4b O 48/18 – Aufwärtsübertragung von Paketdaten

Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3053

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 27. August 2020, Az. 4b O 48/18

  1. I. Die Beklagten werden verurteilt,
    der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie, die Beklagten zu 1) und 2), seit dem 01. Januar 2014 bis zum 22. Februar 2020 hinsichtlich angegriffener Ausführungsformen der Marke „A“ und die Beklagten zu 1) und 3) seit dem 01. Oktober 2014 bis zum 22. Februar 2020 hinsichtlich angegriffener Ausführungsformen der Marke „B“
    UMTS-fähige Mobiltelefone und Tablets,
    die geeignet sind zur Durchführung eines Verfahrens zum Übertragen von Paketdaten auf der Aufwärtsstrecke von einer Mobilstation an ein System in der Weise, dass ein gemeinsamer Kanal (RACH) oder ein zweckgebundener Kanal (DCH) zum Senden eines Datenpakets ausgewählt wird und das Datenpaket unter Verwendung des ausgewählten Kanals gesendet wird, wobei ein Schwellenwert eines Kanalauswahlparameters an die mobile Station gesendet wird; ein momentaner Wert des Kanalauswahlparameters durch die Mobilstation verglichen wird und die Auswahl anhand des Vergleichs ausgeführt wird,
    Abnehmern im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland angeboten und/oder an solche geliefert haben;
    und zwar unter Angabe
    a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderen Vorbesitzer,
    b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
    c) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse,
    wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind und geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen.
    II. Die Beklagten werden verurteilt,
    der Klägerin im Wege eines chronologisch geordneten Verzeichnisses darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten zu 1) und 2) die in der Ziffer I. bezeichneten Handlungen hinsichtlich angegriffener Ausführungsformen der Marke „A“ seit dem 01. Januar 2014 bis zum 22. Februar 2020 und die Beklagten zu 1) und 3) die in der Ziffer I. bezeichneten Handlungen hinsichtlich angegriffener Ausführungsformen der Marke „B“ seit dem 01. Oktober 2014 bis zum 22. Februar 2020 begangen haben, und zwar unter Angabe
    1. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
    2. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
    3. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internet-Werbung der Domain, der Suchmaschinen und anderer Marketingwerkzeuge, mit Hilfe derer die betroffenen Webseiten einzeln oder gemeinsam registriert wurden, der Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume jeder Kampagne,
    4. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
    wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von ihr zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.
    III. Es wird festgestellt,
    dass die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin durch unter Ziffer l. genannte Handlungen hinsichtlich angegriffener Ausführungsformen der Marke „A“ seit dem 01. Januar 2014 bis zum 22. Februar 2020 entstanden ist und noch entstehen wird, sowie, dass die Beklagten zu 1) und 3) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin durch unter Ziffer l. genannte Handlungen hinsichtlich angegriffener Ausführungsformen der Marke „B“ seit dem 01. Oktober 2014 bis zum 22. Februar 2020 entstanden ist und noch entstehen wird.
    IV. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
    V. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 20 % und den Beklagten zu 80% auferlegt.
    VI. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 750.000,00 € vorläufig vollstreckbar, wobei für die teilweise Vollstreckung des Urteils folgende Teilsicherheiten festgesetzt werden:
    Ziffer I. und II. des Tenors: 500.000,00 €.
    Ziffer V. des Tenors: 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
    Für die Beklagten ist das Urteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
  2. Tatbestand
  3. Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents EP 1 173 XXX (Anlage EIP B1, in deutscher Übersetzung Anlage EIP B1a; im Folgenden: Klagepatent) auf Auskunft und Rechnungslegung, Vernichtung sowie Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch.
    Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des Klagepatents, das am 22. Februar 2000 unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 23. Februar 1999 angemeldet wurde. Die Anmeldung wurde am 23. Januar 2002 und der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents am 12. November 2003 veröffentlicht. Die Schutzfrist für das Klagepatent ist mit dem 22. Februar 2020 abgelaufen.
    Gegen das Klagepatent wurde Nichtigkeitsklage bei dem Bundespatentgericht durch die Beklagte zu 2) erhoben (Az. 6 Ni 44/18 (EP)). Daneben haben auch die C und die D Nichtigkeitsklage beim Bundespatentgericht erhoben. Eine Entscheidung war bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung noch nicht ergangen.
    Das in englischer Verfahrenssprache abgefasste Klagepatent betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Verwaltung der Paketdatenübertragung in einem Zellularsystem.
    Die Klägerin stützt ihre Klage auf den unabhängigen Verfahrensanspruch 1 sowie den unabhängigen Vorrichtungsanspruch 15 in Verbindung mit dem abhängigen Unteranspruch 16 des Klagepatents.
    Anspruch 1 lautet in der deutschen Übersetzung wie folgt:
    Verfahren zum Übertragen von Paketdaten auf der Aufwärtsstrecke von einer Mobilstation an ein System in der Weise, dass
    – ein gemeinsamer Kanal (RACH) oder ein zweckgebundener Kanal (DCH) zum Senden eines Datenpakets ausgewählt wird und
    – das Datenpaket unter Verwendung des ausgewählten Kanals gesendet wird,
    dadurch gekennzeichnet, dass
    – ein Schwellenwert eines Kanalauswahlparameters definiert wird (620),
    – der Schwellenwert des Kanalauswahlparameters an die mobile Station gesendet wird (630),
    – ein momentaner Wert des Kanalauswahlparameters mit dem Schwellenwert des Kanalauswahlparameters durch die Mobilstation verglichen wird (650) und
    – die Auswahl anhand des Vergleichs ausgeführt wird.
    Anspruch 15 in Verbindung mit Anspruch 16 lautet in der deutschen Übersetzung wie folgt:
    Mobilstation, die mit einem Zellularsystem verbunden ist und Mittel zum Senden von Paketdaten auf der Aufwärtsstrecke an das System unter Verwendung eines ausgewählten Kanals umfasst, wobei der ausgewählte Kanal entweder ein gemeinsamer Kanal (RACH) oder ein zweckgebundener Kanal (DCH) ist,
    dadurch gekennzeichnet, dass sie außerdem umfasst:
    – Mittel zum Empfangen eines Schwellenwertes eines Kanalauswahlparameters von dem System,
    – Mittel zum Speichern des Schwellenwertes des Kanalauswahlparameters,
    – Mittel zum Vergleichen des Schwellenwertes des Kanalauswahlparameters mit einem momentanen Wert des Kanalauswahlparameters als Grundlage für die Kanalauswahl und
    – Mittel für die Ausführung der Kanalauswahl anhand des Ergebnisses des Vergleichs.
  4. Wegen des Wortlauts der in Form von „insbesondere“-Anträgen geltend gemachten Unteransprüche 2, 3, 7, 8, 17 und 18 wird auf das Klagepatent verwiesen.
    Zur Veranschaulichung der erfindungsgemäßen Lehre wird nachfolgend die Figur 6 der Patentbeschreibung wiedergegeben, die einen erfindungsgemäßen Ablaufplan zum Verwalten der Paketdatenübertragung in der Aufwärtsstrecke zeigt:
  5. Die Beklagte zu 1) ist ein in China ansässiges, international tätiges Elektronikunternehmen. Die Firma der Beklagten zu 1) findet sich auf Mobiltelefonen und Tablets der Marken „A“ und auf Mobiltelefonen der Marke „B“. Sie betreibt die Webseite www.A.com. Die Beklagte zu 2) ist ein deutsches Tochterunternehmen der Beklagten zu 1). Sie bietet unter anderem auf der Webseite consumer.A.com/de Mobiltelefone und Tablets der Marke „A“ an. Die Beklagte zu 3) ist ebenfalls ein deutsches Tochterunternehmen der Beklagten zu 1) und bietet auf der Webseite B.com/de Mobiltelefone der Marke „B“ an.
    Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage gegen das Anbieten und Vertreiben von Mobiltelefonen und Tablets durch die Beklagten, die unter den Marken „A“ bzw. „B“ in der Bundesrepublik vertrieben werden und mit dem Mobilfunkstandard der dritten Generation (3G-Standard – UMTS) kompatibel sind (angegriffene Ausführungsform).
