 2020 in Verkehr gebrachten Erzeugnisse gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf den gerichtlich (Urteil des Landgerichts Düsseldorf, Az. 4b O 74/19 vom 14.01.2021) festgestellten gebrauchsmusterverletzenden Zustand der Sache und mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen und die Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen.
- VI. Es wird festgestellt,
- dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu l. bezeichneten und seit dem 1. Juli 2020 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
- VII. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
- VIII. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 20 % und der Beklagten zu 80 % auferlegt.
- IX. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 750.000,00 € vorläufig vollstreckbar, wobei für die teilweise Vollstreckung des Urteils folgende Teilsicherheiten festgesetzt werden:
- Ziffer I., IV. und V. des Tenors: 500.000,00 €.
- Ziffer II. und III. des Tenors: 150.000,00 €.
- Ziffer VIII. des Tenors: 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
- Für die Beklagte ist das Urteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
- Tatbestand
- Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung des Gebrauchsmusters DE 20 2014 011 XXX U1 (Anlage K 1, im Folgenden: Klagegebrauchsmuster) auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung sowie Vernichtung und Rückruf der als gebrauchsmusterverletzend angegriffenen Gegenstände sowie Feststellung ihrer Verpflichtung zum Schadensersatz in Anspruch.
Das Klagegebrauchsmuster wurde am 3. April 2014 angemeldet und geht auf die europäische Patentanmeldung EP 14 77 XXX.2 zurück. Die Unionspriorität datiert auf den 5. April 2013. Das Klagegebrauchsmuster wurde am 6. Juni 2019 eingetragen und am 18. Juli 2019 im Patentblatt bekannt gemacht.
Die Beklagte hat gegen das Klagegebrauchsmuster mit Schriftsatz vom 25. März 2020 einen Löschungsantrag beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht. Eine Entscheidung ist bislang nicht ergangen.
Das Klagegebrauchsmuster betrifft ein Mikroskop. Die Klägerin stützt ihre Klage zum einen auf den unabhängigen Vorrichtungsanspruch 1, der lautet wie folgt:
Mikroskop (1, 100), umfassend:
– ein Probenplatzierungsteil (10) mit einer Platzierungsoberfläche (11), auf der eine Probe (12) platziert werden kann, und einer unteren Oberfläche (13), die der Platzierungsoberfläche (11) gegenüberliegt,
– eine Beobachtungslinse (31) zum Empfangen von Fluoreszenz von der Probe (12), wobei die Beobachtungslinse (31) eine Immersionslinse ist,
– eine optische Einheit (20), die von der Beobachtungslinse (31) verschieden ist, zum Erzeugen von Blattlicht, das sich in einer Richtung parallel zu einer Beobachtungsebene der Beobachtungslinse (31) ausbreitet, wobei das Blattlicht von der unteren Oberfläche (13) her in das Probenplatzierungsteil (10) eintritt und durch das Probenplatzierungsteil (10) hindurchtritt,
um die Probe (12) zu bestrahlen, wobei die Fluoreszenz durch das Probenplatzierungsteil (10) zur unteren Oberfläche (13) hin hindurchtritt, um von der Beobachtungslinse (31) aufgenommen zu werden und
– eine Fluidhaltevorrichtung (40) zum Halten von Flüssigkeit zwischen der Beobachtungslinse (31) und dem Probenplatzierungsteil (10). - Daneben stützt sie ihre Klage auf den unabhängigen Vorrichtungsanspruch 2, der lautet wie folgt:
- Mikroskop (1, 100), umfassend:
– ein Probenplatzierungsteil (10) mit einer Platzierungsoberfläche (11), auf der eine Probe (12) platziert werden kann, und einer unteren Oberfläche (13), die der Platzierungsoberfläche (11) gegenüberliegt,
– eine Beobachtungslinse (31) zum Empfangen von Fluoreszenz von der Probe (12), wobei die Beobachtungslinse (31) eine Immersionslinse ist und eine optische Achse entlang einer Richtung (Z‘) aufweist, die gegenüber der Lotrechten (Z) geneigt ist
– eine optische Einheit (20) zum Erzeugen von Blattlicht, das sich in einer Richtung parallel zu einer Beobachtungsebene der Beobachtungslinse (31) ausbreitet, wobei das Blattlicht von der unteren Oberfläche (13) her in das Probenplatzierungsteil (10) eintritt und durch das Probenplatzierungsteil (10) hindurchtritt, um die Probe (12) zu bestrahlen, wobei die Fluoreszenz durch das Probenplatzierungsteil (10) zur unteren Oberfläche (13) hin hindurchtritt, um von der Beobachtungslinse (31) aufgenommen zu werden und
– eine Fluidhaltevorrichtung (40) zum Halten von Flüssigkeit zwischen der Beobachtungslinse (31) und dem Probenplatzierungsteil (10). - Hinsichtlich des Wortlauts der in Form von „insbesondere, wenn“- Anträgen geltend gemachten Ansprüche 3 und 4 wird auf die Anlage K 1 verwiesen.
Die nachfolgend wiedergegebene Figur 1 zeigt ein erfindungsgemäßes Mikroskop:
Die Klägerin ist führende Herstellerin von Mikroskopen. Die Beklagte ist ein Spin-Off des A (im Folgenden: A) in X. Sie wurde im Jahre 2015 gegründet und gehört seit 2017 zur B Gruppe.
Mit einer E-Mail vom 13. Februar 2014 trat die C GmbH (im Folgenden: C) an die Klägerin heran, da sie einen Industriepartner für die von ihr entwickelten Mikroskope suchte. Es kam jedoch nicht zu einer Zusammenarbeit zwischen der A bzw. C und der Klägerin.
Die Klägerin wendet sich gegen das Herstellen und den Vertrieb von Mikroskopen durch die Beklagte mit der Bezeichnung D (angegriffene Ausführungsform). Diese stellt die Beklagte in Deutschland her und bietet sie über ihre Webseite www.XXX.eu an. In der Produktbeschreibung der angegriffenen Ausführungsform findet sich die folgende schematische Abbildung (siehe Anlage K 16 a/b, S. 2):
Die Klägerin ist der Auffassung, dass die angegriffene Ausführungsform sowohl Anspruch 1 als auch Anspruch 2 des Klagegebrauchsmusters verletze.
Insbesondere entspreche die in dem Probenhalter befindliche Folie dem im Klagegebrauchsmuster genannten Probenplatzierungsteil. Dieses setze weder mit dem Begriff der Platzierungsoberfläche, noch der unteren Oberfläche, das Vorliegen einer planaren Fläche voraus. Der Begriff der Oberfläche sei allgemein gehalten und der Begriff der Platzierung setze lediglich voraus, dass die Platzierungsoberfläche stabil genug sei, um die zu beobachtende Probe zu halten und gegen die Schwerkraft abzustützen. Sofern die Beschreibung von einem planaren Probenplatzierungsteil ausgehe, geschehe dies allein in Anbetracht von Ausführungsbeispielen, die den Wortlaut des Klagegebrauchsmusters nicht einzuengen vermögen.
Auch vor dem Hintergrund der in Anspruch 2 des Klagegebrauchsmusters genannten Anforderung, dass die optische Achse der Beobachtungslinse gegenüber der Lotrechten geneigt sein müsse, ergebe sich nichts anderes. Denn die Lotrechte sei in diesem Zusammenhang als die Lotrichtung – also in Richtung der Erdanziehungskraft – zu verstehen. Sofern die Lotrechte im Rahmen der Beschreibung anderweitig definiert sei, geschehe dies wiederum allein mit Blick auf ein Ausführungsbeispiel.
Die Klägerin meint zudem, dass die angegriffene Ausführungsform ein Blattlicht aufweise. Denn mit der Nennung eines Blattlichts sei das Klagegebrauchsmuster nicht auf das klassische, statische Blattlicht beschränkt, sondern umfasse auch das Scannen eines bloßen Punktstrahls, der sich bewege. Hinsichtlich der Beobachtung der Probe mache dies keinen Unterschied.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass der Beklagten kein Vorbenutzungsrecht zustehe. Sie bestreitet den Vortrag der Beklagten zum Entwicklungsprozess der angegriffenen Ausführungsform mit Nichtwissen. Sie behauptet ferner, dass zum einen die A schon keinen Erfindungsbesitz gehabt habe, zum anderen habe sich dieser weder in einer Benutzungshandlung, noch in den erforderlichen Veranstaltungen niedergeschlagen. Auch fehle es an einer wirksamen Übertragung des Vorbenutzungsrechts von der A auf die Beklagte.
Die Klägerin meint ferner, dass das Klagegebrauchsmuster rechtsbeständig sei. Insbesondere beruhe der Gegenstand des Klagegebrauchsmusters nicht auf einer unzulässigen Erweiterung und sei gegenüber der von der Beklagten angeführten Entgegenhaltung DE 10 2008 018 XXX A1 neu und erfinderisch.
Die Klägerin beantragt,
A - die Beklagte zu verurteilen,
- I. es bei Meldung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00 – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlungen bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an ihren jeweiligen Geschäftsführern zu vollziehen ist, zu unterlassen,
- 1. Mikroskope
- in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
- wenn diese umfassen;
- – ein Probenplatzierungsteil mit einer Platzierungsoberfläche, auf der eine Probe platziert werden kann, und einer unteren Oberfläche, die der Platzierungsoberfläche gegenüberliegt,
- – eine Beobachtungslinse zum Empfangen von Fluoreszenz von der Probe, wobei die Beobachtungslinse eine Immersionslinse ist,
- – eine optische Einheit, die von der Beobachtungslinse verschieden ist, zum Erzeugen von Blattlicht, das sich in einer Richtung parallel zu einer Beobachtungsebene der Beobachtungslinse ausbreitet, wobei das Blattlicht von der unteren Oberfläche her in das Probenplatzierungsteil eintritt und durch das Probenplatzierungsteil hindurchtritt, um die Probe zu bestrahlen, wobei die Fluoreszenz durch das Probenplatzierungsteil zur unteren Oberfläche hin hindurchtritt, um von der Beobachtungslinse aufgenommen zu werden
und - – eine Fluidhaltevorrichtung zum Halten von Flüssigkeit zwischen der Beobachtungslinse und dem Probenplatzierungsteil;
- – Klagegebrauchsmuster DE 20 2014 011 XXX U1
(Anspruch 1) – - 2. insbesondere, wenn das Probenplatzierungsteil einen Brechungsindex von 1,28 bis 1,38 hat;
(Anspruch 3) - 3. und/oder wenn im Falle des Anspruch 3 das Probenplatzierungsteil aus fluorbasiertem transparentem Harz oder aus K hergestellt ist.
(Anspruch 4) - II. es bei Meldung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00 – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlungen bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an ihren jeweiligen Geschäftsführern zu vollziehen ist, zu unterlassen,
- 1. Mikroskope
- in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen, wenn diese umfassen:
- – ein Probenplatzierungsteil mit einer Platzierungsoberfläche, auf der eine Probe platziert werden kann, und einer unteren Oberfläche, die der Platzierungsoberfläche gegenüberliegt,
- – eine Beobachtungslinse zum Empfangen von Fluoreszenz von der Probe, wobei die Beobachtungslinse eine Immersionslinse ist und eine optische Achse entlang einer Richtung aufweist, die gegenüber der Lotrechten geneigt ist,
- – eine optische Einheit zum Erzeugen von Blattlicht, das sich in einer Richtung parallel zu einer Beobachtungsebene der Beobachtungslinse ausbreitet, wobei das Blattlicht von der unteren Oberfläche her in das Probenplatzierungsteil eintritt und durch das Probenplatzierungsteil hindurchtritt, um die Probe zu bestrahlen, wobei die Fluoreszenz durch das Probenplatzierungsteil zur unteren Oberfläche hin hindurchtritt, um von der Beobachtungslinse aufgenommen zu werden
und - – eine Fluidhaltevorrichtung zum Halten von Flüssigkeit zwischen der Beobachtungslinse und dem Probenplatzierungsteil:
- – Klagegebrauchsmuster DE 20 2014 011 XXX U1
(Anspruch 2) – - 2. insbesondere, wenn das Probenplatzierungsteil einen Brechungsindex von 1,28 bis 1,38 hat;
(Anspruch 3) - 3. und/oder wenn im Falle des Anspruch 3 das Probenplatzierungsteil aus fluorbasiertem transparentem Harz oder aus K hergestellt ist.
