Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3059
Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 07. Mai 2020, Az. 4c O 44/18
- I. Die Beklagte wird verurteilt,
- 1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlungen von bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an dem jeweiligen Geschäftsführer der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen,
- a.
Vorrichtungen zum Decodieren eines Datensignals, das wenigstens ein in Partitionen unterteiltes Bild repräsentiert, das vorher codiert worden ist, die Mittel umfassen, um durch Entropiedecodieren von Daten des Signals digitale Informationen zu erhalten, die Restdaten zugeordnet sind, die auf wenigstens eine vorher codierte Partition bezogen sind, wobei die Restdaten in einem Block von Restdaten angeordnet sind, - in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,
- wenn die Decodierungsvorrichtung dadurch gekennzeichnet ist, dass sie Verarbeitungsmittel umfasst, die dafür ausgelegt sind:
- – anhand der Restdaten eine Untergesamtheit zu bestimmen, die Restdaten enthält, die während einer vorhergehenden Codierung modifiziert worden sein können, wobei die Untergesamtheit Restdaten aus einer Liste von Restdaten, die beim Durchlaufen des Blocks in einer im Voraus definierten Reihenfolge erhalten wird, enthält, die von einem ersten von null verschiedenen Restdatenelement zu einem letzten von null verschiedenen Restdatenelement laufen,
– den Wert einer Funktion zu berechnen, die die Parität der Summe der Restdaten der bestimmten Untergesamtheit repräsentiert,
– anhand der berechneten Parität einen Wert des Vorzeichens eines Restdatenelements der Untergesamtheit zu rekonstruieren; - b.
Mittel zur Durchführung eines Verfahrens zum Decodieren eines Datensignals, das wenigstens ein in Partitionen unterteiltes Bild repräsentiert, das vorher codiert worden ist, umfassend einen Schritt des Erhaltens durch Entropiedecodieren von Daten des Signals von digitalen Informationen, die Restdaten zugeordnet sind, die auf wenigstens eine früher codierte Partition bezogen sind, wobei die Restdaten in einem Block von Restdaten angeordnet sind, - wenn das Decodierungsverfahren die folgenden Schritte umfasst:
- – anhand der Restdaten, Bestimmen einer Untergesamtheit, die Restdaten enthält, die während einer vorhergehenden Codierung modifiziert worden sein können, wobei die Untergesamtheit Restdaten von einem ersten von null verschiedenen Restdatenelement bis hin zu einem letzten von null verschiedenen Restdatenelement aus einer Liste von Restdaten enthält, die beim Durchlaufen des Blocks in einer im Voraus definierten Reihenfolge erhalten wird,
– Berechnen des Wertes einer Funktion, die die Parität der Summe der Restdaten der bestimmten Untergesamtheit repräsentiert,
– anhand der berechneten Parität Rekonstruieren eines Wertes des Vorzeichens eines Restdatenelements der Untergesamtheit; - zur Benutzung in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder zu liefern;
- 2. der Klägerin in einer gesonderten Aufstellung – hinsichtlich der Angaben a) und b) unter Vorlage von Rechnungen, hilfsweise Lieferscheinen, weiter hilfsweise Quittungen in Kopie, wobei Daten, auf die sich die geschuldete Auskunft und Rechnungslegung nicht bezieht und hinsichtlich derer ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse der Beklagten besteht, abgedeckt oder geschwärzt sein können – darüber Angaben zu machen, in welchem Umfang sie die unter Ziffer 1.a. und 1.b. bezeichneten Handlungen seit dem X begangen hat, und zwar unter Angabe
- a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen,
-zeiten und -preisen, den jeweiligen Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen,
-zeiten und -preisen, der jeweiligen Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der bI(ebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internet-Werbung der Domain, den Zugriffszahlen und den Schaltungszeiträumen, und
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, - wobei es der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht-gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von ihr zu bezeichnenden, der Klägerin gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
- 3. die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder in ihrem Eigentum befindlichen unter Ziff. 1.a. bezeichneten Erzeugnisse (Decodierer) an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten – Kosten herauszugeben;
- 4. die unter Ziff. 1.a. bezeichneten, bereits in Verkehr gebrachten Erzeugnisse (Decodierer) gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf den gerichtlich festgestellten (Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom…) patentverletzenden Zustand der Sache und mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen und die Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen.
- II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die in Ziff. I.1.a und I.1.b bezeichneten Handlungen seit dem XXXXXXXX entstanden ist und noch entstehen wird.
- III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
- IV. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
- V. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von xxxxxxxxx,- Euro vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.
- Tatbestand
- Die Klägerin ist eingetragene und allein verfügungsberechtigte Inhaberin des europäischen Patents EP XXXXX (Anlage K2, deutsche Übersetzung Anlage K2b, im Folgenden: Klagepatent) und macht Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Rückruf und Vernichtung sowie Feststellung der Schadensersatzverpflichtung dem Grunde nach wegen Verletzung des deutschen Teils des Klagepatents geltend.
- Das Klagepatent wurde unter Inanspruchnahme einer Priorität vom XXXXXXXXX angemeldet. Die Anmeldung wurde unter dem XXXXXXXXX offengelegt. Der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents wurde am XXXXXXXXX bekanntgemacht. Das Klagepatent steht auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft. Mit Schriftsatz vom 15. Januar 2019 (Anlage VP 2) hat die Beklagte gegen das Klagepatent Nichtigkeitsklage zum Bundespatentgericht erhoben, über die noch nicht entschieden worden ist.
- Das Klagepatent bI(fft die Codierung und Decodierung von digitalen Bildern und von Sequenzen digitaler Bilder.
- Anspruch 3 des Klagepatents in der in französischer Sprache erteilten Fassung lautet:
- „Procédé de décodage d’un signal de données (F) représentatif d’au moins une image découpée en partitions qui a été précédemment codée, comprenant une étape d’obtention (D2), par décodage entropique de données dudit signal, d’informations numériques associées à des données résiduelles relatives à au moins une partition précédemment codée, les données résiduelles étant arrangées en un bloc de données résiduelles, ledit procédé de décodage étant caractérisé en ce qu’il comprend les étapes suivantes: – détermination, à partir desdites données résiduelles, d’un sous-ensemble contenant des données résiduelles aptes à avoir été modifiées au cours d’un codage précédent, le sous-ensemble contenant données résiduelles partant d’une première donnée résiduelle non nulle à un dernière donnée résiduelle non nulle parmi un liste de données résiduelles obtenu lors du parcours dans un ordre prédéfini dudit bloc, – calcul (D5) de la valeur d’une fonction représentative de la parité de la somme des données résiduelles dudit sous-ensemble déterminé, – reconstruction à partir de ladite parité calculée d’une valeur du signe d’une donnée résiduelle du sousensemble.“
- Übersetzt lautet Anspruch 3 des Klagepatents:
- „Verfahren zum Decodieren eines Datensignals (F), das wenigstens ein in Partitionen unterteiltes Bild repräsentiert, das vorher codiert worden ist, umfassend einen Schritt (D2) des Erhaltens durch entropisches Decodieren von Daten des Signals von digitalen Informationen, die Restdaten zugeordnet sind, die auf wenigstens eine früher codierte Partition bezogen sind, wobei die Restdaten in einem Block von Restdaten angeordnet sind, wobei das Decodierungsverfahren
dadurch gekennzeichnet ist, dass es die folgenden Schritte umfasst: – anhand der Restdaten Bestimmen einer Untergesamtheit, die Restdaten enthält, die während einer vorhergehenden Codierung modifiziert worden sein können, wobei die Untergesamtheit Restdaten aus einer Liste von Restdaten, die beim Durchlaufen des Blocks in einer im Voraus definierten Reihenfolge erhalten wird, enthält, die von einem ersten von null verschiedenen Restdatenelement zu einem letzten von null verschiedenen Restdatenelement laufen, – Berechnen (D5) des Wertes einer Funktion, die die Parität der Summe der Restdaten der bestimmten Untergesamtheit repräsentiert, – anhand der berechneten Parität Rekonstruieren eines Wertes des Vorzeichens eines Restdatenelements der Untergesamtheit.“ - Der ebenfalls in der französischen Verfahrenssprache angemeldete und erteilte Anspruch 4 des Klagepatents lautet:
- „Dispositif (DO) de décodage d’un signal de données représentatif d’au moins une image découpée en partitions qui a été précédemment codée, comprenant des moyens (DE_DO) d’obtention, par décodage entropique de données dudit signal, d’informations numériques associées à des données résiduelles relatives à au moins une partition précédemment codée, les données résiduelles étant arrangées en un bloc de données résiduelles, ledit dispositif de décodage étant caractérisé en ce qu’il comprend des moyens de traitement (MTR_DO) qui sont aptes à: – déterminer, à partir desdites données résiduelles, un sous-ensemble contenant des données résiduelles aptes à avoir été modifiées au cours d’un codage précédent, le sous-ensemble contenant données résiduelles partant d’une première donnée résiduelle non nulle à un dernière donnée résiduelle non nulle parmi un liste de données résiduelles obtenu lors du parcours dans un ordre prédéfini dudit bloc, – calculer la valeur d’une fonction représentative de la parité de la somme des données résiduelles dudit sous-ensemble déterminé, – reconstruction à partir de ladite parité calculée, d’une valeur du signe d’une donnée résiduelle du sous-ensemble.“
- Anspruch 4 des Klagepatents lautet übersetzt:
- „Vorrichtung (DO) zum Decodieren eines Datensignals, das wenigstens ein in Partitionen unterteiltes Bild repräsentiert, das vorher codiert worden ist, die Mittel (DE_DO) umfasst, um durch entropisches Decodieren von Daten des Signals digitale Informationen zu erhalten, die Restdaten zugeordnet sind, die auf wenigstens eine vorher codierte Partition bezogen sind, wobei die Restdaten in einem Block von Restdaten angeordnet sind, wobei die Decodierungsvorrichtung dadurch gekennzeichnet ist, dass sie Verarbeitungsmittel (MTR_DO) umfasst, die dafür ausgelegt sind: – anhand der Restdaten eine Untergesamtheit zu bestimmen, die Restdaten enthält, die während einer vorhergehenden Codierung modifiziert worden sein können, wobei die Untergesamtheit Restdaten aus einer Liste von Restdaten, die beim Durchlaufen des Blocks in einer im Voraus definierten Reihenfolge erhalten wird, enthält, die von einem ersten von null verschiedenen Restdatenelement zu einem letzten von null verschiedenen Restdatenelement laufen, – den Wert einer Funktion zu berechnen, die die Parität der Summe der Restdaten der bestimmten Untergesamtheit repräsentiert, – anhand der berechneten Parität einen Wert des Vorzeichens eines Restdatenelements der Untergesamtheit zu rekonstruieren.“
- Die nachfolgenden Figuren sind der Klagepatentschrift entnommen und zeigen die Hauptschritte des Codierungsverfahrens (Figur 1) sowie die Hauptschritte des Decodierungsverfahrens (Figur 2) gemäß der Erfindung.
- Die Klägerin ist ein Tochterunternehmen der X mit Sitz in den X. Das Unternehmen ist seit Jahrzehnten im Bereich der Audio- und Video-Innovationen tätig. Es war auch an der Entwicklung der Videocodierung beteiligt, weshalb die Klägerin auf diesem Gebiet – neben dem Klagepatent – auch über viele weitere Patente verfügt.
- Das Unternehmen der Beklagten arbeitet im Bereich des Home-Entertainments und vertreibt unter der Marke X Elektroartikel, insbesondere Fernseher, Fernseh-Empfänger (Set-Top-Boxen, nachfolgend STB) und Tablets. So bietet sie beispielsweise unter der Bezeichnung „X“ einen Full HD Receiver sowie unter der Bezeichnung „X einen tragbaren Fernseher an. Diese Geräte sind – wie auch weitere Geräte der Beklagten – mit DVB-T/T2 HD Empfängern ausgestattet (vgl. Produktdatenblätter zu den vorgenannten Geräten, vorgelegt als Anlage K 3a, 3b, K 3c und K 3f; im Folgenden: angegriffene Ausführungsformen).
- Bei dem DVB-T/T2-Standard (nachfolgend: DVB-T2) handelt es sich um den internationalen Nachfolgestandard zum DVB-T-Standard. Am 3. Juni 2014 fiel die Grundsatzentscheidung der Landesmedienanstalten zur Einführung der DVB-T2-Technologie. Der DVB-T2-Standard ist effizienter als der ältere DVB-T-Standard und erlaubt bei gleicher Frequenznutzung die Übertragung von mehr Programmen und/oder das Erreichen einer besseren Bildqualität (sog. HDTV). In der Bundesrepublik Deutschland macht der DVB-T2-Standard Gebrauch von dem Codierverfahren nach dem Standard H.265/MPEG-H High Efficiency Video Coding – HEVC (nachfolgend: HEVC-Standard), welcher seinerseits als Nachfolgestandard des H.264/MPEG-4 Advanced Video Coding – AVC Standards seitens der Internationalen Fernmeldeunion (International Telecommunication Union, im Folgenden auch ITU) entwickelt wurde. Der HEVC-Standard wurde von der Klägerin auszugsweise als Anlage K 3d zur Akte gereicht. Der HEVC-Standard ist ein von der ITU und IOS/IEC gemeinsam entwickelter Video-Codec-Standard. ITU begann im Jahr 2004 mit der Entwicklung des HEVC-Standards, den sie zum Nachfolger des Vorgängerstandards H.264/MPEG-4 aufbauen wollte. IOS/IEC begann mit der Entwicklung des HEVC-Standards im Jahr 2007. Im Januar 2010 traten beide Gruppen zusammen und veröffentlichten eine Ausschreibung. Version 1 des HEVC-Standards wurde im Juni 2013 veröffentlicht, Version 2 Anfang 2015. Im Juni 2012 forderte MPEG LA, LLC (nachfolgend: MPEG LA) alle bei der Entwicklung des HEVC-Standards beteiligten Unternehmen dazu auf, ihre HEVC-Patente zu melden und diesem Vorschlag folgte eine große Anzahl forschender und nutzender Unternehmen, wie die Klägerin, X, X und X, welche heute Lizenzgeber des H Patentpools sind. I ( ist ferner Lizenzgeberin im MPEG LA Pool. Bis in den Dezember 2013 fanden mehrere Meetings statt, in denen versucht wurde, gemeinsam angemessene Lizenzraten für die neue HEVC-Technologie zu bestimmen. Während dieser Zeit hatten circa 37 Unternehmen/Universitäten Interesse an einem gemeinsam von MPEG LA verwalteten Pool gezeigt. Ein vollständiger Konsens aller Interessenten wurde jedoch nicht erreicht. Von den 37 Unternehmen/Universitäten nahmen in der Abschlussphase noch 20 teil. In einer Pressemitteilung vom 16. Januar 2014 (Anlage VP Kart 38) teilte MPEG LA informationshalber die Lizenzierungsbedingungen mit, und machte deutlich, dass Änderungen möglich sind. Ferner wurde in Aussicht gestellt, dass eine Portfolio-Lizenz voraussichtlich im Frühjahr 2014 vorhanden sein wird. In einer Pressemitteilung vom 29. September 2014 (Anlage K Kart 21) wurde bekanntgemacht, dass nunmehr eine Lizenznahme am HEVC Patentportfolio von MPEG LA möglich ist. Dabei wurden auch die 23 Unternehmen/Universitäten genannt, welche Patentinhaber sind. Weitere Patentinhaber, deren Patente Gegenstand des HEVC-Standards sind, planten einen weiteren Pool, H. Am 26. März 2015 kündigte H die Gründung eines neuen Pools an, am 22. Juli 2015 rief H zur Einreichung von Patenten zur Bewertung der Essentialität und Aufnahme in das H Patentportfolio auf. Im Juli 2015 veröffentlichte H den ersten Lizenzgebührentarif für das H Programm und im Oktober 2015 die eigene Lizenzstruktur (vgl. Anlage K Kart 19). Im März 2017 kündigte A die Gründung eines gemeinsamen Lizenzierungsprogramms für den HEVC Standard an. Zu A gehörten B, C, D, E und F, ab Januar 2019 trat G dem Programm als Lizenzgeber bei. Der MPEG LA HEVC-Patentpool sieht als Lizenzrate einen Betrag von USD 0,20 pro Einheit ab 100.000 Einheiten pro Jahr bei einer Kappungsgrenze von USD 25.000.000,- vor.
- Das Klagepatent ist Teil des H Patentpools (nachfolgend: H Patentpool). Der Patentpool umfasst derzeit ca. 10.000 Patente, die inklusive der Klägerin von knapp 40 Patentinhabern eingebracht worden sind (vgl. Anlage K 10 – Exhibit C, Exhibit D). Der Pool wird von der H LLC aus X (nachfolgend: H) verwaltet.
- H hält auf ihrer Internetseite XXX den als Anlage VP Kart 10 neu vorgelegten Standardlizenzvertrag (nachfolgend: Standardlizenzvertrag neu) vor. Diesen Lizenzvertrag haben derzeit 138 Lizenznehmer mit H abgeschlossen. Über die genannte Internetseite können Konkordanzlisten/Cross Reference Charts (Anlage VP Kart 1) abgerufen werden, die einschlägige Standardpassagen den Poolpatenten zuordnen. Ebenso ist die Liste der Lizenzgeber und -nehmer einsehbar. Der Standardlizenzvertrag neu löste im Jahr 2017 den vorgehenden Standardlizenzvertrag (Anlage VP Kart 10 alt, nachfolgend: Standardlizenzvertrag alt) ab.
- In dem Standardlizenzvertrag neu finden sich unter anderem folgende Regelungen in deutscher Übersetzung:
- „Erwägungen
- …
- „In der Erwägung, dass jeder Lizenzgeber dem Lizenzadministrator eine weltweite, nicht ausschließliche Lizenz für alle diese HEVC Standard Essential Patente des Lizenzgebers und seiner verbundenen Unternehmen gewährt hat, nur um es dem Lizenzadministrator zu ermöglichen, weltweit nicht ausschließliche Lizenzen für solche Patente zu den hierin festgelegten fairen, angemessenen und nichtdiskriminierenden Bedingungen zu gewähren;“
- In Ziff. 3 des Standardlizenzvertrags neu (Anlage VP Kart 10 neu) finden sich nähere Erläuterungen zu den Lizenzgebühren und Zahlungen. Die Lizenzgebühren sind in Anlage 2 des Standardlizenzvertrages neu sowie ferner auf der Webseite von H veröffentlicht und werden nachfolgend wiedergegeben:
- Ferner besteht bei H ein Incentive Programm, dessen Struktur auf der Webseite von H abgerufen werden kann und nachfolgend wiedergegeben ist.
- Eine Erläuterung der Lizenzraten findet sich in dem von H erstellten „Whitepaper“, welches auf der Webseite von H abgerufen werden kann und als Anlage VP Kart 12, 12a vorgelegt wurde.
- Im Übrigen wird wegen des weiteren Inhalts des Standardlizenzvertrages neu auf diesen Bezug genommen.
- X führen H und die Beklagte Lizenzverhandlungen, seit dem Jahr 2018 auch die Klägerin selbst.
- Mit E-Mail vom X (Anlage VP Kart 3) wandte sich H an die Beklagte, wobei diese auf den HEVC Patentpool aufmerksam gemacht und ihr angeboten wurde, Claim Charts zu übermitteln. Hieran schlossen sich weiterer E-Mail-Verkehr und auch persönliche Treffen an. Zuletzt bestand zwischen den Parteien lediglich Uneinigkeit über XXX
- Mit E-Mail vom 18. Januar 2019 (Anlage VP Kart 15) schlug die Beklagte H ihrerseits Lizenzraten sowie einen Betrag zur Abgeltung der Benutzung für die Vergangenheit vor. Nachfolgend wiedergegeben ist ein Auszug aus der genannten E-Mail in englischer Sprache und deutscher Übersetzung:
- „…
-
Mit Schreiben vom 11. Juli 2018 (Anlage K 1f), welches die Beklagte am 16. Juli 2018 erhielt, wies die Klägerin selbst die Beklagte auf die Verletzung von 450 Patenten der Klägerin durch den Vertrieb von HEVC-kompatiblen Geräte hin und übermittelte neben einer Liste der HEVC-Poolpatente der Klägerin auch claim charts für eine Auswahl an Patenten sowie ein Lizenzangebot (Anlage D). Die Lizenzrate kann der Anlage A des Lizenzangebotes entnommen werden, worauf verwiesen wird. Die Beklagte reagierte hierauf unter anderem mit E-Mails vom 27. Juli 2018 und 2. August 2018 (Anlagenkonvolut K Kart 12). XXXXXXXXXXXX
Ein individualvertragliches Gegenangebot gab die Beklagte nicht ab. - Die Beklagte legte insgesamt weder Rechnung noch leistete sie Sicherheit.
- Abgesehen von dem hiesigen Rechtsstreit ist ein Verfahren der X (4c O 56/18) und der X (4c O 69/18) gegen die Beklagte vor der Kammer anhängig. Eine weitere Klage des Poolmitglieds X, 4c O 74/18) wurde zurückgenommen, nachdem die Beklagte eine Lizenz an dem MPEG LA Pool genommen hat, in welchem auch X Lizenzgeberin ist.
- Die Klägerin ist der Ansicht, aktivlegitimiert zu sein. Sie habe von der J., ihrerseits Nachfolgerin der K, ein Patentportfolio, beinhaltend die Anmeldung das Klagepatents, erworben. Dass die K die Anmeldung des Klagepatents initiiert habe, sei unschädlich. Es sei bereits die Eintragung der Klägerin im Register als erhebliches Indiz im Sinne der Fräsverfahren-Rechtsprechung des BGH (GRUR 2013, 713) für ihre Sachlegitimation zu werten, da die Beklagte keine konkreten Anhaltspunkte habe aufzeigen können, dass die materielle Rechtslage von der Registerlage abweiche. Im Übrigen komme es auf die Frage, ob die Übertragung des Patents auf die Klägerin wirksam sei, gar nicht an, da die Übertragung der Patentanmeldung bereits vor Erteilung des Patentes stattgefunden habe und das Patent, was unstreitig ist, mit Erteilungsbeschluss vom X für die Klägerin erteilt worden sei. Damit bestehe eine unwiderlegliche gesetzliche Vermutung, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Erteilung Berechtigte gewesen sei.
- Ferner meint die Klägerin, die angegriffenen Ausführungsformen würden von der technischen Lehre des Vorrichtungsanspruchs unmittelbar und von der Lehre des Verfahrensanspruchs mittelbar Gebrauch machen.
- Die vom Klagepatent beschriebenen Restdaten würden alle Restdatenelemente adressieren und diese allesamt in eine anspruchsgemäße Untergesamtheit einbeziehen. Demnach seien alle von einem ersten von Null verschiedenen Restdatenelement bis hin zu einem letzten von Null verschiedenen Restdatenelement enthalten. Nur die vereinzelte Einbeziehung bzw. Nichteinbeziehung von Restdatenelementen als Restdaten der Untergesamtheit, die zwischen dem ersten und dem letzten Restdatenelement in der Untergesamtheit enthalten sein könnten, sehe das Klagepatent nicht vor. Insoweit ist die Klägerin der Ansicht, dass die Einbeziehung aller Restdatenelemente auch technisch-funktional erforderlich sei. Denn bei allen in der Untergesamtheit enthaltenen Restdatenelementen handele es sich um solche, die für eine Modifikation geeignet seien, sprich die in dieser Liste enthaltenen Transformationskoeffizienten könnten inkrementiert oder dekrementiert werden. Der Codierer könne so auf eine größere Anzahl an modifizierbaren Restdatenelementen zurückgreifen, um die Parität der Summe der Restdatenelemente an den Wert des versteckten Informationszeichens anzupassen. Dadurch erhöhe sich die Wahrscheinlichkeit einer fehlerfreien Signalübertragung.
- Der HEVC-Standard mache Gebrauch von sämtlichen in den Klagepatentansprüchen vorgesehenen Verfahrensschritten. Er sehe insbesondere vor, zunächst anhand einer Funktion einen Wert zu berechnen, welcher die Parität der Summe der Restdaten der bestimmten Untereinheit repräsentiert, sowie weiterhin, anhand der berechneten Parität einen Wert des versteckten Vorzeichens eines Restdatenelementes der Untergesamtheit zu rekonstruieren. Diese Verfahrensschritte seien im HEVC-Standard auch nicht nur als optional zu implementierende Funktionen vorgesehen. Dazu behauptet die Klägerin, dass die angegriffenen Ausführungsformen erhebliche Qualitätseinbußen bei der Bildwiedergabe aufzeigen würden, wenn die Parität der Summe nicht ermittelt und mit dem Wert des versteckten Zeichens abgeglichen würde. Zwar hänge es von der (Nicht-)Erfüllung der im HEVC-Standard implementierten if-Bedingung ab, ob das Vorzeichenbit eines ersten von Null verschiedenen Transformationskoeffizienten versteckt werde. Darüber entscheide aber ausschließlich der Codierer. Vom Decodierer könne dies nicht beeinflusst werden. Der Decodierer müsse lediglich in der Lage sein, den vom Codierer übermittelten Datenstrom samt der dort hinterlegten Festlegungen zu lesen und das Vorzeichen zu rekonstruieren. HEVC-fähige Geräte würden über diese Fähigkeit verfügen.
- Im Übrigen komme es, so behauptet die Klägerin ferner, gerade dann zu der mithilfe des Test-Datenstroms aufgezeigten reduzierten Bildqualität, wenn der Decodierer für das Syntaxelement „coeff_sign_flag“ stets einen Wert von Null ansetze und ihn nicht in Abhängigkeit vom Wert des Parameters „signHidden“ aus der if-Bedingung, signalisierend, ob ein Vorzeichen versteckt wurde oder nicht, bestimme.
- Die Klägerin behauptet im Zusammenhang mit dem kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwand, die H sei befugt, für die Klägerin hinsichtlich des Klagepatents tätig zu werden. Auch habe sie die Grundsätze, die der EuGH in der Entscheidung „J ./. L“ aufgestellt habe, erfüllt. H wie auch die Klägerin selbst hätten einen Hinweis auf die Verletzung erteilt. Weiter liege ein schriftliches Angebot in Form des Standardlizenzvertrages neu durch H wie auch ein Angebot auf Abschluss einer Portfoliolizenz durch sie selbst vor. Der Standardlizenzvertrag neu sei bereits mit 138 Lizenznehmern abgeschlossen worden. Nebenabreden seien in entsprechenden Sidelettern festgehalten worden, die der Beklagten zugänglich gemacht worden seien. Dementsprechend hätten alle neuen Lizenznehmer an den HEVC-Poolpatenten gemäß dem Standardlizenzvertrag neu eine Lizenz genommen. Daraus ergebe sich ein erhebliches Indiz für faire und angemessene Lizenzraten sowie Angemessenheit der weiteren vertraglichen Bedingungen. Dass dies so sei, zeige auch das Gutachten von Prof. X vom 22. Januar 2020 (Anlage K Kart 26, 26a). Der Beklagten seien auch alle für sie relevanten Lizenzverträge vorgelegt worden, nämlich solche Verträge, die den Produktgruppen entsprechen, welche auch mit der vorliegenden Klage angegriffen werden, nämlich Fernseher, STBs und Tablets. Einer weitergehenden Vorlage bedürfe es nicht, da die Beklagte nicht vorgetragen habe, dass sie auch weitere Produkte vertreibe, welche vom HEVC-Standard Gebrauch machen würden. Sofern sie in der mündlichen Verhandlung XXXXXXXXXXXXXXXX tätig zu werden, sei das Vorbringen hinsichtlich der X verspätet. Hinsichtlich der X habe der vorgelegte Schriftverkehr gezeigt, dass entsprechende Verhandlungen der Beklagten im Sande verlaufen seien. Die Beklagte werde auch nicht durch die im Einzelnen geschlossenen Nebenabreden mit weiteren Lizenznehmern diskriminiert. Denn die Regelungen seien entweder der Beklagten auch angeboten worden oder beträfen geschäftliche Rahmenbedingungen, welche die Beklagte nicht aufweise.
- Ferner sei der kartellrechtliche Zwangslizenzeinwand auch mit Blick auf den von der Klägerin angebotenen Individuallizenzvertrag unbegründet. Die Klägerin habe – was unstreitig ist – gegenüber der Beklagten die Verletzung angezeigt und ein Lizenzangebot übermittelt. Die Beklagte sei jedoch nicht lizenzwillig. Die angebotene Lizenzgebühr genüge FRAND-Grundsätzen, da sie auf den H Lizenzraten aufbaue. XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX.
Der Rechtsstreit sei nicht auszusetzen, da das Klagepatent auf erfinderischer Tätigkeit beruhe. - Die Klägerin beantragt,
- zu erkennen, wie geschehen sowie zusätzlich mit der Benutzungshandlung des Herstellens.
- Die Beklagte beantragt,
- die Klage abzuweisen,
- die mit der Klageerweiterung erhobenen Ansprüche auf Unterlassung, Rückruf und Vernichtung abzutrennen und das abgetrennte Verfahren bis zum Abschluss des Verfahrens vor dem britischen High Court of Justice (Az. Case HP-2019-000008) auszusetzen,
- hilfsweise, den Rechtsstreit bis zur erstinstanzlichen Entscheidung über die zum Bundespatentgericht erhobene Nichtigkeitsklage gegen das Klagepatent auszusetzen.
- Sie rügt die fehlende Aktivlegitimation der Klägerin. Sie meint, die Klägerin habe mit Blick auf die Fräsverfahren-Rechtsprechung des BGH nicht hinreichend dargelegt, dass sie das Klagepatent wirksam von der J. erworben habe. Zu den weiteren Umständen dieses Geschäfts, insbesondere der Wirksamkeit und den Umstände des Abschlusses des „Patent Assignment“ (Anlage VP 4), erklärt sich die Beklagte mit Nichtwissen.
- Sie meint, dass die angegriffenen Ausführungsformen weder mittelbaren noch unmittelbaren Gebrauch von Verfahrens- bzw. Vorrichtungsansprüchen des Klagepatents machen würden. Das Klagepatent sei nicht essentiell für den HEVC-Standard.
- Anspruchsgemäße Restdaten, die in einer Untergesamtheit enthalten seien, seien irgendwelche Restdatenelemente, die aus einer Liste von Restdaten ausgewählt worden seien. Das Klagepatent erfordere es nicht, dass sämtliche Restdatenelemente Bestandteil der Untergesamtheit seien. Insbesondere bedürfe es nicht aller Null-Koeffizienten, die zwischen dem ersten von Null verschiedenen und dem letzten von Null verschiedenen Koeffizienten lägen. Auch eine solche geringere Anzahl an Restdatenelementen könne ein nahezu störungsfreies Datensignal bereitstellen.