  6. Die Klägerin hat gegenüber dem European Telecommunication Standard Institute (im Folgenden: ETSI) das Klagepatent betreffende Erklärungen abgegeben, wonach sie bereit ist, Lizenzen an dem Klagepatent zu fairen, angemessenen und nicht-diskriminierenden Bedingungen (im Folgenden: FRAND bzw. FRAND-Bedingungen) zu vergeben.
    Das Klagepatent ist Teil eines Portfolios der Klägerin, welches sie potenziellen Lizenznehmern für die Benutzung ihrer, der Klägerin, für den „2G-, 3G- und/oder 4G-Standard“ wesentlichen Patente anbietet („C Wireless Handset Patentportfolio“). Die Klägerin ist für die 3G-Technologie zwischenzeitlich dem von Via Licensing verwalteten sog. „Multi-Generation-Pool“ beigetreten. Auch über diesen kann nunmehr eine Lizenznahme an den für den 3G-Standard relevanten Patenten, unter anderem dem Klagepatent, erfolgen.
    Mit E-Mail vom 29.04.2014 wies die Klägerin die Beklagte auf die Verletzung des hier streitgegenständlichen Portfolios hin, indem sie beispielhaft Produkte der Beklagten nannte und diesen Portfoliopatente zuwies, die ihrer Meinung nach durch die Produkte verletzt werden. Wegen des genauen Inhalts der E-Mail wird auf diese Bezug genommen (Anlagenkonvolut EIP B31; deutsche Übersetzung: Anlagenkonvolut EIP B31a).
    An die Verletzungsanzeige der Klägerin schlossen sich persönliche Treffen zwischen den Parteien an, und es erfolgte in den Jahren 2015 – 2017 umfangreiche E-Mailkorrespondenz, wegen deren genauen Inhalt auf die Anlagenkonvolute EIP B31 – EIP B37 (deutsche Übersetzungen: Anlagenkonvolute EIP B31a – EIP B37a) sowie die Anlagenkonvolute EIP B39 und EIP B40 (deutsche Übersetzungen: Anlagenkonvolute EIP B39a und EIP B40a) verwiesen wird.
    Ausführungen zu Lizenzverträgen mit Dritten machte die Klägerin im Rahmen der außergerichtlichen Lizenzverhandlungen nicht.
    Ende Juli 2017 erhob die Klägerin vor dem High Court of England and Wales in London Klage (Az.: HP-2017-000048), mit der sie unter anderem die Feststellung einer angemessenen weltweiten Lizenz anstrebt. Für den Fall, dass die Beklagten die Zustimmung zu den gerichtlich festgestellten Vertragsbedingungen nicht erteilen, begehrt die Klägerin in dem englischen Verfahren außerdem den Ausspruch eines Unterlassungstitels (sog. „FRAND-Unterlassungsverpflichtung“). Wegen des konkreten Inhalts der Klage wird auf das sog. „FRAND Statement of Case“ (im Folgenden: FSoC), hier Anlagenkonvolut EIP B38 (deutsche Übersetzung: Anlage EIP B38a), verwiesen. Eine Entscheidung in dem englischen Verfahren, in dem auch Gesellschaften des C-Konzerns Beklagte sind, steht noch aus.
    Gleichzeitig übersandte die Klägerin der Beklagten zu 2) ein Angebot, welches hier als Anlagenkonvolut EIP B38 (deutsche Übersetzung: Anlage EIP B38ab) vorliegt. Dieses Angebot sieht unter Ziffer 4.2 eine im Verhältnis zum Nettoverkaufspreis prozentual zu bemessende Lizenzgebühr wie folgt vor:
  7. Die deutsche Übersetzung der Regelung (orientiert an Anlage EIP B38ab) lautet wie folgt:
    „4.2 Für die Endbenutzergeräte:
  8. 4.2.1 0,160 % des Nettoverkaufspreises für jedes Endbenutzergerät, das nur 2G-konform ist und in wichtigen 2G-Märkten verkauft wird, und 0,0 % des Nettoverkaufspreises für jedes Endbenutzergerät, das nur 2G-konform ist und in sonstigen Märkten oder China verkauft wird;
  9. 4.2.2 0,170 % des Nettoverkaufspreises für jedes Endbenutzergerät, das mindestens 3G-konform, jedoch nicht 4G-konform ist, das in den wichtigen 3G-Märkten verkauft wird; 0,160 % des Nettoverkaufspreises für jedes Endbenutzergerät, das mindestens 3G- und 2G-konform, jedoch nicht 4G-konform ist, das in sonstigen 3G-Märkten, die ebenfalls wichtige 2G-Märkte sind, verkauft wird; und 0,043 % des Nettoverkaufspreises für jedes Endbenutzergerät, das mindestens 3G-konform, jedoch nicht 4G-konform ist, das in sonstigen 3G- und 2G-Märkten oder in China verkauft wird;
  10. 4.2.3 0,149 % des Nettoverkaufspreises für jedes Endbenutzergerät, das mindestens 4G-konform ist, das in wichtigen 4G-Märkten verkauft wird; 0,170 % des Nettoverkaufspreises für jedes Endbenutzergerät, das mindestens 4G- und 3G-konform ist und in sonstigen 4G-Märkten verkauft wird, die ebenfalls wichtigen 3G-Märkten entsprechen; 0,160 % des Nettoverkaufspreises für jedes Endbenutzergerät, das mindestens 4G, 3G- und 2G-konform ist und in Märkten verkauft wird, die sonstige 4G- und 3G-Märkte sind und auch den wichtigen 2G-Märkten entsprechen; und 0,033 % des Nettoverkaufspreises für jedes Endbenutzergerät, das mindestens 4G-konform ist und in sonstigen 4G-, 3G- und 2G-Märkten oder in China verkauft wird.“
  11. Ausweislich der zitierten Regelungen differenziert der Vertragsentwurf die Lizenzgebühren in Abhängigkeit zu dem implementierten Standard und dem jeweiligen Markt, auf dem das Endbenutzergerät vertrieben wird. Dabei teilt der Vertragsentwurf das Lizenzgebiet nach Ziffer 1.25 und Ziffer 1.26 in „Major Markets“ und in „Other Markets“ in Abhängigkeit zu der Anzahl der für den jeweiligen Markt bestehenden Schutzrechte auf. Der chinesische Markt ist von dieser Einteilung ausgenommen, er stellt ein eigenständiges Lizenzgebiet dar, dessen Gebühren sich an denjenigen für einen „Other Market“ orientieren.
    Zur Begründung der vorgeschlagenen Lizenzgebühren führte die Klägerin – in Übereinstimmung mit dem von ihr angestrengten britischen Verfahren und unter Verweis auf die zugestellte Klageschrift (vgl. Begleitschreiben zu dem Vertragsentwurf vom 25.07.2017, Anlagenkonvolut EIP B38; deutsche Übersetzung: Anlage EIP B38ab) – aus, der Vertragsentwurf sei im Wesentlichen mit dem Vertragsentwurf identisch, welcher der Vorsitzende Richter KK (High Court of Justice) seiner Entscheidung vom 07. Juni 2017 im Fall E v. A [2017] EWHC 1304 (Pat.) (vorgelegt mit Anlagenkonvolut EIP B41; deutsche Übersetzung: Anlage EIP B41ab; nachfolgend auch: E-Urteil 2; Der Vertragsentwurf des englischen Verfahrens ist Teil des E-Urteils 2 und diesem als Anhang beigefügt) zugrunde gelegt habe. Die Lizenzgebühr in dem Vertragsentwurf des britischen Verfahrens ist von KK in derselben Sache in der Entscheidung mit dem Aktenzeichen [2017] EWHC 711 (Pat) ermittelt worden. Die Klägerin führte zur Begründung weiter an, die von ihr vorgeschlagene Lizenzgebühr sei dem von KK bestimmten Ansatz nachempfunden, und stelle sich deshalb als FRAND-gemäß dar. Die Klägerin nimmt im Rahmen des hiesigen Verfahrens dann stets auf eine Entscheidung vom 30.11.2017 mit dem Aktenzeichen [2017] EWHC 2988 (Pat) (vorgelegt in der Originalfassung mit Anlagenkonvolut EIP B41; auszugsweise deutsche Übersetzung: Anlagenkonvolut EIP B41a; nachfolgend auch: E-Urteil 1) Bezug. Dabei handelt es sich um die rechtskräftige, öffentliche Form des Urteils mit dem Aktenzeichen [2017] EWHC 711 (Pat). Beide Fassungen gehen auf die am 05.04.2017 verkündete vertrauliche Urteilsfassung mit dem Aktenzeichen [2017] EWHC 705 (Pat) zurück. Das E-Urteil 1 und das E-Urteil 2 werden im Folgenden zusammen als „E-Urteile“ bezeichnet.
