4b O 6/19 – Aufwärtsübertragung von Paketdaten II

Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3054

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 27. August 2020, Az. 4b O 6/19

  1. I. Die Beklagten werden verurteilt,
    der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie seit dem 01. Januar 2012 bis zum 22. Februar 2020
    UMTS-fähige Mobiltelefone,
    die geeignet sind zur Durchführung eines Verfahrens zum Übertragen von Paketdaten auf der Aufwärtsstrecke von einer Mobilstation an ein System in der Weise, dass ein gemeinsamer Kanal (RACH) oder ein zweckgebundener Kanal (M) zum Senden eines Datenpakets ausgewählt wird und das Datenpaket unter Verwendung des ausgewählten Kanals gesendet wird, wobei ein Schwellenwert eines Kanalauswahlparameters an die mobile Station gesendet wird; ein momentaner Wert des Kanalauswahlparameters durch die Mobilstation verglichen wird und die Auswahl anhand des Vergleichs ausgeführt wird,
    Abnehmern im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland angeboten und/oder an solche geliefert haben;
    und zwar unter Angabe
    a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderen Vorbesitzer,
    b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
    c) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse,
    wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind und geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen.
    II. Die Beklagten werden verurteilt,
    der Klägerin im Wege eines chronologisch geordneten Verzeichnisses darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die in der Ziffer I. bezeichneten Handlungen seit dem 01. Januar 2012 bis zum 22. Februar 2020 begangen haben, und zwar unter Angabe
    1. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
    2. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
    3. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internet-Werbung der Domain, der Suchmaschinen und anderer Marketingwerkzeuge, mit Hilfe derer die betroffenen Webseiten einzeln oder gemeinsam registriert wurden, der Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume jeder Kampagne,
    4. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
    wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von ihr zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.
    III. Es wird festgestellt,
    dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin durch unter Ziffer l. genannte Handlungen seit dem 01. Januar 2012 bis zum 22. Februar 2020 entstanden ist und noch entstehen wird.
    IV. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
    V. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 20 % und den Beklagten zu 80% auferlegt.
    VI. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 300.000,00 € vorläufig vollstreckbar, wobei für die teilweise Vollstreckung des Urteils folgende Teilsicherheiten festgesetzt werden:
    Ziffer I. und II. des Tenors: 200.000,00 €.
    Ziffer V. des Tenors: 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
    Für die Beklagten ist das Urteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
  2. Tatbestand
  3. Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents EP 1 173 XXX (Anlage EIP B1, in deutscher Übersetzung Anlage EIP B1a; im Folgenden: Klagepatent) auf Auskunft und Rechnungslegung, Vernichtung sowie Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch.
    Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des Klagepatents, das am 22. Februar 2000 unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 23. Februar 1999 angemeldet wurde. Die Anmeldung wurde am 23. Januar 2002 und der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents am 12. November 2003 veröffentlicht. Die Schutzfrist für das Klagepatent ist mit dem 22. Februar 2020 abgelaufen.
    Gegen das Klagepatent wurde am 2. November 2018 Nichtigkeitsklage bei dem Bundespatentgericht durch die Beklagte zu 2) erhoben. Daneben haben auch die A und die B Nichtigkeitsklage beim Bundespatentgericht erhoben. Eine Entscheidung war bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung noch nicht ergangen.
    Das in englischer Verfahrenssprache abgefasste Klagepatent betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Verwaltung der Paketdatenübertragung in einem Zellularsystem.
    Die Klägerin stützt ihre Klage auf den unabhängigen Verfahrensanspruch 1 sowie den unabhängigen Vorrichtungsanspruch 15 in Verbindung mit dem abhängigen Unteranspruch 16 des Klagepatents.
    Anspruch 1 lautet in der deutschen Übersetzung wie folgt:
    Verfahren zum Übertragen von Paketdaten auf der Aufwärtsstrecke von einer Mobilstation an ein System in der Weise, dass
    – ein gemeinsamer Kanal (RACH) oder ein zweckgebundener Kanal (M) zum Senden eines Datenpakets ausgewählt wird und
    – das Datenpaket unter Verwendung des ausgewählten Kanals gesendet wird,
    dadurch gekennzeichnet, dass
    – ein Schwellenwert eines Kanalauswahlparameters definiert wird (620),
    – der Schwellenwert des Kanalauswahlparameters an die mobile Station gesendet wird (630),
    – ein momentaner Wert des Kanalauswahlparameters mit dem Schwellenwert des Kanalauswahlparameters durch die Mobilstation verglichen wird (650) und
    – die Auswahl anhand des Vergleichs ausgeführt wird.
    Anspruch 15 in Verbindung mit Anspruch 16 lautet in der deutschen Übersetzung wie folgt:
    Mobilstation, die mit einem Zellularsystem verbunden ist und Mittel zum Senden von Paketdaten auf der Aufwärtsstrecke an das System unter Verwendung eines ausgewählten Kanals umfasst, wobei der ausgewählte Kanal entweder ein gemeinsamer Kanal (RACH) oder ein zweckgebundener Kanal (M) ist,
    dadurch gekennzeichnet, dass sie außerdem umfasst:
    – Mittel zum Empfangen eines Schwellenwertes eines Kanalauswahlparameters von dem System,
    – Mittel zum Speichern des Schwellenwertes des Kanalauswahlparameters,
    – Mittel zum Vergleichen des Schwellenwertes des Kanalauswahlparameters mit einem momentanen Wert des Kanalauswahlparameters als Grundlage für die Kanalauswahl und
    – Mittel für die Ausführung der Kanalauswahl anhand des Ergebnisses des Vergleichs.
    Wegen des Wortlauts der in Form von „insbesondere“-Anträgen geltend gemachten Unteransprüche 2, 3, 7, 8, 17 und 18 wird auf das Klagepatent verwiesen.
    Zur Veranschaulichung der erfindungsgemäßen Lehre wird nachfolgend die Figur 6 der Patentbeschreibung wiedergegeben, die einen erfindungsgemäßen Ablaufplan zum Verwalten der Paketdatenübertragung in der Aufwärtsstrecke zeigt:
  4. Die Beklagte zu 1) ist ein in X ansässiges, international tätiges Elektronikunternehmen und Konzernmutter der Beklagten zu 2). Sie betreibt die Webseite X. Die Beklagte zu 2) ist ein deutsches Tochterunternehmen der Beklagten zu 1). Sie bietet unter anderem auf der Webseite X Mobiltelefone der Marke C an, die dort als UMTS-fähig beschrieben werden.
    Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage gegen das Anbieten und Vertreiben von Mobiltelefonen durch die Beklagten, die mit dem Mobilfunkstandard der dritten Generation (3G-Standard – UMTS) kompatibel sind (angegriffene Ausführungsform).
  5. Die Klägerin hat gegenüber dem European Telecommunication Standard Institute (im Folgenden: ETSI) das Klagepatent betreffende Erklärungen abgegeben, wonach sie bereit ist, Lizenzen an dem Klagepatent zu fairen, angemessenen und nicht-diskriminierenden Bedingungen (im Folgenden: FRAND bzw. FRAND-Bedingungen) zu vergeben.
    Das Klagepatent ist Teil eines Portfolios der Klägerin, welches sie potenziellen Lizenznehmern für die Benutzung ihrer, der Klägerin, für den „2G-, 3G- und/oder 4G-Standard“ wesentlichen Patente anbietet („Conversant Wireless Handset Patentportfolio“).
    Die Klägerin ist für die 3G-Technologie zwischenzeitlich dem von D verwalteten sog. „E“ beigetreten. Auch über diesen kann nunmehr eine Lizenznahme an den für den 3G-Standard relevanten Patenten, unter anderem dem Klagepatent, erfolgen.
    Die Klägerin wies die Beklagten auf die Verletzung des Klagepatents hin, woraufhin die Beklagten ihre grundsätzliche Bereitschaft erklärten, eine Lizenz an dem Portfolio der Klägerin zu FRAND-Bedingungen zu nehmen.
    Im April 2013 ließ die Klägerin der Beklagten zu 1) erstmalig ein Angebot zum Abschluss eines Lizenzvertrags zukommen. In dem Zeitraum Februar 2014 bis März 2017 folgten weitere Angebote.
    Am 25.07.2017 erhob die Klägerin vor dem High Court of England and Wales in London gegen die Beklagte zu 1) und die C (UK) Limited Klage (Az.: HP-2017-000048), mit der sie unter anderem die Feststellung einer angemessenen weltweiten Lizenz anstrebt. Für den Fall, dass die Beklagten die Zustimmung zu den gerichtlich festgestellten Vertragsbedingungen nicht erteilen, begehrt die Klägerin in dem englischen Verfahren außerdem den Ausspruch eines Unterlassungstitels (sog. „FRAND-Unterlassungsverpflichtung“). Wegen des konkreten Inhalts der Klage wird auf das sog. „FRAND Statement of Case“ (im Folgenden: FSoC; hier Anlagenkonvolut EIP B25; deutsche Übersetzung: Anlagenkonvolut EIP B25a) verwiesen. Eine Entscheidung in dem englischen Verfahren, in dem auch Gesellschaften des F-Konzerns Beklagte sind, steht noch aus.
  6. Am selben Tag übersandte die Klägerin der Beklagten zu 1) sowie der C UK Ltd. unter Verweis auf das X ein weiteres Angebot, welches hier als Anlage B4 (deutsche Übersetzung: Anlage B4a; das Begleitschreiben zu dem Angebot liegt in dem beigezogenen Verfahren XXX als Anlage EIP 1, deutsche Übersetzung: dort Anlage EIP 1a, vor) vorliegt. Dieses Angebot sieht unter Ziffer 4.2 eine im Verhältnis zum Nettoverkaufspreis prozentual zu bemessende Lizenzgebühr wie folgt vor:
  7. Die deutsche Übersetzung der Regelung (orientiert an Anlage B4a) lautet wie folgt:
    „4.2 Für die Endbenutzergeräte:
  8. 4.2.1 0,160 % des Nettoverkaufspreises für jedes Endbenutzergerät, das nur 2G-konform ist und in wichtigen 2G-Märkten verkauft wird, und 0,0 % des Nettoverkaufspreises für jedes Endbenutzergerät, das nur 2G-konform ist und in sonstigen Märkten oder China verkauft wird;
  9. 4.2.2 0,170 % des Nettoverkaufspreises für jedes Endbenutzergerät, das mindestens 3G-konform, jedoch nicht 4G-konform ist, das in den wichtigen 3G-Märkten verkauft wird; 0,160 % des Nettoverkaufspreises für jedes Endbenutzergerät, das mindestens 3G- und 2G-konform, jedoch nicht 4G-konform ist, das in sonstigen 3G-Märkten, die ebenfalls wichtige 2G-Märkte sind, verkauft wird; und 0,043 % des Nettoverkaufspreises für jedes Endbenutzergerät, das mindestens 3G-konform, jedoch nicht 4G-konform ist, das in sonstigen 3G- und 2G-Märkten oder in China verkauft wird;
  10. 4.2.3 0,149 % des Nettoverkaufspreises für jedes Endbenutzergerät, das mindestens 4G-konform ist, das in wichtigen 4G-Märkten verkauft wird; 0,170 % des Nettoverkaufspreises für jedes Endbenutzergerät, das mindestens 4G- und 3G-konform ist und in sonstigen 4G-Märkten verkauft wird, die ebenfalls wichtige 3G-Märkten entsprechen; 0,160 % des Nettoverkaufspreises für jedes Endbenutzergerät, das mindestens 4G, 3G- und 2G-konform ist und in Märkten verkauft wird, die sonstige 4G- und 3G-Märkte sind und auch den wichtigen 2G-Märkten entsprechen; und 0,033 % des Nettoverkaufspreises für jedes Endbenutzergerät, das mindestens 4G-konform ist und in sonstigen 4G-, 3G- und 2G-Märkten oder in China verkauft wird.“
  11. Ausweislich der zitierten Regelungen differenziert der Vertragsentwurf die Lizenzgebühren in Abhängigkeit zu dem implementierten Standard und dem jeweiligen Markt, auf dem das Endbenutzergerät vertrieben wird. Dabei teilt der Vertragsentwurf das Lizenzgebiet nach Ziffer 1.25 und Ziffer 1.26 in „Major Markets“ und in „Other Markets“ in Abhängigkeit zu der Anzahl der für den jeweiligen Markt bestehenden Schutzrechte auf. Der chinesische Markt ist von dieser Einteilung ausgenommen, er stellt ein eigenständiges Lizenzgebiet dar, dessen Gebühren sich an denjenigen für einen „Other Market“ orientieren. Zur Begründung der vorgeschlagenen Lizenzgebühren führte die Klägerin – in Übereinstimmung zu dem von ihr angestrengten britischen Verfahren und unter Verweis auf die zugestellte Klageschrift (vgl. Begleitschreiben zu dem Vertragsentwurf vom 25.07.2017, Anlage EIP 1; deutsche Übersetzung: Anlage EIP 1a) – aus, der Vertragsentwurf sei im Wesentlichen mit dem Vertragsentwurf identisch, welchen der Vorsitzende Richter G (High Court of Justice) seiner Entscheidung vom 07. Juni 2017 im Fall H v. F [2017] EWHC 1304 (Pat.) (vorgelegt in der Originalfassung mit Anlagenkonvolut EIP B24; deutsche Übersetzung: Anlage EIP B24ab; nachfolgend auch: UP-Urteil 2; Der Vertragsentwurf des englischen Verfahrens ist Teil des UP-Urteils 2 und diesem als Anhang beigefügt) zugrunde gelegt habe. Die Lizenzgebühr in dem Vertragsentwurf des britischen Verfahrens ist von G in derselben Sache in der Entscheidung mit dem Aktenzeichen [2017] EWHC 711 (Pat) ermittelt worden, auf welche sich die Klägerin ebenfalls in ihrem Schreiben bezieht. Die Klägerin führte zur Begründung insbesondere an, die von ihr vorgeschlagene Lizenzgebühr sei dem von G bestimmten Ansatz nachempfunden, und stelle sich deshalb als FRAND-gemäß dar. Die konkreten Berechnungsschritte zur Ermittlung der den Beklagten vorgeschlagenen Lizenzgebühr ergeben sich aus dem FSoC. Die Klägerin nimmt dann im Rahmen des hiesigen Verfahrens stets auf eine Entscheidung vom 30.11.2017 mit dem Aktenzeichen [2017] EWHC 2988 (Pat) (vorgelegt in der Originalfassung mit Anlagenkonvolut EIP B24; deutsche Übersetzung: Anlage EIP B24ab; nachfolgend auch: UP-Urteil 1) Bezug. Dabei handelt es sich um die rechtskräftige, öffentliche Form des Urteils mit dem Aktenzeichen [2017] EWHC 711 (Pat). Beide Fassungen gehen auf die am 05.04.2017 verkündete vertrauliche Urteilsfassung mit dem Aktenzeichen [2017] EWHC 705 (Pat) zurück. Das UP-Urteil 1 und das UP-Urteil 2 werden im Folgenden zusammen als „UP-Urteile“ bezeichnet.
    Auch hinsichtlich seines übrigen Inhalts lehnt sich der Vertragsentwurf der Klägerin an die britischen Entscheidungen in Sachen H v. F an.
    An das Angebot schlossen sich persönliche Treffen zwischen den Parteien des hiesigen Rechtsstreits im September 2017, im Dezember 2017 und im März 2018 an. Das streitgegenständliche Portfolio wurde der Beklagten zu 1) als Muttergesellschaft der Beklagten umfassend dargestellt, sie erhielt insbesondere 21 Claim Charts sowie Listen der zu lizenzierenden Patente. Die Klägerin richtete ihr Angebot auch an andere Unternehmen wie beispielsweise F (Beklagte in dem vor der hiesigen Kammer mit dem Aktenzeichen 4b O 48/18 laufenden Parallelverfahren) und den I. Daneben schloss sie Lizenzverträge mit J, K und der L, die vor den UP-Urteilen abgeschlossen wurden, und die abweichende Lizenzbedingungen enthalten, wobei der Vertrag mit J bereits ein anderes Patentportfolio (bezogen auf Implementierungspatente) erfasst. In den Vereinbarungen mit K und der L (letzterer aus dem Jahre 2016) wird der damals feststehende Marktaustritt der Lizenznehmer berücksichtigt und ein limitierter Abverkauf geregelt.
    Mit Schreiben vom 02.06.2020 (Anlage B6) unterbreiteten die Beklagten der Klägerin unter Bezugnahme auf das Gutachten eines von ihnen im Rahmen des englischen Verfahrens beauftragten Herrn M vom 25.02.2020 (auszugsweise vorgelegt als Anlage B7; deutsche Übersetzung: Anlage B7a) ein Gegenangebot in Form eines Vertragsentwurfs (Anlage B6), der dem Schreiben beigefügt war. Danach erfolgt eine Einteilung des Vertragsgebiets derart, dass die Lizenzgebühren einerseits für elf näher bezeichnete Länder, und andererseits für China und den Rest der Welt bestimmt werden. Innerhalb dieser Kategorien erfolgt eine Trennung nach der jeweiligen zu lizenzierenden Technik, so dass sich gemäß Ziffer 4.2 i. V. m. Annex E ein Lizenzierungssystem wie folgt ergibt (nachfolgend wird Annex E zu dem Vertragsentwurf vom 02.06.2020, Anlage B6, wiedergegeben):
  12. Die Beklagten übermittelten der Klägerin am 15.06.2020 das Original einer Bankbürgschaftsurkunde als Sicherheitsleistung. Wegen des konkreten Inhalts der Bürgschaftsurkunde wird auf das in dem beigezogenen Verfahren 4b O 31/XX mit Anlage B8 vorgelegte Dokument verwiesen.
  13. Die Klägerin ist der Auffassung, dass die mit dem UMTS-Standard kompatible angegriffene Ausführungsform nicht nur den Verfahrensanspruch 1, sondern auch den Vorrichtungsanspruch 15 in Verbindung mit dem abhängigen Unteranspruch 16 des Klagepatents verletze. Insbesondere nehme die angegriffene Ausführungsform eine Kanalauswahlentscheidung vor, indem sie bei Überschreiten eines bestimmten Grenzwerts durch den Puffer ein TVI-Bit setze und damit eine Entscheidung darüber treffe, ob sie in den Zustand N oder M versetzt werde. Der von der angegriffenen Ausführungsform getroffenen Entscheidung entspreche das Netzwerk, indem es die Mobilstation in den entsprechenden, von dieser ausgewählten Zustand versetze und ihr einen entsprechenden Kanal, der entweder ein N oder ein M sei, zuweise.
    Die Klägerin ist weiter der Ansicht, ihr stünden die geltend gemachten Ansprüche auch im Hinblick auf die Standardessentialität des Klagepatents zu.
    Unbeschadet dessen, dass sie schon eine marktbeherrschende Stellung nicht innehabe, habe sie eine solche auch nicht missbräuchlich ausgenutzt. Sie habe sich insbesondere FRAND-konform im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH verhalten.
    Eine marktbeherrschende Stellung könne nicht schon aufgrund der Standardessentialität des Klagepatents vermutet werden. Das Vorliegen einer ETSI-FRAND Erklärung widerspreche der Annahme einer marktbeherrschenden Stellung vielmehr, weil sie den Inhaber des standardessentiellen Patents (im Folgenden auch: SEP) zur Lizenzierung unter FRAND-Bedingungen verpflichte. Des Weiteren stehe auch die Tatsache, dass eine Lizenz an dem Klagepatent gleichermaßen über den von D betriebenen X erworben werden kann, einer Marktbeherrschung entgegen.
    Aufgrund des gesamten Verhaltens der Beklagten könne bereits nicht mehr von deren Lizenzwilligkeit ausgegangen werden. Insbesondere zeige sich dies darin, dass die Beklagten nunmehr im Rahmen der hiesigen Klage Kritikpunkte an vertraglichen Klauseln vorbringen, die – insoweit unstreitig – im Rahmen der vorgerichtlichen Verhandlungen keine Erwähnung gefunden haben. Die fehlende Lizenzbereitschaft werde weiter auch dadurch dokumentiert, dass die Beklagten in dem britischen Verfahren zur Feststellung einer angemessenen Lizenzgebührenhöhe eine gerichtliche Entscheidung dadurch zu verhindern suchen, dass sie die fehlende Zuständigkeit des britischen Gerichts eingewandt haben, und nicht bereit seien, einen Lizenzvertrag auf Basis der gerichtlichen Feststellungen zu akzeptieren.
    Im Übrigen habe die Klägerin sich aber auch vollumfänglich im Einklang mit den Anforderungen des EuGH verhalten, insbesondere erweise sich das Angebot aus Juli 2017 als FRAND-gemäß.
    Sie, die Klägerin, habe sich insbesondere hinreichend zu mit Dritten bestehenden Lizenzverträgen verhalten. Das gelte sowohl im Hinblick auf die von ihr mit J, O und der L abgeschlossenen Verträge, als auch im Hinblick auf Vereinbarungen, die zwischen ihrer Rechtsvorgängerin, P, und Dritten abgeschlossen worden seien. In diesem Zusammenhang zeige sich auch kein diskriminierendes Verhalten. Sie, die Klägerin, müsse sich auch zu etwaigen von ihrer Rechtsvorgängerin abgeschlossenen Lizenzverträgen nicht verhalten. Der hier vorliegende Sachverhalt sei mit demjenigen, in welchem das OLG Düsseldorf (GRUR-RS 2019, 6087 – Improving Handovers) dies für erforderlich erachtete, nicht vergleichbar.
    Die in dem Vertragsentwurf vorgeschlagenen Lizenzgebühren seien fair und angemessen festgesetzt. Die UP-Urteile, an denen sich der Vorschlag der Lizenzgebühren orientiert, seien Ausdruck dessen, was am Markt üblich gewesen sei. Eine Orientierung an den Urteilen sei sachgerecht, weil es sich bei dem Portfolio der Klägerin und dem – in der britischen Entscheidung streitgegenständlichen – Portfolio von H um hinsichtlich der Größe vergleichbare Portfolios von 2G-, 3G- und 4G Patenten handele. Die Berechnungsmethode aus den UP-Urteilen sei verallgemeinerungsfähig, da sie sich von vergleichbaren Lizenzen, die zwischen Wettbewerbern auf dem freien Markt geschlossen worden seien, ableite und die Ergebnisse mittels des „Top-Down-Approach“ auf ihre Nachvollziehbarkeit überprüft worden seien. Es sei allgemein anerkannt, dass die Urteile den SEP-Inhabern gleichermaßen eine praktische Anleitung geben, wie FRAND-Lizenzgebühren unter Berücksichtigung von realistischen wirtschaftlichen Annahmen bestimmt werden.
    Auf der Grundlage der von ihr, der Klägerin, durchgeführten technischen Analyse ergebe sich die folgende Anzahl relevanter Patentfamilien: für GSM 5, für UMTS 14 und für LTE 9 Schutzrechte.
    Die übrigen von den Beklagten angegriffenen Klauseln seien – wie der dem UP-2 Urteil beigefügte Vertragsentwurf zeige – branchenüblich. Zudem gelte im Zusammenhang mit den einzelnen Klauseln ergänzend Folgendes:
    Der Vertragsgegenstand der von der Lizenz erfassten Patente sei durch die Regelung in Ziffer 1.11 des Vertragsentwurfs hinreichend definiert.
    Die Definitionen von „selling price“, „average price“ und „net selling price“ (Ziffer 1.12/ Ziffer 1.13) seien industrieüblich.
    Soweit Ziffer 1.23 des Vertragsentwurfs XXX Patente aus dem Umfang der Lizenz ausnehme, sei dies angemessen. Denn dabei handele es sich – unstreitig – um eine nur sehr lokal ausgeprägte Anpassung der 3G Luftschnittstelle, die außerhalb der 3G Gruppe erarbeitet wurde.
    Die in Ziffer 4.3 vorgesehene jährliche Anpassungsmöglichkeit, stelle einen hinreichenden Anpassungsmechanismus für einen variierenden Schutzrechtsbestand dar.
    Die Unterteilung des Weltmarktes in „Major Markets“, „Other Markets“ und „China“ (Ziffer 1.25/ Ziffer 1.26) sei auch im Übrigen angemessen. Im Rahmen von Portfoliolizenzen sei eine gewisse Verallgemeinerung, wodurch Lizenzen auch für Länder zu entrichten sei, in denen keine Patente bestehen, hinzunehmen. Da die Produktion der Beklagten – insoweit unstreitig – in China erfolge, sei auch jedenfalls eine Handlung lizenzierungsbedürftig.
    Schließlich sei im Zusammenhang mit einem Anpassungsmechanismus auch zu beachten, dass der Vertrag lediglich über fünf Jahre geschlossen werde, so dass eine etwaige Verschiebung im Portfoliobestand auch bei dem Abschluss einer Anschlussvereinbarung berücksichtigt werden könne.
    Die in Ziffer 2.1 festgeschriebene Abhängigkeit der Erteilung einer Lizenz auf Basis von Lizenzgebühren diene der Abgrenzung zu einer Freilizenz.
    Sie, die Klägerin, habe auch ein berechtigtes Interesse, den Lizenzvertrag neben der Beklagten zu 1) als Muttergesellschaft zusätzlich mit einem ihrer Tochterunternehmen abzuschließen. Denn die Durchsetzung vertraglicher Ansprüche gegenüber dem chinesischen Vertragspartner bringe – insoweit unstreitig – erhebliche Schwierigkeiten mit sich.
    Die in Ziffer 4.5 vorgesehene Zahlungsmodalität entspreche – insoweit unstreitig – dem Vorgehen in den UP-Urteilen und sei insoweit als branchenüblich zu betrachteten. Es sei zudem zu berücksichtigen, dass die Klägerin über die ihr zustehenden Lizenzgebühren erst viel später verfügen könne, obwohl sie zwischenzeitlich ein gesamtes Patentportfolio habe aufrechthalten müssen. Vernünftige Vertragsparteien hätten zudem auch eine Regelung der Lizenzzahlungen für die Vergangenheit nicht an einer detaillierten Analyse internationaler Verjährungsregeln ausgerichtet. Ein Rückbezug auf den Erwerb des Portfolios zum 1. September 2011 stelle insoweit einen angemessenen Zeitraum dar.
    Im Hinblick auf das von den Beklagten unterbreitete Gegenangebot sei zunächst zu berücksichtigen, dass eine inhaltliche Auseinandersetzung mit diesem dadurch erschwert werde, dass es erst kurzfristig vor der mündlichen Verhandlung vorgelegt worden sei. Des Weiteren habe sie, die Klägerin, – insoweit unstreitig – keinen Zugang zu wesentlichen Informationen, auf welches sich der Privatgutachter M beziehe, weshalb schon die für ein Gegenangebot – im Gleichlauf mit dem Angebot des Patentinhabers – bestehenden Erläuterungspflichten nicht erfüllt seien.
  14. Die Klägerin meint außerdem, dass das Klagepatent rechtsbeständig sei, weil aus dem Stand der Technik nicht bekannt gewesen sei, dass die Mobilstation einen Vergleich zwischen einem Schwellenwert und einem momentanen Wert eines Kanalauswahlparameters vornehme und die Kanalauswahl auf der Grundlage dieses Vergleichs getroffen werde. Nach dem Stand der Technik habe die Mobilstation Messungen durchgeführt und das Messergebnis an das Netzwerk gesendet und letzteres habe die Kanalauswahl auf der Grundlage der Messung getroffen.
    Der Rechtsstreit ist im Hinblick auf den Ablauf der Schutzfrist des Klagepatents am 22. Februar 2020 hinsichtlich des Unterlassungs- und Rückrufanspruchs in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt worden.
  15. Die Klägerin beantragt nunmehr,
    I. die Beklagten zu verurteilen, ihr darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagten seit dem 01. Januar 2012 bis zum 22. Februar 2020
    1. Mobilstationen
    die mit einem Zellenfunksystem verbunden sind und Mittel zum Senden von Paketdaten auf der Aufwärtsstrecke an das System unter Verwendung eines ausgewählten Kanals umfassen, wobei der ausgewählte Kanal entweder ein gemeinsamer Kanal (N) oder ein zweckgebundener Kanal (M) ist, wobei sie außerdem umfassen: Mittel zum Empfangen eines Schwellenwertes eines Kanalauswahlparameters von dem System; Mittel zum Speichern des Schwellenwertes des Kanalauswahlparameters und Mittel zum Vergleichen des Schwellenwertes des Kanalauswahlparameters mit einem momentanen Wert des Kanalauswahlparameters als Grundlage für die Kanalauswahl,
    wobei die Mobilstationen außerdem Mittel für die Ausführung der Kanalauswahl anhand des Ergebnisses des Vergleichs umfassen,
    (EP 1 173 XXX Anspruch 15 und 16)
    insbesondere (im Falle der Ansprüche 15 und 16)
    sowie Mittel zum Berechnen eines Wertes, der dem Kanalauswahlparameter entspricht, anhand der Parameter des zu sendenden Datenpakets; Mittel zum Vergleichen eines momentanen Wertes des zuletzt an die Mobilstation gesendeten Kanalauswahlparameters mit dem berechneten Wert des Kanalauswahlparameters und Mittel zum Ausführen der Kanalauswahl anhand dieses Vergleichs,
    (EP 1 173 XXX Anspruch 17)
    und insbesondere wenn (im Falle des Anspruchs 17)
    der dem Kanalauswahlparameter entsprechende Wert die Datenmenge in dem (den) Funkverbindungs-Steuerungspuffer(n) (X(n)) ist und der letzte momentane Wert des letzten Kanalauswahlparameters ein Schwellenwert für die Datenmenge in dem (den) Funkverbindungs-Steuerungspuffer(n) (RNC-Puffer(n)) ist,
    (EP 1 173 XXX Anspruch 18)
    in der Bundesrepublik Deutschland angeboten, in Verkehr gebracht oder gebraucht oder zu den genannten Zwecken eingeführt oder besessen haben;
    2. UMTS-fähige Mobiltelefone
    die geeignet sind zur Durchführung eines Verfahrens zum Übertragen von Paketdaten auf der Aufwärtsstrecke von einer Mobilstation an ein System in der Weise, dass ein gemeinsamer Kanal (N) oder ein zweckgebundener Kanal (M) zum Senden eines Datenpakets ausgewählt wird und das Datenpaket unter Verwendung des ausgewählten Kanals gesendet wird, wobei ein Schwellenwert eines Kanalauswahlparameters an die mobile Station gesendet wird; ein momentaner Wert des Kanalauswahlparameters durch die Mobilstation verglichen wird und die Auswahl anhand des Vergleichs ausgeführt wird,
    (EP 1 173 XXX Anspruch 1)
    insbesondere wenn (im Falle des Anspruchs 1)
    der momentane Wert, der dem Kanalauswahlparameter entspricht, bei der Mobilstation anhand der Parameter der zu übertragenden Datenpakete berechnet wird,
    (EP 1 173 XXX Anspruch 2)
    der für die Datenpaketübertragung ausgewählte Kanal ein zweckgebundener Kanal (M) ist, ein Kanal (M) nach der Auswahl zugewiesen wird, woraufhin das Datenpaket auf dem zugewiesenen Kanal (M) übertragen wird,
    (EP 1 173 XXX Anspruch 3)
    und bei der Kanalauswahl einer oder mehrere der folgenden Parameter verwendet werden: Datenpaketgröße, maximal erlaubte Datenpaketgröße auf dem N; erforderliche Bitrate; zulässige Übertragungsverzögerung: Priorität der zu übertragenden Daten; Last auf dem Übertragungskanal und Übertragungsleistungspegel, der auf dem N erforderlich ist,
    (EP 1 173 XXX Anspruch 7)
    und insbesondere wenn (im Falle des Anspruchs 7)
    die Größe des Datenpakets anhand der Datenmenge in X bestimmt wird,
    (EP 1 173 XXX Anspruch 8)
    Abnehmern im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland angeboten und/oder an solche geliefert haben,
    und zwar unter Angabe
    a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderen Vorbesitzer,
    b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
    c) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse,
    wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind und geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
    II. die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin im Wege eines chronologisch geordneten Verzeichnisses darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die in den Ziffern I.1. und I.2. bezeichneten Handlungen seit dem 01. Januar 2012 bis zum 22. Februar 2020 begangen haben, und zwar unter Angabe
    1. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
    2. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
    3. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internet-Werbung der Domain, der Suchmaschinen und anderer Marketingwerkzeuge, mit Hilfe derer die betroffenen Webseiten einzeln oder gemeinsam registriert wurden, der Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume jeder Kampagne,
    4. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
    wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von ihr zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
    III. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin durch unter Ziffer l. genannte Handlungen seit dem 01. Januar 2012 bis zum 22. Februar 2020 entstanden ist und noch entstehen wird;
    IV. nur die Beklagte zu 2) zu verurteilen, die in ihrem unmittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen, unter Ziffer I.1. bezeichneten Erzeugnisse, zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von ihr zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten zu 2) – Kosten herauszugeben, sofern diese Erzeugnisse bis zum 22. Februar 2020 in ihren unmittelbaren Besitz oder ihr Eigentum übergegangen waren.
    Die Beklagten beantragen,
    die Klage abzuweisen,
    hilfsweise, das Verfahren bis zur Entscheidung des Bundespatentgerichts über die Nichtigkeitsklagen auszusetzen.
  16. Die Beklagten meinen, dass die Klägerin nicht aktivlegitimiert sei. Sie könne sich bereits deshalb nicht auf die Indizwirkung des Registers berufen, weil zwischen der jeweiligen materiell-rechtlichen Übertragungsvereinbarung und der Eintragung im Register mehr als nur wenige Wochen oder Monate vergangen seien.
    Die Beklagten tragen vor, dass das Klagepatent so auszulegen sei, dass die Mobilstation die Kanalauswahlentscheidung treffe. Außerdem impliziere der Begriff des Kanalauswahlparamters, dass es sich um einen Wert handeln muss, der nach der Verarbeitung in der Mobilstation zur Auswahl eines Kanals für das Senden von Paketdaten im Uplink benutzt werde.
    Der UMTS-Standard sehe eine Kanalauswahlentscheidung durch die Mobilstation aber gerade nicht vor. Das Senden des TVI-Bits sei optional und ersetze lediglich das Senden des Messberichts, wie dies aus dem Stand der Technik bereits bekannt gewesen sei. Die Entscheidung über den Kanal treffe das Netzwerk dann auf der Grundlage verschiedener Parameter. Dass das TVI-Bit für die zu treffende Auswahl entscheidend sei, zeige der Standard nicht.
  17. Die Beklagten erheben zudem den kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwand.
    In diesem Zusammenhang behaupten sie, das Klagepatent vermittle der Klägerin eine marktbeherrschende Stellung. Eine solche sei aufgrund der FRAND-Erklärung bereits zu vermuten. Sie ergebe sich weiter aber auch, sofern das Klagepatent für das Angebot von Mobiltelefonen mit UMTS-Funktion zwingend sei.
    Aus ihrem, der Beklagten, Gesamtverhalten sei auch nicht auf eine Lizenzunwilligkeit zu schließen. Eine solche könne insbesondere nicht deshalb angenommen werden, weil sie, die Beklagten, Klauseln des Vertragsentwurfs erstmalig im Rahmen des hiesigen Klageverfahrens bemängeln. Da bei den außergerichtlichen Lizenzverhandlungen schon über die Höhe der Lizenzgebühren keine Einigkeit habe erzielt werden können, hätten sie, die Beklagten, die weitergehenden Kritikpunkte im Rahmen dieser Verhandlungen nicht angebracht.
    An einem FRAND-gemäßen Angebot der Klägerin fehle es bisher, weshalb diese ihre marktbeherrschende Stellung missbrauche.
    Das Angebot aus Juli 2017 stelle sich bereits deshalb als FRAND-widrig dar, weil die Klägerin die mit Dritten abgeschlossenen Lizenzverträge nicht vorlege und erläutere. Es sei nicht ohne weiteres nachvollziehbar, dass eine Vergleichbarkeit der Verträge mit K und der L allein deshalb fehle, weil darin der Marktaustritt der Unternehmen berücksichtigt werde. Jedenfalls müssten insbesondere auch diese Verträge vorgelegt werden.
    Des Weiteren müsse sich die Klägerin auch zu Lizenzierungen durch die Vorinhaberin (P) der Portfoliopatente verhalten.
    Die in Ziffer 4.2 des Angebots vorgesehenen Lizenzraten seien überhöht. Die Ausführungen aus den UP-Urteilen seien nicht verallgemeinerungsfähig und daher zur Bestimmung einer FRAND-gemäßen Lizenzhöhe vorliegend ungeeignet. Denn eine Berechnung der FRAND Lizenzgebühren in der Entscheidung des US District Court for the Central District of California in der Sache TCL v. TT (Case 8:14-cv-00341-JVS-DFM) ergebe – insoweit unstreitig – im Durchschnitt (gemessen an einem durchschnittlichen weltweiten Verkaufspreis für Mobiltelefone) etwa eine um mehr als 50% geringere Lizenzrate für ein 2G- oder 3G-SEP und eine fast 40% geringere Lizenzrate für ein 4G-SEP.Unbeschadet dessen habe die Klägerin aber auch nicht nachvollziehbar aufgezeigt, wie sich der von ihr angebotene Lizenzsatz auf Grundlage der Berechnungen aus den UP-Urteilen ergebe. Insbesondere bleibe die Erläuterung der Klägerin im Hinblick auf ihre tatsächlich standard-essentiellen Schutzrechte unsubstantiiert. Das Angebot laufe auch im Hinblick auf weitere darin enthaltene Klauseln FRAND-Bedingungen zuwider. Im Einzelnen gelte Folgendes:
    Der Vertragsgegenstand werde durch Ziffer 1.11 nicht hinreichend bestimmt, so dass zahlreiche Regelungen (Ziff. 7.1 und Ziff. 8.1) inhaltsleer seien. Auch könne sich der Lizenznehmer so nicht in effektiver Art und Weise gegenüber Dritten auf seine Lizenz berufen. Es bedürfe einer Konkretisierung der im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bestehenden Patente, und es müsse zusätzlich eine Regelung aufgenommen werden, dass außerdem auch alle weiteren Patente, die der Lizenzgeber und dessen Tochterunternehmen während der Vertragslaufzeit erwerben, unter die Lizenz fallen.
    Die in Ziffer 1.12/ Ziffer 1.13 des Vertragsentwurfs enthaltenen Definitionen von „Selling Price“, „Average Selling Price“ und „Net Selling Price“ seien zu kompliziert und daher unverständlich.
    Eine Ausnahme der XXX Standard Spezifikationen sei nicht sachgerecht, da diese für Verkäufe in China relevant seien.
    Die Aufteilung der Lizenzgebiete in „Major Markets“, „Other Markets“ und China in Ziffer 1.25/ Ziffer 1.26 führe dazu, dass der Lizenznehmer Lizenzgebühren für Verkäufe in Länder zu zahlen habe, in denen kein Patentschutz bestehe. Auch sei auf der Grundlage dieser Definitionen die Anpassungsklausel in Ziffer 4.3 unzureichend. Auch sei unzulässig, dass die Klausel eine Erhöhung der Lizenzgebühren im Ergebnis auch dann erlaube, wenn eine Patentanmeldung neu hinzukomme. Des Weiteren müssten Entscheidungen von Patentämtern über den Rechtsbestand der Portfoliopatente ebenso berücksichtigt werden wie diejenigen von Gerichten. Schließlich müsse eine Anpassung der Lizenzgebühren sich auch auf bereits gezahlte Lizenzgebühren erstrecken. Auch müsse die Klausel eine Anpassung für die Fälle vorsehen, in denen Gerichte anderer Länder zu einem abweichenden Lizenzgebührensatz für das Portfolio der Klägerin gelangen.
    Ziffer 2.1 mache die Lizenzerteilung in unverhältnismäßiger Weise von der Zahlung der Lizenzgebühren abhängig, weil die gewährte Lizenz danach bereits bei kleineren Fehlern oder Verspätungen entfalle.
    Unangemessen sei zudem, dass Ziffer 2.3 alle Konzerngesellschaften allen Verpflichtungen des Lizenzvertrags unterwerfe. Im Übrigen sei nicht nachvollziehbar, weshalb die C UK Ltd. Lizenzpartner werden solle, die übrigen Tochtergesellschaften der Beklagten zu 1) jedoch lediglich über eine Mitlizensierung berechtigt sein sollten.
    Die in Ziffer 4.5 vorgesehen Zinszahlungen in Höhe von 5% pro Jahr seien angesichts des seit 2011 geltenden Leitzinssatzes der Europäischen Zentralbank unangemessen hoch. Auch könne die Klägerin aufgrund unterschiedlicher weltweit geltender Verjährungsfristen keine weltweiten Lizenzgebühren zzgl. 5% Zinsen seit dem „effective Date“ gemäß Ziffer 1.4 verlangen.