(Anspruch 4) - III. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I. und II. bezeichneten Handlungen seit dem 1. Juli 2020 begangen hat, und zwar unter Angabe
- 1. der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer;
- 2. der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren;
- 3. der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden;
- wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
- IV. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I. und II bezeichneten Handlungen seit dem 1. Juli 2020 begangen hat, und zwar unter Angabe:
- 1. der Herstellungsmengen und -zeiten;
- 2. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen und der jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,
3. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen und der jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
- 4. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internet-Werbung der Domain, der Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume,
- 5. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht-gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
- V. die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder in ihrem Eigentum befindlichen, unter I. und II. bezeichneten Erzeugnisse nach ihrer Wahl auf ihre Kosten zu vernichten oder an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf ihre Kosten herauszugeben;
- VI. die unter I. und II. bezeichneten, seit dem 1. Juli 2020 in Verkehr gebrachten Erzeugnisse gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf den gerichtlich (Urteil des … vom …) festgestellten gebrauchsmusterverletzenden Zustand der Sache und mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen und die Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen.
- B
- festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu l. und II. bezeichneten und seit dem 1. Juli 2020 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
-
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen; - hilfsweise, den Rechtsstreit gemäß § 148 ZPO bis zur Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts im Löschungsverfahren der F GmbH gegen den Rechtsbestand des Gebrauchsmusters DE 20 2014 011 XXX U1 auszusetzen.
- Die Beklagte meint, dass das Klagegebrauchsmuster nicht verletzt sei.
Insbesondere weise die angegriffene Ausführungsform keine Platzierungsoberfläche und damit auch keine untere Oberfläche im Sinne des Klagegebrauchsmusters auf. Denn der Begriff der Oberfläche sowie der Umstand, dass die Probe „auf“ dieser Oberfläche „platziert“ werden müsse und dass die untere Oberfläche der Platzierungsoberfläche „gegenüberliegt“, machten deutlich, dass es sich jeweils um eine ebene Oberfläche handeln müsse. Denn sonst sei ein Platzieren „auf“ der Platzierungsoberfläche nicht möglich. Auch seien die beiden Oberflächen ansonsten nicht parallel zueinander und würden sich dementsprechend nicht gegenüberliegen. Dies verdeutliche auch die Beschreibung des Klagegebrauchsmusters, die das Probenplatzierungsteil als ein transparentes, planares Substrat definiere.
Diese Auslegung werde auch durch Anspruch 2 des Klagegebrauchsmusters gestützt, der erfordere, dass die Beobachtungslinse eine optische Achse entlang einer Richtung (Z‘) aufweise, die gegenüber der Lotrechten (Z) geneigt sei. Die Lotrechte (Z) werde in der Beschreibung eindeutig als die Senkrechte in Bezug zur Platzierungsoberfläche definiert und könne damit nicht mit der Lotrichtung gleichgesetzt werden.
Zudem benutze die angegriffene Ausführungsform kein Blattlicht im Sinne des Klagegebrauchsmusters. Denn die angegriffene Ausführungsform bediene sich eines Lichtstrahls in Form eines Punktstrahls. Dies stelle eine eindimensionale Rastermethode dar, die sich wesentlich von dem klassischen, zweidimensionalen, insbesondere flächenhaft ausgebildeten Lichtblatt unterscheide, welches das Klagegebrauchsmuster vorsehe.
Außerdem beruft sich die Beklagte auf ein privates Vorbenutzungsrecht. Sie trägt vor, dass die A Erfindungsbesitz gehabt habe, was sich zumindest aus der dieser gegenüber getätigten Erfindermeldung ergebe. Zudem liege in der Herstellung und Benutzung einer funktionsfähigen Ausführungsform eine relevante Benutzungshandlung. Zumindest aber habe die A von Beginn an die Absicht gehabt, das erfundene Mikroskop auf den Markt zu bringen und damit auch die erforderlichen Veranstaltungen zum Prioritätszeitpunkt getroffen, zu denen insbesondere auch die enge Zusammenarbeit mit dem C gehört habe. Mit der Gründung der Beklagten als sogenanntes „Spin-Off“ der A sei das bei der A entstandene Vorbenutzungsrecht zudem auf die Beklagte übergegangen.
Im Übrigen meint sie, dass das Klagegebrauchsmuster nicht rechtsbeständig sei. Es beruhe auf einer unzulässigen Erweiterung, weil die Anmeldung des Stammpatents eine Fluidhaltevorrichtung nicht in der im Klagegebrauchsmuster beanspruchten allgemeinen Form vorsehe, sondern nur im Zusammenhang mit weiteren, spezifischen Merkmalen.
Außerdem werde der Gegenstand des Klagegebrauchsmusters insbesondere durch die Entgegenhaltung DE 10 2008 018 XXX A1 nahegelegt. Aus der DE 10 2008 018 XXX A1 ergebe sich für den Fachmann nicht nur die Verwendung eines Probenplatzierungsteils im Sinne der erfindungsgemäßen Lehre, sondern auch die entsprechende Anordnung von optischer Einheit und einer aus einer Immersionslinse bestehenden Beobachtungslinse unter diesem Teil. - Entscheidungsgründe
- Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte aus dem Anspruch 1 des Klagegebrauchsmusters Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Rückruf und Vernichtung sowie Schadensersatz dem Grunde nach aus § 24 Abs. 1 und 2, 24a Abs. 1 und 2, 24b Abs. 1 und 3 GebrMG, §§ 242, 259 BGB. Sofern die Klägerin darüber hinausgehend Ansprüche aus dem Anspruch 2 des Klagegebrauchsmusters geltend macht, sind diese unbegründet. - I.
Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Sie ist Inhaberin des Klagegebrauchsmusters und wurde mit Wirkung zum 1. Juli 2020 als solche im Register eingetragen (siehe Anlage K 17). - II.
Das Klagegebrauchsmuster betrifft insbesondere ein Mikroskop, siehe Absatz [0001] (alle folgenden, nicht näher bezeichneten Absätze sind solche des Klagegebrauchsmusters). Dabei nennt es ein solches Mikroskop als aus dem Stand der Technik bekannt, welches eine Beobachtungsebene einer Probe lokal mit Licht anstrahle und die Fluoreszenz, die dadurch von der Probe abgestrahlt werde, aufnehme. Dies ermögliche die Beobachtung von Schnittebenen einer Probe. Es sei in der Lage, zu verhindern, dass Licht den Teil einer Probe beleuchte, der keine Beobachtungsebene sei, könne den Hintergrund während der Beobachtung der Probe reduzieren und die schädliche Wirkung auf eine Probe oder die Abschwächung der Fluoreszenz reduzieren, die durch die Bestrahlung der Probe mit Anregungslicht verursacht werde, Absatz [0002].
Aus den japanischen Patentanmeldungen Nr. 2003-XXX A und Nr. 2005-XXX A sowie aus XXX. seien jeweils eine stark geneigte und geschichtete Lichtblattmikroskopie für ein Lichtmikroskop bekannt, bei der das Beleuchtungslicht unter Verwendung einer Objektivlinse gebrochen werde, um eine Probe in einer schrägen Richtung in Bezug auf die optische Achse der Objektivlinse anzustrahlen. In dem Fall, dass das Lichtmikroskop so angeordnet sei, dass Beleuchtungslicht in eine Probe in einer Richtung eintrete, die so abgewinkelt sei, dass sie fast senkrecht zu der optischen Achse der Objektivlinse sei, könne das Lichtmikroskop eine Probe mit einem dünnschichtigen Licht mit geringer Dicke entlang der Richtung der optischen Achse der Objektivlinse anstrahlen. Ein solches Lichtmikroskop sei in der Lage, kontinuierlich ein Bild einer Probe aufzunehmen und gleichzeitig die Fokusposition der Objektivlinse zu verschieben, um ein dreidimensionales Bild mit hoher Auflösung zu erzeugen. Es sei insbesondere in der Lage, Bilder auf Einzelmolekülebene darzustellen, Absatz [0003].
Bei der in der japanischen Patentanmeldung Nr. 2003-XXX A offenbarten Technik könne die Position auf einer Objektivlinse, an der Beleuchtungslicht in die Objektivlinse eintrete, so eingestellt werden, dass der Winkel θ zwischen den optischen Achsen des gebrochenen Beleuchtungslichts und der Objektivlinse nahe 90 Grad liege. Die Technik erlaube es jedoch nicht, dass der Winkel θ genau 90 Grad betrage. Somit sei die optische Achse des Beleuchtungslichts nicht parallel zu der Beobachtungsebene der Objektivlinse. Diese Anordnung führe dazu, dass ein Bild über der Beobachtungsebene ungleichmäßig unscharf sei und somit eine verminderte Gleichmäßigkeit der Qualität aufweise. Darüber hinaus beleuchte das Beleuchtungslicht einen Bereich einer Probe, der sich von der Beobachtungsebene unterscheide, und erhöhe somit den Hintergrund, was zu einem Fluoreszenzbild mit verminderter Auflösung führe, Absatz [0004].
Aus dem Aufsatz von XXX sei ferner eine SPIM („Selective Plane Illumination Microscopy“; Lichtblattmikroskopie) bekannt, in der eine Probe mit einem dünnschichtigen Lichtblatt bestrahlt und abgestrahlte Fluoreszenz unter Verwendung einer Objektivlinse mit einer optischen Achse senkrecht zur optischen Achse des Blattlichts bzw. Lichtblatts (im Folgenden einheitlich: Blattlicht) gesammelt, und mit Hilfe einer Kamera ein Bild der gesammelten Fluoreszenz erzeugt werde. Wenn eine Probe unter Verwendung der SPIM beobachtet werde, werde das Agarosegel, in das die Probe eingebettet sei, gedreht, wodurch die Probe mit Blattlicht aus verschiedenen Winkeln bestrahlt werde und ein Bild der Probe mit Hilfe einer Kamera aufgenommen werden könne. Darüber hinaus offenbare die japanische Übersetzung der internationalen PCT-Anmeldung Nr. 2006-XXX, dass im Falle des Sammelns von Licht unter Verwendung einer Beleuchtungslinse und der Bestrahlung einer Probe mit dem gesammelten Licht in Form eines schichtförmigen Blattlichts dieses eine Dicke entlang der Richtung parallel zur optischen Achse der Objektivlinse aufweise, die von der numerischen Apertur der Beleuchtungslinse abhänge, [0005].
Außerdem offenbarten die japanischen Patentanmeldungen Nr. 2012-XXX A und Nr. 2012-XXX A sowie die US-Patentanmeldung Nr. US2011/XXX jeweils ein Mikroskop, das Fluoreszenz aus einer Probe unter Verwendung einer Objektivlinse mit einer optischen Achse senkrecht zur optischen Achse des Blattlichts sammle und dadurch ein dreidimensionales Bild der Probe erzeuge, Absatz [0006].