    Auch hinsichtlich seines übrigen Inhalts lehnt sich der Vertragsentwurf der Klägerin an die britischen Entscheidungen in Sachen E v. A an.
    Die Klägerin richtete ihr Angebot auch an andere Unternehmen wie beispielsweise an den C-Konzern (Beklagte in dem vor der hiesigen Kammer mit dem Aktenzeichen 4b O 6/19 laufenden Parallelverfahren).
    Im April 2019 unterbreitete die Klägerin den Beklagten im Rahmen des in England anhängigen Rechtsstreits ein neues Angebot, welches eine höhere prozentuale Gebühr vorsieht. Beide Angebote stehen den Beklagten einer Erklärung der Klägerin zufolge zur Annahme zur Verfügung.
    Neben der hiesigen Beklagten und dem C-Konzern geht die Klägerin auch gegen den X (vor dem LG München I) aus dem Klagepatent auf Unterlassung vor.
    Am 12. März 2020 unterbreiteten die Beklagten der Klägerin sog. „Key Offer Terms“ (Anlage EIP B63; deutsche Übersetzung: Anlage EIP B63a). Sie erklärten in diesem Zusammenhang, die darin vorgesehene Lizenzgebühr leite sich aus ihrem, der Beklagten, Lizenzvertrag mit K ab. Weitere Erklärungen zur Berechnung der Lizenzgebührenhöhe lehnten die Beklagten unter Verweis auf eine Geheimhaltungsvereinbarung mit K ab.
    Die „Key Offer Terms“ sehen ein Gebührensystem wie folgt vor:
    In Ländern, in denen der Klägerin standardessentielle Patente gewährt wurden (mit Ausnahme von China und den USA), soll eine prozentuale Lizenzgebühr von 0,0154% anfallen. Für China und für Länder, in denen der Klägerin keine als wesentlich erklärten Standards erteilt wurden, soll eine prozentuale Gebühr in Höhe von 0,0018% anfallen. Für die USA wird eine prozentuale Gebühr von 0,075% angeboten.
  12. Die Klägerin ist der Auffassung, dass die mit dem UMTS-Standard kompatible angegriffene Ausführungsform nicht nur den Verfahrensanspruch 1, sondern auch den Vorrichtungsanspruch 15 in Verbindung mit dem abhängigen Unteranspruch 16 des Klagepatents verletze. Insbesondere nehme die angegriffene Ausführungsform eine Kanalauswahlentscheidung vor, indem sie bei Überschreiten eines bestimmten Grenzwerts durch den Puffer ein TVI-Bit setze und damit eine Entscheidung darüber treffe, ob sie in den Zustand CELL_FACH oder CELL_DCH versetzt werde. Der von der angegriffenen Ausführungsform getroffenen Entscheidung entspreche das Netzwerk, indem es die Mobilstation in den entsprechenden, von dieser ausgewählten Zustand versetze und ihr einen entsprechenden Kanal, der entweder ein RACH oder ein DCH sei, zugewiesen werde.
  13. Die Klägerin ist weiter der Ansicht, ihr stünden die geltend gemachten Ansprüche auch im Hinblick auf die Standardessentialität des Klagepatents zu.
    Unbeschadet dessen, dass sie schon eine marktbeherrschende Stellung nicht innehabe, habe sie eine solche auch nicht missbräuchlich ausgenutzt. Sie habe sich insbesondere FRAND-konform im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH verhalten.
    Eine marktbeherrschende Stellung könne nicht schon aufgrund der Standardessentialität des Klagepatents vermutet werden. Das Vorliegen einer ETSI-FRAND Erklärung widerspreche der Annahme einer marktbeherrschenden Stellung vielmehr, weil sie den Inhaber des standardessentiellen Patents (im Folgenden auch: SEP) zur Lizenzierung unter FRAND-Bedingungen verpflichte.
    Des Weiteren bestehe mit der Möglichkeit zur Lizenznahme über den von Via Licensing verwalteten Multi-Generation-Pool eine alternative Möglichkeit zur Lizenznahme, die einer marktbeherrschenden Stellung entgegenstehe. Sie, die Klägerin, habe diesbezüglich auch keine Möglichkeit zur unmittelbaren Einflussnahme auf Vertragskonditionen oder die Auswahl des Vertragspartners, was die Beklagten mit Nichtwissen bestreiten.
    Aufgrund des gesamten Verhaltens der Beklagten könne bereits nicht mehr von deren Lizenzwilligkeit ausgegangen werden. Insbesondere zeige die Verhandlungshistorie, dass es den Beklagten darauf ankomme, die Lizenzvertragsverhandlungen zu verzögern.
    Sie, die Klägerin, sei auch ihren Erläuterungspflichten im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Angebot aus Juli 2017 nachgekommen.
    In diesem Zusammenhang behauptet die Klägerin, die von ihr mit F und der G. abgeschlossenen Verträge hätten einen Marktaustritt zum Gegenstand gehabt. Soweit sich auf dem Markt noch „G“-Mobiltelefone befinden würden, betreffe dies ausschließlich den indischen Markt, der von einer anderen G Gesellschaft bedient werde und der von der damaligen Vereinbarung nicht abgedeckt gewesen sei. Verträge, die sich bereits für einen Vergleich von vornherein nicht eignen würden, seien auch nicht vorzulegen.
    Der Vertrag mit Intel betreffe ein völlig anderes Patentportfolio, nämlich ein solches für Implementierungspatente.
    Weitere Lizenzverträge, die mit dem hier streitgegenständlichen Vertragsangebot vergleichbar sind, und die sie, die Klägerin, abgeschlossen habe, würden nicht existieren. Die von den Beklagten in Bezug genommenen Lizenzverträge mit H, I und J seien durch K abgeschlossen worden. Diese seien zudem nicht vergleichbar, weil sie Kreuzlizenzelemente aufweisen würden.
    Sie, die Klägerin, müsse auch zu etwaigen Verträgen von K nicht vortragen.
    Über die von ihrer Rechtsvorgängerin mit Dritten abgeschlossenen Lizenzverträge seien die Beklagten offensichtlich besser im Bilde, weshalb es einer Erläuterung dazu durch sie, die Klägerin, auch insoweit nicht bedürfe. Zudem enthielten diese Kreuzvertragslizenzelemente und seien bereits beendet.
    Im Übrigen habe sie, die Klägerin, sich auch vollumfänglich im Einklang mit den Anforderungen der EuGH-Rechtsprechung verhalten, insbesondere erweise sich das Angebot aus Juli 2017 als FRAND-gemäß.
    Sie habe den Beklagten das streitgegenständliche Portfolio betreffende Claim-Charts bereits im September 2014 und auch im Januar 2018 zur Verfügung gestellt.
    Die in dem Vertragsentwurf vorgeschlagenen Lizenzgebühren seien fair und angemessen festgesetzt. Die E-Urteile, an denen sich der Vorschlag der Lizenzgebühren orientiere, seien Ausdruck dessen, was am Markt üblich gewesen sei. Eine Orientierung an den Urteilen sei sachgerecht, weil es sich bei dem Portfolio der Klägerin und dem – in der britischen Entscheidung streitgegenständlichen – Portfolio von E um hinsichtlich der Größe vergleichbare Portfolios von 2G-, 3G- und 4G Patenten handele. Die Berechnungsmethode aus den E-Urteilen sei verallgemeinerungsfähig, da sie sich von vergleichbaren Lizenzen, die zwischen Wettbewerbern auf dem freien Markt geschlossen worden seien, ableite und die Ergebnisse mittels des „Top-Down-Approach“ auf ihre Nachvollziehbarkeit überprüft worden seien. Es sei allgemein anerkannt, dass die Urteile den SEP-Inhabern gleichermaßen eine praktische Anleitung geben, wie FRAND-Lizenzgebühren unter Berücksichtigung von realistischen wirtschaftlichen Annahmen bestimmt werden.