- Der HEVC-Standard gebe ein Verfahren mit den erfindungsgemäßen Voraussetzungen nicht zwingend vor. Vielmehr handele es sich, so behauptet die Beklagte, bei der Implementierung der Funktionen, wonach einerseits der Wert einer Funktion, repräsentierend die Parität der Summe der Restdaten, berechnet werde und andererseits anhand dieser berechneten Parität ein Wert des Vorzeichens eines Restdatenelementes der Untergesamtheit rekonstruiert werde, lediglich um optionale Verfahrensschritte. Diese Optionalität sei daraus zu folgern, dass – was unstreitig ist – die Initiierung des Datenversteckens im Codierverfahren von der Nichterfüllung einer im HEVC-Standard vorgesehenen if-Bedingung – ihrerseits abhängig von drei Unterbedingungen – abhänge. Im Falle der Nichterfüllung werde der Parameter „signHidden“ gleich Eins gesetzt und das Verfahren zum Datenverstecken werde durchgeführt. Wenn die if-Bedingung dagegen erfüllt sei, werde ihr „signHidden“-Parameter auf Null gesetzt und ein Datenverstecken werde nicht durchgeführt. Hierzu meint die Beklagte, dass der Decodierer selbst die Verwirklichung dieser Verfahrensschritte steuern und trotz Nichterfüllung der if-Bedingung den relevanten Parameter werksseitig auf Null setzen könne. Dadurch würden die im Bitstrom an den Decodierer transportierten Parameter zur (Nicht-)Erfüllung der if-Bedingung schlicht ignoriert. Zur in diesen Fällen erhaltenen Bildqualität behauptet die Beklagte, dass auch ohne die Implementierung der Funktionen ein sinnvolles Bild decodiert werden könne.
- Zur Begründung des kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwandes trägt die Beklagte vor, dass der angebotene Lizenzvertrag weder fair noch angemessen sei. Außerdem werde sie durch die in den Nebenabreden getroffenen Vereinbarungen ungleich behandelt. Der angebotene Lizenzsatz genüge nicht den FRAND-Bedingungen, was der von ihr beauftragte Gutachter Prof. X in seinem Gutachten vom 6. November 2019 (Anlage VP Kart 30) auch festgestellt habe. Dieser habe ermittelt, dass die Lizenzgebühren von MPEG LA nicht künstlich niedrig seien, sondern FRAND-Bedingungen genügten. Das Ausmaß der Abdeckung des HEVC-Standards durch MPEG LA betrage ungefähr 46%, H weise im Verhältnis hierzu weniger Patente auf, welche allein durch sie lizenziert würden. Es stimme auch nicht, dass die im H-Pool enthaltenen Patente werthaltiger seien. Im Übrigen habe H die Lizenzbedingungen erst sehr spät formuliert, so dass zu diesem Zeitpunkt bereits ein Lock-in erfolgt sei. All dies zeige, dass die Lizenzraten von MPEG LA FRAND seien, nicht hingegen diejenigen von H. Ferner seien die Regelung zum Gerichtsstand, zum Umfang der Lizenz nur bezogen auf die „practised claims“ und das Fehlen einer Anpassungsklausel unangemessen.
- Eine Diskriminierung liege bereits vor, da kein einheitliches Lizenzregime vorhanden sei, da zwei Standardlizenzverträge in Kraft seien, nämlich der Standardlizenzvertrag alt und neu. HEVC Avance habe sich jedoch mit dem ersten Lizenzgeschäft gebunden, so dass Änderungen nicht zulässig seien. Entsprechendes habe das OLG Düsseldorf in der Entscheidung „Improving Handovers“ (GRUR-RS 2019, 6087 Rn. 237) entschieden. Auch setze H ihre Rechte nur selektiv durch, was sich bereits daran zeige, dass der Rechtsstreit gegen die Beklagte das einzige anhängige Aktivverfahren der Klägerin sei. Ferner gehe H gezielt gegen vergleichsweise kleine Unternehmen vor; großen Unternehmen werde faktisch eine Freilizenz erteilt. Die Beklagte werde auch gegenüber anderen Lizenznehmern mit Blick auf die Lizenzrate diskriminiert. Der Umstand, dass verschiedenen Lizenznehmern unterschiedliche Lizenzgebührensätze für die gleichen Produkte oder unterschiedliche Arten der Berechnung der Lizenzen angeboten worden seien (blended rates), benachteilige die Beklagte. H gewähre überdies einzelnen Lizenznehmern Nachlässe auf die Lizenzgebühren. Solche Lizenzgebührenrabatte seien per se geeignet, die Wettbewerbsverhältnisse nachhaltig zu verfälschen. Ferner würden auch Rabatte für zukünftige Lizenzgebühren eingeräumt. XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX. Eine Ungleichbehandlung liege ebenso mit Blick auf den Umfang der Lizenzen vor, da diese teilweise auf den Umfang konkreter Produkte beschränkt worden seien, was der Beklagten nicht angeboten worden sei. Ferner diskriminiere H durch die unterschiedliche Anwendung des Incentive Programms. Auch die individuellen Regelungen für rückwirkende Lizenzgebühren benachteiligten die Beklagte, da anderen Lizenznehmern deutlich verbesserte Konditionen angeboten worden seien. Letztlich seien anderen Unternehmen auch Regelungen angeboten worden, nicht jedoch der Beklagten, wie zum Beispiel die Einräumung einer OEM-Lizenz. H behandle überdies ungleich hinsichtlich der Kennzeichnung mit dem H Logo. XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX - Ein FRAND-gemäßes Gegenangebot liege vor. Es handele sich zwar nicht um ein vollständig ausformuliertes Gegenangebot, die fehlenden Regelungen seien indes dem Standardlizenzvertrag zu entnehmen.
- Der kartellrechtliche Zwangslizenzeinwand sei auch mit Blick auf den Individuallizenzvertrag der Klägerin begründet. Die Lizenzrate sei ebenso deutlich überhöht wie auch der Umfang der geltend gemachten Verwaltungskosten, deren Höhe die Klägerin nicht ausreichend erläutert habe.
- Jedenfalls sei der Rechtsstreit mangels Rechtsbeständigkeit des Klagepatents auszusetzen. Im Rahmen der Nichtigkeitsklage könne dem Rechtsbestand mit Erfolg der Einwand fehlender erfinderischer Tätigkeit entgegengehalten werden. Die Druckschriften XXX, Rate Distortion Data Hiding of Motion Vector Competition Information in Chroma and Luma Samples for Video Compression, in IEEE Transactions on Circuits and Systems for Video Technology. Vol. 21, No. 6, 2011, Seite 729 ff. (Thiesse I, Anlage NK 5; im Folgenden: NK 5) und Thiesse et al., Data Hiding of Intra Prediction Information in Chroma Samples for Video Compression, in Proceedings of 2010 IEEE 17th International Conference on Image Processing, Sep. 26-29, 2010, Hong Kong, Seite 2860 ff. (Thiesse II, Anlage NK 6; im Folgenden: NK 6) als nächster Stand der Technik würden die erfindungsgemäße Lehre kombiniert mit allgemeinem Fachwissen in Gestalt des „Standard Reports – Der H.264/MPEG4 Advanced Video Coding Standard und seine Anwendungen“ (Anlage NK 11; im Folgenden: NK 11) nahelegen.
- Im Übrigen seien die Anträge der Klägerin auf Schadensersatzfeststellung sowie Auskunft und Rechnungslegung zu weitgehend, da die Klägerin im vorliegenden Falle der Geltendmachung eines vermeintlich standardessentiellen Patents auf die Lizenzanalogie beschränkt sei.
- Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zur Akte gereichten Schriftstücke nebst Anlagen Bezug genommen.
- Entscheidungsgründe
- A.
Die zulässige Klage ist begründet. - I.
Die Klägerin ist aktivlegitimiert. - Für die Sachlegitimation im Verletzungsrechtsstreit maßgeblich ist grundsätzlich nicht der Eintrag im Patentregister, sondern die materielle Rechtslage (vgl. BGH, GRUR 2013, 713, 716f. – Fräsverfahren; OLG Düsseldorf, Urt. v. 19. September 2013, I-2 U 19/09, BeckRS 2013, 17381; OLG Düsseldorf, Urt. v. 19. September 2013, I-2 U 100/07, BeckRS 2013, 18737). Soweit in die Zukunft gerichtete Unterlassungsansprüche geltend gemacht werden, ist die vorgenannte Differenzierung ohne Belang, weil die Beklagte nicht zur Unterlassung gegenüber einem bestimmten Berechtigten, sondern zur Unterlassung schlechthin verurteilt wird (BGH, a.a.O. – Fräsverfahren; vgl. auch Ohly, GRUR 2016, 1120ff.; Pitz, GRUR 2010, 688, 689; Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 12. Aufl., Kapitel D, Rn. 105). Soweit allerdings – wie im Streitfall – auch Auskunfts-, Rechnungslegungs- und Schadensersatzansprüche für die Vergangenheit geltend gemacht werden, stehen diese nur dem oder den zu dem jeweiligen Zeit-punkt materiell berechtigten Patentinhaber(n) zu (vgl. Ohly, a.a.O.). Für die Beurteilung der Frage, wer materiell-rechtlich Inhaber des Patents ist, kommt dem Patentregister in aller Regel eine erhebliche Indizwirkung zu (vgl. BGH, a.a.O. – Fräsverfahren).
- Nach § 30 Abs. 3 S. 1 PatG darf das Patentamt eine Änderung in der Person des Patentinhabers nur dann im Register vermerken, wenn sie ihm nachgewiesen wird, wobei jeder Nachweis erkennen lassen muss, dass der bisherige Schutzrechtsinhaber mit dem Übergang der daraus folgenden Rechte auf den neuen Inhaber ein-verstanden ist. Der Rechtsnachfolger hat gemäß § 28 Abs. 3 Nr. 2 lit. b) DPMAV seinem Antrag auf Umschreibung solche Unterlagen beizufügen, aus denen sich die Rechtsnachfolge ergibt, wie z.B. einem Übertragungsvertrag. Gemäß § 28 Abs. 3 DPMAV ist es jedoch auch ausreichend, wenn der bisherige Inhaber den Antrag auf Umschreibung zusammen mit dem Rechtsnachfolger unterschreibt oder der Rechtsnachfolger eine Zustimmungserklärung des zuvor eingetragenen Inhabers vorlegt. Diese Umstände begründen eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Eintragung im Patentregister die materielle Rechtslage zuverlässig wiedergibt (BGH, a.a.O. – Fräsverfahren). Angesichts dessen bedarf es in einem Verletzungsrechtsstreit regelmäßig keines weiteren Vortrags oder Beweisantritts, wenn sich eine Partei auf den aus dem Patentregister ersichtlichen Rechtsstand beruft, solange nicht konkrete Anhaltspunkte ersichtlich sind oder vom Gegner aufgezeigt werden, aus denen sich die Unrichtigkeit ergibt. Welche Anforderungen dabei an den Vortrag des Gegners zur Unrichtigkeit des Registers zu stellen sind, hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab. So wird der Vortrag, ein im Patentregister eingetragener Rechtsübergang habe einige Wochen oder Monate vor dessen Eintragung stattgefunden, in der Regel keiner näheren Substantiierung oder Beweisführung bedürfen. Der Vortrag, der eingetragene Inhaber habe das Patent nicht wirksam oder zu einem anderen Zeitpunkt erworben, erfordert demgegenüber in der Regel nähere Darlegungen dazu, woraus sich die Unwirksamkeit des eingetragenen Rechtsübergangs ergeben soll (BGH, a.a.O. – Fräsverfahren). Daraus folgt, dass der die Wirksamkeit der Rechtsübertragungen bestreitende Verletzungsbeklagte regelmäßig solche Tatsachen vorzubringen hat, die die Unwirksamkeit begründen sollen.
- Entsprechende Darlegungs- und Beweisprobleme stellen sich demgegenüber nicht, wenn nicht das Patent, sondern die Patentanmeldung übertragen und das Patent zugunsten des Erwerbers und späteren Klägers erteilt wurde. Denn der Erteilungsbeschluss legt als rechtsgestaltender Verwaltungsakt nicht nur gegenständlich den Inhalt des Patents fest, sondern ordnet das erteilte Schutzrecht aus konstitutiv einem bestimmten Rechtsträger, dem aktuellen Anmelder, zu (vgl. Kühnen, a.a.O., Kapitel D., Rn. 129). Denn nach dem deutschen Recht wird mit Erteilung des Klagepatents gemäß § 7 Abs. 1 PatG (i. V. m. Art. 60 Abs. 3 EPÜ) derjenige, der zu diesem Zeitpunkt die Anmelderstellung innehat, nicht nur formell, sondern auch materiell-rechtlich Inhaber des erteilten Patents. § 7 Abs. 1 PatG statuiert demnach eine unwiderlegliche gesetzliche Vermutung. Der zu diesem Zeitpunkt als Anmelder Eingetragene wird daher – unabhängig von der materiellen Rechtslage – formell und materiell berechtigter Patentinhaber. Etwaige Mängel können lediglich mit Hilfe einer Vindikationsklage geltend gemacht werden (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 6. April 2017, Az. I-15 UH 1/16, Rz. 81).
- Vorliegend war die Klägerin zum Zeitpunkt der Erteilung des Klagepatents eingetragene Anmelderin, so dass es, insbesondere da auch keine Entschädigungsansprüche für den Zeitraum des Anmeldeprüfverfahrens geltend gemacht werden, nicht darauf ankommt, ob die Übertragung der Anmeldung von J. auf die Klägerin wirksam war. Daher bedarf es auch keiner Entscheidung, ob das Bestreiten der Umstände der Übertragung durch die Beklagte mit Nichtwissen zulässig ist.
-
II.
Das Klagepatent bI(fft im Allgemeinen das Gebiet der Bildverarbeitung und der Codierung und Decodierung von digitalen Bildern und von Sequenzen digitaler Bilder (vgl. [Abs. 0001]). - Im Stand der Technik waren bereits Prozesse zur Codierung und Decodierung bekannt, wie das Klagepatent in den Abs. [0003] ff. insbesondere unter Bezugnahme auf den dem streitgegenständlichen HEVC-Standard vorhergehenden H.264-Standard beschreibt.
- Es war bekannt, für jeden Block einen Restblock zu codieren, der dem ursprünglichen Block abzüglich einer Vorhersage entspricht. Diese Restblöcke werden sodann den weiteren Codierungsschritten zugeführt und zunächst durch eine Transformation von der Art der diskreten Kosinustransformation umgewandelt. Anschließend werden sie mithilfe einer Quantifizierung behandelt, sodass am Ende dieses Quantifizierungsschrittes Koeffizienten erhalten werden, von denen einige positiv und andere negativ sind. Nach dem Durchlaufen im Zickzack in einer Leseordnung, wird eine eindimensionale Liste mit Koeffizienten erhalten, sog. „quantifizierter Rest“. Auf diese Weise wird in den hohen Frequenzen die große Anzahl der Null-Koeffizienten ausgenutzt. Die Koeffizienten dieser Liste werden schließlich durch eine Entropiecodierung codiert (vgl. Abs. [0004]). Die Weise der Durchführung der Entropiecodierung wird in Abs. [0005] beschrieben.
- Die im Stand der Technik bekannte Decodierung erfolgt, wie das Klagepatent in Abs. [0007] erläutert, Bild für Bild und jedes Bild Makroblock für Makroblock, beruhend auf den aus dem Datenstrom ausgelesenen Elementen, die zuvor an den Decodierer übertragen worden sind. Als konkrete Verfahrensschritte werden die umgekehrte Quantifizierung und die umgekehrte Transformation der Koeffizienten der Blöcke durchgeführt, um den Rest der decodierten Vorhersage zu erzeugen. Schließlich wird die Vorhersage der Partition berechnet und die Partition rekonstruiert, indem die Vorhersage dem Rest der decodierten Vorhersage hinzugefügt wird.
- Im Rahmen der Datencodierung war im Stand der Technik auch schon das sogenannte Datenverbergungsverfahren (im Folgenden auch: „data hiding“) bekannt, welches bei einer Videokomprimierung umgesetzt wird. Das Klagepatent stellt dieses Verfahren unter Bezugnahme auf das Dokument „Data Hiding of Motion Information in Chroma and Luma Samples for Video Compression“ von den Autoren J.-M. Thiesse, J. Jung und M. Antonini dar (Abs. [0010]).
- Dieses Verfahren sieht ausweislich des Abs. [0011] vor, zu vermeiden, in das an den Decodierer zu übertragende Signal wenigstens einen Konkurrenzindex einzuschließen. Konkret bezieht es sich auf den MVComp-Index, welcher ein Informationselement darstellt, das es ermöglicht, den für einen Block verwendeten Prädiktor der Vektorbewegung zu identifizieren. Dieser Index kann den Wert 0 oder 1 haben. Er wird nicht in das codierte Signal geschrieben, sondern über die Parität der Summe der Koeffizienten des quantifizierten Rests transportiert. Sodann wird eine Zuordnung zwischen Parität des quantifizierten Rests und dem MVComp-Index hergestellt. Danach entspricht beispielsweise eine gerade Parität des quantifizierten Rests einem MVComp-Index mit dem Wert 0 und eine ungerade Parität dem MVComp-Index mit dem Wert 1. Wenn ein Vergleich des Wertes des Indexes mit der Parität der Summe schon ein übereinstimmendes Ergebnis offenbart, wird die Codierung regulär fortgesetzt. Sofern ungleiche Ergebnisse festgestellt werden, wird eine Modifikation des quantifizierten Rests vorgenommen, um einen Gleichlauf der beiden Werte zu erlangen. Mithin erfolgt eine Inkrementierung oder Dekrementierung eines oder mehrerer Koeffizienten des quantifizierten Rests. Erst nachdem dies geschehen ist, wird die herkömmliche Codierung fortgesetzt.
- Wie das Klagepatent in Abs. [0012] weiter beschreibt, ging mit dem Datenverbergungsverfahren bereits im Stand der Technik einher, dass der Decodierer den MVComp-Index in dem übertragenen Signal nicht liest. Vielmehr nimmt er lediglich eine Bestimmung des Wertes des Rests vor und setzt den Wert des Indexes abhängig von der Parität dieses Wertes des Rests auf Null oder Eins.
- In den Abs. [0014] und [0015] bezieht sich das Klagepatent auf weitere Dokumente, die jeweils einen Algorithmus zum Einfügen eines „Wasserzeichenbits“ in ein codiertes digitales Bild betreffen, was ebenfalls einen Datenverbergungsalgorithmus für bestimmte Videodatenströme bI(fft.
- An diesem vorbekannten Stand der Technik kritisiert es das Klagepatent als nachteilig, dass die Auswahl der zu modifizierenden Koeffizienten in dem Datenverbergungsverfahren nicht immer optimal erfolgt, weshalb die angewendete Modifikation in dem an den Decodierer übertragenen Signal zu Störungen führt. Derlei Störungen beeinträchtigen die Effizienz der Videokompression.
- Das Klagepatent stellt sich daher die Aufgabe, die aufgezeigten Nachteile durch ein Codierungsverfahren zu beheben, in welchem ein Verschleierungsverfahren von Daten in einer reduzierten Gesamtheit von Restdaten zur Anwendung kommt. Dabei sind die Restdaten in der reduzierten Gesamtheit dazu geeignet, modifiziert zu werden. Mithin sollen nach der Erfindung die Restdaten, die dazu bestimmt sind, einer Modifikation unterzogen zu werden, viel sicherer ausgewählt werden als im Stand der Technik möglich. Dies führt zu einer besseren Rekonstruktionsqualität des Bildes im Decodierer (vgl. Abs. [0016], [0018] ff.). Vorteilhaft an der Möglichkeit, nur noch eine reduzierte Anzahl an Restdaten zu modifizieren, ist ferner, dass die Codierung beschleunigt wird (Abs. [0021]).
- Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent daher ein Verfahren sowie eine Vorrichtung mit jeweils folgenden Merkmalen vor:
- Verfahrensanspruch 3
- a. Verfahren zum Decodieren eines Datensignals (F), das wenigstens ein in Partitionen unterteiltes Bild repräsentiert, das vorher codiert worden ist.
- Das Verfahren führt die folgenden Schritte aus:
- b. Erhalten von digitalen Informationen, die Restdaten zugeordnet sind, durch Entropiedecodieren von Daten des Signals.
b1. Die Restdaten sind auf wenigstens eine früher codierte Partition bezogen.
b2. Die Restdaten sind in einem Block von Restdaten angeordnet. - Dadurch gekennzeichnet, dass das Verfahren die folgenden Schritte umfasst:
- c. Anhand der Restdaten bestimmen einer Untergesamtheit.
c1. Die Untergesamtheit enthält Restdaten, die während einer vorhergehenden Codierung modifiziert worden sein können.
c2. Die Untergesamtheit enthält Restdaten von einem ersten von Null verschiedenen Restdatenelement bis hin zu einem letzten von Null verschiedenen Restdatenelement aus einer Liste von Restdaten, die beim Durchlaufen des Blocks in einer im Voraus definierten Reihenfolge erhalten wird.
d. Berechnen (D5) des Wertes einer Funktion, die die Parität der Summe der Restdaten der bestimmten Untergesamtheit repräsentiert.
e. Anhand der berechneten Parität wird ein Wert des Vorzeichens eines Restdatenelements der Unterqesamtheit rekonstruiert. - Vorrichtungsanspruch 4
- a. Vorrichtungen zum Decodieren eines Datensignals, das wenigstens ein in Partitionen unterteiltes Bild repräsentiert, das vorher codiert worden ist.
- Die Vorrichtungen umfassen die folgenden Mittel
- b. Mittel, um durch entropisches Decodieren von Daten des Signals digitale Informationen zu erhalten, die Restdaten zugeordnet sind.
b1. Die Restdaten sind auf wenigstens eine vorher codierte Partition bezogen sind
b2. Die Restdaten sind in einem Block von Restdaten angeordnet. - Die Decodierungsvorrichtung ist dadurch gekennzeichnet ist, dass sie Verarbeitungsmittel umfasst, die dafür ausgelegt sind:
- c. Anhand der Restdaten eine Untergesamtheit zu bestimmen
c1. Die Untergesamtheit enthält Restdaten, die während einer vorhergehenden Codierung modifiziert worden sein können,
c2. Die Untergesamtheit enthält Restdaten von einem ersten von null verschiedenen Restdatenelement bis hin zu einem letzten von null verschiedenen Restdatenelement aus einer Liste von Restdaten, die beim Durchlaufen des Blocks in einer im Voraus definierten Reihenfolge erhalten wird,
d. den Wert einer Funktion zu berechnen, die die Parität der Summe der Restdaten der bestimmten Untergesamtheit repräsentiert,
e. anhand der berechneten Parität einen Wert des Vorzeichens eines Restdatenelements der Untergesamtheit zu rekonstruieren. - III.
Im Hinblick auf das Verständnis des Klagepatents bedarf nur die Merkmalsgruppe c und insbesondere der darin verwendete Begriff der „Untergesamtheit“ näherer Erläuterungen, weil sich die Parteien zu Recht nur darüber streiten. - Die nachfolgenden Ausführungen erfolgen mit Bezug auf den Verfahrensanspruch; sie gelten gleichermaßen für den Vorrichtungsanspruch.
- Die Merkmalsgruppe besagt, dass anhand der Restdaten eine Untergesamtheit zu bestimmen ist (Merkmal c), wobei die Untergesamtheit Restdaten enthält, die während einer vorhergehenden Codierung modifiziert worden sein können (Merkmal c1). Weiterhin ist vorgesehen, dass die Untergesamtheit Restdaten von einem ersten von null verschiedenen Restdatenelement bis hin zu einem letzten von null verschiedenen Restdatenelement aus einer Liste von Restdaten enthält, die beim Durchlaufen des Blocks in einer im Voraus definierten Reihenfolge erhalten wird.
- Der Begriff der Restdaten fungiert in den streitgegenständlichen Ansprüchen als Oberbegriff und fasst bestimmte Dateninhalte zusammen, die bei der (De-)Codierung in einem Arbeitsschritt zugrunde gelegt werden sollen. Im Zusammenhang mit einer anspruchsgemäßen Untergesamtheit handelt es sich um alle in einer Liste enthaltenen Restdatenelemente, sprich Koeffizienten, die bei der vorangegangenen Codierung modifiziert, also inkrementiert oder dekrementiert, worden sein können. Lediglich eine willkürliche Auswahl nur bestimmter oder irgendwelcher Teile der Restdaten aus der Liste, etwa der Gestalt, dass aus der Liste sämtliche Koeffizienten mit dem Wert Null eliminiert und für das weitere Verfahren außer Acht gelassen werden, ist unter dem Begriff der Restdaten nicht zu verstehen.
- Unter einer Untergesamtheit versteht das Klagepatent dabei eine reduzierte Gesamtheit an Daten, mithin eine so bearbeitete Datengesamtheit, dass nur noch bestimmte Daten enthalten sind, wie z.B. etwaig modifizierte Koeffizienten.
- Das vorstehende Verständnis folgt aus einer Auslegung des Klagepatents, für welche gemäß Art. 69 Abs. 1 Satz 2 EPÜ die Beschreibung und die Zeichnungen der Klagepatentschrift heranzuziehen sind, weil das Klagepatent keine eigene Definition dieses Begriffs bereithält.
- Dem Fachmann ist zwar aus dem Stand der Technik der Begriff des „Restes“ oder „Restbildes“ bekannt, womit immer die Differenz zwischen der Bildvorhersage (Prädiktion) und dem tatsächlichen Bild bezeichnet wird, und welcher mit einem Hinweis auf den Prädiktionsmodus in den codierten Datenstrom eingefügt werden muss (vgl. Abs. [0006] f.). In Verbindung mit einer Untergesamtheit wird dieser Begriff jedoch nicht verwendet, sodass die Klagepatentschrift Aufschluss über den Bedeutungsgehalt geben muss (vgl. Kühnen, a.a.O., Kap. A, Rn. 57).
- Einen ersten Hinweis auf das Begriffsverständnis der Restdaten im Sinne des Klagepatents erhält der Fachmann aus Abs. [0019], wonach gemäß der Erfindung unter Restdaten, die dazu geeignet sind, modifiziert zu werden, solche Daten verstanden werden, die bei einer Modifikation keine Desynchronisation zwischen dem Codierer und dem Decodierer hervorrufen. Diese Beschreibung bI(fft das technisch-funktionale Verständnis der Restdaten, weil deren Eigenschaft, verändert zu werden, herausgestellt wird.
- Im Hinblick auf den Inhalt der Restdaten ergeben sich aus dem Wortlaut der Merkmalsgruppe c weitere Anhaltspunkte dahingehend, dass Restdaten die Zusammenfassung mehrerer einzelner Datenelemente meinen. Denn in Merkmal c2 wird neben den Restdaten auch der Ausdruck des „Restdatenelementes“ benutzt, welcher, schon bei rein philologischer Betrachtung, einen einzelnen Bestandteil eines größeren Ganzen, namentlich ein Element der Restdaten, adressiert. Gemeint sind damit einzelne Koeffizienten, die zur Modifikation geeignet und ihrerseits aus einer Liste beinhaltend sämtliche Restdaten stammen.
- Dass der Begriff des Restdatenelementes mit demjenigen des Koeffizienten gleichgesetzt werden kann, leitet der Fachmann aus dem Wortlaut des Merkmals e und weiteren Beschreibungsstellen wie beispielsweise Abs. [0063], [0067] und Abs. [0123] ab. So soll in Merkmal e der Wert des Vorzeichens eines Restdatenelementes rekonstruiert werden und in Abs. [0063] beschreibt das Klagepatent, dass das Vorzeichen des ersten von Null verschiedenen Koeffizienten dazu vorgesehen ist, verborgen zu werden. Der Fachmann erkennt, dass es sich um ein Synonym handelt. Denn die gesamte erfindungsgemäße Lehre ist auf das Verstecken eines Vorzeichens eines Transformationskoeffizienten gerichtet, um den Rest eines Bildes, der nicht vorhergesagt werden konnte, zu codieren. Dementsprechend stellen auch die Beschreibungsstellen der Klagepatentschrift durchgehend auf Koeffizienten ab. Entsprechend kann auf Abs. [0067] und [0123] verwiesen werden, die solche Koeffizienten betreffen, die – im Falle der Codierung – modifiziert werden und – im Falle der Decodierung – modifiziert worden sein können. „Koeffizient“ ist mithin gegenüber dem Terminus „Restdatenelement“ nur die präzisere Beschreibung des Verfahrensgegenstandes.
- Das Klagepatent grenzt also schon im Anspruchswortlaut bewusst Datenmengen/Datengesamtheiten von einzelnen Daten ab. Dort, wo lediglich eine bestimmte Auswahl vom Datenmaterial den etwaig folgenden Verfahrensschritten zugrunde gelegt werden soll, wird das explizit vorgegeben. Dies erkennt der Fachmann aus denjenigen Beschreibungsabsätzen, die die einzelnen Schritte der Codierung erläutern (vgl. Abs. [0056] ff.) und dort bewusst Begriffe wie beispielsweise „Liste“, „Teilliste“ oder „modifizierte Liste“ bzw. „modifizierte Teilliste“ wählen.
- In Abs. [0056] wird beschrieben, dass
- „Am Ende des Schrittes C6 wird eine eindimensionale Liste E […] mit Koeffizienten erhalten, die unter der Bezeichnung „quantifizierter Rest“ bekannter ist, […]“
- Weiterhin lautet Abs. [0065] in der deutschen Übersetzung:
- „In Übereinstimmung mit der bevorzugten Ausführungsform des Schrittes C7 wird im Verlauf eines ersten Teilschrittes C71, der in der Figur 1 dargestellt ist, die Bestimmung, ausgehend von dieser Liste E, einer Teilliste SE vorgenommen, welche die Koeffizienten enthält, die modifiziert werden können […].“
- Wenngleich es sich bei den zuvor zitierten Beschreibungsstellen um ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel handelt, das den Anspruchsinhalt nicht beschränken kann, sieht der Fachmann, dass sich diese Begriffe Liste und Teilliste auf jeweils unterschiedlich zusammengesetztes Datenmaterial beziehen. Sie stehen jeweils für anhand bestimmter Kriterien und Verfahrensschritte ausgewählte Koeffizienten. Daher stützen diese Beschreibungsstellen auch das Verständnis des Restdatenelementes als Koeffizient.
- Der Fachmann entnimmt den vorstehend zitierten Beschreibungsstellen ferner, dass die Liste der Koeffizienten zwar eine Bearbeitung erfährt, diese allerdings ausschließlich mit Blick auf die in den Randbereichen befindlichen Koeffizienten mit dem Wert Null erfolgt. Er erhält aus diesen Passagen der Klagepatentschrift demgegenüber keinen Hinweis, dass die Liste der Koeffizienten auch in dem Sinne modifiziert werden könnte, dass einzelne Koeffizienten für das weitere Verfahren einfach unberücksichtigt bleiben könnten. Vielmehr legt Abs. [0066] im Wege einer Negativabgrenzung gerade abschließend fest, dass nur besagte Koeffizienten gleich null vor dem ersten bzw. letzten von null verschiedenen Koeffizienten für eine Modifikation nicht geeignet sind.