Im Falle der Bestrahlung einer Probe mit Blattlicht in der Richtung senkrecht zur optischen Achse einer Objektivlinse sei es möglich, den Hintergrund zu reduzieren und dadurch eine hohe Auflösung zu erzielen, Absatz [0007].
Die vorhandene SPIM ermögliche zwar die Beobachtung einer in Agarosegel eingebetteten Probe (z.B. einer kultivierten Zelle), diese sei aber während der Kultivierung schwer zu beobachten. Daher hätten herkömmliche SPIM-Verfahren nur begrenzte Messanwendungen. Da sich eine in Gel eingebettete kultivierte Zelle anders verhalten könne, als wenn sie sich in einem Kulturmedium befinde, seien herkömmliche SPIM-Verfahren auch nicht für eine kontinuierliche Beobachtung einer lebenden Zelle geeignet. Darüber hinaus seien solche herkömmlichen SPIM-Verfahren, bei denen eine Probe in ein Gel mit einem vorgegebenen Volumen eingebettet werden müsse, hinsichtlich der Größe einer Probe begrenzt, Absatz [0008].
Werde eine Probe nicht in Gel eingebettet und die auf einem flachen Deckglas platzierte Probe unter Verwendung einer SPIM-Konfiguration beobachtet – ähnlich wie eine biologische Probe für die normale Beobachtung unter einem Mikroskop – könne eine Detektionsobjektivlinse senkrecht zur Oberfläche des Deckglases ausgerichtet werden, so dass ein Fluoreszenzbild nicht durch eine Aberration beeinflusst werde, die auftrete, wenn die Fluoreszenz durch das Deckglas hindurchtrete, Absatz [0009].
Blattlicht sei jedoch in der Richtung parallel zur optischen Achse der Objektivlinse breit, so dass ein Teil dieses Lichts die obere und untere Oberfläche sowie die Stirnflächen des Deckglases durchlaufe, wenn das Licht einen Bereich in der Nähe des Deckglases bestrahle. Einzelne Lichtstrahlen breiteten sich aufgrund von Brechung, Reflexion und/oder dergleichen somit auf unterschiedlichen Lichtwegen aus, so dass die Blattbeleuchtung verminderte Qualität aufweise. Blattlicht, das eine Probe bestrahle, weise damit eine erhöhte Dicke auf, was dazu führe, dass die Vorteile einer SPIM nicht ausreichend genutzt werden könnten, Absatz [0010].
Die der Erfindung zu Grunde liegende Aufgabe (das technische Problem) wird von dem Klagegebrauchsmuster darin beschrieben, ein Mikroskop mit hoher Auflösung bereitzustellen, das die Vorteile einer SPIM nutzen kann, die Beobachtung einer Probe ermöglicht, die nicht durch die Größe einer Probe eingeschränkt ist, und die Beobachtung beispielsweise einer Zelle in einer Kulturlösung oder einer Probe auf einem Deckglas ermöglicht. Daneben soll ein in dem Mikroskop enthaltenes Element bereitgestellt werden, Absatz [0011].
Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagegebrauchsmuster mit dem von der Klägerin geltend gemachten Anspruch 1 die folgende Vorrichtung vor:
1. Mikroskop (1, 100), umfassend:
1.1 ein Probenplatzierungsteil (10)
1.1.1 mit einer Platzierungsoberfläche (11), auf der eine Probe (12) platziert werden kann, und
1.1.2 einer unteren Oberfläche (13), die der Platzierungsoberfläche (11) gegenüberliegt,
1.2 eine Beobachtungslinse (31) zum Empfangen von Fluoreszenz von der Probe (12),
1.2.1 wobei die Beobachtungslinse (31) eine Immersionslinse ist,
1.3 eine optische Einheit (20),
1.3.1 die von der Beobachtungslinse (31) verschieden ist,
1.3.2 zum Erzeugen von Blattlicht,
1.3.2.1 das sich in einer Richtung parallel zu einer Beobachtungsebene der Beobachtungslinse (31) ausbreitet,
1.3.2.2 wobei das Blattlicht von der unteren Oberfläche (13) her in das Probenplatzierungsteil (10) eintritt und durch das Probenplatzierungsteil (10) hindurchtritt, um die Probe (12) zu bestrahlen,
1.3.2.3 wobei die Fluoreszenz durch das Probenplatzierungsteil (10) zur unteren Oberfläche (13) hin hindurchtritt, um von der Beobachtungslinse (31) aufgenommen zu werden und
1.4 eine Fluidhaltevorrichtung (40) zum Halten von Flüssigkeit zwischen der Beobachtungslinse (31) und dem Probenplatzierungsteil (10).
Darüber hinaus schlägt das Klagegebrauchsmuster mit dem von der Klägerin geltend gemachten Anspruch 2 die folgende Vorrichtung vor:
2. Mikroskop (1, 100), umfassend:
2.1 ein Probenplatzierungsteil (10)
1.1.1 mit einer Platzierungsoberfläche (11), auf der eine Probe (12) platziert werden kann, und
1.1.2 einer unteren Oberfläche (13), die der Platzierungsoberfläche (11) gegenüberliegt,
2.2 eine Beobachtungslinse (31) zum Empfangen von Fluoreszenz von der Probe (12),
2.2.1 wobei die Beobachtungslinse (31) eine Immersionslinse ist,
2.2.2 eine optische Achse entlang einer Richtung (Z‘) aufweist, die gegenüber der Lotrechten (Z) geneigt ist,
2.3 eine optische Einheit (20),
2.3.2 zum Erzeugen von Blattlicht,
2.3.2.1 das sich in einer Richtung parallel zu einer Beobachtungsebene der Beobachtungslinse (31) ausbreitet,
2.3.2.2 wobei das Blattlicht von der unteren Oberfläche (13) her in das Probenplatzierungsteil (10) eintritt und durch das Probenplatzierungsteil (10) hindurchtritt, um die Probe (12) zu bestrahlen,
2.3.2.3 wobei die Fluoreszenz durch das Probenplatzierungsteil (10) zur unteren Oberfläche (13) hin hindurchtritt, um von der Beobachtungslinse (31) aufgenommen zu werden und
2.4 eine Fluidhaltevorrichtung (40) zum Halten von Flüssigkeit zwischen der Beobachtungslinse (31) und dem Probenplatzierungsteil (10).
Das erfindungsgemäße Mikroskop soll eine Beobachtung unter Nutzung der Vorteile einer SPIM ermöglichen, ohne dass eine Probe auf dem Probenplatzierungsteil in Gel eingebettet werden muss. Durch die erfindungsgemäße Anordnung sei es möglich, die Größe einer auf dem Probenplatzierungsteil platzierten Probe nicht auf eine Größe innerhalb des Bereichs des Arbeitsabstandes der Beobachtungslinse zu beschränken, Absatz [0013]. Eine erfolgreiche Regulierung der Dicke des Blattlichts sei auch dann möglich, wenn eine Probe in der Nähe des Probenplatzierungsteils beobachtet werden soll, indem das gesamte Licht von der unteren Oberfläche des Probenplatzierungsteils aus in die Beobachtungsebene eintrete, Absatz [0014]. - III.
Im Hinblick auf den Streit der Parteien bedürfen die Merkmalsgruppe 1 sowie die Merkmale 1.3.2 und 1.3.2.1 des Schutzanspruchs 1 der Auslegung. - 1.
Die Merkmalsgruppe 1 des Anspruchs 1 beschreibt das Probenplatzierungsteil, das Teil des erfindungsgemäßen Mikroskops ist. Dieses weist eine Platzierungsoberfläche auf, auf der eine Probe platziert werden kann, Merkmal 1.1.1, und eine untere Oberfläche, die der Platzierungsoberfläche gegenüberliegt, Merkmal 1.1.2. - a)
Bereits dem Wortlaut nach handelt es sich bei der Platzierungsoberfläche um eine Oberfläche, auf der etwas – hier die zu untersuchende Probe – platziert wird. Dabei gibt die Präposition „auf“ die Lage der Probe in Relation zur Platzierungsoberfläche an.
Dabei kommt der Platzierungsoberfläche die technische Funktion zu, die platzierte Probe zu tragen. Als Trägerfläche hält die Platzierungsoberfläche die Probe also davon ab, schwerkraftbedingt nach unten zu fallen. Dementsprechend handelt es sich bei der unteren, der Platzierungsoberfläche gegenüberliegenden Oberfläche um die dem Erdboden zugewandte Rückseite des Probenplatzierungsteils, der keine Trägerfunktion zukommt.
Eine weitergehende technische Bedeutung kann dem Begriff der Oberfläche nicht entnommen werden. Auch das Klagegebrauchsmuster selbst macht keine darüber hinausgehende räumlich-körperliche Vorgabe, die den Anspruch weiter einschränken würde.
Der Begriff der Oberfläche meint nicht die Gesamtheit aller Oberflächen des Probenplatzierungsteils. Denn bei einem so weit gefassten Begriff der Oberfläche würden die Platzierungsoberfläche und die untere Oberfläche beide Teil nur einer einzigen Oberfläche sein, was die erfindungsgemäße Lehre jedoch durch die begriffliche Trennung dieser beiden Oberflächen gerade nicht beabsichtigt.
Zudem ist weder die Platzierungsoberfläche, noch die untere Oberfläche auf eine Ausgestaltung in Form einer planaren Ebene beschränkt. Die technische Funktion der Platzierungsoberfläche, als Trägerfläche zu fungieren, erfordert keine bestimmte Form. Auch der Verwendung der Präposition „auf“ lässt sich eine derartige Einschränkung nicht entnehmen. Denn ein Gegenstand lässt sich auch dann „auf“ einer Oberfläche platzieren, wenn diese nicht eben ist. Auch aus dem Begriff „platzieren“ lässt sich eine derartige Einschränkung nicht herleiten. Denn dieser Begriff bedeutet allein, dass einem Gegenstand ein bestimmter Platz zugewiesen wird. Dies ermöglicht die Platzierungsoberfläche, indem sie stabil genug ist, um als Träger für eine Probe zu fungieren.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die untere Oberfläche der Platzierungsoberfläche „gegenüberliegt“. Das „Gegenüberliegen“ stellt lediglich klar, dass es sich dabei um die Rückseite des Probenplatzierungsteils handelt, der keine Trägerfunktion zukommt. Dass diese Rückseite parallel und damit eben ausgestaltet sein müsste, lässt sich dem weiter gefassten Begriff des Gegenüberliegens nicht entnehmen.
Anders als der Platzierungsfläche kommt der unteren Oberfläche damit keine unmittelbare technische Funktion zu. Die untere Oberfläche findet in Merkmal 1.1.2 nur deshalb Erwähnung, damit diese in den Merkmalen 1.3.2.2 und 1.3.2.3 zur Beschreibung der Lage des Blattlichts bzw. der Fluoreszenz im Verhältnis zum Probenplatzierungsteil herangezogen werden kann. So heißt es in Merkmal 1.3.2.2, dass das Blattlicht von der unteren Oberfläche her in das Probenplatzierungsteil eintrete. In Merkmal 1.3.2.3 heißt es ferner, dass die Fluoreszenz durch das Probenplatzierungsteil zur unteren Oberfläche hin hindurchtrete. Damit stellt sich die untere Oberfläche allein als begriffliches Vehikel dar, um den Ein- und Austritt des Blattlichts bzw. der Fluoreszenz genau darstellen zu können. Schließlich ist gerade die Richtung des Lichteintritts und des Fluoreszenzaustritts wesentlich für die erfindungsgemäße Lehre.