    Zur Ermittlung, welche ihrer Patentfamilien standardessentiell sind, habe sie, die Klägerin, eine detaillierte Analyse ihres eigenen Portfolios durchgeführt. Danach ergebe sich die folgende Anzahl relevanter Patentfamilien: für GSM 5, für UMTS 14 und für D Schutzrechte.
    Die übrigen von den Beklagten angegriffenen Klauseln seien – wie der dem E-Urteil beigefügte Vertragsentwurf zeige – branchenüblich.
    Die in Ziffer 4.3 vorgesehene jährliche Anpassungsmöglichkeit stelle einen hinreichenden Anpassungsmechanismus für einen variierenden Schutzrechtsbestand dar. In diesem Zusammenhang sei auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin die Lizenzgebühren allein anhand der „wirklich essentiellen Patente“ berechnet habe.
    An eine fehlende Anpassungsklausel könne der Vorwurf der Unangemessenheit bereits deshalb nicht geknüpft werden, weil der Vorschlag der Beklagten aus März 2020 gar keine Anpassungsklausel vorsehe, es den Beklagten mithin auf eine solche nicht ankomme. Komplizierte Anpassungsklauseln seien zudem branchenunüblich, weil Parteien eines einmal abgeschlossenen Vertrages nicht ständig eine Neubewertung des Portfolios vornehmen wollen würden. Soweit ihr Vertragsentwurf sich nicht zu einer Abschaltung des UMTS-Netzes durch die deutschen Netzbetreiber L und M verhalte, sei dies zum einen deshalb nicht erforderlich, weil sich dieser Einwand allein auf Deutschland beziehe, und zum anderen deshalb, weil der größte Mobilfunkanbieter (N) dies gerade nicht plane.
    Lizenzverträge mit Dritten, an denen sie, die Klägerin, sich im Hinblick auf ihre Lizenzierungspraxis orientieren müsse, würden nicht existieren.
    Sie, die Klägerin, betreibe auch keine selektive Rechtsdurchsetzung, weshalb ihr dies auch nicht als diskriminierendes Verhalten vorgeworfen werden könne. Sie stehe – was die Beklagten mit Nichtwissen bestreiten – mit anderen Herstellern von Smartphones in außergerichtlichen Lizenzverhandlungen. Darüber hinaus könne für einen derart zersplitterten Markt wie dem für Mobiltelefone keine kartellrechtliche Pflicht bestehen, gegen alle Anbieter zeitgleich vorzugehen.
    Bei den von den Beklagten im März 2020 offerierten „Key Offer Terms“ handele es sich schon nicht um ein vollständig ausformuliertes, annahmefähiges Angebot. Auch fehle es in dem Zusammenhang an hinreichenden Erläuterungen zur Berechnung der darin angesetzten Lizenzgebühren. Sofern sich die in den „Key Offer Terms“ vorgeschlagenen Lizenzen an einer Vereinbarung der Beklagten mit K orientiere, sei zudem anzunehmen, dass diese Kreuzvertragslizenzelemente beinhalte.
  14. Das Klagepatent sei schließlich auch rechtsbeständig, weil aus dem Stand der Technik nicht bekannt gewesen sei, dass die Mobilstation einen Vergleich zwischen einem Schwellenwert und einem momentanen Wert eines Kanalauswahlparameters vornehme und die Kanalauswahl auf der Grundlage dieses Vergleichs getroffen werde. Nach dem Stand der Technik habe die Mobilstation Messungen durchgeführt und das Messergebnis an das Netzwerk gesendet und letzteres habe die Kanalauswahl auf der Grundlage der Messung getroffen.
  15. Der Rechtsstreit ist im Hinblick auf den Ablauf der Schutzfrist des Klagepatents am 22. Februar 2020 hinsichtlich des Unterlassungs- und Rückrufanspruchs in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt worden.
  16. Die Klägerin beantragt nunmehr,
    I. die Beklagten zu verurteilen, ihr darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagten zu 1) und 2) seit dem 01. Januar 2014 bis zum 22. Februar 2020 hinsichtlich angegriffener Ausführungsformen der Marke „A“ und die Beklagten zu 1) und 3) seit dem 01. Oktober 2014 bis zum 22. Februar 2020 hinsichtlich angegriffener Ausführungsformen der Marke „B“
    1. Mobilstationen
    die mit einem Zellenfunksystem verbunden sind und Mittel zum Senden von Paketdaten auf der Aufwärtsstrecke an das System unter Verwendung eines ausgewählten Kanals umfassen, wobei der ausgewählte Kanal entweder ein gemeinsamer Kanal (RACH) oder ein zweckgebundener Kanal (DCH) ist, wobei sie außerdem umfassen: Mittel zum Empfangen eines Schwellenwertes eines Kanalauswahlparameters von dem System; Mittel zum Speichern des Schwellenwertes des Kanalauswahlparameters und Mittel zum Vergleichen des Schwellenwertes des Kanalauswahlparameters mit einem momentanen Wert des Kanalauswahlparameters als Grundlage für die Kanalauswahl,
    wobei die Mobilstationen außerdem Mittel für die Ausführung der Kanalauswahl anhand des Ergebnisses des Vergleichs umfassen,
    (EP 1 173 XXX Anspruch 15 und 16)
    insbesondere (im Falle der Ansprüche 15 und 16)
    sowie Mittel zum Berechnen eines Wertes, der dem Kanalauswahlparameter entspricht, anhand der Parameter des zu sendenden Datenpakets; Mittel zum Vergleichen eines momentanen Wertes des zuletzt an die Mobilstation gesendeten Kanalauswahlparameters mit dem berechneten Wert des Kanalauswahlparameters und Mittel zum Ausführen der Kanalauswahl anhand dieses Vergleichs,
    (EP 1 173 XXX Anspruch 17)
    und insbesondere wenn (im Falle des Anspruchs 17)
    der dem Kanalauswahlparameter entsprechende Wert die Datenmenge in dem (den) Funkverbindungs-Steuerungspuffer(n) (RLC-Puffer(n)) ist und der letzte momentane Wert des letzten Kanalauswahlparameters ein Schwellenwert für die Datenmenge in dem (den) Funkverbindungs-Steuerungspuffer(n) (RNC-Puffer(n)) ist,
    (EP 1 173 XXX Anspruch 18)
    in der Bundesrepublik Deutschland angeboten, in Verkehr gebracht oder gebraucht oder zu den genannten Zwecken eingeführt oder besessen haben;
    2. UMTS-fähige Mobiltelefone und Tablets
    die geeignet sind zur Durchführung eines Verfahrens zum Übertragen von Paketdaten auf der Aufwärtsstrecke von einer Mobilstation an ein System in der Weise, dass ein gemeinsamer Kanal (RACH) oder ein zweckgebundener Kanal (DCH) zum Senden eines Datenpakets ausgewählt wird und das Datenpaket unter Verwendung des ausgewählten Kanals gesendet wird, wobei ein Schwellenwert eines Kanalauswahlparameters an die mobile Station gesendet wird; ein momentaner Wert des Kanalauswahlparameters durch die Mobilstation verglichen wird und die Auswahl anhand des Vergleichs ausgeführt wird,
    (EP 1 173 XXX Anspruch 1)
    insbesondere wenn (im Falle des Anspruchs 1)
    der momentane Wert, der dem Kanalauswahlparameter entspricht, bei der Mobilstation anhand der Parameter der zu übertragenden Datenpakete berechnet wird,
    (EP 1 173 XXX Anspruch 2)
    der für die Datenpaketübertragung ausgewählte Kanal ein zweckgebundener Kanal (DCH) ist, ein Kanal (DCH) nach der Auswahl zugewiesen wird, woraufhin das Datenpaket auf dem zugewiesenen Kanal (DCH) übertragen wird,
    (EP 1 173 XXX Anspruch 3)
    und bei der Kanalauswahl einer oder mehrere der folgenden Parameter verwendet werden: Datenpaketgröße, maximal erlaubte Datenpaketgröße auf dem RACH; erforderliche Bitrate; zulässige Übertragungsverzögerung: Priorität der zu übertragenden Daten; Last auf dem Übertragungskanal und Übertragungsleistungspegel, der auf dem RACH erforderlich ist,
    (EP 1 173 XXX Anspruch 7)
    und insbesondere wenn (im Falle des Anspruchs 7)
    die Größe des Datenpakets anhand der Datenmenge in RLC-Puffern bestimmt wird,
    (EP 1 173 XXX Anspruch 8)
    Abnehmern im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland angeboten und/oder an solche geliefert haben,
    und zwar unter Angabe
    a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderen Vorbesitzer,
    b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
    c) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse,
    wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind und geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
    II. die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin im Wege eines chronologisch geordneten Verzeichnisses darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten zu 1) und 2) die in den Ziffern I.1. und I.2. bezeichneten Handlungen hinsichtlich angegriffener Ausführungsformen der Marke „A“ seit dem 01. Januar 2014 bis zum 22. Februar 2020 und die Beklagten zu 1) und 3) die zu den Ziffern I.1. und I.2. bezeichneten Handlungen hinsichtlich angegriffener Ausführungsformen der Marke „B“ seit dem 01. Oktober 2014 bis zum 22. Februar 2020 begangen haben, und zwar unter Angabe
    1. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
    2. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
    3. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internet-Werbung der Domain, der Suchmaschinen und anderer Marketingwerkzeuge, mit Hilfe derer die betroffenen Webseiten einzeln oder gemeinsam registriert wurden, der Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume jeder Kampagne,
    4. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
    wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von ihr zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.