- Wörtlich heißt es:
- „Gemäß der Erfindung ist ein Koeffizient modifizierbar, wenn die Modifikation seines quantifizierten Wertes keine Desynchronisation in dem Decodierer hervorruft, wenn dieser modifizierte Koeffizient nun durch den Decodierer verarbeitet wird. Auf diese Weise ist das Verarbeitungsmodul MTR_CO anfänglich dazu konfiguriert, Folgendes nicht zu modifizieren:
– den oder die Koeffizienten gleich null, der/die vor dem ersten von null verschiedenen Koeffizienten liegt/liegen, […]
– und aus Gründen der Berechnungskomplexität, den oder die Koeffizienten gleich null, der/die nach dem letzten von null verschiedenen Koeffizienten liegt/liegen.“ - Dieser Beschreibungsstelle entnimmt der Fachmann, dass die übrigen Parameter der Liste, insbesondere auch solche Koeffizienten, deren Wert Null beträgt, für die Modifikation herangezogen werden können. Anhaltspunkte dafür, ob und welche weiteren Koeffizienten (teilweise) unberücksichtigt gelassen werden könnten, fehlen.
- Das ab Abs. [0056] beschriebene Ausführungsbeispiel stellt daher nicht zur Disposition, dass aus der Liste der Koeffizienten für die weiteren Verfahrensschritte eine Auswahl getroffen werden könnte. Vielmehr ist die Anzahl der zu versteckenden Vorzeichen variabel. Denn in einer anderen Ausführungsweise wird auf mehr als nur ein zu verbergendes Vorzeichen abgestellt. Dies ergibt sich explizit aus den Beschreibungsabschnitten [0063] und [0064], die die Anzahl möglicher zu versteckender Vorzeichen exemplarisch angeben.
- Ergänzend wird der Fachmann durch den Wortlaut des hier nicht streitgegenständlichen, das Codierverfahren beschreibenden Anspruchs 1 in dem Verständnis, dass durchgängig eine bewusste Begriffswahl für das zu behandelnde Datenmaterial erfolgt ist und keine (willkürliche) Auswahl von Restdaten/Restdatenelementen erfolgen darf, gestützt.
- So lautet Anspruch 1 auszugsweise unter dem ersten und zweiten Spiegelstrich, deren Formulierungen nahezu komplett mit derjenigen der Merkmalsgruppe c identisch ist, in seinem kennzeichnenden Teil wie folgt:
- „anhand der bestimmten Gesamtheit von Restdaten Bestimmen (C71) einer Untergesamtheit, die Restdaten enthält, die modifiziert werden können, wobei die Untergesamtheit Restdaten enthält, die einer Liste von Restdaten, die beim Durchlaufen des Blocks in einer im Voraus definierten Reihenfolge erhalten wird, von einem ersten von null verschiedenen Restdatenelement zu einem letzten von null verschiedenen Restdatenelement laufen, – Berechnen (C8) des Wertes einer Funktion, die die Parität der Summe der Restdaten der bestimmten Untergesamtheit repräsentiert.“
- Insbesondere das Abstufungsverhältnis der Begrifflichkeiten Restdaten und Restdatenelemente zueinander, von einem Ganzen hin zu einzelnen Bestandteilen, geht schon daraus hervor. Zugleich sind diesem Anspruch Hinweise auf das Verständnis und vor allem den Inhalt einer Untergesamtheit zu entnehmen. Schon rein philologisch erkennt der Fachmann aus dem Gesamtzusammenhang des Anspruchs, dass eine „Untergesamtheit“ eine gegenüber der bestimmten Gesamtheit von Restdaten verkleinerte Menge ist. Sie enthält nur noch die Restdaten, die zur Modifikation geeignet sind. Dies stellt eine für den Fachmann ausreichende Beschreibung dar; er weiß, welche Daten umfasst sein sollen. Eine (willkürliche) Auswahl aus derlei Daten nimmt er deshalb nicht vor, weil ihm Anhaltspunkte dafür fehlen.
- Aus der parallelen Formulierung des Anspruchs 1 kann der Fachmann ferner erkennen, dass das Klagepatent davon ausgeht, bei der Decodierung denselben Inhalt anhand des entsprechenden Datenmaterials, wie es zuvor im Rahmen der Codierung zugrunde gelegt worden ist, zu erhalten. Diesen Zusammenhang der beiden Verfahren stellt das Klagepatent mit Formulierungen wie in Abs. [0121] „wird auf dieselbe Art und Weise durchgeführt, wie in dem vorgenannten Codierungsschritt“ ausdrücklich heraus, was es neben dem Grundsatz, dass die gleichen Begriffe in einer Klagepatentschrift grundsätzlich denselben Inhalt haben (vgl. BGH, GRUR 2017, 152 – Zungenbett), umso mehr rechtfertigt, hier ein einheitliches Begriffsverständnis anzunehmen. Weshalb der Fachmann daher den Restdaten für den Decodiervorgang einen anderen Inhalt zuweisen sollte als bei der Codierung, ist nicht ersichtlich.
- Schließlich erfordert die technische Funktionsfähigkeit der erfindungsgemäßen Lehre gerade, dass alle und nicht irgendwelche Restdaten als Inhalt der Untergesamteinheit aufgefasst werden. Zunächst folgt dies aus der erörterten, vom Klagepatent z.B. in Abs. [0121] selbst vorgegebenen funktionalen Spiegelbildlichkeit von Codierung und Decodierung. Denn die Schritte der Decodierung laufen in umgekehrter Reihenfolge zu denjenigen der Codierung und knüpfen an den an den Decoder übermittelten Datenstrom an.
- Nach dem Klagepatent erfordert es Verfahrensschritt C72, dass das Verarbeitungsmodul MTR_CO einen Vergleich der Anzahl an modifizierbaren Koeffizienten aus der Teilliste SE1 mit dem zuvor bestimmten Schwellenwert TSIG vornimmt (vgl. Abs. [0068] ff.). Dabei sind alle – modifizierbaren – Restdaten in den Blick zu nehmen und nicht nur eine willkürliche Auswahl daraus. Dieser Verfahrensschritt erklärt sich technisch-funktional daraus, dass das Klagepatent die Durchführung des Data Hiding erst dann als vernünftig erachtet, wenn eine bestimmt große Anzahl an Koeffizienten vorhanden ist. Daher erfolgt der Schritt C72 auch erst, nachdem feststeht, welche Koeffizienten überhaupt modifizierbar sind, worin gerade der Vorteil der klagepatentgemäßen Lehre liegt. Indes würde der Verfahrensschritt des Datenabgleichs sowie die ihm vorgelagerte Ermittlung modifizierbarer Koeffizienten vollständig konterkariert werden, wenn aus einer Liste modifizierbarer Koeffizienten einfach irgendwelche für die weitere Bearbeitung herangezogen würden.
- Auch Merkmal d des Klagepatentanspruchs 3 könnte nicht mehr technisch sinnvoll umgesetzt werden, wenn auch nur eine willkürliche Auswahl aus Restdaten ausreichend wäre, um eine Untergesamtheit zu bilden. Denn dies würde unmittelbar die zu berechnende Summe und ihre Parität beeinflussen. Bei dem Rückgriff auf irgendwelche und nicht auf alle Restdaten würden Informationen verloren gehen, die der Decodierer aber zwingend für eine erfolgreiche Decodierung und den Erhalt eines qualitativ hochwertigen Bildes benötigt.
- IV.
Der HEVC-Standard macht von allen Anspruchsmerkmalen Gebrauch. - Die Merkmale a bis c werden von den Parteien schon zu Recht als vom HEVC-Standard verwirklicht behandelt, sodass dazu Ausführungen der Kammer nicht erforderlich sind.
Aber auch bezüglich der Merkmale d und e vermochte die Kammer festzustellen, dass der HEVC-Standard sie benutzt. Diese Merkmale sind nicht nur als optionale Verfahrensschritte/Vorrichtungsausstattungen im HEVC-Standard vorgesehen. Außerdem wird lediglich eine schlechte – nicht HEVC-Standard konforme – Bildqualität erhalten, wenn diese Verfahrensschritte nicht durchgeführt werden. - 1.
Auf Seiten des Decodierers entspricht die Programmierzeile (vgl. Anlage K3d‘, S. 60; Kolorierungen jeweils von der Klägerin hinzugefügt) - X
dem Merkmal d des Klagepatentanspruchs 3, weil sie eine Paritätsberechnung fordert. - Die weitere Programmierzeile (vgl. Anlage K3d‘, S. 60)
- X
sieht, wie Anspruchsmerkmal e, die Rekonstruktion eines versteckten Vorzeichens vor. - Die Klägerin hat damit substantiiert und unter konkreter Bezugnahme auf Passagen des HEVC-Standards hergeleitet, dass dieser Verfahrensschritte im Sinne der erfindungsgemäßen Lehre zur Berechnung des Wertes einer Funktion und zur Rekonstruktion eines Wertes des Vorzeichens eines Restdatenelementes anhand der berechneten Parität vorsieht und woraus sich das jeweils aus den Programmierzeilen ergibt. Weil die Beklagte diesem Vorbringen nicht auf erhebliche Weise, orientiert an dem Wechselspiel von Vortrag und Gegenvortrag entgegengetreten ist, gilt es gem. § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden.
- 2.
Sofern sich die Beklagte auf die bloße Optionalität dieser in den Merkmalen d und e verkörperten Funktionen beruft, weshalb das Klagepatent nicht standardessentiell sei, verfängt dies nicht. Insbesondere ist für dieses Verständnis ein Verweis auf die Bedingung - X
- nicht geeignet.
- Im Hinblick auf den Bedeutungsgehalt dieser Bedingung stimmen die Parteien darin überein, dass von deren (Nicht-)Erfüllung abhängt, ob das Data Hiding-Verfahren zur Anwendung kommt. Wenn die Bedingung erfüllt ist, wird der Parameter signHidden auf Null gesetzt, was signalisiert, dass das Data Hiding nicht ausgeführt werden soll. Wenn die Bedingung indes nicht erfüllt ist, nimmt der Parameter den Wert Eins an und das Data Hiding wird durchgeführt.
- Wann die Bedingung erfüllt ist, ist wiederum von Unterbedingungen abhängig. Diese hat die Klägerin im Einzelnen unter Verweis auf Ziff. 7.3.8.11 „Residual coding syntax“ des HEVC-Standards (vgl. Anlage K3d, S. 58) konkretisiert und dazu dargelegt, dass diese Bedingungen von im Codierer zu setzenden Parametern abhängen. Diese Informationen werden sodann mittels des Deskriptors „ae(v)“ im Datenstrom an den Decodierer übermittelt und von diesem ausgelesen.
- Die Beklagte hat sich inhaltlich nicht gegen dieses Vorbringen gewandt, sondern nur behauptet, dass selbst dann, wenn diese Parameter bei der Codierung gesetzt würden, ihr Vortrag, wonach der Decodierer die if-Bedingungen gänzlich ignorieren oder trotz Nichterfüllung der Bedingungen (was die Initiierung des Data Hiding bedeutet) den relevanten Parameter SignHidden auf Null setzen könne, richtig bleibe. Inwieweit der Decodierer auf die Erfüllung dieser Bedingungen und dadurch mittelbar auf die Ausführung des Data Hiding einwirken können soll, ist indes nicht ersichtlich.
- Die Beklagte behauptet diese Steuerungsmöglichkeit durch den Decodierer nur pauschal und ohne auf konkrete Passagen des HEVC-Standards Bezug zu nehmen oder technische Erklärungen anzuführen. Dies wäre hier aber erforderlich gewesen, weil in diesem Zusammenhang allein die Spiegelbildlichkeit von Codierung und Decodierung nicht weiterhilft, sondern vielmehr gegen die Einflussmöglichkeit des Decoders spricht. Denn weil gerade die zitierte Bedingung auf Seiten des Codierers darüber entscheidet, ob das Data Hiding durchgeführt wird, besteht technisch schon kein Anlass, diese Bedingung auch in den Decodierer aufzunehmen. An den Decodierer werden überhaupt nur noch diejenigen Informationen übertragen, die zuvor in Abhängigkeit von der Erfüllung der Bedingung den entsprechenden Verfahrensschritten zugeführt worden sind.
- Hinzukommt schließlich, dass die Beklagte den weiteren Vortrag der Klägerin nicht in Abrede gestellt hat, wonach standardkonforme Decodierer für den Erhalt eines qualitativen Bildes tatsächlich in der Lage sein müssen, Blöcke mit einem versteckten Vorzeichen zu decodieren, was einschließt, dass sie die Verfahrensschritte nach den Merkmalen d und e ausführen können. Die Beklagte hat sich nur damit verteidigt, dass die Klägerin die konkrete Funktionsweise der angegriffenen Ausführungsformen nicht aufgezeigt hätte. Aufgrund der insbesondere deshalb als unstreitig zu betrachtenden Standardkonformität der angegriffenen Ausführungsformen, weil die Beklagte ihre Geräte mit einem Hinweis auf den HEVC-Standard bewirbt, kommt es auf derlei klägerisches Vorbringen jedoch nicht an.
- 3.
Angebot und Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen stellen aufgrund der HEVC-Standardkompatibilität der angegriffenen Geräte eine unmittelbare Verletzung des Klagepatents in Form des Patentanspruchs 4 gemäß § 9 S. 2 Nr. 1 PatG dar. Die Klägerin hat schließlich hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsformen konkret aufgezeigt, wie sich die Decodierergebnisse abhängig von der Rekonstruktion versteckter Vorzeichen bzw. dem Wert des eingesetzten Parameters verändern und deutlich voneinander abweichen. Dazu hat die Klägerin auf einen Test-Videodatenstrom, der von dem Joint Video Experts Team (JVET) der Standardisierungsgruppen MPEG und VCEG zur Verfügung gestellt wird, zurückgegriffen und einmal einen Decodierer so abgeändert, dass der Parameter „signHidden“ auf null gesetzt ist. Dies führt im Ergebnis immer, auch bei tatsächlich verborgenen negativen Vorzeichen dazu, dass der Decodierer immer ein positives Vorzeichen annimmt. Denn bei einem ignorierten versteckten Vorzeichen setzt der Decodierer auch das Syntaxelement „coeff_sign_flag“ immer gleich null, was einem positiven Vorzeichen entspricht. - 4.
Angebot und Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen stellen zudem eine mittelbare Verletzung des Klagepatents in Form des Patentanspruchs 3 gemäß § 10 Abs. 1 PatG dar. - Bei den angegriffenen Ausführungsformen handelt es sich um ein Mittel im Sinne von § 10 Abs. 1 PatG, das objektiv geeignet ist zur Anwendung des durch den Klagepatentanspruch 3 geschützten Verfahrens. Denn die HEVC-Standardkompatibilität eines Gerätes setzt – wie gezeigt – die Eignung zur Anwendung des geschützten Verfahrens voraus. Bei den angegriffenen Ausführungsformen handelt es sich um solche HEVC-standardkompatiblen Geräte.
- Damit beziehen sich die angegriffenen Ausführungsformen auch auf ein wesentliches Element der Erfindung. Das ist nämlich der Fall, wenn das Mittel geeignet ist, mit einem wesentlichen, nämlich im Patentanspruch genannten Erfindungselement funktional so zusammenzuwirken, dass es zu einer Verwirklichung des Erfindungsgedankens kommt (BGH, GRUR 2004, 758, 760 – Flügelradzähler; GRUR 2005, 848 – Antriebsscheibenaufzug; GRUR 2006, 570 – extracoronales Geschiebe). Im Streitfall kann das klagepatentgemäße Decodierungsverfahren durch die angegriffenen Ausführungsformen ins Werk gesetzt werden, weil die angegriffenen Ausführungsformen entsprechend programmiert bzw. eingerichtet sind.
- Die Beklagte bietet die angegriffenen Ausführungsformen unstreitig im Inland zur Benutzung der Erfindung an und liefert sie. Dabei ist es auf Grund der Umstände offensichtlich, dass die angegriffenen Ausführungsformen dazu geeignet und bestimmt sind, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden. Insofern ist maßgeblich, ob im Zeitpunkt des Angebots oder der Lieferung nach den gesamten Umständen des Falls die drohende Patentverletzung aus der Sicht des Anbieters oder Lieferanten so deutlich erkennbar war, dass ein Angebot oder eine Lieferung der wissentlichen Patentgefährdung gleichzustellen ist (BGH, GRUR 2007, 679 – Haubenstretchautomat). Es genügt, wenn aus der Sicht des Dritten bei objektiver Betrachtung nach den Umständen die hinreichend sichere Erwartung besteht, dass der Abnehmer die angebotenen oder gelieferten Mittel zur patentverletzenden Verwendung bestimmen wird (BGH, GRUR 2006, 839 – Deckenheizung).
- Im Streitfall ist die Herstellung der HEVC-Standard-Kompatibilität Folge der ziel- und zweckgerichteten Implementierung durch die Beklagte. Das Abspielen von HEVC-Videoinhalten ist nur in patentverletzender Weise möglich. Dass die Beklagte subjektiv damit rechnet, dass es praktisch sicher dazu kommt, dass Nutzer HEVC-Videos abspielen werden, liegt dabei schon deswegen auf der Hand, weil sie den Nutzern diese Funktion ziel- und zweckgerichtet durch das Vorsehen der entsprechenden Kompatibilität eröffnet. Auch aus Sicht eines Dritten ist praktisch sicher zu erwarten, dass Nutzer auch HEVC-Inhalte abspielen werden. Zur Feststellung dieses Tatbestandsmerkmals kann auf Erfahrungen des täglichen Lebens zurückgegriffen werden (BGH, GRUR 2005, 848, 851 – Antriebsscheibenaufzug). Danach gehört das Abspielen von Videoinhalten auf technischen Geräten heute zu den Kernfunktionen moderner Geräte, von denen nach allgemeiner Lebenserfahrung praktisch fast jeder Gebrauch macht. Die Anwendung des patentgeschützten Verfahrens durch die Abnehmer der angegriffenen Ausführungsform ist sicher zu erwarten.
- V.
Der seitens der Beklagten geltend gemachte kartellrechtliche Zwangslizenzeinwand greift nicht durch. - Die Kammer kann nicht feststellen, dass die Klägerin ihre marktbeherrschende Stellung (dazu unter 1.) missbräuchlich ausgenutzt hat (dazu unter 2.).
- 1.
Die Klägerin verfügt über eine marktbeherrschende Stellung im Sinne des Art. 102 AEUV. - a.
„Marktbeherrschung“ meint die wirtschaftliche Macht, die es einem Unternehmen erlaubt, einen wirksamen Wettbewerb auf dem (zeitlich, räumlich und sachlich relevanten) Markt zu verhindern und sich seinen Wettbewerbern, Abnehmern und den Verbrauchern gegenüber in nennenswertem Umfang unabhängig zu verhalten (EuGH Slg 78, 207 Rn. 65 f. – United Brands; EuGH Slg 79, 461 Rn. 38 f. – Hoffmann-La Roche; Kühnen, a.a.O., Kap. E, Rn. 227). - Die notwendige exakte Abgrenzung des (sachlichen und räumlichen) Marktes, auf dem Unternehmen konkurrieren, kann mittels des sog. Bedarfsmarktkonzepts (vgl. näher dazu etwa Wiedemann, in: Wiedemann, Kartellrecht, 3. Aufl. 2016, § 23, Rn. 11 ff. m.w.N.) erfolgen. Es sind diejenigen Wettbewerbskräfte zu eruieren, denen die betreffenden Unternehmen unterliegen. Ferner werden diejenigen Unternehmen bestimmt, welche tatsächlich in der Lage sind, dem Verhalten der beteiligten Unternehmen Schranken zu setzen und einen Entzug vom Wettbewerbsdruck verhindern. Es ist zu klären, welche Produkte bzw. Dienstleistungen aus der Sicht der Nachfrager funktionell gegeneinander austauschbar sind. Demselben sachlichen Markt wird zugeordnet, was aufgrund der jeweiligen Eigenschaften, Preise und Verwendungszwecke aus Sicht der Nachfrager nicht durch andere Produkte bzw. Dienstleistungen substituierbar ist. Zu berücksichtigen ist dabei ein Zusammentreffen mehrerer Faktoren (etwa Marktanteil, Unternehmensstruktur, Wettbewerbssituation, Verhalten auf dem Markt, grundsätzlich jedoch nicht der Preis; vgl. Wiedemann, a.a.O., § 23, Rn. 12). Einzelne Faktoren müssen jeweils für sich betrachtet nicht notwendig den Ausschlag geben. Das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland stellt – wie jeder Mitgliedsstaat – insoweit zugleich einen wesentlichen Teil des Gemeinsamen Marktes dar (vgl. EuGH Slg. 1983, 3461, Rn. 103 – Michelin/Komm).
- Im Zusammenhang mit den hier geltend gemachten Verbietungsrechten aus einem Patent ist die geschilderte Abgrenzung in Bezug auf den Lizenzvergabemarkt vor-zunehmen (vgl. Kühnen, a.a.O., Kap. E, Rn. 228): Anbieter ist der Patentinhaber, dem allein eine Lizenzvergabe am jeweiligen Patent möglich ist; Nachfrager ist der an der patentgeschützten Technik interessierte Anwender. Grundsätzlich führt jedes Patent zu einem eigenen sachlich relevanten Markt, es sei denn, dass im Einzelfall eine – aus der Sicht der Nachfrager – gleichwertige Technologie für dasselbe technische Problem zur Verfügung steht. Anerkanntermaßen ist mit der bloßen Inhaberschaft von Patenten allein noch keine marktbeherrschende Stellung verbunden. Erhält der Patentinhaber allerdings aufgrund hinzutretender Umstände die Möglichkeit, mittels seiner Monopolstellung wirksamen Wettbewerb auf einem nachgelagerten Markt (hier: auf dem nachgeordneten Produktmarkt für (aufgrund des Patents) lizenzpflichtige Waren/Dienstleistungen) zu verhindern, so liegt eine marktbeherrschende Stellung vor (EuGH GRUR Int 1995, 490 – Magill TVG Guide; EuGH WuW 2013, 427 – X).
- Selbst ein standardessentielles Patent („SEP“) als solches begründet noch keine hinreichende Bedingung für eine Marktbeherrschung; auf die Standardessentialität allein ist nicht einmal eine (widerlegliche) Vermutung zu stützen, dass der SEP-Inhaber wirksamen Wettbewerb gerade deshalb verhindern kann, weil das SEP aufgrund der Standardessentialität benutzt werden muss, um mit dem Standard kompatible Produkte erzeugen zu können (LG Düsseldorf, Urt. v. 13. Juli 2017, Az. 4a O 16/16, BeckRS 2017, 129534; Kühnen, a.a.O., Kap. E, Rn. 231; de Bronett, in Wiedemann, a.a.O., § 22, Rn. 27; Müller, GRUR 2012, 686; a.A. scheinbar Schlussanträge Generalanwalt Wathelet v. 20. November 2014 in der Sache C-170/13 Rn. 57 = BeckRS 2014, 82403; EuGH, Rechtssache J/L, Az. C-170/13, Urt. v. 16. Juli 2015 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 15. Dezember 2015, GRUR 2015, 764, nachfolgend EuGH-Urteil a.a.O., Rn. 43 hat die Frage offengelassen, weil die Marktbeherrschung im vorgelegten Einzelfall unstreitig und daher nicht Gegenstand der Vorlagefragen war). Es bedarf daher in Bezug auf jedes einzelne in den Standard aufgenommene Patent der auf die Umstände des Einzelfalles abstellenden Beurteilung seiner wettbewerblichen Bedeutung für den nachgelagerten Produktmarkt (Kühnen, a.a.O., Kap. E, Rn. 231 ff.): Ergibt sich insoweit, dass die Nutzung des jeweiligen SEPs geradezu eine Marktzutrittsvoraussetzung begründet, ist eine marktbeherrschende Stellung selbst dann zu bejahen, wenn zwar die aus dem jeweiligen SEP resultierende technische Wirkung die Marktteilnahme nicht entscheidend beeinflusst, jedoch aus technischen Gründen zutrittsrelevante Funktionen nicht genutzt werden könnten, so dass die generelle Interoperabilität/Kompatibilität nicht mehr gesichert wäre (vgl. zu allem OLG Düsseldorf, a.a.O. – Mobiles Kommunikationssystem). Entsprechendes gilt, wenn ein wettbewerbsfähiges Angebot ohne eine Lizenz am betreffenden SEP nicht möglich wäre (z.B. weil für nicht patentgemäße Produkte nur ein Nischenmarkt besteht).
- Der Beklagte trägt für die Marktbeherrschung nach den allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast (OLG Düsseldorf, a.a.O. – Mobiles Kommunikationssystem). Der Beklagte ist insoweit gehalten, hinreichend konkrete Tatsachen vorzutragen, die eine gerichtliche Überprüfung, ob eine beherrschende Stellung auf dem räumlich und sachlich relevanten Markt gegeben ist oder nicht, erlauben.
- b.
Die Klägerin hat auf dem zu lizensierenden Markt des HEVC-Standards eine beherrschende Stellung inne, weil sie bzw. die H als Poolverwalterin über die Erteilung von Lizenzen bezüglich der standardrelevanten Schutzrechte entscheiden können. Dadurch ist sie in der Lage, Wettbewerb auf dem nachgelagerten Markt, welcher aus allen HEVC-fähigen Endgeräten besteht, zu verhindern. Wenngleich der HEVC-Standard den nachgelagerten Produktmarkt nicht im Sinne einer Marktzutrittsvoraussetzung beeinflusst, da grundsätzlich auch Endprodukte ohne diesen gängigen Standard vermarktet werden können, ist die Ausstattung der Endgeräte mit diesem Videostandard dennoch ein wesentlicher Faktor. Denn ohne dessen Bereitstellung wären die Produkte (TV, Set-Top-Boxen, Tablets usw.) tatsächlich nicht wettbewerbsfähig, weil es mangels (De-)Codiervorrichtungen praktisch für das Abspielen von Videos und für den durchschnittlichen Nutzer, der diese Abspielmöglichkeit als wichtige Funktion in Form eines „Must Have“ betrachtet, untauglich wäre. Es ist nämlich kein anderer Standard vorhanden, der aktuell den HEVC-Standard ersetzen könnte, so dass es auf eine Lizenznahme bei der H oder der Klägerin selbst nicht ankäme. Vielmehr ist es seitens der Endgerätehersteller üblich, die Geräte so auszustatten, dass alle gängigen Standards unterstützt werden und Videoinhalte korrekt wiedergegeben werden können. Denn es ist der Inhalte-Anbieter, der auswählt, welcher Standard für die Codierung genutzt wird. - 2.
Die Klägerin ist ihren nach der Rechtsprechung des EuGHs aus dem kartellrechtlichen Missbrauchs- und Diskriminierungsverbot folgenden FRAND-Obliegenheiten ausreichend nachgekommen. Sie nutzt ihre marktbeherrschende Stellung nicht auf missbräuchliche Weise aus. - a.
Der EuGH hat in der Sache J ./. L Vorgaben dazu gemacht, wann die Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs (und auch des Rückrufanspruchs) aus einem von einer Standardisierungsorganisation normierten SEP, dessen Inhaber sich gegenüber dieser Organisation zur Erteilung von Lizenzen zu fairen, zumutbaren und diskriminierungsfreien Bedingungen (FRAND-Bedingungen – fair, reasonable and non-discriminatory) an jeden Dritten verpflichtet hat, keinen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung im Sinne von Art. 102 AEUV darstellt. - Hiernach muss der Inhaber eines SEPs, bevor er seinen Unterlassungs- oder Rückrufanspruch geltend macht, den angeblichen Verletzer (nachfolgend: „Verletzer“) auf die Patentverletzung hinweisen (Leitsätze und Rn. 61 EuGH-Urteil). Soweit der Verletzer zu einer Lizenznahme grundsätzlich bereit ist, muss der SEP-Inhaber ihm ein konkretes schriftliches Angebot auf Lizenzierung des SEPs zu fairen, angemessenen und nicht-diskriminierenden Bedingungen unterbreiten und dabei auch die Art und Weise der Berechnung der geforderten Lizenzgebühren darlegen (Rn. 63 EuGH-Urteil). Hierauf muss der Verletzer nach Treu und Glauben und insbesondere ohne Verzögerungstaktik reagieren (Rn. 65 EuGH-Urteil). Nimmt er das Angebot des SEP-Inhabers nicht an, muss der Verletzer innerhalb einer kurz zu bemessenden Frist ein Gegenlizenzangebot unterbreiten, welches die FRAND-Vorgaben beachtet (Rn. 66 EuGH-Urteil). Lehnt der SEP-Inhaber dieses Gegenangebot seinerseits ab, muss der Verletzer ab diesem Zeitpunkt über die Benutzung des SEPs abrechnen und für die Zahlung der Lizenzgebühren Sicherheit leisten, was auch für Nutzungen in der Vergangenheit gilt (Rn. 67 EuGH-Urteil). Dem Verletzer darf dabei jedoch kein Vorwurf des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens daraus gemacht werden, dass er während der Lizenzverhandlung den Rechtsbestand oder die Standardessentialität des SEPs angreift oder sich vorbehält, dies später zu tun (Rn. 69 EuGH-Urteil). Die vom EuGH für den Unterlassungs- und Rückrufanspruch explizit vorgesehenen, kartellrechtlichen Einschränkungen gelten nach allgemeiner Auffassung ebenfalls für den Vernichtungsanspruch (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 13. Januar 2016, I- 15 U 65/15, Rn. 16, zitiert nach juris; LG Düsseldorf, Urt. v. 31. März 2016, 4a O 126/14, BeckRS 2016, 08040 m.w.N.).
- Der EuGH ging beim Aufstellen dieser wechselseitig und stufenweise zu erfüllenden Obliegenheiten ersichtlich von dem Leitbild der lizenzwilligen Parteien und insbesondere eines lizenzwilligen Verletzers aus, der – sobald er auf die Benutzung des Klagepatents hingewiesen wurde – eine zügige Lizenzierung zu FRAND-Bedingungen anstrebt. Gegenüber einem solchen Verletzer besteht kein kartellrechtlich legitimierbares Interesse an der Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs aus einem SEP. Stattdessen haben die beiden Parteien sich zu bemühen, zunächst durch außergerichtliche Verhandlungen einen FRAND-gemäßen Lizenzvertrag abzuschließen (OLG Düsseldorf, a.a.O. – Mobiles Kommunikationssystem; LG Düsseldorf, Urt. v. 31. März 2016, Az. 4a O 126/14, BeckRS 2016, 08040; Urt. v. 13. Juli 2017, 4a O 154/15, Rn. 254 zitiert nach juris; Urt. v. 9. November 2018, 4a O 15/17 und Urt. v. 12. Dezember 2018, 4b O 4/17;).