  18. Die Beklagten sind weiter der Auffassung, dass das Klagepatent keinen Bestand haben werde. Sie meinen, dass die erfindungsgemäße Lehre unzulässig erweitert worden sei, indem statt Mitteln zum Empfangen eines Kanalauswahlparameterwertes nunmehr Mittel zum Empfangen eines Schwellenwerts eines Kanalauswahlparameters von dem System an die Mobilstation vorgesehen seien. Zudem werde der Gegenstand des Klagepatents durch verschiedene aus dem Stand der Technik vorbekannte Druckschriften neuheitsschädlich vorweggenommen.
  19. Entscheidungsgründe
  20. Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.
  21. A.
    Die Klage ist zulässig.
    Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche auf Schadensersatz und Rechnungslegung sind nicht auf Grund anderweitiger Rechtshängigkeit wegen der im Vereinigten Königreich erhobenen Klage unzulässig.
    Gegenstand des englischen Verfahrens ist die Bestimmung einer angemessenen Lizenz für das Klagepatent, nicht aber die Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz für den geltend gemachten deutschen Teil des Klagepatents.
  22. B.
    Die Klage ist teilweise begründet.
    Die Klägerin hat aus dem Klagepatentanspruch 1 gegen die Beklagten Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung sowie Schadensersatz dem Grunde nach aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. §§ 139 Abs. 2, 140b Abs. 1 und 3 PatG, §§ 242, XXX BGB. Sofern die Klägerin darüber hinausgehend Ansprüche aus dem Klagepatentanspruch 15 in Verbindung mit Anspruch 16 geltend macht, sind diese unbegründet.
  23. I.
    Die Klägerin hat ihre Aktivlegitimation hinreichend dargelegt. Das gilt zum einen hinsichtlich der Übertragung des Klagepatents von der P Corporation (im Folgenden: P) auf den S, der sodann eine Namensänderung in den T erfahren hat (im Folgenden: T), als zum anderen auch hinsichtlich der Übertragung seitens des T auf die Klägerin, die ihren Namen von Q in R änderte.
  24. 1.
    Vorliegend entfaltet bereits das Patentregister hinreichende Indizwirkung für die materielle Inhaberschaft der Klägerin hinsichtlich der von ihr geltend gemachten Ansprüche (BGH, Urt. v. 07.05.2013, Az. X ZR 69/11 – Fräsverfahren, in GRUR 2013, 713, Rn. 54).
    Es bedarf in einem Verletzungsrechtsstreit regelmäßig keines weiteren Vortrags oder Beweisantritts, wenn sich eine Partei auf den aus dem Patentregister ersichtlichen Rechtsstand beruft. Eine Partei, die geltend macht, die materielle Rechtslage weiche vom Registerstand ab, muss vielmehr konkrete Anhaltspunkte aufzeigen, aus denen sich die Unrichtigkeit ergibt. Welche Anforderungen hierbei zu stellen sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. So bedarf der Vortrag, ein im Patentregister eingetragener Rechtsübergang habe einige Wochen oder Monate vor dessen Eintragung stattgefunden, in der Regel keiner näheren Substantiierung oder Beweisführung. Der Vortrag, der eingetragene Inhaber habe das Patent nicht wirksam oder zu einem anderen Zeitpunkt erworben, erfordert demgegenüber in der Regel nähere Darlegungen dazu, woraus sich die Unwirksamkeit des eingetragenen Rechtsübergangs ergeben soll (BGH, aaO, Rn. 60).
    Vorliegend vermag die zwischen der materiell-rechtlichen Übertragung einerseits und der Eintragung der Übertragung in das Patentregister andererseits liegende Zeitspanne von achteinhalb Monaten hinsichtlich der Übertragung des Klagepatents von P auf den T und von sechs Monaten hinsichtlich der Übertragung vom T auf die Klägerin die Indizwirkung des Patentregisters nicht zu widerlegen. Diese Eintragungsdauer überschreitet zwar die übliche Zeitspanne. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass die an dem Vertrag beteiligten Parteien nicht in Deutschland ansässig waren, so dass für das Bewirken der Eintragung ein größerer Zeitbedarf entstand (vgl. auch LG Düsseldorf, Urt. v. 13.07.2017 – 4a O 35/16, in GRUR-RS 2017 132079, Rn. 87).
    Selbst wenn man hier davon ausginge, dass die Indizwirkung des Patentregisters sich nicht auf die Wirksamkeit der Übertragungen erstrecken würde, hat die Klägerin diese ausreichend substantiiert dargelegt.
  25. 2.
    Soweit die Beklagten den Abschluss der entsprechenden Vereinbarungen und deren Wirksamkeit mit Nichtwissen bestreiten, ist dies im Grundsatz zulässig, da die Beklagten bei der Übertragung des Klagepatents von P auf den T ebenso wenig anwesend waren wie bei der Übertragung von dem T auf die Klägerin und diese Vorgänge insofern ihrer Wahrnehmung entzogen waren. Das Gericht darf deshalb die betreffende Tatsache ausschließlich dann zugrunde legen, wenn es von ihr im Rahmen der freien Beweiswürdigung überzeugt ist. § 286 Abs. 1 ZPO ordnet insoweit an, dass das Gericht nach freier Überzeugung darüber zu befinden hat, ob es eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr erachtet, wobei es den gesamten Inhalt der Verhandlungen und das Ergebnis einer etwaigen Beweisaufnahme zu berücksichtigen hat. Aus der Formulierung „etwaigen“ folgt hierbei, dass der erforderliche Beweis im Einzelfall auch ohne eine förmliche Beweisaufnahme nach Maßgabe der §§ 371 ff. ZPO als geführt angesehen werden kann. Die gerichtliche Überzeugungsbildung kann sich folglich allein auf die Schlüssigkeit des Sachvortrages einer Partei und/oder auf deren Prozessverhalten und/oder das des Gegners stützen (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 20.12.2017, I-2 U 39/26).
    Die Beklagten bestreiten vorliegend die Übertragung des Klagepatents auf die Klägerin mangels Vorlage originaler Urkunden. Weder die Echtheit der Urkunden und Unterschriften, noch die Vertretungsberechtigung der einzelnen Personen könne nachvollzogen werden.
    Da die Klägerin die maßgeblichen Übertragungen hinreichend dargelegt hat, ist das pauschale Bestreiten der Beklagten unbeachtlich.
  26. 3.
    Die Übertragung des Klagepatents seitens P an den T durch das „U“ (siehe Anlage EIP B10, im Folgenden: PAA) vom 31. Mai 2011, bei dem der T von seinem Treuhänder, der V (im Folgenden: Z) vertreten wurde, ist von der Klägerin hinreichend dargelegt worden.
  27. a)
    Die Klägerin hat ausgeführt, dass durch das PAA sämtliche Rechte an den in den Anlagen „Exhibit A“ und „Exhibit B“ aufgelisteten Patenten und Patentanmeldungen von P auf den T übertragen wurden. Das Klagepatent sei dabei in der Anlage „Exhibit A“ auf Seite 30 mit dem Code XXX aufgelistet.
    Die Beklagten beanstanden, dass das PAA nicht im Original vorgelegt worden sei. Für die Substantiierung ihres Vortrags muss die Klägerin jedoch keine Originale der Vertragsurkunden vorlegen, sondern es reicht aus, wenn sie eine Kopie der betreffenden Verträge zur Akte reicht. Sofern die Beklagten die Echtheit der Kopien bestreiten, hätte es ihnen oblegen, dafür konkrete Anhaltspunkte zu nennen. Solche sind jedoch weder vorgetragen worden, noch anderweitig ersichtlich.
    Insofern kommt es auf das Certificate (ebenfalls Anlage EIP B10, S. 1), das die Übereinstimmung der Kopie mit dem PAA im Original belegen soll, nicht an.
  28. b)
    Dem Bestreiten der Beklagten, dass die angegebenen Unterzeichner des PAA, die Herren W und X, die notwendige Vertretungsbefugnis hatten, um für P rechtswirksam die behaupteten Erklärungen abzugeben bzw. zu unterzeichnen, ist die Klägerin hinreichend entgegen getreten, indem sie eine Kopie des finnischen Handelsregisters vorgelegt hat, die die Prokura der beiden ausweist (siehe Anlage EIP B 18).
    Sofern die Beklagten vortragen, dass die P Corporation nicht die P OYJ sei, hat die Klägerin ausgeführt, dass es sich bei beiden um dieselbe Rechtspersönlichkeit handelt. Die Klägerin hat erläutert, dass es sich bei der Bezeichnung „OYJ“ um die finnische Übersetzung für den englischen Begriff „Corporation“ handelt. Das Kürzel „OYJ“ stehe für Aktiengesellschaft. Am Markt benutze P die geläufige Bezeichnung P Corporation.
    Aus der Prokura ergibt sich, dass die beiden Herren W und X zum Zeitpunkt des Übertragungsvertrags befugt waren, den Vertrag für P zu unterzeichnen. Dass es sich bei den beiden tatsächlich um die Unterzeichner handelt, hat die Klägerin ferner dadurch untermauert, dass sie Erklärungen der beiden Unterzeichner beigebracht hat, die bestätigen, dass die Unterschriften auf der ersten Unterschriftenseite des PAA tatsächlich von ihnen stammen (siehe die Anlagen EIP B17 und EIP B20).
    Die Klägerin hat außerdem durch einen Vergleich der Unterschriften von W und X auf dem PAA einerseits und deren Führerscheinen andererseits gezeigt, dass sich diese gleichen und keinen Anlass zu Zweifeln daran geben, dass die Unterschriften echt sind.
  29. c)
    Die Klägerin hat vorgetragen, dass der T von P und der Z am 31. Mai 2011 gegründet worden sei. Dabei seien die in der Anlage A und B der Treuhandvereinbarung (Anlage EIP B11; Exhibit C) genannten Patente auf den T übertragen worden. In diesem Zusammenhang hat die Klägerin nicht nur einen Ausdruck der offiziellen Internetseite des „Department of State“ eingereicht (Anlage EIP B12), sondern auch die Kopie eines mit einer Apostille versehenen und durch den „Secretay of State“ ausgegebenen Zertifikats, das die Gründung bestätigt (Anlage EIP B13).
    Für eine fehlende Bevollmächtigung des Herrn Y für die Z zu handeln, gibt es ebenso wenig Anhaltspunkte wie für die Unwirksamkeit der Namensänderung des Ts. Die Vertretungsbefugnis des Y ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass es sich dabei um den Vice-President der Z handelt und er sich als solcher auch vor dem „Secretary of State“, AA, ausweisen konnte.
    Die Klägerin hat dargelegt, dass neben Herrn Y auch Herr BB durch seine Position als „Officer“ befugt war, die Z zu vertreten. Dies wird bestätigt durch das von der Klägerin eingeholte Rechtsgutachten, das die Position von BB bestätigt.
    Die Klägerin hat auch die Vertretungsbefugnis der Herren CC und DD für P durch Vorlage einer Kopie des entsprechenden Handelsregistersauszugs hinreichend dargelegt (siehe Anlage EIP B18).
  30. d)
    Die Klägerin hat darüber hinaus ebenfalls durch einen Ausdruck der offiziellen Internetseite des „Department of State“ (Anlage EIP B14) und durch ein mit einer Apostille versehenes Zertifikat des „Secretay of State“ (Anlage EIP B15) die Gründung der Z hinreichend dargelegt.
    Das von der Klägerin eingeholte Rechtsgutachten des US-amerikanischen Rechtsanwalts EE (Anlage EIP B11) bestätigt zudem, dass die Z zur Vertretung des Ts befugt war. Die Beklagten können über das pauschale Bestreiten dieser Befugnis hinaus auch keine Anhaltspunkte dafür aufzeigen, dass dies nicht der Fall war.
  31. e)
    Die Erklärung auf Seite 2 des PAA bewirkt die materiell-rechtliche Übertragung von Ansprüchen, zu denen auch Schadensersatzansprüche gehören. Dies ergibt sich bereits aus Abschnitt 1 des PAA auf Seite 2 und wird bestätigt durch das Rechtsgutachten von EE.
    In diesem Zusammenhang verweist die Kammer auf parallele Urteile der Kammer 4a, die auf Grund eines identischen Erklärungswortlauts ebenfalls zu dem Ergebnis kam, dass damit die materiell-rechtliche Abtretung von Ansprüchen aus dem Patent bewirkt wird (vgl. LG Düsseldorf, Urt. v. 13.7.2017 – 4a O 16/16, in GRUR-RS 2017, 129534, Rn. 97; LG Düsseldorf, Urt. v. 13.7.2017 – 4a O 35/16, in GRUR-RS 2017, 132097, Rn. 97).
  32. 4.
    Auch die Übertragung des Klagepatents mitsamt der damit in Zusammenhang stehenden Ansprüche seitens des T auf die Klägerin durch das Purchase and Sale Agreement (siehe Anlage EIP B11, Exhibit G; im Folgenden: PSA) vom 01. September 2011 ist von der Klägerin hinreichend substantiiert dargelegt worden.
    Hinsichtlich der Vertretung des Ts durch die Z und die Vertretung der Z durch Herrn Y wird nach oben verwiesen.
    Seitens der Klägerin wurde das PSA durch die Herren FF und GG unterschrieben, deren Vertretungsmacht sich aus dem Eintragungsformular zur Neueintragung der W im luxemburgischen Handelsregister ergibt (siehe Anlage EIP B52).
    Die Beklagten bestreiten die Wirksamkeit der Übertragung – wie auch im Hinblick auf die Übertragung des Klagepatents von P auf den T – nicht hinreichend, indem sie pauschal alle relevanten Umstände mit Nichtwissen bestreiten.
  33. II.
    Das Klagepatent bezieht sich auf ein Verfahren und eine Vorrichtung für das Übertragungsmanagement von Paketdaten in einem Zellularsystem wie zum Beispiel dem UMTS, siehe Absatz [0001] des Klagepatents (alle folgenden, nicht näher bezeichneten Absätze sind solche des Klagepatents).
    Für ein besseres Verständnis der Erfindung erläutert das Klagepatent die Struktur des UMTS-Systems und die Datenübertragung im Rahmen dieses Systems. In diesem Zusammenhang werden insbesondere die verschiedenen Kanäle und deren Einsatzzweck beschrieben. So beschreibt das Klagepatent, dass die Anwenderdaten und die Nachrichtenübertragung entweder über einen zweckgebundenen Kanal (dedicated channel – M), der der Mobilstation zugewiesen ist, oder über einen gemeinsamen Kanal gesendet werden können. Die gemeinsamen Kanäle enthalten beispielsweise den Direktzugriffskanal (N), den Vorwärts-Leitungszugangskanal (X), den Rundfunkkanal (X) und den Funkrufkanal (X), Absatz [0005].
    Sodann beschreibt das Klagepatent den N näher. Dieser werde nur auf der Aufwärtsstrecke verwendet. Da es sich nicht um einen für eine Mobilstation reservierten Kanal handele, bestehe bei Verwendung dieses Kanals das Risiko der Verwendung durch mehrere Mobilstationen gleichzeitig, so dass im Funkweg ein Konflikt auftreten und die gesendeten Daten nicht empfangen werden könnten, Absatz [0006]. Bevor die Mobilstation ein Direktzugriffsbündel (random access burst) auf dem N übertrage, messe sie die empfangene Leistung auf der Abwärtsstrecke. Daneben informiere das System die Mobilstation über die Übertragungsleistung, Absatz [0007].
    Anders als der N könne der zweckgebundene Kanal M sowohl auf der Aufwärtsstrecke (im Folgenden: im Uplink) als auch auf der Abwärtsstrecke (im Folgenden: im Downlink) reserviert sein. Auf diesem Kanal sei sowohl eine schnelle Datenübertragung als auch eine schnelle Steuerung der Übertragungsleistung möglich, Absatz [0010]. Es sei daneben möglich, dass der einer Mobilstation zugewiesene Kanal ebenso für andere Mobilstationen verfügbar sei. Dann handele es sich um einen gemeinsam genuzten Kanal, Absatz [0011].
    Das Klagepatent beschreibt es als Problem bei der Paketdatenübertragung im Uplink, dass das System keine Informationen über die zu sendenden Pakete besitze, auf die die Kanalauswahlentscheidung gestützt werden könne. Folglich müssten die Informationen über die zu übertragenden Datenpakete zum System gesendet werden, woraufhin das System die Informationen über die Entscheidung hinsichtlich der Verwendung eines gemeinsamen gegenüber der Verwendung eines zweckgebundenen Kanals zur Mobilstation senden müsse. Diese Informationsübertragung verbrauche Kapazitäten und verlangsame die Übertragung der Paketdaten, Absatz [0021].
    Hinsichtlich des Standes der Technik verweist das Klagepatent auf die US-A-5,673,XXX, die ein digitales Kommunikationssystem mit einer Vorwärts- und Rückwärtsstrecke beschreibe, um ein Datenpaket zu übertragen. Das System umfasse einen Sender/Empfänger für das Senden des Datenpakets in einem Direktzugriffskanal über die Rückwärtsstrecke. Das System könne für die Übertragung des Datenpakets zwischen dem Sender/Empfänger und der Basisstation einen zweckgebundenen Kanal enthalten. Ferner könne es einen Prozessor für das Umschalten vom Direktzugriffskanal zum zweckgebundenen Kanal enthalten, wenn der Bandbreitenbedarf eine erste Schwelle überschreite, und für das Umschalten vom zweckgebundenen Kanal zum Direktzugriffskanal, wenn der Bandbreitenbedarf unter eine zweite Schwelle falle, Absatz [0022].
    Die in der Klagepatentbeschreibung formulierte Aufgabe (das technische Problem) liegt darin, eine Lösung für das Management der Uplink-Paketdaten zu schaffen, die die oben erwähnten, sich aus dem Stand der Technik ergebenden Probleme vermeidet, Absatz [0023].
    Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent mit den von der Klägerin geltend gemachten Ansprüchen 15 und 16 eine Vorrichtung mit den folgenden Merkmalen vor:
    15.1 Mobilstation, die mit einem Zellularsystem verbunden ist und Mittel zum Senden von Paketdaten auf der Aufwärtsstrecke an das System unter Verwendung eines ausgewählten Kanals umfasst, wobei
    15.2 der ausgewählte Kanal entweder ein gemeinsamer Kanal (N) oder ein zweckgebundener Kanal (M) ist,
    15.3 außerdem umfassend: Mittel zum Empfangen eines Schwellenwertes eines Kanalauswahlparameters von dem System und
    15.4 Mittel zum Speichern des Schwellenwertes des Kanalauswahlparameters und
    15.5 Mittel zum Vergleichen des Schwellenwertes des Kanalauswahlparameters mit einem momentanen Wert des Kanalauswahlparameters als Grundlage für die Kanalauswahl und
    16.1 Mittel für die Ausführung der Kanalauswahl anhand des Ergebnisses des Vergleichs.
    Daneben schlägt das Klagepatent mit dem von der Klägerin geltend gemachten Anspruch 1 ein Verfahren mit den folgenden Merkmalen vor:
    1.1 Verfahren zum Übertragen von Paketdaten auf der Aufwärtsstrecke von einer Mobilstation an ein System
    1.2 in der Weise, dass ein gemeinsamer Kanal (N) oder ein zweckgebundener Kanal (M) zum Senden eines Datenpakets ausgewählt wird und
    1.3 das Datenpaket unter Verwendung des ausgewählten Kanals gesendet wird,
    1.4 dass ein Schwellenwert eines Kanalauswahlparameters definiert wird,
    1.5 der Schwellenwert des Kanalauswahlparameters an die mobile Station gesendet wird,
    1.6 ein momentaner Wert des Kanalauswahlparameters mit dem Schwellenwert des Kanalauswahlparameters durch die Mobilstation verglichen wird
    1.7 und die Auswahl anhand des Vergleichs ausgeführt wird.
    Ein Vorteil der erfindungsgemäßen Lehre liege darin, dass die Entscheidung über den für die Paketdatenübertragung zu verwendenden Kanal abhängig von einem Kanalauswahlparameter getroffen werde, wobei die dazu erforderlichen Parameter zur Mobilstation gesendet werden. Dadurch werde die Signalisierungslast bei der Kapazitätszuweisung zwecks Paketdatenübertragung verringert und die zu Beginn der Datenübertragung stattfindende Verzögerung minimiert, Absatz [0024].
  34. III.
    Vorab bedürfen insbesondere die Merkmale 1.2, 1.3, 1.6 und 1.7 (siehe unten, Ziff. 1) sowie die Merkmale 15.1, 15.5 und 16.1 (siehe unten, Ziff. 2) der Auslegung.
  35. 1.
    Die erfindungsgemäße Lehre des Klagepatentanspruchs 1 sieht ein Verfahren zum Übertragen von Paketdaten im Uplink vor und umfasst eine Mobilstation und ein System, Merkmal 1.1.
    Der Verfahrensanspruch 1 des Klagepatents nimmt in den Merkmalen 1.2, 1.3 und 1.7 Bezug auf eine Kanalauswahl bzw. einen ausgewählten Kanal. Aus dem Wortlaut des Anspruchs ergibt sich, dass es für die Verwirklichung der erfindungsgemäßen Lehre nicht darauf ankommt, ob die in diesen Merkmalen genannte Kanalauswahl durch die Mobilstation oder das Zellularsystem vorgenommen wird (siehe unten, Ziff. a)). Diese Auslegung wird bestätigt durch die Beschreibung des Klagepatents (siehe unten, Ziff. b)) und den Vergleich mit dem Stand der Technik, von dem sich die erfindungsgemäße Lehre abgrenzt (siehe unten, Ziff. c)).
  36. a)
    Das im Klagepatentanspruch 1 beschriebene Verfahren zum Übertragen von Paketdaten auf der Aufwärtsstrecke von einer Mobilstation an ein System impliziert die folgende zeitliche Abfolge:
    Zu Beginn des Verfahrens wird ein Schwellenwert eines Kanalauswahlparameters definiert, Merkmal 1.4. Dieser Schwellenwert wird an die Mobilstation gesendet, Merkmal 1.5. Sodann vergleicht die Mobilstation einen momentanen Wert des Kanalauswahlparameters mit dem Schwellenwert des Kanalauswahlparameters, Merkmal 1.6. Anhand dieses Vergleichs wird eine Auswahl durchgeführt, Merkmal 1.7. Die Auswahl bezieht sich auf einen Kanal, der entweder ein gemeinsamer Kanal (N) oder ein zweckgebundener Kanal (M) sein kann, Merkmal 1.2. Unter Verwendung dieses ausgewählten Kanals wird das Datenpaket dann gesendet, Merkmal 1.3.
    Im Folgenden werden die Merkmale entsprechend dieser impliziten Reihenfolge näher erörtert:
  37. aa)
    Die Merkmale 1.4 und 1.5 fordern das Definieren eines Schwellenwerts eines Kanalauswahlparameters, der an die Mobilstation gesendet wird. Der Schwellenwert meint begrifflich einen Grenzwert.
    Merkmal 1.4 besagt zwar nicht ausdrücklich, dass das Definieren des Schwellenwerts innerhalb des Systems stattfindet, jedoch ergibt sich dies aus dem in Merkmal 1.5 beschriebenen Umstand, dass dieser Wert an die Mobilstation gesendet wird und damit zuvor im System vorgelegen haben muss.
    Der Anspruch lässt offen, ob es mehrere Schwellenwerte in Bezug auf verschiedene Kanalauswahlparameter geben kann. Ferner ist das Merkmal auch in Hinsicht auf den Parameter offen formuliert und lässt jede Art von Parameter zu. Die Beschreibung des Klagepatents nennt in diesem Zusammenhang beispielhaft unter anderem die Datenpaketgröße, die erforderliche Bitrate, die zulässige Übertragungsverzögerung oder die Kanallast, siehe Absatz [0025].
    Der Begriff des Kanalauswahlparameters bzw. dessen Schwellenwert impliziert nicht, dass dieser nach dem Senden an und Speichern durch die Mobilstation von dieser zwingend in jedem Fall für einen Vergleich mit einem momentanen Wert eines Kanalauswahlparameters benutzt werden muss. Es reicht aus, wenn dieser Vergleich nur unter bestimmten Voraussetzungen vorgenommen wird, soweit die Durchführung des Vergleichs bei Vorliegen dieser Voraussetzungen zwingend ist. Der Begriff des Kanalauswahlparameters impliziert außerdem nicht, dass dieser von der Mobilstation zur Kanalauswahl herangezogen wird.
    Nach der englischen Originalfassung des Klagepatentanspruchs bezieht sich der in Merkmal 1.5 beschriebene und an die Mobilstation gesendete Schwellenwert explizit auf den genannten Schwellenwert des Kanalauswahlparameters (said threshold value) und ist damit explizit rückbezogen auf den in Merkmal 1.4 definierten Schwellenwert.
  38. bb)
    Merkmal 1.6 erfordert, dass die Mobilstation einen momentanen Wert des Kanalauswahlparameters mit einem Schwellenwert vergleicht.
    Auf der Grundlage dieses Vergleichs muss eine „Auswahl“ durchgeführt werden. Die in Merkmal 1.7 genannte Auswahl meint eine Kanalauswahl, wie aus den Merkmalen 1.2 und 1.3 deutlich wird, die wiederum Bezug auf einen „ausgewählten Kanal“ nehmen.
    Die Kanalauswahl muss einerseits von dem durch die Mobilstation vorgenommenen, in Merkmal 1.6 genannten Vergleich und andererseits von der endgültigen Kanalzuweisung abgegrenzt werden. Ersteres ergibt sich daraus, dass der Klagepatentanspruch sprachlich zwischen dem Vergleich und der Kanalauswahl unterscheidet. Das bedeutet, dass mit dem Vergleichsergebnis nicht zugleich die Kanalauswahlentscheidung getroffen wird. Vielmehr muss diese Entscheidung eigenständig getroffen werden. Dies macht auch die Klagepatentbeschreibung in den Absätzen [0040] ff. deutlich, in denen erläutert wird, dass – sofern die Mobilstation die Kanalauswahlentscheidung trifft – dies entweder durch die MAC- oder die RRC-Schicht geschieht. Fällt die Entscheidung zugunsten eines M aus, muss dieser noch vom Netzwerk angefordert werden, welches den Kanal dann zuweisen kann. Das macht deutlich, dass auch die Kanalzuweisung nicht mit der Kanalauswahlentscheidung gleichgesetzt werden kann. Bei der Kanalauswahl handelt es sich um einen Schritt, der sich zwischen den Vergleich und die gegebenenfalls erfolgende Kanalzuweisung einreiht.
    Der Begriff der Kanalauswahl meint insofern die autonome Entscheidung, auf welchem Kanal gesendet werden soll. Die Auswahl kann darin bestehen, entweder auf einem existierenden Kanal zu senden oder die Zuweisung eines anderen Kanals zu verlangen, wie dies etwa in Absatz [0050] beispielhaft beschrieben ist. Durch die Kanalauswahl steht der Mobilstation die Wahl zwischen zwei Varianten zur Verfügung, die jeweils eine unterschiedliche weitere Vorgehensweise bei der Datenübertragung nach sich ziehen. Dabei bietet das autonome Senden über den gemeinsamen Kanal den erfindungsgemäßen Vorteil, dass es keiner weiteren Kommunikation zwischen der Mobilstation und dem System bedarf und die Mobilstation mit dem Senden der Datenpakete beginnen kann.
    Merkmal 1.7 lässt jedoch offen, ob die Kanalauswahl seitens der Mobilstation oder des Netzwerks durchgeführt wird. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass das in Merkmal 1.6 genannte Vergleichen ausdrücklich der Mobilstation zugeordnet wird. Denn die darauf folgende und mit einem „und“ verbundene Auswahl erfährt keine Zuordnung zur Mobilstation oder zum System.
    Dass die Auswahl gedanklich von dem vorhergehenden Vergleich zu trennen ist, macht der Klagepatentanspruch bereits dadurch deutlich, dass die Kanalauswahl – anders als in der Merkmalsgliederung der Klägerin – nach einem gesonderten Spiegelstrich genannt und damit bereits sprachlich von dem Vergleich getrennt wird.
    Die den einzelnen Spiegelstrichen zugeordneten Verfahrensschritte werden dabei nicht immer ausdrücklich entweder dem System oder der Mobilstation zugeordnet. Eine Zuordnung ergibt sich entweder aus dem Zusammenhang oder kann – wie hier – offen bleiben, da eine Ausführung sowohl durch die Mobilstation als auch durch das System denkbar ist. In diesem Fall ist ein Treffen der Kanalauswahl durch das System für die Verwirklichung des Merkmals ausreichend.
  39. cc)
    Die Merkmale 1.2 und 1.3 greifen die Kanalauswahl wieder auf. Die anhand des Vergleichs getroffene Auswahl kann entweder zugunsten eines gemeinsamen Kanals (N) oder eines zweckgebundenen Kanals (M) ausfallen, wobei diese Aufzählung nicht abschließend ist. Gemäß Merkmal 1.3 wird das Datenpaket unter Verwendung des ausgewählten Kanals gesendet. Das Senden erfolgt durch die Mobilstation im Uplink, wie sich aus Merkmal 1.1 ergibt.
  40. b)
    Die anhand des Wortlauts vorgenommene Auslegung des Klagepatentanspruchs 1 lässt sich mit der Beschreibung des Klagepatents in Einklang bringen.
  41. aa)
    Die Patentbeschreibung erläutert zunächst die Struktur des UMTS-Systems in den Absätzen [0002] bis [0004] und in diesem Zusammenhang insbesondere die Nutzung verschiedener Transportkanäle, Absatz [0005] bis [0011], sowie das Mapping der logischen Kanäle auf diese Transportkanäle durch die MAC-Schicht, Absatz [0012]. Die Absätze [0013] bis [0015] beschreiben den Paketdatentransfer im Downlink und die Absätze [0016] bis [0020] den Paketdatentransfer im Uplink. Nach Erwähnung des Standes der Technik und der sich daraus ergebenden Aufgabe, Absatz [0021] bis [0023], beginnt mit den Absätzen [0024] ff. die Beschreibung der Erfindung und deren Vorteile.
    Absatz [0024] beschäftigt sich damit, über welchen Transportkanal die Kanalauswahlparameter an die Mobilstation gesendet werden können. Die Absätze [0025] ff. beschreiben die Kanalauswahlparameter näher und nennen in diesem Zusammenhang unter anderem die Größe des zu übertragenden Datenpakets sowie die Bitrate. Sofern Absatz [0026] in diesem Zusammenhang beschreibt, dass die Mobilstation die für die Kanalauswahl wesentlichen Parameter kenne, bedeutet dies nicht, dass die Mobilstation auch die Kanalauswahlentscheidung selbst treffen muss. Schließlich kann sie das Ergebnis des Vergleichs der momentanen Kanalauswahlparameter mit dem Schwellenwert dem Netzwerk mitteilen, damit dieses die Auswahl trifft.
    Erst beginnend mit den Absätzen [0030] bis [0034] werden jeweils unterschiedliche Aspekte der erfindungsgemäßen Lehre beschrieben. Dabei bleibt in den in den Absätzen [0030] bis [0032] beschriebenen Verfahren offen, ob die Kanalauswahl durch die Mobilstation oder das Zellularsystem vorgenommen wird.
    Sodann beschreibt Absatz [0033] ein Zellularsystem, das verschiedene Mittel umfasst, zu denen auch solche für die Ausführung der Kanalauswahl gehören. Zwar erfolgt keine ausdrückliche Zuordnung dieser Mittel zum System selbst, jedoch sind alle in diesem Absatz beschriebenen Mittel solche des Systems, sofern sie nicht ausdrücklich der Mobilstation zugeordnet werden. Zumindest aber lässt sich keine eindeutige Zuordnung der Mittel der Kanalauswahl zur Mobilstation herleiten.
  42. bb)
    Erst Absatz [0034] beschreibt explizit eine Mobilstation. In diesem Zusammenhang werden jedoch keine Mittel zur Ausführung der Kanalauswahl genannt. Vielmehr finden sich dort nur die Mittel zum Vergleichen des Schwellenwertes des Kanalauswahlparameters mit einem momentanen Wert des Kanalauswahlparameters als Grundlage für die Kanalauswahl. Insofern unterscheidet sich das Ausführungsbeispiel auch von dem zuvor in Absatz [0033] beschriebenen Zellularsystem. Aus dem Vergleich der Absätze [0033] und [0034] lässt sich insofern der Rückschluss ziehen, dass die Mobilstation keine Mittel zur Kanalauswahl aufweisen muss.
    Allein in dem in den Absätzen [0038] ff. beschriebenen und in Figur 6 schematisch dargestellten Verfahren trifft die Mobilstation die Kanalauswahlentscheidung. Beginnend mit den Absätzen [0042] ff. wird das innerhalb der Mobilstation ablaufende Verfahren beschrieben, nachdem diese die zuvor vom System definierten Kanalauswahlparameter bzw. die dazugehörigen Schwellenwerte empfangen hat. Dazu trifft die RLC- bzw. MAC-Schicht autonom die Entscheidung darüber, ob ein N oder ein M zum Senden von Paketdaten benutzt wird, Absatz [0042]. Bei dem Überschreiten einer bestimmten Datengröße fragt die MAC-Schicht bei der RRC-Schicht einen zweckgebundenen Kanal an. Die RRC-Schicht wiederum regelt dann die Anforderung von Übertragungskapazitäten über die Funkschnittstelle. Die darauf folgende Beschreibung der Figur 8 greift das zuvor beschriebene Verfahren auf und ordnet die Kanalauswahl der Mobilstation zu, Absatz [0050].
    Sofern die Beschreibung außerdem in Absatz [0048] vorsieht, dass die Kanalauswahl innerhalb der Mobilstation vorzugsweise durch die Steuereinheit getroffen werden soll, lässt dies keinen Rückschluss darauf zu, dass die Kanalauswahl ansonsten zwar durch eine andere Komponente vorgenommen werden kann, diese aber auch Teil der Mobilstation sein muss. Vielmehr handelt es sich lediglich um eine bevorzugte Ausführungsform. Andere Ausgestaltungen werden daher insgesamt nicht ausgeschlossen, unabhängig davon, ob sich die Komponenten innerhalb der Mobilstation oder innerhalb des Netzwerks befinden.
    Die in der Beschreibung angeführten Ausführungsbeispiele stellen den einzigen Anhaltspunkt innerhalb der Beschreibung für die Annahme dar, dass die Mobilstation die Entscheidung über die Kanalauswahl treffen kann. Dass die Beschreibung daneben nicht explizit ein Beispiel nennt, bei dem das Netzwerk die Kanalauswahlentscheidung trifft, rechtfertigt jedoch nicht die Annahme, dass dies nicht mehr unter den Gegenstand der erfindungsgemäßen Lehre fallen würde.
  43. c)
    Die vorgenommene Auslegung, nach welcher die in Anspruch 1 zum Ausdruck kommende erfindungsgemäße Lehre nicht zwingend eine von der Mobilstation vorzunehmende Kanalauswahl erfordert, untergräbt nicht den Vorteil, den die erfindungsgemäße Lehre gegenüber dem Stand der Technik bietet. Denn die klagepatentgemäße Lehre hebt sich auch ohne eine durch die Mobilstation vorgenommene Kanalauswahlentscheidung von dem in der Beschreibung genannten Stand der Technik ab.
  44. aa)
    Das Klagepatent verweist in Absatz [0022] auf die US-A-5,673,XXX und beschreibt in Absatz [0021] das Problem, dass das System bei der Paketdatenübertragung im Uplink keine Informationen über die zu sendenden Pakete besitze, auf die die Kanalauswahlentscheidung gestützt werden könne. Daher müsse die entsprechende Information zunächst zum System gesendet werden, woraufhin das System die Entscheidung über die Verwendung entweder eines gemeinsamen oder eines zweckgebundenen Kanals zur Mobilstation senden müsse. Dies verbrauche Kapazitäten und verlangsame die Übertragung der Paketdaten.
    Das aus dem Stand der Technik bekannte Verfahren sah vor, dass die Mobilstation – beispielsweise bei der Anfrage nach einem zweckgebundenen Kanal – unter anderem Informationen hinsichtlich der Datenpaketgröße oder der Datenübertragungsrate sendete, siehe Absatz [0019].
    Der Beschreibung lässt sich entnehmen, dass die im Stand der Technik auftretenden Probleme vielschichtig sind, letztendlich aber immer die Datenübertragungskapazitäten und die mit höherem Datenvolumen einhergehende langsamere Übertragung betreffen.
    Die Datenübertragungslast wird bei der erfindungsgemäßen Lehre bereits dadurch reduziert, dass die Mobilstation Mittel zum Vergleichen von bestimmten Parametern – wie bspw. der Paketdatengröße – aufweist und damit den Vergleich selbst vornehmen kann. Nach dem Stand der Technik sendete die Mobilstation einen Messbericht an das Netzwerk, welches den Vergleich dann vornehmen musste. Durch die erfindungsgemäße Lehre wird das Senden umfangreicher Daten im Uplink vermieden und es reicht aus, wenn die Mobilstation das Ergebnis des Vergleichs mitteilt.
    Hinzu kommt, dass die erfindungsgemäße Lehre selbst für den Fall, dass die Mobilstation autonom eine Auswahlentscheidung zu Gunsten des M trifft, vorsieht, dass dieser Kanal zuerst seitens des Systems zugewiesen werden muss. In dem Fall wäre also in jedem Fall ein weiterer Datenaustausch sowohl im Uplink (M-Anfrage) als auch im Downlink (M-Zuweisung) notwendig, so dass die Datenübertragungslast durch den Umstand, dass die Mobilstation den M selbst ausgewählt hat, gar nicht (weiter) reduziert werden würde.
  45. bb)
    Der von den Beklagten herangezogene Inhalt der Erteilungsakte steht der hier vorgenommenen Auslegung ebenfalls nicht entgegen, weil die Erteilungsakte kein zulässiges Auslegungsmaterial ist.
  46. d)
    An der Auslegung der Kammer vermögen die von den Beklagten angeführten Urteile des Landgerichts München vom 19. Dezember 2019 und des Court of Appeals ebenso wenig etwas zu ändern wie der qualifizierte Hinweis des Bundespatentgerichts vom 17. April 2020 bzw. das nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung vorgelegte Protokoll der Sitzung des Bundespatentgerichts vom 15. Juli 2020.
    Das Landgericht München hat den ursprünglichen Klagepatentanspruch 15 in Zusammenhang mit dem abhängigen Anspruch 16 geprüft, der ausdrücklich vorsieht, dass die Mobilstation die Kanalauswahlentscheidung trifft. Die dazu ergangenen Ausführungen sind aus diesem Grund auf die hier erfolgende Auslegung des unabhängigen Klagepatentanspruchs 1 nicht übertragbar.
    Auch das von den Beklagten angeführte Urteil des US-amerikanischen Court of Appeals ist für die vorliegende Beurteilung irrelevant. Es ist nicht erkennbar, dass die dortige Rechtsprechung im Hinblick auf die Frage der Auslegung eines Verfahrensanspruchs und darin enthaltene Zweckangaben vergleichbar mit der hiesigen ist.
    Die Kammer verkennt nicht, dass das Bundespatentgericht die Kanalauswahlentscheidung bei der Mobilstation verortet. Die Kammer hat den Anspruch jedoch einer eingehenden Bewertung unter Zugrundelegung anerkannter Auslegungsgrundsätze unterzogen und verbleibt daher bei dem hier vorgenommenen Auslegungsergebnis.
  47. 2.
    Der unabhängige Vorrichtungsanspruch 15 sieht eine Mobilstation vor, die mit einem Zellenfunksystem verbunden ist und Mittel zum Senden von Paketdaten im Uplink unter Verwendung eines ausgewählten Kanals umfasst, Merkmal 1.
    Soweit der Vorrichtungsanspruch 15 in Merkmal 15.1 durch die Mittel zum Senden von Paketdaten unter Verwendung eines „ausgewählten“ Kanals und in Merkmal 15.5 durch die Mittel zum Vergleichen von Parametern „als Grundlage für die Kanalauswahl“ Bezug nimmt auf eine Kanalauswahl, bleibt auch insofern zunächst offen, ob diese Auswahl durch die Mobilstation oder das Zellularsystem getroffen wird. Jedoch legt sich Merkmal 16.1 dahingehend fest, dass es die Mobilstation sein muss, die die Mittel für die Ausführung der Kanalauswahl anhand des Ergebnisses des Vergleichs durchführt.