    III. festzustellen, dass die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin durch unter Ziffer l. genannte Handlungen hinsichtlich angegriffener Ausführungsformen der Marke „A“ seit dem 01. Januar 2014 bis zum 22. Februar 2020 entstanden ist und noch entstehen wird, sowie, dass die Beklagten zu 1) und 3) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin durch unter Ziffer l. genannte Handlungen hinsichtlich angegriffener Ausführungsformen der Marke „B“ seit dem 01. Oktober 2014 bis zum 22. Februar 2020 entstanden ist und noch entstehen wird.
    IV. nur die Beklagte zu 2) hinsichtlich angegriffener Ausführungsformen der Marke „A“ zu verurteilen, die in ihrem unmittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen, unter Ziffer I.1. bezeichneten Erzeugnisse, zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von ihr zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten zu 2) – Kosten herauszugeben, sofern diese Erzeugnisse bis zum 22. Februar 2020 in ihren unmittelbaren Besitz oder ihr Eigentum übergegangen waren.
    Die Beklagten beantragen,
    die Klage abzuweisen,
    hilfsweise, das Verfahren bis zur Entscheidung des Bundespatentgerichts über die Nichtigkeitsklagen auszusetzen.
    Die Beklagten meinen, dass die Klägerin nicht aktivlegitimiert sei. Die Übertragung des Klagepatents beruhe auf komplizierten und nach ausländischem Recht zu beurteilenden Vereinbarungen, vor deren Hintergrund die Eintragung im Patentregister keine Indizwirkung zu Gunsten der Klägerin entfalte. Dies gelte bereits deshalb, weil zwischen der materiell-rechtlichen Übertragungsvereinbarung und der Eintragung im Register mehr als nur wenige Wochen oder Monate vergangen seien.
    Die Beklagten tragen vor, dass das Klagepatent so auszulegen sei, dass die Mobilstation die Kanalauswahlentscheidung autonom treffe. Der erfindungsgemäße Vorteil liege gerade darin, dass die Mobilstation nach Empfang des vom Netzwerk gesendeten Schwellenwerts eigenständig entscheiden könne, auf welchem Kanal sie sende. Erst dadurch werde eine Reduzierung der Datenlast erreicht.
    Der UMTS-Standard sehe eine Kanalauswahlentscheidung durch die Mobilstation aber gerade nicht vor. Das Senden des TVI-Bits sei optional und ersetze lediglich das Senden des Messberichts, wie dies aus dem Stand der Technik bereits bekannt gewesen sei. Die Entscheidung über den Kanal treffe das Netzwerk dann auf der Grundlage verschiedener Parameter. Dass das TVI-Bit für die zu treffende Auswahl entscheidend sei, zeige der Standard nicht.
  17. Die Beklagten erheben zudem den kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwand.
    In diesem Zusammenhang behaupten sie, das Klagepatent vermittle der Klägerin eine marktbeherrschende Stellung.
    Es fehle bereits an einem hinreichenden Verletzungshinweis. Denn die Klägerin habe im Zusammenhang mit ihrem Verletzungshinweis vom 29.04.2014 (Anlage EIP B31; deutsche Übersetzung: AnlageEIP B31a) und auch in der Folgezeit schon keine relevanten Claim Charts vorgelegt.
    Sie, die Beklagten, seien auch nach wie vor lizenzwillig. Ihnen könne keine Verzögerungstaktik vorgeworfen werden. Die Verzögerungen in den Vertragsverhandlungen seien dem Umstand geschuldet, dass die Klägerin ihnen aus strategischen Gründen Informationen vorenthalten und völlig überzogene Forderungen gestellt habe.
    Bisher fehle es aber auch an einem FRAND-gemäßen Angebot der Klägerin, weshalb diese ihre marktbeherrschende Stellung missbrauche.
    Die Klägerin könne sich ihrer Transparenzpflicht im Hinblick auf die Art und Weise der Berechnung ihrer Lizenzen nicht mit dem Verweis auf ein ausländisches Urteil entledigen.
    Sie sei der sie treffenden Transparenzpflicht auch insoweit nicht nachgekommen, als sie die mit Intel, HH Mobil und der G. abgeschlossenen Lizenzverträge nicht vorgelegt und näher zu deren Inhalt vorgetragen habe. Diese Verträge seien auch dann vorzulegen, wenn sie tatsächlich einen Marktaustritt zum Gegenstand gehabt hätten. Ein solcher schließe auch eine Vergleichbarkeit nicht aus. Die G. trete auch nach wie vor noch mit Mobiltelefonen am Markt auf.
    In diesem Zusammenhang würden weiter relevante Verträge mit H, I und J sowie mit II existieren.
    Die Klägerin sei auch an die Vertragspraxis ihrer Rechtsvorgängerin K gebunden, und müsse insoweit zu bestehenden Lizenzverträgen vortragen. Sie, die Beklagten, hätten eine ganze Kette von Lizenzverträgen mit K, die bis heute reichen und früher als 2011 beginnen würden.
    Dem Vertragsangebot würden für die Erläuterung maßgebliche Inhalte auch deshalb fehlen, weil die Klägerin keine Gerichtsentscheidungen vorlegt, die sich mit Lizenzverträgen bzw. mit Entscheidungen zur Verletzung und zum Rechtsbestand befassen.
    Bei den von der Klägerin zur Begründung der Angemessenheit der Lizenzgebühren in Bezug genommenen E-Urteilen handele es sich nicht um einen allgemeingültigen Vergleichsmaßstab für Mobilfunkportfolios. Der Inhalt der E-Urteile könne gerade nicht als Ausdruck freier Vertragsverhandlungen verstanden werden, weil die Verhaltensregeln der Parteien von der prozessualen Situation geprägt seien.
    Die in dem Vertragsentwurf vorgeschlagene Lizenzgebühr sei auch deshalb überhöht, weil sie sich auf ein Mehrfaches von dem belaufe, was K tatsächlich für sein gesamtes SEP-Portfolio erhalte.
    Selbst dann, wenn man eine Orientierung an der Berechnung in den E-Urteilen zulassen würde, sei diese für das hier streitgegenständliche Portfolio unrichtig, weil die Klägerin eine zu große Menge standardessentieller Patentfamilien (GSM: 5; UMTS:14 und LT: 9) annehme.
    Denn wie ausländische Gerichtsverfahren zeigten, sei davon auszugehen, dass ein Großteil der von der Klägerin in ihrem Portfolio eingelagerten Patente nicht rechtsbeständig bzw. nicht standardessentiell seien.
    Schließlich habe der chinesische Markt auch aus dem Vertragsangebot ausgeklammert werden müssen, weil für diesen – insoweit unstreitig – eine Lizenz durch ein chinesisches Gericht ausgeurteilt werde.
    Dem Vertragsangebot der Klägerin fehle auch eine Anpassungsklausel, die die Veränderungen des Rechtsbestands im Hinblick auf die zu zahlenden Lizenzgebühren hinreichend kompensiere. Das gelte weiter auch deshalb, weil in der vorgesehenen Regelung (Ziffer 4.3 des Vertragsentwurfs) die – von der Klägerin mit Nichtwissen bestrittene – Tatsache, dass das UMTS-Netz von der N und M Ende 2020 abgeschaltet werde, nicht berücksichtigt wird.