- Nach den allgemeinen im deutschen Zivilprozess geltenden Grundsätzen muss der SEP-Inhaber nach Erhebung des Kartellrechtseinwands in dem Verletzungsprozess darlegen und beweisen, dass er die vom EuGH aufgestellten Obliegenheiten erfüllt hat, damit er den Unterlassungsanspruch ohne Missbrauch geltend machen kann. Soweit es sich hingegen um Obliegenheiten handelt, die seitens des Verletzers zu erfüllen sind, liegt die Darlegungs- und Beweislast für die Erfüllung der jeweiligen Obliegenheit auf seiner Seite. Demnach ist der SEP-Inhaber für die Verletzungsanzeige und die Unterbreitung eines FRAND-Angebots darlegungs- und beweisbelastet; der Patentbenutzer für die Lizenzierungsbitte, das ggf. erforderliche FRAND-Gegenangebot sowie die Abrechnung und Sicherheitsleistung.
- b.
Die Kammer vermochte vorliegend festzustellen, dass die vom EuGH aufgestellten und auch im hiesigen Rechtsstreit geltenden Verfahrensschritte eingehalten wurden. Dabei wird aus Gründen der Übersichtlichkeit nachfolgend zunächst das Vorgehen und der Inhalt des Standardlizenzvertrages neu der H erläutert. - aa.
Die Klägerin hat – zunächst über die H – die Verletzung gegenüber der Beklagten ordnungsgemäß angezeigt. - Nach den sich aus dem EuGH-Urteil ergebenden Verfahrensschritten obliegt es zunächst dem Patentinhaber, gegenüber dem vermeintlichen Patentverletzer die Verletzung anzuzeigen. Der Verletzer soll auf sein möglicherweise rechtswidriges Verhalten hingewiesen werden, wobei das betroffene SEP zu bezeichnen und anzugeben ist, auf welche Weise es verletzt worden sein soll (vgl. Rn. 61 EuGH-Urteil).
- Aufgrund dessen sind zumindest die Angabe der Veröffentlichungsnummer des Klagepatents, die angegriffene Ausführungsform und die vorgeworfene(n) Benutzungshandlung(en) (im Sinne von §§ 9f. PatG) gegenüber dem Verletzer erforderlich (OLG Düsseldorf, a.a.O. – Mobiles Kommunikationssystem; LG Düsseldorf, Urt. v. 31. März 2016, 4a O 126/14, BeckRS 2016, 08040; Kühnen, a.a.O., Kap. E, Rn. 365). Die Verletzungsanzeige erfordert hingegen keine detaillierten (technischen und/oder rechtlichen) Erläuterungen zur Verletzung; der andere Teil muss nur in die Lage versetzt werden (ggf. unter Bemühung sachverständiger Hilfe), den ihm gemachten Verletzungsvorwurf zu prüfen (Kühnen, a.a.O., Kap. E, Rn. 365). Weder bedarf es eines Hinweises auf die Standardessentialität eines Patents noch der Gegenüberstellung der Anspruchsmerkmale mit den Merkmalen des Standards. Denn die (inhaltlichen) Anforderungen an die Verletzungsanzeige dürfen nicht derart überspannt werden, dass der Patentinhaber zu diesem frühen Zeitpunkt der Auseinandersetzung schon verpflichtet wird, detailliert zu begründen, wodurch die einzelnen Merkmale des Patentanspruchs verwirklicht werden, und so seine Ansprüche rechtlich herzuleiten. Den Verletzungsvorwurf inhaltlich zu überprüfen, ist zunächst Sache des Verletzers (vgl. Kühnen, a.a.O., Kap. E, Rn. 365).
- Nach den vorstehend geschilderten Maßgaben erweist sich die E-Mail der H vom X (Anlage VP Kart 3) vorliegend als hinreichender Verletzungshinweis. Damit wurde die Beklagte auf den Patentpool von H aufmerksam gemacht und ihr angeboten, Claim Charts zu übermitteln (Anlage VP Kart 3). Hieran schloss sich weiterer E-Mail-Verkehr mit Erläuterungen zur Lizenzrate an (vgl. Anlagen VP Kart 5 bis 7).
- (1)
Der Verletzungshinweis konnte auf Seiten der Klägerin wirksam zunächst (auch) von der H abgegeben werden. - Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Klägerin anfangs bis 2018 gegenüber der Beklagten, nachdem sich die Klägerin neben weiteren Klägern zur Klageeinreichung entschlossen hat, zu keiner Zeit selbst aufgetreten ist. Vielmehr ist stattdessen ausschließlich die H tätig geworden, wobei für die H Herr M (XXX) handelte. Die H war als Lizenzverwalterin berechtigt, Rechtshandlungen im Zusammenhang mit der Gewährung von Lizenzen an dem HEVC-Patentpool vorzunehmen, was insbesondere den Abschluss von Lizenzverträgen und diesen vorbereitende notwendige Schritte einschließt.
- Das EuGH-Urteil steht einer solchen Handlungsmöglichkeit nicht entgegen.
- So heißt es dort zwar u.a., dass der Inhaber eines SEPs Bedingungen erfüllen muss, durch die ein gerechter Ausgleich der Interessen gewährleistet werden soll (Rn. 55 EuGH-Urteil). Insoweit ist durchgängig nur die Rede vom SEP-Inhaber, der gegenüber dem Lizenzsucher aktiv werden und die aufgestellten Obliegenheiten erfüllen muss. So ist es auch anschließend der Patentinhaber selbst, der gegen den Verletzer Klage erhebt.
- Dennoch ergibt sich aus dem EuGH-Urteil nicht zugleich ein einschränkendes Verständnis dahingehend, dass neben dem SEP-Inhaber nicht auch ein Dritter für diesen die rechtlich relevanten Handlungen vornehmen darf. Ausdrücklich ist diese Möglichkeit in der Entscheidung nicht vorgesehen. Es sind indes keine Gründe festzustellen, die gegen eine solche Handlungsvariante sprechen. Denn im Ergebnis verbleibt es dabei, dass ein dem Patentinhaber zuzurechnendes und wirksames Tätigwerden vorliegt und nur der Patentinhaber berechtigt und verpflichtet wird.
- Schützenswerte Interessen des Lizenzsuchers werden dabei nicht beeinträchtigt. Dies gilt jedenfalls dann und solange, wie der Lizenzverwalter zu erkennen gibt, dass nicht er selbst Patentinhaber ist, sondern hinter ihm Patentinhaber stehen, für die er handelt. So ist eine hinreichende Information des Lizenzsuchers gewahrt, da er Kenntnis von der Person des Rechtsinhabers hat. Auf die konkrete rechtliche Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses zwischen dem Patentinhaber und dem Dritten/Lizenzverwalter kommt es nicht an, zumal verschiedene rechtliche Wege der Ausgestaltung denkbar sind (Treuhand oder Vertretung). Der Dialog der „wechselseitigen Obliegenheiten“ aus dem EuGH-Urteil wird durch diese Handlungsgestaltung jedenfalls nicht beeinträchtigt.
- Im Übrigen bietet vorliegend der zur Akte gereichte Lizenzvertrag (Anlage VP Kart 10 neu) nähere Anhaltspunkte zur Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses zwischen der Klägerin als Patentinhaberin und der H.
- In dem Standardlizenzvertrag neu zu dem hier streitgegenständlichen Pool (Anlage VP Kart 10 neu) heißt es in den Erwägungen:
- „In der Erwägung, dass jeder Lizenzgeber dem Lizenzadministrator eine weltweite, nicht ausschließliche Lizenz für alle diese HEVC Standard Essential Patente des Lizenzgebers und seiner verbundenen Unternehmen gewährt hat, nur um es dem Lizenzadministrator zu ermöglichen, weltweit nicht ausschließliche Lizenzen für solche Patente zu den hierin festgelegten fairen, angemessenen und nichtdiskriminierenden Bedingungen zu gewähren;“
- Zu diesem Zweck werden der H als Lizenzadministrator von den Inhabern der Poolpatente Unterlizenzen gewährt.
- In Ziff. 3.1 des Standardlizenzvertrags (Anlage VP Kart 10 neu) heißt es außerdem:
- „Lizenzgebühren: Unter Berücksichtigung der in Artikel 2 oben genannten Lizenzen, der im Rahmen des H Markenlizenzvertrages gewährten Lizenzrechte und anderer guter und wertvoller Gegenleistungen zahlt der Lizenznehmer dem Lizenzgeber zugunsten der Lizenzgeber die anwendbaren Lizenzgebühren, wie sie hierin für alle Consumer HEVC-Produkte und kommerziellen HEVC-Inhalte, die ein Mitglied des Unternehmens des Lizenznehmers herstellt, festgelegt wird.(…)“
- Anhand dieser Vertragspassagen steht somit fest, dass es sich bei der H um einen Lizenzverwalter handelt, der von jedem Patentinhaber, der seine Schutzrechte in den hier streitgegenständlichen Patentpool eingebracht hat, insbesondere auch der Klägerin, beauftragt worden ist, die im Pool befindlichen Patente im Wege einer Unterpoollizenz an interessierte Lizenznehmer bereitzustellen.
- (2)
Die E-Mail der H vom X (Anlage VP Kart 3) genügt den inhaltlichen an einen Verletzungshinweis gestellten Anforderungen. - In der E-Mail wird konkret auf ein Verletzungsprodukt verwiesen X. Im Hinblick auf das/die verletzten Schutzrecht(e) erfolgt ein Hinweis auf „das H Patentportfolio“ und ein Verweis darauf, dass das Verletzungsprodukt den HEVC/H.265 Standard unterstützt. Die Veröffentlichungsnummer konkreter Patente wird darin zwar nicht genannt.
- Dieser Inhalt ist jedoch vor dem Hintergrund des weiteren Hinweises in der E-Mail auf die Website der H XXX mit Informationen über den Pool und das Lizenzprogramm ausreichend (so auch LG Düsseldorf, Urt. v. 9. November 2018, 4a O 15/17).
- Dies wird auch dadurch deutlich, dass die Beklagte im Nachgang zu dem Verletzungshinweis keine weitergehenden Erläuterungen erbat, sondern stattdessen einzelne Fragestellungen zu den Lizenzbedingungen an die H richtete (Anlage VP Kart 5), welche zunächst keine technischen Fragen zu den Lizenzpatenten enthielten.
- Ferner konnte die Beklagte unstreitig im Internet unter der Website XXX die einschlägige SEP-Liste für den Pool nebst cross-reference-charts unter Nennung der zugehörigen HEVC-Standard-Abschnitte, die von den zugehörigen SEPs Gebrauch machen, einsehen. Auch wenn es sich hierbei nicht um klassische Claim-Charts handelt – welche die Düsseldorfer Rechtsprechung in diesem Stadium der Verhandlungen nicht einmal verlangt (vgl. OLG Düsseldorf, a.a.O. – Mobiles Kommunikationssystem) – bedurfte es deren auch nicht mehr, weil die Beklagte bereits die Möglichkeit hatte, Kenntnis von den maßgeblichen Patenten zu nehmen.
- Soweit die Beklagte erst im Zuge der gerichtlichen Auseinandersetzung bemängelt hat, dass die Klägerin keine Claim-Charts überreicht habe, kann sie hiermit nicht gehört werden. Denn vorgerichtlich hat sie nach Eingang der Verletzungsanzeige im Zuge der Diskussionen über den Abschluss einer Lizenz keinerlei Interesse an einer technischen Auseinandersetzung im Hinblick auf die Standardessentialität, insbesondere des Klagepatentes, gezeigt. Insofern erweckt der Einwand der Beklagten den Eindruck, pauschal mit Blick auf Rechtsprechung der Gerichte in der Vergangenheit einen ausreichenden Verletzungshinweis abzusprechen.
- Schließlich ist auch im Rahmen der inhaltlichen Anforderungen zu beachten, dass eine Verletzungsanzeige eine bloße Förmelei bzw. ein Berufen auf ihr Fehlen rechtsmissbräuchlich sein kann, wenn von der Kenntnis der streitgegenständlichen Patente sowie deren Benutzung durch den Standard bereits ausgegangen werden kann. Dies ist aus den bereits geschilderten Umständen bei der Beklagten der Fall.
- Im Übrigen hat die Beklagte in der gesamten weiteren Korrespondenz keine technischen Fragen adressiert, welche deutlich gemacht hätten, dass ihr anhand des vorhandenen Informationsmaterials eine umfassende Prüfung des Verletzungsvorwurfs unmöglich ist.
- bb.
Im Ergebnis hat sich die Beklagte in genügender Weise lizenzbereit gezeigt. - Mit der an den Patentinhaber gerichteten Lizenzierungsbitte muss der Lizenzsucher seinen Willen zum Ausdruck bringen, einen Lizenzvertrag zu FRAND-Bedingungen schließen zu wollen. Seine ernsthafte Bereitschaft muss erkennbar sein und auch noch in dem Zeitpunkt fortbestehen, wenn der Patentinhaber sein Lizenzangebot abgibt. Im Ergebnis genügt auch, durch schlüssiges Verhalten die Lizenzwilligkeit auszudrücken. Inhaltlich sind keine hohen Anforderungen an die Lizenzierungsbitte zu stellen. Entscheidend ist, dass sie eindeutig ausfällt (vgl. OLG Düsseldorf, a.a.O. – Mobiles Kommunikationssystem).
- Dies war bei der Beklagten zumindest insoweit der Fall, weil unmittelbar auf die übermittelte „Verletzungsanzeige“ weitere Korrespondenz mit dem Ziel der Verhandlungsaufnahme, worin eine schlüssige Lizensierungsbitte zu sehen ist, erfolgte. Denn in der E-Mail vom X (Anlage VP Kart 5) erbat die Beklagte gegenüber der H weitere Informationen zu den Umständen der Lizenzierung. Dass in diesem E-Mail-Schreiben jedenfalls eine konkludente Lizenzbereitschaftserklärung zu sehen ist, ergibt sich aus dessen Gesamtschau mit der vorangegangenen E-Mail der H vom X (Anlage VP Kart 5), worin diese um eine terminliche Fixierung erbat, um über das Lizenzierungsprogram zu sprechen. In diesem Kontext besteht kein Anlass dazu, die Antwort-E-Mail als Ablehnung des unterbreiteten Angebots zu begreifen.
- cc.
In der Übermittlung des Lizenzvertrages vom 7. November 2017 (Anlage VP Kart 10 neu, Standardlizenzvertrag neu) ist aufgrund ihres objektiven Erklärungswertes eine hinreichend konkrete Angebotshandlung zu sehen. - Unter zunächst formellen Gesichtspunkten bestehen keine Bedenken an der Wirksamkeit und Rechtserheblichkeit des Lizenzangebots.
- Das vom Patentinhaber zu unterbreitende Lizenzangebot hat bestimmten Kriterien zu entsprechen, um eine valide Grundlage für Lizenzverhandlungen darstellen zu können. Es muss schriftlich erfolgen und es muss hinreichend konkret sein, was meint, dass Regelungen zur Lizenzgebühr, deren Berechnungsgrundlagen und der Art und Weise der Berechnung enthalten sind. Zudem sind all diejenigen Regelungen einzubeziehen, die üblicherweise Gegenstand eines Lizenzvertrages sind (OLG Düsseldorf, a.a.O. – Mobiles Kommunikationssystem, Rn. 203 m.w.N.). Keine Voraussetzung ist dagegen, dass es sich um ein rechtlich bindendes Angebot i.S.d. § 145 BGB handelt, das durch bloße Willensbekundung des Lizenznehmers angenommen werden kann. Mithin ist nicht erforderlich, dass bereits eine Unterschrift des Lizenzgebers vorhanden ist (vgl. LG Mannheim Urt. v. 4. März 2016 – 7 O 96/14, BeckRS 2016, 06527, beck-online).
- Der Standardlizenzvertrag neu wurde von der H übersandt und ist ausweislich des Wortlauts der Präambel als ein Angebot der Klägerin an die Beklagte zu verstehen. Jeder Lizenzgeber verpflichtet sich dazu, Einzelpersonen, Gesellschaften oder sonstigen Rechtsträgern einzelne Lizenzen bzw. Unterlizenzen an sämtlichen HEVC wesentlichen Patenten zu maßvollen, angemessenen und nicht-diskriminierenden Bedingungen entsprechend den hier vereinbarten Geschäftsbedingungen zu erteilen, die vom Lizenzgeber (ohne Zahlung an Dritte) erteilt werden können (vgl. Anlage VP Kart 10 neu, Präambel). Die Lizenzgeberin (die Klägerin) gewährt der Lizenzverwalterin (H) weiterhin eine Lizenz, um ihr die Lizenzverwaltung zu ermöglichen (vgl. Anlage VP Kart 10 neu, Präambel).
- Im Ergebnis ist auch die Art und Weise der Berechnung der Lizenzgebühr ausreichend dargelegt.
- Die Düsseldorfer Rechtsprechung fordert in diesem Zusammenhang, dass der SEP-Inhaber die wesentlichen Gründe erläutern muss, aufgrund derer er die von ihm vorgeschlagenen Vergütungsparameter für FRAND hält. Sofern er zuvor bereits Lizenzen an Dritte vergeben hat, hat er je nach den Umständen des Einzelfalls mehr oder weniger substantiiert insbesondere zu begründen, warum die von ihm vorgesehene Lizenzvergütung gerade vor diesem Hintergrund FRAND ist (vgl. OLG Düsseldorf, a.a.O. – Mobiles Kommunikationssystem). Bei einer ausreichenden Anzahl von Lizenzverträgen und einer so nachgewiesenen Akzeptanz am Markt (beispielsweise über den Marktanteil der zu einer bestimmten Gebührenhöhe lizenzierten Produkte), werden im Regelfall keine weiteren Angaben zur Angemessenheit der Lizenzgebührenhöhe mehr erforderlich sein (LG Düsseldorf, Urt. v. 13. Juli 2017, 4a O 154/15, Rn. 311, zitiert nach juris; LG Düsseldorf, Urt. v. 11. Juli 2018, 4c O 77/17, BeckRS 2018, 25099, Rn. 137).
- Grundsätzlich muss auch die Berechnungserläuterung ebenso wie das Angebot selbst so rechtzeitig erfolgen, dass dem Verletzer eine ausreichende Reaktionszeit verbleibt (vgl. LG Düsseldorf, Urt. v. 13. Juli 2017, 4a O 154/15, Rn. 319, zitiert nach juris; LG Düsseldorf, Urt. v. 11. Juli 2018, 4c O 77/17, BeckRS 2018, 25099, Rn. 144).
- Sofern zum Zeitpunkt des Angebots aufgrund der angesprochenen Einzelfallumstände das Bedürfnis von konkreteren Erläuterungen noch nicht vorliegt, kann dieses während des Prozesses entstehen, wenn einzelne materielle FRAND-Voraussetzungen substantiiert vom Verletzer bestritten werden, so dass jedenfalls dann sämtliche Berechnungsfaktoren konkret darzulegen sind (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17. November 2016, I-15 U 66/15, Rn. 19, zitiert nach juris; LG Düsseldorf, Urt. v. 13. März 2016, 4a O 126/14, Rn. 254). Die konkreten weiteren Angaben dürfen sich freilich nicht zu den ursprünglichen allgemeineren Angaben in Widerspruch setzen, ansonsten ist das Angebot mangels vorliegender FRAND-Bedingungen als missbräuchlich anzusehen.
- Umfang und Maß der Substantiierung dieser Erläuterungen und Informationen hängen von der Lizenzierungssituation im Einzelfall ab. Soweit der SEP-Inhaber bereits Lizenzen an Dritte erteilt hat, sind hinsichtlich des FRAND-Kriteriums der Diskriminierungsfreiheit Darlegungen zur Lizenzierungspraxis des SEP-Inhabers und damit zu den mit Dritten geschlossenen Lizenzvereinbarungen geboten. Entspricht das Lizenzangebot einem in der Vertragspraxis des SEP-Inhabers ausschließlich gelebten und von Dritten akzeptierten Standardlizenzprogramm, wird es regelmäßig genügen, zur Durchsetzung des Lizenzprogramms auszuführen und auf die Übereinstimmung des Lizenzangebots mit dem Standardlizenzvertrag zu verweisen. Hat der SEP-Inhaber hingegen Drittlizenzverträge mit unterschiedlichen Lizenzbedingungen abgeschlossen, wird er regelmäßig zumindest jeweils den Inhalt der wesentlichen Lizenzvertragsbedingungen jener Verträge in einem hinreichend belastbaren Maße so darzulegen und zu erläutern haben, dass der Lizenzsucher entnehmen kann, ob, gegebenenfalls inwieweit, und aus welchen Sachgründen er wirtschaftlich ungleichen Konditionen ausgesetzt ist (OLG Karlsruhe, GRUR 2020, 166 – Datenpaketverarbeitung).
- Vorliegend legte die H im Zuge der gerichtlichen Auseinandersetzung 40 Lizenzverträge nebst Nebenabreden (nachfolgend auch Sideletter) vor, welche die gleichen Produktgruppen zum Gegenstand haben wie diejenigen, welche die angegriffenen Ausführungsformen betreffen.
- Die Kammer erachtet entgegen der Ansicht der Beklagten einen Vortrag über den vollständigen Inhalt aller abgeschlossenen Lizenzverträge unabhängig von der Art des lizenzierten Produktes und zwar unter Vorlage aller Lizenzvereinbarungen nicht als erforderlich (a.A. Kühnen, a.a.O. Kap. E, Rn. 451). Das aus dem FRAND-Kriterium ableitbare Mindestmaß an Transparenz des Lizenzangebots durch Erläuterung und Information dient dazu, FRAND-Lizenzverhandlungen in gutem Glauben zu gewährleisten. Dafür ist die vollständige Offenlegung aller vorhandener Drittlizenzverträge nicht erforderlich und in der Verhandlungspraxis von FRAND-Lizenzverträgen schon nicht allgemein üblich. Hinzukommt, dass eine Vorlage sämtlicher Lizenzverträge auch ausscheiden muss, sofern deren Inhalt für die Frage, ob der verklagte Lizenzsucher im konkreten Einzelfall diskriminiert oder anders ungleich behandelt wird, keine Bedeutung haben kann, wenn klar ist, dass die weiteren Lizenzverträge nicht den angesprochenen Produktmarkt betreffen, auf welchem auch der Beklagte tätig ist. Insoweit dürfte auch das OLG Düsseldorf (GRUR-RS 2019, 6087 – Improving Handovers) zu verstehen sein, nach dem sämtliche relevanten Lizenzverträge und nicht sämtliche vorhandenen Lizenzverträge vorzulegen sind, jedenfalls in den Fällen, in denen der Patentinhaber in der Vergangenheit Lizenzverträge in mehreren, klar voneinander abgrenzbaren Produktgruppen abgeschlossen hat. Insofern ist nach Ansicht der Kammer die Klägerin ihrer Darlegungslast mit Vorlage der Lizenzverträge an die Beklagte nachgekommen.
- Soweit daher die Beklagte auch die Vorlage solcher Lizenzverträge begehrt, die andere Produktgruppen betreffen, als die Klägerin im Verletzungsverfahren angegriffenen hat, ist kein Grund erkennbar, wie die Beklagte aus diesen Verträgen eine Diskriminierung/Ausbeutung begründen will. Entsprechendes hat die Beklagte auch nicht vorgetragen. Spätestens nachdem die Klägerin klargestellt hat, dass sie nur Set-Top-Boxen, Fernseher und Tablets angreift, scheidet ein Interesse der Beklagten an der Vorlage von Lizenzverträgen betreffend andere als die genannten Produkte aus. Sofern die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, seit einem Jahr auch X zu vertreiben, welche möglicherweise von dem HEVC-Standard Gebrauch machen, muss sie mit diesem Vorbringen wegen Verspätung ausgeschlossen werden. Im Zuge der Auseinandersetzung über den Umfang der Vorlage von Lizenzverträgen machte die Beklagte an keiner Stelle deutlich, dass neben den angegriffenen Ausführungen weitere Produktgruppen vertrieben werden, welche gegebenenfalls von dem HEVC-Standard Gebrauch machen. Dabei hat die Kammer mit Beschluss vom 10. Oktober 2019 noch ausdrücklich darauf Bezug genommen, dass eine sekundäre Darlegungslast für die Klägerin zur Vorlage weiterer Lizenzverträge, die nicht die angegriffenen Ausführungsformen betreffen, nicht festgestellt werden kann. In diesem Zusammenhang hätte es für die Beklagte nahegelegen mitzuteilen, dass weitere Produktgruppen vertrieben werden bzw. zeitnah vertrieben werden sollen, so dass insofern auch eine weitere Vorlageverpflichtung in Betracht gekommen wäre. Dementsprechend bestand bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 7. Februar 2020 kein Anlass, weitere Lizenzverträge betreffend andere Produktgruppen vorzulegen. Eine weitergehende Vorlageverpflichtung würde nunmehr zu einer erheblichen Verzögerung des Rechtsstreits führen.
- Auch für die Klägerin bestand kein Anlass weitere Verträge vorzulegen, da sie nach ihrem unwidersprochenen Vortrag keine Kenntnis vom Vertrieb von Xdurch die Beklagte hatte. Die Beklagte hat zwar in der mündlichen Verhandlung einen Screenshot ihrer Website vorgelegt (Anlage VP Kart 43), woraus sich ergibt, dass sie auch HEVC-taugliche X vertreibt. Sie hat indes nicht angegeben, seit welchem Zeitpunkt der entsprechende Internetauftritt bestand. Die Kammer selbst konnte sich noch wenige Tage vor der mündlichen Verhandlung aus eigener Anschauung davon überzeugen, dass ein entsprechendes Angebot auf der Webseite der Beklagten nicht vorhanden war. Insofern wäre es daher an der Beklagten gewesen frühzeitig mitzuteilen, dass auch weitere Produkte von dem HEVC-Standard Gebrauch machen, so dass dann auch ein Anlass zur Vorlage weiterer Lizenzverträge bestanden hätte.
- Entsprechendes gilt für die Forderung der Beklagten auf Vorlage solcher Lizenzverträge bzw. derjenigen Teile der Lizenzverträge, die als Gegenleistung zur Lizenzvergabe eine Kreuzlizenz vorsehen. Insoweit ist nicht zu erkennen und auch nicht vorgetragen, dass die Beklagte selbst über Schutzrechte verfügt, die sie im Wege der Lizenzierung an die Klägerin oder H anbieten kann. Daher kann kein Interesse der Beklagten an einer entsprechenden Vorlage bestehen.
- Letztlich ist auch kein Interesse der Beklagten an der Vorlage von administrativer Korrespondenz zu erkennen. Die Klägerin hat Lizenzverträge und entsprechende Sideletters, welche Nebenabreden oder Sonderkonditionen betreffen, vorgelegt. Damit hat sie in ausreichendem Maß dargelegt, welche Vereinbarungen mit den relevanten Lizenznehmern getroffen wurden und wie der jeweilige Vertrag gelebt wird. Soweit die Beklagte unterstellt, dass es die Klägerin damit in der Hand habe, zu entscheiden, welcher Teil der Korrespondenz administrativer Natur ist und welcher relevante Abreden behandelt, unterstellt sie der Klägerin ein Handeln entgegen den Grundsätzen des guten Glaubens. Ohne nähere Anhaltspunkte besteht jedoch kein Anlass für das von der Beklagten geäußerte Misstrauen. Der Kammer ist dabei bewusst, dass die Beklagte insoweit einem Informationsdefizit unterliegt, da sie über keine tiefergehenden Informationen über die Geschäftsbeziehungen der H verfügt. Insofern sind aber die Gesamtumstände einzubeziehen. H hat sich stets im Zuge der Verhandlungen über den Abschluss eines Lizenzvertrages um Transparenz bemüht. Im Zuge der vorgerichtlichen Verhandlungen wurde von der Beklagten die Offenlegung von Lizenzverträgen auch nicht gefordert, obwohl ihr das Vorhandensein von Lizenznehmern aufgrund der im Internet veröffentlichten Liste bekannt war. Im Zuge der gerichtlichen Verhandlungen legten die Klägerin bzw. H alsbald auf Wunsch der Beklagten Lizenzverträge vor. Insoweit bestehen keine Anhaltspunkte, welche den Verdacht auf ein Handeln der Klägerin entgegen guten Glaubens erhärten könnten. Insofern ist die Klägerin ihrer sekundären Darlegungslast hinreichend nachgekommen.
- Zur Art und Weise der Berechnung der Lizenz enthält der Standardlizenzvertrag neu selbst zwar keine Ausführungen. Solche sind aber im konkreten Einzelfall nach den zuvor aufgestellten Maßstäben entbehrlich. Die Klägerin hat einen Standardlizenzvertrag vorgelegt, den sie mit diesen stets gleichen Bedingungen einer Vielzahl von Lizenznehmern vorgelegt hat. Je mehr abgeschlossene Lizenzverträge mit gleichartigen Lizenzbedingungen abgeschlossen wurden, umso stärker ist die Vermutung, dass die geforderten Lizenzgebühren FRAND sind (vgl. LG Düsseldorf, Urt. v. 31. März 2016, 4a O 126/14 Rn. 219, zitiert nach juris). Vorliegend handelt es sich um einen Standardlizenzvertrag, wie es sich bereits aus dem vorformulierten Vertragstext ergibt, der der Beklagten aus den jahrelangen Verhandlungen zumindest mit höheren Lizenzsätzen (vgl. Anlage VP Kart 10 alt) zuvor bereits im Wesentlichen bekannt war. Abgesehen davon, dass die Liste der Lizenznehmer, welche den Vertrag bereits abgeschlossen hatten, im Internet abrufbar ist (Anlage VP Kart 2), hat die H mehrfach auf die jeweils aktualisierte Liste der Lizenznehmer verwiesen, sowie darauf, dass die Berechnung der Lizenzrate dem Whitepaper (Anlage VP Kart 12, 12a) entnommen werden kann. In dem Whitepaper hat die H dargelegt, aus welchen Gründen sie die geforderte Lizenzgebühr als FRAND erachtet.
- Schließlich bestehen auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass eine weitere Erläuterung der Berechnungsparameter oder eine Vorlage der geschlossenen Lizenzverträge selbst üblicherweise im Rahmen des Vertragsangebotes erfolgen. Eine dahingehende Branchenüblichkeit ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
- Das der Beklagten von H unterbreitete Lizenzangebot entspricht auch in inhaltlicher Hinsicht vollständig den FRAND-Kriterien. Es ist fair und angemessen (1) und nicht-diskriminierend (2). Die gegen die FRAND-Gemäßheit des Lizenzangebots von der Beklagten angeführten Gründe greifen im Ergebnis sämtlich nicht durch. Dabei ist zwar umstritten, ob das Verletzungsgericht das Vorliegen eines FRAND-Angebotes nur summarisch im Sinne einer negativen Evidenzkontrolle prüfen muss (so LG Mannheim, WuW 2016, 86 Rn. 221) oder ob es tatrichterlich feststellen muss, ob ein Angebot FRAND ist (so OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17. November 2016, Rn. 13, zitiert nach juris; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 31. Mai 2016 – 6 U 55/16 – Dekodiervorrichtung, Rn. 30, zitiert nach juris). Aber auch wenn man eine tatrichterliche Feststellung und nicht nur eine Evidenzkontrolle verlangt, so besteht zumindest ein richterlicher Beurteilungsspielraum. Denn es gibt regelmäßig nicht eine bestimmte Lizenzgebührenhöhe, die FRAND ist, sondern eine Bandbreite nicht ausbeuterischer Gebühren (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17. November 2016, I- 15 U 66/15 – Rn. 13, zitiert nach juris).