Demgegenüber kommt es für diese Lehre nicht darauf an, dass die Platzierungsoberfläche und die untere Oberfläche eben ausgestaltet sind. Eine solche Ausgestaltung ist weder notwendig, um eine Probe „auf“ der Platzierungsoberfläche „platzieren“ zu können, noch um die untere, gegenüberliegende Oberfläche bestimmen zu können. - b)
Dieser Auslegung steht auch die Beschreibung nicht entgegen. Zunächst bestätigt die Beschreibung die vorgenommene funktionale Auslegung. So heißt es beispielsweise in Absatz [0013]:
„[…] Da die obige Anordnung es ermöglicht, die Beobachtungslinse so anzuordnen, dass sie einer Probe in Bezug auf das Probenplatzierungsteil gegenüberliegt, ist die Größe einer auf dem Probenplatzierungsteil platzierten Probe nicht auf eine Größe innerhalb des Bereichs des Arbeitsabstandes der Beobachtungslinse beschränkt.“ - Der erfindungsgemäße Vorteil, dass die Probe nicht auf eine bestimmte Größe beschränkt ist, liegt demnach gerade in der Anordnung der Beobachtungslinse in Bezug zum Probenplatzierungsteil.
Absatz [0014] besagt ferner:
„[…] Im Gegensatz dazu ermöglicht das Mikroskop der vorliegenden Erfindung, dadurch, dass das gesamte Licht von der unteren Oberfläche des Probenplatzierungsteils aus in die Beobachtungsebene eintreten kann, eine erfolgreiche Regulierung der Dicke des Blattlichts bzw. Lichtblatts auch dann, wenn eine Probe in der Nähe des Probenplatzierungsteils beobachtet werden soll.“ - Der hier genannte erfindungsgemäße Vorteil, dass eine Probe in der Nähe des Probenplatzierungsteils beobachtet werden kann, ohne dass die Qualität der Blattbeleuchtung vermindert wird, siehe Absatz [0010], liegt wiederum in der Lage des Lichts in Bezug zu dem Probenplatzierungsteil begründet. Dieser Vorteil wird durch den in den Merkmalen 1.3.2.1 und 1.3.2.2 beschriebenen Lichteintritt von der unteren Oberfläche her und dem Austreten der Fluoreszenz zur unteren Oberfläche hin erreicht.
Sofern die Beschreibung in Absatz [0030] erläutert, dass es mit einer Ausführungsform der Erfindung unter anderem möglich sei, „eine Probe auf einem transparenten planaren Substrat (Probenplatzierungsteil) ähnlich einem normalen biologischen Mikroskop zu beobachten“, wird damit keine verbindliche Definition für den Begriff des Probenplatzierungsteils aufgestellt. Absatz [0030] beschreibt hinsichtlich der verschiedenen erfindungsgemäßen Vorteile, dass auch relativ große biologische Proben beobachtet werden können. Der in Klammern gesetzte Zusatz „Probenplatzierungsteil“ hat dabei nur eine klarstellende Funktion, indem er verdeutlicht, dass es sich bei dem transparenten planaren Substat um ein eben solches Probenplatzierungsteil handelt. Die Absicht, andere als transparente planare Substrate aus dem Begriff des Probenplatzierungsteils auszunehmen, lässt sich dem nicht entnehmen. Das macht auch ein Vergleich mit Absatz [0034] deutlich, der ein mögliches Ausführungsbeispiel beschreibt:
„[…] Das Probenplatzierungsteil 10 besteht ganz oder teilweise aus einem lichtdurchlässigen Material. Das Probenplatzierungsteil 10 kann ein einzelnes Deckglas oder eine Unterseite einer Kulturschale (einschließlich einer Multiwellplatte und eines mikrofluidischen Geräts) oder ein Teil der Unterseite sein. […]“ - Die Beschreibung macht damit deutlich, dass das Probenplatzierungsteil gerade nicht transparent sein muss, sondern auch ein teilweise lichtdurchlässiges Material ausreicht. Indem es weiter heißt, dass das Probenplatzierungsteil neben einem Deckglas auch eine Unterseite einer Kulturschale oder ein Teil einer Unterseite sein „kann“, wird damit eine nicht abschließende Aufzählung vorgenommen, durch die ein Probenplatzierungsteil mit einer nicht-ebenen Platzierungsoberfläche nicht ausgeschlossen wird.
Sofern es in Absatz [0081] heißt, dass das Probenplatzierungsteil „in geeigneter Weise jedes planare Substrat“ sein könne, „das dünn und transparent ist und einen Brechungsindex (1,28 bis 1,38) aufweist, der äquivalent zu dem von Wasser ist“, ist auch diese Begriffsbestimmung nicht geeignet, das Probenplatzierungsteil auf ein solches Substrat zu beschränken. Denn nicht nur das Attribut „planar“ hat keinen Eingang in den Wortlaut des Klagegebrauchsmusters gefunden, sondern ebenso wenig der Umstand, dass das Probenplatzierungsteil „dünn“ sein und einen bestimmten Brechungsindex aufweisen muss. Es würde eine unzulässige Einschränkung der erfindungsgemäßen Lehre bedeuten, wenn all diese Eigenschaften in den Wortlaut des Klagegebrauchsmusters gelesen werden würden. Insofern sind auch die in den Figuren 1-3, 6-9, 11, 13 und 18 gezeigten Ausführungsbeispiele nicht geeignet, den Wortlaut des Klagegebrauchsmusters einzuschränken.
Sofern die Parteien darüber streiten, ob die Nennung einer Multiwellplatte als Beispiel für ein Probenplatzierungsteil in Absatz [0034] sowie in Unteranspruch 5 darauf hindeutet, dass dieses nicht zwingend planar ausgestaltet sein muss, bedarf dieser Streit keiner Entscheidung. Denn dieser Umstand vermag an der hier vorgenommenen Auslegung nichts zu ändern.
Unabhängig davon zeigt der Verweis auf eine Multiwellplatte jedenfalls, dass diese generell geeignet ist, die erfindungsgemäße Lehre zu verwirklichen, auch wenn damit nicht alle durch das Klagegebrauchsmuster beschriebenen Vorteile erreicht werden können. So wird einer dieser Vorteile in Absatz [0031] dahingehend beschrieben, dass die Beobachtung mittels eines transparenten planaren Substrats beispielsweise die Beobachtung einer relativ großen biologischen Probe – wie zum Beispiel einer einzelnen Maus – ermögliche. Das ist bei der Verwendung einer Multiwellplatte, die nur die Beobachtung kleiner Proben erlaubt, aber gerade nicht der Fall. Insofern stellt auch der von der Beklagten angeführte weitere Nachteil, dass das Blattlicht bei einer gekrümmten Oberfläche in die Nähe des Deckglases geraten könne, was zu einer unerwünschten Brechung führen würde, keinen Grund dar, diese Oberfläche per se von dem Gegenstand der erfindungsgemäßen Lehre auszunehmen. - c)
Sofern die Beklagten auf das Erteilungsverfahren zu dem Patent EP 2 801 XXX verweisen, das die Rechtsvorgängerin der Beklagten betraf, ist eine darin vorgenommene Unterscheidung zwischen einem Probenhalter mit einer Wölbung und einem klassischen Probenhalter mit einer ebenen Fläche durch das Europäische Patentamt für die hier vorgenommene Auslegung nicht maßgeblich. Auch wenn in jenem Verfahren ein technisch-funktionaler Unterschied zwischen diesen möglichen Ausgestaltungen eines Probenhalters festgestellt wurde, heißt das nicht, dass diese Unterscheidung auch bei dem hier auszulegenden Klagegebrauchsmuster entscheidend ist. - 2.
Die Merkmalsgruppe 3 sieht eine optische Einheit vor, die nach Merkmal 1.3.2 dem Erzeugen von Blattlicht dient, welches sich nach Merkmal 1.3.2.1 in einer Richtung parallel zu einer Beobachtungsebene der Beobachtungslinse ausbreitet.
Der Begriff des Blattlichts wird in den Klagegebrauchsmusteransprüchen selbst nicht näher erläutert, jedoch deutet der Begriff selbst darauf hin, dass es sich nicht um punktuelles, sondern um ein sich in einer Ebene ausbreitendes Licht handelt.
Dahingehend erläutert auch die Beschreibung den Begriff des Blattlichts. Absatz [0005] beschreibt die Lichtblattmikroskopie dahingehend, dass dabei eine Probe mit einem dünnschichtigen Blattlicht bestrahlt und dann die abgestrahlte Fluoreszenz mit einer Objektivlinse gesammelt werde. In diesem Absatz wird zudem die Dicke des Blattlichts als eine wesentliche Eigenschaft beschrieben, denn durch eine Reduzierung derselben könne der Hintergrund reduziert werden. Nach Absatz [0006] erschließt sich durch Verwendung eines Blattlichts und das Sammeln der Fluoreszenz die Möglichkeit, ein dreidimensionales Bild der Probe zu erzeugen. In Absatz [0023] und [0025] heißt es, dass die Beobachtungsebene parallel zur Ausbreitungsrichtung des Blattlichts verlaufe. Der Bezug zur Ebene deutet ebenfalls darauf hin, dass es sich beim Blattlicht um ein in einer Ebene ausbreitendes Licht handelt.
Technisch-funktional ist demnach entscheidend, dass es sich um Licht handelt, dass sich bei der Beobachtung als Ebene darstellt. Denn dadurch werden die erfindungsgemäßen Vorteile erreicht, die darin liegen, dass eine Beobachtungsebene entsteht, während der Hintergrund der Probe, ebenso wie lichtinduzierter Stress der zu beobachtenden Zellen, reduziert wird. Die Art und Weise der Erzeugung des Blattlichts im Einzelnen ist dabei irrelevant.
Die Beschreibung erläutert zwar sehr detailreich, wie ein Blattlicht erzeugt werden kann. So heißt es in Absatz [0024], dass eine optische Einheit eine oder mehrere Einheiten zur Erzeugung des Blattlichts aufweise. Sodann widmen sich die Absätze [0041] bis [0049] der näheren Beschreibung der optischen Einheit, die anhand der Figur 3 erläutert wird. Danach gibt es einerseits Laserlichtquellen mit den Bezugsziffern 211 bis 215 und andererseits den IR-Laserlichtquellenabschnitt mit der Bezugsziffer 23. Die Laserlichtquellen emittieren Laserstrahlen, die zunächst über einen Verschluss 220 und einen Spiegel 221 zu einem zusammengesetzten Laserstrahl gebündelt werden und über eine Linse 224 fokussiert werden. Sodann wird das Licht vom Spiegel 226 reflektiert und von der Linse 227 in paralleles Licht mit einer Breite umgewandelt. Ähnlich verhält es sich mit dem IR-Laserlichtquellenabschnitt, dessen Licht letztlich vom Spiegel 243 reflektiert und von der Linse 244 in paralleles Licht mit einer Breite umgewandelt wird.
Dieser Detailreichtum lässt jedoch erkennen, dass sich der in den Klagegebrauchsmusteransprüchen genannte Begriff des Blattlichts nicht auf diese enge Beschreibung beschränkt. So lässt auch Absatz [0107], der eine konventionelle Lichtblattmikroskopie nennt, erkennen, dass es daneben weitere, nicht konventionelle Arten der Lichtblattmikroskopie gibt und der Anspruch des Klagegebrauchsmusters sich nicht auf eine bestimmte Art der Lichtblattmikroskopie beschränkt. Vielmehr handelt es sich immer dann um ein anspruchsgemäßes Blattlicht, wenn es die anspruchsgemäßen technischen Funktionen erfüllt. Wie diese im Einzelnen erreicht werden, ist dabei irrelevant.