    Das Vertragsangebot der Klägerin stelle sich auch als diskriminierend dar, weil sie die Vorlage von von ihr mit Dritten abgeschlossenen Verträgen mit dem Verweis darauf, dass diese nicht vergleichbar seien, verweigert.
    Schließlich liege eine Diskriminierung der Beklagten durch die Klägerin auch darin, dass sie von den acht größten Mobiltelefonherstellern (O, P, Q, R, S, T, U und V) nur die Beklagten angreife, obwohl kein anderer der genannten Hersteller eine Lizenz genommen habe.
    Unbeschadet der FRAND-Widrigkeit des Angebots aus Juli 2017 habe die Klägerin dieses aber auch durch den Antrag des neuen Angebots aus April 2019 widerrufen.
  18. Die Beklagten sind ferner der Auffassung, dass das Klagepatent keinen Bestand haben werde. Der Gegenstand der erfindungsgemäßen Lehre werde neuheitsschädlich vorweggenommen, da eine durch das Netzwerk zu treffende Kanalauswahlentscheidung anhand eines von der Mobilstation getroffenen Vergleichs eines Schwellenwerts mit einem momentanen Wert eines Kanalauswahlparameters aus der Entgegenhaltung ETSI TS 125 XXX V3.1.0 (2000-01) bereits bekannt gewesen sei.
  19. Entscheidungsgründe
  20. Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.
  21. A.
    Die Klage ist zulässig.
    Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche auf Schadensersatz und Rechnungslegung sind nicht auf Grund anderweitiger Rechtshängigkeit wegen der im Vereinigten Königreich erhobenen Klage unzulässig.
    Gegenstand des englischen Verfahrens ist die Bestimmung einer angemessenen Lizenz für das Klagepatent, nicht aber die Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz für den geltend gemachten deutschen Teil des Klagepatents.
    Im Übrigen folgt die mangelnde anderweitige Rechtshängigkeit für die Beklagten zu 2) und zu 3) bereits aus dem Umstand, dass diese nicht Partei des englischen Verfahrens sind.
  22. B.
    Die Klage ist teilweise begründet.
    Die Klägerin hat aus dem Klagepatentanspruch 1 gegen die Beklagten Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung sowie Schadensersatz dem Grunde nach aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. §§ 139 Abs. 2, 140b Abs. 1 und 3 PatG, §§ 242, XXX BGB.Sofern die Klägerin darüber hinausgehend Ansprüche aus dem Klagepatentanspruch 15 in Verbindung mit Anspruch 16 geltend macht, sind diese unbegründet.
  23. I.
    Die Klägerin hat ihre Aktivlegitimation hinreichend dargelegt. Das gilt zum einen hinsichtlich der Übertragung des Klagepatents von der K Corporation (im Folgenden: K) auf den K 2011 Patent Trust, der sodann eine Namensänderung in den 2011 Intellectual Property Asset Trust erfahren hat (im Folgenden: Trust), als zum anderen auch hinsichtlich der Übertragung seitens des Trust auf die Klägerin, die ihren Namen von W in X änderte.
  24. 1.
    Vorliegend entfaltet bereits das Patentregister hinreichende Indizwirkung für die materielle Inhaberschaft der Klägerin hinsichtlich der von ihr geltend gemachten Ansprüche (BGH, Urt. v. 07.05.2013, Az. X ZR 69/11 – Fräsverfahren, in GRUR 2013, 713, Rn. 54).
    Es bedarf in einem Verletzungsrechtsstreit regelmäßig keines weiteren Vortrags oder Beweisantritts, wenn sich eine Partei auf den aus dem Patentregister ersichtlichen Rechtsstand beruft. Eine Partei, die geltend macht, die materielle Rechtslage weiche vom Registerstand ab, muss vielmehr konkrete Anhaltspunkte aufzeigen, aus denen sich die Unrichtigkeit ergibt. Welche Anforderungen hierbei zu stellen sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. So bedarf der Vortrag, ein im Patentregister eingetragener Rechtsübergang habe einige Wochen oder Monate vor dessen Eintragung stattgefunden, in der Regel keiner näheren Substantiierung oder Beweisführung. Der Vortrag, der eingetragene Inhaber habe das Patent nicht wirksam oder zu einem anderen Zeitpunkt erworben, erfordert demgegenüber in der Regel nähere Darlegungen dazu, woraus sich die Unwirksamkeit des eingetragenen Rechtsübergangs ergeben soll (BGH, aaO, Rn. 60).
    Vorliegend vermag die zwischen der materiell-rechtlichen Übertragung einerseits und der Eintragung der Übertragung in das Patentregister andererseits liegende Zeitspanne von achteinhalb Monaten hinsichtlich der Übertragung des Klagepatents von K auf den Trust und von sechs Monaten hinsichtlich der Übertragung vom Trust auf die Klägerin die Indizwirkung des Patentregisters nicht zu widerlegen. Diese Eintragungsdauer überschreitet zwar die übliche Zeitspanne. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass die an dem Vertrag beteiligten Parteien nicht in Deutschland ansässig waren, so dass für das Bewirken der Eintragung ein größerer Zeitbedarf entstand (vgl. auch LG Düsseldorf, Urt. v. 13.07.2017 – 4a O 35/16, in GRUR-RS 2017 132079, Rn. 87).
    Selbst wenn man hier davon ausginge, dass die Indizwirkung des Patentregisters sich nicht auf die Wirksamkeit der Übertragungen erstrecken würde, hat die Klägerin diese ausreichend substantiiert dargelegt.
  25. 2.
    Soweit die Beklagten den Abschluss der entsprechenden Vereinbarungen und deren Wirksamkeit mit Nichtwissen bestreiten, ist dies im Grundsatz zulässig, da die Beklagten bei der Übertragung des Klagepatents von K auf den Trust ebenso wenig anwesend waren wie bei der Übertragung von dem Trust auf die Klägerin und diese Vorgänge insofern ihrer Wahrnehmung entzogen waren. Das Gericht darf deshalb die betreffende Tatsache ausschließlich dann zugrunde legen, wenn es von ihr im Rahmen der freien Beweiswürdigung überzeugt ist. § 286 Abs. 1 ZPO ordnet insoweit an, dass das Gericht nach freier Überzeugung darüber zu befinden hat, ob es eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr erachtet, wobei es den gesamten Inhalt der Verhandlungen und das Ergebnis einer etwaigen Beweisaufnahme zu berücksichtigen hat. Aus der Formulierung „etwaigen“ folgt hierbei, dass der erforderliche Beweis im Einzelfall auch ohne eine förmliche Beweisaufnahme nach Maßgabe der §§ 371 ff. ZPO als geführt angesehen werden kann. Die gerichtliche Überzeugungsbildung kann sich folglich allein auf die Schlüssigkeit des Sachvortrages einer Partei und/oder auf deren Prozessverhalten und/oder das des Gegners stützen (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 20.12.2017, I-2 U 39/26).
    Die Beklagten bestreiten vorliegend alle relevanten Umstände mit Nichtwissen. Sie bestreiten im Einzelnen, dass die Übertragungen überhaupt stattgefunden hätten, dass die beteiligten Personen zeichnungsberechtigt gewesen seien und Vollmacht bzw. Vertretungsmacht gehabt hätten und dass die Übertragungen nach ausländischem Recht wirksam gewesen seien.
    Da die Klägerin die maßgeblichen Übertragungen hinreichend dargelegt hat, ist das pauschale Bestreiten der Beklagten unbeachtlich. Selbst wenn die Beklagten ihr Bestreiten näher spezifiziert haben, vermochte dies an der Schlüssigkeit des Klägervortrags nichts zu ändern und macht keine Beweiserhebung erforderlich.
  26. 3.
    Die Übertragung des Klagepatents seitens K an den Trust durch das „Patent Assignment Agreement“ (siehe Anlage EIP B10, im Folgenden: PAA) vom 31. Mai 2011, bei dem der Trust von seinem Treuhänder, der BB Delaware Trust Company (im Folgenden: BB) vertreten wurde, ist von der Klägerin hinreichend dargelegt worden.
  27. a)
    Die Klägerin hat ausgeführt, dass durch das PAA sämtliche Rechte an den in den Anlagen „Exhibit A“ und „Exhibit B“ aufgelisteten Patenten und Patentanmeldungen von K auf den Trust übertragen wurden. Das Klagepatent sei dabei in der Anlage „Exhibit A“ auf Seite 30 mit dem Code 18177 aufgelistet.