- Letztlich kann die erforderliche Prüfungstiefe des Gerichts dahingestellt bleiben, denn es kann festgestellt werden, dass nach sämtlichen vertretenen Maßstäben ein FRAND-Angebot vorliegt.
- (1)
Als „faire und angemessene“ Vertragsbedingungen sind solche zu verstehen, die dem Lizenzwilligen nicht unter Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung angeboten werden. Die Vertragsbedingungen müssen zumutbar und dürfen nicht ausbeuterisch sein (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17. November 2016, I-15 U 66/15, Rn. 15, zitiert nach juris). Ein Angebot des Lizenzgebers kann sich insbesondere dann als unfair/unangemessen erweisen, wenn eine Lizenzgebühr verlangt wird, die den hypothetischen Preis, der sich bei wirksamem Wettbewerb auf dem beherrschten Markt gebildet hätte, erheblich überschreitet, es sei denn, es gibt eine wirtschaftliche Rechtfertigung für die Preisbildung (LG Düsseldorf, Urt. v. 31. März 2016, 4a O 73/14, Rn. 225, zitiert nach juris; Huttenlauch/ Lübbig, in: DDnheim/Meessen/Riesenkampff/Kerstin/Meyer-Lindemann, Kartellrecht, Kommentar, 3. Auflage, 2016, Art. 102 AEUV, Rn. 182; Kühnen, a.a.O., Kap. E, Rn. 258). Handelt es sich um ein standardgebundenes Schutzrecht, kann sich die Unangemessenheit ferner daraus ergeben, dass sich im Falle einer Lizenzforderung auch für die übrigen Standard-Schutzrechte eine kumulative Gesamtlizenzbelastung ergeben würde, die wirtschaftlich nicht tragbar ist (Kühnen, a.a.O., Kap. E., Rn. 259). Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass eine mathematisch genaue Herleitung einer FRAND-gemäßen Lizenzgebühr nicht zu erfolgen hat, hinreichend ist die Akzeptanz der verlangten Lizenzsätze am Markt über bereits abgeschlossene Lizenzverträge darzulegen (LG Düsseldorf, Urt. v. 13. Juli 2017, 4a O 154/15, Rn. 311, zitiert nach juris). Die Darlegung über bereits abgeschlossene Verträge ist vorrangig. Über das Ergebnis verschiedener, schon erfolgreicher Lizenzverträge lässt sich die FRAND-Gemäßheit einfacher belegen und sicherer feststellen, als über den Vortrag von einzelnen Faktoren, die in Lizenzvertragsverhandlungen jeweils eine näher zu bestimmende, mehr oder weniger gewichtige Rolle spielen können oder sollen (LG Düsseldorf, Urt. v. 13. Juli 2017, 4a O 154/15, Rn. 311, zitiert nach juris). Das Vertragsangebot hat sich desweiteren auch im Hinblick auf die übrigen Vertragsbedingungen (lizenzpflichtige Schutzrechte, Lizenzgebiet usw.) als angemessen zu erweisen. - Zunächst erfordert die Feststellung eines fairen und angemessenen Lizenzangebots für einen Pool substantiierten Sachvortrag zur Benutzung der Patente aus dem Pool (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17. November 2016, I-15 U 66/15, Rn. 26, zitiert nach juris). Ein entsprechender Vortrag kann durch die Vorlage einer sog. proud-list mit Claim-Charts erfolgen, sofern diese branchenüblich ist (vgl. OLG Düsseldorf, a.a.O. – Mobiles Kommunikationssystem). Zwar hat die Klägerin der Beklagten keine proud-list mit Claim-Charts zur Verfügung gestellt, anhand derer die Beklagte die Verletzung und die Standardessentialität prüfen konnte. Denn anhand der im Internet einsichtsfähigen Cross-Reference-Charts (Anlage K Kart 1) konnte die Beklagte die konkret einschlägigen HEVC-Standard-Passagen sämtlichen Pool-Patenten zuordnen, was ausreichend erscheint (vgl. so auch LG Düsseldorf, Urt. v. 9. November 2018, 4a O 17/17). Entsprechende technische Nachfragen, welche die Übersendung weiterer Claim-Charts erforderlich gemacht hätte, hat die Beklagte weder an die Klägerin noch an die H gerichtet. Eine Benutzung – ungeachtet der im vorliegenden und den in den parallelen Rechtsstreitigkeiten diskutierten Patente – wurde nicht bezweifelt bzw. in Abrede gestellt.
- Gemessen an den vorstehend geschilderten Grundsätzen ist das in dem Standardlizenzvertrag neu vorgelegte Angebot FRAND.
- (a)
Die Kammer vermag zunächst festzustellen, dass die von der H im Lizenzvertrag geforderten Lizenzgebühren nicht ausbeuterisch, sondern fair und angemessen sind. - In dem als Anlage VP Kart 10 neu vorgelegten Standardlizenzvertrag neu wird hinsichtlich der Lizenzhöhe in Anlage 2 für unterschiedliche Regionen sowie rabattierte und nicht rabattierte Produkte mit und ohne Markenkennzeichnung differenziert. Hinsichtlich der genauen Auflistung wird auf die Anlage 2 des Standardlizenzvertrages neu Bezug genommen.
Für die vorliegend angegriffenen Ausführungsformen Set-Top-Boxen, Fernseher und Tablets sind folgende Standardlizenzraten (Auszug) vorgesehen (vgl. Seite 13 Anlage VP Kart 12a):
- Diese Lizenzraten sind fair und angemessen. Dies folgt indiziell bereits aus dem Umstand, dass bis Januar 2020 mehr als 40 Lizenznehmer, welche Produktgruppen vertreiben, wie diejenigen, die mit der vorliegenden Klage angegriffen sind, den Standardlizenzvertrag mit entsprechenden Lizenzsätzen, teilweise modifiziert über blended rates, abgeschlossen haben. Wie oben bereits ausgeführt, bilden vergleichbare Lizenzverträge ein gewichtiges Indiz für die Angemessenheit der angebotenen Lizenzbedingungen (LG Düsseldorf, Urt. v. 31. März 2016, 4a O 73/14, Rn. 225, zitiert nach juris).
- Gegen die indizielle Wirkung der Angemessenheit der Lizenzraten vermochte die Beklagte keine erheblichen Argumente einzuwenden. Sie beruft sich insoweit auf die Ausführungen von Prof. X in seinem Gutachten, der vornehmlich die Ansicht vertritt, dass die Lizenzraten von H gegenüber denjenigen von MPEG LA um einen Faktor von 1,95 bis 8 erhöht und damit nicht FRAND seien, seit Einführung des H Patentpools bereits ein Lock-in erfolgt sei und dass die Patente des MPEG LA-Pools wertvoller seien.
- Diese Argumente vermögen die Fairness und Angemessenheit der Lizenzraten des H Patentpools nicht in Zweifel zu ziehen.
- Denn das Privatgutachten übersieht grundlegende Maßstäbe bei der Beurteilung der Angemessenheit von Lizenzraten, so dass es keine ernsthaften und prozessual relevanten Zweifel daran wecken kann, dass die von H geforderten Raten FRAND-Gesichtspunkten genügen. So verkennt der Privatgutachter im Grundsatz bereits, dass Maßstab für die Beurteilung der FRAND-Gemäßheit nicht allein die Lizenzraten des MPEG LA Pools sind, sondern die FRAND-Gemäßheit auf weiteren in die Beurteilung einzustellenden Faktoren beruht. Ferner verkennt der Gutachter, dass FRAND nicht eine bestimmte Rate beinhaltet, sondern insgesamt eine Bandbreite/Korridor umfasst (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17. November 2016, Rn. 13 zitiert bei juris). Ohne dass vorliegend darüber entschieden werden muss, kann aufgrund dieses Umstandes, dass FRAND einen Korridor beinhaltet, nicht ausgeschlossen werden, dass sowohl die Lizenzraten der MPEG LA als auch diejenigen der H einer FRAND-Beurteilung standhalten.
- Ausgehend von diesen Prämissen zeigen die angeführten Argumente des Privatgutachters, dass der Sachverhalt für die Beurteilung nicht vollständig ermittelt wurde, so dass die zur Begründung der Nicht-FRAND-Gemäßheit angeführten Argumente nicht überzeugen.
- Bereits der Vergleich der Lizenzraten des H Patentpools, welche in der Übersicht im Tatbestand wiedergegeben wurden, zeigt, dass die Lizenzrate in Abhängigkeit von Rabattierung, Verkaufspreis, Profilnutzung, Gerät, Markennutzung und Region differiert, und daher ein Vergleich mit der von MPEG LA geforderten Einheitslizenzgebühr in Höhe von USD 0,20 pro Einheit/Codec nicht ohne weiteres möglich ist. Der Privatgutachter der Beklagten hat insoweit lediglich einen kleinen Ausschnitt der Lizenzraten von H zum Vergleich herangezogen, der jedoch nicht die ganze Bandbreite an Lizenzgebühren der H wiedergibt.
- Auch kann nicht festgestellt werden, dass bereits bei Gründung des H Patentpools und Bekanntgabe der Lizenzraten ein Lock-in mit der Folge vorlag, dass nachfolgende Lizenznehmer aufgrund der Bindung an die bereits etablierte Technologie zur Lizenznahme am Patentpool der H gezwungen waren. Denn die Entwicklung der HEVC-Technologie stellt sich vielmehr folgendermaßen dar. Der HEVC-Standard ist ein von der ITU und IOS/IEC gemeinsam entwickelter Video Codec-Standard. Die ITU begann im Jahr 2004 mit der Entwicklung des HEVC-Standards, den sie zum Nachfolger des Vorgängerstandards H.264 aufbauen wollte. ISO/IEC begann demgegenüber mit der Entwicklung des HEVC-Standards im Jahr 2007. Im Januar 2010 taten sich beide Gruppen zusammen und veröffentlichten eine Ausschreibung. Version 1 des HEVC-Standards wurde im Juni 2013 veröffentlicht, Version 2 Anfang 2015. Im Juni 2012 forderte MPEG LA alle bei der Entwicklung des Standards beteiligten Unternehmen dazu auf, ihre HEVC-Patente zu melden und diesem Vorschlag folgte eine große Anzahl forschender und nutzender Unternehmen, wie die Klägerin, XXXXXX, welche heute Lizenzgeber des H Patentpools sind. Bis in den Dezember 2013 fanden mehrere Meetings statt, in denen versucht wurde, gemeinsam angemessene Lizenzraten für die neue HEVC-Technologie zu entwickeln. Während dieser Zeit hatten circa 37 Unternehmen/Universitäten Interesse an einem gemeinsam von MPEG LA verwalteten Pool gezeigt. Ein vollständiger Konsens aller Interessenten wurde jedoch nicht erreicht. Von den 37 Unternehmen/Universitäten nahmen in der Abschlussphase noch 20 teil. Im einer Pressemitteilung vom 16. Januar 2014 (Anlage VP Kart 38) teilte MPEG LA informationshalber die Lizenzierungsbedingungen mit, und machte deutlich, dass Änderungen möglich seien. Ferner wurde in Aussicht gestellt, dass eine Portfolio-Lizenz voraussichtlich im Frühjahr 2014 vorhanden sein wird. In einer Pressemitteilung vom 29. September 2014 (Anlage K Kart 21) wurde bekanntgemacht, dass nunmehr eine Lizenznahme am HEVC Patentportfolio von MPEG LA möglich ist. Dabei wurden auch die 23 Unternehmen/Universitäten genannt, welche Patentinhaber/Poolmitglieder sind. Weitere Patentinhaber, deren Patente Gegenstand des HEVC-Standards sind, planten die Einrichtung eines weiteren Pools, H. Am 26. März 2015 kündigte H die Gründung dieses neuen Pools an, am 22. Juli 2015 rief H zur Einreichung von Patenten, zur Bewertung der Essentialität und deren Aufnahme in das H Patentportfolio auf. Im Juli 2015 veröffentlichte H den ersten Lizenzgebührentarif für das H Programm und im Oktober 2015 veröffentlichte H die eigene Lizenzstruktur (vgl. Anlage K Kart 19). Ein großer zeitlicher Abstand der Einführung der beiden Poolsysteme MPEG LA und H kann daher nicht festgestellt werden. Nur zehn Monate nach der Veröffentlichung der konkreten Lizenzstruktur von MPEG LA veröffentlichte H ihr Lizenzprogramm, welches dann im Oktober 2015 zur Lizenznahme zur Verfügung stand.
- Auch in technischer Hinsicht kann eine Etablierung auf die Technologie des HEVC-Standards vor 2015 nicht festgestellt werden. Erst am 3. Juni 2014 fiel die Grundsatzentscheidung der Landesmedienanstalten zur Einführung der DVB-T2-Technologie, welche von dem HEVC-Standard Gebrauch macht. Zu diesem Zeitpunkt existierte allerdings weder von MPEG LA noch von H ein Lizenzprogramm. Im März 2015 erhielt die Gesellschaft Media Broadcast den Zuschlag. Nach einem Testlauf ab Oktober 2014 kam es dann ab August 2015 zu weiteren Pilotprojekten in München und im Raum Köln/Bonn. Diese Probeläufe richteten sich nicht an den Endverbraucher, sondern nur an die Hersteller, denen eine praktische Testumgebung für die Entwicklung ihrer entsprechenden Endgeräte zur Verfügung gestellt wurde. Auch Q kündigte erst im Juni 2017 an, dass der HEVC-Standard in der bevorstehenden Aktualisierung des BI(ebssystems für die meisten Produktlinien implementiert wird. Nach kurzer Nutzung des HEVC-Standards im iPhone 6, hatte Q die Nutzung im März 2016 eingestellt. Zu diesem Zeitpunkt bestanden beide Patentportfolios und die Möglichkeit zur Lizenznahme stand bevor bzw. bestand. Eine Lock-in-Situation kann daher nicht festgestellt werden.
- Vor diesem zeitlichen und technischen Hintergrund kann deshalb auch das Argument des Privatgutachters der Beklagten nicht nachvollzogen werden, dass H nach der Standardisierung absichtlich lange Zeit gewartet habe, um seine Gebührensätze zu veröffentlichen. Denn H kündigte die Gründung des Pools nur sechs Monate, nachdem MPEG LA mit der HEVC-Patentlizenzierung begann, an. Nur vier Monate später teilte H die anfänglichen Lizenzgebührensätze mit. Vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen ist die Ansicht des Privatgutachters der Beklagten, dass MPEG LA seine Lizenzbedingungen bereits im März 2013 veröffentlicht habe, unzutreffend.
- Auch im Hinblick auf die Stärke der beiden Pools kann nicht festgestellt werden, dass die Lizenzraten der H unfair und ausbeuterisch sind. Im Januar 2020 befanden sich XXX Patente im Pool von H, XXX Patente hiervon sind in beiden Pools (H und MPEG LA) vertreten. Über H lizenzieren XX Lizenzgeber ihre Patente, XX hiervon sind auch bei MPEG LA vertreten. XX Lizenzverträge wurden bisher abgeschlossen, bei 13 dieser Lizenznehmer handelt es sich auch um Lizenzgeber bei H. Im MPEG LA Patentpool befinden sich XXX Patente bei XXX Lizenznehmern nach Angabe der Beklagten. XX Lizenzgeber lizenzieren ihre Patente über MPEG LA, wobei hiervon einige ihren Vertrag mit MPEG LA gekündigt haben (beispielsweise XXXXXXXXXXX). Wenn daher lediglich auf die Anzahl der jeweils in den Pools befindlichen Patente, Lizenzgeber und Anzahl der Lizenzverträge abgestellt wird, was eine unvollständige Messung des Patentwertes darstellt, kann auf dieser Grundlage nicht festgestellt werden, dass die von H geforderten Lizenzraten unfair und ausbeuterisch sind. Hinzukommt, dass der Bestand der Patente im H Patentportfolio seit Gründung des Pools durch Zutritt weiterer Lizenzgeber wie P, J und O stetig angestiegen ist.
- Vor diesem Hintergrund können die Argumente des Privatgutachters der Beklagten, der Lizenzsatz von H sei nicht FRAND, nicht überzeugen. Insofern kommt es auch nicht auf die von beiden Parteien pauschal aufgestellte Behauptung, die Patente im jeweiligen Pool seien werthaltiger, an. Eine vertiefte technische Auseinandersetzung der Parteien ist hierzu nicht erfolgt, was zu erwarten gewesen wäre.
- (b)
Das Lizenzangebot ist auch hinsichtlich der durch die Poolpatente erfassten Ansprüche und der Einbeziehung nur der „practised claims“ in die Lizenzverträge FRAND. Die Beklagte wird durch diese Regelung nicht unangemessen behandelt. Ziffer 2.1 des Standardlizenzvertrages neu (Anlage VP Kart 10 neu bzw. 10a neu) sieht insoweit vor: - „Limited License Grant for HEVC Products. Effective as of the time and subject to Licensee’s full and unconditional compliance with all of Licensee’s applicable obligations, restrictions and commitments under this agreement, Licensing Administrator hereby grants to Licensee and all its Affiliates, during the Term and subject to the License Specifics, a limited, conditional, non-exclusive, non-transferable (except as provided in Section 9.2 below) License for only the Practiced Claims of the Licensed Patents, without the right to sublicense, (…).”
- “Eingeschränkte Lizenzvergabe für HEVC-Produkte. Der Lizenzadministrator gewährt dem Lizenznehmer und allen seinen verbundenen Unternehmen während der Laufzeit und vorbehaltlich der Ruhepause des Lizenznehmers und der bedingungslosen Einhaltung aller anwendbaren Verpflichtungen, Beschränkungen und Zusagen im Rahmen dieser Vereinbarung ein begrenztes, bedingtes, nicht ausschließliches, nicht übertragbares (außer wie in Abschnitt 9.2 unten vorgesehen) Lizenz für nur die praktizierten Ansprüche der lizenzierten Patente, ohne das Recht auf Unterlizenzierung (…)“.
- Bei den „practised claims“ handelt es sich gemäß Ziffer 1.83 des Standardlizenzvertrages neu um solche Patentansprüche, die standardessentiell für den HEVC-Standard sind.
- Dadurch wird die Beklagte in ihrem wirtschaftlichen Handeln in keiner Weise beeinträchtigt. Gerade auf Grund des Umstandes, dass nur solche Ansprüche lizenziert werden, die auch Eingang in den HEVC-Standard gefunden haben, zeigt sich, dass eine Zahlung auch nur für solche Ansprüche erfolgt, welche einer Benutzung durch die standardgemäße Lehre zugeführt werden. Bedenkenswert wäre es vielmehr, wenn Ansprüche mitlizenziert würen, welche keinen Eingang in den HEVC-Standard gefunden hätten. Denn dann müsste eine Lizenz an einer technischen Lehre genommen werden, die nicht benutzt wird, und eine Verknüpfung zwischen essentiellen und nicht-essentiellen Patentansprüchen dürfte kartellrechtlich bedenklich sein. Eine unangemessene Benachteiligung der Beklagten kann daher nicht festgestellt werden.
- (c)
Es ist ferner nicht zu beanstanden, dass im Lizenzangebot der H keine Anpassungsklausel vorgesehen ist. - Die Aufnahme einer Anpassungsklausel in den Lizenzvertrag hat den Zweck, dass die Vertragspartner auf eine sich verändernde Anzahl an Schutzrechten reagieren und Anpassungen am Lizenzsatz vornehmen können. Dies bI(fft insbesondere die Fälle, in denen ein einbezogenes Patent für nichtig erklärt wird oder die Schutzdauer eines Patentrechts abläuft.
- Vorliegend ist in Ziff. 4.4 des Lizenzvertrages geregelt:
- „Determination of Payment Amounts. Licensee understands that the terms of this Agreement require the Payment of the same specified royalty regardless of whether one or more Licensed Patents are infringed. Each party acknowledges that the royalties payable hereunder (a) have been determined as a matter of convenience to both parties and are not associated with the value of using any particular Licensed Patent, or with whether particular Consumer HEVC Products or Commercial HEVC Content is covered by one or more Licensed Patents; and (b) shall not decrease or be refunded or credited, in whole or in part, because of a decrease in the number of Licensed Patents covering the Consumer HEVC Products or Commercial HEVC Content Sold by Licensee’s Enterprise, because any of the Licensed Patents may be included in another patent licensing pool or joint licensing program from which Licensee has taken a license, or because of an increase or decrease in the prices of Consumer HEVC products or Commercial HEVC Content Sold by Licensee’s Enterprise.”
- „Ermittlung der Zahlungsbeträge. Der Lizenznehmer versteht, dass die Bedingungen dieses Vertrages die Zahlung der gleichen spezifizierten Lizenzgebühr erfordern, unabhängig davon, ob ein oder mehrere Lizenzpatente verletzt werden. Jede Partei erkennt an, dass die im Rahmen von (a) zu zahlenden Lizenzgebühren aus Gründen der Zweckmäßigkeit für beide Parteien festgelegt wurden und nicht mit dem Wert der Nutzung eines bestimmten lizenzierten Patents verbunden sind, oder damit, ob bestimmte Consumer HEVC-Produkte oder bestimmte kommerzielle HEVC-Inhalte durch ein oder mehrere lizenzierte Patente abgedeckt sind; und (b) dürfen nicht verringert oder zurückerstattet oder gutgeschrieben werden, ganz oder teilweise, wegen der Verringerung der Anzahl der lizenzierten Patente, die die vom Unternehmen des Lizenznehmers verkauften Consumer HEVC-Produkte oder kommerziellen HEVC-Inhalte abdecken, weil eines der lizenzierten Patente in einen anderen Patentlizenzpool oder ein gemeinsames Lizenzprogramm aufgenommen werden kann, von dem der Lizenznehmer eine Lizenz erhalten hat, oder wegen einer Erhöhung oder Senkung der Preise für Consumer HEVC-Produkte oder kommerzielle HEVC-Inhalte, die vom Unternehmen des Lizenznehmers verkauft werden.“
- Ferner sieht Ziffer 6.1.1 vor:
- „Initial Term and Renewal. The initial term of this Agreement shall expire on December 31, 2020, unless terminated earlier in accordance with provisions of this Agreement (“Initial Term”). Upon expiration of the Initial term, this Agreement shall be automatically renewed for successive five (5) years renewal terms (each, a “Renewal Term”), subject to remaining provisions of this Article 6. Notwithstanding the foregoing, the Term shall expire automatically and immediately upon expiration of the last to expire of the Patents in the HEVC Patent Portfolio.”
- „Erstlaufzeit und Verlängerung. Die Laufzeit des Vertrages endet am 31. Dezember 2020, sofern er nicht gemäß den Bestimmungen dieses Vertrages früher gekündigt wird („Erstlaufzeit“). Nach Ablauf der ursprünglichen Laufzeit wird diese Vereinbarung automatisch um weitere fünf (5) Jahre verlängert (jeweils eine „Verlängerungsperiode“), vorbehaltlich der übrigen Bestimmungen dieses Artikels 6. Ungeachtet des Vorstehenden erlischt die Laufzeit automatisch und unverzüglich nach Ablauf des letzten Ablaufs der Patente im HEVC-Patentportfolio.“
- In Ziffer 6.3.3 ist ferner vorgesehen, dass der Lizenzgeber die Lizenzgebühren während der Verlängerungsperiode um bis zu 20% erhöhen kann.
- Diese Vertragsklauseln sind nicht unangemessen, da die Kammer nicht festzustellen vermochte, dass die Aufnahme einer solchen Anpassungsklausel in die Lizenzverträge branchenüblich ist und von dieser Praxis negativ abgewichen wird, wenn in dem Lizenzvertrag mit der Beklagten eine solche Regelung nicht vorgesehen ist. Gemäß der Verteilung von Darlegungs- und Beweislast ist es an der Beklagten, diese Unangemessenheit aufzuzeigen. Dies erfordert hinreichend dezidierten Tatsachenvortrag und konkrete Bezugnahme auf Dokumente, um etwaige Missstände zu belegen, was nicht erfolgt ist.
- Es ist nämlich zu berücksichtigen, dass zugunsten der Klägerin eine Indizwirkung für die Branchenüblichkeit des Standardlizenzvertrages spricht, weil dieser Vertrag in der Praxis mit dieser Klausel jedenfalls 40mal mit Lizenznehmern, welche ebenso wie die Beklagte Set-Top-Boxen auf dem deutschen Markt vertreiben, abgeschlossen wurde. Ferner bestehen weitere Lizenzverträge mit dem Inhalt dieser Klausel betreffend andere Produktgruppen. Auch im Übrigen ist es der Kammer aus den den Vorgängerstandard H.264/AVC betreffenden Rechtsstreitigkeiten (vgl. nur LG Düsseldorf, Urt. v. 9. November 2018, 4a O 15/17) bekannt, dass auch in den mehr als tausendmal abgeschlossenen Standardlizenzverträgen eine solche Anpassungsklausel nicht vorgesehen war.
- Der vorgenannten Indizwirkung könnte entgegengehalten werden, dass diese vielen Verträge selbst nicht unter FRAND-Grundsätzen zustande gekommen sind und Abweichungen aufweisen, die gegen die Annahme sprechen, dass der Standardlizenzvertrag mehr als 40mal mit demselben Inhalt zustande gekommen ist. Inhaltliche Abweichungen in Bezug auf die Anpassungsklausel hat die Beklagten hingegen nicht vorgetragen.
- Doch auch unabhängig von den Vergleichslizenzverträgen enthält die oben zitierte Regelung jedenfalls keine einseitige Belastung des Lizenznehmers im Sinne einer Ausbeutung. Diese Klausel regelt nämlich – in bewusster Abweichung von eigentlichen Anpassungsklauseln – sowohl für den Fall steigender Patentzahlen als auch für den gegenteiligen Fall, nämlich dass einbezogene Patente wegfallen, einen gleichbleibenden Lizenzsatz. Dadurch besteht für alle Vertragsparteien ein wirtschaftliches Risiko, welches sich jeweils spiegelbildlich auswirkt. Insbesondere nimmt auch die Klägerin als Lizenzgeberin (Lizenzgeberseite) das Risiko in Kauf, dass sie trotz Hinzukommens weiterer Schutzrechte keine höheren Gebühren verlangen darf, obwohl der Wert des Patentpools zunimmt. So hat es sich nach unstreitigem Vortrag der Klägerin im Laufe der vergangenen Jahre auch tatsächlich zugetragen. Die Anzahl der Patente ist von anfänglich 500 im Jahr 2015 auf inzwischen 10.768 Schutzrechte im Jahr 2020 angestiegen (vgl. Tabelle 3 Anlage K Kart 26, 26a). Das Portfolio ist also stetig angestiegen, ohne dass die Lizenzgebühr angehoben worden wäre. Vielmehr wurden die Lizenzgebühren im Jahr 2017 mit dem aktuellen Lizenzvertrag, welcher auch vorliegend Gegenstand der Beurteilung ist, für einzelne Produkte sogar gesenkt. Insofern erscheint auch bei solch einem stetigen Portfoliowachstum die Einräumung einer Steigerungsklausel für die Höhe der Lizenzgebühren nicht unangemessen, weil eine begrenzte Erhöhungsmöglichkeit auf die Lizenzgebühr nur den ansteigenden Wert und die Akzeptanz des Portfolios wiederspiegelt. Dies reflektiert die Möglichkeit, auf sich ändernde Marktverhältnisse und/oder auf Änderungen im Wertverhältnis des anwachsenden und/oder neu hinzukommenden H-Portfolios zu reagieren. Gleichwohl hat es eine solche Gebührenanhebung bisher nicht gegeben.
- Soweit sich die Beklagte dagegen wendet, dass Lizenzgebühren bis zum Ablauf des letzten im Pool befindlichen Patentes zu zahlen seien, handelt es sich insoweit um eine branchenübliche Regelung. Denn gerade neue Patente mit weiteren technischen Verbesserungen machen eine Benutzung des HEVC-Standards für Nutzer wie die Beklagte interessant. Sofern im Laufe der Zeit neue Technologien entwickelt werden, die eine Benutzung des HEVC-Standards obsolet machen, besteht vertraglich im Übrigen die Möglichkeit, von einer Verlängerung keinen Gebrauch zu machen. Denn in Ziffer 6.4 ist ausdrücklich geregelt, dass eine Kündigung nach der ersten Verlängerungsperiode oder zum Ende einer nachfolgenden Verlängerungsperiode erfolgen kann.
- (d)
Sofern die Beklagte ferner geltend macht, dass die in Ziffer 10.10 getroffene Gerichtsstandklausel sie unangemessen benachteilige, ist auch dies nicht der Fall. Ziffer 10.10 lautet insoweit: - „Choice of Law and Consent to Jurisdiction. The validity, construction and performance of this Agreement shall be governed by the substantive law of the State of New York, notwithstanding any conflict of law rules which would require a different choice of law. Any dispute between parties in connection with this this Agreement, including any question regarding its existence, validity or termination, shall be submitted to any state or federal courts in the State of New York; provided, however, that in case Licensing Administrator is the plaintiff, Licensing Administrator may, in its sole discretion, submit any such dispute either to any court or tribunal in the venue of Licensee’s or any of its Affiliates’ registered offices, or to any court or tribunal in any country having jurisdiction. Licensee hereby irrevocably waives any objection to the jurisdiction, process and venue of any such court or tribunal, and to the effectiveness, execution and enforcement of any order or judgement (including, but not limited to, a default judgment) of any such court or tribunal in relation to this Agreement, to the maximum extent permitted by the law of any jurisdiction, the laws of which might be claimed to be applicable regarding the effectiveness, enforcement or execution of such order by judgment.”