  48. a)
    Bei dem Klagepatentanspruch 15 handelt es sich um einen Vorrichtungsanspruch, der eine im Anspruch näher beschriebene Mobilstation zum Gegenstand hat. Diese Mobilstation zeichnet sich durch verschiedene Mittel (means) aus. Diese Mittel sind nicht anhand ihrer räumlich-körperlichen Ausgestaltung, sondern durch ihre Funktion zu bestimmen. Die Funktion dieser Mittel offenbart sich wiederum durch ihr Zusammenwirken im Rahmen eines Verfahrens, das eine zeitliche Reihenfolge des Einsatzes der Mittel impliziert.
    So kommen zunächst die in Merkmal 15.3 beschriebenen Mittel zum Empfangen eines Schwellenwerts eines Kanalauswahlparameters zum Einsatz. Dieser Schwellenwert wird vom Zellularsystem gesendet und von der Mobilstation empfangen. Dann setzt das in Merkmal 15.4 beschriebene Mittel zum Speichern ein, indem der zuvor empfangene Schwellenwert von der Mobilstation gespeichert wird. In einem weiteren Schritt vergleicht die Mobilstation einen momentanen Wert mit dem empfangenen und gespeicherten Schwellenwert durch die Mittel zum Vergleichen, Merkmal 15.5. Durch die Mittel für die Ausführung der Kanalauswahl wird dann anhand des Vergleichsergebnisses eine Auswahl zugunsten eines Kanals getroffen, Merkmal 16.1. Sodann kommen die Mittel zum Senden zum Einsatz, die Paketdaten auf dem ausgewählten Kanal – bei dem es sich entweder um einen gemeinsamen Kanal (N) oder um einen zweckgebundenen Kanal (M) handeln kann – an das System senden, Merkmal 15.1 und 15.2.
    Im Folgenden werden die Merkmale entsprechend dieser impliziten Reihenfolge näher erörtert:
  49. b)
    Der Klagepatentanspruch sieht „Mittel zum Empfangen“ vor, Merkmal 15.3. Das bedeutet, die Mobilstation muss dazu eingerichtet sein, im Downlink einen Schwellenwert eines Kanalauswahlparameters zu empfangen.
    Damit korrespondieren die in Merkmal 15.4 genannten Mittel zum Speichern, so dass die Mobilstation ferner dazu eingerichtet sein muss, den empfangenen Schwellenwert zu speichern.
  50. c)
    Daneben muss die Mobilstation „Mittel zum Vergleichen“ aufweisen, Merkmal 15.5. Die Mittel müssen dazu geeignet sein, den – im Downlink empfangenen und in der Mobilstation gespeicherten – Schwellenwert mit einem momentanen Wert des Kanalauswahlparameters zu vergleichen.
    Die in Merkmal 15.5 genannte Kanalauswahl nimmt für sich genommen noch keine Festlegung dahingehend vor, ob diese Auswahl durch die Mobilstation vorgenommen werden muss oder ob dies auch durch das System geschehen kann.
  51. d)
    Das Merkmal 16.1 sieht vor, dass die Mobilstation „Mittel für die Ausführung der Kanalauswahl anhand des Ergebnisses des Vergleichs“ aufweist. Dieses Merkmal greift die in Merkmal 15.5 genannte Kanalauswahl wieder auf und ordnet deren Ausführung der Mobilstation zu. Die von der Mobilstation zu treffende Auswahl besteht zwischen einem gemeinsamen Kanal (N) oder einem zweckgebundenen Kanal (M), siehe Merkmal 15.2.
    Die von der Mobilstation zu treffende Auswahlentscheidung ist dahingehend zu verstehen, dass die Mobilstation auf der Grundlage des von ihr vorgenommenen Vergleichs selbständig entscheidet, ob sie die zur Übertragung anstehenden Daten auf dem N oder dem M zu senden beabsichtigt. Die Auswahlentscheidung ist dabei jedoch von der letztendlich vorzunehmenden Kanalzuweisung zu unterscheiden.
    Diese Auslegung wird durch das in den Absätzen [0038] ff. erläuterte Ausführungsbeispiel bestätigt. So heißt es in Absatz [0042], dass die MAC-Schicht der Mobilstation eine autonome Entscheidung darüber fälle, ob ein gemeinsamer Kanal oder ein dedizierter Kanal für das Senden der Datenpakete benutzt werde. Entscheidet sich die MAC-Schicht auf der Grundlage des Vergleichs für den gemeinsamen Kanal, plant sie das Senden der Daten im N autonom, Absatz [0043]. Ist die Größe des Pakets größer als die maximal für den N erlaubte Größe, fordert die MAC-Schicht die entsprechenden Mittel in Form eines zweckgebundenen Kanals von der RRC-Schicht an, die wiederum die entsprechenden Kapazitäten anfordert, Absatz [0043], [0044].
    Wie oben unter Ziff. III. 1. a) bb) bereits näher erläutert, steht der Mobilstation durch die Möglichkeit, entweder das Senden der Datenpakete selbst vorzunehmen oder aber eine Kanalzuweisung beim Mobilfunksystem anzufragen, die Wahl zwischen zwei Varianten zur Verfügung, die jeweils eine unterschiedliche weitere Vorgehensweise bei der Datenübertragung nach sich ziehen.
  52. e)
    Die in Merkmal 1.1 genannten „Mittel zum Senden“ müssen dazu geeignet sein, Paketdaten im Uplink unter Verwendung eines ausgewählten Kanals zu senden. Nach Merkmal 1.2 kann es sich bei dem ausgewählten Kanal entweder um einen N oder einen M handeln.
  53. IV.
    Durch Angebot und Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform verletzen die Beklagten das Klagepatent hinsichtlich Anspruch 1 mittelbar. Sie bieten an und liefern ein Mittel, das objektiv geeignet ist, von der technischen Lehre des Klagepatents dem Wortsinn nach Gebrauch zu machen (siehe unten, Ziff. 1) und sich auf ein wesentliches Element der Erfindung bezieht, wobei die Beklagten wissen oder es aufgrund der Umstände offensichtlich ist, dass diese Mittel dazu geeignet und bestimmt sind, für die Benutzung mit der Erfindung verwendet zu werden (siehe unten, Ziff. 2), § 10 Abs. 1 PatG.
  54. 1.
    Bei der angegriffenen Ausführungsform handelt es sich um ein Mittel, das zur Anwendung des durch Anspruch 1 des Klagepatents geschützten Verfahrens objektiv geeignet ist. Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass die angegriffene Ausführungsform kompatibel mit dem UMTS-Standard ist, der die Lehre des Klagepatentanspruchs 1 implementiert. Im Einzelnen findet sich die erfindungsgemäße Lehre in der Spezifikation XXX in der Version XXX von Juni 2005, die die Funkbetriebsmittelsteuerung betrifft (Anlage EIP B4; im Folgenden: Standard).
  55. a)
    Die angegriffene Ausführungsform ist geeignet, die Merkmale des Verfahrensanspruchs 1 anzuwenden.
    Der Standard sieht vor, dass sich die Mobilstation in einem Zustand befinden kann, in welchem sie Paketdaten im Uplink übertragen kann, Merkmal 1.1 (siehe unten, Ziff. aa). Außerdem definiert und sendet das FF an die Mobilstation einen Schwellenwert, Merkmale 1.4 und 1.5 (siehe unten, Ziff. bb).
  56. aa)
    Wenn die Mobilstation mit dem Netzwerk verbunden ist, kann sie sich in verschiedenen Zuständen befinden, zu denen die Zustände M, N, XXX und XXX gehören.
    Im Zustand M ist der Mobilstation sowohl im Uplink als auch im Downlink ein dedizierter Kanal zugewiesen, siehe Standard, Abschnitt B.3.1, zweiter Spiegelstrich, S. 1120:
    B.3.1 M state
    The M state is characterised by
    […]
    – A dedicated physical channel is allocated to the UE in uplink and downlink.
  57. Im Zustand N ist der Mobilstation kein dedizierter Kanal zugewiesen. Im Downlink überwacht die Mobilstation in diesem Zustand den Vorwärts-Link-Zugriffskanal (X) und im Uplink nutzt sie beispielsweise den N, den sie sich mit anderen Mobilstationen teilt, siehe Standard, Abschnitt B.3.2, erster und dritter Spiegelstrich, S. 1121:
    B.3.2 N state
    The N state is characterised by:
    – No dedicated physical channel is allocated to the UE.
    […]
    – The UE is assigned a default common or shared transport channel in the uplink (e.g. N) that it can use anytime according to the access procedure for that transport channel.
  58. In den Zuständen XXX und XXX besteht keine Möglichkeit der Datenübertragung im Uplink, siehe Standard, Abschnitt B.3.3 und B.3.4, jeweils dritter Spiegelstrich, S. 1123, 1124:
    B.3.3 XXX state
    The XXX state is characterised by:
    […]
    – No uplink activity is possible.
  59. B.3.4 XXX State
    The XXX state is characterised by:
    […]
    – No uplink activity is possible.
  60. bb)
    Im Zustand M kann die Mobilstation vom FF im Wege der Konfigurationsnachricht GG einen als „HH“ bezeichneten Schwellenwert empfangen.
    Im Einzelnen enthält die Nachricht GG das Informationselement „II“, (siehe Standard, Abschnitt 10.2.17, S. 408), welches wiederum die „JJ“ enthält (siehe Standard, Abschnitt 10.3.7.68, S. 656), die letztlich den „KK“ enthalten (siehe Standard, Abschnitt 10.3.7.72, S. 658). Aus der Abkürzung MP (LL) in der zweiten Spalte ergibt sich, dass der „KK“ bei dem Senden der Nachricht GG zwingend enthalten sein muss.
    Der Standard sieht vor, dass die Mobilstation die Nachricht GG empfängt und – sofern sie den Wert „setup“ enthält – die übersendeten Parameter in der Variablen MM speichert, siehe Standard, Abschnitt 8.4.1.3, S. 214:
    8.4.1.3 Reception of GG by the UE
    Upon reception of a GG message the UE shall perform actions specified in subclause 8.6 unless otherwise specified below.
    The UE shall:
    1> read the IE „NN“;
    1> if the IE „NN“ has the value „setup“:
    2> store this measurement in the variable MM according to the IE „measurement identity“, first releasing any previously stored measurement with that identity if that exists
  61. Daneben kann die Mobilstation den Schwellenwert auch über den Systeminformationsblock Typ 11 empfangen und diesen Wert speichern, siehe Standard, Abschnitt 8.1.16.11, 10.3.7.47, 10.3.7.73 und 10.3.7.72.
  62. b)
    Die Mobilstation vergleicht den Schwellenwert mit einem momentanen Kanalauswahlparameter, Merkmal 1.6 (siehe unten, Ziff. aa)) und der Standard sieht darüber hinaus vor, dass das Netzwerk auf der Grundlage dieses Vergleichs eine Kanalauswahl vornimmt, Merkmal 1.7 (siehe unten, Ziff. bb).
  63. aa)
    Der Standard sieht für verschiedene Fälle eine Zellenupdateprozedur vor. Eine solche Prozedur ist beispielsweise vorgesehen, wenn sich die Mobilstation im Zustand XXX oder XXX befindet und die Anfrage erhält, Daten im Uplink zu senden, siehe Standard, Abschnitt 8.3.1.1, S. 155:
    8.3.1.1 General
    […]
    In addition, the cell update procedure also serves the following purposes:
    […]
    – when triggered in the XXX or XXX state, to notify FF of a transition to the N state due to the reception of FF originated paging or due to a request to transmit uplink data
  64. Sie verwendet für die Zellenupdateprozedur dann den Grund „Datenübertragung im Uplink“ (cell update cause = uplink data transmission), siehe Standard, Abschnitt 8.3.1.2, S. 156:
    8.3.1.2 Initiation
    A UE shall initiate the cell update procedure in the following cases:
    1> Uplink data transmission:
    2> if the UE is in XXX or XXX state; and
    2> if the UE has uplink RLC data PDU or uplink RLC control PDU on RB1 or upwards to transmit:
    3> perform cell update using the cause „uplink data transmission“.
  65. Im Rahmen der Zellenupdateprozedur sendet die Mobilstation die Nachricht OO an das System. Liegt der Grund für die Zellenupdateprozedur in der Datenübertragung im Uplink und hat die Mobilstation eine Messung des Verkehrsvolumens durchgeführt, setzt sie in Abhängigkeit vom Ergebnis dieser Messung das Informationselement „PP“ (TVI).
    Im Einzelnen ermittelt die Mobilstation für die Messung die Auslastung des Puffers für alle logischen Kanäle, die zusammengefasst als Transportkanal-Verkehrsvolumen (transport channel traffic volume, TCTV) bezeichnet werden, siehe Standard, Abschnitt 14.4.2, S. 1075. Die Mobilstation vergleicht das Transportkanal-Verkehrsvolumen TCTV mit dem Schwellenwert (KK). Ist das gemessene Volumen größer als der Schwellenwert, wird – bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen – das Informationselement TVI auf TRUE gesetzt. Ist das nicht der Fall, wird der Wert auf FALSE gesetzt, indem das TVI-Bit weggelassen wird, siehe Standard, Abschnitt 8.3.1.3, S. 159 f.:
    8.3.1.3 OO / URA UPDATE message contents to set
    In case of cell update procedure the UE shall transmit a OO message.
    In case of URA update procedure the UE shall transmit a URA UPDATE message.
    The UE shall set the IEs in the OO message as follows:
    1> set the IE „Cell update cause“ corresponding to the cause specified in subclause 8.3.1.2 that is valid when the OO message is submitted to lower layers for transmission;
    NOTE: During the time period starting from when a cell update procedure is initiated by the UE until when the procedure ends, additional OO messages may be transmitted by the UE with different causes.
    1> if the IE „Cell update cause“ is set to „uplink data transmission“ and if an event triggered II has been configured:
    2> if the TCTV is larger than the threshold in the IE „Reporting threshold“ for a II stored in the MM variable and that II has „measurement identity“ equal to 4, „Traffic volume event identity“ equal to „4a“, „Measurement validity“ equal to „all states“ or „all states except M“:
    4> set the IE „Traffic volume indicator“ to TRUE.
    3> else:
    4> set the IE „Traffic volume indicator“ to FALSE.
  66. Damit weist die Mobilstation standardgemäß Mittel zum Vergleichen des Schwellenwerts (KK) mit einem momentanen Wert des Kanalauswahlparameters (TCTV) auf. Aus Abschnitt 10.2.7 ergibt sich mit der Formulierung „this IE shall be set to TRUE when the criteria for event based II reporting is fulfilled“, dass das TVI-Bit bei entsprechendem Ergebnis gesetzt werden muss.
  67. bb)
    Zwar beschreibt der Standard den internen, das Netzwerk betreffenden Vorgang der Kanalauswahl nicht unmittelbar, aber dies ergibt sich aus den Umständen.
  68. (1)
    Die Mobilstation sendet das Ergebnis ihres Vergleichs mittels Setzens oder Nicht-Setzens eines TVI-Bits im Rahmen der Nachricht QQ. Der Grund für das Senden der Nachricht liegt darin, dass sich die Mobilstation entweder im Zustand XXX oder XXX befindet und Daten im Uplink zu senden beabsichtigt, so dass der Grund für die Nachricht QQ in der Datenübertragung im Uplink (uplink data transmission) liegt (siehe oben, Ziff. 2. b) aa)). Um Daten im Uplink senden zu können, muss die Mobilstation entweder einen gemeinsamen oder einen dedizierten Kanal seitens des Netzwerks zugewiesen bekommen. Da die Mobilstation dazu zwingend entweder in den N oder M wechseln muss, um Daten im Uplink senden zu können, muss auch das Netzwerk zwingend einen dieser beiden Kanäle auswählen. Es handelt sich dabei also nicht um eine völlig freie Entscheidung des Netzwerks. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, welchen Zweck das Senden bzw. Nicht-Senden des TVI-Bits erfüllt, wenn nicht, um als Grundlage für die Kanalauswahl zu dienen. Nur so kann das Netzwerk anhand des zu sendenden Datenvolumens entscheiden, welche Kanalzuweisung sinnvoll ist. Nicht erforderlich ist dabei, dass das Netzwerk die Entscheidung allein auf Grund des TVI-Bits trifft.
    Sofern der Standard dieses Bit als optional (OP) beschreibt, hängt dies damit zusammen, dass dieses Bit nicht zwingend gesetzt werden muss, sondern nur dann, wenn der Schwellenwert überschritten worden ist. Liegen aber die entsprechenden Voraussetzungen für eine Zellenupdateprozedur und eine Überschreitung des Schwellenwerts vor, ist das TVI-Bit zwingend auf TRUE zu setzen und zu senden.
  69. (2)
    Diese Annahme wird zudem bestätigt durch die von der Klägerin zur Akte gereichten Bedienungsanleitung zur Kanalauswahlfunktionalität der Funknetzsteuerungs-einheiten von TT (Anlage EIP B30), in der vorgegeben wird, dass die Mobilstation in den M Zustand versetzt wird, wenn der Anlass der QQ Nachricht „Aufwärtsdatenübertragung“ lautet und die Nachricht das Informationselement TVI enthält:
    UL-triggered Upswitch
    When triggered by data activity in UL, the connections that fulfill all of the following conditions are switched to M:
    • Cause Value in the RRC Cell Update message is set to Uplink Data Transmission.
    • The optional IE „Traffic Volume Indicator“ is present in the message.
    […]
  70. Entsprechendes ergibt sich aus dem Dokument „X“ (Anlage EIP B31), das die Funktionalität der von den Beklagten hergestellten Funknetzsteuerungseinheiten beschreibt. Darin heißt es, dass entsprechend konfigurierte Einheiten einen auf einer Verkehrsvolumenmessung basierenden „P2D“-Übergang, das heißt einen Übergang von PCH zu M, initiieren können. Dabei wird der Parameter zur Datenübertragung RNC_TVM_BASED_P2D_SWITCH-0 durch die Mobilstation gesetzt und das auf TRUE gesetzte TVI-IE von der Mobilstation an das Netzwerk mitgeteilt. Letzteres weist der Mobilstation dann dementsprechend den M zu:
    • TVM-based P2D Transition
    A UE with PS services in the XXX state initiates a P2D transition based on the Traffic Volume Measurement (TVM), when the following conditions are met:
    – The PROCESSSWITCH3 parameter is set to RNC_TVM_BASED_P2D_SWITCH-0.
    – The traffic volume from the CN is higher than the 4A threshold; or in the cell update message initiated by the UE, the value of the IE „PP“ is TRUE and the value of the IE „Cell update cause“ is „uplink data transmission“.
    […]
  71. Zudem hat die Klägerin einen Test-Report zur Akte gereicht (Anlage EIP B33), aus dem sich ergibt, dass bei entsprechenden Kanalressourcen des Netzwerks das von der Mobilstation gesendete TVI-Bit Einfluss auf die netzwerkseitige Kanalzuweisung hat.
  72. c)
    Die Merkmale 1.2 und 1.3 werden ebenfalls verwirklicht, weil der Mobilstation auf der Grundlage des Vergleichs ein Kanal zur Datenübertragung im Uplink zugewiesen wird, der entweder ein N oder ein M sein kann.
    Nachdem die Mobilstation die Nachricht QQ an das System geschickt hat, bestätigt dieses den Erhalt mit der Nachricht OO CONFIRM. Auf den Erhalt dieser Nachricht des Systems hin wechselt die Mobilstation in einen der in Abschnitt 8.6.3.3 näher beschriebenen Zustände, siehe Standard, Abschnitt 8.3.1.6, S. 163 ff. Abschnitt 8.6.3.3. erläutert, dass das Informationselement „RRC Indicator“ anzeigt, in welchen Zustand die Mobilstation wechseln soll:
    8.6.3.3 Generic state transition rules depending on received information elements
    The IE „RRC State Indicator“ indicates the state the UE shall enter.
  73. Dazu gehören die Zustände N, M, XXX oder XXX, siehe Standard, Abschnitt 8.6.3.3, S. 268. Annex B des Standards erläutert diese verschiedenen Zustände und beschreibt, dass der Mobilstation im Zustand M ein zweckgebundener Kanal im Uplink zugewiesen ist, wohingegen der Mobilstation im Zustand N kein zweckgebundener Kanal, sondern ein gemeinsamer bzw. geteilter Kanal, wie beispielsweise der N, zugeordnet wird, siehe Standard, Annex B, Abschnitt B.3.1 und B.3.2, S. 1120 ff. (siehe oben, Ziff. 2. a) aa)).
  74. 2.
    Die angegriffene Ausführungsform stellt außerdem ein wesentliches Element der Erfindung nach § 10 Abs. 1 PatG dar und es war zumindest aufgrund der Umstände offensichtlich, dass diese Mittel dazu geeignet und bestimmt sind, für die Benutzung mit der Erfindung verwendet zu werden.
    Nach der Rechtsprechung des BGH in seiner Entscheidung „Flügelradzähler“ (BGH, GRUR 2004, 758, 761) bezieht sich ein Mittel auf ein Element der Erfindung, wenn es geeignet ist, mit einem solchen bei der Verwirklichung des geschützten Erfindungsgedankens funktional zusammenzuwirken. Wesentlich ist ein Element der Erfindung regelmäßig bereits dann, wenn es Bestandteil des Patentanspruchs ist.
    Im vorliegenden Fall bieten die Beklagten mit der angegriffenen Ausführungsform eine Mobilstation an, die ein wesentliches Erfindungselement des Verfahrensanspruchs 1 darstellt und für die Durchführung der erfindungsgemäßen Lehre offensichtlich geeignet und bestimmt ist.
  75. V.
    Die Beklagten verletzen jedoch nicht das Klagepatent hinsichtlich Anspruch 15 in Verbindung mit Anspruch 16, da die angegriffene Ausführungsform das Merkmal 16.1 nicht verwirklicht.
  76. 1.
    Die angegriffene Ausführungsform ist mit einem Zellularsystem verbunden und weist Mittel zum Empfangen und Speichern eines Schwellenwerts auf, Merkmal 15.3 und 15.4. In diesem Zusammenhang wird auf die obigen Ausführungen unter Ziff. IV. 2. a) bb) verwiesen. Ferner weist die angegriffene Ausführungsform die in Merkmal 15.5 vorgesehenen Mittel zum Vergleichen auf, siehe die obigen Ausführungen unter Ziff. IV. 2. b) aa).
    Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht auch die Merkmale 15.1 und 15.2. Unstreitig ist sie mit einem Zellularsystem verbunden und weist Mittel zum Senden von Paketdaten im Uplink auf. Sie ist außerdem dazu geeignet, zum Senden einen ausgewählten Kanal zu verwenden, der ein N oder ein M sein kann. Insofern wird auf die obigen Ausführungen unter Ziff. IV. 2. c) verwiesen. Damit kann die Mobilstation im Uplink Paketdaten auf einem ausgewählten Kanal, der unter anderem ein zweckgebundener oder ein gemeinsamer Kanal sein kann, senden.
  77. 2.
    Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht jedoch Merkmal 16.1 nicht. Das Merkmal sieht vor, dass die Mobilstation über die Mittel zum Vergleichen hinausgehend auch Mittel zur Ausführung der Kanalauswahl anhand des Ergebnisses des Vergleichs aufweist.
    Der Standard sieht vor, dass die Mobilstation eine Zellenupdateprozedur vornimmt, wenn sie sich im Zustand XXX oder XXX befindet und Daten im Uplink senden will, siehe Standard, Abschnitt 8.3.1.1, S. 155 (siehe oben, Ziff. 2. b) aa)). Dann ist ein Wechsel in einen anderen Zustand und damit die Zuweisung eines N oder M zwingend notwendig. Mit anderen Worten ist die Entscheidung für einen Kanalwechsel bereits gefallen, wenn sich die Mobilstation im Zustand XXX oder XXX befindet und eine Datenübertragung ansteht.
    In diesem Fall steht der Mobilstation nicht die Möglichkeit offen, eine eigene Kanalauswahlentscheidung zu treffen und sich autonom für das Senden auf dem N zu entscheiden. Denn nicht nur die Nutzung des M, sondern auch die des N wird ihr erst durch die Antwortnachricht des Systems, die den „RRC Indicator“ enthält, zugewiesen, siehe Standard, Abschnitt 8.6.3.3, S. 268 (siehe oben, Ziff. 2. c)). Die Entscheidung darüber, ob im Einzelnen der N oder M zugewiesen wird, trifft also allein das FF.
    In dem Senden des TVI-Bits kann damit keine Kanalauswahlentscheidung im Sinne des Klagepatents gesehen werden, weil diesem keine über das Anzeigen der Über- oder Unterschreitung des Schwellenwerts hinausgehende Bedeutung zukommt.
  78. VI.
    Die Beklagten erheben den kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwand ohne Erfolg. Die Kammer kann nicht feststellen, dass die Klägerin ihre marktbeherrschende Stellung (dazu unter Ziff. 1.) missbräuchlich ausnutzt (dazu unter Ziff. 2.).
  79. 1.
    Die Klägerin hat eine marktbeherrschende Stellung auf dem hier relevanten Markt UMTS-fähiger Mobiltelefone inne, der sich geografisch über das Gebiet des Europäischen Wirtschaftsraums erstreckt.
  80. a)
    „Marktbeherrschung“ meint in dem streitgegenständlichen Kontext die wirtschaftliche Macht, die es einem Unternehmen erlaubt, einen wirksamen Wettbewerb auf dem (zeitlich, räumlich und sachlich relevanten) Markt zu verhindern und sich seinen Wettbewerbern, Abnehmern und den Verbrauchern gegenüber in nennenswertem Umfang unabhängig zu verhalten (EuGH SIg. 78, 207 Rn. 65 f. – United Brands; EuGH Slg. 79, 461 Rn. 38 f. – Hoffmann-La Roche). Die notwendige exakte Abgrenzung des Marktes in sachlicher und räumlicher Hinsicht erfolgt mittels des sog. Bedarfsmarktkonzepts (OLG Düsseldorf, GRUR 2017, 1219, Rn. 127). Es sind diejenigen Wettbewerbskräfte zu eruieren, denen die betreffenden Unternehmen unterliegen (a.a.O.). Ferner werden diejenigen Unternehmen bestimmt, welche tatsächlich in der Lage sind, dem Verhalten der beteiligten Unternehmen Schranken zu setzen und einen Entzug von Wettbewerbsdruck verhindern. Es ist zu klären, welche Produkte bzw. Dienstleistungen aus der Sicht der Nachfrager funktionell gegeneinander austauschbar sind. Demselben sachlichen Markt wird zugeordnet, was aufgrund der jeweiligen Eigenschaften, Preise und Verwendungszwecke aus Sicht der Nachfrager nicht durch andere Produkte bzw. Dienstleistungen substituierbar ist. Zu berücksichtigen ist dabei ein Zusammentreffen mehrerer Faktoren (bspw. Marktanteil, Unternehmensstruktur, Wettbewerbssituation, Verhalten auf dem Markt; grds. jedoch nicht der Preis) (OLG Düsseldorf, a.a.O.). Im Zusammenhang mit den hier geltend gemachten Verbietungsrechten aus einem Patent ist die geschilderte Abgrenzung in Bezug auf den Lizenzvergabemarkt vorzunehmen (OLG Düsseldorf, ebd., Rn. 128; Kühnen, Hdb. d. Patentverletzung, 12. Auflage, 2020, Kap. E., Rn. 228): Anbieter ist der Patentinhaber, dem allein eine Lizenzvergabe an dem jeweiligen Patent möglich ist; Nachfrager ist der an der patentgeschützten Technik interessierte Anwender (OLG Düsseldorf a.a.O.; Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 229). Auf diesem Lizenzvergabemarkt muss der Patentinhaber eine beherrschende Stellung innehaben (Kühnen, a.a.O.). Mit der bloßen Inhaberschaft von Patenten alleine ist noch keine marktbeherrschende Stellung verbunden. Erhält der Patentinhaber allerdings aufgrund hinzutretender Umstände die Möglichkeit, mittels seiner Monopolstellung wirksamen Wettbewerb auf einem nachgelagerten Markt zu verhindern, so vermittelt ihm diese Wettbewerbsposition auf dem Markt für erfindungsgemäße Produkte eine marktbeherrschende Stellung auf dem vorgelagerten Lizenzvergabemarkt (EuGH, GRUR Int 1995, 490 – Magill TVG Guide; EuGH, WuW 2013, 427 – Astra Zeneca; BGH, NJW-RR 2010, 392 ff. – Reisestellenkarte; Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 229 a.E.). Ein solcher nachgeordneter Produktmarkt besteht für aufgrund des Patents lizenzpflichtige Waren/Dienstleistungen. Nicht jedes standardessentielle Patent begründet als solches eine Marktbeherrschung (OLG Düsseldorf, ebd., Rn. 129; Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 229). Eine solche ist jedoch ohne weiteres anzunehmen, wenn sich der Zugang zur Nutzung des fraglichen standardessentiellen Patents als regelrechte Marktzutrittsvoraussetzung darstellt (OLG Düsseldorf, a.a.O.; Kühnen, ebd., Kap. E, Rn. 232), was der Fall ist, wenn auf dem relevanten Markt überhaupt nur Produkte angeboten und nachgefragt werden, die den Standard durch Benutzung des SEP ausführen (OLG Düsseldorf, a.a.O.; Kühnen, a.a.O.). Entsprechendes gilt, wenn auf dem relevanten Markt zwar auch Produkte angeboten werden, die die Produktkonfiguration des SEP nicht aufweisen, jedoch ein wettbewerbsfähiges Angebot ohne Zugang zur Nutzung des streitigen SEP nicht möglich ist (Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 233). Aus dem zuvor Gesagten folgt umgekehrt, dass mangelnde Standardessentialität eines Patents der Annahme einer Marktbeherrschung nicht zwangsläufig entgegensteht. Eine Marktbeherrschung kann sich auch ohne Standardessentialität aus einer technischen oder wirtschaftlichen Überlegenheit der patentierten Erfindung ergeben (OLG Düsseldorf, a.a.O.). Der Beklagte trägt für die Marktbeherrschung nach den allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast (OLG Düsseldorf, ebd., Rn. 130; Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 236). Er ist insoweit gehalten, ganz konkrete Tatsachen vorzutragen, die eine gerichtliche Überprüfung, ob eine beherrschende Stellung auf dem räumlich und sachlich relevanten Markt gegeben ist oder nicht, erlauben (Kühnen, a.a.O.). Für das Bestreiten des Patentinhabers gilt im Anschluss dasselbe Maß an Substantiierung (Kühnen, a.a.O.).
  81. b)
    Bei Berücksichtigung des unter lit. a) dargelegten Maßstabs haben die Beklagten eine marktbeherrschende Stellung der Klägerin dargetan.
  82. aa)
    Das Klagepatent stellt sich als Marktzutrittsvoraussetzung für den hier relevanten nachgelagerten Produktmarkt für UMTS-fähige Mobiltelefone im Gebiet des Europäischen Wirtschaftsraums dar, weil dieses für die Umsetzung des UMTS-Standards essentiell ist (vgl. Ziff. IV., 1.).
  83. Vor dem Hintergrund, dass auch Mobiltelefone des nachfolgenden 4G Standards, insbesondere LTE-fähige Mobiltelefone, entsprechend der Erwartungshaltung des Endkunden mit dem UMTS-Standard ausgestattet sind, ist es ohne das Klagepatent zudem auch nicht möglich, konkurrenzfähige LTE-fähige Mobiltelefone anzubieten. Denn die flächendeckende Nutzung mobiler Sprachtelefonie in Europa kann bisher nicht allein über die von dem LTE-Datennetzwerk zur Verfügung gestellte Voice-over-IP Funktion gewährleistet werden, es bedarf dazu vielmehr auch des UMTS-Netzes. Die so beschriebene Wettbewerbsposition vermittelt der Klägerin auch eine marktbeherrschende Stellung auf dem Lizenzvergabemarkt für die von dem Klagepatent bereitgestellte Technologie. Soweit die Klägerin bereits aus dem Vorliegen einer ETSI-FRAND Erklärung auf Umstände schließt, die einer marktbeherrschenden Stellung entgegenstehen, vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Der Klägerin ist darin zuzustimmen, dass die Erklärung den SEP-Inhaber zur Lizenzierung unter FRAND-Bedingungen verpflichtet – was im Ergebnis auch zu einer Beschränkung seiner Marktmacht führen soll. Jedoch geht mit der Existenz der Erklärung als solcher noch keine Beschränkung der Marktmacht einher, diese ist vielmehr davon abhängig, dass der SEP-Inhaber tatsächlich auch Lizenzen zu FRAND-Bedingungen gewährt, was in Verletzungsverfahren – wie diesem, in denen der kartellrechtliche Zwangslizenzeinwand erhoben wird – gerade zur Überprüfung steht.
  84. bb)
    Die nach Maßgabe der Ausführungen unter lit. aa) bestehende Marktbeherrschung hat die Klägerin auch nicht deshalb verloren, weil mittlerweile über den von D verwalteten „E“ eine alternative Lizenzierungsmöglichkeit besteht. Die Klägerin ist weiterhin Inhaberin des Klagepatents, das ihr eine marktbeherrschende Stellung vermittelt. Eine alternative Lizenzierungsmöglichkeit kann der Annahme einer missbräuchlichen Ausnutzung der marktbeherrschenden Stellung entgegenstehen – dann nämlich, wenn von dem Lizenzpool ein FRAND-gemäßes Angebot ausgeht. Die alternative Lizenzierungsmöglichkeit beseitigt aber nicht die marktbeherrschende Stellung des Patentinhabers als solche.
  85. 2.
    Die Klägerin nutzt ihre nach Maßgabe der Ausführungen unter Ziff. 1. bestehende Marktmacht durch die auf Unterlassen, Vernichtung und Rückruf gerichtete Klageerhebung nicht missbräuchlich im Sinne von Art. 102 AEUV aus. Sie ist den sie nach Maßgabe der EuGH-Rechtsprechung treffenden FRAND-Obliegenheiten (dazu allgemein unter lit. a)) hinreichend nachgekommen (dazu unter lit. b), aa) und lit. b),bb) ), während die grundsätzlich lizenzwilligen Beklagten (dazu unter lit. b), aa)) ein FRAND-gemäßes Gegenangebot nicht unterbreitet haben (dazu unter lit. b), cc)).
  86. a)
    Der EuGH hat dem Inhaber eines standardessentiellen Patents, der sich gegenüber einer Standardisierungsorganisation dazu verpflichtet hat, jedem Dritten eine Lizenz zu fairen, angemessenen und nicht diskriminierenden Bedingungen zu gewähren, in der Rechtssache F Technologies/ C, Az.: C-170/13 mit Urteil vom 16.07.2015 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 15.12.2015 (im Folgenden auch: das EuGH-Urteil oder die EuGH-Rechtsprechung) in Auslegung des Art. 102 AEUV Verpflichtungen auferlegt, die – sofern sie von diesem eingehalten werden – dazu führen, dass eine von diesem erhobene Klage auf Unterlassen oder Rückruf nicht als Missbrauch seiner marktbeherrschenden Stellung anzusehen ist (EuGH, GRUR 2015, 764, Rn. 55). Aus dem in Bezug genommenen EuGH-Urteil ergibt sich ein von Patentinhaber und Patentbenutzer zu befolgendes Regime von Pflichten/ Obliegenheiten, dessen einzelne Verfahrensschritte aufeinander aufbauen, so dass der Patentverletzer nur dann in der ihm obliegenden Art und Weise zu reagieren hat, wenn der Patentinhaber seinerseits zuvor die ihm obliegenden Pflichten erfüllt hat (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.01.2016, Az.: I-15 U 65/15, Rn. 23, zitiert nach juris; Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 364, 377). Dieses Regime sieht vor, dass der Patentinhaber den angeblichen Verletzter „vor Erhebung der Klage“ (bzw. „vor der gerichtlichen Geltendmachung“) unter Angabe des fraglichen SEP sowie der Art und Weise der Verletzung hinzuweisen hat (EuGH, GRUR 2015, 764, Rn. 62, 71). Hat der angebliche Patentverletzer daraufhin seine Lizenzbereitschaft zum Abschluss eines Lizenzvertrags unter FRAND-Bedingungen zum Ausdruck gebracht, hat der Patentinhaber – um sich nicht dem Vorwurf des Missbrauchs seiner marktbeherrschenden Stellung auszusetzen – ein konkretes schriftliches Lizenzangebot zu FRAND-Bedingungen zu unterbreiten (EuGH, ebd., Rn. 71). Aus diesem müssen insbesondere die Lizenzgebühr sowie die Art und Weise ihrer Berechnung hervorgehen (a.a.O.). Dem vermeintlichen Patentverletzer obliegt es sodann, auf dieses Angebot mit Sorgfalt, gemäß den in dem Bereich anerkannten geschäftlichen Gepflogenheiten und nach Treu und Glauben, zu reagieren (EuGH, ebd., Rn. 65, 71). Nimmt der vermeintliche Verletzer das Angebot nicht an, kann er sich auf die rechtsmissbräuchliche Geltendmachung einer Unterlassungs- oder Rückrufklage nur berufen, wenn er dem Inhaber des betreffenden SEP innerhalb einer kurzen Frist schriftlich ein konkretes Gegenangebot macht, das den FRAND-Bedingungen entspricht (EUGH, ebd., Rn. 66). Weiter hat der Patentbenutzer ab dem Zeitpunkt, zu dem sein Gegenangebot abgelehnt wurde, eine angemessene Sicherheit gemäß den in dem betreffenden Bereich anerkannten geschäftlichen Gepflogenheiten zu leisten (EuGH, ebd., Rn. 67). Die vom EuGH für die Geltendmachung des Unterlassungs- und Rückrufanspruchs aufgestellten kartellrechtlichen Einschränkungen gelten auch für den Vernichtungsanspruch (OLG Düsseldorf, ebd., Rn. 16, zitiert nach juris; Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 345). Da eine FRAND-Zusage des Rechtsvorgängers auch den Erwerber eines SEP – vorliegend mithin die Klägerin – bindet (OLG Düsseldorf, GRUR-RS 2019, 6087, Rn.117 – Improving Handovers; LG Mannheim, GRUR-RS 2018, Rn. 62; 31743; Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 308), gilt das von dem EuGH vorgesehene Prozedere zudem auch im Verhältnis des SEP-Erwerbers und des Verletzers.
  87. b)
    Auf die Verletzungsanzeige der Klägerin haben die Beklagten ihre grundsätzliche Lizenzbereitschaft erklärt. Diese ist auch nicht entfallen (dazu insgesamt unter lit. aa)). Das Angebot der Klägerin aus Juli 2017 läuft den FRAND-Grundsätzen nicht zuwider (dazu unter lit. bb)), während die Beklagten ein FRAND-gemäßes Gegenangebot nicht unterbreitet haben (dazu unter lit. cc))
  88. aa)
    Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagten auf die Verletzungsanzeige der Klägerin ihre grundsätzliche Bereitschaft erklärt haben, eine Lizenz zu FRAND-Bedingungen zu nehmen. Es bestehen – wie nachfolgend ausgeführt wird – auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass diese Lizenzbereitschaft der Beklagten mittlerweile entfallen ist. Der Einwand der Klägerin, dass es an der erforderlichen Lizenzbereitschaft der Beklagten mittlerweile fehle, ist insoweit grundsätzlich beachtlich, als es nicht ausreichend sein kann, die Lizenzbereitschaft zu Beginn der Vertragsverhandlungen einmalig zu erklären, wenn das tatsächliche Verhalten des Lizenzsuchers in den sich dann anschließenden Vertragsverhandlungen der erklärten Lizenzbereitschaft entgegensteht. Denn die Bereitschaft zur Lizenznahme muss die Vertragsverhandlungen stetig begleiten (BGH, Urt. v. 05.05.2020, Az.: KZR 36/17, Rn. 83 – FRAND-Einwand, zitiert nach juris; OLG Düsseldorf, GRUR 2017, 1219, Rn. 161 – Mobiles Kommunikationssystem; Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 371), und darin einen Ausdruck finden, dass der Lizenzsucher, auch wenn er nach den Anforderungen des EuGHs zunächst nicht in der Schuld für ein FRAND-gemäßes Angebot ist, an dem Zustandekommen eines Lizenzvertrags konstruktiv mitwirkt (Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. XXX). Dabei ist zu beachten, dass an die Annahme, die Lizenzierungsbereitschaft sei entfallen, hohe Anforderungen zu stellen sind. Sie ist nur dann gerechtfertigt, wenn nach dem gesamten Verhalten der Beklagten, wie es sich nach dem objektiven Empfängerhorizont darstellt, davon auszugehen ist, dass diese sich einer Lizenznahme zu FRAND-Bedingungen ernsthaft und endgültig verschließt (OLG Düsseldorf, ebd., Rn. 164). Eine Verweigerungshaltung in diesem Sinne lässt sich dem Gesamtverhalten der Beklagten nicht entnehmen.