    Die Beklagten beanstanden, dass das PAA nicht im Original vorgelegt worden sei. Für die Substantiierung ihres Vortrags muss die Klägerin jedoch keine Originale der Vertragsurkunden vorlegen, sondern es reicht aus, wenn sie eine Kopie der betreffenden Verträge zur Akte reicht. Sofern die Beklagten die Echtheit der Kopien bestreiten, hätte es ihnen oblegen, dafür konkrete Anhaltspunkte zu nennen. Solche sind jedoch weder vorgetragen worden, noch anderweitig ersichtlich. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass es sich um die Kopie einer „Execution Copy“ handelt.
    Insofern kommt es auf das Certificate (ebenfalls Anlage EIP B10, S. 1), das die Übereinstimmung der Kopie mit dem PAA im Original belegen soll, nicht an.
  28. b)
    Sofern die Beklagten mit Nichtwissen bestreiten, dass sich die Unterschriften auf den Seiten 4 und 5 des Anlagenkonvoluts EIP B 10 auf den davorliegenden Vertragstext beziehen und sowohl konkrete Bezugnahmen auf den Vertragstext als auch eine entsprechende durchgehende Paraphierung fehle, hat die Klägerin dem erfolgreich entgegengehalten, dass der innere Zusammenhang zwischen dem PAA selbst und den Unterschriftenseiten hergestellt wurde, indem das PAA auf Seite 2 auf die folgenden Unterschriftenseiten verweist und die Unterschriftenseiten selbst wiederum Bezug auf das „Patent Assignment Agreement“ vom 31. Mai 2011 nehmen.
  29. c)
    Auch dem Bestreiten der Beklagten, dass die angegebenen Unterzeichner des PAA, die Herren X und X, die notwendige Vertretungsbefugnis hatten, um für K rechtswirksam die behaupteten Erklärungen abzugeben bzw. zu unterzeichnen, ist die Klägerin hinreichend entgegen getreten, indem sie eine Kopie des finnischen Handelsregisters vorgelegt hat, die die Prokura der beiden ausweist (siehe Anlage EIP B 18).
    Sofern die Beklagten vortragen, dass die Kopie des finnischen Handelsregisters nicht die K Corporation nenne, sondern die K OYJ, hat die Klägerin ausgeführt, dass es sich bei beiden um dieselbe Rechtspersönlichkeit handelt. Die Klägerin hat erläutert, dass es sich bei der Bezeichnung „OYJ“ um die finnische Übersetzung für den englischen Begriff „Corporation“ handelt. Das Kürzel „OYJ“ stehe für Aktiengesellschaft. Am Markt benutze K die geläufige Bezeichnung K Corporation. Sofern die K OYJ als „Parallelfirma“ ausgewiesen sei, betreffe dies kein anderes Unternehmen, sondern nur einen parallel geführten Namen. Sofern die Beklagten aufzeigen, dass K nicht die gleiche Adresse habe wie im finnischen Handelsregister angeführt, sei dies laut Klägerin auf einen Umzug des Hauptsitzes zurückzuführen. Auch die von den Beklagten behaupteten unterschiedlichen Handelsregisternummern konnte die Klägerin dadurch erklären, dass es sich einerseits um eine Handelsregisternummer und andererseits um eine Business ID handelt. Beide unterscheiden sich voneinander und sind als solche jeweils auf der Internetseite von K ausgewiesen.
    Aus der Prokura ergibt sich, dass die beiden Herren X und X zum Zeitpunkt des Übertragungsvertrags befugt waren, den Vertrag für K zu unterzeichnen. Dass es sich bei den beiden tatsächlich um die Unterzeichner handelt, hat die Klägerin ferner dadurch untermauert, dass sie Erklärungen der beiden Unterzeichner beigebracht hat, die bestätigen, dass die Unterschriften auf der ersten Unterschriftenseite des PAA tatsächlich von ihnen stammen (siehe die Anlagen EIP B17 und EIP B20).
    Die Klägerin hat außerdem durch einen Vergleich der Unterschriften von X und X auf dem PAA einerseits und deren Führerscheinen andererseits gezeigt, dass sich diese gleichen und keinen Anlass zu Zweifeln daran geben, dass die Unterschriften echt sind.
  30. d)
    Die Klägerin hat vorgetragen, dass der Trust von K und der BB am 31. Mai 2011 gegründet worden sei. Dabei seien die in der Anlage A und B der Treuhandvereinbarung (Anlage EIP B11; Exhibit C) genannten Patente auf den Trust übertragen worden. In diesem Zusammenhang hat die Klägerin nicht nur einen Ausdruck der offiziellen Internetseite des „Department of State“ eingereicht (Anlage EIP B12), sondern auch die Kopie eines mit einer Apostille versehenen und durch den „Secretay of State“ ausgegebenen Zertifikats, das die Gründung bestätigt (Anlage EIP B13).
    Sofern die Beklagten vortragen, dass das mit einer Apostille versehene Zertifikat sich nicht auf den K 2011 Patent Trust, sondern vielmehr auf den 2011 Intellectual Property Asset Trust beziehe, hat die Klägerin die wirksame Namensänderung des Trusts hinreichend dargelegt, indem sie eine Kopie des Zertifikats eines „Secretary of State“ samt Apostille zur Akte gereicht hat, mit welchem die Namensänderung bestätigt wird (siehe Anlage EIP B16).
    Für die von den Beklagten vorgetragene fehlende Bevollmächtigung des Herrn DD für die BB zu handeln, gibt es ebenso wenig Anhaltspunkte wie für die Unwirksamkeit der Namensänderung an sich. Die Vertretungsbefugnis des DD ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass es sich dabei um den Vice-President der BB handelt und er sich als solcher auch vor dem „Secretary of State“, Jeffrey Bullock, ausweisen konnte.
    Die Klägerin hat dargelegt, dass neben Herrn DD auch Herr Y durch seine Position als „Officer“ befugt war, die BB zu vertreten. Dies wird bestätigt durch das von der Klägerin eingeholte Rechtsgutachten, das die Position von Y bestätigt.
    Auch die dagegen von den Beklagten vorgebrachten Einwände lassen keine konkreten Anhaltspunkte dafür erkennen, dass die entsprechenden Rechte und Pflichten nicht wirksam auf Y übertragen wurden.
    Die Klägerin hat auch die Vertretungsbefugnis der Herren Z und AA für K durch Vorlage einer Kopie des entsprechenden Handelsregistersauszugs hinreichend dargelegt (siehe Anlage EIP B18).
    Sofern die Beklagten die Einheitlichkeit des Trust Agreements bemängeln, konnte die Klägerin Unstimmigkeiten – vor allem die doppelte Seite 17 – mit der Verwendung unterschiedlicher Papierformate in den USA einerseits und in Finnland andererseits erklären.
  31. e)
    Die Klägerin hat darüber hinaus ebenfalls durch einen Ausdruck der offiziellen Internetseite des „Department of State“ (Anlage EIP B14) und durch ein mit einer Apostille versehenes Zertifikat des „Secretay of State“ (Anlage EIP B15) die Gründung der BB hinreichend dargelegt.
    Das von der Klägerin eingeholte Rechtsgutachten des US-amerikanischen Rechtsanwalts CC (Anlage EIP B11) bestätigt zudem, dass die BB zur Vertretung des Trusts befugt war. Die Beklagten können über das pauschale Bestreiten dieser Befugnis hinaus auch keine Anhaltspunkte dafür aufzeigen, dass dies nicht der Fall war.
  32. f)
    Das PAA bewirkt die materiell-rechtliche Übertragung von Ansprüchen, zu denen auch Schadensersatzansprüche gehören. Dies ergibt sich bereits aus Abschnitt 1 des PAA auf Seite 2 und wird bestätigt durch das Rechtsgutachten von CC.
  33. g)
    Soweit die Beklagten meinen, dass sich eine wirksame Übertragung des Klagepatents von K auf die BB nicht aus der als Anlage EIP A23 vorgelegten Erklärung ergebe, kommt es darauf nicht an, da die Klägerin die Übertragung des Klagepatents bereits anderweitig hinreichend substantiiert dargelegt hat.