- „Rechtswahl und Zustimmung zur Gerichtsbarkeit. Die Gültigkeit, der Aufbau und die Erfüllung dieses Vereinbarung unterliegen dem materiellen Recht des Staates New York, ungeachtet etwaiger Kollisionsnormen, die eine andere Rechtswahl erfordern würden. Alle Streitigkeiten zwischen den Parteien im Zusammenhang mit dieser Vereinbarung, einschließlich aller Fragen bezüglich ihres Bestehens, ihrer Gültigkeit oder ihrer Beendigung, sind jedem Staats- oder Bundesgericht im Bundesstaat New York vorzulegen; vorausgesetzt jedoch, dass der Lizenzadministrator, falls er der Kläger ist, nach eigenem Ermessen einen solchen Streitfall entweder einem Gericht am Sitz des Lizenznehmers oder einem seiner verbundenen Unternehmen oder einem Gericht in einem Land mit Zuständigkeit vorlegen kann. Der Lizenznehmer verzichtet hiermit unwiderruflich auf jeden Einwand gegen die Zuständigkeit, den Prozess und den Gerichtsstand eines solchen Gerichts sowie gegen die Wirksamkeit, die Ausführung und die Vollstreckung einer Anordnung oder eines Urteils (einschließlich, aber nicht beschränkt auf ein Versäumnisurteil) eines solchen Gerichts in Bezug auf diesen Vertrag, soweit dies nach dem Recht eines Gerichts zulässig ist, dessen gesetzt in Bezug auf die Wirksamkeit, die Vollstreckung oder die Ausführung eines solchen Beschlusses oder Urteils anwendbar sein könnten.“
- Auch insofern kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagte unsachgemäß benachteiligt wird. Denn die vorgenannte Gerichtsstandregelung wurde in einer Vielzahl von Lizenzverträgen abgeschlossen, was auch die Beklagte nicht in Abrede stellt. Insofern spricht bereits die erhebliche Anzahl an Lizenzverträgen, welche die Gerichtsstandsregelung zum Gegenstand haben, für eine faire und angemessene Regelung. Überdies hat die Beklagte in ihrem mit MPEG LA abgeschlossenen Lizenzvertrag Entsprechendes vereinbart, was gegen eine unangemessene Benachteiligung spricht.
- (2)
Auch eine Diskriminierung der Beklagten vermochte die Kammer nicht festzustellen. - Nach Art. 102 S. 2 Buchst. c AEUV ist es einem marktbeherrschenden Unternehmen verboten, unterschiedliche Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen gegenüber seinen Handelspartnern anzuwenden, wodurch diese im Wettbewerb benachteiligt werden. Zweck dieser Regelung ist es zu verhindern, dass marktbeherrschende Unternehmen durch wettbewerblich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlungen ihrer Handelspartner Eingriffe in die Marktstrukturen vor- oder nachgelagerter Marktstufen vornehmen, die Wettbewerbsverfälschungen hervorrufen, indem einzelne Handelspartner benachteiligt werden (Fuchs/Möschel in Immenga/Mestmäcker, EU-Wettbewerbsrecht, 5. Aufl., Art. 102 AEUV, Rn. 377).
- Das Diskriminierungsverbot normiert für das marktbeherrschende Unternehmen eine Verpflichtung zur Gleichbehandlung, indem es Handelspartnern, die sich in gleicher Lage befinden, dieselben Preise und Geschäftsbedingungen einräumen muss. Das Gleichbehandlungsgebot erstreckt sich dabei allerdings nur auf Sachverhalte, die vergleichbar sind. Eine Rechtspflicht zu schematischer Gleichbehandlung aller Handelspartner besteht nicht. Vielmehr ist es auch dem marktbeherrschenden Unternehmen nicht verwehrt, auf unterschiedliche Marktbedingungen differenziert zu reagieren. Eine Ungleichbehandlung ist daher zulässig, wenn sie sachlich gerechtfertigt ist (Huttenlauch/Lübbig in DDnheim u.a., Kartellrecht, 3. Aufl., Art. 102 AEUV, Rn. 205 mwN; vgl. zu § 19 GWB: BGH, GRUR 1996, 808 – Pay-TV-Durchleitung; NJW-RR 2011, NJW-RR 2011, 774 = WRP 2011 = GRUR-RR 2011, 224 Ls. – Entega II; zu § 20 GWB: BGH, NZKart 2016, 374 – NetCologne, mwN).
- Bei gewerblichen Schutzrechten besteht grundsätzlich ein weiter Spielraum für die sachliche Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung, weil eine Differenzierung bei der Gestattung der Benutzung ein wesentliches Element der Ausschließungswirkung des Rechts selbst ist, mithin Teil der grundgesetzlich geschützten Befugnis über die Entscheidung zum Umgang mit Eigentum. Dies gilt auch, wenn der Patentinhaber marktbeherrschend ist, weil das Patent im Interesse der Technologieförderung gerade auch das in einer Erfindung verkörperte Potenzial schützt, die formale Ausschließlichkeitsstellung auf dem Markt zu einem wirtschaftlichen Monopol ausbauen zu können. Höhere Anforderungen an die sachliche Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung gelten jedoch, wenn neben der marktbeherrschenden Stellung zusätzliche Umstände hinzutreten, die dazu führen, dass die Ungleichbehandlung die Freiheit des Wettbewerbs gefährdet. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn der Zugang zu einem nachgeordneten Produktmarkt von der Befolgung der patentgemäßen Lehre abhängig ist (BGHZ 160, 67 = GRUR 2004, 966 – Standard-Spundfass, m.w.N.) oder wenn – wie hier – das Produkt erst bei Benutzung des Patents wettbewerbsfähig ist.
- Ob eine Ungleichbehandlung sachlich gerechtfertigt ist, bestimmt sich in diesem Fall anhand einer Gesamtwürdigung und Abwägung aller beteiligten Interessen, die sich am Zweck des AEUV orientiert, zur Entwicklung eines wirksamen, unverfälschten Wettbewerbs beizutragen. Maßgebend sind dabei Art und Ausmaß der unterschiedlichen Behandlung. Deren Zulässigkeit richtet sich insbesondere danach, ob die relative Schlechterbehandlung der betroffenen Unternehmen als wettbewerbskonformer, durch das jeweilige Angebot im Einzelfall bestimmter Interessenausgleich erscheint oder auf Willkür oder Überlegungen und Absichten beruht, die wirtschaftlich oder unternehmerisch vernünftigem Handeln fremd sind (BGHZ 160, 67 = GRUR 2004, 966 – Standard-Spundfass m.w.N.; BGH, NZKart 2016, 374 – NetCologne). Angesichts des dem Patentinhaber insoweit zustehenden erheblichen Beurteilungsspielraums ist nicht bereits jeder Unterschied in den Konditionen als Ausdruck einer missbräuchlichen Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung anzusehen. Der Unterschied muss vielmehr mehr als nur unerheblich sein, um einen mit einem Unwerturteil verbundenen Missbrauch zu bejahen (BGH, NZKart 2016, 374 – NetCologne, m.w.N.). Daneben ist allerdings im Auge zu behalten, dass die durch die Ungleichbehandlung betroffenen Unternehmen nicht durch die Ausübung der Macht des marktbeherrschenden Unternehmens in ihrer Wettbewerbsfähigkeit untereinander beeinträchtigt werden (BGHZ 160, 67 = GRUR 2004, 966 – Standard-Spundfass, m.w.N.).
- Die vorstehenden Grundsätze gelten gleichermaßen in Bezug auf einen SEP-Inhaber, der eine FRAND-Erklärung abgegeben hat. Ungeachtet der Frage, ob diese Erklärung konstitutiver oder deklaratorischer Natur ist und die aus ihr resultierenden Verpflichtungen des Patentinhabers auch dann greifen, wenn er keine marktbeherrschende Stellung besitzt (vgl. dazu LG Düsseldorf, Urt. v. 19. Januar 2016, 4b O 123/14, BeckRS 2016, 14979), folgt aus ihr jedenfalls kein abweichender Maßstab beim Diskriminierungsverbot. Der SEP-Inhaber nimmt mit der darin enthaltenen Zusage, Lizenzsucher nicht zu diskriminieren, vielmehr auf Art.102c AEUV Bezug und will sich im Hinblick auf die Lizenzbedingungen erkennbar (lediglich) exakt in dem Umfang binden, wie es das gesetzliche Verbot der Ungleichbehandlung von ihm verlangt. Dementsprechend ist sein Lizenzangebot nur dann „nicht-diskriminierend“, wenn er den Lizenzsucher im Vergleich zu anderen Lizenznehmern gleich behandelt oder wenn im Falle einer Ungleichbehandlung dafür triftige sachliche Gründe vorliegen.
- Darlegungs- und beweispflichtig für eine Ungleichbehandlung ist der Lizenzsucher. Dies folgt aus Art. 2 der Kartellverfahrensverordnung (VO (EG) Nr. 1/2003 des Rates v. 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Art. 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln), wonach in allen einzelstaatlichen und gemeinschaftlichen Verfahren zur Anwendung der Art. 81 und 82 des EWG-Vertrags (entspricht Art. 101 AEUV, Art. 102 AEUV) die Beweislast für eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 Abs. 1 oder Art. 82 des EWG-Vertrags der Partei obliegt, die diesen Vorwurf erhebt. Die FRAND-Erklärung des SEP-Inhabers ändert an dieser Darlegungs- und Beweislast grundsätzlich nichts, weil er mit seiner Zusage, Lizenzen diskriminierungsfrei zu vergeben, lediglich den gesetzlichen Anforderungen aus Art. 102c AEUV nachkommen, dem Lizenzsucher aber keine im Vergleich dazu bessere Rechtsposition einräumen will (s. oben). Da der Lizenzsucher regelmäßig keine nähere Kenntnis über die Lizenzierungspraxis des SEP-Inhabers besitzt, insbesondere vom Inhalt der übrigen, von diesem mit anderen Lizenznehmern abgeschlossenen Lizenzverträge, während der SEP-Inhaber diese Kenntnis hat und ihm auch nähere Angaben zumutbar sind, trifft den SEP-Inhaber eine sekundäre Darlegungslast (vgl. zur sekundären Darlegungslast etwa BGHZ 200, 76 = GRUR 2014, 657 – BearShare, m.w.N.). Dies umfasst Angaben dazu, welche – konkret zu benennenden – Unternehmen mit welcher Bedeutung auf dem relevanten Markt zu welchen konkreten Bedingungen eine Lizenz genommen haben. Art. 2 der Kartellverfahrensverordnung steht dem nicht entgegen, weil er die Anwendung mitgliedstaatlicher Regelungen über die Beibringung von Tatsachen, die in der Sphäre der nicht beweispflichtigen Partei liegen, nicht hindert (Schmidt in Immenga/Mestmäcker, Art. 2 VO 1/2003 Rn. 22, 36 m.w.N.). Ferner ist der Patentinhaber (primär) darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass er einen hinreichenden sachlichen Grund für die Ungleichbehandlung hat (EuG, Slg. 2007, 3601 Rn. 1144 – Microsoft/Kommission; MüKoKartellR/Bardong, Bd. 1, 2. Aufl., Art. 2 VO 1/2003 Rn. 13 mwN; Zuber in DDnheim u.a., Art. 2 VerfVO, Rn. 8). Dies folgt daraus, dass Art. 2 der Kartellverfahrensverordnung nur eine Regelung der Beweislast für die Zuwiderhandlung, nicht aber für deren Rechtfertigung enthält und nach allgemeinen Grundsätzen derjenige, der sich auf einen Rechtfertigungsgrund beruft, das Vorliegen der Voraussetzungen der Rechtfertigung darlegen und beweisen muss (MüKoKartellR/Bardong, Art. 2 VO 1/2003 Rn. 13 m.w.N.).
- (a)
Gemessen an diesen Maßstäben ist das vorgelegte Angebot auf Abschluss eines Lizenzvertrages nicht diskriminierend. - Die Klägerin hat – wie ausgeführt – substantiiert dargelegt, dass die angebotene Standardlizenz mit einzelnen individuellen Abweichungen im Markt akzeptiert wurde. Der Lizenzvertrag mit H wurde mit vergleichbaren und somit für die Beurteilung der FRAND-Gemäßheit einzig relevanten Wettbewerbern der Beklagten mehr als 40mal abgeschlossen. Dabei liegt den Lizenzvereinbarungen ganz überwiegend der als Anlage VP Kart 10 neu vorgelegte Standardizenzvertrag neu zugrunde, nur in Einzelfällen ist der Inhalt des alten Lizenzvertrages VP Kart 10 weiter in Kraft. Gerade auch die unmittelbaren Wettbewerber der Beklagten, XXXXXXXXXXXXXXX haben den neuen Lizenzvertrag zur Grundlage ihrer Lizenzvereinbarung gemacht. Die Beklagte hat keine beachtlichen Gründe aufgezeigt, aufgrund welcher einzelnen Nebenvereinbarungen, welche Gegenstand der Sideletter sind, mit einzelnen Lizenznehmern sie ohne sachlichen Grund ungleich behandelt wird.
- (b)
Dabei macht die Beklagte zunächst geltend, dass bereits kein einheitliches Lizenzregime vorhanden sei, da zwei Lizenzregimes in Kraft seien, nämlich der Standardlizenzvertrag alt und der Standardlizenzvertrag neu. Sie macht in diesem Zusammenhang geltend, dass nicht alle Lizenznehmer dem Regime des Standardlizenzvertrages neu unterliegen würden; vielmehr seien einige Lizenznehmer wie XXXx bei den Standardlizenzverträgen alt geblieben. H habe sich indes entsprechend der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf (GRUR-RS 2019, 6087, Rn. 237 – Improving Handover) bereits mit dem Abschluss des ersten Lizenzvertrages gebunden. Insofern liege ein Abweichen in wettbewerbsrelevanter Weise vor, da sich die Berechnungsgrundlage grundlegend geändert habe. - Es kann indes nicht festgestellt werden, dass H mit dem Angebot eines neuen Standardlizenzvertrages unzulässig diskriminiert. Das OLG Düsseldorf hat in der von der Beklagten in Bezug genommenen Entscheidung „Improving Handover“ ausgeführt, dass sich der SEP-Inhaber mit dem allerersten Lizenzgeschäft für ein bestimmtes Lizenzierungskonzept entscheidet, das ihn (und seine Rechtsnachfolger) im Weiteren rechtlich bindet, so dass ein Abrücken von dem einmal praktizierten Modell nur dann und nur in dem Umfang möglich ist, wie sich daraus keine unzulässige Diskriminierung (Schlechterbehandlung) des späteren oder früheren Lizenznehmers ergibt. Eine solche Diskriminierung kann jedoch nicht festgestellt werden. Denn zum einen wurde sämtlichen „Altlizenznehmern“ eine Änderung der Lizenzvertrages auf Basis des Standardlizenzvertrages neu angeboten (vgl. Presseerklärung von H vom 24. Oktober 2017 und das entsprechende Schreiben an XX, Anlage K Kart 19). Nicht alle „Altlizenznehmer“ haben jedoch das neue Angebot angenommen, obwohl die Möglichkeit bestand, was in dem umfänglicheren Reporting begründet sein mag. Ferner ist nicht zu erkennen, dass die Beklagte durch das neue Lizenzregime unzulässig schlechter behandelt wird. Denn die Änderung des Lizenzprogramms im Jahr 2017 beinhaltet eine Staffelung der Lizenzraten für Consumer-Produkte in zwei Schritten; d.h. im unteren Preissegment und auch für das Preissegment über USD 40 (vgl. Anlage K Kart 18). Insofern beinhaltet das neue Lizenzregime eine geringere Lizenzgebührenbelastung mit der Staffelung für die Consumer-Produkte.
- Daher ist aufgrund der Wahlfreiheit für die „Altlizenznehmer“ wie auch dem Umstand, dass sich die Lizenzraten aufgrund der Staffelung im Bereich der Consumer-Produkte reduziert haben, eine Diskriminierung zu Lasten der Beklagten nicht feststellbar.
- (c)
Die Beklagte macht ferner geltend, dass sich H diskriminierend verhalte, da sie selektiv ihre Rechte durchsetze. So sei der Rechtsstreit gegen die Beklagte das einzige anhängige Aktivverfahren der Klägerin bzw. H. Überdies gehe die H gezielt gegen vergleichsweise kleine Unternehmen vor, um schnell eine hohe Anzahl an Lizenznehmern zu generieren. Großen Unternehmen werde faktisch eine Freilizenz erteilt, wie dies etwa für Q, V oder W der Fall sei, oder es handele sich um gleichzeitige Lizenzgeber mit entsprechend eigenen Interessen (bspw. XXXXXXXX). So würden neben Q, V und W außerdem namhafte Unternehmen auf der Liste der Lizenznehmer für Smartphones und Fernseher fehlen, was für X, Y, Z, V, AA, BB, CC, DD, EE, FF, C, E, GG, HH, II, L usw. der Fall sei. Blicke man hingegen auf die Liste der Lizenznehmer, falle auf, dass sich dort gerade kleine und lokale STB-Hersteller befänden. Große STB-Hersteller, wie bspw. XXX würden ebenso fehlen. Gerade hierdurch werde die Beklagte jedoch im harten Preiswettbewerb benachteiligt. - Es ist zwar anerkannt, dass eine Ungleichbehandlung vorliegen kann, wenn der marktbeherrschende Patentinhaber seine Verbietungsrechte aus dem Patent selektiv durchsetzt, indem er gegen einzelne Wettbewerber Verletzungsklage erhebt, um sie in den Lizenzvertrag zu zwingen, andere Wettbewerber hingegen bei der Benutzung seines Schutzrechts gewähren lässt. In ihren faktischen Auswirkungen bedeutet eine solche Prozessstrategie nichts anderes, als dass einem Teil der Wettbewerber unentgeltliche, einem anderen Teil der Wettbewerber hingegen nur entgeltliche Lizenzen eingeräumt werden. Nicht jede über einen gewissen Zeitraum objektiv unterlassene Verletzungsklage rechtfertigt allerdings den Vorwurf der Diskriminierung. Ein Missbrauch setzt vielmehr voraus, dass es sich bei den verschonten Konkurrenten um einen dem Schutzrechtsinhaber bekannten oder lediglich infolge Verletzung der Marktbeobachtungspflicht unbekannten Verletzer handelt, gegen den vorzugehen dem Patentinhaber nach den gesamten Umständen – zu denen beispielsweise der Umfang der Benutzungshandlungen und die Rechtsschutzmöglichkeiten im Verfolgungsland zählen – zuzumuten ist. Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass der Patentinhaber – gerade in der Anfangsphase einer Etablierung des Standards, aber auch darüber hinaus – in seinen finanziellen und personellen Mitteln beschränkt und deswegen auch bei gutem Willen außerstande sein kann, gleichzeitig gegen eine Vielzahl von auf dem Markt auftretenden Verletzern vorzugehen. Schon der damit verbundene Kostenaufwand und das (Prozess-)Kostenrisiko liefern im allgemeinen einen sachlichen Grund dafür, seine Kräfte zu konzentrieren und Verbietungsrechte zunächst gegen marktstarke Verletzer durchzusetzen, von denen eine umfassende Rechtsverteidigung zu erwarten ist und deren Unterliegen einen entsprechenden Abschreckungseffekt mit sich bringt, so dass die Erwartung gerechtfertigt ist, dass danach andere Verletzer außergerichtlich einlenken werden.
- Entsprechendes ist vorliegend der Fall. Zum einen ist gerichtsbekannt, dass die Klägerin gegen einen unmittelbaren Wettbewerber der Beklagten, namentlich X gerichtlich vorgegangen ist. Die Klage vor der Kammer wurde nach Abschluss eines Lizenzvertrages zurückgenommen. Zum anderen wurde der Pool erst im Jahr 2015 gegründet und auch das Incentive Programm läuft erst Ende 2020 aus, so dass der Pool sich noch in der Gründungsphase mit eingeschränkten finanziellen Möglichkeiten befindet. Entsprechendes zeigt sich daran, dass die Klägerin im Laufe des Rechtsstreits mehrfach auf Kostengesichtspunkte des Rechtsstreits für die Rechtsdurchsetzung hingewiesen hat. Insofern kann von der Klägerin bzw. H nicht erwartet werden, dass gleichzeitig mit der Beklagten gegen jegliche potentiellen Verletzer gerichtlich vorgegangen wird. Vielmehr zeigt die stetige Zunahme an geschlossenen Lizenzvereinbarungen, dass sich die Klägerin um eine umfassende Lizenznahme an dem Lizenzprogramm bemüht und nicht selektiv nur gegen einzelne (kleine) Wettbewerber vorgeht. So gehören zu den großen Unternehmen, welche eine Poollizenz genommen haben, unter anderem XXXXX.
- (d)
Sofern die Beklagte ferner die Ansicht vertritt, dass sie gegenüber anderen Lizenznehmern mit Blick auf die Höhe der Lizenzrate diskriminiert werde, vermag die Kammer dies nicht festzustellen: - Auch hier verweist die Beklagte darauf, dass einzelne Lizenznehmer (bspw. XX, Anlage VP Kart 32) Lizenzverträge mit höheren Lizenzraten abgeschlossen hätten, da sie einen Lizenzvertrag zu Bedingungen des Lizenzvertrages nach Anlage VP Kart 10 alt abgeschlossen hätten. Dieser Umstand vermag die Beklagte nicht im Sinne einer Benachteiligung zu diskriminieren. Denn es ist nicht zu erkennen, dass eine relevante Ungleichbehandlung in einer Besserstellung der Beklagten liegen kann, der günstigere Lizenzraten angeboten werden. Insofern könnten sich die Lizenznehmer, welche Lizenzverträge mit höheren Lizenzsätzen auf eine Diskriminierung berufen, nicht hingegen die hiesige Beklagte, welche durch bessere Lizenzbedingungen nicht belastet wird. Der Diskriminierungseinwand ist kein Populareinwand, auf welchen sich jeder ungeachtet seiner konkreten Situation berufen kann. Eine Diskriminierung kann vielmehr nur mit Bezug auf den konkreten Sachverhalt des Einzelnen beurteilt werden.
- Überdies hat die Klägerin – wie ausgeführt – nachvollziehbar und unbestritten erläutert, dass sie im Jahr 2017 das Lizenzprogramm geändert hat und zwar unter teilweiser Reduzierung der Lizenzgebühren. Insbesondere für Consumer-Produkte wurde eine Staffelung von Lizenzraten in zwei Schritten eingeführt; zunächst im unteren – für die Beklagte relevanten – Preissegment und auch für das Preissegment über USD 40. Allen Alt- wie Neu-Lizenznehmern wurde diese neue Lizenzstruktur angeboten, auch XX, wie sich dem Schreiben nach Anlage K Kart 19, entnehmen lässt. Nicht alle, so auch XX, haben das neue Lizenzangebot angenommen, was möglicherweise in den erforderlichen präziseren Reportings begründet ist.
- Ferner macht die Beklagte pauschal geltend, dass verschiedenen Lizenznehmern unterschiedliche Lizenzgebührensätze für die gleichen Produkte oder unterschiedliche Arten der Berechnung der Lizenzen angeboten wurden. So habe H in Abweichung des Standardlizenzvertrages neu einzelnen Lizenznehmern sogenannte „blended rates“ eingeräumt. Hierzu gehörten XXXXXXXXXXXXXXX.
- Im Hinblick auf die Einräumung einer blended rate kann eine Diskriminierung nicht festgestellt werden. Die Klägerin hat auch hierzu unwidersprochen vorgetragen, dass die von H angebotene Lizenzgebührenmatrix einerseits nach Produkten und andererseits nach implementierten HEVC-Profilen differenziert. Zudem werden zwei unterschiedliche Regionen und innerhalb der Produktkategorie „Consumer Products & other devices“ noch insgesamt acht Preiskategorien unterschieden. Diese Aufgliederung führt zwar einerseits zu einer hohen Einzelfallgerechtigkeit, andererseits bringt sie einen erheblichen Abrechnungs- und Buchhaltungsaufwand mit sich, wenn ein Unternehmen Produkte verkauft, die in viele unterschiedliche Kategorien fallen. Solche Unternehmen müssen für die Abrechnung der Lizenzgebühren eine Reihe von Parametern erfassen und H muss umgekehrt die richtige Handhabung überprüfen. Daher bietet H seinen Lizenznehmern, wenn diese ausreichend gesicherten Nachweis über ihre Verkaufszahlen und ihre Verkaufspreisstruktur bringen, die Möglichkeit einer sogenannten blended rate an. Dabei wird anhand konkreter Verkaufszahlen und Preisinformationen, die der Lizenznehmer im Rahmen der Verhandlungen bereitstellt, eine durchschnittliche Lizenzgebühr auf Grundlage der normalen Matrix errechnet. Durch diese durchschnittliche Gebühr wird dann ein bestimmter Teil der Lizenzgebührenmatrix ersetzt. Ein Unternehmen muss folglich in der Abrechnung nicht mehr darlegen, wie viele STB mit welchem Verkaufspreis in den verschiedenen Preissegmenten verkauft werden. Es wird vielmehr eine statistisch gemittelte Lizenzgebühr für alle STB gebildet. Entsprechend stellen die blended rates nur eine Vereinfachung dar. Dies ist ohne weiteres nachvollziehbar und wurde von der Beklagten auch nicht in Abrede gestellt.
- Eine Ungleichbehandlung gegenüber der Beklagten kann nicht festgestellt werden, da der Beklagten entsprechende blended rates ebenfalls angeboten wurden. Die Beklagte hat indes keine vertiefte Datengrundlage zur Verfügung gestellt, welche es H ermöglicht hätte auch für die Beklagte eine vereinfachte und vorteilhafte Lizenzratenstruktur zu bestimmen und zu rechtfertigen. Die Beklagte hat weder die tatsächlichen Verkaufspreise und -volumina offenbart, noch war sie dazu bereit, den ungefähren Bereich ihrer Einkaufspreise zu offenbaren sowie die Anzahl der erworbenen Geräte. In einer E-Mail vom 26. Februar 2019 (Anlage K Kart 16) wurde ohne nähere Aufgliederung der Verkäufe in der Vergangenheit lediglich eine pauschale Vorhersage der avisierten Verkäufe für das kommende Jahr angegeben. Diese Datengrundlage bietet indes keine gesicherte Grundlage für die Bildung einer blended rate. XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
- Entsprechend den vorstehenden generellen Ausführungen kann anhand der mit den eingangs genannten Unternehmen getroffenen Regelungen einer blended rate für Verkäufe in der Vergangenheit eine Ungleichbehandlung nicht festgestellt werden.
- Dass über das geschilderte Verfahren zur Anwendung der blended rates im Einzelnen noch eine Diskriminierung vorliegt, ist nicht zu erkennen. Sofern XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX, ist hierin eine Ungleichbehandlung nicht zu sehen. Denn es ist nicht zu erkennen, dass X eine andere blended rate gewährt wird, als eine solche, welche anhand der Verkaufsprognosen gebildet wurde, dass nämlich ein Durchschnittswert aus den verkauften Stückzahlen und den jeweiligen Verkaufspreisen der Geräte von X ermittelt und daraus eine Lizenzgebühr berechnet wurde, d.h. nicht unabhängig vom Verkaufspreis. Entsprechendes hat die Beklagte selbst nicht behauptet. Gleiches gilt im Hinblick auf die behaupteten Diskriminierungen mit Blick auf XXXXXXXXXXXXXXXXX. Auch hier wurde eine Durchschnittswert aus den verkauften Stückzahlen ermittelt und daraus eine Lizenzgebühr berechnet. Eine Vorgehensweise, welche gleichermaßen der Beklagten angeboten wurde.
- (e)
Die Beklagte macht ferner geltend, dass eine Diskriminierung durch H vorliege, da diese Nachlässe auf die Lizenzgebühren vereinzelt gewähre. Solche Lizenzgebührenrabatte seien per se geeignet die Wettbewerbsverhältnisse nachhaltig zu verfälschen. So seien XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX. - Daraus ist eine unsachliche Ungleichbehandlung nicht zu erkennen. In diesem Zusammenhang hat die Klägerin nachvollziehbar erläutert, dass XXXX gegenüber H dargelegt haben, XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
Gegen diese Erläuterungen hat die Beklagte keine Einwendungen erhoben, sondern weiterhin nur pauschal geltend gemacht, dass hierin eine Diskriminierung zu sehen sei. Dem vermag die Kammer nicht beizutreten. Wenn nämlich aufgrund der vorgelegten Datenlage deutlich wird, dass XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX - Gleiches gilt hinsichtlich der XXXXXXXXXXXXXXXXX zugunsten von X. Die Klägerin hat auch hier nachvollziehbar dargelegt, XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX - Insofern wird X daher nicht bessergestellt; vielmehr leistet X die gleichen Lizenzgebühren, nur die Berechnung wird für die Parteien vereinfacht, wenn ein pauschaler Abzug vom Verkaufspreis vorgenommen wird.
-
Eine weitere Diskriminierung soll, wie die Beklagte geltend macht, darin zu sehen sein, dass XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
Insofern handelt es sich indes um die im Lizenzvertrag vorgesehene übliche Anwendung des Incentive-Programmes bis Ende 2020, nämlich eine 10%-ige Ermäßigung auf die fortlaufenden Lizenzgebühren. Die Anwendung des Incentive Programmes auf X hat die Klägerin nachvollziehbar und ohne weitere Einwände durch die Beklagte erläutert. Denn nachdem X begonnen hatte, zunächst in begrenztem Umfang 4k-Fernseher herzustellen, dauerte es einige Zeit, bis H Mitte 2018 erstmals mit X Kontakt aufnehmen konnte, da die Ressourcen des Pools begrenzt waren. Im Anschluss an die Kontaktaufnahme wurden – anders als im Falle der Beklagten – indes konstruktive Gespräche geführt, welche Ende 2019 nach etwas mehr als einem Jahr nach der ersten Kontaktaufnahme in einen Lizenzvertrag mündeten. Da die Verzögerung nicht durch X verursacht wurde, wurde mit ihr das Phase 3-Incentive Programm vereinbart. - Gleiches gilt im Hinblick auf die derX gewährte X. Dabei verweist die Beklagte zunächst zu Unrecht auf XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
Dass X zu Unrecht das Incentive Programm zu
gute kommt, hat die Beklagte nicht behauptet. - Im Zusammenhang mit einer Ungleichbehandlung in Bezug auf einen XXXXX zugunsten von XX macht die Beklagte geltend, dass im rechnerischen Verkaufspreis ein Abzug für den Wert von XXXX) vorgenommen werde.
- Auch hierin kann eine Ungleichbehandlung nicht gesehen werden. Denn XXX konnte, wie die Klägerin dargelegt hat, gegenüber H aufzeigen, dass XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX. Dem ist die Beklagte nicht entgegen getreten.
- Überdies macht die Beklagte geltend, dass gegenüber XXXXXXXX, so dass die Beklagte dadurch ungleich behandelt würde. Dies ist nicht der Fall.
- X XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
- Beide Sachverhalte beinhalten keine Ungleichbehandlung der Beklagten, da sie ein vergleichbares Geschäftsmodell nicht anbietet und damit nicht ohne sachlichen Grund ungleich behandelt wird.