Außerdem zeigt die Beschreibung des Klagegebrauchsmusters selbst Anhaltspunkte dafür auf, dass sich der Begriff des Blattlichts nicht auf das klassische Blattlicht beschränkt. Denn in Absatz [0007] wird unter anderem Bezug genommen auf die aus dem Stand der Technik bekannte US-Patentanmeldung Nr. US 2011/XXX. Diese wiederum nennt neben den statischen auch die gescannten Lichtblattarten, wie Absatz [0017] der US 2011/XXX mit dem Verweis auf einen „Bessel-like beam“ zeigt.
Vor diesem Hintergrund setzt der Begriff des im Klagegebrauchsmuster verwendeten Blattlichts nicht zwingend das klassische Blattlicht voraus, sondern lässt auch das Scannen eines Punktstrahls zu, das sich bei der Beobachtung von einem klassischen Blattlicht nicht unterscheidet. - IV.
Der Schutzanspruch 2 bedarf hinsichtlich der Merkmalsgruppe 1, des Merkmals 2.2.2 und der Merkmale 2.3.1 und 2.3.1.1 der Auslegung. - 1.
In Bezug auf die Auslegung der Merkmale 2.3.1 und 2.3.1.1, die den Merkmalen 1.3.2 und 1.3.2.1 entsprechen, wird auf die obigen Ausführungen (siehe oben, Ziff. 2) verwiesen. - 2.
In Bezug auf die Merkmalsgruppe 1 und das Merkmal 2.2.2 des Schutzanspruchs 2 ergibt sich eine abweichende Auslegung. Denn das Merkmal 2.2.2 setzt voraus, dass die Beobachtungslinse des erfindungsgemäßen Mikroskops eine Immersionslinse ist und eine optische Achse entlang einer Richtung (Z‘) aufweist, die gegenüber der Lotrechten (Z) geneigt ist. - a)
Die Lotrechte ist im Sinne des allgemeinen Sprachgebrauchs als Senkrechte zu verstehen und kann insofern nicht mit der Lotrichtung – also immer gleichbleibend Richtung Erdboden – gleichgesetzt werden. Wäre mit der Lotrechten nur die Lotrichtung gemeint, würde sich schon der technische Mehrwert des Merkmals nicht erschließen.
Die Lotrechte als Senkrechte ist relativ zu sehen und muss – im Gegensatz zur immer gleichbleibenden Lotrichtung – immer in Bezug zu einer Oberfläche gesetzt werden. Zwar sieht der Wortlaut des Anspruchs 2 nicht ausdrücklich vor, in Bezug auf welche Oberfläche die Lotrechte zu bestimmen ist. Aus dem Zusammenhang ergibt sich jedoch, dass es sich dabei um die Platzierungsoberfläche bzw. die untere Oberfläche handeln muss. Die ansonsten in Betracht kommende Beobachtungsebene kann damit nicht gemeint sein, weil nach Merkmal 2.2.2 gerade die optische Achse der Beobachtungslinse gegenüber der Lotrechten geneigt sein soll und es auf einen Zirkelschluss hinausliefe, wenn mit der Lotrechten gerade diese optische Achse gemeint wäre.
Die Funktion einer gegenüber der auf die Platzierungsoberfläche bezogenen Lotrechten geneigten optischen Achse besteht darin, dass das gesamte Blattlicht ohne störende Effekte in die Beobachtungsebene eintreten kann und eine erfolgreiche Regulierung der Dicke des Blattlichts auch dann möglich ist, wenn eine Probe in der Nähe des Probenplatzierungsteils beobachtet werden soll (Abs. [0014]). Weil das Blattlicht gemäß Merkmal 2.3.2.1 parallel zur Beobachtungsebene der Beobachtungslinse verläuft, die dazu senkrechte optische Achse aber in Bezug zur Lotrechten der Platzierungsoberfläche geneigt ist, kann das Blattlicht vollständig von der unteren Oberfläche in das Probenplatzierungsteil ein- und hindurchtreten, wie es im Merkmal 2.3.2.2 zum Ausdruck kommt. Damit wird der im Klagegebrauchsmuster beschriebene nachteilige Verlauf des Blattlichts parallel zum Deckglas vermieden, der mit einer Orientierung der optischen Achse lotrecht zur Platzierungsoberfläche des Deckglases einhergeht (vgl. Abs. [0009] f. und [0014]).
Aus dieser Funktion ergibt sich nicht nur, dass die im Merkmal 2.2.2 genannte Lotrechte auf die Platzierungsoberfläche bzw. die untere Oberfläche bezogen ist, sondern auch, dass das Probenplatzierungsteil eine planare Platzierungsoberfläche und untere Oberfläche aufweist. Wäre das nicht der Fall und wären die jeweiligen Oberflächen uneben, könnte die Lotrechte nicht eindeutig bestimmt werden, sondern hinge immer davon ab, an welcher Stelle die Probe und dementsprechend die optische Einheit und die Beobachtungslinse platziert wären. Nur bei einer planaren Fläche kann die Lotrechte einheitlich bestimmt werden und bleibt unabhängig davon bestehen, ob sich die relative Positionsbeziehung zwischen der Beobachtungslinse und der Probe verändert, wie dies unter anderem die in den Absätzen [0015], [0016] und [0027] beschriebenen Ausführungsbeispiele vorsehen. - b)
Diese Auslegung der Lotrechten in Form einer in Bezug zum Probenplatzierungsteil zu setzenden Senkrechten bestätigt auch die Beschreibung des Klagegebrauchsmusters. So heißt es in Absatz [0034]:
„Weiterhin weist die Beobachtungslinse 31 eine optische Achse in einer Richtung (d.h., der Z‘-Richtung in Fig. 1) auf, die in Bezug auf die Richtung senkrecht zur Platzierungsoberfläche 11 (d.h., die Z-Richtung (Lotrechte Z) in Fig. 1) geneigt ist.“
Damit wird die Lotrechte (Z) als die Senkrechte in Bezug zur Platzierungsoberfläche definiert. Eine Bestätigung dieser Auslegung findet sich auch in weiteren Stellen der Beschreibung. In Absatz [0019] heißt es, dass die untere Oberfläche nicht senkrecht zur optischen Achse der Beobachtungslinse sei und auch in Absatz [0021] und [0027] wird beschrieben, dass die Beobachtungslinse eine optische Achse aufweise, die nicht orthogonal zur Platzierungsoberfläche sei. - Sofern die erfindungsgemäße Lehre nach Anspruch 2 des Klagegebrauchsmusters anders als nach Anspruch 1 ein planar ausgestaltetes Probenplatzierungsteil vorsieht, stellt dies keine uneinheitliche Auslegung des Begriffs des Probenplatzierungsteils dar. Dieser Begriff wird im Rahmen beider Ansprüche einheitlich ausgelegt und kann grundsätzlich alle Formen annehmen, sofern diese eine ausreichende Tragfläche für die Probe bietet. Jedoch nimmt Anspruch 2 eine Einschränkung in Merkmal 2.2.2 vor, die dazu führt, dass aus der Masse der als Probenplatzierungsteil in Frage kommenden Vorrichtungen nur noch solche Gegenstand der erfindungsgemäßen Lehre sein können, die eine planare Oberfläche aufweisen. Es handelt sich damit um eine bloße Einschränkung, wie sie typischerweise durch Unteransprüche statuiert wird. Anders als bei dem Vorliegen klassischer Haupt- und Unteransprüche handelt es sich bei den Ansprüchen 1 und 2 des Klagegebrauchsmusters zwar um nebengeordnete Ansprüche, dies ändert jedoch nichts an dem Umstand, dass Anspruch 2 im Gegensatz zu Anspruch 1 ein zusätzliches Merkmal aufführt, dass, ebenso wie ein Unteranspruch, ein in Anspruch 1 genanntes Merkmal – die Platzierungsoberfläche – einschränkt. Durch dieses zusätzliche Merkmal wird die Lehre des Schutzanspruchs auf eine bestimmte Funktionsweise beschränkt; störende Lichteffekte, die durch ein in das Probenplatzierungsteil einfallendes Lichtblatt auftreten, werden durch die Neigung der optischen Achse gegenüber der Lotrechten des Probenplatzierungsteils vermieden, was konsequenterweise eine planare Platzierungsoberfläche voraussetzt. Der Schutzanspruch 1 lässt hingegen offen, wie störenden Lichteffekten begegnet werden soll, und erfordert lediglich, dass das Blattlicht von der unteren Oberfläche her durch das Probenplatzierungsteil und umgekehrt die Fluoreszenz wieder zur unteren Oberfläche durch das Probenplatzierungsteil hindurchtritt. Dies ist auch dann möglich, wenn das Probenplatzierungsteil gekrümmte Oberflächen aufweist.
Diese Auslegung steht auch nicht im Widerspruch zu der Entscheidung „Zungenbett“ des Bundesgerichtshofes (Urt. v. 05.10.2016 – X ZR 21/15), wonach gleiche Begriffe im Zusammenhang eines Patentanspruchs im Zweifel auch die gleiche Bedeutung haben. Im Streitfall kommt es aufgrund der unterschiedlichen Merkmale lediglich zu einer einschränkenden Auslegung des einen Schutzanspruchs gegenüber dem anderen Schutzanspruch. - V.
Das Klagegebrauchsmuster ist schutzfähig.
Das Verletzungsgericht hat die Schutzfähigkeit eines geltend gemachten Gebrauchsmusters in eigener Kompetenz zu prüfen. Ist jedoch ein Löschungsverfahren anhängig und hängt die Entscheidung des Verletzungsrechtsstreits von dem Bestehen des Gebrauchsmusterschutzes ab, so kann das Gericht gemäß § 19 S. 1 GebrMG anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Löschungsverfahrens auszusetzen ist. Es hat die Aussetzung anzuordnen, wenn es die Gebrauchsmustereintragung für unwirksam hält, § 19 S. 2 GebrMG.
Im Streitfall ist die Kammer von der Schutzfähigkeit des Klagegebrauchsmusters überzeugt.
Denn die Lehre des Klagegebrauchsmusters beruht nicht auf einer unzulässigen Erweiterung gegenüber dem ursprünglich Stammpatent (siehe unten, Ziff. 1) und erscheint sowohl gegenüber der WO 2007 XXX A2 als auf einem erfinderischen Schritt beruhend (siehe unten, Ziff. 2), als auch gegenüber der DE 10 2008 018 XXX A1 (siehe unten, Ziff. 3), der US 2011/XXX (siehe unten, Ziff. 4) und der US XXX B2 (siehe unten, Ziff. 5). - 1.
Die Kammer hält den – von der Beklagten erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 3. Dezember 2020 vorgebrachten – Einwand, dass das Klagegebrauchsmuster auf einer unzulässigen Erweiterung beruhe, für nicht durchgreifend.
Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung eine Anlage bestehend aus einem Schriftsatz an das Deutsche Patent- und Markenamt überreicht, in welchem sie ausführt, dass das Klagegebrauchsmuster in Anspruch 1 und 2 ganz allgemein eine Fluidhaltevorrichtung zum Halten von Flüssigkeit zwischen der Beobachtungslinse und dem Probenplatzierungsteil vorsehe, während der Stammanmeldung eine derartige Fluidhaltevorrichtung in dieser Allgemeinheit nicht zu entnehmen sei, sondern nur in Kombination mit den in Unteranspruch 3 der Stammanmeldung genannten Merkmalen. Dem vermag die Kammer nicht zu folgen.