  89. (1)
    Die Anzahl der der Beklagten durch die Klägerin angetragenen Angebote als solche (bis zu dem hier streitgegenständlichen Angebot aus Juli 2017 acht Stück) hat keine Aussagekraft für die Lizenzunwilligkeit der Beklagten. Sie lässt sich vielmehr ebenso dahingehend lesen, dass die Klägerin offensichtlich immer und immer wieder einen Grund gesehen hat, der Beklagten weitere Vertragsangebote anzudienen. Der Prozessvortrag der Klägerin lässt eine inhaltliche Überprüfung der Angebote, aus der etwas anderes geschlossen werden könnte, auch nicht zu. Jedenfalls auf das hier streitgegenständliche Angebot aus Juli 2017 auf der Grundlage des Vortrags der Klägerin haben bis in den März 2018 hinein auch persönliche Besprechungen zur Lizenznahme stattgefunden.
  90. (2)
    Auch die Tatsache, dass die Beklagten im Rahmen der vor dem britischen High Court erhobenen Klage auf Feststellung angemessener Lizenzen die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts in mehreren Instanzen in Frage gestellt haben, deutet nicht auf ihre Lizenzunwilligkeit hin. Die Beklagten ergreifen damit eine ihnen zur Verteidigung zustehende prozessrechtliche Möglichkeit. Insoweit haben die Beklagten die aus ihrer Sicht gegen eine internationale Zuständigkeit sprechenden Gesichtspunkte derart beschrieben, dass für sie nicht ersichtlich sei, inwieweit ein englisches Gericht über weltweit zu zahlende Lizenzgebühren befinden könne. Dies insbesondere auch deshalb, weil Großbritannien für sie, die Beklagten, allenfalls eine untergeordnete Rolle spielen würde. Dass die Beklagten mit diesem Vorbringen die Grenzen des Rechtsmissbrauchs überschreiten, hat die Klägerin nicht dargetan. Soweit die Klägerin den Beklagten vorwirft, diese hätten sich nicht dazu bereit erklärt, einen auf Basis der Feststellungen des High Court of Justice erstellten Lizenzvertrag zu unterzeichnen, kann auch dies den Beklagten nicht zum Nachteil gereichen. Die Akzeptanz gerichtlich festgestellter Lizenzvertragsbedingungen kann nicht mit der Bereitschaft zum Eintritt in Vertragsverhandlungen mit einem Marktteilnehmer gleichgesetzt werden. Während sich die jeweilige Partei im Falle einer gerichtlichen Bestimmung der Lizenzgebühren ihrer eigenen Entscheidungsmöglichkeit begibt, erhält sie sich diese bei Eintritt in Lizenzverhandlungen gerade. Soweit die Klägerin Nachteiliges für die Lizenzwilligkeit daraus herzuleiten sucht, dass die Beklagten im Rahmen des hiesigen Verfahrens ihre Aktivlegitimation in Frage stellen, gelten die Ausführungen zur Rüge der internationalen Zuständigkeit des angerufenen britischen Gerichts entsprechend.
  91. (3)
    Jedenfalls in dem hier zur Entscheidung stehenden Fall kann der Beklagten auch nicht vorgeworfen werden, dass sie sich insoweit zögerlich verhalten hat, als sie einzelne Klauseln aus dem Vertragsentwurf mit der Klägerin im Rahmen der außergerichtlichen Vertragsverhandlungen nicht angegriffen hat, sondern dies erst im Rahmen des hiesigen Klageverfahrens tut. Wartet der Lizenzsucher mit der Kritik an für ihn zentralen Vertragsbestandteilen zu, können Anhaltspunkte für eine unangemessene Verzögerung der Vertragsverhandlungen sprechen, die auch Rückschlüsse auf eine Lizenzunwilligkeit zulassen können. Dass hier ein in dem beschriebenen Sinne zögerliches Verhalten der Beklagten vorliegt, kann nicht angenommen werden.
    Zwar haben die Beklagten ihre Kritik an den nebenvertraglichen Klauseln erstmals im Rahmen des hiesigen Verfahrens vorgebracht. Jedoch haben sie nachvollziehbar dargetan, dass dies dem Umstand geschuldet war, dass man bereits über die Höhe der Lizenzgebühren keine Einigkeit habe erzielen können, man jedoch zunächst diesen zentralen Punkt habe klären wollen. Dieses Argument mag den Lizenzsucher nicht in jedem Fall zu entlasten. Vorliegend ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Streit über die Höhe der Lizenzgebühren insbesondere darin einen Ausdruck findet, dass die Klägerin im Juli 2017 – parallel zur Zusendung des streitgegenständlichen Angebots – eine Klage auf Feststellung angemessener Lizenzen vor dem britischen High Court angestrengt hat, mithin für die Beklagten absehbar war, dass die Auseinandersetzung über die Lizenzhöhe auch für die Klägerin einiges Gewicht hat und vermutlich allein im Rahmen von Verhandlungen keiner Klärung zugeführt werden kann. Dafür spricht auch, dass es im Anschluss an das Angebot aus Juli 2017 in dem Zeitraum September 2017 bis März 2018 persönliche Treffen zwischen der Klägerin und den Beklagten gegeben hat. Da näheres über den Inhalt dieser Treffen nicht vorgetragen ist, leitet die Kammer aus dieser Tatsache ab, dass jedenfalls „Bewegung“ in den Vertragsverhandlungen war, jedoch der insoweit bedeutende Streitpunkt über die Höhe der Lizenzgebühren nicht aufgelöst werden konnte.
  92. bb)
    Das hier maßgebliche (dazu unter Ziff. (1)) Angebot aus Juli 2017 (Anlage B4; deutsche Übersetzung: Anlage B4a) erweist sich im Hinblick auf die eher „formellen“ Anforderungen als hinreichend (dazu unter Ziff. (2)) und entspricht auch den inhaltlichen FRAND-Vorgaben (dazu unter Ziffer (3)).
  93. (1)
    Das vorliegend für die Beurteilung der FRAND-Gemäßheit maßgebliche Angebot ist dasjenige aus Juli 2017 (Anlage B4; deutsche Übersetzung: Anlage B4a). Soweit die Klägerin in dem laufenden englischen Verfahren zur Feststellung einer FRAND-gemäßen Lizenzgebühr im April 2019 ein weiteres, im Hinblick auf die Lizenzgebührenhöhe abweichendes Angebot abgegeben hat, hat sie auf Vorhalt der Beklagten klargestellt, dass sie sich an das hier eingeführte Angebot aus Juli 2017 gebunden sieht.
  94. (2)
    Das Angebot der Klägerin erfüllt die „eher“ formellen Anforderungen der EuGH-Rechtsprechung.
  95. (a)
    Das Vertragsangebot muss nach den von dem EuGH aufgestellten Kriterien schriftlich verfasst sein und muss darüber hinaus insoweit konkret in dem Sinne sein, dass daraus die Lizenzgebühr und die einschlägigen Berechnungsparameter (maßgebliche Bezugsgröße, anzuwendender Lizenzsatz, ggf. Abstaffelung) sowie die Art und Weise der Berechnung hervorgehen (OLG Düsseldorf, GRUR 2017,1219, Rn. 169 – Mobiles Kommunikationssystem; Kühnen, ebd., Kap. E. Rn. 354). Die Punkte, die üblicherweise Regelungsgegenstand von Lizenzverträgen sind, müssen in das Angebot in Form von aussagekräftigen Bestimmungen aufgenommen sein (OLG Düsseldorf, a.a.O.; Kühnen, a.a.O.). Das Angebot hat weiter zu erläutern, aufgrund welcher Umstände die darin vorgeschlagenen Vergütungsparameter FRAND sind (OLG Düsseldorf, a.a.O.). Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass eine mathematisch genaue Herleitung einer FRAND-gemäßen Lizenzgebühr nicht zu erfolgen hat, vielmehr ist eine annäherungsweise Entscheidung, die auf Wertungen und Schätzungen beruht, vorzunehmen (Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 484). Vergleichbare Lizenzverträge können dabei ein gewichtiges Indiz für die Angemessenheit der angebotenen Lizenzbedingungen sein (LG Düsseldorf, a.a.O.; Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 258 a. E.).Mit der Angabe über die Art und Weise der Berechnung der Gebühren ist eine Erläuterung derjenigen Umstände gemeint, die die vertraglich nach Bezugsgröße und Lizenzsatz zu bezeichnenden Vergütungsfaktoren als diskriminierungs- und ausbeutungsfrei ausweisen (Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 358). Dazu gehört auch, dass der Patentinhaber, soweit er bereits Lizenzen vergeben hat, nachvollziehbar macht, dass er den Lizenzsuchenden entweder gleich oder weshalb er ihn in welcher Hinsicht ungleich behandelt (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.11.2016, Az.: I-15 U 66/15, Rn. 22, zitiert nach juris; OLG Karlsruhe, GRUR 2020, 166, Rn. 123 – Datenpaketverarbeitung; LG Düsseldorf, Urt. v. 13.07.2017, Az.: 4a O 154/15, Rn. 311 ff., zitiert nach juris; Teilurt. v. 31.03.2016, Az.: 4a O 73/14, Rn. 199, zitiert nach juris; Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 360).
  96. (b)
    Unter Berücksichtigung des unter lit. (a) Ausgeführten erweist sich das FRAND-Angebot der Klägerin weder deshalb als unter FRAND-Gesichtspunkten unzureichend, weil erforderlicher Vortrag zu Lizenzverträgen mit Dritten (dazu unter lit. (aa)), noch weil Vorbringen zur Angemessenheit der in Ansatz gebrachten Lizenzgebühren fehlt (dazu unter lit. (bb)), noch weil Angaben zu Gerichtsentscheidungen ausgeblieben sind (dazu unter lit. (cc)), noch deshalb weil es den vertraglichen Regelungen im Übrigen an hinreichender Klarheit fehlt (dazu unter lit. (dd)).
  97. (aa)
    Die Klägerin verhält sich im Rahmen ihres Vertragsangebots hinreichend zu zwischen ihr und Dritten bestehenden Lizenzverträgen (dazu unter lit. (aaa)), sowie zu solchen Vertragsbedingungen, die ihre Rechtsvorgängerin mit Dritten vereinbart hat (dazu unter lit. (bbb)).
  98. (aaa)
    Soweit Lizenzverträge zwischen der Klägerin und Dritten betroffen sind, handelt es sich bei diesen nicht um mit den Beklagten vergleichbare Lizenznehmer (dazu unter -Ziff. (i)). Jedenfalls hat aber die Klägerin auch dargetan, dass eine etwaige Ungleichbehandlung zu keiner Beeinträchtigung des Wettbewerbs führt (dazu unter Ziff. (ii)). Die Erläuterungen erfolgen auch nicht verspätet (dazu unter Ziff. (iv)). Eine über die Erklärungen der Klägerin hinausgehende Pflicht zur Vorlage der Lizenzverträge besteht nicht (dazu unter Ziff. (iii)).
  99. (i)
    Den von der Klägerin mit J, K und der L abgeschlossenen Lizenzverträgen fehlt es bereits an einer Vergleichbarkeit mit dem den Beklagten unterbreiteten Angebot. Sortiert der Lizenzgeber Vertragsverhältnisse aus der Menge der Vergleichsverträge aus, so ist das Kriterium, mit welchem er die Nichtvorlage begründet, sorgfältig daraufhin zu überprüfen, ob damit tatsächlich einem Vergleich nicht zugängliche Verträge aus der Referenzmenge herausgenommen werden, oder ob damit der Vergleichsmaßstab unsachgerecht einengt wird und sich der Lizenzgeber auf diese Weise einer grundsätzlich notwendigen Rechtfertigung für eine Ungleichbehandlung entzieht. Von der grundsätzlich bestehenden Vorlagepflicht können deshalb nur solche Verträge ausgenommen werden, bei denen die Unterschiede derart groß sind, dass sich von vornherein keine Argumente für eine Gleichbehandlung finden lassen (so wohl für Kreuzlizenzverträge OLG Düsseldorf, GRUR-RS 2019, 6078, Rn. 135 a. E. und Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 314, Fn. 493). Das trifft auf solche Lizenzverhältnisse zu, deren Inhalt unter keinem Gesichtspunkt mit demjenigen des Vertragsangebots so auf einen Nenner gebracht werden kann, dass ein Vergleich möglich wird. So ist es vorliegend im Hinblick auf die Lizenzvertragsverhältnisse, die die Klägerin mit Dritten abgeschlossen hat. Für den Vertrag der Klägerin mit J, der ein von dem hier streitgegenständlichen Portfolio abweichendes Schutzrechtsbündel von Implementierungspatenten betrifft, ist von einer fehlenden Vergleichbarkeit in diesem Sinne auszugehen. Hiergegen bringen auch die Beklagten nichts vor. Die Klägerin hat als bisherige Lizenznehmer an dem streitgegenständlichen Portfolio K und die L (letztere aus dem Jahre 2016), genannt, und vorgebracht, darin werde der Marktaustritt der näher bezeichneten Lizenznehmer berücksichtigt und lediglich noch ein limitierter Abverkauf geregelt. Insoweit vollzieht die Kammer nach, dass eine Vergleichbarkeit ausgeschlossen ist, weil die Klägerin in dem Bestreben, überhaupt eine Vergütung für die Benutzung ihrer geschützten Technik zu erhalten – im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit K befanden sich einige Geschäftsteile der Gesellschaft bereits in Auflösung –, und zur Vermeidung langwieriger Gerichtsverfahren, eine Lizenzgebühr akzeptiert hat, die den Wert ihres Portfolios nicht repräsentativ widerspiegelt. Die Klägerin hat auch klargestellt, dass ein Wiedereintritt von K und der L von der vertraglichen Vereinbarung nicht umfasst ist.
  100. (ii)
    Jedenfalls soweit die Vorlage der Verträge unter dem Gesichtspunkt der Ungleichbehandlung für erforderlich erachtet wird, kommt es auf die hier erörterte Frage der Vergleichbarkeit im Ergebnis auch nicht an. Denn selbst dann, wenn – bei Annahme der Vergleichbarkeit der Verträge – eine sachwidrige Ungleichbehandlung vorliegen sollte, fehlt es an einer Eignung zur Wettbewerbsbeeinträchtigung.
    Der Patentinhaber kann gegen den Vorwurf eines nicht FRAND-gemäßen Lizenzangebots dartun, dass die Diskriminierung nicht geeignet ist, den Lizenzsucher in seiner Wettbewerbsstellung auf dem Produktmarkt zu beeinträchtigen (EuGH, NZKart 2018, 225, Rn. 27 – MEO; Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 361). Insoweit genügt zunächst die Behauptung von Indizien, die die mangelnde wettbewerbliche Relevanz der Diskriminierung plausibel machen (Kühnen, a.a.O.). Es ist sodann an dem Lizenzsucher – im Rahmen einer ihn treffenden sekundären Darlegungslast – konkrete Umstände aufzuzeigen, die dennoch eine Eignung zur Wettbewerbsverzerrung belegen (Kühnen, a.a.O.). Vorliegend hat die Klägerin aufgezeigt, dass eine etwaige Diskriminierung die Beklagten in ihrer Wettbewerbsstellung auf dem Produktmarkt nicht beeinträchtigt. K und die L stehen den Beklagten auf dem hier relevanten Mobilfunkmarkt nicht mehr als Wettbewerber gegenüber. Soweit lediglich für den indischen Markt noch Geräte mit der Bezeichnung „RR“ vertrieben werden, hat die Klägerin dargelegt, dass diese von einer an der Lizenzvereinbarung unbeteiligten Tochtergesellschaft vertrieben werden. Die Beklagten, die sich als Marktteilnehmer ihrerseits zu dem Wettbewerberumfeld verhalten können, haben hiergegen keinen substantiierten Vortrag mehr vorgebracht.
  101. (iii)
    Die vorherigen Ausführungen berücksichtigend bedarf es der Vorlage der in Rede stehenden Lizenzverträge weder unter dem Aspekt der Angemessenheit (zur Vorlagepflicht insoweit Landgericht Düsseldorf, 4a O 154/15, Urt. v. 13.07.2017, Rn. 312, zitiert nach juris; ebd., 4c O 72/17, Urt. v. 11.07.2018, Rn. 144, zitiert nach BeckRS 2018, 20333) noch, um den Beklagten eine Überprüfung der Diskriminierungsfreiheit zu ermöglichen.
    Hat der Patentinhaber substantiiert begründet, dass Verträge aus der Vergleichsmenge auszunehmen sind bzw. deren Inhalt aus anderen Gründen nicht entscheidungserheblich ist, ist er zur Vorlage der in Rede stehenden Verträge nicht verpflichtet. Die Vorlagepflicht dient dazu, dem Lizenzsucher, der im Hinblick auf den Inhalt entscheidungserheblicher Lizenzverträge typischerweise einem Informationsdefizit unterliegt, eine nähere Prüfung des Vertragsinhalts zu ermöglichen, um auf dieser Grundlage seinen Vorwurf einer sachwidrigen Ungleichbehandlung bzw. ausbeuterischer Vertragsbedingungen zu konkretisieren. Der Patentinhaber ist hingegen nicht zur Vorlage der Verträge verpflichtet, um den Lizenzsucher in die Lage zu versetzen, schlechthin alle Lizenzverträge auf ihren Inhalt zu überprüfen. Eine solche Betrachtungsweise führt im Ergebnis dazu, dass der Patentinhaber sämtliche, auch die für die kartellrechtliche Betrachtung unerheblichen, Lizenzverträge vorzulegen hat, und läuft darauf hinaus, dass der Patentinhaber den Beweis für den von ihm behaupteten Vertragsinhalt erbringen muss. Dies aber läuft der hier angenommenen Verteilung der Darlegungs- und Beweislast zuwider (dazu unter Ziff. (3), (a)). Auch ist nicht ersichtlich, dass eine solch umfassende Vorlagepflicht zur Kontrolle der Angaben des Vertragspartners praxisüblich ist.
  102. (iv)
    Unschädlich ist schließlich auch, dass die Klägerin sich erst im Rahmen des laufenden Prozesses – und nicht bereits mit Abgabe des Angebots im Juli 2017 – zu mit Dritten bestehenden Lizenzverträgen verhalten hat. Das Vorbringen der Klägerin bewegt sich innerhalb der Grenzen des prozessualen Verspätungsrechts (LG Düsseldorf, Urt. v. 11.07.2018, Az.: 4c O 77/17, Rn. 123, zitiert nach BeckRS 2018, 25099; Kühnen, ebd, Kap. E., Rn. 407 ff.). Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagten auf diesen Vortrag nicht mehr rechtzeitig, mithin bis zur mündlichen Verhandlung, reagieren konnten (dazu LG Düsseldorf, Urt. v. 13.07.2017, Az.: 4a O 154/15, Rn. 300, zitiert nach juris; zur grundsätzlichen Nachholbarkeit auch: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.11.2016, Az.: I-15 U 66/15, R. 13, zitiert nach juris; GRUR-RS 2016, 2016, 9322, Rn. 22 ff.; OLG Karlsruhe, NZKArt 2016, 334 (336); a. A. LG Mannheim, GRUR-RS 2018, 31743, Rn. 70).
  103. (bbb)
    Die Klägerin verhält sich im Rahmen des laufenden Prozesses auch zu Lizenzverträgen, die ihre Rechtsvorgängerin mit Dritten abgeschlossen hat, hinreichend. Nach der oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung besteht die Bindung des Patenterwerbers an die FRAND-Zusage seines Rechtsvorgängers nicht nur „dem Grunde nach“, sondern darüber hinaus auch im Hinblick auf die Höhe und den Inhalt der Lizenzverträge (OLG Düsseldorf, GRUR-RS 2019, 6087, Rn.122 – Improving Handovers; ebd., Beschl. v. 17.11.2016, Az.: I-15 U 66/15, Rn. 24). Auch die durch den Rechtsvorgänger abgeschlossenen Lizenzverträge bestimmen vor diesem Hintergrund den für die Beurteilung der Diskriminierungsfreiheit maßgeblichen Vergleichsrahmen (a.a.O.). Daraus folgt, dass sich der Lizenzgeber bei seiner Offerte auch zu diesen Lizenzverträgen verhalten muss (OLG Düsseldorf, ebd., Rn. 125).
    Es kann dahinstehen, ob die Rechtsprechung auf Konstellationen – wie die vorliegende – anwendbar ist. Denn jedenfalls hat sich die Klägerin insoweit zu den von P abgeschlossenen Lizenzen verhalten, als sie ausgeführt hat, diese enthielten Kreuzlizenzelemente – was einer Vergleichbarkeit entgegensteht. Denn bei der Kreuzlizenzierung wird mindestens ein Teil der für die Lizenznahme zu erbringenden Gegenleistung statt durch eine in Geld bestimmte Lizenzvergütung durch die Einräumung einer Benutzungsgestattung für Lizenzrechte des Lizenznehmers erbracht. Da es sich bei der Rechteeinräumung und der Geldleistung um im Kern völlig andersartige Leistungen handelt, die auch zu Vergleichszwecken nicht überein gebracht werden können, taugen Lizenzverträge mit Kreuzvertragselement für Vertragsangebote an Lizenznehmer ohne Rücklizenzwert regelmäßig nicht (so auch OLG Düsseldorf, GRUR-RS 2019, 6087, Rn. 136 – Improving Handovers). Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass die von P abgeschlossenen Lizenzverträge, die allesamt vor dem Jahr 2011 abgeschlossen wurden, noch laufen. Vielmehr hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass die Verträge beendet sind. Diese entfalten mithin keine Auswirkungen mehr auf die Wettbewerbslage der Konkurrenten (OLG Düsseldorf, ebd., Rn. 123).
  104. (bb)
    Die Klägerin hat die Angemessenheit der von ihr unter Ziffer 4.2 des Vertragsentwurfs in Ansatz gebrachten Lizenzgebühren im Zusammenhang mit ihrem Angebot aus Juli 2017 (Anlage B4; deutsche Übersetzung: Anlage B4a) hinreichend dargetan, indem sie aufgezeigt hat, dass und inwiefern sie ihre Berechnungen an diejenigen aus den UP-Urteilen angelehnt hat (zu den Darlegungen der Klägerin im Einzelnen unter Ziff. (3), (c), (aa), (bbb)). Hiervon ist die Frage zu trennen, ob die Begründung, die die Klägerin für die Angemessenheit der Lizenzgebühren anführt, diese im Ergebnis trägt (dazu unter Ziff. (3), lit. (c)).
  105. (cc)
    Die Klägerin ist ihren Erläuterungspflichten auch insoweit nachgekommen, wie sie im Hinblick auf gerichtliche Entscheidungen zur FRAND-Gemäßheit von Lizenzgebühren und zur Werthaltigkeit der Portfoliopatente bestehen. Neben den bereits geschlossenen Lizenzverträgen muss der SEP-Inhaber zum Nachweis der Art und Weise der Berechnung der geforderten Lizenzgebühren grundsätzlich etwaige Gerichtsentscheidungen vorlegen, die sich mit den abgeschlossenen Lizenzverträgen befassen (LG Düsseldorf, Urt. v. 11.07.2018, Az.: 4c O 72/17, Rn. 147, zitiert nach BeckRS 2018, 20333). Denn gerichtliche Entscheidungen oder Hinweise zur Angemessenheit der vorgeschlagenen Lizenzbedingungen sind jedenfalls als neutrale und sachverständige Stellungnahmen zu berücksichtigen (a.a.O.). Zumindest wenn keine oder eine nicht ausreichende Anzahl von Lizenzverträgen abgeschlossen worden ist, muss der SEP-Inhaber auch sonstige Entscheidungen zur Verletzung und zum Rechtsbestand des oder der zu lizenzierenden Schutzrechte vorlegen (a.a.O.). Die Beklagten sind von der Klägerin über den Ausgang parallel gegen andere Parteien geführte Rechtsstreitigkeiten informiert worden. Die Beklagten sind auch – wie das vorgelegte Gutachten des Privatgutachters M erkennen lässt (Anlage B7a, S. 34 ff., Rn. 89 – Rn. 116) – umfangreich in Kenntnis über solche gerichtlichen Verfahren, die Portfoliopatente betreffen. Der Vorlage dieser Entscheidungen durch die Klägerin bedurfte es darüber hinaus nicht. Der Lizenzsucher, der in Kenntnis über im Zusammenhang mit dem Vertragsangebot interessierende Gerichtsentscheidungen ist, verfügt regelmäßig über hinreichende Informationen, um auf dieser Grundlage zu entscheiden, ob er eine inhaltliche Auseinandersetzung mit diesen für geboten hält oder nicht. Strebt er eine solche an, steht er zunächst selbst in der Pflicht, sich diese zu verschaffen. Etwas anderes mag – wofür hier keine Anhaltspunkte bestehen – dann gelten, wenn diese nicht veröffentlicht, oder durch die jeweiligen Gerichte nicht ausgegeben werden.
  106. (dd)
    Der Vertragstext des Angebots enthält auch im Übrigen keine Unklarheiten, die auf die Wirksamkeit des Vertrages durchschlagen.
  107. (aaa)
    Nach Ziffer 2.1 erhält der Lizenznehmer eine Lizenz an „lizenzierten Patenten“ im Hinblick auf Benutzungshandlungen nach Ziffer 2.1.1 – 2.1.3 für „Lizenzprodukte“. „Lizenzierte Patente“ sind nach Ziffer 1.11 solche, die der Lizenzgeber oder eine seiner Tochtergesellschaften besitzt bzw. solche, an denen diese Lizenzen erteilen können, und im Hinblick auf die der Inhaber erklärt oder anderweitig annimmt, dass (näher bezeichnete) Benutzungshandlungen im Hinblick auf einen bestimmten „Standard“ implementierende Geräte oder Verfahren nicht vorgenommen werden können, ohne diese Patente zu verletzen. Es werden sodann die aus dem Anhang B ersichtlichen Patente, die an die Microsoft Corporation abgetreten wurden, ausgenommen. Als „Standard“ wiederum werden in Ziffer 1.17 die im Hinblick auf den 2G-, 3G- und/oder 4G-Telekommunikationsstandard (wie in Ziffer 1.22 – 1.24 definiert) vereinbarten Protokolle einbezogen. Der Vertragsgegenstand ist danach derart beschrieben, dass er jedenfalls bestimmbar ist. Einer Liste, welche die Portfoliopatente als Teil des Vertragswerkes benennt, bedarf es darüber hinaus – für die hinreichende Bestimmtheit – nicht. Eine solche wäre auch ungeeignet, den Vertragsgegenstand festzulegen, weil die Anzahl der relevanten Patente einer Veränderung unterliegt. So können ursprünglich relevante Patente wegen ihrer Schutzdauer ablaufen, mangels Rechtsbeständigkeit aufgehoben oder veräußert werden, und neue Schutzrechte können hinzukommen. Soweit die Beklagten eine solche unter dem Aspekt für erforderlich halten, dass sie ihre Lizenznahme dem Erwerber eines Portfoliopatents entgegenhalten können müssen, so berührt dies die Frage der hinreichenden Bestimmtheit nicht. Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Beklagten im Rahmen der außergerichtlichen Vertragsverhandlungen eine Patentliste erhalten haben. Diese ermöglicht es ihnen, den Bestand des Portfolios zu ermessen, und gibt weiter – auch in rechtlichen Auseinandersetzungen mit Dritten – die Möglichkeit, über die Einsichtnahme in öffentliche Register festzustellen, dass die Klägerin tatsächlich auch Inhaberin dieser Patente ist. Vor diesem Hintergrund laufen auch die Regelung über den Fortbestand der Lizenz des Lizenznehmers im Falle der Veräußerung eines Portfoliopatents oder im Falle einer Zusammenführung des Unternehmens des Lizenzgebers mit einem anderen Unternehmen (Ziffer 7.1), sowie die Zusicherung des Lizenzgebers nach Ziffer 8.1 nicht leer.
  108. (bbb)
    Soweit die Beklagten die Definitionen von „Selling Price“, „Average Selling Price“ und „Net Selling Price“ unter Ziffer 1.12 und Ziffer 1.13 unter dem Aspekt der Verständlichkeit angreifen, steht dies der hinreichenden Klarheit des Vertragstextes jedenfalls nicht insoweit entgegen, dass das Vertragsangebot deshalb unwirksam ist. Dem Vertragstext eines FRAND-Angebots fehlt es nicht schon dann an der erforderlichen Klarheit, wenn eine Vertragsklausel Auslegungsfragen aufwirft. Die Grenze ist vielmehr erst dann überschritten, wenn zentrale Vertragsinhalte dermaßen vage formuliert sind, dass auch bei objektiver Sicht kein eindeutiger Regelungsgehalt mehr feststellbar ist (Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 357). So ist es vorliegend jedoch bei den in Streit stehenden Begriffsbestimmungen nicht. Die Begriffsbestimmungen differenzieren zunächst nach einem „Verkaufspreis“ („Selling Price“, Ziff. 1.12) und einem „Nettoverkaufspreis“ („Net Selling Price“, Ziff. 1.13). Dabei erweist sich insbesondere der Begriff des Nettoverkaufspreises als maßgeblich, weil an diesen die Bemessung der Lizenzgebühren nach Ziffer 4.2 anknüpft. Der Nettoverkaufspreis ist nach der Definition in Ziffer 1.13 dadurch gekennzeichnet, dass bestimmte preisbildende Komponenten (Einfuhr- und Ausfuhrsteuer, Zölle usw.) ausgeklammert, und zu diesem Zweck pauschal 4 % des tatsächlichen Rechnungsbetrags abgezogen werden. Dabei knüpft der Nettoverkaufspreis nicht an den in Ziffer 1.12 definierten Verkaufspreis – dazu sogleich – an, sondern betrachtet als Verkaufspreis denjenigen Preis, zu dem das Lizenzprodukt verkauft worden ist. Die Definition des Verkaufspreises („Selling Price“, Ziffer 1.12) differenziert danach, ob der Verkauf des Lizenzprodukts an einen unabhängigen Käufer (lit (i)) oder einen verbundenen Käufer erfolgt (dann (lit. (ii)), wobei die Begriffe „verbundener Käufer“ und „unabhängiger Käufer“ in Ziffer 1.14 und Ziffer 1.15 des Vertragsentwurfs bestimmt werden. Verbundene Käufer sind danach – wie sich aus einer Gesamtbetrachtung von Ziffer 1.14 und 1.15 ergibt – solche, mit denen der Lizenznehmer oder ein mit ihm verbundenes Unternehmen in einem näher beschriebenen Kontrollverhältnis steht. Innerhalb der Gruppe der „verbundenen Käufer“ wird weiter differenziert. Der Verkaufspreis wird danach in erster Linie (lit. a)) durch den Preis bestimmt, den der jeweilige verbundene Endverkäufer gegenüber einem unabhängigen Käufer in Ansatz bringt. Für die Fälle, dass das Lizenzprodukt entweder zusammen mit anderen Produkten des Lizenznehmers als Produkteinheit verkauft wird und der Produktpreis unterhalb des durchschnittlichen Verkaufspreises liegt, oder der verbundene Käufer das Lizenzprodukt nicht weiterverkauft (insgesamt lit. b)), wird auf den durchschnittlichen Verkaufspreis abgestellt. Eine ähnliche Differenzierung erfolgt in der Gruppe „unabhängiger Käufer“. Danach ist der Verkaufspreis in erster Linie (lit. a)) der für das Lizenzprodukt errechnete Verkaufspreis oder aber (lit. b)) – wenn nicht nur das Lizenzprodukt (sondern mit dem Lizenzprodukt zusammen auch andere Produktarten) verkauft wird und der betreffende Verkaufspreis unter dem durchschnittlichen Verkaufspreis für Lizenzprodukte liegt – der durchschnittliche Verkaufspreis für ein Lizenzprodukt. Die Differenzierungen in den jeweiligen Gruppen stellen mithin sicher, dass grundsätzlich der auf ein Lizenzprodukt entfallende, gegenüber einem unabhängigen Käufer festgelegte Verkaufspreis maßgeblich ist. Dann, wenn es einen solchen nicht gibt, weil das Lizenzprodukt nicht einzeln, sondern zusammen mit anderen Produktarten veräußert worden ist, ist grundsätzlich der sich daraus ergebende Verkaufspreis maßgeblich. Eine Ausnahme soll nur dann gemacht werden, wenn dieser den durchschnittlichen Verkaufspreis für ein Lizenzprodukt unterschreitet. Der durchschnittliche Verkaufspreis wird mithin als Mindestpreis festgelegt.Ziffer 1.12 (i) enthält sodann eine Definition des durchschnittlichen Verkaufspreises. Danach ist für den durchschnittlichen Verkaufspreis der Preis einer gewissen Menge gleichwertiger Lizenzprodukte im laufenden/ abzurechnenden Quartal maßgeblich, solange die Menge nicht zusammen mit anderen Produkten verkauft wurde. Im Folgenden der Definition werden „Lizenznehmer“ mit „seinen verbundenen Unternehmen“ und „gleichwertige Lizenzprodukte“ mit „im Wesentlichen gleichwertigen Lizenzprodukten“ stets gleichgestellt. Falls in dem maßgeblichen Quartal keine erhebliche Menge gleichwertiger Lizenzprodukte separat von anderen Produktarten abgesetzt wurde, bestimmen die Kosten, die dem Lizenznehmer bei der Herstellung/ dem Bezug solcher Lizenzprodukte entstanden sind, zuzüglich 20 % dieser Kosten den durchschnittlichen Verkaufspreis.
    Selbst wenn sich ausgehend von dem soeben dargelegten Verständnis der Begriffsbestimmungen für „net selling price“ und „selling price“ noch Unklarheiten ergeben, ist nicht ersichtlich, inwieweit diese einer Wirksamkeit des Vertrags entgegenstehen bzw. diese sich als kartellrechtlich bedenklich erweisen, etwa weil sie sich auf einen wesentlichen Vertragsbestandteil beziehen. Die Beklagten führen auch hierzu nicht aus. Insoweit ist insbesondere zu berücksichtigen, dass sich die Lizenzgebühr in Ziffer 4.2 – wie ausgeführt – nach dem Nettoverkaufspreis bestimmt, im Hinblick auf welchen jedenfalls eine Unverständlichkeit nicht besteht.
  109. (3)
    Es kann nicht festgestellt werden, dass das streitgegenständliche Angebot aus Juli 2017 den inhaltlichen Anforderungen an die FRAND-Gemäßheit zuwiderläuft.
  110. (a)
    Das Diskriminierungsverbot normiert für das marktbeherrschende Unternehmen eine Verpflichtung zur Gleichbehandlung, indem es Handelspartnern, die sich in gleicher Lage befinden, dieselben Preise und Geschäftsbedingungen einräumen muss (OLG Düsseldorf, GRUR 2017, 1219, Rn. 173 – Mobiles Kommunikationssystem). In das Gleichbehandlungsgebot sind dabei nur Sachverhalte, die auch vergleichbar sind, einzubeziehen, während auch marktbeherrschende Unternehmen auf unterschiedliche Marktbedingungen differenziert reagieren können (a.a.O.). Eine Ungleichbehandlung ist daher zulässig, wenn sie sachlich gerechtfertigt ist (a.a.O.). Der dem Inhaber eines gewerblichen Schutzrechts grundsätzlich zustehende weite Spielraum für eine sachliche Rechtfertigung ist eingeschränkt, wenn neben die marktbeherrschende Stellung weitere Umstände treten, aus denen sich ergibt, dass die Ungleichbehandlung die Freiheit des Wettbewerbs gefährdet (OLG Düsseldorf, ebd., Rn. 174). Diese können insbesondere darin bestehen, dass der Zugang zu einem nachgeordneten Produktmarkt von der Befolgung der patentgemäßen Lehre abhängig ist (BGH, GRUR 2004, 966 (968) – Standard-Spundfass) oder das Produkt erst bei Benutzung des Patents wettbewerbsfähig ist (OLG Düsseldorf, a.a.O.).
    Die Darlegungs- und Beweislast für eine Ungleichbehandlung (BGH, Urt. v. 05.05.2020, Az.: KZR 36/17, Rn. 76 – FRAND-Einwand, zitiert nach juris; OLG Düsseldorf, ebd., Rn. 177, Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 257, 335; kritisch, aber offen gelassen OLG Karlsruhe, GRUR 2020, 166, Rn. 124 – Datenpaketverarbeitung) liegt grundsätzlich bei dem Lizenzsucher. Jedoch ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass dieser regelmäßig keine nähere Kenntnis über die Lizenzierungspraxis des SEP-Inhabers, insbesondere über mit Dritten bestehende Lizenzverträge und deren Regelungsgehalt, besitzt. Dies rechtfertigt es, dem SEP-Inhaber, der naturgemäß in Kenntnis der Vertragsverhältnisse mit anderen Lizenznehmern ist, und dem nähere Angaben hierzu auch zumutbar sind, insoweit eine sekundäre Darlegungslast aufzuerlegen (OLG Düsseldorf, a.a.O.; Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 335). Die Angabe zu den Lizenznehmern hat in diesem Zusammenhang vollständig zu erfolgen, und darf nicht auf einige namhafte Unternehmen der Branche reduziert werden (Kühnen, a.a.O.). Der Vortrag hat auch Angaben dazu zu enthalten, welche – konkret zu benennenden – Unternehmen mit welcher Bedeutung auf dem relevanten Markt zu welchen konkreten Konditionen eine Lizenz genommen haben (OLG Düsseldorf, a.a.O.). Regelmäßig dürfte die Vorlage der Lizenzverträge erforderlich sein (Kühnen, a.a.O.). Relevant sind dabei jedoch nur solche Lizenzverhältnisse, die im Zeitpunkt der rechtlich gebotenen Lizenzofferte (schon und noch) in Kraft stehen (OLG Düsseldorf, GRUR-RS 2019, 6087, Rn. 123 – Improving Handovers; Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 494). Steht eine Ungleichbehandlung fest, so obliegt es dem Patentinhaber, etwaige die unterschiedliche Behandlung rechtfertigende Umstände darzulegen und ggf. zu beweisen (OLG Düsseldorf, a.a.O.; Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 335). Als „faire und angemessene“ Vertragsbedingungen sind solche zu verstehen, die dem Lizenzwilligen nicht unter Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung angeboten werden. Die Vertragsbedingungen müssen zumutbar und dürfen nicht ausbeuterisch sein (OLG Düsseldorf, Beschl. vom 17.11.2016, Az.: I-15 U 66/15, Rn. 15, zitiert nach juris; allgemein zur Gleichsetzung mit dem gesetzlichen Ausbeutungstatbestand nach Art. 102 AEUV auch: Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 329, 337). Ein Angebot des Lizenzgebers kann sich danach insbesondere dann als unfair/ unangemessen (im Sinne einer Ausbeutung nach Art. 102 AEUV) erweisen, wenn eine Lizenzgebühr verlangt wird, die den hypothetischen Preis, der sich bei wirksamem Wettbewerb auf dem beherrschten Markt gebildet hätte, erheblich überschreitet, es sei denn, es gibt eine wirtschaftliche Rechtfertigung für die Preisbildung (LG Düsseldorf, Teilurt. v. 31.03.2016, Az.: 4a O 73/14, Rn. 225, zitiert nach juris; Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 258). Es geht hingegen nicht um eine nach allen Seiten gerechte Vergütung für die Patentbenutzung (Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 486). Der Ausbeutungsvorwurf des Art. 102 AEUV sanktioniert nicht jede Überschreitung der objektiv interessengerechten Vergütung, sondern nur einen deutlichen Abstand, der es dem Lizenzsucher verwehrt, im nachgelagerten Produktmarkt wettbewerbsfähig zu bleiben (Kühnen, a.a.O.). Das Vertragsangebot hat sich des Weiteren auch im Hinblick auf die übrigen Vertragsbedingungen (lizenzpflichtige Schutzrechte, Lizenzgebiet usw.) als angemessen zu erweisen. Auch dabei kann eine beachtliche Zahl inhaltlich gleichlautender bereits abgeschlossener Verträge – sofern diese nicht unter Missbrauch von Marktmacht zustande gekommen sind – ein Indiz für die Angemessenheit der Vertragsbedingungen sein (LG Düsseldorf, Urt. v. 09.11.2018, Az.: 4a O 17/17, Rn. 389, zitiert nach juris). Auch die (primäre) Darlegungslast sowie die Beweislast dafür, dass unter dem Gesichtspunkt „fair und angemessen“ eine Ausbeutung vorliegt, ist bei dem Lizenzsucher zu verorten. Grundsätzlich, das heißt jenseits von Sachverhalten, bei denen ein SEP mit FRAND-Erklärung vorliegt, besteht Einigkeit darüber, dass nach den allgemeinen Grundsätzen derjenige, der sich auf die Unangemessenheit beruft, diese darlegen und ggf. beweisen muss (LG Düsseldorf, Urt. v. 30.11.2006, Az.: 4b O 58/05, Rn. 140 – Videosignal-Codierung I, zitiert nach juris; Kühnen, ebd. Kap. H., Rn. 260). Für Fälle wie den vorliegenden (SEP mit FRAND-Erklärung) ergibt sich aus der Tatsache, dass sich der Patentinhaber dazu verpflichtet hat, ein Angebot abzugeben, dass inhaltlich „FRAND“ ist, nichts anderes. In der Entscheidung Mobiles Kommunikationssystem begründet das OLG Düsseldorf die von ihm angenommene Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Zusammenhang mit dem Tatbestand der Diskriminierung unter Bezugnahme auf Art. 2 Kartellverfahrensordnung (VO [EG] Nr. 1/2003 des Rates v. 16.12.2002 zur Durchführung der in den Art. 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln). Danach obliegt die Beweislast für eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 Abs. 1 oder Art. 82 des EWG-Vertrags (entspricht Art. AEUV Artikel 101, AEUV Artikel 102 AEUV) in allen einzelstaatlichen und gemeinschaftlichen Verfahren der Partei, die diesen Vorwurf erhebt. Da der Patentinhaber mit der Abgabe der FRAND-Erklärung lediglich den gesetzlichen Anforderungen des Art. 102c AEUV (Diskriminierungsfreiheit) nachkomme, dem Lizenzsucher aber keine im Vergleich dazu bessere Position einräumen wolle, ändere sich an der grundsätzlichen Verteilung der Darlegungs- und Beweislast nichts (OLG Düsseldorf, GRUR 2017, 1219, Rn. 177 – Mobiles Kommunikationssystem). In den dortigen Entscheidungsgründen folgen sodann Ausführungen zur sekundären Darlegungslast, wie hier bereits dargestellt. Dieser Begründungsansatz lässt sich auf einen Ausbeutungsmissbrauch im Sinne von Art. 102a AEUV übertragen (für die Übertragbarkeit insoweit als jedenfalls der Patentinhaber mit der FRAND-Erklärung, auch im Hinblick auf die Pflicht „fair & reasonable“ zu lizenzieren, keine über Art. 102 AEUV hinausgehenden Pflichten eingehen wollte: Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 319, 337, allerdings ohne Ausführungen zur Auswirkung auf die Frage der Darlegungs- und Beweislast; anders und mit Bezugnahme auf eine möglicherweise angezeigte Umkehr der primären Darlegungslast und der Beweislast allerdings für die Beurteilung einer Diskriminierung und einer Ausbeutung: OLG Karlsruhe, GRUR 2020, 166, Rn.124 – Datenpaketverarbeitung). Gründe, weshalb im Hinblick auf die Darlegungs- und Beweislast eine Differenzierung zwischen dem Gebot diskriminierungsfrei zu lizenzieren und dem Gebot eines „fairen und angemessenen“ (= ausbeutungsfreien) Angebots vorzunehmen ist, sind nicht ersichtlich. Ein Anknüpfungspunkt für eine differenzierende Betrachtung könnte sich grundsätzlich aus dem Wortlaut „fair and reasonable“ ergeben, der anders als der Wortlaut „nicht diskriminierend“ gerade nicht den Wortlaut des Art. 102 AEUV wiedergibt, so dass nicht nur eine ausbeutungsfreie, sondern darüber hinaus auch eine gerechte Lizenzierung versprochen wird (m. w. Nachw. Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 319). Dieses Wortlautargument erweist sich jedoch vor dem Hintergrund als nicht ausschlaggebend, als dass es keine Entsprechung im objektiven Erklärungsgehalt des Zusagenden findet (ausführlicher Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 320 f.). Ausgehend von dem soeben Ausgeführten verbleibt es auch im Hinblick auf den Ausbeutungstatbestand grundsätzlich bei der Darlegungs- und Beweislast auf Seiten des Lizenzsuchers (LG Düsseldorf, Urt. v. 09.11.2018, Az.: 4a O 16/17, zitiert nach BeckRS 2018, 2019, Rn. 219; ebd., Urt. v. 21.12.2018, Az.: 4c O 3/17, zitiert nach BeckRS 2018, 42127, Rn. 216). Jedoch sprechen auch in diesem Zusammenhang Gründe dafür, dem Patentinhaber eine sekundäre Darlegungslast aufzuerlegen, soweit bei diesem nähere Erkenntnisse über den jeweiligen streitgegenständlichen Sachverhalt zu erwarten sind. Den Prozessgegner der primär darlegungsbelasteten Partei trifft in der Regel eine sekundäre Darlegungslast, wenn die primär darlegungsbelastete Partei keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Umstände und auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachverhaltsaufklärung hat, während dem Prozessgegner nähere Angaben dazu ohne weiteres möglich und zumutbar sind (BGH, GRUR 2012, Rn. 23 – Vorschaubilder II). Das trifft auf Sachverhaltskonstellationen wie die vorliegende, bei denen der kartellrechtliche Zwangslizenzeinwand im Zusammenhang mit einem SEP, für das eine FRAND-Erklärung vorliegt, erhoben wird, zu.