- Gleiches gilt im Hinblick auf den Einwand, XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
.Eine Ungleichbehandlung kann hierin nicht gesehen werden. - Eine Ungleichbehandlung macht die Beklagte ferner gegenüber XXXXXXXX
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX. Inwiefern die Beklagte zum jetzigen Zeitpunkt durch diese Regelung, welche ungeachtet dessen von ihr nicht hinreichend erläutert wurde, benachteiligt wird, ist nicht zu erkennen. - Die Beklagte meint ferner, sie werde gegenüber X unsachlich benachteiligt. Denn dem Unternehmen sei XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX - Dies ist indes nicht der Fall. Denn die Beklagte verkennt, dass XXXXXXXXX
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX - Ferner wird vorgetragen, XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
XXXXXXXXXXXXXXXXXXX
XXXXXXXXXXXX
Weiterer Vortrag der Beklagten erfolgte hierzu nicht. - Im Hinblick auf die Lizenzgebühren macht die Beklagte letztlich noch geltend, dass XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
XXXXXXXXXXXXXXXXX
XX
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX. Inwieweit die Beklagte hierdurch ohne sachlichen Grund ungleich behandelt sein will, wurde nicht vorgetragen. Weiterer Vortrag erfolgte nach den Erläuterungen der Klägerin nicht. - (f)
Geltend gemacht wird von der Beklagten ferner, dass H Lizenzen mit unterschiedlichen sachlichen Umfängen erteilt hätte. So sei bei XXXXXXXXXXXXX
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX - Aufgrund dieses Vorbringens kann bereits eine Ungleichbehandlung nicht festgestellt werden.
- So produziert und verkauft XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX - Gleiches gilt für die Vereinbarung mit XX. Denn nach dem unbestrittenen Vortrag der Klägerin waren XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
- Unzutreffend und damit eine Ungleichbehandlung nicht begründend ist ferner die Behauptung, dass die Aktivitäten bestimmter Konzerngesellschaften von X und XX lizenzgebührenfrei seien.
- XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
- Eine Ungleichbehandlung kann daher nicht festgestellt werden, zumal die Beklagte über keinerlei Konzerngesellschaft oder Tochtergesellschaften verfügt, so dass eine vergleichbare Sachlage nicht vorliegt.
- (g)
Die Beklagte macht ferner geltend, dass H sie durch die unterschiedliche Anwendung des Incentive Programms diskriminiere. - H bietet bzw. bot in der Vergangenheit ein Incentive Programm (= Anreizprogramm) an, um potentielle Lizenzgeber zum Abschluss einer Poollizenz zu motivieren. Gemäß des öffentlich einsehbaren Programms, von welchem die Beklagte als Anlage VP Kart 37 einen Auszug nebst deutscher Übersetzung vorgelegt hat und welches auszugsweise im Tatbestand wiedergegeben wurde, gilt dieses Programm für alle Lizenznehmer, die innerhalb der ersten zwölf Monate nach dem ersten Vertrieb von HEVC-kompatiblen Produkten eine Poollizenz abschließen. Danach gibt es unterschiedlich gestaffelte Rabatte für zurückliegende und für zukünftige Verkäufe. Für die jeweiligen Rabatte gelten Höchstgrenzen, die nicht näher geregelt sind. Das Programm läuft nach zwölf Monaten aus.
- Es gibt einen Nachlass von 10% auf bestimmte Lizenzgebühren, was in Fußnoten 2 und 3 näher beschrieben wird. Ferner gibt es einen Nachlass auf die Lizenzgebühren, welche für patentverletzende Verkäufe in der Vergangenheit angefallen sind, wobei sich der Nachlass schrittweise reduziert, je nachdem zu welchem Zeitpunkt ein Lizenzvertrag abgeschlossen wurde. Ferner gibt es, was die Klägerin erläutert hat, einen Anwendungsspielraum von H dahingehend, Vergünstigungen des Incentive Programmes auch nach Ablauf der 12-Monats-Frist zu gewähren.
- Grundsätzlich gilt, dass die Einräumung von vergünstigten Bedingungen für einen Patentbenutzer, der frühzeitig eine Lizenz nimmt, nicht diskriminierend ist (vgl. Kühnen, a.a.O., Kap. E, Rn. 333 mit Verweis auf LG Mannheim, Urt. v. 24. Januar 2017, 2 O 131/16). Insofern ist das Vorhandensein eines Incentive Programms unter Missbrauchsgesichtspunkten zunächst nicht zu beanstanden, so lange die Lizenzsucher gleich behandelt werden und das Incentive Programm zeitlich beschränkt ist, was vorliegend der Fall ist, nämlich bis zum bis 31. Dezember 2020 (vgl. Anlage VP Kart 37, Seite 3).
- Eine unsachliche Ungleichbehandlung dieses Incentive Programms vermochte die Beklagte nicht aufzuzeigen. Soweit die Beklagte geltend macht, dass eine Regelung für die Höchstgrenzen (caps) nicht besteht, ist dies nicht der Fall, wie der Anlage K 1d auf Seite 26 entnommen werden kann. Denn damit sind die Höchstgrenzen des Lizenzprogramms für die jährlich zu zahlenden Lizenzgebühren gemeint. Sie bemessen sich jeweils für eine bestimmte Produktkategorie und für ein bestimmtes Unternehmen. Die entsprechenden Zahlen sind auf der Webseite von H aufgeführt. Dass im Rahmen des Incentive Programms für vergangene Verkäufe teilweise keine Caps Anwendung fanden, beruht nicht auf einer willkürlichen Entscheidung von H. Denn in diesem einen Fall handelt es sich um unautorisierte Verkäufe in der Vergangenheit, die nicht innerhalb von zwölf Monaten legalisiert werden. In diesem Fall findet das reguläre Lizenzprogramm Anwendung. Dementsprechend gelten die Höchstgrenzen für jedermann und insofern ist eine Ungleichbehandlung nicht zu erkennen.
- Auch der Beklagten ist das Incentive Programm angeboten worden. Insofern kann auf die Anlage VP Kart 3 verwiesen werden.
- Die Beklagte macht ferner geltend, dass die Anwendung des Incentive Programms unterschiedlich gehandhabt werde. Teilweise werde es auch nach zwölf Monaten nach dem ersten Verkauf gewährt, teilweise würden die Rabatte und Höchstgrenzen unterschiedlich gehandhabt. Insgesamt kann diesen Behauptungen eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung nicht entnommen werden. Im Einzelnen:
- Die Unternehmen XXXX seien nach Ansicht der Beklagten zu Unrecht in das Anreizprogramm aufgenommen worden, obwohl sie die Poollizenz erst über ein Jahr nach dem ersten Verkauf von HEVC-Geräten abgeschlossen hatten.
- Eine Ungleichbehandlung kann hierin nicht gesehen werden. Denn die Klägerin hat unwidersprochen und nachvollziehbar dargelegt, dass in allen diesen Fällen während der Vertragsverhandlungen bestimmte zeitliche Verzögerungen eingetreten sind, die nicht im Verantwortungsbereich der Lizenznehmer lagen und die keinen Rückschluss auf irgendeine Verzögerungstaktik zugelassen hätten. Die Lizenznehmer haben sich vielmehr konstruktiv und zügig um eine Lizenz bemüht, ihre Zahlungen für vergangene Verkäufe offengelegt und damit dazu beigetragen, dass der jeweilige Lizenzvertrag zügig geschlossen werden konnte. Entsprechendes kann teilweise auch den Sidelettern entnommen werden, welche unter der Überschrift „Incentive Program Discounts“ den Zeitraum der Verhandlungen für den Abschluss eines Lizenzvertrags wiedergeben (vgl. nur XXXXX). Einwendungen hiergegen hat die Beklagte nicht mehr erhoben.
- Sofern die Beklagte noch geltend macht, dass X ein 10%-iger Rabatt auf zukünftige Lizenzgebühren auch über das Ende des Incentive Programmes hinaus eingeräumt werde (X), kann dies der Regelung nicht entnommen werden, da insofern lediglich von einem Rabatt bis zum Ende des Initial Terms die Rede ist.
- Eine Ungleichbehandlung liege – nach Ansicht der Beklagten – ferner vor, da den Unternehmen XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX XXXXXXRabatte für zurückliegende Verkäufe außerhalb des Anreizprogramms gewährt worden seien und zwar XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
XXXXXXXXXXXXXXXXX. Es sei daher nicht nach verschiedenen zeitlichen Phasen unterschieden worden. - Ungeachtet dessen, dass die Beklagte mit ihrem Vorbringen insoweit komplett pauschal bleibt, da keine über die vorstehenden Ausführungen hinausgehenden näheren Erläuterungen gemacht werden, kann das Vorbringen auch nicht nachvollzogen werden. Die prozentualen Reduktionen entsprechen grundsätzlich denjenigen, welche auf Seite 4 der Anlage zum Incentive Programm wiedergegeben sind.
- Lediglich bei XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
Auch die behauptete Diskriminierung durch die Vereinbarung mit XXXXXXXXXX
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
Wenn ein Lizenznehmer ein Unternehmen zukauft, ist der Lizenznehmer gegenüber H verpflichtet, dessen Back Royalties zu zahlen. Ist der Lizenznehmer im Incentive Programm, so fallen auch nur die Raten des Incentive Programms an. Insofern kann eine Benachteiligung nicht festgestellt werden, zumal die Beklagte nicht vorgetragen hat, dass sie Unternehmen zugekauft hat und ihr die entsprechende Regelung verwehrt wurde. - Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 7. Februar 2020 geltend gemacht hat, dass X zu Unrecht in das Incentive Programm worden sei, kann dieses Vorbringen aufgrund seiner Pauschalität nicht berücksichtigt werden.
- (h)
Ferner macht die Beklagte geltend, dass einzelnen Lizenznehmern deutlich verbesserte Konditionen gegenüber dem Standardlizenzvertrag neu für rückwirkende Lizenzgebühren eingeräumt worden seien. - In diesem Zusammenhang gilt, dass die Einräumung von Rabatten für die Vergangenheit und sogar ein Verzicht auf Lizenzzahlungen als solches im Rahmen des Diskriminierungsverbotes nicht zu beanstanden sind. Je höher ein Rabatt ist, desto größere Bedeutung hat allerdings eine Gleichbehandlung aller Lizenznehmer und desto höhere Anforderungen gelten für die Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung. Insbesondere bei sehr hohen Rabatten muss das marktbeherrschende Unternehmen deshalb Sorge dafür tragen, dass sie Lizenznehmern nach den gleichen Kriterien gewährt werden, und diese Kriterien zudem das Ausmaß der Ungleichbehandlung hinreichend sachlich begründen. Denn wird ein derartiger Rabatt einigen Lizenznehmern zugebilligt und anderen nicht, so kann dies zu erheblich unterschiedlichen Belastungen von Wettbewerbern mit Lizenzgebühren führen und dadurch eine Verfälschung des Wettbewerbs auf dem nachgeordneten Produktmarkt nach sich ziehen. Infolgedessen besteht aber die mit Hilfe des Diskriminierungsverbots zu vermeidende Gefahr, dass die betroffenen Unternehmen in ihrer Wettbewerbsfähigkeit untereinander beeinträchtigt werden.
- Diese Grundsätze berücksichtigend kann eine sachlich ungerechtfertigte Ungleichbehandlung nicht festgestellt werden. XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX - Nach Ziffer 3.2.2 des Standardlizenzvertrages neu erfolgt die Bemessung und Berechnung zurückliegender Lizenzgebühren auf Grundlage der „Standard Rates“. Hiervon wurde, wie auch der Beklagten angeboten, bei nachfolgenden Unternehmen wie folgt abgewichen:
- So macht die Beklagte geltend, dass den Unternehmen XXXXXXXXXXXXXXX
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
Rabatte auf Basis XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX.
Ungeachtet dessen, dass auch dieses Vorbringen lediglich pauschal ohne Bezugnahme auf die Sideletter vorgetragen wurde, kann eine Ungleichbehandlung nicht in dem Vorgehen gesehen werden, Vertragselemente, die eigentlich für die Berechnung der fortlaufenden Lizenzgebühren berücksichtigt werden, auch zur Reduktion der Back Royalties heranzuziehen, XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
Ferner kann nicht festgestellt werden, dass die Rabatte für die Vergangenheit XXXXXXXXXXXXXXXXXX erheblich sind. Es ist keine Berechnung vorgelegt worden, anhand derer festgestellt werden könnte, dass die Reduktionen erheblich sind. - Gleiches gilt mit Blick auf die Behauptung, dass den Unternehmen XXXXXXXXX
XXXXXXXXX XXXX. Auch hier wurde das Vorbringen nicht durch nähere Bezugnahmen auf die Sideletter substantiiert und es kann auch nicht festgestellt werden, dass es sich hierbei um erhebliche Rabatte handelt, die zu erheblich unterschiedlichen Belastungen von Wettbewerbern mit Lizenzgebühren führen und dadurch eine Verfälschung des Wettbewerbs auf dem nachgeordneten Produktmarkt nach sich ziehen. XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX -
Ferner macht die Beklagte geltend, dass gegenüber XXXXXXXXXXXXXXXXX
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
Insofern ist von der Rechtsprechung anerkannt, dass unterschiedliche Erfolgsaussichten für die Durchsetzung eines SEP in verschiedenen Ländern und damit gegenüber verschiedenen Lizenzsuchern ein Grund für eine divergierende Lizenzbehandlung sein können (OLG Düsseldorf, a.a.O. – Mobiles Kommunikationssystem; Kühnen, a.a.O. Kap. E, Rn. 333). Gleiches gilt für einen Referenzkunden, der als erster in einem bisher noch nicht erschlossenen Lizenzmarkt den Weg zu weiteren Lizenznahmen eröffnen soll (LG Mannheim, Urt. v. 24. Januar 2017, 2 O 131/16). - Die Beklagte wendet ferner zur Begründung einer Ungleichbehandlung ein, dass XX rückwirkende Lizenzgebühren auf Basis einer blended rate zugestanden wurden. Nichts anderes ist der Beklagten angeboten worden (vgl. Anlage K Kart 25).
- Die weitere Beanstandung der Beklagten, die von XXXXXXXXXXXXXXXXXXX
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
gezahlten Back Royalties würden nicht den tatsächlichen Verkäufen entsprechen, ist unbegründet. Die Beklagte trägt hierzu vor, dass es sich bei diesen Unternehmen im Wesentlichen um führende Hersteller von STB bzw. Fernsehern handele, die jedes Jahr Millionen von Produkten verkaufen würden und deren rückwirkende Lizenzgebühren, wenn sie nach den Standardsätzen berechnet würden, ein Vielfaches dessen betragen würden, was tatsächlich bezahlt wurde. Zum Beispiel hätten XXXXXX
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX die standardgemäße jährliche Obergrenze von USD 40.000.000,- begleichen müssen. Zur Begründung nimmt die Beklagte Bezug auf eine in der mündlichen Verhandlung überreichte Übersicht (vgl. Anlage VP Kart 47). Diese ist indes nicht aussagekräftig, da nach dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, die Geräte, welche im Jahr 2015 verkauft wurden, noch nicht von dem HEVC-Standard Gebrauch machten. Insoweit beruht die von der Beklagten vorgenommene Berechnung der Anzahl der verkauften Geräte und des vereinbarten Rabatts auf einer unzutreffenden Berechnungsgrundlage. Überdies ist zu berücksichtigen, dass selbst wenn insbesondere XXX vergünstigte Bedingungen eingeräumt worden sein sollten, es sich hierbei um marktstarke Unternehmen handelt, deren frühzeitige Einbindung in den H-Lizenzpool eine rasche Durchsetzung des HEVC-Standards und dieses Lizenzpools unterstützt. XX sind Unternehmen, die in Jurisdiktionen ansässig sind (XX), in denen sich die Durchsetzung von Patenten und Schadensersatzansprüchen sehr schwierig gestaltet, was eine Reduktion der Lizenzgebühren rechtfertigt (vgl. LG Düsseldorf, Urt. v. 9. November 2018, 4a O 63/17; Kühnen, a.a.O., Kap. E, Rn. 333). - Die Beklagte kritisiert ferner, XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX - Letztlich macht die Beklagte noch geltend, dass XXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
Dieses Vorbringen berücksichtigend, dem die Beklagte nicht widersprochen hat, kann eine Ungleichbehandlung nicht festgestellt werden. XXXXXXXXXXXXXX
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX - v(i)
Weiterhin beruft sich die Beklagte auf eine Diskriminierung aufgrund von Nebenabreden mit verschiedenen Unternehmen. Im Einzelnen: - (aa)
Im Hinblick auf die Einräumung einer OEM-Lizenz zugunsten einiger Lizenznehmer wird die Beklagte nicht diskriminiert. Es ist nach den Erläuterungen der Klägerin anzunehmen, dass der Lizenzvertrag von H von dem Ansatz ausgeht, dass der Lizenznehmer dasjenige Unternehmen sein soll, das Geräte unter seiner eigenen Marke vertreibt, im Gegensatz zu reinen Wiederverkäufern. Der Lizenznehmer ist grundsätzlich nur für Produktverkäufe verantwortlich, die er unter seiner eigenen Marke durchführt. Wenn er hingegen Produkte verkauft, die von einem Lieferanten eingekauft worden sind, der keine eigene Marke besitzt oder der unmittelbar die Marke des Lizenznehmers aufbringt (OEM-Hersteller), ist der Lizenznehmer verpflichtet, Lizenzgebühren für die Produkte zu bezahlen. Entsprechendes folgt aus Ziffer 1.14 des Standardlizenzvertrages nach Anlage VP Kart 10 neu. Von dieser Regel kann abgewichen und die Lizenz kann auch auf Geräte erstreckt werden, die unter einer anderen Marke vertrieben werden. Solche OEM-Lizenzen werden nach der gängigen Praxis der H in Nebenabreden vereinbart. Sie kommen dann zum Einsatz, wenn in der Verwertungskette besondere Umstände vorliegen, die eine solche Konstruktion als sinnvoll erscheinen lassen, nämlich dann, wenn der Markeninhaber nur als reiner Distributor anzusehen ist, der kaum eigene Beziehungen zu dem Produkt hat, etwa dann, wenn ein Handelsunternehmen unter eigener Handelsmarke verkauft oder typischerweise in den Fällen der Content-Provider. Ziel ist es insoweit, dass Lizenzen für alle Produkte beglichen werden, entweder durch den Lizenznehmer oder dieser erwirbt bereits lizenzierte Produkte. - XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
- Anhand der von der Beklagten weiter angeführten Verträge kann eine Ungleichbehandlung auch nicht festgestellt werden.
- Die Beklagte meint zuerst, dass bestimmte Lizenznehmer wie XXXXXXXXXX
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX das Recht erhalten, Produkte unter Drittmarken an jeden Kunden mit Ausnahme von Herstellern zu verkaufen. Für XXXXXXXXX sei dies sogar ausnahmslos möglich. Ungeachtet dessen, dass wiederum keine konkrete Bezugnahme auf die jeweiligen Sideletter erfolgt, so dass eine hinreichend genaue Überprüfung der Kammer erschwert wird, entspricht dies nicht den Tatsachen. - So hat X nicht das Recht, Produkte unter Drittmarken an jeden Kunden zu verkaufen, wie XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
erhält lediglich die Befugnis an Content-Provider zu verkaufen („… sell to cable, satellite and other content providers and pay-TV operators…“). - XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
Dadurch wird H – nach den Ausführungen der Klägerin – in die Lage versetzt, dass sich die OEM-Lizenz von X im Rahmen des genannten Grundsatzes bewegt. X verkauft damit nicht an Markeninhaber, die nicht unter die oben genannten Ausnahmen fallen, wie Content-Provider oder Handelsunternehmen. - Gleiches gilt hinsichtlich XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXverkauft daher nicht an Markeninhaber, die nicht unter die genannten Ausnahmen wie Content-Provider oder Handelsunternehmen fallen.
- Die gleiche Vertragssystematik findet sich nach den unwidersprochenen Angaben der Klägerin bei XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX -
Auch gegenüber der mit X getroffenen Vereinbarung ist eine Diskriminierung nicht zu erkennen. XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
Gleiches gilt für XXXXXX. Auch dort werden lediglich Content-Provider oder Handelsunternehmen als Qualified Customer betrachtet. - Im Ergebnis kann daher keine Ungleichbehandlung der Beklagten gesehen werden, da diese nach den Vertragsdefinitionen nicht als Qualified Customer anzusehen ist.
- (bb)
Die Beklagte macht als weiteren Punkt geltend, dass die H hinsichtlich der Kennzeichung mit dem HEVC Logo eine unterschiedliche Behandlung vornehme. - Der Standardlizenzvertrag neu sieht vor, dass ein Unternehmen, welches parallel zum Lizenzvertrag einen Markenlizenzvertrag abschließt, einen Rabatt um 10% erhält (vgl. Anlage 2 des Standardlizenzvertrages neu).
- Die Beklagte führt in diesem Zusammenhang aus, dass einigen Lizenznehmern XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX eine Übergangsfrist eingeräumt worden sei, innerhalb derer sie von der Discount Rate (In-Compliance) mit Trademark Logo profitieren konnten, ohne dass die Produkte entsprechend gekennzeichnet werden mussten. XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
XXXXXX und weiteren Unternehmen XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
XXXXXXXX seien weniger belastende Bedingungen hinsichtlich der Kennzeichnungspflicht auferlegt worden. - Auch hier hat die Klägerin im Ergebnis unwidersprochen und nachvollziehbar begründet, dass H teilweise eine Umstellungsfrist für eine Kennzeichnung der Produkte mit der Marke von H vorsieht, da es hierfür einer Umstellung des Produktionsprozesses bedürfe. Wie lange diese Umstellungsfrist dauere, hänge von den Umständen des Einzelfalles und von der Geschäftsorganisation des Lizenznehmers ab. Während dieser Umstellungsfrist berechnet H nachvollziehbar nur diejenige Lizenzgebühr, die eigentlich erst nach Aufbringung mit der Marke anfalle. Ein solches Vorgehen ist angemessen, da von einem Lizenznehmer nicht erwartet werden kann, dass er in der Lage ist, ab dem Zeitpunkt des Abschlusses des Lizenzvertrages eine Kennzeichnung der Produkte mit der Marke von H vorzunehmen.
- Sofern die Beklagte die Handhabung gegenüber X kritisiert, wirkt sich, was die Klägerin erläutert hat, XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX - Letztlich steht es auch der Beklagten frei einen Markenlizenzvertrag mit H abzuschließen und so zu dem Vorteil verringerter Lizenzgebühren zu gelangen.
- (cc)
In der mündlichen Verhandlung vom 7. Februar 2020 hat die Beklagte ferner geltend gemacht, dass sie im Hinblick auf den im Januar 2020 vorgelegten Lizenzvertrag mit X benachteiligt werde, da XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX - Im Hinblick auf das Angebot verbesserter Lizenzraten entspricht die Regelung daher nichts anderem als dem, was H ohnehin praktiziert: Immer dann, wenn das Lizenzprogramm verändert wurde, wurden diese verbesserten Konditionen auch allen bestehenden Lizenznehmern angeboten und zwar nicht nur denjenigen, die die gleichen Produkte auf den gleichen Märkten verkaufen. Insoweit kann auf die Handhabung verwiesen werden, die von H praktiziert wurde, als das Lizenzprogramm 2017 von dem alten Standardlizenzvertrag auf den neuen Standardlizenzvertrag umgestellt wurde. Das neue Programm wurde allen Lizenznehmern angeboten, nicht jeder (vgl.X) hat dieses indes angenommen. Entsprechend macht auch die Klägerin in ihrem nachgelassenen Schriftsatz vom 24. Februar 2020 deutlich, dass für den Fall, dass H in Zukunft die Lizenzraten nach unten korrigiert, die neuen Raten auch allen anderen Lizenznehmern und damit auch der Beklagten angeboten werden.
- Eine Ungleichbehandlung kann demnach insgesamt nicht festgestellt werden.
- (dd)
Sofern die Beklagte ferner geltend macht, dass die in Ziffer 10.10 getroffene Gerichtsstandklausel sie diskriminiere, ist dies nicht der Fall. Ziffer 10.10, welche bereits wiedergegeben wurde, sieht die Vereinbarung New Yorker Rechts und einen Gerichtsstand in New York vor. - XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
- (ee)
Soweit die Beklagte ferner pauschal für weitere Diskriminierungen auf die in der mündlichen Verhandlung vom 7. Februar 2020 vorgelegte Anlage VP Kart 46 i.V.m. Anlage VP Kart 49/49a verweist, kann diese pauschale Bezugnahme hinreichenden Sachvortrag nicht ersetzen und muss unberücksichtigt bleiben. - Zusammenfassend ist die Kammer daher davon überzeugt, dass die Beklagte gegenüber anderen Lizenznehmern nicht unsachlich ungleich behandelt wird.
- dd.
Die Beklagte hat ihrer aus dem vom EuGH aufgestellten Procedere folgenden Obliegenheit nicht genügt und kein FRAND-gemäßes Gegenangebot abgegeben. - Den wechselseitig zu erfüllenden J/L-Kriterien des EuGH folgend hat der Lizenzsucher auf ein FRAND-gemäßes Angebot grundsätzlich sorgfältig und gemäß den im Bereich anerkannten geschäftlichen Gepflogenheiten und nach Treu und Glauben zu reagieren. Sofern er das Angebot nicht annehmen will, besteht für ihn die Möglichkeit, ein Gegenangebot zu unterbreiten, welches ebenso wie das ursprüngliche Lizenzangebot vollständig den FRAND-Kriterien genügen muss. Zudem muss dies innerhalb einer kurz bemessenen Reaktionsfrist auf das Angebot erfolgen (Kühnen, a.a.O., Kap. E, Rn. 338). Dabei muss der Verletzer ein schriftliches konkretes Gegenangebot machen, das den FRAND-Bedingungen entspricht (EuGH-Urteil, Rn. 66). Hinsichtlich seines Inhalts gelten die gleichen Anforderungen wie für das Lizenzangebot des Patentinhabers, so dass in beide Richtungen eine hinreichende Regelungsdichte genauso unabdingbar ist wie eine Erläuterung dazu, wieso die abweichend vorgeschlagenen Inhalte diskriminierungs- und ausbeutungsfrei sind und welche Umstände angesichts des FRAND-Angebots des Patentinhabers für ihre Vereinbarung sprechen (vgl. Kühnen, a.a.O., Kap. E, Rn. 377).
- Ein diesen Voraussetzungen entsprechendes Gegenangebot hat die Beklagte nicht vorgelegt. In Anlage VP Kart 15 (deutsche Übersetzung VP Kart 15a) wurden wie im Tatbestand wiedergegeben nur einzelne Lizenzsätze genannt.
- Das Gegenangebot enthält demnach mit Ausnahme der Lizenzsätze keine Regelungen zur Frage der Back Royalties sowie der von der Beklagten im Rahmen der Diskriminierung vehement diskutierten Regelungen über den Gerichtsstand, Klauseln für das Audit und weiteres. Soweit die Beklagte darauf verweist, dass in das Gegenangebot das hineingelesen werden solle, was von H vorgeschlagen wurde, ist dies nicht behelflich, da die Beklagte insoweit eine Vielzahl von Regelungen kritisiert hat, und daher deutlich machen müsste, welche dieser Regelungen sie nun als akzeptabel erachtet. Ungeachtet dessen erläutert die Beklagte auch nicht, aus welchem Grund ein Abstellen auf den Einkaufspreis gegenüber dem von H vorgesehenen Verkaufspreis FRAND-Bedingungen entsprechen soll, gerade vor dem Hintergrund, dass sie dadurch gegenüber ihren Wettbewerbern XX usw. besser gestellt würde.
- ee.
Vor dem Hintergrund, dass der Einwand bereits an dem Gegenangebot scheitert, kommt es nicht mehr darauf an, dass die Beklagte weder Rechnung gelegt noch eine Sicherheit geleistet hat. -
c.
Hinsichtlich einer Lizenz an den von der Klägerin selbst im H Patentpool gehaltenen Patenten kann festgestellt werden, dass die Klägerin den im EuGH-Urteil aufgestellten Voraussetzungen genügt, nicht indes die Beklagte. - Ihrer Hinweispflicht ist die Klägerin mit Schreiben vom 11. Juli 2018 (Anlage K 1f) gerecht geworden. Darin weist sie darauf hin, dass sie Inhaberin von mehr als 450 Patenten ist, welche für den HEVC-Standard essentiell sind. Im Anhang beigefügt ist eine Liste der Patente der Klägerin. Ferner beigefügt ist eine Liste mit Claim-Charts für eine gewisse Anzahl von Patenten und ein Lizenzangebot. Es kann daher festgestellt werden, was von der Beklagten auch nicht in Abrede gestellt wurde, dass das Schreiben den formellen und inhaltlichen Anforderungen an einen Verletzungshinweis genügt. Unschädlich ist hierbei, dass die Verletzungsanzeige erst im gerichtlichen Verfahren erfolgte. Denn durch den Verletzungshinweis durch H im Jahre 2016 hatte die Beklagte bereits Kenntnis von der behaupteten Verletzung, auch der Patente der Klägerin.
- Nicht festgestellt werden kann indes, dass die erforderliche Lizenzbereitschaft auf Seiten der Beklagten vorliegt.
- Auf einen Verletzungshinweis des SEP-Inhabers muss der andere Teil seinen Willen zum Ausdruck bringen, einen Lizenzvertrag zu FRAND-Bedingungen abzuschließen (EuGH-Urteil, Rn. 63). Weil es dem Benutzer untersagt ist, den Abschluss eines Lizenzvertrages mittels einer Verzögerungstaktik hinauszuschieben, muss er binnen angemessener Frist auf den Verletzungshinweis reagieren. Inhaltlich genügt eine formlose und pauschale Erklärung des Lizenzsuchers, in der er seine Lizenzwilligkeit eindeutig zum Ausdruck bringt.
- Bereits nach dem eigenen Vortrag der Beklagten liegt keine ausdrückliche Lizenzierungsbitte zum Abschluss eines Lizenzvertrages mit der Klägerin vor. Zu ihren Gunsten mag noch unterstellt werden, dass aufgrund der im Laufe der nachfolgenden Jahre erfolgten Korrespondenz jedenfalls eine Lizenzierungsbitte durch schlüssiges Handeln angenommen werden kann.