Zwar sieht die Anmeldung zum Stammpatent in Unteranspruch 3 eine ganz spezifische Ausgestaltung einer Fluidhaltevorrichtung vor. Die entsprechende Beschreibung zeigt dem Fachmann jedoch, dass die Verwendung einer Fluidhaltevorrichtung bereits in allgemeiner Form vorteilhaft ist. So gibt zwar auch Absatz [0019] der Beschreibung des Stammpatents zunächst die spezifische Ausgestaltung einer Fluidhaltevorrichtung wieder, wie sie aus Unteranspruch 3 der Anmeldung des Stammpatents bekannt ist. Jedoch nimmt der darauf folgende Absatz [0020] allgemein Bezug auf einen mit einer Flüssigkeit gefüllten Fluidhalteabschnitt, ohne explizit die weiteren Merkmale aufzuführen oder darauf Bezug zu nehmen, und zeigt damit das allgemeine Anwendungsfeld für Fluidhaltevorrichtungen auf.
Sodann beschreibt Absatz [0021] der Stammpatentanmeldung einen möglichen Nachteil bei der Verwendung einer Immersionslinse. Dieser liege darin, dass es auf Grund der erfindungsgemäßen Anordnung der unteren Oberfläche des Probenplatzierungsteils, die nicht senkrecht zur optischen Achse der Beobachtungslinse verlaufen dürfe, möglicherweise nicht einfach sei, die Flüssigkeit zwischen der unteren Oberfläche und der Linse zu halten, ohne die Flüssigkeit zu bewegen. Der beschriebene Nachteil bezieht sich allein auf den Fall, dass sich die relative Positionsbeziehung zwischen der Beobachtungslinse und dem Probenplatzierungsteil ändert und damit nur einen speziellen Anwendungsfall, der keinen Eingang in Anspruch 1 der Stammpatentanmeldung gefunden hat. Daraus zieht der Fachmann den Rückschluss, dass es im Allgemeinen nicht der speziellen Ausgestaltung der Fluidhaltevorrichtung bedarf, wie sie im Unteranspruch 3 der Stammpatentanmeldung ihren Niederschlag gefunden hat.
Dass sich die Beschreibung der Stammpatentanmeldung nicht auf eine spezielle Form der Fluidhaltevorrichtung beschränkt, sondern dem Fachmann allgemein die Verwendung einer solchen vermittelt, zeigt auch Absatz [0079] der Stammpatentanmeldung. Darin heißt es, dass die Fluidhaltevorrichtung nicht nur als Teil des Mikroskops ausgestaltet sein kann, sondern alternativ separat zur Verwendung in einem konventionell bekannten Mikroskop. Die darin zum Ausdruck kommende Möglichkeit der Verbindung der Fluidhaltevorrichtung mit einem konventionellen Mikroskop zeigt dem Fachmann auf, dass von der konkreten Ausgestaltung, die auch in den Figuren 9 und 10 zum Ausdruck kommt, nicht zwingend Gebrauch gemacht werden muss. Denn die darin zu sehende abgeschrägte Fluidhaltevorrichtung lässt sich mit einem traditionellen Konfokalmikroskop nicht kombinieren. Fehlt es aber gerade an der abgeschrägten Ausgestaltung, erkennt der Fachmann, dass es auch im Übrigen der weiteren speziellen Merkmale nicht zwingend bedarf, zu denen beispielsweise das Transmissionsfenster gehört. - 2.
Die WO 2007 XXX A2 (im Folgenden: WO `437) offenbart ein Mikroskop mit einer an eine optische Anordnung gekoppelten Beleuchtungsquelle.
Die WO `437 offenbart jedoch weder die Merkmale 1.2.1, 1.3.2.2, 1.3.2.3, noch Merkmal 1.4.
Zunächst wird die in der Merkmalsgruppe 1.3 zum Ausdruck kommende Anordnung von optischer Einheit und Beobachtungslinse unter dem Probenplatzierungsteil nicht offenbart. Die Mikroskopbaugruppe kann durch einen Rotationspositionierer in eine oder mehrere ausgewählte Richtungen gedreht werden, siehe Absatz [0039] der WO `437. In Absatz [0030] heißt es, dass der Drehwinkel θ – entsprechend der in den Figuren gezeigten Ausführungsform – bei 45 Grad liege, aber auch darüber oder darunter liegen könne. In einer anderen Ausführungsform liege der Winkel zwischen 30 Grad und 60 Grad. Zwar ist der in der WO `437 genannte Drehwinkel θ damit nicht begrenzt, sondern kann auch bei über 60 Grad liegen. Jedoch ist ein darüber hinausgehender Winkel nicht eindeutig und unmittelbar offenbart. Dies gilt insbesondere für einen Winkel von 180 Grad, der notwendig wäre, um eine Anordnung der Beobachtungslinse und der optischen Einheit unter dem Probenhalter zu erreichen. So hat auch der Prüfer im Rahmen der „European Search Opinion“ festgestellt, dass der Unterschied zwischen der WO `437 und der dortigen Patentanmeldung, von der das Klagegebrauchsmuster abgezweigt wurde, darin liege, dass die WO `437 keine Beobachtungslinse und optische Einheit offenbare, die eine Beleuchtung und die Aufnahme von Licht durch den Boden des Probenhalters offenbare (siehe Anlage HL 3a, Rn 7). Der Prüfer führt zwar ferner aus, dass „Oberseite“ und „Unterseite“ in diesem Kontext nur relative Positionen seien und dass ein Probenhalter auch ein Deckglas umfassen könne, dessen Oberseite unter die Definition der „Unterseite“ des Probenplatzierungsteils fallen würde. Dieser Auffassung kann jedoch nicht ohne Weiteres gefolgt werden. Denn das vorliegende Klagegebrauchsmuster soll gerade eine Beobachtung auch größerer Proben und einer Kulturlösung ermöglichen, was bei der Benutzung eines Deckglases nicht möglich wäre.
Darüber hinaus werden auch die Merkmale 1.2.1 und 1.4 von der WO `437 nicht offenbart und auch nicht durch den Stand der Technik nahegelegt. Merkmal 1.2.1 sieht vor, dass es sich bei der Beobachtungslinse um eine Immersionslinse handelt und Merkmal 1.4 beschreibt die dazu notwendige Fluidhaltevorrichtung. Diese Merkmale ergeben sich nicht aus der WO `437 und es ist nicht erkennbar, aus welchen Gründen ein Fachmann, der das in der WO `437 offenbarte Mikroskop weiterentwickeln wollte, eine Immersionslinse verwenden sollte. Dies gilt auch, wenn man davon ausgeht, dass die Verwendung einer Immersionslinse an sich aus dem Stand der Technik wohl bekannt war. Schließlich zeichnet sich das in der WO `437 offenbarte Mikroskop gerade durch seine Beweglichkeit aus und es ist nicht ersichtlich, wie die Verwendbarkeit einer Immersionslinse mit der Schwenkbarkeit der Optik und der Rotierbarkeit des Probenträgers zu vereinbaren wäre.
Ausgehend von der WO `437 hätte der Fachmann mehrere Zwischenschritte beschreiten müssen, um zu der Lehre des Klagegebrauchsmusters zu gelangen. Er hätte zum einen erkennen müssen, dass der Drehwinkel des in der WO `437 offenbarten Mikroskops bei 180 Grad und damit weit über den angegebenen 60 Grad liegen kann, um zu einer Anordnung der Beobachtungslinse und der optischen Einheit unter dem Probenhalter zu gelangen. Dann hätte er diese – anders als von der WO `437 gelehrt – feststehend ausbilden müssen und auf dieser Grundlage eine Immersionslinse und eine Fluidhaltevorrichtung verwenden müssen. Dazu bedurfte es mehrerer, nicht nahe gelegter Schritte. Dies ergibt sich im Übrigen auch aus der „Search Opinion“, in der der Prüfer festhielt, dass der Unteranspruch 3 – der neben der Verwendung einer Immersionslinse auch eine Fluidhaltevorrichtung in einer speziellen Ausgestaltung vorsah – nicht nur neu, sondern auch erfinderisch sei (siehe Anlage HL 3 a, Rn. 15). Dem schloss sich auch das Europäische Patentamt in seinem Prüfungsbericht vom 25. März 2019 (Anlage HL 3b, Rn. 5.2) an.
Die Search Opinion nimmt zwar Bezug auf den Unteranspruch 3 und damit neben der Verwendung einer Immersionslinse auch auf eine speziell ausgestaltete Fluidhaltevorrichtung. Jedoch kommt es für die Erfindungshöhe nicht auf die Fluidhaltevorrichtung und deren Ausgestaltung an, sondern auf die Verwendung von Flüssigkeit zwischen Beobachtungslinse und Probenhalter an sich.
Ungeachtet dessen kann das Abstellen auf den Unteranspruch 3 auch dem Umstand geschuldet sein, dass es sich dabei um den ersten Unteranspruch handelt, der sich überhaupt zur Immersionslinse und zur Fluidhaltevorrichtung äußert und dieser daher der Einfachheit halber vorgeschlagen wurde. Eine damit einhergehende Wertung, dass die Erfindung ausschließlich mit all den in Unteranspruch 3 genannten Merkmalen erfinderisch ist, lässt sich dem nicht entnehmen. - 3.
Der Gegenstand des Klagegebrauchsmusters beruht auch gegenüber der Entgegenhaltung DE 10 2008 018 XXX A1 (Anlage HLLA 2; im Folgenden: DE `XXX) auf einem erfinderischen Schritt.
Die DE `XXX offenbart nicht eindeutig und unmittelbar das in Merkmalsgruppe 1.1 beschriebene Probenplatzierungsteil. Zwar wird in Absatz [0025] der DE `XXX eine „Vorrichtung […] zur Positionierung des Untersuchungsobjekts“ beschrieben, aber daraus lassen sich nicht die in Merkmalsgruppe 1 beschriebenen Eigenschaften herleiten.
Außerdem offenbart die DE `XXX auch nicht das Merkmal 1.2.1, das die Verwendung einer Immersionslinse als Beobachtungslinse voraussetzt. Sofern die DE `XXX in Absatz [0006] auf die SPIM-Technik verweist, geschieht dies allein in Zusammenhang mit der Beschreibung des Stands der Technik. Auch in Absatz [0010] heißt es zwar, dass der Aufbau der Mikroskopie-Vorrichtung „im Wesentlichen der SPIM-Technik“ entspreche, aber damit ist nicht eindeutig und unmittelbar offenbart, eine Immersionslinse zu verwenden. Gleiches gilt für den Verweis auf die US 2011 XXX A1 (Anlage HLLA 2, im Folgenden: US `414) und den darin enthaltenen Absatz [0023], der nur einen allgemeinen Hinweis auf den Stand der Technik gibt. Auch der Verweis der US `414 auf eine Publikation von Stelzer et al., die einen Aufbau eines Mikroskops mit einem Immersionsmedium zeigt, erfüllt nicht die Anforderungen an eine eindeutige und unmittelbare Offenbarung. Vielmehr muss der Fachmann dazu ausgehend von der DE `XXX zunächst das weitere Dokument US `414 derselben Patentfamilie heranziehen und dann auf dieser Grundlage erst den Aufsatz von Stelzer et al.