    Die Klägerin ist zur Abgabe eines Angebots verpflichtet, welches inhaltlich FRAND-Bedingungen entspricht. Als „Urheber“ des Angebots kann sie Ausführungen dazu machen, welche wirtschaftlichen und rechtlichen Erwägungen sie zur Aufnahme der jeweiligen Regelungen und insbesondere der Festsetzung der Lizenzgebühren in Art und Höhe bewogen haben, und mit welchen Erwägungen diese im Sinne des Missbrauchstatbestandes des Art. 102 AEUV angemessen sind (Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 519). Der Vortrag muss für den Gegner nachvollziehbar und einlassungsfähig sein (a.a.O.). Auf dieser Grundlage ist es dem Lizenzsucher sodann möglich, seinerseits gegen die Angemessenheit sprechende Gesichtspunkte – gleichermaßen substantiiert – vorzutragen, und diese ggf. zu beweisen. Dabei ist in die Bewertung darüber, wie die Darlegungslast konkret zu verteilen ist, insbesondere einzustellen, wenn der Lizenzsucher aufgrund eigener langjähriger Marktpräsenz, ggf. sogar als Lizenzgeber, einen Überblick über die wettbewerblichen Verhältnisse hat. Das gilt im Zusammenhang mit der Angemessenheitsprüfung mehr noch als bei Diskriminierungssachverhalten. Denn während der Maßstab für eine Ungleichbehandlung sich aus der Lizenzierungspraxis des Lizenzgebers entwickelt, sind die in die Angemessenheitsprüfung einfließenden Erwägungen in höherem Maße objektivierbar und somit für den Lizenzsucher ermittelbar.
  111. (b)
    Eine Lizenzvertragspraxis, an welche der Lizenzgeber im Sinne des Diskriminierungsverbots gebunden ist, besteht nicht, bzw. fehlt es insoweit im Hinblick auf eine etwaige sachwidrige Ungleichbehandlung an einer Eignung zur Wettbewerbsbeeinträchtigung (dazu ausführlicher unter Ziff. (2), (aa)). Die Klägerin trägt weiter unbestritten vor, dass sie die hier streitgegenständlichen Lizenzbedingungen auch anderen potenziellen Lizenznehmern anbiete.
  112. (c)
    Der an den Inhalt des UP-Urteils 1 (dazu unter lit. (aa)) angelehnte Vortrag der Klägerin zur Angemessenheit der von ihr in Ansatz gebrachten Lizenzgebühren ist – gemessen an der unter lit. (a) beschriebenen Verteilung der Darlegungslast – hinreichend, ohne dass die Beklagten dem ihrerseits hinreichend entgegentreten sind (dazu insgesamt unter lit. (bb)).
  113. (aa)
    Der von der Klägerin zur Begründung der Angemessenheit ihrer vorgeschlagenen Lizenzgebühren herangezogene Inhalt der UP-Urteile (dazu unter lit. (aaa)) und die Übertragung der darin verwendeten Methodik (dazu unter lit. (bbb)) stellen sich wie folgt dar:
  114. (aaa)
    Zum Vorgehen des britischen Gerichts in dem UP-Urteil 1:
  115. (i)
    Methodischer Ausgangspunkt für die Ermittlung der Lizenzgebühr durch das britische Gericht ist das Vergleichsmarktkonzept (Rn. 170 f. und Rn. 179 UP-Urteil 1; Randnummern ohne Bezeichnung sind im Folgenden solche des UP-Urteils 1), das grundsätzlich auch die Zustimmung deutscher Gerichte findet (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.11.2016, Az.: I-15 U 65/15, Rn.40, zitiert nach juris). Die Ermittlung der Lizenzgebühren orientiert sich danach – wenn vergleichsfähige Lizenzverträge des Lizenzgebers über das in Streit befangene Portfolio noch nicht bestehen – über andere Schutzrechtsbestände abgeschlossene Verträge, die mit dem in Rede stehenden Portfolio in Qualität und Umfang (OLG Düsseldorf, a.a.O.) sowie in seiner technischen Funktion und Wichtigkeit für das Produkt (Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 492) vergleichbar sind. Die in diesen Verträgen fixierten Bedingungen geben einen Anhaltspunkt dafür, was in der jeweiligen Branche üblich ist, und können einen Rückschluss auch auf die Angemessenheit zulassen (LG Düsseldorf, Urt. v. 09.11.2018, Az.: 4a O 63/17, Rn. 296, zitiert nach juris; Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 491). Dabei ist offensichtlich, dass bereits die Entscheidung darüber, welche Verträge als Referenz dienen können, ein wertendes Element enthält. Weiter ist eine gewisse Zurückhaltung bei Anwendung des Vergleichsmarktkonzepts dann geboten, wenn auch die zum Vergleich herangezogenen Lizenzverträge für den Standard wesentliche Schutzrechte lizenzieren. Denn naturgemäß kann der Lizenzgeber in diesen Fällen in größerem Umfang als der Lizenzsucher auf die Vertragskonditionen Einfluss nehmen, was eine so verhandelte Lizenz als direkten Orientierungsfaktor disqualifizieren kann (Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 493; Kurtz/ Staub, GRUR 2018, 136).
  116. (ii)
    Die Rechenschritte und die Ermittlung der Berechnungsparameter nach dem UP-Urteil 1 stellen sich wie folgt dar:
  117. Ermittlung „Benchmark rate“
    Die von dem britischen Gericht zur Berechnung der für das SS Portfolio FRAND-gemäßen Lizenzgebühr herangezogene Formel lautet (Rn. 180):
  118. E x R = [BR] (UP),
  119. wobei „E“ die Lizenzrate für das Vergleichsportfolio (in dem UP-Verfahren: „TT“) darstellt und sich „R“ als die verhältnismäßige Größe des streitgegenständlichen Portfolios (in dem UP-Verfahren: „H“) in Bezug auf das Portfolio des Referenzlizenzgebers (in dem UP-Verfahren: „TT“) wie folgt darstellt (Rn. 181):
  120. SEP (UP)/SEP (TT) = R.
  121. Die ermittelten „UU“ ([BR]) lassen sich der Tabelle in Randnummer 478 entnehmen.
  122. Ermittlung der Lizenzrate „E“
    Auf der Grundlage von Vergleichslizenzverträgen ermittelt G den Wert „E“ („Benchmarkrate“; deutsche Übersetzung: „Vergleichs-/Maßstabsrate“), der einen Durchschnittswert der in den Vergleichslizenzverträgen gewährten Lizenzen ziffernmäßig erfasst (Rn. 382, Rn. 464 ff.). Das britische Gericht schließt bei der Ermittlung der Vergleichsrate zunächst die zwischen H und Dritten (Lenovo und VV) bestehenden Lizenzvereinbarungen als taugliche Referenzverträge vor dem Hintergrund aus, dass SS lediglich zwei Lizenzverträge abgeschlossen hatte, deren Lizenzraten weit auseinanderlagen (Rn. 179, 383 ff.; die konkreten Lizenzgebühren sind den zitierten Urteilspassagen nicht zu entnehmen). Es befindet stattdessen eine Auswahl der zwischen dem Rechtsvorgänger von H, TT, und Dritten abgeschlossenen Verträge als tauglicher Referenzmaßstab (Rn. 180, Rn. 410 ff., auch hier sind die meisten konkreten Lizenzbedingungen neutralisiert), wobei es aus den insgesamt neun bestehenden Vereinbarungen sechs als Vergleichsgrundlage selektiert (Rn. 461 ff.). Auf welche konkrete Art und Weise die Bestimmung von „E“ sich dann vollzieht, bleibt weitgehend unklar, wobei davon auszugehen ist, dass dies jedenfalls teilweise mit Hilfe des sog. Auspackens („unpacking“) vonstattengeht (Rn. 185, 197, 464 ff., relevante Passagen sind neutralisiert; zu diesem Verständnis auch: Haedicke, GRUR Int. 2017, 661 (666)). Es hat zum Ziel, die Lizenzgebühr für das gesamte Portfolio im Hinblick auf Umstände wie Kreuzlizenzen etc. anzupassen (Rn. 190; auch: Haedicke, a.a.O.) und versucht die technischen Beiträge einer Partei zum Standardisierungsprozess zu berücksichtigen (Rn.185). Die Ergebnisse für „E“ sind den Randnummern 464 ff. zu entnehmen.
  123. Ermittlung von „R“ als verhältnismäßige Größe des „SS“-Portfolios
    G geht bei der Ermittlung von „R“ davon aus, dass sich der Wert von eine bestimmte Technologie betreffende SEPs zweier Patentinhaber im Verhältnis zueinander durch eine Patentzählmethode („patent counting approach“) bestimmen lässt, und grenzte sich damit insbesondere von Ansätzen ab, die versuchen, die technische Bedeutung einzelner Patente für den Standard zu bemessen (Rn. 182 ff.).
    Die Anzahl der für den jeweiligen Standard maßgeblichen Patente von H (SEP (UP)) war zwischen den Parteien im Wesentlichen unstreitig (Rn. 204 ff.), wobei als die maßgeblichen Patente diejenigen definiert wurden, die für die Umsetzung des Standards zwingend sind (Rn.186: „Relevant SEPs“). Der Ermittlung der in diesem Sinne maßgeblichen Patente von TT (SEP (TT)) lagen hingegen aufwändige und komplexe Bewertungen zu Grunde, die insbesondere auch dem Umstand geschuldet waren, dass die Parteien des britischen Verfahrens unterschiedliche Methoden zur Patentzählung anwandten (H nutzte den sog. „Modified Numeric Proportionality Approach“ [MNPA], Rn. 199, 211 und 274 ff.; F die sog. „F Patent Analysis“ [HPA], Rn. 199, 211 und 286 ff.), die zu stark divergierenden Ergebnissen führten (Rn. 214 ff.). In diesem Zusammenhang legt das Gericht offen, dass es die voneinander abweichenden Ergebnisse im Rahmen einer Ermessensbetätigung einander annähert (Rn. 374, 379). Die so ermittelten Ergebnisse für SEP (TT) sind der Tabelle unter Randnummer 379 (in der Spalte „Adjusted TT patents“) zu entnehmen.
    Eine weitere Wertung des Gerichts im Zusammenhang mit der Feststellung eines Wertes für „R“ wird in der sog. Multimodus-Anpassung offenbar. Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass in Geräten oftmals mehrere der Standards (2G-, 3G-, 4G-Standard) zur Umsetzung gelangen (Rn. 220).
  124. Überprüfung des Ergebnisses nach dem Top-Down-Approach
    G überprüft das von ihm errechnete Ergebnis [BR] anhand des sog. „Top-Down-Approach“, bei welchem die angemessene gesamte Lizenzlast für einen bestimmten Mobilfunkstandard – von G mit „T“ bezeichnet (Rn. 178) – bestimmt und sodann auf den einzelnen Anbieter und das einzelne Endgerät heruntergebrochen wird (zu dieser Erklärung auch Haedicke, GRUR Int. 2017, 661 (667)). Die FRAND-Rate [BR] stellt einen Anteil an der Gesamtgebührenbelastung dar, der demjenigen Anteil entspricht, den der Patentinhaber an dem Gesamtpatentbestand des jeweiligen Portfolios hat (Rn. 178). Dabei errechnet G die Gesamtbelastung „T“ anhand der von ihm ermittelten Benchmarkrate für H sowie Hs Anteil „S“ (in Prozent) an dem gesamten Portfolio des jeweiligen Standards (Rn. 478 ff.),
    SEP (UP)/SEP (Gesamtportfolio) = S (UP)
    und
    [BR]/S x 100 = T,
  125. und gleicht den sich so für „T“ ergebenden Wert mit den von den Parteien vorgetragenen Gesamtlizenzbelastungen ab (Rn. 476 ff.).
    Bei der Ermittlung von „S“ stellen sich die bereits im Zusammenhang mit der Bestimmung von „R“ aufgezeigten Probleme, weil auch bei der Gesamtmenge der für den jeweiligen Standard relevanten Patente die unterschiedlichen Patentzählmethoden der Parteien relevant werden (Rn. 209 f.) und zu stark divergierenden Ergebnissen führen (Rn. 204 a. E.). Die Ergebnisse für „S“ auf der Grundlage der von G angenommenen SEPs (gesamt) sind der Tabelle unter Randnummer 378 (insbesondere der Spalte „Adjusted denominator“ für die Gesamtmenge relevanter Patente und der Spalte „S“ für den Wert S) zu entnehmen.
  126. (bbb)
    Die Klägerin überträgt die (unter lit. (aaa)) dargestellten Inhalte des UP-Urteils 1 auf die Ermittlung der Lizenzgebühren für ihr Portfolio wie folgt:
  127. (i)
    Die Klägerin ermittelt zunächst die aus ihrer Sicht tatsächlich standardessentiellen Patentfamilien ihres Portfolios (im Ergebnis: 5 (GSM), 14 (UMTS) und 9 (LTE) Patentfamilien).
    Ausgehend von der in dem UP-Urteil 1 angenommenen Gesamtpatentzahl, derer es zur Umsetzung der jeweiligen Standards bedarf (Rn. 377: 2G: 154; 3G: 479 und 4G: 800) und bei Anwendung der in dem UP-Urteil 1 angewandten Gewichtung der unterschiedlichen Standards (Rn. 220: 2G/3G: 33/67 und 2G/3G/4G: 10:20:70) gelangt die Klägerin zu den folgenden Werten für „S“ im Hinblick auf ihr Portfolio:
  128. Die Klägerin setzt sodann die für ihren Anteil ermittelten Werte in ein Verhältnis mit den für H in dem UP-Urteil 1 für „S“ (für Multimode-Geräte) angenommenen Werte (Rn. 378), und erhält so einen Skalierungsfaktor („Scaling Factor“),
  129. .
  130. Diesen Skalierungsfaktor wendet die Klägerin dann auf die in dem UP-Urteil 1 für H ermittelte Benchmarkrate [BR] (Rn. 478) an,
  131. Die so erhaltenen Werte stellen in dem Vertragsangebot der Klägerin die Lizenzgebühren für sog. „Major Markets“ („Conversant MM Offer Rate“) dar.
  132. (ii)
    Entsprechend dem Vorgehen in dem UP-Urteil 1 wählt die Klägerin als Ausgangspunkt für eine Lizenzgebühr für den chinesischen Markt eine Rate, die 50% unterhalb der für „Major Markets“ angesetzten Rate liegt (Rn. 583). Dabei floss in die Bemessung der für den chinesischen Markt maßgeblichen Gebühr durch das britische Gericht weiter ein, dass das Portfolio von H in China im Vergleich zu anderen Staaten, die für die Bemessung der Gebühr für „Major Markets“ eine Rolle spielten, deutlich geringer war (Rn. 584 ff.). Ausgehend von diesen Erwägungen reduzierte die Klägerin – entsprechend dem für ihr Portfolio angenommenen Bestand an relevanten Patentfamilien in China – die für China geltenden Lizenzgebühren wie folgt:
  133. Ebenfalls in Entsprechung zu dem Vorgehen des britischen Gerichts (Rn. 589) legt die Klägerin die für China ermittelten Raten auch als Lizenzgebühr für die anderen Märkte, bei denen es sich nicht um „Major Markets“ handelt (= „Other Markets“), zugrunde.
  134. (iii)
    Nach alledem ist im Ergebnis festzuhalten, dass die Klägerin nicht schlicht die von einem Gericht festgesetzten Gebühren ansetzt. Vielmehr übernimmt sie die zur Ermittlung einer Lizenzgebühr von einem Gericht angewandte Methodik (Vergleichsmarktkonzept und Rechenformel) und – mehr noch – die Tatsachengrundlage (Berechnungsparameter), die zur Berechnung der Lizenzgebühren herangezogen worden ist. Als solche Berechnungsparameter stellen sich insbesondere die anhand der Vergleichslizenzverträge („TT“) ermittelte Vergleichslizenzrate „E“ dar, die Gesamtanzahl der für die Umsetzung der 2G-, 3G- bzw. 4G-Standards wesentlichen Patente sowie die Gewichtung der Technologien bei sog. „Multimode“-Geräten und die Größe der Portfolios von H und von TT dar. Schließlich hat die Klägerin darüber hinaus auch von dem britischen Verfahren losgelöste Tatsachen eingebracht, nämlich die Anzahl ihrer (nach ihrer Auffassung) standardwesentlichen Patentfamilien.
  135. (bb)
    Aus der Tatsache, dass die Klägerin sich bei der Festsetzung ihrer Gebühren an dem britischen Urteil orientiert, erwächst keine Indizwirkung für deren Angemessenheit (dazu unter lit. (aaa)). Dessen ungeachtet, sind ihre Ausführungen für die Bestimmung der Angemessenheit der Lizenzgebührenhöhe beachtlich (dazu unter lit. (bbb)), und – in Ermangelung substantiierten Gegenvortrags – vorliegend auch hinreichend (dazu unter lit. (ccc)).
  136. (aaa)
    Die Anwendung der Berechnungsmethode und -parameter nach dem UP-Urteil 1 für die Ermittlung von Lizenzgebühren ist – anders als die Klägerin meint – nicht mit einer Indizwirkung für die FRAND-Gemäßheit dieser Gebühren verbunden, wie sie etwa vertraglich ausgehandelten bzw. branchenüblichen Regelungen zukommt. Gerichtlich festgesetzte Lizenzgebühren können grundsätzlich nicht als Ausdruck des freien Kräftespiels des Wettbewerbs gewertet werden. Auch wenn die Überlegungen des jeweiligen Gerichts davon geleitet sind, was vernünftige, auf dem Markt tätige Unternehmen vereinbart hätten, können die von ihm ermittelten Lizenzgebühren nicht mit den sich auf einem Markt mit funktionierendem Wettbewerb ergebenden Lizenzbedingungen gleichgesetzt werden. In der kartellrechtlichen Rechtsprechung ist deshalb auch anerkannt, dass Lizenzkonditionen, zu denen sich der Lizenzgeber aufgrund Gesetzes oder eines Urteils verpflichtet gesehen hat, diesen nicht im Hinblick auf eine für die Ungleichbehandlung maßgebliche Lizenzierungspraxis binden (BGH, GRUR 2004, 351 (352) – Depotkosmetik im Internet; OLG Düsseldorf, NZKart 2014, 35 (36) – Frankiermaschine; OLG Düsseldorf, GRUR-RS 2019, 6087, Rn. 245 – Improving Handovers). Auch für den vorliegenden Fall ergibt sich aus den UP-Urteilen im Hinblick auf eine Indizwirkung nichts anderes. So geht die Methodik des britischen Gerichts (in Person des Richters G) zwar auf die Annahme einer bestehenden vergleichsfähigen Vertragspraxis zurück (unter lit. (aa), (aaa)), die von diesem Ausgangspunkt aus ermittelten Ergebnisse sind aber – wie aufgezeigt – von Wertungsgesichtspunkten durchzogen. Soweit die Klägerin vorträgt, „das Gericht habe in dem Verfahren dazu aufgefordert, einen Lizenzvertrag gemeinsam zu entwerfen“, „in der Formulierung habe bereits große Übereinstimmung“ bestanden, und man könne im Zusammenhang mit dem britischen Verfahren „eher von Verhandlungen sprechen, bei denen der High Court zwei gegenseitige Positionen auf einen gemeinsamen Nenner gebracht habe, als von einer einseitigen abstrakten Festsetzung“, rechtfertigt auch dies die Annahme einer Indizwirkung nicht. Denn weder den in den UP-Urteilen schriftlich niedergelegten Entscheidungsgründen, noch dem Tatsachenvortrag der Klägerin im Übrigen kann entnommen werden, dass sich die Parteien des britischen Verfahrens auf Klauseln des dem UP-Urteil 2 beigefügten Mustervertrags (vgl. auch Rn. 2 UP-Urteil 2, dort als „Settled Licence“ bezeichnet und Rn. 806, Pkt. (20) UP-Urteil 1) vergleichbar freier Lizenzverhandlungen geeinigt haben.
    Jedenfalls bei den in dem Mustervertrag aufgeführten Lizenzgebühren handelt es sich zudem um solche, die das Gericht ermittelt hat (Rn. 2 UP Urteil 2).
    Unbeschadet dessen könnte auch eine etwaige Einigkeit der Prozessparteien im Hinblick auf einzelne Klauseln des Mustervertrags – selbst dann, wenn sie anzunehmen sein sollte – nicht völlig losgelöst davon betrachtet werden, dass diese vor dem Hintergrund eines laufenden Prozesses erzielt wurde.
  137. Es ist schließlich auch weder vorgetragen noch erkennbar, dass – was für die Branchenüblichkeit der angewandten Methode sprechen würde – andere Lizenzvertragsparteien im Nachgang der UP-Urteile auf eben den darin offenbarten Berechnungsweg zurückgegriffen, und dabei insbesondere auch die vom Gericht ermittelten Berechnungsparameter zugrunde gelegt haben. Insoweit ist auch beachtlich, dass die Klägerin selbst noch in dem Schreiben vom 25.07.2017 (Anlage EIP 1 in dem beigezogenen Verfahren XXX; deutsche Übersetzung: dort Anlage EIP 1a), welches dem hier streitgegenständlichen Angebot beigefügt war, ausführt:
    „Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass unsere Mandantin diese Verfahrensweise [gemeint ist diejenige zur Bestimmung der FRAND-Gebühr aus dem UP-Urteil 1] im Hinblick auf die Bestimmung des Lizenzsatzes für China nicht als notwendigerweise korrekt erachtet und sich, wie in der Klageschrift zu FRAND dargestellt, ihren eigenen Standpunkt hierzu vorbehält.“ (Anlage EIP 1a aus dem beigezogenen Verfahren XXX, 1. Seite, letzter Abs.)
  138. (bbb)
    Auch wenn eine Indizwirkung für die Angemessenheit gerichtlich festgesetzter Lizenzgebühren nicht angenommen werden kann, stellen diese dennoch einen bei der Frage der Angemessenheit der von dem SEP-Inhaber vorgeschlagenen Lizenzgebühren zu beachtenden Aspekt dar. Dieser ist in ein ausgewogenes Verhältnis zu den prozessrechtlichen Anforderungen an die Vortragslast der Parteien zu bringen.
  139. (i)
    Es ist anerkannt, dass gerichtlich festgesetzte Lizenzgebühren einen tauglichen Anhaltspunkt für eine FRAND-Lizenz bieten, wenn bei ihrem Zustandekommen in angemessener Weise der gesamte für die Einhaltung des Ausbeutungs- und Diskriminierungsverbots relevante Streitstoff berücksichtigt worden ist (Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 342, wobei sich die dortigen Ausführungen wohl vor allem auf gerichtlich herbeigeführte Konditionen beziehen, die bereits das streitgegenständliche Portfolio des klagenden Lizenzgebers betreffen).
    Des Weiteren sind Entscheidungen anderer europäischer Jurisdiktionen auch stets als sachverständige Stellungnahmen relevant (BGH, GRUR 2010, 950, Rn. 12 ff. – Walzenformgebungsmaschine, hier außerhalb eines FRAND-Sachverhalts im Zusammenhang mit der Entscheidung des EPA zur Frage des erfinderischen Schritts). Die hier bereits in Bezug genommene Rechtsprechung, wonach den FRAND-Lizenzgeber in gewissem Umfang eine Mitteilungspflicht über gerichtliche Entscheidungen obliegt (dazu unter Ziff. (2), (b), (cc)), findet ihre Rechtfertigung gerade in dieser Grundannahme. Auch die Beklagten des hiesigen Verfahrens berufen sich im Übrigen auf diese Rechtsprechung, woraus die Kammer nur den Schluss ziehen kann, dass sie eine grundsätzliche Bedeutung von Gerichtsentscheidungen über die beteiligten Parteien hinaus jedenfalls für FRAND-Sachverhalte nicht in Frage stellen.
    Zudem kann der Rückgriff auf bereits getroffene gerichtliche Entscheidungen, auch dann wenn sie „lediglich“ zu einem vergleichbaren Portfolio des streitgegenständlichen Standards ergangen sind, einen im Interesse der Justitiabilität (zur Berücksichtigungsfähigkeit dieses Kriteriums vgl. auch Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 459) brauchbaren Ansatz bieten. Denn die im Hinblick auf die Angemessenheit von Lizenzgebühren auftretenden Fragestellungen können in vielerlei Hinsicht Überschneidungen ergeben, in deren Zusammenhang zudem aufwendiger Tatsachenvortrag ggf. sogar das Einholen ökonomischen und/ oder technischen Sachverstands erforderlich werden kann (z. B. Gesamtanzahl der für den Standard tatsächlich essentiellen Patente, eine sich für den jeweiligen Standard ergebende Gesamtgebührenbelastung usw.). Darüber hinaus ist ein Interesse des Lizenzgebers an einer durch eine gerichtliche Entscheidung rechtlich „abgesicherten“ (FRAND-) Lizenzhöhe grundsätzlich anerkennenswert. Insoweit ist im Hinblick auf die Klägerin des hiesigen Verfahrens insbesondere zu beachten, dass sie eine Bestimmung FRAND-gemäßer Lizenzgebühren vor einem britischen Gericht anstrebt, mithin ein gesteigertes Bedürfnis hat, ihre Lizenzhöhe an der UK-Rechtsprechung auszurichten.
  140. (ii)
    Trotz der grundsätzlichen Berücksichtigungsfähigkeit gerichtlicher Entscheidungen, wie unter Ziff. (i) beschrieben, ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass – im Interesse materieller Gerechtigkeit (auch zu diesem Kriterium vgl. Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 459) – die von dem Lizenzgeber übernommenen Kriterien auf wirtschaftliche, auf den streitgegenständlichen Sachverhalt passende Faktoren (Tatsachen) rückführbar sein müssen, denn diese beschreiben den Wert des Portfolios, für das Lizenzgebühren zu entrichten sind. Eben diese müssen deshalb auch Gegenstand der Vertragsverhandlungen bzw. etwaiger rechtlicher Auseinandersetzungen sein. Diese Anforderung besteht weiter auch deshalb, weil das Gericht die für die Bestimmung der FRAND-Gemäßheit einer festgesetzten Lizenzgebühr erforderlichen Schätzungen und Wertungen (für eine Schätzung auf Grundlage von § 287 Abs. 2 ZPO: OLG Düsseldorf, GRUR-RS 2016, 21067, Rn. 16; mit Verweis auf § 315 BGB (allerdings im Ergebnis offengelassen): OLG Karlsruhe, GRUR-RS 2016, 10660, Rn. 28; ohne gesetzliche Anbindung: OLG Karlsruhe, GRUR-RS 2016, 17467, Rn. 34 und Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 484; mit Verweis auf Rechtsgedanken des § 315 BGB jedenfalls bei vorlagenfreier Ermittlung der FRAND-Gebühr: Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 518) selbst vornehmen können muss (so auch OLG Düsseldorf, GRUR-RS 2019, 6087, Rn. 245 a. E. – Improving Handovers).
  141. (ccc)
    Ausgehend von dem unter lit. (bbb) entwickelten Maßstab bietet das Klägervorbringen hinreichende Anhaltspunkte für die Angemessenheit der vorgeschlagenen Lizenzgebühren. Weitergehenden Vortrags bedurfte es nicht, nachdem die Beklagten dem Vorbringen der Klägerin in wesentlichen Aspekten nicht in erforderlichem Maße entgegengetreten sind.
  142. (i)
    Da der Patentinhaber zunächst in der Pflicht steht, ein Angebot zu FRAND-Bedingungen zu unterbreiten, obliegt es zunächst auch ihm, den Wert seines Portfolios zu bestimmen (vgl. zu möglichen Kriterien in diesem Zusammenhang beispielhaft Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 519). Darin liegt der Ansatzpunkt, um dem Patentinhaber auch für den Vorwurf des Ausbeutungsmissbrauchs eine sekundäre Darlegungslast (in gewissem Umfang) aufzuerlegen (dazu unter lit. (a)). Jedenfalls dann, wenn dem Lizenzgeber in diesem Zusammenhang eine Orientierung an von ihm bereits abgeschlossenen Lizenzverträgen nicht möglich ist, und auch im Übrigen keine von anderen Lizenzgebern ggf. auch über andere Portfolien abgeschlossene Lizenzverträge, die für einen Vergleich geeignet erscheinen, zur Verfügung stehen, ist dem Lizenzgeber der Rückgriff auf andere Bezugspunkte für die Bemessung der Lizenzgebührenhöhe zuzugestehen. Die sekundäre Darlegungslast verlangt dann lediglich von ihm, eben diese Bezugspunkte offenzulegen. Hat der klagende Patentinhaber dies getan, ist er seiner sekundären Darlegungslast nachgekommen. Meint der beklagte Lizenznehmer, die sich daraus ergebenden Lizenzgebühren seien unangemessen, so hat er dies seinerseits darzulegen. Es ist hingegen nicht ersichtlich, dass auf Seiten des Lizenzgebers nach umfassender Offenlegung seines Vorgehens noch ein Wissensvorsprung besteht, der es rechtfertigt, diesem eine weitergehende sekundäre Darlegungslast aufzuerlegen. Das gilt umso mehr, als der angemessene Preis für eine Lizenz regelmäßig nicht objektiv feststeht, sondern nur als Ergebnis ausgehandelter Marktprozesse erfassbar ist (BGH, Urt. v. 05.05.2020, Az.: KZR 36/17, Rn. 81 – FRAND-Einwand, zitiert nach juris). Diese Erwägungen treffen vorliegend auf die Klägerin zu. Es wurde bereits dazu ausgeführt, dass sich die von der Klägerin abgeschlossenen Lizenzverträge mit J, K und der L für einen Vergleich nicht eignen (dazu unter Ziff. (2), (b), (aa), (aaa), (i)). Gleiches gilt im Hinblick auf die Verträge, die die Rechtsvorgängerin der Klägerin, P, mit anderen Lizenznehmern zu einem früheren Zeitpunkt und über ein größeres Portfolio, dessen Bestandteil die Patente des hier streitgegenständlichen Portfolios waren, abgeschlossen hat (dazu unter Ziff. (2), (b), (aa), (bbb)). Aus der in diesem Zusammenhang zitierten oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung (OLG Düsseldorf, GRUR-RS 2019, 6087 – Improving Handovers) kann auch nicht hergeleitet werden, dass der Lizenzgeber, der das Portfolio von seinem Rechtsvorgänger erworben hat, auch insoweit an die Lizenzierungspraxis seines Rechtsvorgängers gebunden ist, als er – jenseits eines für die Diskriminierung relevanten Sachverhalts – dessen Erwägungen zur Angemessenheit der Lizenzgebühr übernehmen muss. Die in Bezug genommene Rechtsprechung verhält sich vielmehr dazu, dass die Lizenzverträge des Rechtsvorgängers den Lizenzierungsrahmen abstecken, an welchem die Diskriminierung zu überprüfen ist (OLG Düsseldorf, ebd., Rn. 122). Die Klägerin kann schließlich auch nicht darauf verwiesen werden, sie habe – außerhalb des von ihr in Bezug genommenen Urteils liegende – wirtschaftliche Erwägungen zu Bemessung ihres Portfolios selbst vornehmen und diese offenlegen können. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass zwischen den Parteien unstreitig ist, dass die früheren Angebote der Klägerin, die auf Grundlage ihrer eigenen wirtschaftlichen Überlegungen zu ihrem Portfolio ergangen sind, allesamt oberhalb dessen lagen, was sich bei Orientierung an dem englischen Urteil von G ergibt. Die Klägerin betrachtet mithin das von ihr vorgelegte Angebot als Untergrenze dessen, was aus ihrer Sicht FRAND-gemäß ist. Die Beklagten, bei denen es sich um gewichtige Marktteilnehmer handelt, haben auch keinen Vergleichsmaßstab aufgezeigt, der ihrer Meinung nach für die Ermittlung der Lizenzgebühren für das Portfolio der Klägerin geeignet wäre. Ein solcher lässt sich insbesondere auch dem – im Rahmen ihres Gegenangebots (auszugsweise) vorgelegten – Privatgutachten des Herrn M nicht entnehmen, der zur Berechnung der Lizenzgebühren allein auf einen „Top-Down-Approach“ zurückgreift (vgl. Anlage B7a, S. 53, Rn. 164). Zwar klingt in dem Gutachten an, dass M auch Vergleichslizenzen betrachtet hat (Anlage B7a, S. 53, Rn. 164). Einerseits wird jedoch nicht offengelegt, um welche Vereinbarungen es sich dabei handelt (Die Seiten, auf denen sich die Ausführungen zu Gliederungspunkt „VI.“, der nach dem Inhaltsverzeichnis des Gutachtens eine „Übersicht über verfügbare Lizenzen von SEP FRAND“ gibt, befinden, sind dem Gutachten nicht beigefügt. Auch die insoweit maßgeblichen Ausführungen auf S. 87, Rn. 264 des Gutachtens sind geschwärzt), und andererseits misst M selbst diesen eine lediglich untergeordnete Bedeutung bei (Anlage B7a, S. 53, Rn. 164). Soweit die Beklagten in der mündlichen Verhandlung weiter pauschal behauptet haben, aus dem Gutachten M ergebe sich im Übrigen die Unangemessenheit des Angebots der Klägerin, ist die Kammer nicht gehalten, insoweit weitergehenden, möglicherweise erheblichen Vortrag aus dem über 70seitigen Gutachten selbst herauszusuchen (BGH, NJW 2008, 69, Rn. 25). Auch aus dem pauschalen Verweis der Beklagten auf das Urteil des US District Court for the Central District of California in der Sache TCL v. TT (Case 8:14-cv-00341-JVS-DFM) ergibt sich ein tauglicher Vergleichsmaßstab nicht. Vielmehr greift auch das amerikanische Gericht, welches an Art. 102 AEUV nicht gebunden ist, auch nach dem Vortrag der Beklagten allein auf einen „Top-Down-Approach“ zurück (vgl. auch Gutachten M, Anlage B7a, S. 18, Rn. 53).
  143. (ii)
    Das UP-Urteil 1 bietet hinreichende Anknüpfungspunkte, die die daran orientierte Bemessung der Lizenzgebühren in dem hier vorliegenden Fall angemessen erscheinen lassen. Die Kammer verkennt in diesem Zusammenhang nicht, dass die Bezugnahme der Klägerin auf das UP-Urteil 1 eine Übernahme gerichtlicher Wertungen mit sich bringt, die nicht in jeder Hinsicht auf eine wirtschaftliche Tatsachengrundlage in dem unter lit. (bbb), (ii) beschriebenen Sinne rückführbar sind. Dies betrifft insbesondere die unter lit. (aa), (bbb), (iii)) zusammengefassten Berechnungsparameter (TT-Lizenzverträge als Vergleichsmaßstab, die Ermittlung der Lizenzrate „E“ aus diesen Lizenzverträgen, die Anzahl der SEPs von SS und TT sowie die Gesamtanzahl aller für die Umsetzung eines Standards erforderlichen Patente). Es greift jedoch aus Sicht der Kammer zu kurz, den Vortrag der Klägerin allein deshalb als unzureichend oder gar unangemessen (im Sinne einer Ausbeutung) zurückzuweisen. Denn dies würde unberücksichtigt lassen, dass sich ein europäisches Gericht, welches an Art. 102 AEUV ebenso gebunden ist wie die erkennende Kammer, bereits mit erheblichem Aufwand der Ermittlung einer Lizenzgebühr zugewendet hat, und das Urteil die dabei tragenden wirtschaftlichen Erwägungen jedenfalls in hinreichendem Umfang auch erkennen lässt. Auf dieser Grundlage ist das britische Gericht zu einer seiner Auffassung nach für die Berechnung FRAND-gemäßer Lizenzgebühren geeigneten Methode gelangt. Von Lizenzgebühren, die nach dieser Methode ermittelt worden sind, kann nicht ohne weiteres – mithin ohne entsprechende, von den Beklagten vorzubringende Argumente, die die so ermittelten Gebühren als unangemessen erscheinen lassen, – angenommen werden, dass diese – mögen sie auch eine gewisse Höhe haben – ausbeuterisch sind. Das gilt umso mehr als das Vorgehen des britischen Gerichts letztlich auf einen Wertmaßstab zurückgeht, der an die tatsächlichen Marktverhältnisse angebunden ist. Die sich daraus für den vorliegenden Fall ergebende Verteilung prozessrechtlicher Vortragslasten läuft zur Überzeugung der Kammer auch gleich mit dem Verhalten, welches von vernünftigen, lizenzwilligen Vertragsparteien zu erwarten ist. Die Beklagten stellen dies im Ausgangspunkt auch nicht in Abrede, wenn es in dem von ihnen vorgelegten Privatgutachten des Herrn M vom 25.02.2020 (Anlage B7; deutsche Übersetzung: Anlage B7a) heißt:
    „Sie [gemeint sind bereits zur Frage der FRAND-Gemäßheit ergangene Gerichtsurteile] sind auch eine Informationsquelle, die von den Parteien einer hypothetischen Lizenzverhandlung in Betracht gezogen werden.“ (Anlage B7a, S. 15, Rn. 45),
  144. und darin weiter anerkannt wird, dass eine Ermittlung sämtlicher für die Bestimmung einer FRAND-Lizenzgebühr erforderlicher Tatsachen durch die Vertragsparteien selbst nicht vorgenommen werden kann (Anlage B7a, bspw. S. 25, Rn. 79; S. 31, lit. (k) und S. 32, Rn. 86). Die Beklagten ziehen aus dieser Erkenntnis lediglich andere Schlüsse im Hinblick darauf, welche Informationen dieser Art in welcher Weise von vernünftigen Vertragsparteien berücksichtigt werden würden.