- Es kann indes nicht festgestellt werden, dass die Lizenzbereitschaft der Beklagten zum Abschluss eines bilateralen Lizenzvertrages zwischen der Klägerin und der Beklagten bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung fortbesteht. In diesem Zusammenhang ist das gesamte Verhalten der Beklagten im Rahmen des Lizenzierungsprocederes zu würden und dabei auch der weitere Verlauf der Verhandlungen im Anschluss an die konkludent ausgesprochene Lizenzierungsbitte. So begann zwar nach der Verletzungsanzeige vom 11. Juli 2018 und den mit dieser vorgelegten Claim-Charts nebst Lizenzangebot, ein E-Mail-Austausch XXXXXXXXXXXXXX
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX, welcher sich inhaltlich auf Seiten der Beklagten einzig durch eine wiederholte Nachfrage zur Erläuterung der in dem Lizenzangebot offerierten Lizenzgebühr sowie der angesetzten Verwaltungskosten auszeichnet (vgl. E-Mails vom 2. August 2018, 7. September 2018, 18. Oktober 2018, 27. November 2018, 15. Mai 2019, 10. Juli 2019) und deren Ausführungen von Seiten der Klägerin (vgl. E-Mails vom 7. August 2018, 4. Oktober 2018, 9. November 2018, 15. Januar 2019, 11. Juni 2019 und 6. August 2019, insgesamt Anlage K Kart 12 sowie zuletzt 7. Januar 2020, Anlage VP Kart 39). Der Schriftverkehr hat ausschließlich die von der Klägerin avisierte Lizenzrate und die angesetzten Verwaltungskosten zum Gegenstand, ohne dass die Beklagte in irgendeiner Form konstruktive Anmerkungen oder deutlich gemacht hätte, dass die Argumente der Klägerin zumindest nachvollzogen werden können. Die Nachfragen und deren Erläuterungen durch die Klägerin, welche stets auf bereits erfolgte Erklärungen verwies, nahmen daher keinen weiteren Fortgang und brachten auch nach mehr als einem Jahr E-Mail-Austausch keine neuen Diskussionspunkte auf. Stets wurde auf den Anteil der Klägerin und die Verwaltungskosten verwiesen. - Eine tatsächlich fortwährende Lizenzwilligkeit setzt nach Auffassung der Kammer indes voraus, dass sich der Lizenznehmer ernsthaft um eine Lizenz bemüht. Dazu gehört sowohl eine konstruktive Auseinandersetzung mit den vorgeschlagenen Lizenzbedingungen und deren Erläuterung als auch ein tatsächlich ausgeübtes Interesse auch bei weiteren Patentinhabern, die ihre Patente in den Pool eingebracht haben, um eine Lizenz nachzusuchen. Denn nur dann ist es einem Lizenzsucher überhaupt möglich, die wirtschaftliche Belastung seiner Produkte bei Abschluss von bilateralen Lizenzen im Vergleich zu einem Poollizenzvertrag zu beurteilen. Zwar wurde der Beklagten auch von den jeweiligen Klägern in den Parallelverfahren (4c O 56/18 und 4c O 69/18) ein Lizenzangebot, gerichtet auf eine bilaterale Lizenz, unterbreitet. Dies genügt aber vor dem Hintergrund nicht zum Nachweis einer ernsthaften Lizenzwilligkeit, da der Pool aus mehr als 30 Mitgliedern besteht und Kontakt zu weiteren Lizenzgebern nicht aufgenommen wurde. Insoweit ist auch weder dargetan noch ersichtlich, dass die Beklagte von den SEPs der weiteren Mitglieder keinen Gebrauch macht oder auch den weiteren Poolmitgliedern gegenüber Interesse an einer Lizenz bekundet hat. Schließlich hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 7. Februar 2020 deutlich gemacht hat, dass immer eine Poollizenz angestrebt wurde.
- Ein solches Verhalten ist nicht von Lizenzwilligkeit geprägt. Danach sollen sich redliche Parteien gegenüberstehen, die ernsthaft und ausgeglichen Verhandlungen führen und beiderseitig an einer Lizenz interessiert sind. Das Verhalten der Beklagten ist zu Unrecht taktierend und hinauszögernd, obwohl jedenfalls festgestellt werden kann, dass drei standardessentielle Patente, welche Gegenstand der vor der Kammer anhängigen Rechtsstreitigkeiten sind, verletzt werden.
- Ein ernsthaftes Fortbestehen der Lizenzwilligkeit im Sinne des ernsthaften Bemühens um den Abschluss einer Individuallizenz vermag daher nicht festgestellt werden.
-
VI.
Aus der Verletzung des Klagepatentes ergeben sich nachfolgende Rechtsfolgen: - 1.
Da die Beklagte das Klagepatent widerrechtlich benutzt hat, ist sie gemäß Art. 64 EPÜ, § 139 Abs. 1 PatG zur Unterlassung der Benutzungshandlungen im tenorierten Umfang verpflichtet. Dagegen war die Beklagte nicht auch zur Unterlassung des Herstellens der angegriffenen Ausführungsformen zu verurteilen. Nachdem die Beklagte die Verwirklichung dieser Benutzungshandlung bestritten hat, hat die Klägerin keine konkreten Herstellungshandlungen der Beklagten für die Bundesrepublik Deutschland mehr vorgetragen. - 2.
Die Beklagte trifft auch ein zumindest fahrlässiges Verschulden. Denn die Beklagte als Fachunternehmen hätte bei Anwendung der von ihr im Geschäftsverkehr zu fordernden Sorgfalt die Benutzung des Klagepatents erkennen und vermeiden können, § 276 BGB. Für die Zeit ab Erteilung des Klagepatents schuldet die Beklagte daher Ersatz des Schadens, welcher der Klägerin entstanden ist und noch entstehen wird, Art. 64 EPÜ, § 139 Abs. 2 PatG. Entgegen der Auffassung der Beklagten spielt eine etwaige Beschränkung des Schadensersatzes auf eine FRAND-Lizenzgebühr für den Schadensersatzfeststellungsprozess keine Rolle (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil v. 22. März 2019, Az. 2 U 31/16, GRUR-RS 2019, 6087, Rz. 227; Kühnen, a.a.O., Kap. E, Rn. 431 m.w.N.). - Da die genaue Schadensersatzhöhe derzeit noch nicht feststeht, die Klägerin nämlich keine Kenntnis über den Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen durch die Beklagte hat, hat sie ein rechtliches Interesse gemäß § 256 ZPO daran, dass die Schadensersatzpflicht der Beklagten dem Grunde nach festgestellt wird.
- 3.
Um die Klägerin in die Lage zu versetzen, den ihr zustehenden Schadensersatz zu beziffern, ist die Beklagte verpflichtet, im zuerkannten Umfang über ihre Benutzungshandlungen Rechnung zu legen, Art. 64 EPÜ, § 140b PatG i.V.m. § 242 BGB. Entgegen der Auffassung der Beklagten schuldet sie vorliegend auch Rechnungslegung über Gestehungskosten und Gewinne. Zwar kann der Schadensersatzanspruch in solchen Fällen, in denen der SEP-Inhaber eine FRAND-Erklärung abgegeben hat, auf eine Lizenzanalogie beschränkt sein mit der Folge, dass auch nur über solche Faktoren Rechnung zu legen ist, die für die Berechnung der Lizenz erforderlich sind, d.h. nicht auch über Gewinne auf Seiten der Beklagten. Dies gilt jedoch nur dann, wenn die Beklagte ihren FRAND-Verpflichtungen vollständig nachgekommen ist (vgl. vgl. OLG Düsseldorf, Urteil v. 22. März 2019, Az. 2 U 31/16, GRUR-RS 2019, 6087, Rz. 230; Kühnen, a.a.O., Kap. E., Rn. 430), was vorliegend nicht festgestellt werden konnte. - 4.
Die Beklagte ist nach § 140a Abs. 1 und 3 PatG in der zuerkannten Weise auch zur Vernichtung und zum Rückruf der das Klagepatent verletzenden Gegenstände verpflichtet. - VII.
- 1.
Der Rechtsstreit war nicht gem. § 148 ZPO im Hinblick auf die zum Bundespatentgericht eingelegte Nichtigkeitsklage auszusetzen, da die Kammer nicht mit der erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit festzustellen vermochte, dass die seitens der Beklagten im Nichtigkeitsverfahren gegen den Rechtsbestand des Klagepatents vorgebrachten Entgegenhaltungen erfolgreich sein werden. - a.
Nach Auffassung der Kammern (Mitt. 1988, 91 – Nickel-Chrom-Legierung, BlPMZ 1995, 121 – Hepatitis-C-Virus), die durch das Oberlandesgericht Düsseldorf (GRUR 1979, 188 – Flachdachabläufe; Mitt. 1997, 257, 258 – Steinknacker) und den Bundesgerichtshof (GRUR 1987, 284 – Transportfahrzeug; GRUR 2014, 1237 ff. – Kurznachrichten) bestätigt wurde, stellen ein Einspruch gegen das Klagepatent oder die Erhebung der Nichtigkeitsklage als solche noch keinen Grund dar, den Verletzungsrechtsstreit auszusetzen, da dies faktisch darauf hinauslaufen würde, dem Angriff auf das Klagepatent eine den Patentschutz hemmende Wirkung beizumessen, die dem Gesetz fremd ist (§ 58 Abs. 1 PatG). Die Interessen der Parteien sind vielmehr gegeneinander abzuwägen. - Wenn das Klagepatent mit einem Einspruch oder mit einer Patentnichtigkeitsklage angegriffen ist, verurteilt das Verletzungsgericht, wenn es eine Verletzung des in Kraft stehenden Patents bejaht, grundsätzlich nur dann wegen Patentverletzung, wenn es eine Nichtigerklärung nicht für (hinreichend) wahrscheinlich hält; andern-falls hat es die Verhandlung des Rechtsstreits nach § 148 ZPO auszusetzen, bis jedenfalls erstinstanzlich über die Nichtigkeitsklage entschieden ist (BGH, GRUR 2014 1238 – Kurznachrichten). Denn eine – vorläufig vollstreckbare – Verpflichtung des Beklagten zur Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung, zum Rückruf sowie zur Vernichtung patentgemäßer Erzeugnisse ist regelmäßig nicht zu rechtfertigen, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten steht, dass dieser Verurteilung durch die Nichtigerklärung des Klagepatents die Grundlage entzogen wer-den wird. Der aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) in Verbindung mit den Grundrechten folgende und damit verfassungsrechtlich verbürgte Justizgewährungsanspruch gebietet es, dem Verletzungsbeklagten wirkungsvollen Rechtsschutz zur Verfügung zu stellen, wenn er sich gegen den Angriff aus dem Klagepatent mit einem Gegenangriff auf den Rechtsbestand dieses Patents zur Wehr setzen will. Dies erfordert nicht nur eine effektive Möglichkeit, diesen Angriff selbst durch eine Klage auf Nichtigerklärung bzw. durch Erhebung eines Einspruchs führen zu können, sondern auch eine angemessene Berücksichtigung des Umstands, dass in diesem Angriff auch ein – und gegebenenfalls das einzige – Verteidigungsmittel gegen die Inanspruchnahme aus dem Patent liegen kann. Wegen der gesetzlichen Regelung, die für die Ansprüche nach §§ 139 ff. PatG lediglich ein in Kraft stehendes Patent verlangt und für die Beseitigung dieser Rechtsposition nur die in die ausschließliche Zuständigkeit des Patentgerichts fallende Nichtigkeitsklage zur Verfügung stellt, kann der Angriff gegen das Klagepatent anders als in anderen Rechtsordnungen nicht als Einwand im Verletzungsverfahren oder durch Erhebung einer Widerklage auf Nichtigerklärung geführt werden. Dies darf indessen nicht dazu führen, dass diesem Angriff jede Auswirkung auf das Verletzungsverfahren versagt wird. Die Aussetzung des Verletzungsstreits ist vielmehr grundsätzlich, aber auch nur dann geboten, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass das Klagepatent dem erhobenen Einspruch/der anhängigen Nichtigkeitsklage nicht standhalten wird (BGH, GRUR 2014 1238 – Kurznachrichten). Dies kann regelmäßig dann nicht angenommen werden, wenn der Nichtigkeitsangriff darauf gerichtet ist, die Neuheit oder die erfinderische Tätigkeit bei Findung der klagepatentgemäßen Lehre in Frage zu stellen, sich jedoch für eine Bejahung der Patentierbarkeit, die auch insoweit von der wertenden Beurteilung der hierfür zuständigen Instanzen abhängt, noch vernünftige Argumente finden lassen. Gleiches gilt in Fällen, in denen der dem Klagepatent entgegengehaltene Stand der Technik bereits im Erteilungsverfahren berücksichtigt oder das Klagepatent erstinstanzlich aufrechterhalten worden ist (vgl. Kühnen, a.a.O., Kapitel E., Rn. 786 f.).
- Auf Grund des Umstandes, dass die Klägerin die Klage zwischenzeitlich auch auf Unterlassungs-, Rückruf- und Vernichtungsansprüche erweitert hat, kann dahin-stehen, inwieweit mit Blick auf die ursprünglich geltend gemachten Ansprüche auf Schadensersatzfeststellung nebst Begleitansprüchen ein herabgesetzter Aussetzungsmaßstab angelegt werden kann.
- b.
Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg auf die mangelnde erfinderische Tätigkeit des Klagepatents berufen. - Nach § 4 PatG gilt eine Erfindung als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend, wenn sie sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt.
Um den Gegenstand einer Erfindung als nahegelegt anzusehen, ist zum einen erforderlich, dass der Fachmann mit seinen durch seine Ausbildung und berufliche Erfahrung erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten in der Lage gewesen ist, die erfindungsgemäße Lösung des technischen Problems aus dem Vorhandenen zu entwickeln. Zum anderen muss der Fachmann Grund gehabt haben, den Weg der Erfindung zu beschreiten. Dazu bedarf es in der Regel zusätzlicher, über die Erkennbarkeit des technischen Problems hinausreichender Anstöße, Anregungen, Hinweise oder sonstiger Anlässe (BGH, Urteil vom 27. März 2018, X ZR 59/16, Rn. 25, zitiert nach juris). Mithin muss es positive Anregungen im Stand der Technik geben, in Richtung des Klagepatents weiter zu denken. Der Fachmann muss auf die Problemstellung kommen, die dem Klagepatent zugrunde liegt und er muss Hinweise bekommen, dass man dieses Problem mit Mitteln des Klagepatents löst. - Diese Voraussetzungen erfüllen die beiden geltend gemachten Dokumente nicht.
- aa.
Der als Anlage NK 5 zur Akte gereichte Aufsatz von Thiesse u.a. mit der Überschrift „Ratenverzerrungsdaten Ausblenden von Bewegungsvektoren – Wettbewerbsinformationen in Chroma und Luma Proben für die Videokompression“ („Thiesse I“) legt die erfindungsgemäße Lehre nicht in Kombination mit der NK 11 als allgemeinem Fachwissen nahe. - Dieser Aufsatz (Anlage NK 5) bI(fft den H.264/MPEG4-Standard und beschreibt die in diesem Zusammenhang entwickelten Vorteile. Thematisiert wird auch die Möglichkeit, Daten innerhalb eines Datenstroms zu verstecken. Dazu wird zunächst erörtert, wo Daten am besten versteckt werden können (III.A.), welche Daten sich dafür eignen (III.B.) und wie sodann ein korrespondierendes Verfahren ausgestaltet sein kann (IV.).
- (1)
Nach Ansicht der Kammer fehlt es in der NK 5 nicht nur an der Offenbarung des Merkmals e, sondern auch an derjenigen der Merkmalsgruppe c. - Eine Untergesamtheit nach der Lehre des Klagepatents umfasst sämtliche Restdaten aus einer Liste, die dazu geeignet sind, modifiziert zu werden. Zu diesen Restdaten gehören auch Koeffizienten, die den Wert Null haben, wenn sie innerhalb eines ersten sowie eines letzten von Null verschiedenen Wertes liegen. Eine zusätzliche Veränderung der Restdatenliste dahin, dass Koeffizienten mit dem Wert Null eliminiert werden, was einen gegenüber der erfindungsgemäßen Lehre zusätzlichen Verfahrensschritt darstellt, erfolgt nicht.
- Deshalb kann die Merkmalsgruppe c aus zweierlei Gründen nicht als in der NK 5 offenbart betrachtet werden. Das gilt selbst dann, wenn unterstellt wird, dass in wissenschaftlichen Abhandlungen lediglich eine von beiden Verfahrensseiten dargestellt wird, weil – wie die Beklagte behauptete – der Decodierer auf dieselbe Weise verfährt wie der Codierer, mit der Konsequenz, dass sie auf dasselbe Datenmaterial zurückgreifen. Denn in Bezug auf die Funktionsweise der in der NK 5 gelehrten Verfahren würde ein Gleichlauf des Codier- und Decodierverfahrens (lediglich in umgekehrter Reihenfolge) bedeuten, dass auch im Decoder nur Koeffizienten ungleich Null berücksichtigt werden, um die Rekonstruktion eines versteckten Parameters vorzunehmen. Mithin läge auch auf Seiten des Decoders eine bewusst getroffene Auswahl an zu berücksichtigenden Koeffizienten vor, wie dies dort nämlich gerade für die Codierung vorgesehen ist (vgl. Anlage NK5, S. 733, li. Sp., letzter Absatz). In dieser Auswahl liegt ein zusätzlicher Schritt, der eine maßgebliche Einwirkung auf den Codiervorgang hat und zugleich eine grundlegend andere Herangehensweise bei dem Data Hiding nach der Lehre des Klagepatents, weil letztere Koeffizienten ungleich Null grundsätzlich für eine Modifikation in den Blick nimmt, sofern sie nicht in den Randbereich der Liste liegen.
- Außerdem legt die Formel (i = │Sk│ mod 2), anhand derer der versteckte Parameter in der NK 5 bei der Decodierung extrahiert werden soll, nahe, dass wiederum sämtliche Koeffizienten zugrunde gelegt werden. Eine Reduzierung dieser Anzahl der Koeffizienten auf solche, die einer Modifizierung (im Rahmen des Codiervorgangs) zugänglich waren, ist nicht ersichtlich. Die der Extraktion nach der NK 5 zugrunde gelegte Formel enthält den Parameter „Sk“, welcher die Summe der decodierten Transform-Koeffizienten darstellt. Dass oder ggf. welche Auswahl an Koeffizienten dort erfolgt, dass nicht die Gesamtheit der Transform-Koeffizienten gemeint sein soll, ist nicht erläutert. Diese Kritik der Klägerin ist von der Beklagten im Übrigen unbeantwortet geblieben. Deshalb fehlt es an einer klagepatentgemäßen Untergesamtheit, welche sich gerade dadurch auszeichnen soll, dass sie nur diejenigen Koeffizienten enthält, die modifizierbar sind.
- (2)
Der Fachmann erhält unmittelbar aus der NK 5 zudem keinen Anlass, ein Vorzeichen von Koeffizienten zu verstecken, dessen Wert sodann rekonstruiert werden müsste (Merkmal e). Es ist nicht erkennbar, weshalb der Fachmann die NK 5 und die NK 11 miteinander kombinieren sollte, um zur erfindungsgemäßen Lösung zu gelangen. - Sofern der maßgebliche Stand der Technik aus einer Verknüpfung mehrerer Dokumente gebildet werden soll, um das Naheliegen der Erfindung aufzuzeigen, ist erforderlich, dass für den Fachmann auch schon die Kombination der Dokumente selbst naheliegend war, er sie also zur Lösung der Aufgabe kombiniert hätte. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn ausreichende sachliche Anhaltspunkte vorhanden sind (vgl. Schulte/Moufang, Patentgesetz, 10. Aufl., § 4, Rn. 17f.).
- An diesen Voraussetzungen fehlt es vorliegend.
- (a)
Bei einer Vorzeicheninformation handelt es sich um eine solche Angabe, die unmittelbarer Bestandteil des Koeffizienten ist, weil sie diesem zugeordnet ist. - Die NK 5 erläutert dagegen die Möglichkeit des Datenversteckens nur für solche Dateninformationen, die zusätzlich zu den Transformationskoeffizienten in den Signalblöcken liegen.
- Auf S. 732, li. Sp. der NK 5 heißt es wörtlich (in deutscher Übersetzung):
- „Infolgedessen können die auszublendenden Daten alle für jeden Makroblock erzeugten Wettbewerbsinformationen sein (Modi, Submodi, Prädiktoren, Größe des DCT-Index, Codierflag).“
- Wenngleich diese Aufzählung nicht abschließend sein mag, erhält der Fachmann allerdings keinen Hinweis auf die Möglichkeit, den Koeffizienten eigene Informationen zu verstecken. Dies wäre aber erforderlich, um das Merkmal e als nahegelegt zu betrachten. Im Übrigen stellt die Beklagte den grundsätzlichen Charakter der auf S. 732, li. Sp. der NK 5 aufgezählten Daten als solche, die zusätzlich zu den Signalblöcken der Koeffizienten im codierten Datenstrom enthalten sind, auch nicht in Abrede. Weshalb aber für unterschiedliche Datenarten jeweils dasselbe Verfahren des Data hiding angewendet werden sollte, ist weder von der Beklagten erläutert worden, noch anderweitig ersichtlich.
- Der Verweis auf den als Anlage NK 11 vorgelegten Standard Report zu H.264/MPEG4 ist schließlich auch in der Sache nicht geeignet, allgemeines Fachwissen wiederzugeben, auf welches der Fachmann lediglich zurückgreifen bräuchte, um ein Vorzeichen eines Koeffizienten zu verstecken und den entsprechenden Rekonstruktionsschritt herzuleiten.
Zuzugeben ist der Beklagten, dass aus dem in Bezug genommenen Ausschnitt der NK 11 (vgl. S. 6, Rückseite, 1. Abs.) hervorgeht, dass für Zeicheninformationen ein vereinfachter Kodiermodus (z.B. Bypass-Modus) zur Anwendung kommen kann. Indes ist dieser Abschnitt auf den Vorgang der Entropiecodierung bezogen. Nicht ersichtlich ist, inwieweit auch für den gänzlich anderen Verfahrensschritt des Data Hiding eine vereinfachte Behandlung einer Zeicheninformation in Betracht kommen kann. Denn das Data Hiding erfordert es, nicht nur das Vorzeichen gesondert in den Blick zu nehmen, sondern auch die einzelnen Koeffizienten und die aus ihnen gebildete Summe. Nur aus dem Umstand, dass der Fachmann demnach um das Erfordernis der Codierung und späteren Decodierung einer Vorzeicheninformation mit dem damit einhergehenden Vorteil der verringerten Datenmenge weiß, folgt nicht, dass er auch weiß, wie diese Information durch bestimmte Verfahrensweise und Kodierungen anderer Parameter versteckt werde könnte. - (b)
Gegen das Naheliegen des Merkmals e ist ferner anzuführen, dass weitere Verfahrensschritte aus der NK5 abgeändert werden müssten, wenn statt des MVComp-Index nunmehr Vorzeichen von Koeffizienten versteckt werden sollen. Hinweise darauf, wie dies technisch umzusetzen sein soll, entnimmt der Fachmann dem Report nicht. Also solche Schritte führt die Klägerin insbesondere an, dass derjenige Koeffizient, dessen Vorzeichen versteckt werden soll, so vom Codierer bestimmt werden muss, dass er anschließend vom Decodierer ausgelesen werden kann. Zu berücksichtigen ist dabei, dass Werte von Koeffizienten nicht unbegrenzt auf den Wert Null modifiziert werden dürfen. Dagegen kann sich die Beklagte nicht mit Verweis darauf verteidigen, dass die Koeffizienten in der Untergesamtheit sowohl nach der NK 5 als auch nach dem Klagepatent so vorgesehen werden könnten, dass keine Koeffizienten aufweisend den Wert Null mehr vorhanden sind. Denn auch bei dieser Bestimmung dürfte es sich um einen (weiteren) Verfahrensschritt handeln, der so bisher nicht vorgesehen ist – vor allem vom Klagepatent nicht, weil dies derlei allenfalls für am Anfang und am Ende einer Koeffizienten-Liste liegende Null-Werte vorsieht. Bei einer Modifizierung der gesamten Koeffizientenliste handelt es sich um eine maßgebliche Abänderung der jeweils offenbarten Verfahren. Im Übrigen fehlen auch Anhaltspunkte, dass eine solche Beeinflussung und Modifizierung der Koeffizienten dem Fachmann aus seinem Fachwissen heraus möglich gewesen wären. - Es dürfte sich dabei auch nicht lediglich um ein „Ausprobieren und Durchführen von Versuchen und Experimenten“ handeln, um das klagepatentgemäße Verfahren aufzufinden. Jedenfalls fehlen zu dieser Annahme weitere Ausführungen der Beklagten, die diese „Banalität“ aufzeigen könnten.
- (c)
Schon aufgrund des Vorhergesagten handelt es sich bei dem anspruchsgemäßen Decodierverfahren nicht nur um eine nicht-erfinderische Auswahl aus einem bekannten Bereich. Eine solche würde auch nicht durch einen nur geringfügigen technischen Fortschritt begründet. Bei einer Auswahlerfindung handelt es sich um eine Lehre, die aus einem größeren Bereich einen nicht ausdrücklich erwähnten Teilbereich oder ein Individuum gezielt auswählt, für den im Vergleich zum größeren Bereich besondere Wirkungen, Eigenschaften, Vorteile oder Effekte geltend gemacht werden (vgl. Schulte/Moufang, a.a.O., § 1, Rn. 269). Die erfinderische Tätigkeit bei einer Auswahl kann darin liegen, dass der ausgewählte Bereich gegenüber dem bekannten Bereich wertvolle Eigenschaften besitzt, die der Fachmann nicht erwartet hätte (vgl. Schulte, a.a.O., § 4, Rn. 74 ff.). - Vor diesem Hintergrund vermag sich die Kammer nicht der Begründung der Beklagten anzuschließen, wonach die klagepatentgemäße Erfindung deshalb nicht auf einem erfinderischen Schritt beruhe, weil sie nicht zu einem (messbaren) technischen Fortschritt führe. Die Beklagte nimmt dabei an, dass das aus dem Klagepatent resultierende Einsparpotential 1 % (1Bit/Signal) betrage, wohingegen dasjenige aus der NK 5 doppelt so hoch sei und bei 2,3% liege.
Entgegen der ihr für diese Tatsachen obliegenden Darlegungslast erläutert die Beklagte nicht, wie sie für das Klagepatent zu dem Wert von 1 % gelangt ist. Eine entsprechende Erklärung liefert sie auch in der mündlichen Verhandlung nicht.
Dem Klagepatent sind solche Hinweise nicht zu entnehmen. Der von den Parteien angeführte Abs. [0024] beschreibt lediglich, dass durch Verbergen eines Vorzeichens ein Bit in einem Signal eingespart werden könne, weil üblicherweise ein Vorzeichen auf einem Bit codiert werde. Wie sich auf das Gesamtdatenvolumen auswirkt, ergibt sich daraus nicht. Die Beklagte begegnet auch der Kritik der Klägerin nicht mehr, wonach – selbst bei unterstellter Richtigkeit einer Einsparung von 1 % – schon diese einen substantiellen Beitrag zur Weiterentwicklung der Technik liefern könnte. - bb.
Die Ausführungen zur erfinderischen Tätigkeit des Klagepatents gegenüber der NK 5 gelten gleichermaßen für die NK 6. Sie ist inhaltlich mit der NK 5 übereinstimmend und schon die Parteien differenzieren nicht näher zwischen diesen Dokumenten, weshalb auch die NK 6 der erfinderischen Tätigkeit nicht entgegensteht und die klagepatentgemäße Lehre nicht nahegelegt hat. - 2.
Auch eine Aussetzung des Rechtsstreits mit Blick auf die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Rückruf und Vernichtung bis zum Abschluss des Rechtsstreits vor dem britischen High Court of Justice (Case HP-2019-000008) des türkischen Unternehmens X gegen H kommt mangels Vorgreiflichkeit nicht in Betracht. - Die Beklagte macht insofern geltend, dass dort die gleichen Punkte diskutiert würden, wie im vorliegenden Rechtsstreit, nämlich das Fehlen einer ausreichenden Erläuterung der Art und Weise der Berechnung der Lizenzgebühren sowie der unterschiedlichen Lizenzgebühren im Vergleich zum MPEG LA-Pool und die Frage der Gerichtsstandklausel.
- Dies rechtfertigt eine Aussetzung allerdings nicht. Eine Entscheidung des High Court of Justice, welche nicht die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits bI(fft, ist für das hiesige Verfahren nicht vorgreiflich.
- B.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 709 Satz 1 und 2, 108 ZPO. Dabei war die Sicherheitsleistung in Höhe des Streitwerts festzusetzen. - Die Vollstreckungsschäden – und damit die Sicherheitsleistung – entsprechen in aller Regel dem festgesetzten Streitwert. Denn die Bestimmung des Streitwerts richtet sich nach dem Interesse der klagenden Partei an der begehrten gerichtlichen Entscheidung, für dessen Berechnung bei einem – auch hier im Vordergrund stehenden – Unterlassungsanspruch nicht nur der Wert und die Bedeutung der verletzten Rechtsposition des Klägers, sondern ebenso der Umfang der angegriffenen Handlungen maßgeblich sind (OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2007, 256 – Sicherheitsleistung/Kaffeepads). Jedenfalls ist die Vollstreckungssicherheit typischerweise nicht höher als der Streitwert einzuschätzen. Denn während es für die Höhe der vom Landgericht anzuordnenden Vollstreckungssicherheit nur auf den mutmaßlichen Vollstreckungsschaden des Schuldners im kurzen Zeitraum bis zur Berufungsverhandlung und der sich daran anschließenden Verkündung der Berufungsentscheidung ankommt, weil mit ihr eine eigene, neue Vollstreckungsgrundlage geschaffen wird, und darüber hinaus nicht vollstreckbare Teile des Urteilsausspruchs (wie der Feststellungstenor) außer Betracht zu bleiben haben, fallen für die Streitwertbemessung sämtliche Klageansprüche und der gesamte Zeitraum bis zum regulären Ende der Patentlaufzeit ins Gewicht (OLG Düsseldorf, GRUR RR 2012, 304 – Höhe des Vollstreckungsschadens). Ist dagegen – ausnahmsweise – zu erwarten, dass eine in Höhe des Streitwerts festgesetzte Sicherheit den drohenden Vollstreckungsschaden nicht vollständig abdecken wird, ist es Sache des Beklagten, dem Gericht die dafür bestehenden konkreten Anhaltspunkte darzulegen (vgl. OLG Düsseldorf, InstGE 9, 47). Hierfür bedarf es weder einer ins Einzelne gehenden Rechnungslegung noch der Ausbreitung von Geschäftsinterna. Ausreichend, aber auch erforderlich ist vielmehr eine generalisierende Darstellung, die die behaupteten Umsatz- und Gewinnzahlen nachvollziehbar und plausibel macht. Hierzu wird es vielfach genügen, auf Dritte ohnehin zugängliche Unterlagen wie Geschäftsberichte oder dergleichen zurückzugreifen oder eine nach Maßgabe der obigen Ausführungen spezifizierte eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers oder eines sonst zuständigen Mitarbeiters vorzulegen (vgl. OLG Düsseldorf, InstGE 9, 47).
- Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass vorliegend ein den Streitwert übersteigender Vollstreckungsschaden zu befürchten ist, hat die Beklagte nicht dargelegt.
- Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 14. Februar 2020, der nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereicht wurde, hat bei der Entscheidung keine Berücksichtigung gefunden, soweit in ihm neues Tatsachenvorbringen enthalten war, und gab keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, §§ 296a, 154 ZPO.
- Der Streitwert wird auf 1.000.000,- € festgesetzt.