Hinzu kommt, dass die DE `XXX auch die Anordnung von optischer Einheit und Beobachtungslinse unter dem Probenhalter nach den Merkmalen 1.3.2.2 und 1.3.2.3 nicht offenbart. Der Verweis in Absatz [0025], dass das Untersuchungsobjekt durch eine Relativbewegung entlang der Achse des Detektionsstrahlengangs und/oder relativ zu dem Beleuchtungsstrahlengang positioniert werden kann, offenbart die erfindungsgemäße Anordnung nicht eindeutig und unmittelbar. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass sich das in Figur 1 der DE `XXX gezeigte Mikroskop als frei im Raum schwebend darstellt.
Ungeachtet dessen sind keine Anhaltspunkte erkennbar, die einen Anlass für den Fachmann darstellen würden, die Verwendung einer Immersionslinse mit einer bestimmten Anordnung dieser Linse und der optischen Einheit – und zwar unter dem Probenhalter – zu kombinieren. Insofern wird auch auf die Ausführungen des Europäischen Patentamts Bezug genommen, siehe oben Ziff. 1. - 4.
Auch gegenüber der Entgegenhaltung US 2011/XXX (Anlage HLLA 4; im Folgenden: US `895) beruht der Gegenstand des Klagegebrauchsmusters auf einem erfinderischen Schritt.
Wie im Hinblick auf die bereits erörterten Entgegenhaltungen, offenbart auch die US `895 die in Merkmal 1.3.2.2 zum Ausdruck kommende Anordnung der optischen Einheit und der Beobachtungslinse unter dem Probenhalter nicht. Es ist nicht erkennbar, aus welchem Grund der Fachmann die aus Figur 5A – 5C ersichtliche Anordnung des Mikroskops in die erfindungsgemäße Anordnung ändern sollte.
Zwar erwähnt die US `895 eine Immersionslinse in Form einer wasserabtauchenden Linse. Jedoch ist nicht erkennbar, welchen Anhaltspunkt der Fachmann gehabt haben sollte, gerade diese Ausführungsform mit der erfindungsgemäßen Anordnung des Mikroskops zu verbinden. Zudem wird auch die in Merkmal 1.4 beschriebene Fluidhaltevorrichtung nicht offenbart. - 5.
Der Gegenstand des Klagegebrauchsmusters beruht auch gegenüber der Entgegenhaltung US XXX B2 (Anlage HLLA 5; im Folgenden: US `600) auf einem erfinderischen Schritt.
Die US `600 offenbart bereits nicht die erfindungsgemäße Anordnung, zu der auch die Platzierung der Beobachtungslinse unter dem Probenhalter gehört. Aus Figur 1 ist vielmehr ersichtlich, dass diese Linse über dem Probenhalter angeordnet wird. Auch ist kein Anlass für den Fachmann erkennbar, eine Immersionslinse zu verwenden. - VI.
Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht zwar alle Merkmale des von der Klägerin geltend gemachten Anspruchs 1 (siehe unten, Ziff. 1), nicht jedoch die des Anspruchs 2 (siehe unten, Ziff. 2). - 1.
Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht insbesondere die Merkmalsgruppe 1 sowie die Merkmale 1.3.2 und 1.3.2.1 von Schutzanspruch 1. - a)
Die angegriffene Ausführungsform weist ein Probenplatzierungsteil im Sinne der Merkmalsgruppe 1 auf.
Der Probenhalter der angegriffenen Ausführungsform besteht aus einem Bauteil, in das eine zugeschnittene Folie gelegt wird. Mit der eingelegten Folie sieht der Probenhalter aus wie folgt:
Die linke Abbildung zeigt den Probenhalter mit eingelegter Folie von oben und die rechte Abbildung von unten. In eingelegtem Zustand ist die Folie als weicher Beutel mit einer ungefähr V-förmigen Geometrie ausgestaltet.
Bei der eingelegten Folie handelt es sich um ein Probenplatzierungsteil mit einer Platzierungsoberfläche und einer unteren Oberfläche. Die Platzierungsoberfläche ist auf der linken Abbildung von oben erkennbar. Es handelt sich dabei um die Trägerfläche für die Probe und damit um eine Oberfläche, auf der eine Probe platziert werden kann. Die untere Oberfläche ist auf der rechten Abbildung erkennbar. Diese liegt der Platzierungsoberfläche gegenüber.
Wie im Rahmen der Auslegung bereits erläutert, sieht das Klagegebrauchsmuster keine darüber hinausgehenden Anforderungen an das Probenplatzierungsteil vor. Insbesondere ist es nicht notwendig, dass die Platzierungsoberfläche und/oder die untere Oberfläche eben ausgestaltet sind. - b)
Die angegriffene Ausführungsform weist zudem ein Blattlicht im Sinne der Merkmale 1.3.2 und 1.3.2.1 auf.
Dies zeigt bereits die Beschreibung der angegriffenen Ausführungsform durch die Beklagte auf ihrer Webseite selbst. Denn in diesem Zusammenhang heißt es „XXX“ (siehe Anlage K 15 a/b). Die Beklagte verwendet also selbst den Begriff des Blattlichts (englisch: „Lightsheet“). Zur Erzeugung des Blattlichts benutzt die angegriffene Ausführungsform nach dem Vortrag der Beklagten eine scannende Methode, in der ein einziger modifizierter Lichtstrahl in Form eines Punktstrahls mit verstellbaren Kippspiegeln (Galvo-Scannern) derart verschoben wird, dass die Probe über die Zeit sequentiell im gewünschten Volumen mit dem Punkt-Lichtstrahl abgerastert wird.
Diese Methode erzeugt ein Blattlicht im Sinne des Klagegebrauchsmusters. Wie im Rahmen der Auslegung klargestellt, muss es sich bei dem im Klagegebrauchsmuster genannten Blattlicht nicht um das klassische, statische Blattlicht handeln, sondern es reicht aus, wenn sich dieses bei der Beobachtung als solches darstellt. Dass dies der Fall ist, verdeutlicht die Beklagte selbst, indem sie einräumt, dass mittels der angegriffenen Ausführungsform ein „X“-Lichtstrahl emuliert werde. Technisch-funktional unterscheidet sich dieser in der Anwendung also nicht von einem klassischen, statischen Blattlicht, so dass der Unterschied auch für die Merkmalsverwirklichung keine Rolle spielt. - 2.
Hinsichtlich der Verletzung des Anspruchs 2 des Klagegebrauchsmusters fehlt es an der Verwirklichung der Merkmalsgruppe 1 und des Merkmals 2.2.2.
Dieses Merkmal sieht vor, dass die Beobachtungslinse eine optische Achse entlang einer Richtung (Z‘) aufweist, die gegenüber der Lotrechten (Z) geneigt ist. Da die Lotrechte in Bezug auf das Probenplatzierungsteil zu sehen ist, geht mit dem Merkmal auch die Anforderung einher, dass das Probenplatzierungsteil planar ausgestaltet ist, da sich die Lotrechte anderenfalls nicht ermitteln ließe (siehe oben, Ziff. IV, 2.).
Das ist bei dem Probenplatzierungsteil der angegriffenen Ausführungsform nicht der Fall. Dieses ist bei der angegriffenen Ausführungsform nicht in dem Probenhalter zu sehen, sondern in der darin eingelegten transparenten Folie, weil diese die Probe trägt. Die Folie nimmt durch das Platzieren der Probe eine Beutelform an und weist damit eine unebene Oberfläche auf. Sie ist nicht planar. Infolgedessen kann auch nicht von einer Neigung der optischen Achse gegenüber der Lotrechten ausgegangen werden. - VII.
Die Beklagten können sich nicht mit Erfolg auf ein privates Vorbenutzungsrecht gemäß § 13 Abs. 3 GebrMG i.V.m. § 12 PatG berufen.
Der Erwerb eines Vorbenutzungsrechts setzt den durch Benutzung bekräftigten Erfindungsbesitz voraus (Benkard PatG/Scharen, 11. Aufl. 2015, PatG § 12 Rn. 11 m.w.N.). Vorliegend lässt sich zwar der Erfindungsbesitz des A jedenfalls hinsichtlich Schutzanspruch 1 feststellen, jedoch weder eine Benutzung gemäß § 12 Abs. 1 S. 1 Var. 1 PatG, noch die erforderlichen Veranstaltungen gemäß § 12 Abs. 1 S. 1 Var. 2 PatG. - 1.
Zum Prioritätszeitpunkt, also dem 5. April 2013, befand sich das A im Erfindungsbesitz jedenfalls hinsichtlich Schutzanspruch 1.
Erfindungsbesitz hat, wer auf Grund eigener Erkenntnis oder die eines für ihn handelnden Gehilfen, weiß, welche Maßnahmen er treffen muss, um zum erfindungsgemäßen Erfolg zu gelangen. Dieses Wissen ist gegeben, wenn die sich aus Aufgabe und Lösung ergebende technische Lehre objektiv fertig und subjektiv erkannt worden ist, dass und wie eine tatsächliche Ausführung möglich ist. Es ist nicht erforderlich, dass der Begünstigte das, was er benutzt, für eine patentfähige Erfindung gehalten, oder die Erfindung als fertig angesehen hat. Das Handeln des sich auf § 12 PatG Berufenden muss aber von einer Erkenntnis getragen sein, die es jederzeit möglich macht, die technische Lehre wiederholbar auszuführen. Das ist der Fall, wenn das Handeln planmäßig auf die Verwirklichung einer technischen Lehre gerichtet ist, die alle Merkmale des erfindungsgemäßen Gegenstandes aufweist (siehe Benkard PatG/Scharen, 11. Aufl. 2015, PatG § 12 Rn. 5 m.w.N.).
Der Erfindungsbesitz des A ergibt sich vollumfänglich aus der Erfindermeldung, die von den Erfindern H, I, J und K gegenüber dem A angezeigt wurde (Anlage HL3, in deutscher Übersetzung HL 3a). Die Erfindermeldung trägt einen Eingangsstempel vom 13. März 2013 und wurde damit also vor dem Prioritätszeitpunkt getätigt.
Unter Punkt 4. der Erfindermeldung findet sich eine detaillierte Beschreibung der Erfindung, aus der sich der Gegenstand des Klagegebrauchsmusters im Einzelnen ergibt. Es handelt sich demnach um ein SPIM Mikroskop (vgl. Merkmale 1., 1.3.2). Dabei werden die Beobachtungslinse und die optische Einheit unter dem Probenhalter angebracht (Merkmale 1.2, 1.3, 1.3.2.2, 1.3.2.3). Aus diesem Umstand ergibt sich auch, dass beide voneinander verschieden sind (Merkmal 1.3.1). Aus der der Erfindermeldung angehängten Figur 1 ergibt sich zudem, dass sich einerseits das erzeugte Blattlicht parallel zur Beobachtungsebene ausbreitet (Merkmal 1.3.2.1). Aus der Beschreibung ergibt sich auch, dass sich die Beobachtungslinse in einem Immersionsmedium befindet (Merkmale 1.2.1, 1.4). Aus dem Umstand, dass die Probe in einem Probenhalter befestigt und dabei auf einer Membran platziert wird, ergibt sich ein Probenplatzierungsteil mit einer Platzierungsoberfläche und einer unteren Oberfläche (Merkmale 1.1, 1.1.1, 1.1.2).
Sofern die Klägerin den Vortrag der Beklagten mit Nichtwissen bestreitet, ist dies zwar im Grundsatz zulässig, jedoch angesichts des substantiierten Vortrags der Beklagten nicht ausreichend. Auch der Einwand der Klägerin, dass die von der A zum Patent angemeldete Erfindung nicht alle Ansprüche des Klagegebrauchsmusters widerspiegeln würde, da beispielsweise die mit Unteranspruch 5 beanspruchte Verwendung einer Multiwellplatte nicht aufgeführt gewesen sei, greift nicht durch. Denn es kommt für den Erfindungsbesitz nicht darauf an, dass das Klagegebrauchsmuster mit sämtlichen Unteransprüchen bereits Gegenstand des Erfindungsbesitzes war. - 2.