  145. (α)
    Der Berücksichtigung des UP-Urteils bei der Gebührenfestsetzung liegt die Annahme der Klägerin zugrunde, dass das H Portfolio ein tauglicher Vergleichsmaßstab für die Bemessung der Lizenzgebühren ist – was grundsätzlich voraussetzt, dass die Portfolien in Umfang und Qualität miteinander vergleichbar sind (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.11.2016, Az.: I-15 I 66/15, Rn. 40, zitiert nach juris; Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 492). Dies begegnet im Ausgangspunkt keinen Bedenken. Sowohl der Schutzrechtsbestand von H als auch der des hier streitgegenständlichen Wireless Handset Portfolios betreffen die 2G-, 3G- und 4G-Technologie. Weiter trägt die Klägerin vor, dass die Schutzrechtsbestände in ihrer Größe vergleichbar seien. Gegen diesen Vortrag wenden sich die Beklagten nicht substanziell. Dagegen steht auch nicht der von der Klägerin ermittelte Skalierungsfaktor, der zwar anzeigt, dass die Portfolien im Hinblick auf die (von der Klägerin für ihr Portfolio angenommenen) tatsächlich standardessentiellen Patente nicht identisch sind, was aber eine Vergleichbarkeit nicht ausschließt. Ausreichend ist auch eine – wie hier – im Wesentlichen bestehende Vergleichbarkeit. Zur Frage der Qualität des klägerischen Portfolios wird nachfolgend unter Ziffer (iii) näher ausgeführt. Im Hinblick auf die Anzahl der tatsächlich standardessentiellen Patente von H, die sich bei dem Vorgehen der Klägerin in der Berechnung des Skalierungsfaktors niederschlägt, nehmen die Beklagten die in dem UP-Urteil 1 für H angenommene Anzahl hin, weil sie akzeptieren, dass diese dort nahezu unstreitig war (Rn. 186 a. E. und Rn. 204). Soweit der Vortrag der Klägerin im Hinblick auf den Vergleichsmaßstab eine weitergehende Dimension hat, nämlich die Ermittlung der Lizenzrate „E“ anhand der TT-Vergleichslizenzverträge, lässt sich der Urteilsbegründung entnehmen, dass in die Bemessung der Vergleichslizenzrate „E“ jedenfalls Lizenzverträge eingeflossen sind, die TT mit dem Konzern der Beklagten abgeschlossen hat (Rn. 462), woraus ableitbar ist, dass die Beklagten als Vertragspartner von TT selbst jedenfalls insoweit in Kenntnis über den Vertragsinhalt der von G als Vergleich herangezogenen Verträge sind, weshalb sie sich jedenfalls insoweit zu deren Inhalt und der Frage, ob aus dem herangezogenen Vergleichsmaßstab eine ausbeuterische Unangemessenheit erwächst (etwa, weil diese Kreuzvertragslizenzelemente enthalten), sogar in größerem Umfang als die Klägerin äußern können. Die konkreten, zum Vergleich herangezogenen TT-Verträge (soweit nach dem UP-Urteil 1, Rn. 462 erkennbar: F, VV, WW und XX) entkräften zudem den Einwand, dass bei dem Durchschnittswert „E“ niedrigere Lizenzgebühren, die sich aus Lizenzverträgen zwischen TT und kleineren Unternehmen ergeben, unberücksichtigt geblieben seien. Denn die Unternehmensgröße, die für die Beklagten relevant ist, hat jedenfalls Berücksichtigung gefunden. Des Weiteren lässt sich der Urteilsbegründung entnehmen, dass beispielsweise ein Vergleichsvertrag mit „YY“ als einem gewichtigen Marktteilnehmer aus der Menge der Vergleichsverträge ausgenommen worden ist (Rn. 456 und Rn. 462). Es ist beklagtenseits auch nicht dargetan, dass sie im Vergleich zu den übrigen Lizenznehmern von TT eine so geringe Marktmacht haben, dass eine Orientierung an mit diesen Unternehmen ausgehandelten Lizenzgebühren, aus ihrer, der Beklagten, Sicht schon deshalb unangemessen ist.
  146. (β)
    Die Kammer verkennt nicht, dass – soweit die von G angenommene Gesamtpatentzahl eines Standards betroffen ist – aus dem nur pauschalen Verweis der Beklagten auf die Entscheidung des amerikanischen Gerichts in der Sache TCL v. TT zumindest mittelbar ein abweichender Vortrag hinsichtlich der von G angenommenen Gesamtzahl der für die Umsetzung eines Standards erforderlichen Patente abgeleitet werden kann. Dieser Wert entfaltet bei dem Vorgehen von G neben der Kontrolle anhand des sog. „Top-Down-Approachs“ auch dort Relevanz, wo er die Anteile der jeweiligen Patentinhaber an eben dem jeweiligen Standard bestimmt. Bei der Berechnung der Klägerin findet er weiter dort eine Berücksichtigung, wo sie – zur Ermittlung des Skalierungsfaktors – ihren Anteil an dem Gesamtbestand des jeweiligen Standards bemisst. Die Beklagten legen jedoch nicht dar, weshalb es sich bei den insoweit angenommenen Zahlen des amerikanischen Gerichts um gegenüber denjenigen von G zugrunde gelegten Zahlen angemessenere Werte handeln soll. Eine solche Betrachtung erscheint auch vor dem Hintergrund, dass sich das Gericht aus prozessualen Gründen im Wesentlichen an den von TCL vorgetragenen Zahlen orientierte – von TT lagen keine verwertbaren Zahlen vor – nicht zwingend.
    Die Beklagten tragen insoweit in dem hiesigen Verfahren auch schriftsätzlich keine konkreten Zahlen vor. Soweit sich aus dem pauschal in Bezug genommenen Gutachten des Herrn M im Vergleich mit den von G zugrundgelegten Zahlen die folgenden Abweichungen ergeben: G: 2G – 154, 3G – 479 und 4G – 800; M: 2G – 361, 3G – 1.098 und 4G – 1.974), vermag die Kammer die von M angenommenen Zahlen nicht zugrunde zu legen. Insoweit wird auf die Ausführungen im Zusammenhang mit dem Gegenangebot der Beklagten vom 02.06.2020 (unter lit. cc)) verwiesen. Zu dem weiteren Berechnungsparameter der tatsächlich standardessentiellen Patente von TT (Dieser hat insbesondere eine Relevanz für die Ermittlung von „R“ (dazu unter lit. (aa), (aaa), (ii)) und ist bei der Berechnung der Klägerin mittelbar eingeflossen, weil diese den Skalierungsfaktor auf die von G für H ermittelte Benchmarkrate (= E x R) angewendet hat (dazu unter lit. (aa), (bbb), (i)) verhalten sich die Beklagten nicht. Der pauschale Verweis auf das amerikanische Urteil in TCL v. TT, sowie darauf, dass das Gericht detailliertere Analysen des TT-Portfolios vorgenommen habe, sind insoweit unbehelflich.
  147. (γ)
    Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass das Vorgehen des englischen Gerichts mittels Anwendung des Vergleichsmarktkonzepts dadurch eine Kontrolle erfahren hat, dass es anhand des sog. „Top-Down-Approachs“ überprüft worden ist (dazu unter lit. (aa), (aaa), (ii)). Auch gegen die im Zusammenhang mit dem „Top-Down-Approach“ relevanten Parameter bringen die Beklagten keinen substantiierten Gegenvortrag vor.
    Im Hinblick auf die von G für die jeweilige Technologie angenommenen Gesamtlizenzgebührenbelastungen stimmen die Beklagten im Wesentlichen mit G überein (G: 2G – 4,9 %, 3G – 5,6 % und 4G – 8,8 %; die Beklagten: 2G – 5 %; 3G – 5 % und 4G – 8 %). Wegen der für den Top-Down-Approach weiter relevanten Gesamtpatenanzahl an dem jeweiligen Standard wird auf die vorherigen Ausführungen unter lit. (β) verwiesen. Soweit für den Top-Down-Approach auch die Anzahl der tatsächlich standardessentiellen Patente der Klägerin maßgeblich ist, wird auf die nachfolgenden Ausführungen unter Ziff. (iii) verwiesen.
  148. (iii)
    Soweit die Beklagten die Qualität des Portfolios der Klägerin mit dem Einwand angreifen, dass die Klägerin die Standardessentialität der von ihr in die Berechnung der Gebührenhöhe einbezogenen Patente bzw. Patentfamilien (diese liegen insbesondere der Ermittlung des Wertes „S“ für die Klägerin zugrunde, dazu unter lit. (aa), (aaa), (ii)), nicht aufgezeigt habe (dazu unter lit. (β)), und diese teilweise nicht rechtsbeständig seien (dazu unter lit. (α)), greifen diese Einwände nicht durch. Gleiches gilt im Hinblick auf den Einwand, eine Unangemessenheit würde sich daraus ergeben, dass mittlerweile abgelaufene Patente bei der Gebührenfestsetzung berücksichtigt worden seien (dazu unter lit. (γ)).
  149. (α)
    Der Rechtsbestand der Portfoliopatente, die in die Bemessung der Lizenzgebühr eingeflossen sind, ist grundsätzlich kein Prüfungsgegenstand, aufgrund des behördlichen Erteilungsaktes wird er vielmehr vermutet (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.11.2016, Az.: I-15 U 65/15, Rn. 31, zitiert nach juris; Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 477). Da eine streitige Einspruchs- oder Nichtigkeitsentscheidung kein geringeres Gewicht hat, als der einseitige behördliche Erteilungsakt, kommt es nicht darauf an, dass die den Rechtsbestand vernichtende Entscheidung rechtskräftig ist (Kühnen, a.a.O.). Insoweit ist jedoch zu beachten, dass nicht schon die Vernichtung jedes, bei der Gebührenbemessung berücksichtigten Patents zur Unangemessenheit im Sinne des Ausbeutungstatbestandes führt (zu diesem Maßstab vgl. auch Kühnen, Kap. E., Rn. 477, der insoweit von „spürbaren Schwankungen“ spricht). Das gilt vorliegend umso mehr, als sich die Klägerin an den (von ihr als solche erachteten) standardessentiellen Patentfamilien orientiert und mit diesen gerechnet hat. Dass es zur vollständigen Vernichtung einer insoweit beachtlichen Patentfamilie gekommen ist, tragen auch die Beklagten nicht vor. Ungeachtet dessen ist aber auch nicht ersichtlich, dass es im Übrigen zu einer Vernichtung von Patenten in einem Umfang gekommen ist, der die von der Klägerin ermittelte Lizenzgebühr unangemessen erscheinen lässt. Insoweit ist vorliegend auch zu berücksichtigen, dass der Vertragsentwurf der Klägerin unter Ziffer 4.3 i. V. m. den Ziffern 1.25 und 1.26 einen Anpassungsmechanismus vorsieht, der einem sich minimierenden Schutzrechtsbestand durch eine Reduzierung der Gebühren Rechnung trägt (vgl. dazu unter lit. (d), (cc)). Die Unangemessenheit der Lizenzgebühr aufgrund darin berücksichtigter nicht rechtsbeständiger Schutzrechte steht zur Darlegungslast der Beklagten, nachdem die Klägerin – wie in Lizenzverhandlungen üblich – unstreitig 21 Claim Charts über solche Patente vorgelegt hat, die zu den ihrer Meinung nach standardwesentlichen Patentfamilien gehören. Soweit zwischen den Parteien unstreitig ist, dass acht chinesische Patente für nicht rechtsbeständig erklärt worden sind, ist zu berücksichtigen, dass nach der vorgeschlagenen Gebührenregelung nach Ziffer 4.2 für den chinesischen Markt ohnehin eine unterhalb der anhand der als standardwesentlich erachteten Patente errechnete Gebühr anfällt (dazu unter lit. (aa), (bbb), (ii)). Inwieweit aus der (erstinstanzlichen) Vernichtung der acht chinesischen Patente dennoch eine Unangemessenheit erwächst, ist nicht dargetan. Das gilt insbesondere auch deshalb, weil nach dem ebenfalls unstreitigen Vortrag selbst nach Abzug der vernichteten Patente noch sieben Patente für den chinesischen Markt rechtsbeständig bleiben (zu dem Einwand der Beklagten, dass sechs dieser Patente nicht standardwesentlich seien, nachfolgend unter lit. (β)).
    Im Hinblick auf weitere Rechtsbestandsverfahren fehlt es bereits an Vortrag der Beklagten im Hinblick auf welche von der Klägerin bei der Berechnung berücksichtigte Patente eine erstinstanzliche Nichtigkeitsentscheidung überhaupt vorliegt. Ein solcher Vortrag ist den Beklagten möglich, nachdem nach der mündlichen Verhandlung unstreitig ist, dass die Beklagten bei außergerichtlichen Vertragsverhandlungen eine Auflistung der von der Klägerin als standardwesentlich erachteten Patentfamilien erhalten haben, der sich auch entnehmen lässt, welche Patente in den einzelnen Patentfamilien enthalten sind. Auch dann, wenn man den Beklagten insoweit die bloß pauschale Inbezugnahme auf das im Rahmen des Gegenangebots (auszugsweise) vorgelegte Privatgutachten M (Anlage B7a, S. 34 ff., Rn. 89 – Rn. 116) sowie Annex F zu ihrem Gegenangebot von Anfang Juni 2020 zugesteht, ergeben sich auch auf dieser Grundlage keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin in einem die Unangemessenheit begründenden Umfang nicht rechtsbeständige Patente bei der Berechnung der Lizenzgebühren in Ansatz gebracht hat. Die Auflistung nach Annex F lässt schon eine – wie nachfolgend noch ausgeführt wird – gebotene Differenzierung zwischen Rechtsbestandsverfahren und solchen, in denen die Standardessentialität streitgegenständlich war, nicht erkennen. Der überwiegende Teil der in dem Gutachten genannten Gerichtsverfahren befasst sich mit der Standardessentialität der näher bezeichneten Patente, soweit danach überhaupt Rechtsbestandsverfahren anhängig waren, lassen sich den Ausführungen des Gutachters im Hinblick auf eine Nichtigkeit der Patente folgende Ergebnisse entnehmen:
    – Nach einem Verfahren der Klägerin gegen LG vor einem amerikanischen Gericht verzichtete die Klägerin auf Teile des Patents US 5,946,634, teilweise blieb es in Kraft (Anlage B7a, S. 35, Rn. 96 f.).
    – In einem Verfahren der Klägerin gegen F und die Beklagten vor einem britischen Gericht wurde das EP ´XXX widerrufen.
    Die geringe Anzahl negativer Rechtsbestandsentscheidungen spricht dagegen, dass die Vernichtung von relevanten Schutzrechten die Angemessenheit der Lizenzgebühren berührt.
  150. (β)
    Im Hinblick auf die Standardessentialität der von der Klägerin bei der Gebührenfestsetzung berücksichtigten Patente ist zu beachten, dass gerichtliche Entscheidungen im Hinblick auf diese eine bindende Wirkung vergleichbar mit derjenigen von Rechtsbestandsentscheidungen nicht entfalten können, obgleich diese – sofern sie vorliegen – als sachverständige Stellungnahmen bei der Beurteilung der Standardessentialität durch das erkennende Gericht zu berücksichtigen sind. Ausgehend davon, dass die Klägerin im Rahmen der außergerichtlichen Lizenzverhandlungen umfangreich Claim Charts zu den in Streit stehenden Patenten vorgelegt hat (dazu bereits vorhergehend zum Rechtsbestand der Patente), erfordert der Einwand fehlender Standardessentialität der Patente vorliegend substantiiertes Vorbringen der Beklagten dazu, welche (bei der Gebührenfestsetzung berücksichtigte) Patente, aufgrund welcher Aspekte konkrete Stellen des Standards nicht umsetzen. Der danach erforderliche Vortrag kann durch den bloßen Verweis auf Entscheidungen anderer Gerichte nicht ersetzt werden. Schließlich gehört – worauf es jedoch vorliegend aufgrund des zuvor Ausgeführten nicht mehr ankommt – zu dem Einwand fehlender Standardessentialität der Portfoliopatente auch das Vorbringen, dass der Lizenzsucher von denjenigen Lizenzschutzrechten, die durch den Standard nicht gestützt werden, keinen Gebrauch macht (LG Düsseldorf, Urt. v. 30.11.2006, Az.: 4b O 508/05, Rn. 136 – Videosignal-Codierung I, zitiert nach juris). Auch daran fehlt es vorliegend.
  151. (γ)
    Die Beklagten haben weiter nicht aufgezeigt, welche Schutzrechte abgelaufen sind, und inwiefern daraus eine Unangemessenheit der Gebührenberechnung der Klägerin resultiert. Auch insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Vertragsentwurf mit Ziffer 4.3 einen grundsätzlich hinreichenden Anpassungsmechanismus enthält (dazu unter lit. (d), (cc)).
    Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass das Klagepatent des hiesigen Verfahrens mittlerweile abgelaufen ist. Denn aus dem Ablauf eines Schutzrechts folgt gerade nicht reflexartig die Unangemessenheit der ermittelten Lizenzgebühr.
  152. (d)
    Des Weiteren bestehen keine Bedenken an der Angemessenheit der von der Klägerin vorgenommenen Vertragsgebietseinteilung (dazu unter lit. (bb)) sowie im Hinblick auf das Vorhandensein eines hinreichenden Anpassungsmechanismus (dazu unter lit. (cc)). Auch im Übrigen erweisen sich die Vertragsklauseln bei Berücksichtigung des vertraglichen Gesamtkontextes als angemessen (dazu unter lit. (aa) und lit. (dd) – (hh)).
  153. (aa)
    Es steht der Angemessenheit nicht entgegen, dass die Klägerin ihre für die Umsetzung des 2G-, 3G- und 4G-Standards wesentlichen Patente in einem Portfolio zusammenfasst.
    Die Vergabe von für einen bestimmten Standard relevanten Patenten in Form eines diese Patente zusammenfassenden Portfolios ist grundsätzlich geeignet, auch den Interessen des Lizenzsuchers gerecht zu werden. Er kann dann den ihm durch die Lizenznahme im Verhältnis zu einem bestimmten Lizenzgeber entstehenden finanziellen Aufwand ermessen, ohne steigende Kosten durch weitere Lizenznahmen (gegenüber demselben Lizenzgeber) befürchten zu müssen (BGH, Urt. v. 05.05.2020, Az.: KZR 36/16, Rn. 78 – FRAND-Einwand, zitiert nach juris; LG Düsseldorf, Teilurt. v. 31.03.2016, Az.: 4a O 73/14, Rn. 226 f.; Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 460). Die Frage der grundsätzlichen Zulässigkeit der Lizenzvergabe durch eine Portfoliolizenz ist hingegen von der Frage zu trennen, inwieweit das Portfolio angemessen zusammengesetzt ist (dazu bereits unter lit. (c), (bb), (ccc), (iii)), und inwieweit sich aus der Bündelung der Patente weitere, die Angemessenheit betreffende Gesichtspunkte ergeben können (dazu unter lit. (bb) und lit. (cc)).
  154. (bb)
    Die Aufteilung des Vertragsgebiets in „Major Markets“ (Ziff.1.25) und „Other Markets“ (Ziff. 1.26) und die damit zusammenhängende Gebührenstruktur ist angemessen.
  155. (aaa)
    Die Aufteilung des Vertragsgebiets in „Major Markets“ (Ziff 1.25) und „Other Markets“ (Ziff. 1.26),
    „1.25 „Wichtiger Markt“ bezeichnet in Bezug auf 2G- oder 3G-Standards ein Land, in dem es zwei (2) oder mehr lizenzierte Patente gibt (ausgenommen China), und in Bezug auf 4G ein Land, in dem es drei (3) oder mehr lizenzierte Patente gibt (ausgenommen China). […].
  156. 1.26 „Sonstige Märkte“ sind alle Länder, die nicht als wichtiger Markt gelten, mit Ausnahme von China. […].“,
  157. in Abhängigkeit zur Anzahl der auf dem jeweiligen Markt bestehenden Schutzrechte steht in einem Zusammenhang mit der Lizenzgebührenhöhe (dazu bereits unter lit. (c), (aa), (bbb)). Die Gebührenstruktur nach Ziffer 4.2 in Abhängigkeit von der Einordnung des Vertriebsgebiets als „Major-“ oder „Other Market“ stellt sich tabellarisch zusammengefasst wie folgt dar:
  158. Damit wird – was grundsätzlich als Differenzierungskriterium taugt – die Anzahl der in einem Land bestehenden Schutzrechte in einen Zusammenhang mit der Höhe der zu zahlenden Lizenzgebühren gebracht (vgl. zu diesem Zusammenhang auch: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.11.2016, Az.: I-15 U 66/15, Rn. 42, zitiert nach juris; Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 491). Der chinesische Markt wird dabei – unabhängig von der Anzahl der dort bestehenden Schutzrechte – im Hinblick auf die zu entrichtenden Gebühren wie ein „Other Market“ behandelt. Die Einteilung des Weltmarktes in „Major Markets“ und „Other Markets“ nach dem UP-Urteil stellt sich für das Portfolio der Klägerin – orientiert an der von ihr vorgelegten Auflistung der geografischen Verteilung der tatsächlich standardessentiellen Patentfamilien aus dem Replikschriftsatz vom 18.03.2019 (dort S. 48 f., Bl. 454 f. GA) – wie folgt dar:
  159. Die Klägerin hat im Zusammenhang mit dieser Auflistung klargestellt, dass sie die Vertragsgebietseinteilung – entgegen der anderslautenden Regelung in Ziffer 1.25 und Ziffer 1.26 und entgegen G (Rn. 587), die an den gesamten Portfoliobestand anknüpfen – allein anhand der von ihr als tatsächlich essentiell eingestuften Patentfamilien vornimmt. Dieses Vorbringen steht auch im Einklang mit der Tabelle, die Ziffer 1.25 des Vertragsentwurfs zu entnehmen ist, und die die „Major Markets“ des Vertragsgebiets für die einzelnen Technologien festlegt. Die sich daraus für die einzelnen Technologien ergebende Anzahl von „Major Markets“ stimmt mit derjenigen überein, die sich der in dem hiesigen Verfahren schriftsätzlich vorgelegten, hier in Bezug genommenen Auflistung jeweils entnehmen lässt. Insoweit mag eine sprachliche Anpassung von Ziffer 1.25 erforderlich sein, die jedoch die Angemessenheit des Vertragsangebots nicht berührt. Eine solche Unterteilung des Vertragsgebiets relativiert das Vorgehen, wonach die Berechnung der Gebührenhöhe zunächst unabhängig von dem Schutzrechtsbestand auf einem nationalen Markt, allein anhand der Existenz aller (als standardwesentlich) erachteter Patentfamilien erfolgt, was zu der ggf. unangemessenen Konsequenz führen kann, dass auch im Hinblick auf einen nationalen Markt, auf dem nur wenige Schutzrechte bestehen, eine relativ hohe Lizenzgebühr zu entrichten ist. Eine gewisse Pauschalisierung anhand von Schwellenwerten, bei dessen Erreichen stets eine höhere Lizenzgebühr zu entrichten ist, ist dabei im Rahmen einer Portfoliolizenz hinzunehmen (zu einer Pauschalisierung allgemein vgl. auch Kühnen, ebd., Kap. E, Rn. 491, der von „deutlich unterschiedlichen Schutzrechtsbeständen“ spricht). Denn darin findet der Gedanke einen Ausdruck, dass es dem Lizenznehmer an einem Portfolio mit für die Umsetzung eines Standards wesentlichen Patenten in erster Linie auf die Umsetzung der Technik ankommt, und weniger um die Anzahl der für diese Umsetzung erforderlichen Schutzrechte geht, obgleich die Anzahl der Schutzrechte – wie ausgeführt – nicht gänzlich außer Betracht bleiben kann. Die Grenze der Angemessenheit einer solchen Pauschalisierung kann hingegen dann überschritten sein, wenn für die für die Gebietseinteilung geschaffenen Kategorien ein tatsächlicher Anwendungsbereich nicht besteht – was hier jedoch nicht der Fall ist (dazu sogleich unter lit. (bbb)).
  160. (bbb)
    Ausgehend von der unter lit. (aaa) wiedergegebenen Auflistung haben die Beklagten nicht aufgezeigt, inwiefern sich aus der Vertragsgebietseinteilung für sie eine unangemessene Benachteiligung ergibt.
  161. (i)
    Zwar fällt auf, dass – anders als für das H Portfolio – ein Großteil des Vertragsgebiets für die 3G-Technologie als „Major Market“ zu qualifizieren ist. Eine geringere „OM-Lizenzgebühr“ für Mobiltelefone, die zwar die 3G-Technologie nicht aber die 4G-Technologie umsetzen, fällt daher nach Ziffer 4.2.2 lediglich noch für einen Markt, auf dem überhaupt ein Schutzrecht besteht (die Philippinen), an. Daraus vermag die Kammer aber eine unangemessene Benachteiligung derart, dass die Lizenzsucher in ca. 90 % der Fälle eine nach einem „Major Market“ anfallende Gebühr zu entrichten haben, nicht abzuleiten. Denn das nach Ziffer 4.2.2 aufgestellte Gebührenregime findet bereits insoweit einen nur noch geringen Anwendungsbereich, als zwischen den Parteien unstreitig ist, dass mit Mobiltelefonen ohne 4G-Technologie kein nennenswerter Absatz mehr generiert wird. Die Einteilung eines 3G-Marktes als „Major Market“ schlägt nach der Regelung von Ziffer 4.2.3 – im Übrigen in Abwandlung zu der Gebührenregelung nach dem Mustervertrag in dem UP-Urteil 2 (dort ebenfalls Ziff. 4.2.3) – aber auch auf solche Mobiltelefone durch, die in der Lage sind die 4G- und die 3G-Technologie umzusetzen, was mindestens auf einen Großteil der vertriebenen Mobiltelefone zutrifft. Nach der zitierten Klausel richtet sich die Gebühr für ein so beschaffenes Mobiltelefon danach, ob der jeweilige Markt für die 4G-Technologie einen „Major Market“ darstellt oder nicht. Handelt es sich um einen „4G-Major Market“, fällt eine Gebühr von 0,149% des Nettoverkaufspreises an, ist der Markt hingegen im Hinblick auf die 4G-Technologie als „Other Market“, hinsichtlich der 3G-Technologie aber als „Major Market“ einzuordnen, so fällt eine demgegenüber höhere Gebühr, nämlich die für 3G „Major Markets“ nach Ziffer 4.2.2 maßgebliche, an. Aber auch darin kommt eine unangemessene Benachteiligung – orientiert an der geografischen Verteilung des Portfolios der Klägerin – nicht zum Ausdruck. Denn daraus ist ablesbar, dass jedenfalls für neun Märkte (China wird nicht einbezogen, da es außerhalb der Kategorien „MM“ und „OM“ betrachtet wird, vgl. auch Ziff. 1.25 und Ziffer 1.26), die im Hinblick auf die 4G-Technologie einen „Major Market“ darstellen, eine geringere Gebühr von 0,149% des Nettoverkaufspreises anfällt. Dass die Beklagten von dieser geringeren Gebühr nicht profitieren, weil es sich dabei nicht um ihre Vertriebsgebiete handelt, ist weder vorgetragen noch aus anderen Gründen anzunehmen. Auch bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagten in besonderer Weise davon betroffen sind, dass für die anderen aus der Aufstellung im Hinblick auf die 4G-Technologie als „Other Market“ ersichtlichen Märkte wegen der Einordnung eben dieser Märkte als „Major Market“ im Hinblick auf die 3G-Technologie höhere Lizenzgebühren (nämlich ein Lizenzsatz von 0,170%) anfallen, etwa deshalb weil es sich gerade bei diesen Märkten um ihr Hauptabsatzgebiet handelt. Insoweit ist insbesondere auch der Vortrag der Beklagten, wonach es sich bei China um ihr Hauptvertriebsgebiet handelt, in die Bewertung mit einzustellen. Für den chinesischen Markt aber fällt stets nur der geringste Gebührensatz von 0,033% des Nettoverkaufspreises an (Ziff. 4.2.3. a. E.). Soweit sich aus den vorherigen Ausführungen ergibt, dass die Klägerin für eine „ältere“ Technologie (3G) eine höhere Lizenzgebühr festlegt, erklärt sich dies grundsätzlich daraus, dass ihr Portfolio einen höheren Schutzrechtsbestand im Hinblick auf eben diese Technologie aufweist (14 wesentliche Patentfamilien für 3G gegenüber 9 wesentlichen Patentfamilien für 4G). Die Beklagten machen im Übrigen nicht geltend, dass daraus eine Unangemessenheit erwächst, sie greifen insbesondere die von der Klägerin aus dem UP-Urteil übernommene Multimode-Gewichtung – anders als in dem englischen Verfahren – über die die unterschiedliche Bedeutung der Technologien einen Ausdruck findet, nicht an. Für diesen Fall wäre zudem dann auch ein (FRAND-gemäßer) Anstieg der für die 4G-Technologie vorgeschlagenen Gebühren zu erwarten.
  162. (ii)
    Den Beklagten ist darin zuzustimmen, dass in der Definition von „Other Markets“ in Verbindung mit der Gebührenregelung nach Ziffer 4.2 die Möglichkeit angelegt ist, dass eine Gebühr auch in solchen Ländern anfällt, in denen kein Patentschutz besteht. Denn „Other Markets“ sind nach der Definition solche Länder, die keinen „Major Market“ nach Ziffer 1.25 darstellen. Da ein „Major Market“ durch eine Mindestanzahl (Schwellenwert) bestehender Patente von einem „Other Market“ abgegrenzt wird (4G: mind. 3 und 2G/3G: mind. 2), sind alle Märkte, für die eine geringere Anzahl von Schutzrechten besteht, mithin auch solche, für die gar kein Patent existiert, jedenfalls definitionsgemäß erfasst. Lediglich für den 2G-Standard ist für Vertriebshandlungen auf einem als „Other Market“ einzustufenden Markt eine Lizenzgebühr von 0,0% des Nettoverkaufspreises vorgesehen. Orientiert an der geografischen Verteilung der tatsächlich standardessentiellen Patentfamilien der Klägerin ist zu erkennen, dass es für eine Vielzahl von Nationen mindestens ein Schutzrecht gibt. Die Beklagten tragen darüber hinaus auch nicht vor, in welchen anderen Staaten weitere ihrer Vertragsgebiete liegen, und im Hinblick auf welche eine Inanspruchnahme durch die Klägerin zu befürchten steht (zu dem Einwand der Beklagten im Zusammenhang mit der Anpassungsklausel unter lit. (cc), (aaa), (iv)).
  163. (cc)
    Auch gegen die Angemessenheit des in Ziffer 4.3 vorgesehenen Anpassungsmechanismus haben die Beklagten keine hinreichenden Bedenken vorgebracht. Ein Angebot zu fairen und angemessenen Konditionen setzt voraus, dass ein Anpassungsmechanismus für den Fall vorhanden ist, in dem sich der Schutzrechtsbestand verändert. Ein solcher besteht regelmäßig in einer eine Korrektur der zu zahlenden Lizenzgebühren ermöglichenden Anpassungsklausel (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.11.2016, Az.: I-15 U 66/15, Rn. 32, Rn. 43, zitiert nach juris). Zwingend ist eine solche Klausel indes nicht. Insoweit ist das vertragliche Konstruktion in seiner Gesamtheit, und sind nicht nur einzelne Klauseln gesondert zu betrachteten (Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. XXX). Dem Umstand eines sich ändernden Schutzrechtsbestandes kann beispielsweise auch dadurch Rechnung getragen werden, dass der angebotene Lizenzvertrag auf einen kurzen Zeitraum befristet ist, und die Höhe der Lizenzgebühr auf die gesamte Vertragsdauer betrachtet deshalb FRAND-gemäß ist, weil sie den Ablauf von Patenten während der Vertragslaufzeit angemessen berücksichtigt (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.11.2016, Az.: I-15 U 66/15, Rn. 32, Rn. 43, zitiert nach juris; LG Düsseldorf, Urt. v. 09.11.2018, 4a O 17/17, Rn. 511 ff., zitiert nach juris).
    Ein in diesem Sinne hinreichender Anpassungsmechanismus liegt hier vor.
  164. (aaa)
    Der Vertragsvorschlag der Klägerin sieht nach Ziffer 4.3,
    „Die Anpassung der Liste wichtiger Märkte aus Ziffer 1.25 hat jährlich zu erfolgen. Jedes lizenzierte Patent in einem Land, das von einem zuständigen Gericht für ungültig oder nicht wesentlich befunden wird, würde in diesem Land nicht mehr als lizenziertes Patent gelten. Darüber hinaus sind, wenn in einem Land zusätzliche lizenzierte Patente hinzugefügt werden, entsprechende Anpassungen vorzunehmen.“,
  165. einen Anpassungsmechanismus derart vor, dass bei Unterschreitung der für die Einordnungen eines Marktes als „Major Market“ angesetzten Mindestanzahl von Schutzrechten der jeweilige Markt zum „Other Market“ umdefiniert wird, mit der Folge, dass die nach Ziffer 4.2 für „Other Markets“ vorgesehenen geringeren Lizenzgebühren zu zahlen sind.
  166. (i)
    Diese Klausel ist grundsätzlich geeignet, eine im Sinne des Kartellrechts angemessene Anpassung zu bewirken. Zwar kann die Grenze für die Heraufstufung eines Marktes von einem „Other Market“ zu einem „Major Market“ – zugunsten des Lizenzgebers – im Vergleich zu derjenigen einer Herabstufung von einem „Major Market“ in einen „Other Market“ – zugunsten des Lizenznehmers – verhältnismäßig schneller erreicht sein. Denn während eine Heraufstufung in einen „Major Market“ bei 3G-Standard relevanten Patenten bereits dann erfolgt, wenn zwei Patente auf dem jeweiligen Markt Wirkung entfalten und für den 4G-Standard, wenn drei Patente existieren, kann eine Herabstufung aufgrund des angesetzten Schwellenwertes ggf. erst nach einer Vernichtung bzw. einem Auslaufen einer Vielzahl von Patenten erreicht werden. Dieser Mechanismus korrespondiert jedoch mit der Tatsache, dass der Lizenzgeber, nachdem er die Heraufsetzung eines Marktes als „Major Market“ erreicht hat, keine höheren Lizenzen bei Anwachsen seines Portfoliobestandes auf eben diesem „Major Market“ mehr beanspruchen kann. Im Verhältnis zum Lizenznehmer greift mithin eine höhere Wahrscheinlichkeit, in einen „Major Market“ hochgestuft zu werden, dafür hat er jedoch im Anschluss die Sicherheit, bei Hinzukommen weiterer Patente nicht noch höhere Lizenzgebühren entrichten zu müssen. Im Gegenzug hat der Lizenzgeber eine geringere Wahrscheinlichkeit, dass eine Herabstufung eines „Major-“ in einen „Other Market“ erfolgt, profitiert aber von einer Zunahme seiner Schutzrechte auf dem „Major Market“ auch nicht direkt (Er profitiert mittelbar dadurch, dass er die Anzahl der Schutzrechte, die vernichtet werden müssen, um eine Rückstufung in die Kategorie „Other Market“ zu erzielen, erhöht wird.). Diese Risikoverteilung rechtfertigt es, dass eine Anpassung innerhalb der Kategorien „Other Market“ und „Major Market“ nicht mehr erfolgt. Insoweit spricht auch eine Pauschalisierung dahingehend, dass nicht der Bestand jedes einzelnen Schutzrechts des Portfolios Auswirkungen auf die Lizenzhöhe hat, nicht per se gegen die Angemessenheit. Auch darin kommt vielmehr zum Tragen, dass sich der Wert des Lizenzsuchers an der Portfoliolizenz zuvorderst in der Nutzung des Standards widerspiegelt, und weniger in der Benutzungserlaubnis für jedes einzelne Portfoliopatent. Schließlich ist in die kartellrechtliche Beurteilung der Klausel auch einzustellen, dass der Lizenzvertrag gemäß der Ziffern 6.1 und 1.18 ab Vertragsunterzeichnung (vgl. zu dem in Ziffer 1.18 genannten „Stichtag“ die Präambel) noch eine Laufzeit von fünf Jahren hat, so dass umfangreichen Verschiebungen im Schutzrechtsbestand auch im Rahmen des Abschlusses einer Anschlussvereinbarung Rechnung getragen werden kann. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass die Gesamtlaufzeit des Vertrages nach den Ziffern 6.1, 1.18 und 1.4 einen längeren Zeitraum erfasst, weil er auch vergangene Benutzungshandlungen lizenziert und bereits am 1.09.2011 beginnt. Diese vergangenen Benutzungshandlungen unterstehen demselben Gebührenregime wie zukünftige Handlungen. Jedoch beziehen sich die Berechnungen der Lizenzgebühren der Klägerin auf das Jahr 2017. Schutzrechte, die in diesem Zeitpunkt – aus welchen Gründen auch immer – nicht mehr existent waren, sind mithin in die Gebührenberechnungen der Klägerin auch nicht mehr eingeflossen.
  167. Soweit eine Anpassung für den chinesischen Markt nach Ziffer 4.3 nicht vorgesehen ist, ist ein solcher unter Angemessenheitsgesichtspunkten auch nicht zwingend. Denn für den chinesischen Markt fallen ohnehin stets geringere Lizenzgebühren an. Inwieweit der chinesische Markt darüber hinaus eines eigenen Anpassungsmechanismus bedarf, führen die Beklagten nicht aus.
  168. (ii)
    Ausgehend von der grundsätzlichen Eignung der Klausel zur Anpassung (wie unter Ziff. (i) dargestellt) kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagten bei Berücksichtigung der konkreten geografischen Verteilung der für die Lizenzgebührenbemessung maßgeblichen Patentfamilien unangemessen benachteiligt werden. Den Beklagten ist darin zuzustimmen, dass es der Angemessenheit des beschriebenen Ausgleichssystems entgegenstehen kann, wenn eine Herabstufung faktisch von vornherein gar nicht oder selten in Betracht kommt, weil nämlich die Anzahl der auf dem überwiegenden Teil der „Major Markets“ gehaltenen Schutzrechte den Schwellenwert für die Einordnung als „Major Market“ erheblich übersteigt. Insoweit überschneidet sich die Frage der Angemessenheit des Anpassungsmechanismus mit der Frage der Angemessenheit der geografischen Einteilung des Lizenzvertragsgebiets anhand eines bestimmten Schwellenwertes (dazu unter lit. (bb)). Ausgehend von der bereits unter lit. (bbb) betrachteten geografischen Verteilung der tatsächlich standardessentiellen Patentfamilien der Klägerin bewegt sich ein Großteil der für die 3G-Technologie als „Major Market“ eingestuften Patentfamilien in der Nähe des Schwellenwertes (32 Märkte liegen danach bei einem Schwellenwert von 2 – 4. Das entspricht einem Anteil von ca. 86%, der chinesische Markt wird in die Betrachtung nicht einbezogen), auch von den „Major Markets“ der 4G-Technologie liegen 4 Märkte (Das entspricht einem Anteil von ca. 44%. Der chinesische Markt wird in die Betrachtung nicht einbezogen) bei einem Schwellenwert von 3 oder 4, d.h. für diese ist eine Herabstufung realistisch.