Eine Betätigung des Erfindungsbesitzes in Form einer Benutzungshandlung nach § 12 Abs. 1 S. 1 Var. 1 PatG oder einer getroffenen Veranstaltung nach § 12 Abs. 1 S. 1 Var. 2 PatG lässt sich vorliegend jedoch nicht feststellen.
In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass an den Nachweis einer behaupteten Vorbenutzung strenge Anforderungen zu stellen sind, nicht zuletzt deshalb, weil sich der maßgebliche Sachverhalt typischerweise außerhalb der Einsichtssphäre des Patentinhabers abspielt, so dass diesem die Möglichkeit zu einem Gegenbeweis weitgehend versagt ist. Dabei ist die Rechtsprechung bei der Beurteilung rigoros, was nicht nur für die Beweisführung an sich gilt, bei der keinerlei vernünftige Zweifel verbleiben dürfen und jede Unwägbarkeit tendenziell zu Lasten des Verletzungsbeklagten geht, sondern trifft gleichermaßen auf den vorgelagerten Sachvortrag zu, der vom Beklagten zu leisten ist, um eine Beweiserhebung über die von ihm eingewandten Vorbenutzungstatsachen zu veranlassen (Kühnen, Hdb der Patentverletzung, 12. Aufl. 2020, Kap. E., Rn. 561). - a)
Der Erfindungsbesitz muss im Prioritätszeitpunkt betätigt worden sein, was dadurch geschehen kann, dass der Beklagte im Inland Benutzungshandlungen nach Maßgabe der §§ 9, 10 PatG vorgenommen hat (Kühnen, aaO, Rn. 554). Der in § 12 PatG verwendete Begriff der Benutzung ist derselbe wie in § 139 Abs. 2 und 3 sowie § 142 PatG und umfasst die in den §§ 9 und 10 umschriebenen Benutzungsarten (Benkard PatG/Scharen, 11. Aufl. 2015, PatG § 12 Rn. 11). Die Benutzungshandlung muss „die Ernsthaftigkeit einer gewerblichen Nutzungsabsicht in die Tat umsetzen“ (OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.10.2006 – I-2 U 65/05). Daran fehlt es bei der einmaligen Herstellung eines unverkäuflichen Modells oder eines noch zu testenden Prototypen (OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.1.2007 – I-2 U 65/05).
Nach diesen Grundsätzen lässt sich eine Benutzung nicht feststellen. Sofern die Beklagte vorträgt, dass sich die Projektbeteiligten beim A bereits in der zweiten Hälfte des Jahres 2011 und Anfang 2012 dazu entschlossen hätten, die Objektive unter dem Präparat anzuordnen, ist der Vortrag vage gehalten und zeigt insofern schon nicht auf, dass zu diesem Zeitpunkt tatsächlich Erfindungsbesitz hinsichtlich der gesamten erfindungsgemäßen Lehre des Klagegebrauchsmusters bestand. Denn die Beklagte hat weder zu den einzelnen Merkmalen vorgetragen, noch zur Substantiierung ihres Vortrags Dokumente oder Zeichnungen zur Akte gereicht. Insofern greift auch ihr Vortrag, dass es zu diesem Zeitpunkt bereits durch die Herstellung und Benutzung einer funktionierenden Ausführungsform zu einer Benutzungshandlung im Sinne des § 9 PatG gekommen sei, nicht durch. Hinzu kommt, dass es sich bei nur einer einzigen funktionierenden Ausführungsform gerade um einen Prototypen und damit nicht um eine hinreichende Benutzungsform handelt.
Dass auch zum Zeitpunkt der Erfindermeldung lediglich ein solcher Prototyp in Betrieb genommen wurde und kein für den kommerzialisierten Betrieb geeignetes Modell, zeigt auch der Umstand, dass es in der Erfindermeldung heißt, dass noch zahlreiche Änderungen an dem Mikroskop implementiert werden sollen (siehe Anlage HL 3, S. 9, Abschnitt 4.5 – Next Steps). Daran ändert der Umstand nichts, dass dieser Prototyp bereits zum Mikroskopieren von Zellen bzw. Embryonen genutzt wurde. Denn die Beklagte hat nicht vorgetragen, dass der Umfang dieser Benutzungshandlung über ein Testen des Mikroskops im Rahmen des Entwicklungsprozesses hinausging. Dass dieser Prototyp bis zum Prioritätszeitpunkt angeboten oder gar in Verkehr gebracht wurde, behauptet auch die Beklagte nicht. - b)
Die Bekräftigung des Erfindungsbesitzes kann auch durch Veranstaltungen zur alsbaldigen Aufnahme der Benutzung erfolgen. Aber nicht alle Veranstaltungen, die dem Zweck dienen, eine Erfindung künftig einmal in Benutzung nehmen zu können, erfüllen die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 PatG, sondern nur solche, die den Entschluss, die Erfindung gemäß §§ 9, 10 PatG zu benutzen, durch Vorbereitung der Benutzung in die Tat umsetzen. Der sich auf § 12 PatG Berufende muss den festen und endgültigen Entschluss gefasst haben, die Erfindung gewerblich zu nutzen, und er muss Vorkehrungen getroffen haben, welche die alsbaldige Umsetzung dieses Entschlusses in die Tat jedenfalls vorbereiten (Benkard PatG/Scharen, 11. Aufl. 2015, PatG § 12 Rn. 13). Die Benutzung der Erfindung muss also auf Grund der getroffenen Veranstaltungen im Anschluss an den Prioritätstag greifbar zu erwarten gewesen sein. Maßgeblich ist nicht die rein subjektive Willenslage, sondern ob die gesamten Umstände für einen unbefangenen Betrachter erkennen lassen, dass die Benutzungsaufnahme bevorsteht (Kühnen, aaO, Rn. 555).
Vorliegend lässt sich nicht zweifelsfrei feststellen, dass der subjektive Wille des A zum Prioritätszeitpunkt des Klagegebrauchsmusters tatsächlich so weit manifestiert war, dass die gesamten Umstände auf eine bevorstehende Benutzungsaufnahme schließen lassen.
Sofern die Beklagte vorträgt, dass generell alle Forschungstätigkeiten im A das Ziel hätten, die Forschungsergebnisse der breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen und zu diesem Zweck auf die Webseite des A verweist, behandeln die dort dargestellten „Missionen“ des A den Umgang mit Forschungsergebnissen lediglich im Allgemeinen und lassen keinen Rückschluss auf eine bevorstehende, gewerbliche Nutzung der hier in Rede stehenden Erfindung zu. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die A zum Zwecke der Betreuung des geistigen Eigentums eigens einen Technologietransferpartner, die C, hat. Dieser Umstand zeigt vielmehr auf, dass das A selbst gerade keine Vermarktungsabsichten hinsichtlich des erfundenen Mikroskops hatte.
Sofern die Beklagte ferner vorträgt, dass bei der Erfindung des Mikroskops von Anfang an festgestanden habe, dass dieses kommerzialisiert werden sollte, und zu diesem Zweck auch die Patentanmeldung beabsichtigt war, spiegelt dies lediglich die subjektive Willenslage wider. Denn allein das damit verbundene Investment, das nach dem Vortrag der Beklagten nicht ohne kommerzielle Vermarktungsabsicht getätigt worden wäre, lässt nicht auf eine konkret bevorstehende Vermarktung schließen. Dies gilt auch für den Umstand, dass die Erfindermeldung einen Abschnitt zur kommerziellen Anwendbarkeit der Erfindung („Commercial Applicability“) vorsah und dass bereits CAD-Zeichnungen vorhanden waren. Denn diese führen zwar zur Reproduzierbarkeit und bestätigen den Erfindungsbesitz als solchen, lassen aber nicht auf die konkrete Absicht schließen, dass das Mikroskop alsbald auf den Markt gebracht werden sollte.
Die Beklagte konnte auch auf den Hinweis der Kammer im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 3. Dezember 2020 nicht aufzeigen, durch welche Umstände sich der konkrete Entschluss zur Benutzung nach außen erkennbar manifestiert haben soll. Sofern sie daraufhin ausgeführt hat, dass A und C in dauerhaftem, informellem Austausch miteinander gestanden hätten und sich die Vermarktung damit von typischen Industrieunternehmen unterscheide, ist dies nicht hinreichend substantiiert. Denn die Beklagte konnte nicht aufzeigen, zu welchem Zeitpunkt der konkrete Entschluss zur Vermarktung gefasst wurde. Es reicht nicht aus, dass das A immer mit der Absicht forschte und entwickelte, neue Produkte auf den Markt zu bringen.
Im Gegensatz dazu zeigt der Vortrag der Beklagten und die von diesen zur Akte gereichte Kopie einer E-Mail vom 13. Februar 2014 an die Klägerin (Anlage K 25), dass erst nach der Patentanmeldung konkrete Gespräche mit Partnern aus der Industrie hinsichtlich der Vermarktung geführt wurden. Dass sich das A sodann für einen „Eigenvertrieb“ entschied und dann erst im Jahre 2015 die Beklagte als „Spin-Off“ gründete, zeigt, dass eine gewerbliche Nutzung zum Prioritätszeitpunkt zwar subjektiv in Planung gewesen sein mag, diese aber noch nicht in absehbarer Zeit bevorstand. Denn schließlich stand zu dem Zeitpunkt noch nicht einmal fest, wer die Herstellung und Vermarktung überhaupt übernehmen sollte.
Auch der Umstand, dass die Klägerin zum Prioritätszeitpunkt noch Lizenznehmerin an Schutzrechten betreffend die dynamische Erzeugung eines Blattlichts durch Hin- und Herbewegung eines Laserstrahls mit rundem Querschnitt war, spricht gegen die erforderlichen Veranstaltungen zum Prioritätszeitpunkt. Denn erst durch Anpassung des entsprechenden Lizenzvertrags über diese Technologie vom 1. November 2014 wurde die Exklusivität der Klägerin in eine Co-Exklusivität umgewandelt und damit die Voraussetzung geschaffen, die Erfindung der A entsprechend zu vermarkten.
Insgesamt lässt der Vortrag der Beklagten nur den Schluss zu, dass zum maßgeblichen Prioritätszeitpunkt allein ein generelles Vermarktungsinteresse hinsichtlich des erfundenen Mikroskops bestand. - VIII.
Die Kammer hält eine Aussetzung des Rechtsstreits nach § 19 Abs. 1 S. 1 GebrMG nicht für geboten.
Die Aussetzung steht bei Vorliegen der Voraussetzungen grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Der wahrscheinliche Erfolg des Löschungsantrags braucht nicht dargetan zu sein; es genügt, dass über die Schutzfähigkeit Zweifel bestehen (OLG München I, Beschluss vom 24.04.1956 – 7 O 13/56 Kufenstühle, GRUR 57, 272, 273; OLG Karlsruhe, Beschluss v. 21.12.2011 – 6 W 61/11 [zitiert nach einer Entscheidung des LG Mannheim]; Benkard PatG/Goebel/Engel, 11. Aufl. 2015, GebrMG § 19 Rn. 6).
Die Kammer hat keine durchgreifenden Zweifel an der Schutzfähigkeit des Klagegebrauchsmusters. Zur Begründung wird auf die Ausführungen unter V. verwiesen. - IX.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.