    Etwas anderes würde dann gelten, wenn die einzelnen, auf dem jeweiligen nationalen Markt bestehenden Patentfamilien in großem Umfang aus mehr als einem Patent bestehen würden. Denn dann würden die in der Auflistung der Klägerin genannten Zahlen eine Einschätzung darüber, wie viele Schutzrechte von einem Lizenzsucher für eine Herabstufung in einen „Other Market“ zu vernichten wären, nicht ermöglichen. Das haben die Beklagten jedoch weder vorgetragen, noch ist dies auf Grundlage der Auflistung der standardwesentlichen Patentfamilien mit ihren einzelnen Schutzrechten anzunehmen. Die Aufstellung nach Annex F zu dem Gegenangebot der Beklagten aus Juni 2020 (Anlage B6) lässt erkennen, dass im Hinblick auf sechs der vierzehn „3G-Patentfamilien“ (hier bezeichnet nach der in der 5. Spalte der Aufstellung angegebenen „ID“: U3, U6, U9, U10, U11, U13; China wird in die Betrachtung nicht einbezogen) mehr als ein Schutzrecht pro Land existiert. Jedoch erhöht dies den Schutzrechtsbestand zumeist nicht wesentlich, weil zumeist mehr als zwei Schutzrechte pro Familie pro Staat nicht bestehen (so bei den Patentfamilien U3, U6, U9 und U13). Sofern mehr als zwei Schutzrechte pro Familie pro Staat erteilt wurden (bei den Patentfamilien U10 und U11), trifft dies vor allem auf Staaten zu, in denen – aufgrund des hohen Bestands an Patentfamilien – ohnehin eine nur geringe Wahrscheinlichkeit einer Herabstufung in einen „Other Market“ besteht (vgl. zu diesem Gesichtspunkt sogleich). Gleiches gilt im Hinblick auf die vier der insgesamt neun „4G-Patentfamilien“, in denen mehr als ein Schutzrecht pro Staat besteht (hier bezeichnet nach der in der 5. Spalte der Aufstellung angegebenen „ID“: L6, L7, L9, L11; China wird in die Betrachtung nicht einbezogen).Soweit nach der an Patentfamilien orientierten Auflistung eine Herabstufung für andere Märkte (insbesondere USA, Deutschland, Japan, Frankreich, Großbritannien; China wird in die Betrachtung nicht einbezogen) nicht zu erwarten ist, ist dies hinzunehmen. Dies ist Ausdruck der Pauschalisierung, die sich aus der FRAND-gemäßen Einteilung des Vertragsgebiets in „Major-“ und „Other-Markets“ ergibt, und die im Rahmen einer Portfoliolizenz hinzunehmen ist (dazu unter lit. (aa)).
  169. (iii)
    Soweit die Beklagten einwenden, der vorgesehene Anpassungsmechanismus greife faktisch nie zu ihren Gunsten, weil ein Zuwachs des Portfolios der Klägerin nicht zu erwarten sei, so mag dies im Hinblick auf das Hinzukommen neuer (im Sinne von neu entwickelter) Schutzrechte für die von dem Portfolio abgedeckten Technologien zutreffend sein. Das schließt aber nicht aus, dass sich die standardwesentlichen Patente der Klägerin dadurch erhöhen, dass sie zusätzliche Schutzrechte erwirbt.
  170. (iv)
    Auch ist nicht ersichtlich, dass die Beklagten durch den vorgesehenen Anpassungsmechanismus Gefahr laufen, für einen nationalen Markt Lizenzen zu zahlen, auf dem gar kein für die Bemessung der Lizenzgebührenhöhe maßgebliches Schutzrecht mehr Bestand hat. Orientiert an der geografischen Verteilung der als standardessentiell zugrunde gelegten Patente ist – für den Fall, dass die Klägerin die von ihr aufgelisteten Märkte auch nach der vollständigen Vernichtung bzw. dem Ablauf ihrer Schutzrechte berücksichtigt – eine solche Befürchtung allenfalls für die folgenden Staaten gerechtfertigt: die Philippinen, Brasilien, Kanada und Malaysia. Denn auf diesen Märkten besteht die geringste Zahl von Schutzrechten. Die Beklagten tragen jedoch vorliegend weder vor, dass Schutzrechte in diesen Staaten angegriffen worden sind oder demnächst ablaufen, noch behaupten sie, dass es sich bei den genannten Staaten um wesentliche ihrer Vertriebsgebiete handelt. Weiter ist im Hinblick auf eine unangemessene Benachteiligung der Beklagten insoweit zu beachten, dass sie – unabhängig davon, wo sie ihre Produkte veräußern – jedenfalls insoweit lizenzierungspflichtige Handlungen vornehmen, als Herstellungsort ihrer Mobiltelefone die Volksrepublik China ist (zu dieser Wertung im Hinblick auf „FRAND“ vgl. auch LG Düsseldorf, Teilurt. v. 31.03.2016, Az.: 4a O 73/14, Rn. 254, zitiert nach juris; Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 268).
  171. (bbb)
    Auch soweit die Klausel keine Anpassung für den chinesischen Markt enthält, bestehen keine Bedenken im Hinblick auf deren Angemessenheit. Insoweit ist zu beachten, dass für den chinesischen Markt ohnehin geringere Gebühren zu entrichten sind, mithin eine Berechnung der Lizenzgebühren nach sämtlichen von der Klägerin als standardessentiell erachteten Patentfamilien nicht erfolgt ist.
  172. (ccc)
    Soweit die Beklagten weiter die nach der Klausel für eine Anpassung vorgesehenen Anknüpfungspunkte bemängeln, bzw. rügen, dass Sachverhalte, die eine Anpassung erforderlich machen, nicht genannt sind, greifen diese Einwände nicht durch. Vielmehr berücksichtigt der unter lit. (aaa) beschriebene Anpassungsmechanismus die Sachverhalte, an die eine Anpassung der Lizenzen sinnvollerweise anknüpfen sollte, hinreichend.
  173. (i)
    Die Beklagten rügen, dass nach Ziffer 4.3 Anknüpfungspunkt für den Kategorienwechsel von einem „Other-“ zu einem „Major Market“ nicht nur ein erteiltes Patent, sondern auch eine Patentanmeldung ist. Die Verknüpfung einer Heraufstufung mit einer Patentanmeldung kann sich unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten grundsätzlich deshalb als unzulässig erweisen, weil mit der Patentanmeldung das dem Lizenzgeber zustehende Ausschließlichkeitsrecht noch nicht besteht (vgl. § 9 Satz 1 PatG), mithin die in der Anmeldung verkörperte Technik (noch) frei nutzbar und eine Lizenznahme nicht erforderlich ist. Vorliegend hat die Klägerin jedoch klargestellt, dass sie sich bei der Vertragsgebietseinteilung – und folglich auch für die Frage der Angemessenheit – ohnehin nur an den von ihr als standardessentiell angenommenen Patenten orientiert. Dass dieses Vorgehen in einem Widerspruch zu der Formulierung von Ziffer 4.3 steht, die an ein „lizenziertes Patent“ (vgl. Ziffern 1.10 und 1.11), mithin an ein jedes, das in dem Portfolio der Klägerin eingelagert ist, anknüpft, begründet keine Kartellrechtswidrigkeit, sondern erfordert lediglich eine Klarstellung des Vertragstextes.
  174. (ii)
    Soweit die Beklagten die Anpassungsklausel weiter unter dem Aspekt bemängeln, dass diese eine Anpassung bei Rechtsbestandsentscheidungen durch Patentämter nicht ermögliche, ist dies der Regelung bei verständiger Würdigung (vgl. zu dem Auslegungsmaßstab ausführlich unter lit. (dd)) nicht zu entnehmen. Die Klausel knüpft sprachlich zwar an ein „Gericht“ (im englischen Originalwortlaut „court“) an, jedoch soll die Klausel nach ihrem Sinn und Zweck gerade ermöglichen, Rechtsbestandsentscheidungen über die Portfoliopatente bei der Bemessung der Lizenzgebühren zu berücksichtigen. Die Sinnhaftigkeit einer Differenzierung danach, ob diese durch ein Gericht oder ein Patentamt getroffen wird, ist nicht ersichtlich. Die Klausel spricht insbesondere auch von „zuständigem“ Gericht, was zusätzlich dafürspricht, dass die Rechtsbestandsentscheidung der nach den jeweiligen Jurisdiktionen zur Entscheidung über den Rechtsbestand berufenen Stellen Anknüpfungspunkt für eine Anpassung nach Ziffer 4.3 sein soll.
  175. (iii)
    Soweit die Beklagten weiter auch eine Anpassung insoweit verlangen, als ausländische Gerichte die Angemessenheit der Lizenzgebühren abweichend beurteilen, bedarf es einer solchen unter Angemessenheitsgesichtspunkten nicht. Eine formelle Bindungswirkung an gerichtliche Entscheidungen aus anderen Jurisdiktionen, die der Höhe nach bestimmte Lizenzgebühren als FRAND-gemäß festlegen, besteht nicht ohne weiteres. Das gilt sowohl für den Fall, in dem das jeweilige nationale Gericht über die FRAND-Gemäßheit der Lizenzgebühren allein für das Hoheitsgebiet eben dieses nationalen Gerichts entscheidet, als auch (erst Recht) für den Fall, in dem sich das nationale Gericht dazu verhält, welche Lizenzgebühren in einer anderen Jurisdiktion als FRAND-gemäß zu sind. Auch ist es dem erkennenden Gericht vorliegend nicht verwehrt, über die FRAND-Gemäßheit von für andere Jurisdiktionen festgelegte Gebühren im Rahmen einer weltweiten Portfoliolizenz zu entscheiden. Denn dies berührt die Entscheidungshoheit anderer nationaler Gerichte nicht, da der kartellrechtliche Zwangslizenzeinwand in den – auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland – beschränkten Anspruch eingebunden ist, der wiederum aus dem deutschen Teil eines europäischen Schutzrechts erwächst. Darüber hinaus ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagten eines Schutzes durch den von ihnen eingeforderten Anpassungsmechanismus bedürfen. Denn sobald eine rechtskräftige Entscheidung eines nationalen Gerichts über die FRAND-Gemäßheit von Lizenzgebühren vorhanden ist, ist die Klägerin insoweit an diese gebunden. Folgt sie dieser nicht, läuft sie Gefahr, ihre aus dem Patent erwachsenden Rechte – für das Hoheitsgebiet dieser Jurisdiktion – nicht durchsetzen zu können. Denkbar ist – in Abhängigkeit zu den konkreten Rechtsordnungen und der dortigen Ausgestaltung der Verfahren – weiter auch, dass Vollstreckungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, die der Entscheidung Wirkung verleihen. Unter welchem kartellrechtlich relevanten Aspekt eine Anpassung für gerichtlich festgesetzte Lizenzgebühren ihrer, der Beklagten, Meinung nach im Übrigen erforderlich sein soll, führen sie auch nicht näher aus.
  176. (ddd)
    Weiter ist auch unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten eine Anpassung derart, dass im Falle der Vernichtung von Portfoliopatenten bereits gezahlte Lizenzgebühren zurück zu gewähren sind, nicht erforderlich. Im Patentrecht gilt für die Frage, ob außervertragliche Rückforderungsansprüche bei Vernichtung eines lizenzierten Schutzrechts bestehen, grundsätzlich, dass das Risiko für den Bestand der lizenzierten Schutzrechte bei dem Lizenznehmer liegt. Denn ihm kommt auch dann, wenn sich das lizenzierte Schutzrecht zu einem späteren Zeitpunkt als nicht rechtsbeständig erweist, zunächst regelmäßig eine faktische Vorzugsstellung zu, mittels derer er sich gegenüber anderen Mitbewerbern abgrenzen kann (vgl. zur Rechtsprechungsübersicht Altmeyer/ Weber, GRUR 2017, 1182 (1184)). Das gilt jedenfalls dann, wenn das lizenzierte Schutzrecht von diesen Mitbewerbern respektiert wird (a.a.O.). Für den Bereich standardessentieller Patente wird die Interessenlage in der Literatur teilweise abweichend beurteilt. Da der SEP-Inhaber wegen der FRAND-Verpflichtungserklärung derart gebunden sei, dass er jedermann ein Lizenzvertragsangebot unterbreiten müsse, erlange der Lizenznehmer durch die Lizenz gegenüber anderen Marktteilnehmern keinen Vorteil (Altmeyer/ Weber, GRUR 2017, 1182 (1186); Herrlinger, GRUR 2012, 740). In der instanzgerichtlichen Rechtsprechung sind Rückforderungsvorbehalte für Lizenzgebühren, die für standardwesentliche Patente gezahlt worden sind, hingegen bisher unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten nicht für erforderlich erachtet worden (Landgericht Düsseldorf, Teilurt. v. 31.03.2016, Az.: 4a O 73/14, Rn. 263, zitiert nach juris). Für eine Anpassungsklausel in dem dargelegten Sinne mag sprechen, dass im Zusammenhang mit SEP-Portfolios das Problem der Überdeklaration bekannt ist (vgl. näher auch Altmeyer/ Weber, GRUR 2017, 1182 (1187)), mithin die Vernichtung von jedenfalls einigen Portfoliopatenten mit verhältnismäßig hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Im Übrigen weicht aber die von Altmeyer und Weber aufgezeigte Interessenlage in den Fällen, in denen SEPs mit FRAND-Zusage für unwirksam erklärt werden, von derjenigen anderer Schutzrechte nicht erheblich ab. Die bloße Erklärung des Patentinhabers, jedermann eine Lizenz zu FRAND-Bedingungen zu gewähren, heißt nicht, dass auch jedermann von dieser Möglichkeit Gebrauch macht. Diese Erwartung scheint jedoch in der Argumentation der näher bezeichneten Autoren angelegt, wenn diese im Folgenden davon ausgehen, dass es deshalb an einer Vorzugsstellung des jeweiligen Lizenznehmers gegenüber anderen Marktteilnehmern fehle. Eine Lizenzerteilung an einem Schutzrecht muss aber nicht zwingend deshalb ausbleiben, weil der Lizenzgeber eine Lizenzvergabe verweigert. Vielmehr ist auch denkbar, dass (potenzielle) Marktteilnehmer von einer Lizenznahme absehen, weil sie sich diese beispielsweise wirtschaftlich nicht leisten können. Für standardessentielle Patente heißt dies zwar, dass derjenige, der keine Lizenz genommen hat, dann gar nicht auf dem relevanten Markt als Marktteilnehmer in Erscheinung tritt. Jedoch kann auch darin eine Vorzugsstellung zum Ausdruck kommen, weil nämlich der Kreis der Wettbewerber so geringgehalten wird. Der Lizenzvertrag verliert seinen Charakter als Risikogeschäft zudem auch bei standardessentiellen Patenten nicht. Auch Kühnen lehnt unter Verweis auf die eingangs angeführte Rechtsprechung sowie darauf, dass solche Klauseln nicht branchenüblich seien, die Notwendigkeit einer Rückzahlungsklausel für bereits gezahlte Lizenzen für den Fall der rückwirkenden Vernichtung des zwangslizenzierten Patents ab (Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 278, Rn. 380; a. A. Meier-Beck, in: Festschrift Tolksdorf, 2014, S. 115 (122)).
  177. (dd)
    Die Klausel Ziffer 2.1, (Hervorhebung diesseits),
    „Vorbehaltlich der Zahlung von Lizenzgebühren in Übereinstimmung mit Ziffer 4 (im englischen Originalwortlaut: „subject to payment of royalties […]“) dieses Vertrages gewährt der Lizenzgeber […] dem Lizenznehmer eine […] kostenpflichtige Lizenz […]“,
  178. verknüpft die Lizenzgewährung nicht in ausbeuterischer Art und Weise mit der Zahlung der Lizenzgebühren. Soweit die Beklagten meinen, aus dem zitierten Passus ergebe sich, dass die Lizenz entfalle, wenn die Lizenzzahlungen nicht rechtzeitig erfolge, kann dies bei Auslegung der Klausel nach dem anzuwendenden Recht von England und Wales (Ziffer 9.1) nicht nachvollzogen werden. Nach dem allgemeinen englischen Vertragsrecht ist anerkannt, dass bei der Auslegung eines Vertrags der objektive Bedeutungsgehalt der jeweiligen Klausel zu ermitteln ist. Vertragsauslegung bedeutet danach, die Feststellung dessen, was eine vernünftige Person mit dem entsprechenden Hintergrundwissen verstanden hätte („verobjektivierter Empfängerhorizont, vgl. Hübner, ZEuP 2018, 684 (694)). Hierfür spielt der Wortlaut zwar eine zentrale Bedeutung, jedoch sind auch die tatsächlichen Hintergründe der vertraglichen Regelung heranzuziehen (U.K. Supreme Court, Urt. v. 29.03.2017, Wood v Capita, auszugsweise wiedergegeben in ZEuP 2018, 684, (685, Rn. 13 und 690, 694). Die Gewichtung der beiden Auslegungsmethoden hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (Hübner, ZEuP 2018, 684 (699)). Dabei ist die einzelne Klausel stets auch vor dem Hintergrund des Vertragstextes in seiner Gesamtheit zu betrachteten (U.K. Supreme Court, ZEuP 2018, 684, (685, Rn. 10)). Anders als im deutschen Recht sind hingegen der Inhalt von Vertragsverhandlungen und Erklärungen über den subjektiven Willen der Vertragsschließenden bei der Vertragsauslegung nicht zu berücksichtigen (Hübner, ZEuP 2018, 684 (698)). Bei Anwendung dieser Grundsätze dient der von den Beklagten angegriffene Passus – was die Klägerin auch geltend macht – der Abgrenzung der erteilten lizenzpflichtigen Lizenz von einer Freilizenz, indem er die für die Lizenzgewährung zu erbringende Gegenleistung benennt. Auf seiner Grundlage entfällt hingegen – anders als eine auf den reinen Wortlaut beschränkte Betrachtung nahelegen könnte – die Lizenz nicht reflexartig in dem Fall, in dem der Lizenzsucher die Lizenzzahlung nicht leistet. Dagegen spricht schon die Systematik des Vertragstextes in seiner Gesamtheit, insbesondere die Klausel in Ziffer 6.2. Diese schreibt für den Fall, dass eine Partei eine wesentliche Verletzung einer ihrer wesentlichen Vertragspflichten begeht, ein Kündigungsrecht der anderen Vertragspartei fest, wobei der vertragsverletzenden Partei – jedenfalls für bestimmte Verletzungen – die Möglichkeit eingeräumt wird, diese auf entsprechende Rüge zu beheben. Daraus wird ein Prozedere für den Fall der Nichtzahlung von Lizenzgebühren deutlich, das ein Erlöschen der Benutzungsgestattung mit der Vertragsverletzung allein ausschließt. Vielmehr ist danach die Ausübung eines Gestaltungsrechts durch den Vertragspartner unter Einhaltung bestimmter Bedingungen erforderlich.
  179. (ee)
    Der von der Klägerin angediehene Vertragsentwurf stellt sich auch nicht deshalb als unangemessen dar, weil dieser ausweislich Ziffer 1.4 auf den 1. September 2011 zurückwirkt – eine Unterzeichnung des Vertrags war frühestens ab Juli 2017, dem Monat der Zusendung des Vertragsangebots, zu erwarten. Insoweit ist zunächst zu beachten, dass die grundsätzliche Berücksichtigung vergangener, dem Lizenznehmer zurechenbarer Benutzungshandlungen auch in der EuGH-Entscheidung insoweit Erwähnung findet, als der Lizenzsucher – sofern er das ihm unterbreitete FRAND-Angebot nicht annimmt – eine Sicherheit zu leisten hat, deren Höhe auch die Zahl vergangener Benutzungshandlungen erfasst (EuGH, GRUR 2015, 764, Rn. 67; zu dem Erfordernis schadensersatzpflichtige Handlungen jedenfalls dem Grunde nach anzuerkennen: Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 332 i.V. m. Rn. 283). Die vertragliche Regelung, wonach vergangene Benutzungshandlungen von der Benutzungsgestattung des Lizenzgebers umfasst sind, stellt sich dabei als eine Möglichkeit dar, vergangene Benutzungshandlungen des Lizenznehmers zu berücksichtigen. Sie erspart dem Lizenzgeber, vergangene Benutzungshandlungen im Wege von Schadensersatzansprüchen, die eine weitere Möglichkeit zur Kompensation vergangener Benutzungshandlungen darstellen, geltend zu machen. Das Entrichten einer vertraglich vereinbarten Lizenzgebühr gleicht insoweit der Schadensberechnungsmethode der (fiktiven) Lizenzanalogie (vgl. dazu BGH, NJW 1980, 2522 (2524) – Tolbutamid). Aus einer solchen vertraglichen Regelung können Vorteile insbesondere insoweit erwachsen, als der Lizenzgeber von dem mit der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen einhergehenden Prozessrisiko entlastet ist. Aber auch aus Sicht des Lizenznehmers stellt sich eine vertragliche Regelung, wonach er auch für vergangene Benutzungshandlungen eine Lizenz, die derjenigen für eine gegenwärtige bzw. zukünftige Nutzung entspricht, entrichtet, als grundsätzlich interessengerecht dar. Der beschriebene Gleichlauf für die „Vergütung“ sämtlicher Nutzungshandlungen gewährt dem Lizenznehmer Rechtssicherheit, schließt insbesondere aus, dass sich der Lizenzgeber für vergangene Benutzungshandlungen im Wege alternativer Schadensberechnungsmethoden (Verletzergewinn, entgangener Gewinn) schadlos hält. Durch die vertragliche Regelung zu vergangenen, grundsätzlich dem Patentinhaber vorbehaltenen Benutzungshandlungen stellen sich diese auch nicht als rechtswidrig dar, so dass der Lizenznehmer nicht befürchten muss, wegen weiterer, durch diese kausal-adäquat entstandene Vermögenseinbußen in Anspruch genommen zu werden – was nach dem Schadensrecht grundsätzlich innerhalb der Grenzen des Vermischungsverbots der einzelnen Berechnungsmethoden möglich wäre (BGH, GRUR 1977, 539 (543) – Prozeßrechner). Des Weiteren steht die Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten, die das gegenwärtige Lizenzverhältnis belasten würden, grundsätzlich im Interesse beider Vertragsparteien. Im Ausgangspunkt ist es deshalb nachvollziehbar, dass vernünftige Vertragsparteien aufgrund der bereits dargestellten Interessenlage insoweit eine gewisse Verallgemeinerung hinnehmen. Soweit die Beklagten hiergegen vorbringen, die Klägerin unterlaufe durch die vertragliche Einbeziehung vergangener Benutzungshandlungen für sie nachteilige Verjährungsregelungen im Hinblick auf Schadensersatzansprüche in unterschiedlichen Jurisdiktionen, führt dies – wie nachfolgend ausgeführt wird – zu keiner anderen Bewertung. Die Beklagten zeigen zudem auch nicht auf, dass im Zusammenhang mit der erwähnten Zeitspanne in anderen Jurisdiktionen in nennenswertem Umfang eine Verjährung in Betracht kommt. Jedenfalls bei Anwendung deutschen Sachrechts kann eine Verjährung im Ergebnis nicht angenommen werden. Der Zeitrahmen der zwischen dem Tag der letzten mündlichen Verhandlung (18. Juni 2020) und dem frühesten Zeitpunkt der Benutzungshandlungen, auf den der Vertragsentwurf zurückwirkt (1. September 2011), liegt, überspannt eine Periode von rund neun Jahren. Ausgehend von deutschem Sachrecht kommt für diesen Zeitraum jedenfalls insoweit eine Verjährung noch nicht in Betracht, als die durch § 141 Satz 1 PatG i. V. m. § 199 Abs. 4 PatG vorgesehene, unabhängig von einer Kenntniserlangung bestehende, absolute Verjährungsfrist von 10 Jahren noch nicht erreicht ist. Auch sofern es nach den Vorschriften des § 141 Satz 1 PatG i. V. m. §§ 195, 199 Abs. 2 BGB zu einem Verjährungseintritt für einen früheren Zeitraum (hier – bei frühestmöglicher Kenntnis – insbesondere für bis zum 31.12.2017 entstandene Ansprüche und ohne Berücksichtigung etwaiger zwischen den Parteien seit 2013 geführter Verhandlungen bzw. sonstiger Hemmungstatbestände) gekommen sein sollte, ist zu berücksichtigen, dass eine Abschöpfung dessen, was der Lizenznehmer durch die Benutzungshandlungen erlangt hat, nach Maßgabe von § 141 Satz 2 PatG i. V. m. § 852 Satz 1 BGB auch dann noch möglich ist, wenn Schadensersatzansprüche verjährt sind (sog. Restschadensersatzanspruch). Auch ein solcher Anspruch kann sich insbesondere nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie (BGH, GRUR 2019, 496, Rn. 16 – Spannungsversorgungsvorrichtung) bemessen, und verjährt gem. § 141 Satz 1 PatG i. V. m. § 852 Satz 2 BGB erst 10 Jahre nach seiner Entstehung. Im Hinblick auf diesen Zeitraum ist bereits ausgeführt, dass er vorliegend noch zu keinem Verjährungseintritt führt.
  180. (ff)
    Die Angemessenheit der unter Ziffer 4.5 vorgesehenen Zinszahlungspflicht ist insbesondere auch im Hinblick auf die Höhe hinreichend dargetan. Die Beklagten haben demgegenüber keine gegen die Angemessenheit sprechenden Gesichtspunkte vorgebracht.
  181. (aaa)
    Ziffer 4.5 des Vertragsentwurfs lautet in den hier maßgeblichen Passagen wie folgt:
    „Der Lizenzgeber hat auf den ausgestellten Rechnungen Zinsen entsprechend der im Erstbericht […] gemeldeten Beträge in Höhe von 5 % p.a. auszuweisen, wobei die Zinsen für jedes Kalenderjahr ab dem Tag des Inkrafttretens [gemäß Ziffer 1.4 der 1. September 2011] und bis zum Stichtag [gemäß der Präambel der Tag, an dem die Unterzeichnung erfolgt] gelten und der Betrag, auf den die Zinsen angewandt werden, die Summer der Lizenzgebühren ist, die bis zum Ende eines jeden Kalenderjahres als aufgelaufen berechnet wurden […]. Die Parteien erkennen an und vereinbaren, dass die Erhebung bisher aufgelaufener Zinsen eine faire und angemessene Schätzung (und keine Strafe) ist, die sich aus der verspäteten Zahlung von Lizenzgebühren vor dem Stichtag in Übereinstimmung mit den Bedingungen dieser Ziffer 4.5 ergeben.“
  182. (i)
    Die hier in Streit stehende Klausel regelt die Erhebung von Zinsen auf Lizenzgebührenzahlungen für Benutzungshandlungen, die zwischen dem Inkrafttreten des Vertrags, mithin gemäß Ziffer 1.4 der (im Verhältnis zu dem Datum der Vertragsunterzeichnung) in der Vergangenheit liegende 1. September 2011, und dem Tag der Unterzeichnung liegen. Das heißt die Lizenzzahlungen, die für die Vergangenheit anfallen, werden qua vertraglicher Regelung als verspätet behandelt. Die Erhebung der Zinsen dient bei verständiger Würdigung der Klausel entsprechend der unter lit. (dd) für das englische Recht dargelegten Auslegungsgrundsätze der Kompensation von Vermögenseinbußen, die der Lizenzgeber dadurch erlitten hat, dass ihm für vergangene Benutzungshandlungen (das heißt für Benutzungshandlungen bis zum Tag der Vertragsunterzeichnung) keine Lizenzgebühren gezahlt worden sind bzw. diese erst ab dem Tag des Zustandekommens des Lizenzvertrags entrichtet werden. Die Regelung stellt sich mithin als pauschalisierter Schadensersatzanspruch dar (auch das englische Recht erkennt jedenfalls seit der Entscheidung des House of Lords vom 18.07.2007 in Sempra Metals v Inland Revenue Zinsen als Schadensersatz an, vgl. dazu Arnold, RIW 2008, 264 ff.). Insoweit grenzt sich die Regelung von solchen Vereinbarungen ab, mit denen Fälligkeitszinsen geregelt werden. Obgleich auch einer solchen die Vorstellung eines gewissen Ausgleichs eines Mindestschadens (neben der Abschöpfung von bei dem Schuldner verbliebenen Vermögensvorteilen) zugrunde liegt, dient die Verpflichtung zur Zahlung von Fälligkeitszinsen regelmäßig dazu, den Vertragspartner zur rechtzeitigen Zahlung anzuhalten. Eine solche Einwirkung auf den Vertragspartner macht jedoch dann keinen Sinn, wenn die Zinszahlungspflicht in der Vergangenheit liegende Zahlungsansprüche betrifft, und eine vertragliche Pflicht zur Zahlung – wie vorliegend – erst in der Gegenwart statuiert worden ist. Die rechtzeitige Leistung solcher Zahlungen ist dann schon der Natur der Sache nach nicht mehr möglich.
    Weiter grenzt sich die Klausel zu einer solchen ab, bei der die Zinszahlungspflicht die Bestrafung eines vertragsuntreuen Verhaltens – etwa im Sinne einer Vertragsstrafe – bezweckt („[…], dass die Erhebung bisher aufgelaufener Zinsen eine faire und angemessene Schätzung“ (und keine Strafe) ist“; im englischen Originalwortlaut: „[…] that the Past Interest Charge is a fair and reasonable estimate (and not a penalty) […]“). Die Einwirkung auf die Motivation des Vertragspartners, sich vertragstreu zu verhalten und die ihm obliegende Zahlungspflicht rechtzeitig zu erbringen, ist aus den bereits im Zusammenhang mit der Abgrenzung zu einer Regelung über Fälligkeitszinsen dargelegten Gründen vorliegend nicht zielführend. Weiter macht der Wortlaut, wonach es sich bei der Erhebung der Zinsen um eine Schätzung handelt, deutlich, dass die Bemessung der Zinszahlung einen Sachverhalt zum Gegenstand hat, der eine solche Schätzung sinnvoll erscheinen lässt – was auf durch etwaige durch die verspätete Zahlung einer Geldforderung entstehende Vermögenseinbußen zutrifft. Dass die Höhe der Zinszahlungspflicht hingegen an einem Sanktionsgedanken ausgerichtet ist, ist der Regelung gerade nicht zu entnehmen.
  183. (ii)
    Ausgehend von dem Auslegungsergebnis nach Ziff. (i) kommt in der Klausel ein allgemeiner Gedanke des Handelsverkehrs zum Ausdruck, wonach ein Kaufmann ihm zustehendes Geld nutzbringend anlegen wird (OLG Düsseldorf, GRUR 1981, 45 (52) – Absatzhaltehebel; Kindler, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, Kommentar, 3. Auflage 2015, § 383, Rn. 1; ebenso Fischer, ZfPW 2018, 205 (207)). Ein so beschriebenes Interesse des Lizenzgebers an einer derartigen Regelung ist daher anzuerkennen, weshalb – was die Beklagten auch nicht in Abrede stellen – ein in freiem Wettbewerb agierender Vertragspartner eine diesen Regelungskomplex betreffende Klausel auch grundsätzlich hinnehmen würde. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn die Klägerin mit der Kombination aus rückwirkender Vergütungspflicht (dazu unter lit. (ee)) einerseits und Zinszahlungspflicht andererseits faktisch „Schadensersatzposten“ unzulässig vermischt. Denn erachtet man – wie dargelegt – die Rückwirkung des Vertrags auf den 1. September 2011 sowie die in Ziffer 4.5 statuierte Zahlungspflicht als kartellrechtlich unbedenklich, da die Klägerin auf diese Weise ihr ggf. aufgrund vergangener Benutzungshandlungen zustehende Schadensersatzansprüche „nachempfindet“, so kann sich ein Gesichtspunkt für die Unangemessenheit daraus ergeben, dass die Klägerin auf die beschriebene Art und Weise eine (vertragliche) Anspruchskonstellation schafft, die ihr nach den Grundsätzen des Schadensersatzrechts nicht zustehen würde. Das ist aber vorliegend nicht der Fall. In diesem Zusammenhang sind insbesondere der dem allgemeinen Schadensersatzrecht innewohnende allgemeine Grundsatz des Verbots der Überkompensation bzw. der Grundsatz des Verbots der Vermischung der drei unterschiedlichen Schadensberechnungsarten zu berücksichtigen. Eine Schadensersatzberechnung nach der sog. Lizenzanalogie, an die sich der Vertragsentwurf durch die Rückwirkung auf vergangene Benutzungshandlungen anlehnt (dazu unter lit. (ee)), lässt innerhalb der durch die soeben genannten Grundsätze vorgegebenen Grenzen die Erstattung unterschiedlicher Schadensposten zu (BGH, NJW 1980, 2522 (2524) – Tolbutamid; Heermann, GRUR 1999, 625 (630)). Danach ist grundsätzlich auch die Verzinsung des sich bei Anwendung der Methode der Lizenzanalogie ergebenden Ersatzanspruchs möglich (OLG Düsseldorf, GRUR 1981, 45 (52) – Absatzhaltehebel; Grabinski/ Zülch, in: Benkard, PatG, Kommentar, 11. Auflage, 2015, § 139, Rn. 71).
  184. (bbb)
    Das Augenmerk im Hinblick auf eine Angemessenheitsprüfung liegt hier maßgeblich auf der mit 5% p.a. angesetzten Höhe der zur Kompensation etwaiger Vermögenseinbußen zu leistenden Zahlungen, die sich jedoch im Ergebnis nicht als unangemessen darstellt. Der Klägerin ist grundsätzlich darin zu folgen, dass der Leitzins der Europäischen Zentralbank nicht allein aussagekräftig für die Schadenshöhe ist. Die im Zusammenhang mit der verspäteten Zahlung einer Geldschuld denkbaren Vermögenseinbußen sind vielfältig. Sie können beispielsweise neben den für eine Zwischenfinanzierung aufgewandten Kreditzinsen auch in dem Verlust von Anlagenzinsen und -gewinnen bestehen (vgl. hierzu und zu weiteren Schadensposten: Ernst, in: MüKo, BGB, Kommentar, 8. Auflage, 2019, § 286, Rn. 137). Die pauschalisierende Betrachtungsweise, die der hier gegenständlichen Klausel zugrunde liegt, spricht auch dafür, dass die Klausel diese grundsätzlich denkbaren Vermögenseinbußen erfassen soll. Für ein solch umfassendes Verständnis ist weiter auch anzuführen, dass durch die Rückwirkung des Vertrages auf Benutzungshandlungen seit dem 01. September 2011 weitergehende, außerhalb des Lizenzvertrags begründete Schadensersatzansprüche des Lizenzgebers, insbesondere solche aus Deliktsrecht, gegenüber dem Lizenznehmer nicht geltend gemacht werden können, weil diese Benutzungshandlungen durch den rückwirkenden Lizenzvertrag mit Zustimmung des Lizenzgebers erfolgen. Einerseits ist diese in diesem Sinne umfassende Abdeckung etwaiger Vermögenseinbußen in die Beurteilung der Angemessenheit der Zinshöhe in Richtung einer höher anzusetzenden Zinszahlungspflicht einzustellen. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass der Lizenzgeber nach der vorgeschlagenen Regelung von dem Nachweis eines bei ihm eingetretenen tatsächlichen Schadens entbunden wird, der ggf. mit erheblichem Aufwand verbunden, und zudem schwierig zu führen sein kann. Diese Tatsache begründet auf Seiten des Lizenznehmers das Interesse, dass der vereinbarte Zinsanspruch nicht zu hoch ausfällt. Die Klägerin selbst quantifiziert ihr Vorbringen zur Schadenshöhe nicht, insoweit ergeben sich jedoch aus gesetzgeberischen Wertungen Indizien dafür, dass eine Zinshöhe von 5% p.a. nicht unangemessen ist. Das gilt unbeschadet der Tatsache, dass die nachfolgenden Normen in einem durch den vorgeschlagenen Entwurf begründeten Lizenzvertragsverhältnis nicht zur Anwendung gelangen würden, weil es sich dabei um deutsches Sachrecht handelt. Der Kammer kommt es insoweit jedoch auf die Bewertung der Tatsachengrundlage an, welche Höhe des Zinsanspruchs grundsätzlich eine Schadenskompensation hinreichend erwarten lässt.
    So sieht § 352 Abs. 1 HGB einen Zinssatz in Höhe von 5% p.a. vor, wobei hiergegen teilweise der Vorwurf erhoben wird, dass dies die typischen Kosten, die dem Gläubiger durch die Nichtzahlung bei Fälligkeit entstehen, nicht abdecke (Ernst, ebd., § 246, Rn. 37; a. A. Grundmann, in: MüKo, BGB, Kommentar, 8. Auflage, 2019, § 246, Rn. 2, 37). Ausgehend von dieser Regelung ist in der Rechtsprechung im Rahmen eines angemessenen Schadensausgleichs nach der Berechnungsmethode der Lizenzanalogie von einer Verzinsung der sich ergebenden Schadenssumme in dieser Höhe ausgegangen worden (OLG Düsseldorf, GRUR 1981, 45 (52) – Absatzhebelhalter). Schließlich haben auch die Beklagten nicht dargetan, dass sich auch der niedrige Leitzins in einem so großen Umfang niederschlägt, dass davon auszugehen ist, dass ein Wert von 5% p.a. unterschritten wird. § 288 Abs. 2 BGB sieht für Verzugszinsen einen Zinssatz von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz vor, der gem. § 247 Abs. 1 Satz 3 BGB den Leitzins der europäischen Zentralbank berücksichtigt. Die Regelung des § 288 Abs. 2 BGB erfolgt dabei in Umsetzung der Richtlinie 2000/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. Juni 2000 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr (ABl. EG Nr. L 200 S. 35), die für Geschäfte, an denen Verbraucher nicht beteiligt sind, einen Mindestzinssatz in Höhe von 7 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz vorsieht (Art. 3 Abs. 1 lit. d)). Auch bei Anwendung eines solchen Zinssatzes ergibt sich für den hier maßgeblichen Zeitraum (01.09.2011 bis 18.06.2020) bei Zugrundelegung eines dynamischen Verzugszinssatzes von 7 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz stets ein über 5 % liegender Zinssatz (Ein zu verzinsender Betrag von EUR 100,00 wurde willkürlich und ohne Relevanz für das hier streitige Verfahren ausgewählt.):
  185. Nach alledem stellt sich auch die Höhe des Zinsanspruchs nicht als unangemessen dar.

    (gg)
    Die Art und Weise, in der die Klägerin die Tochtergesellschaften der Beklagten in den Vertrag einbezieht, stellt sich nicht als unangemessen im Sinne des Ausbeutungstatbestandes dar. Grundsätzlich besteht auch auf Seiten eines als Muttergesellschaft eines Konzerns fungierenden Lizenznehmers ein Interesse daran, dass Tochtergesellschaften eine Lizenz an einem für die Umsetzung eines bestimmten Standards relevanten Schutzrechtsportfolio nehmen können. Ein solches ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn mindestens eine Tochtergesellschaft in Umsetzung der Vertriebsstruktur eines Konzerns von der Zustimmung des SEP-Inhabers abhängende Benutzungshandlungen, wie beispielsweise die Herstellung den Standard implementierender Mobilfunkgeräte oder deren Vertrieb, übernimmt. Die Herbeiführung einer Lizenzierung über Lizenzverhandlungen mit der Muttergesellschaft entspricht – wie die Kammer aufgrund der in den letzten Jahren geführten Patentstreitverfahren mit kartellrechtlichem Zwangslizenzeinwand bekannt ist – dabei regelmäßig der jeweiligen Konzernstruktur. Denn oftmals ist nicht jede Tochtergesellschaft selbst mit einer eigenen Rechtsabteilung und dem technischen/ wirtschaftlichem Know-How zur Durchführung komplexer Lizenzverhandlungen ausgestattet. Dass auch auf Seiten der Beklagten ein solches Interesse besteht, stellen diese vorliegend nicht in Abrede. Das auf Seiten der Muttergesellschaft bestehende Interesse kann rechtlich grundsätzlich in unterschiedlicher Weise umgesetzt werden. So kann am Ende der Lizenzverhandlungen mit der Muttergesellschaft die Lizenzvergabe auch an jedes Tochterunternehmen stehen, oder aber die Muttergesellschaft erhält ein Recht zur Unterlizenzvergabe. Auch ist denkbar, dass die Muttergesellschaft eine die Vertriebshandlungen des gesamten Konzerns erfassende Lizenz nimmt. Sofern andere Konzernunternehmen lediglich als Vertriebsgesellschaften der Muttergesellschaft („Vertriebskette“) fungieren, kann eine Lizenznahme allein der Muttergesellschaft ausreichend sein, um den Vertrieb der Tochtergesellschaften sodann über den Erschöpfungsgrundsatz zu legitimieren (zu den bestehenden Möglichkeiten insgesamt LG Düsseldorf, Urt. v. 09.11.2018, Az.: 4a O 16/17, Rn. 263, zitiert nach juris).Nach dieser Maßgabe gilt im Hinblick auf den hier vorliegenden Vertragsentwurf Folgendes:

  186. (aaa)
    Ziffer 2.3 wählt für das hier in Rede stehende Vertragsrechtsverhältnis grundsätzlich die Form der Unterlizenzvergabe von der Mutter- an die Tochtergesellschaften. Soweit die Beklagten geltend machen, dass nach der zitierten Klausel alle Konzerngesellschaften allen Verpflichtungen des Lizenzvertrags unterworfen werden, was zu einer unangemessenen Benachteiligung führe, da einzelne Konzerngesellschaften nicht über die notwendigen Informationen und notwendigen finanziellen Mittel verfügen würden, um auch für andere Konzerngesellschaften zu haften, kann dies anhand der vertraglichen Regelung nicht nachvollzogen werden. Für das Verständnis des Vertragspassus ist von den unter lit. (dd) dargestellten Auslegungsgrundsätzen auszugehen. Da vorliegend „lediglich“ eine einfache Nutzungsrechtseinräumung in Rede steht, bleibt eine Rechtswahl, wie in Ziffer 9.1 des Vertrags vorgenommen, möglich (anders für die Gewährung einer ausschließlichen Lizenz, für die das Schutzlandprinzip gilt: OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.10.2018, Az.: I-2 U 30/16, Rn. 71, zitiert nach BeckRS 2018, 34555). Eine von den Beklagten angenommene, sämtliche Tochtergesellschaften aus dem Vertrag treffende Verpflichtung besteht nicht. Sie ergibt sich weder aus dem einleitenden Passus „Vorbehaltlich der Zahlungen gemäß Ziffer 4 dieses Vertrags […]“ noch daraus, dass es darin weiter heißt:
    „Der Lizenznehmer erkennt an, dass ein unterlizenziertes verbundenes Unternehmen in jeder Hinsicht an alle in diesem Vertrag enthaltenen Verpflichtungen gebunden ist, und dass der Lizenznehmer für die Einhaltung dieser Verpflichtungen durch seine unterlizenzierten verbundenen Unternehmen verantwortlich ist. Der Lizenznehmer ist in erster Linie für die in Ziffer 4 genannten Entgelte für Aktivitäten eines unterlizenzierten verbundenen Unternehmens verantwortlich.“
  187. Aus dem zitierten Passus geht hervor, dass die Unterlizenznehmer insbesondere für die Benutzung der Portfoliopatente eine Vergütung zu entrichten haben, die derjenigen nach Ziffer 4.2 entspricht. Dabei hat der Hauptlizenznehmer dafür Sorge zu tragen, die aus dem Hauptlizenzvertrag bestehenden Pflichten an die Unterlizenznehmer weiterzugeben. Für die Einhaltung derselben haftet er gegenüber dem Lizenzgeber. Dies wird auch in Ziffer 4.1 klargestellt, der lautet (Hervorhebung diesseits):
    „[…] In Anbetracht der hierin gewährten Lizenzen und Verzichtserklärungen wird der Lizenznehmer dem Lizenzgeber die folgenden Beiträge […] für die Aktivitäten des Lizenznehmers und seiner verbundenen Unternehmen im Gebiet während der Laufzeit zahlen […].“
  188. In Ziffer 4.5 heißt es in Übereinstimmung mit der soeben zitierten Vertragsstelle (Hervorhebung diesseits):
    „Der Lizenznehmer wird dem Lizenzgeber im eigenen Namen und im Namen seiner verbundenen Unternehmen die in Ziffer 4.2 genannten Lizenzgebühren spätestens fünfundvierzig (45) Tage nach dem Tag zahlen, an dem der Bericht gemäß Ziffer 4.7 fällig wird.“
  189. Entsprechend ist auch die Berichtspflicht nach Ziffer 4.7,
  190. „Der Lizenznehmer hat im eigenen Namen und im Namen seiner verbundenen Unternehmen innerhalb von fünfundvierzig (45) Tagen nach dem Stichtag […] einen schriftlichen Bericht […] vorzulegen, […].“,
  191. und nach Ziffer 5.1 ausgestaltet:
    „Der Lizenznehmer wird […] dafür sorgen, dass auch seine verbundenen Unternehmen dasselbe tun, damit die im Rahmen dieses Vertrags zu zahlenden Lizenzgebühren ermittelt werden können.“
  192. In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass der Lizenzvertrag unter Ziffer 1.2 „verbundenes Unternehmen“ derart definiert, dass es sich dabei um ein Unternehmen handelt, das zu jeder Zeit die Vertragspartei kontrolliert, von diesem kontrolliert wird oder unter gemeinsamer Kontrolle mit dieser Vertragspartei steht. Da als Vertragspartner der Klägerin vorliegend die Beklagte zu 1) anvisiert ist (vgl. zur C UK Ltd. sogleich unter lit. (bbb)), kommen lediglich solche Konstellationen in Betracht, in denen die Beklagte zu 1) die anderen Unternehmen kontrolliert, wobei Kontrolle nach Ziffer 1.2 bedeutet, dass das Unternehmen direkt oder indirekt mehr als 50% der Stimmrechte hält bzw. mehr als 50% Kapitalanteile besitzt. Die Unterlizenzgewährung – nach Ziffer 2.3 darf eine Lizenz nur an verbundene Unternehmen weitergegeben werden – ist damit an eine bestehende Einwirkungsmöglichkeit des Hauptlizenznehmers gegenüber dem Unterlizenznehmer gebunden, die die Annahme rechtfertigt, dass es der Beklagten zu 1) als Lizenznehmerin auch möglich ist, die Rechte aus dem Lizenzvertrag entsprechend weiterzugeben. Das vertragliche Konstrukt ähnelt hier insoweit demjenigen, bei welchem die Muttergesellschaft eine konzernweite Lizenz nimmt. Die Möglichkeit einer Inanspruchnahme der Unterlizenznehmer durch die Klägerin aufgrund des mit der Beklagten zu 1) bestehenden Lizenzvertrags geht nach alledem aus dem Vertragsentwurf nicht hervor. Anlass zu einer anderen Beurteilung könnte höchstens die Formulierung geben, wonach der Lizenznehmer „in erster Linie“ haftet. Dieser Passus aber stellt bei Berücksichtigung des dargestellten Gesamtkontextes lediglich klar, dass sich der Hauptlizenznehmer gegenüber dem Lizenzgeber im Hinblick auf eine etwaige Haftung für die durch die Unterlizenznehmer zu zahlenden Gebühren nicht dadurch entledigen können soll, dass er den Lizenzgeber auf die Unterlizenznehmer verweist. Der hier betrachtete Passus fügt sich damit in das dargelegte Auslegungsergebnis ein, wonach eine direkte Inanspruchnahme der Unterlizenznehmer aus dem Hauptlizenzvertrag gerade nicht stattfinden kann, und die Vergütung auch für Benutzungshandlungen dieser Unterlizenznehmer im Verhältnis der Parteien des Hauptlizenzvertrags erfolgen soll. Selbst dann aber, wenn man eine direkte Verpflichtung der Unterlizenznehmer gegenüber dem Lizenzgeber annehmen wollte, ist der Vertragspassus jedenfalls nicht so weit zu verstehen, dass auf seiner Grundlage eine Inanspruchnahme von Tochtergesellschaften für Benutzungshandlungen anderer Gesellschaften erfolgen könnte. Selbst bei einer weiten Interpretation des in Rede stehenden Passus würde jeder Unterlizenznehmer nur in dem Umfang haften, wie er selbst Benutzungshandlungen vornimmt. Eine Unangemessenheit wird aber auch dann im Ergebnis aus der streitgegenständlichen Klausel nicht ersichtlich, weil auch die Tochterunternehmen keine Benutzung im Sinne einer Freilizenz beanspruchen können. Dass auch die Klägerin die streitgegenständliche Klausel nicht in dem Sinne versteht, dass sie etwaige Rechte aus dem Vertrag unmittelbar gegen die Tochtergesellschaften geltend machen kann, wird darin deutlich, dass sie eine Aufnahme einer Tochtergesellschaft der Beklagten zu 1) (der C UK Ltd.) anstrebt, um diese gerade auch gerichtlich in Anspruch nehmen zu können (vgl. dazu unter lit. (bbb)).
  193. (bbb)
    Auch begegnet es im Hinblick auf das Vorliegen eines Ausbeutungstatbestandes keinen Bedenken, dass die C UK Ltd. in dem Vertragsentwurf der Klägerin als zusätzliche Vertragspartnerin neben der Beklagten zu 1) als Muttergesellschaft aufgenommen ist. Die Beklagten greifen die Aufnahme der C UK Ltd. als Vertragspartnerin lediglich insoweit an, als nicht nachvollziehbar sei, weshalb andere Konzerngesellschaften – im Unterschied zur C UK Ltd. – „lediglich“ im Wege der Mitlizensierung berechtigt sein sollen. Welche Folgen daraus im Hinblick auf die Frage eines Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung unter Ausbeutungsgesichtspunkten resultieren, bleibt offen. Dem Vortrag der Beklagten ist in diesem Zusammenhang – was Anknüpfungspunkte für eine Unangemessenheit begründen könnte – insbesondere nicht zu entnehmen, dass die C UK Ltd. selbst kein Interesse an einer Lizenznahme hat, insbesondere deshalb, weil sie selbst keine lizenzpflichtigen Benutzungshandlungen vornimmt. Nimmt aber die C UK Ltd. selbst dem Patentinhaber vorbehaltene Handlungen vor, ist auch sie zur Lizenznahme gegenüber der Klägerin verpflichtet. Es ist auch nicht vorgetragen oder erkennbar, dass die C UK Ltd. nicht zur Lizenznahme bereit ist, bzw. die Beklagte zu 1) nicht auf die C UK Ltd. im Hinblick auf eine Lizenznahme einwirken könnte, wofür grundsätzlich spricht, dass die Beklagte zu 1) als Muttergesellschaft die Lizenzverhandlungen für den gesamten Konzern führt. Die Einbeziehung in den Vertrag mit der Beklagten zu 1) stellt die C UK Ltd. dabei grundsätzlich auch nicht schlechter als diese im Falle einer Unterlizenzierung durch die Muttergesellschaft stünde. Etwas anderes könnte dann gelten, wenn die die C UK Ltd. nach dem vorgeschlagenen Lizenzvertrag treffenden Verpflichtungen umfangreicher sind, als diejenigen, die sie im Rahmen einer eigenen Lizenznahme treffen würden, und sie wirtschaftlich nicht dazu in der Lage ist, diese umfangreicheren Pflichten zu erfüllen. Denn dann wäre im Falle einer Inanspruchnahme durch die Klägerin zu befürchten, dass sich die C UK Ltd. nicht als Marktteilnehmerin halten könnte. In diesem Zusammenhang ist die unter lit. (aaa) dargelegte Haftung des Hauptlizenznehmers für von etwaigen Unterlizenznehmern zu leistenden Gebührenzahlungen beachtlich. In der Präambel des Vertragsentwurfs ist ausgeführt, dass die Beklagte zu 1) und die C UK Ltd. zusammen als Lizenznehmer bezeichnet werden. Die sich aus Ziffer 2.3 im Hinblick auf die Unterlizenzierung ergebenden Pflichten sind an „den Lizenznehmer“ adressiert. Für eine Auslegung dahingehend, dass in Abweichung dazu nur derjenige der Hauptlizenznehmer haften soll, der die Unterlizenz auch vergibt, liegen keine Anhaltspunkte vor. Dagegen steht auch der hiesige Prozessvortrag der Klägerin, dass sie eine Aufnahme der C UK Ltd. gerade deshalb anstrebt, um diese im Hinblick auf die den Lizenznehmer treffenden vertraglichen Pflichten in Anspruch nehmen zu können. Die Beklagten tragen jedoch nicht vor, dass die C UK Ltd. nach ihren wirtschaftlichen Verhältnissen nicht dazu in der Lage ist, auch Verpflichtungen in diesem Sinne zu erfüllen. Sie bringen zwar in einem anderen Zusammenhang – nämlich im Zusammenhang mit ihrem Verständnis zu Ziffer 2.3 (wie unter lit. (aaa)) dargelegt) – vor, dass grundsätzlich nicht jede Tochtergesellschaft sämtliche Verpflichtungen aus dem Hauptlizenzvertrag erfüllen könne, dieser Vortrag ist aber gerade nicht konkret auf die C UK Ltd. bezogen. Unbeschadet dessen ist aber bei der Beurteilung der Angemessenheit insoweit vorliegend auch zu berücksichtigen, dass sich eine in dem dargestellten Sinne weitgehende Haftung der C UK Ltd. mit den entsprechenden wirtschaftlichen Folgen nur dann auswirkt, wenn die jeweilige Tochtergesellschaft bzw. die Beklagte zu 1) als Muttergesellschaft ihren Zahlungsverpflichtungen im „Innenverhältnis“ nicht nachkommen. Schließlich ist ein Interesse der Klägerin an der Einbeziehung eines europäischen Tochterkonzerns aufgrund der gerichtsbekannt bestehenden Probleme bei der Rechtsdurchsetzung in China, etwa dann, wenn es um die Zustellung der Klageschrift geht, grundsätzlich auch anzuerkennen.
  194. (hh)
    Soweit Ziffer XXX-Standardspezifikationen aus dem Vertragsgegenstand ausnimmt, begründet dies keine unangemessene Benachteiligung der Beklagten. Bei Angebot einer Portfoliolizenz darf sich der Lizenzsucher zwar grundsätzlich darauf verlassen, dass die von dem jeweiligen Lizenzgeber gehaltenen, für den Standard wesentlichen Patente auch umfassend in dem Portfolio enthalten sind (vgl. zu den Vorteilen einer Portfoliolizenz aus Sicht des Lizenznehmers unter lit. (aa)). Bei den XXX-Standardspezifikationen handelt es sich jedoch um eine lokal ausgeprägte Anpassung der 3G Luftschnittstelle, die außerhalb der 3G-Gruppe erarbeitet wurde. Insoweit ist nicht ohne weiteres davon auszugehen, dass mit der Umsetzung des 3G-Standards stets auch die Benutzung XXX relevanter Patente einhergeht, und insoweit jeder Implementierer dieses Standards ein Interesse an einer Lizenznahme auch an XXX Patenten hat. Die Ausnahme dieser Patente aus dem Lizenzvertrag stellt sich vor diesem Hintergrund vielmehr als angemessen dar. Der pauschale Vortrag der Beklagten, dass diese Spezifikationen für Verkäufe in China relevant sind, rechtfertigt keine andere Bewertung. Daraus ergibt sich insbesondere nicht, dass ohne diese Spezifikationen ein wettbewerbsfähiges 3G-fähiges Produkt auf dem chinesischen Markt, den der Lizenzvertrag grundsätzlich mit lizensiert, nicht vertrieben werden kann.
  195. cc)
    Die Beklagten haben auf das FRAND-gemäße Angebot der Klägerin auch mit Schreiben vom 02.06.2020 (Anlage B6) ihrerseits kein FRAND-gemäßes Gegenangebot unterbreitet. Es fehlt schon an den erforderlichen Erläuterungen zu der in dem Gegenangebot vorgeschlagenen Lizenzhöhe (dazu unter lit. (aaa)). Darüber hinaus ist nicht dargetan, dass die Lizenzgebühren angemessen sind (dazu unter lit. (bbb)).
  196. (aaa)
    Die Beklagten erläutern das von ihnen unterbreitete Gegenangebot nicht hinreichend. Die Anforderungen an die den Lizenzsucher im Zusammenhang mit seinem Gegenangebot treffenden Erläuterungspflichten verlaufen spiegelbildlich zu denjenigen, die für den Patentinhaber hinsichtlich seines Angebots bestehen (Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 377; vgl. zu den Erläuterungspflichten des Lizenzgebers unter lit. bb), (2), (a)). Die Beklagten erfüllen diese Erläuterungspflichten vorliegend nicht. Sie zeigen die konkrete Berechnung der Lizenzgebühren nach dem von M gewählten „Top-Down-Ansatz“ („Modell IV“) nicht auf. Diejenigen Anlagen, aus denen sich die einzelnen Berechnungsschritte ergeben, sind dem Gutachten nicht beigefügt und liegen der Klägerin auch nicht erkennbar in anderem Zusammenhang, insbesondere aufgrund der Verfahrensbeteiligung in dem englischen Verfahren, vor. Dies betrifft insbesondere die Anhänge („LEO Annexe 15, 15.A., 15.B, 15.D und 15 E), aus denen sich die Berechnung des „Nenners“ ergibt (vgl. hierzu auch E-Mail der Klägerin v. 11.06.2020, Anlage EIP B43, S. 1, 1. Pkt). Ein noch gesteigertes Erläuterungsbedürfnis in diesem Zusammenhang ergibt sich aus der Tatsache, dass die von dem Privatgutachter angenommene Gesamtpatentzahl für einen der hier maßgeblichen Standards nicht nur oberhalb der von G in dem UP-Urteil 1 zugrunde gelegten Zahlen liegt, sondern auch diejenigen überschreitet, von denen das amerikanische Gericht in seiner Entscheidung TCL v. TT (Case 8:14-cv-00341-JVS-DFM) (vgl. Anlage B7a, S. 67, Rn. 204) ausgegangen ist. Auch sind der Klägerin die Anlagen, die ausweislich des Inhaltsverzeichnisses des Gutachtens die konkrete Ermittlung der Lizenzgebühren anhand des sog. „YY“ (YY) enthalten, nicht zur Kenntnis gebracht worden. Soweit die Beklagten mit E-Mail vom 09.06.2020 (Anlage EIP B43) zur Erläuterung auf den in dem hiesigen Verfahren vorgelegten Schriftsatz vom 02.06.2020, dort insbesondere Randnummern 12, 15 und 14 verweisen, ergibt sich eine im Hinblick auf die Bestimmung des Nenners ergänzende Erläuterung aus diesen nicht. Diese fassen – wenn sie überhaupt einen Bezug zu dem Gegenangebot erkennen lassen (Randnummer 15 leitet zu der technischen Diskussion über) – vielmehr einzelne Inhalte des Gutachtens verallgemeinernd zusammen. Auch aus der genannten E-Mail ergeben sich keine weitergehenden Informationen.
  197. (bbb)
    Ausgehend davon, dass die Beklagten ihr Gegenangebot nicht in dem erforderlichen Umfang erläutern (dazu unter lit. (aaa)), sowie die Tatsache berücksichtigend, dass sie ganz überwiegend lediglich pauschal auf das Gutachten verweisen, vermag die Kammer vorliegend auch nicht zu erkennen, dass das Gegenangebot angemessene Lizenzgebühren bestimmt. Dagegen sprechen insbesondere die nachfolgenden Gesichtspunkte.
  198. (i)
    Der Ansatz Ms lässt nicht erkennen, ob und wenn ja inwiefern bei der Gebührenermittlung auch Vergleichslizenzraten eingeflossen sind.
    Bei dem Vergleichsmarktkonzept handelt es sich grundsätzlich um das – gegenüber einem reinen Top-Down-Approach – vorrangig anzuwendende Konzept, weil es eine Anbindung an tatsächliche Marktverhältnisse ermöglicht (zum grundsätzlichen Vorrang des Vergleichsmarktkonzeptes vgl. auch Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 518). Gleichwohl ist der „Top-Down-Approach“ auch bei Anwendung des Vergleichsmarktkonzepts nicht bedeutungslos, weil er – wie auch das Vorgehen in dem UP-Urteil 1 zeigt – als Kontrollmechanismus der durch Vergleich mit bestehenden Lizenzverträgen ermittelten Gebühren dienlich ist (vgl. zur Kontrolle „freihändig“ ermittelter Lizenzgebühren an dem Gesamtlizenzbedarf auch Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 520). Einzelne Gutachtenstellen lassen – worauf bereits hingewiesen worden ist (unter lit. bb), (3), (c), (bb), (ccc), (ii), (α)) – vermuten, dass M zumindest auch in geringem Umfang bestehende Lizenzverträge betrachtete (Anlage B7a, S. 53, Rn. 164 und S. 87, Rn. 264). Ob und inwiefern diese bei der Gebührenermittlung eine Rolle spielen, lässt sich dem Gutachten nicht entnehmen. Die Ausführungen zu dem Vorgehen Ms nach dem „Top-Down-Approach“ (S. 54 ff., Rn. 168 ff.) sprechen eher dafür, dass M sich allein an dem „Top-Down-Approach“ orientierte, obwohl er, wenn auch in geringem Umfang, einem Vergleich zugängliche Verträge untersucht hat.
  199. (ii)
    Der Ansatz Xs vermag auch deshalb die Angemessenheit der in dem Gegenangebot veranschlagten Gebühren nicht hinreichend darzutun, weil er darin sowohl die zum Rechtsbestand als auch zur Standardessentialität der Patente ergangenen Entscheidungen, die die Klägerin zur Berechnung ihres Lizenzangebots ansetzt, derart berücksichtigt, dass er diese Patente von der Berechnung ausnimmt (Anlage B7a, S. 57, Rn. 179 und S. 58, Rn. 180 und Rn. 183 und S. 82, Rn. 250). Dies aber kann unter Berücksichtigung des Vortrags der Beklagten zur Standardessentialität dieser Patente (dazu unter lit. bb), (3), (c), (bb), (ccc), (iii), (β)) nicht nachvollzogen werden. Das gilt umso mehr, als sich der Privatgutachter zur Bestimmung des „Zählers“ weiter auf eine „von den Beklagten durchgeführte technische Analyse“ (Anlage B7a, S. 57, Rn. 179.) bezieht, die auch im Zusammenhang mit dem Gutachten nicht vorgelegt wird (der in der zitierten Textstelle in Bezug genommene „Absatz 40“ kann in die Betrachtung nicht einbezogen werden. Er befindet sich auf den Seiten 8 – 14 des Gutachtens, die nicht Bestandteil des hier vorgelegten Gutachtenteils sind.)
  200. VII.
    Die Klägerin hat gegen die Beklagten Ansprüche auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung, Auskunft und Rechnungslegung, soweit Klagepatentanspruch 1 verletzt ist
  201. 1.
    Die Klägerin hat gegen die Beklagten dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz aus Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 1 und 2 PatG in tenoriertem Umfang.
    Das für die Zulässigkeit des Feststellungsantrags gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass die Klägerin derzeit nicht in der Lage ist, den konkreten Schaden zu beziffern und ohne eine rechtskräftige Feststellung der Schadensersatzpflicht die Verjährung von Schadensersatzansprüchen droht.
    Die Beklagten sind zum Schadensersatz verpflichtet, weil sie die Patentverletzung schuldhaft begingen. Als Fachunternehmen hätten sie die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Es ist auch nicht unwahrscheinlich, dass der Klägerin durch die Schutzrechtsverletzung ein Schaden entstanden ist.
  202. 2.
    Der Klägerin steht gegen die Beklagten auch ein Anspruch auf Rechnungslegung und Auskunft in tenoriertem Umfang zu. Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsform ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus § 140b Abs. 1 PatG, der Umfang der Auskunftspflicht aus § 140b Abs. 3 PatG. Die weitergehende Auskunftspflicht und die Verpflichtung zur Rechnungslegung folgen aus §§ 242, XXX BGB, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern. Die Klägerin ist auf die tenorierten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagten werden durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.
  203. C.
    Der hilfsweise Antrag der Beklagten, den Rechtsstreit auszusetzen, bis das Bundespatentgericht über die anhängigen Nichtigkeitsklagen entschieden hat, wird aufgrund des zwischenzeitlich ergangenen Urteils des Bundespatentgerichts dahingehend ausgelegt, dass der Rechtsstreit ausgesetzt werden soll, bis eine rechtskräftige Entscheidung vorliegt.
    Eine Aussetzung des Rechtsstreits nach § 148 ZPO ist vorliegend nicht geboten. Das Bundespatentgericht hat nach Schluss der mündlichen Verhandlung über die Nichtigkeitsklage entschieden. Es hat das Klagepatent mit Urteil vom 15. Juli 2020 in der hier geltend gemachten beschränkten Fassung aufrechterhalten und das zusätzliche Merkmal des Unteranspruchs 16 in den Unteranspruch 15 aufgenommen. Der Wortlaut des Klagepatentanspruchs 1 ist nicht eingeschränkt worden.
    Es liegen keine besonderen Umstände, wie nachweisbar unrichtige Annahmen oder eine nicht mehr vertretbare Argumentation, vor. Sofern die Kammer im hiesigen Verfahren das Merkmal 1.7 anders auslegt als das Bundespatentgericht, stellt diese Abweichung keinen Grund für durchgreifende Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Bundespatentgerichts dar.
  204. I.
    Dem Klagepatent mangelt es nicht an der Ausführbarkeit.
    In der Nennung von Parametern zur Kanalauswahl in unter anderem Anspruch 1 stellt keine mangelnde Offenbarung dar, aufgrund derer der Fachmann die Erfindung nicht ausführen kann. Denn sowohl aus den Ansprüchen als auch der Beschreibung mitsamt der Figuren ergeben sich ausführbare Beispiele. So nennt beispielsweise Anspruch 7 die Größe des zu übertragenden Pakets als Beispiel für einen Kanalauswahlparameter (siehe auch den qualifizierten Hinweis des Bundespatentgerichts, Anlage EIP B 41, S.8).
    Es mangelt auch nicht an der Ausführbarkeit für den Fachmann, weil aus dem Stand der Technik nur bekannt war, dass das Netzwerk die Kanalauswahlentscheidung trifft und die erfindungsgemäße Lehre hingegen eine Kanalauswahlentscheidung durch die Mobilstation vorsieht. Denn ein entsprechendes Ausführungsbeispiel wird in Absatz [0043] erläutert (Anlage EIP B 41, S.9).
  205. II.
    Eine unzulässige Erweiterung im Hinblick auf den Klagepatentanspruch 1 liegt nicht vor, da der Anspruch wortgleich zu dem ursprünglich offenbarten Anspruch ist. Auch das Bundespatentgericht hat sich dahingehend nicht geäußert (Anlage EIP B 41).
    Auch in der Änderung des Anspruchs 1 dahingehend, dass statt Mitteln zum Empfangen eines Kanalauswahlparameterwertes nunmehr Mittel zum Empfangen eines Schwellenwerts eines Kanalauswahlparameters von dem System an die Mobilstation übertragen werden, ist keine unzulässige Erweiterung zu sehen. Denn das Senden eines Schwellenwerts (threshold value) ergibt sich bereits aus dem ursprünglich offenbarten Anspruch 11 (Anlage EIP B 41, S.9).
  206. III.
    Die klagepatentgemäße Lehre des Verfahrensanspruchs 1 wird durch die von den Beklagten eingeführte Entgegenhaltung „A proposal for an RLC/MAC Protocol“ von Robool et al. (im Folgenden: NK 8; siehe unten, Ziff. 1) und die Druckschrift US 5 673 XXX A (im Folgenden: NK 7; siehe unten, Ziff. 2) nicht neuheitsschädlich vorweggenommen. Auch die weiteren, in dem parallelen Verfahren mit dem Aktenzeichen 4b O 48/18 eingeführten Entgegenhaltungen ETSI TS 125 331 V3.1.0 (2000-01) (im Folgenden NK1; siehe unten, Ziff. 3) und die des Telecommunication Technology Committee, 3GPP1 TSG RAN WG2 (im Folgenden: NK2) und der Protokollentwurf UE-FF L3 Signaling Protocol Vol 9 Ver. 1.0.0 (im Folgenden: NK3) nehmen den Gegenstand der erfindungsgemäßen Lehre des Verfahrensanspruchs 1 nicht neuheitsschädlich vorweg (siehe unten, Ziff. 4).
    Auch ist nicht erkennbar, dass die erfindungsgemäße Lehre nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht (siehe unten, Ziff. 5).
  207. 1.
    Die Entgegenhaltung „A proposal for an RLC/MAC Protocol“ von Robool et al. (in deutscher Übersetzung Anlage TALIENS B 4/8a im Folgenden: NK 8) nimmt die in den Klagepatentansprüchen offenbarte erfindungsgemäße Lehre nicht neuheitsschädlich vorweg.
    Die NK 8 beschäftigt sich mit einem Vorschlag für ein RLC/MAC-Protokoll und deren Konzipierung derart, dass mehrere Dienste unterstützt werden, ohne dass eine Übertragung mit mehreren Spreizcodes erforderlich ist.
    Die NK 8 offenbart das Senden von Daten im Uplink auf einem M (siehe NK 8, S. 108, li. Sp., letzter Abs.) und auf dem N (NK 8, S. 109, re. Sp., 2. Abs.). Die NK 8 offenbart ferner einen Schwellenwert in Form einer bestimmten Übertragungsrate (transmission format, TF; siehe NK 8, S. 108, re. Sp. Mitte), die vom Netzwerk an die Mobilstation übermittelt wird (NK 8, S. 110, li. Sp., Mitte).
    Die NK 8 offenbart auch, dass die MAC-Schicht in dem Sprach- oder Datenübertragungsdienst einen Schwellenwert in Abhängigkeit von dem Schwellenwert des jeweils anderen Dienstes zuweist (NK 8, S. 111, li. Sp., unten).
    Die NK 8 offenbart jedoch nicht die Merkmale 1.5 und 1.6 bzw. 15.3, 15.4 und 15.5, da der Vergleich eines Kanalauswahlparameters mit dem Schwellenwert nicht eindeutig beschrieben wird (siehe auch den qualifizierten Hinweis des Bundespatentgerichts, Anlage EIP B 41, S.12).
  208. 2.
    Die Druckschrift US 5 673 XXX A (in deutscher Übersetzung Anlage TALIENS B 4/7a; im Folgenden: NK 7) nimmt den Gegenstand der erfindungsgemäßen Lehre ebenfalls nicht neuheitsschädlich vorweg.
    Es handelt sich bei der NK 7 um eine Druckschrift, die bereits im Prüfungsverfahren vor dem Europäischen Patentamt berücksichtigt wurde (dort als D1). Wie oben bereits beschrieben, befasst sich die Entgegenhaltung mit einem digitalen Kommunikationssystem mit einer Vorwärts- und Rückwärtsstrecke zur Datenpaketübertragung (siehe oben, Ziff. II).
    Die NK 7 offenbart zwar das Senden von Datenpaketen im Uplink über einen M oder einen N. Sie zeigt aber weder, dass der Mobilstation ein Schwellenwert zugesandt wird, noch, dass die Mobilstation einen Vergleich eines Kanalauswahlparameters mit einem Schwellenwert durchführt. Die Beklagten verweisen in diesem Zusammenhang auf Sp. 27, Z. 6-13 der NK 8, in der es heißt:
    „Mobile stations can request assignment to a CDMA Traffic Channel by sending a CDMA Origination Message instead of a Paging/Packet Channel Request when initiating packet data service. Mobile stations can also establish their own criteria for making the transition between Traffic Channel and Packet/Paging Channels, so long as the resulting procedures do not conflict with the base station’s procedures.“
    Die Beklagten entnehmen dieser Textstelle, dass die Mobilstation nicht nur dazu eingerichtet sein müsse, selbst Schwellendaten festlegen zu können, sondern sich diese auch von der Basisstation zusenden lassen könne. Das offenbart die NK 8 an dieser Stellte jedoch nicht eindeutig und unmittelbar (siehe auch den qualifizierten Hinweis des Bundespatentgerichts, Anlage EIP B 41, S.11).
  209. 3.
    Die Entgegenhaltung NK1 (aus dem parallelen Verfahren mit dem Aktenzeichen 4b O 48/18) ist von Januar 2000 und wurde damit nach der vom Klagepatent durch die FI 990XXX in Anspruch genommene Priorität vom 23. Februar 1999 veröffentlicht.
  210. a)
    Dieses Prioritätsdatum wird jedoch nicht wirksam in Anspruch genommen. Denn die FI 990XXX offenbart nicht, dass eine Kanalauswahlentscheidung auch vom Zellularsystem getroffen werden kann. Zwar wird in der FI 990XXX darauf hingewiesen, dass es bei der Datenübertragung im Uplink ein Problem sei, wenn das System keine Informationen über Datenpakete habe, um über eine Kanalauswahl zu entscheiden. Das ist aber nicht gleichbedeutend damit, dass die Kanalauswahl im Zellularsystem stattfindet, siehe dazu auch den qualifizierten Hinweis des Bundespatentgerichts vom 17. April 2020 (Anlage EIP B 41).
    Da es mangels wirksamer Inanspruchnahme der finnischen Priorität nunmehr auf das Datum der Anmeldung und damit auf den 22. Februar 2000 ankommt, ist die Entgegenhaltung NK1 bei der Neuheitsprüfung – auf Grund der hier vorgenommenen Auslegung anders als nach der Auffassung des Bundespatentgerichts auch im Hinblick auf den Klagepatentanspruch 1 – zu berücksichtigen.
  211. b)
    Die Druckschrift NK1 nimmt das Merkmal 7 des Verfahrensanspruchs 1 nicht neuheitsschädlich vorweg.
    Die Entgegenhaltung NK1 stellt den gleichen Standard dar, auf dem der Verletzungsvorwurf basiert, jedoch in der früheren Version 3.1.0.
    Die NK1 offenbart zwar, dass das System die Nachricht GG an die Mobilstation sendet, die im Abschnitt 10.1.12 der NK1 näher beschrieben wird. Sie enthält das Informationslement „JJ“, das wiederum im Abschnitt 10.2.7.40 näher definiert wird und einen „Upper Threshold“ enthält. Dieser „Upper Threshold“ stellt einen vom System definierten Schwellenwert dar, der an die Mobilstation gesendet und von dieser mit einem momentanen Parameter verglichen wird.
    Die NK1 beschreibt dann in Abschnitt 14.4.2.1 das Berichtsereignis 4A. Demzufolge überwacht die Mobilstation den RLC Pufferstand. Wenn dieser Pufferstand einen Schwellenwert überschreitet, löst dies einen von der Mobilstation an das System zu sendenden Messbericht aus, siehe NK1, Abschnitt 14.4.2.1, S. 270.
    Der Pufferstand stellt einen momentanen Wert eines Kanalauswahlparameters dar, der mit einem Schwellenwert verglichen wird. Es ist davon auszugehen, dass es sich bei dem Schwellenwert um denjenigen handelt, der im Rahmen der Nachricht MEASUREMENT REPORT vom System an die Mobilstation gesendet wurde.
    Jedoch wird die Kanalauswahl durch das System nicht anhand dieses Vergleichs ausgeführt. In Abschnitt 9.3.2.5 der NK1, S. 102, wird ausgeführt, dass die Mobilstation (user equipment, UE), um Daten im Uplink zu übertragen, das überwachte Datenvolumen an das Netzwerk berichtet, damit dieses die Zuweisung von Ressourcen neu bewerten kann. Ein Auswahlverfahren bestimme dann, ob die Daten auf einem gemeinsamen Transportkanal übertragen werden sollen, oder ob in den Zustand M gewechselt werden solle. Diese Auswahl sei dynamisch und hänge beispielsweise von Verkehrsparametern ab.
    Dieser Abschnitt erläutert damit, dass, sofern die Mobilstation eine Datenübertragung im Uplink beabsichtigt, das Netzwerk die Kanalauswahl anhand der von der Mobilstation berichteten Parameter, wie beispielsweise den Pufferstatus, trifft.
    Damit wird die vom Netzwerk getroffene Kanalauswahlentscheidung jedoch nicht anhand des Vergleichs ausgeführt, sondern auf der Grundlage des von der Mobilstation übermittelten Messreports. Der von der Mobilstation vorgenommene Vergleich führt zwar dazu, dass überhaupt erst ein Messreport an das Netzwerk übermittelt wird, der dann als Grundlage für eine Kanalauswahl dienen kann. Jedoch ist der Vergleich dem Senden des Messreports vorgeschaltet und damit keine Grundlage für die von dem Netzwerk zu treffende Entscheidung hinsichtlich eines bestimmten Kanals. Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Vergleich nicht die alleinige Grundlage für die Kanalauswahl darstellen muss, muss er zumindest ein Bewertungskriterium darstellen. Das ist hier aber gerade nicht der Fall, da das Netzwerk bei seiner Kanalwahlentscheidung allein das Ergebnis des Messreports miteinbezieht, nicht aber das Überschreiten eines Schwellenwerts zur Grundlage der Entscheidung macht.
  212. 4.
    Die weiteren, von den Beklagten im Parallelverfahren angeführten Druckschriften nehmen nicht alle Merkmale des Verfahrensanspruchs 1 neuheitsschädlich vorweg, da es an einer eindeutigen und unmittelbaren Offenbarung des Merkmals 1.6 fehlt.
  213. a)
    Die Beklagten aus dem parallelen Verfahren fassen die beiden Druckschriften „XXX“ (im Folgenden: NK2) und den „XXX“ (im Folgenden: NK3) als eine Einheit zusammen.
    Bei den beiden Entgegenhaltungen NK2 und NK3 handelt es sich um Entwürfe von Standardspezifikationen, die im Zuge der gemeinschaftlichen Entwicklung eines Mobilfunksystems der dritten Generation in die gemeinsame Entwicklung der UMTS-Spezifikation eingeflossen sind.
    Die NK2 beschreibt in diesem Zusammenhang die MAC-Schicht und die NK3 die RRC-Schicht.
  214. b)
    Weder die NK2 noch die NK3 offenbaren, dass die Mobilstation einen Vergleich zwischen einem Schwellenwert und einem momentanen Wert eines Kanalauswahlparameters durchführt.
    Zwar offenbart die NK3 in Abschnitt 8.5, S. 16 f., dass die Mobilstation eine Nachricht GG vom Netz erhalten kann, die eine gewisse Anzahl von Parametern, wie beispielsweise Grenzwerten (threshold levels), enthält. Ferner beschreibt die NK2 in Abschnitt 6.4.2, S. 18, dass die RRC-Schicht auf der Basis von Datenvolumenmessungen entscheidet, ob ein Kanalwechsel durchgeführt wird. Jedoch lässt sich weder der NK2, noch der NK3 unmittelbar entnehmen, dass zu diesem Zweck ein Vergleich zwischen dem Schwellenwert und einem momentanen Wert durchgeführt wird. Sofern die Beklagten vortragen, dass sich dies zwingend ergebe, ist dies den Entgegenhaltungen nicht unmittelbar und eindeutig zu entnehmen.
  215. 5.
    Es ist zudem nicht erkennbar, dass die erfindungsgemäße Lehre nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht.
    Soweit die Beklagten meinen, dass der Gegenstand des Klagepatents bei Verbindung der NK 7 mit der im Erteilungsverfahren nicht berücksichtigten Masterarbeit mit dem Titel „XXX“ (in deutscher Übersetzung Anlage TALIENS B 4/9a; im Folgenden: NK 9) nahe gelegen habe, sind diese Entgegenhaltungen zwar wegen der nicht wirksam in Anspruch genommenen Priorität zu berücksichtigen. Jedoch konnten die Beklagten nicht aufzeigen, aus welchem Grund der einschlägige Fachmann die Lehre der beiden Druckschriften miteinander verbunden hätte. Die NK 9 beschäftigt sich schon nicht mit der Datenübertragung im Uplink, sondern im Downlink. Zudem erwähnt sie nicht, dass ein Schwellenwert durch das Netzwerk definiert und an die Mobilstation gesendet wird.
  216. D.
    Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91a, 92 Abs. 1 ZPO.
    Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache von den Parteien teilweise übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, war über die Kosten gemäß § 91a ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden.
    Die Klägerin hat den Rechtsstreit im Hinblick auf den von ihr geltend gemachten Unterlassungsanspruch und den Rückrufanspruch in der Hauptsache für erledigt erklärt, weil die Schutzfrist des Klagepatents am 22. Februar 2020 ablief.
    Ohne das erledigende Ereignis wären die Beklagten voraussichtlich im gleichen Umfang unterlegen gewesen wie in dem Rechtsstreit im Übrigen. Zwar hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 18.06.2020 den Klageantrag dahingehend geändert, dass der zuvor in Form eines „insbesondere wenn“-Antrags geltend gemachte Klagepatentanspruch 16 Gegenstand des Hauptanspruchs geworden ist und dieser Antrag insgesamt abzuweisen war. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Klägerin auf den durch die Kammer erfolgten Hinweis eine entsprechende Einschränkung ihrer Anträge auch hinsichtlich des erledigten Teils vorgenommen hätte, so dass sie in dieser Hinsicht im gleichen Umfang unterlegen wäre.
  217. E.
    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
    Die Sicherheitsleistung wird auf 300.000,00 EUR festgesetzt.

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