  34. 4.
    Auch die Übertragung des Klagepatents mitsamt der damit in Zusammenhang stehenden Ansprüche seitens des Trust auf die Klägerin durch das Purchase and Sale Agreement (siehe Anlage EIP B11, Exhibit G; im Folgenden: PSA) vom 01. September 2011 ist von der Klägerin hinreichend substantiiert dargelegt worden.
  35. a)
    Hinsichtlich der Vertretung des Trusts durch die BB und die Vertretung der BB durch Herrn DD wird nach oben verwiesen.
    Seitens der Klägerin wurde das PSA durch die Herren EE und FF unterschrieben, deren Vertretungsmacht sich aus dem Eintragungsformular zur Neueintragung der GG im luxemburgischen Handelsregister ergibt (siehe Anlage EIP B52).
    Die Beklagten bestreiten die Wirksamkeit der Übertragung – wie auch im Hinblick auf die Übertragung des Klagepatents von K auf den Trust – nicht hinreichend, indem sie pauschal alle relevanten Umstände mit Nichtwissen bestreiten.
  36. b)
    Die Beklagten meinen, dass für die Beurteilung der Übertragung des Klagepatents relevante Teile des PSA geschwärzt worden seien. Sie zeigen jedoch nicht auf, aus welchem Grund eine Beurteilung der Wirksamkeit der Übertragung des Klagepatents so nicht möglich sein sollte.
  37. c)
    Sofern die Beklagten im Hinblick auf das PSA vortragen, dass konkrete Bezugnahmen zwischen dem Vertragstext und der Unterschriftenseite fehlten, gilt auch hier, dass dieser Zusammenhang durch den Verweis vom Vertragstext auf die Unterschriftenseite einerseits und durch die Nennung des „Confidential Purchase and Sale Agreement“ auf der Unterschriftenseite andererseits ein hinreichender Bezug hergestellt ist.
    Sofern die Beklagten bestreiten, dass es sich bei der im PSA genannten W und der Klägerin um dieselbe Gesellschaft handelt, hat die Klägerin jeweils einen Handelsregisterauszug zur Akte gereicht, der zeigt, dass beide unter derselben Handelsregisternummer geführt werden (siehe Anlage EIP B9 und B51).
  38. 5.
    Die Beklagten meinen ferner, dass die Klägerin zur Wirksamkeit der Verträge nach ausländischem Recht vortragen müsse. Das hat die Klägerin getan, indem sie ein Rechtsgutachten des Rechtsanwalts CC eingeholt hat. Das Gutachten bestätigt nicht nur die Wirksamkeit des PAA, sondern auch des PSA und des Trust Agreements, mit welchem der Trust gegründet wurde, nach US-amerikanischen Recht.
    Die Klägerin ist damit der ihr obliegenden Darlegungslast nachgekommen. Es hätte vor diesem Hintergrund den Beklagten oblegen, konkrete Anhaltspunkte aufzuzeigen, die Zweifel an der Wirksamkeit der Vereinbarungen wecken.
  39. 6.
    Sofern die Beklagten meinen, dass die Klägerin keine Ansprüche aus dem Klagepatent geltend machen könne, weil dieses nunmehr Teil des Via Licensing Patentpools sei, hat die Klägerin dem erfolgreich entgegenhalten können, dass mit einer Beteiligung am Patentpool im Übrigen keine Übertragung der entsprechenden Patente einhergegangen sei.
  40. II.
    Das Klagepatent bezieht sich auf ein Verfahren und eine Vorrichtung für das Übertragungsmanagement von Paketdaten in einem Zellularsystem wie zum Beispiel dem UMTS, siehe Absatz [0001] des Klagepatents (alle folgenden, nicht näher bezeichneten Absätze sind solche des Klagepatents).
    Für ein besseres Verständnis der Erfindung erläutert das Klagepatent die Struktur des UMTS-Systems und die Datenübertragung im Rahmen dieses Systems. In diesem Zusammenhang werden insbesondere die verschiedenen Kanäle und deren Einsatzzweck beschrieben. So beschreibt das Klagepatent, dass die Anwenderdaten und die Nachrichtenübertragung entweder über einen zweckgebundenen Kanal (dedicated channel – DCH), der der Mobilstation zugewiesen ist, oder über einen gemeinsamen Kanal gesendet werden können. Die gemeinsamen Kanäle enthalten beispielsweise den Direktzugriffskanal (random access channel – RACH), den Vorwärts-Leitungszugangskanal (forward link access channel – FACH), den Rundfunkkanal (broadcast channel – BCH) und den Funkrufkanal (paging channel – PCH), Absatz [0005].
    Sodann beschreibt das Klagepatent den RACH näher. Dieser werde nur auf der Aufwärtsstrecke verwendet. Da es sich nicht um einen für eine Mobilstation reservierten Kanal handele, bestehe bei Verwendung dieses Kanals das Risiko der Verwendung durch mehrere Mobilstationen gleichzeitig, so dass im Funkweg ein Konflikt auftreten und die gesendeten Daten nicht empfangen werden könnten, Absatz [0006]. Bevor die Mobilstation ein Direktzugriffsbündel (random access burst) auf dem RACH übertrage, messe sie die empfangene Leistung auf der Abwärtsstrecke. Daneben informiere das System die Mobilstation über die Übertragungsleistung, Absatz [0007].
    Anders als der RACH könne der zweckgebundene Kanal DCH sowohl auf der Aufwärtsstrecke (im Folgenden: im Uplink) als auch auf der Abwärtsstrecke (im Folgenden: im Downlink) reserviert sein. Auf diesem Kanal sei sowohl eine schnelle Datenübertragung als auch eine schnelle Steuerung der Übertragungsleistung möglich, Absatz [0010]. Es sei daneben möglich, dass der einer Mobilstation zugewiesene Kanal ebenso für andere Mobilstationen verfügbar sei. Dann handele es sich um einen gemeinsam genutzten Kanal, Absatz [0011].
    Das Klagepatent beschreibt es als Problem bei der Paketdatenübertragung im Uplink, dass das System keine Informationen über die zu sendenden Pakete besitze, auf die die Kanalauswahlentscheidung gestützt werden könne. Folglich müssten die Informationen über die zu übertragenden Datenpakete zum System gesendet werden, woraufhin das System die Informationen über die Entscheidung hinsichtlich der Verwendung eines gemeinsamen gegenüber der Verwendung eines zweckgebundenen Kanals zur Mobilstation senden müsse. Diese Informationsübertragung verbrauche Kapazitäten und verlangsame die Übertragung der Paketdaten, Absatz [0021].
    Hinsichtlich des Standes der Technik verweist das Klagepatent auf die US-A-5,673,XXX, die ein digitales Kommunikationssystem mit einer Vorwärts- und Rückwärtsstrecke beschreibe, um ein Datenpaket zu übertragen. Das System umfasse einen Sender/Empfänger für das Senden des Datenpakets in einem Direktzugriffskanal über die Rückwärtsstrecke. Das System könne für die Übertragung des Datenpakets zwischen dem Sender/Empfänger und der Basisstation einen zweckgebundenen Kanal enthalten. Ferner könne es einen Prozessor für das Umschalten vom Direktzugriffskanal zum zweckgebundenen Kanal enthalten, wenn der Bandbreitenbedarf eine erste Schwelle überschreite, und für das Umschalten vom zweckgebundenen Kanal zum Direktzugriffskanal, wenn der Bandbreitenbedarf unter eine zweite Schwelle falle, Absatz [0022].
    Die in der Klagepatentbeschreibung formulierte Aufgabe (das technische Problem) liegt darin, eine Lösung für das Management der Uplink-Paketdaten zu schaffen, die die oben erwähnten, sich aus dem Stand der Technik ergebenden Probleme vermeidet, Absatz [0023].
    Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent mit den von der Klägerin geltend gemachten Ansprüchen 15 und 16 eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor:
    15.1 Mobilstation, die mit einem Zellularsystem verbunden ist und Mittel zum Senden von Paketdaten auf der Aufwärtsstrecke an das System unter Verwendung eines ausgewählten Kanals umfasst, wobei
    15.2 der ausgewählte Kanal entweder ein gemeinsamer Kanal (RACH) oder ein zweckgebundener Kanal (DCH) ist,
    15.3 außerdem umfassend: Mittel zum Empfangen eines Schwellenwertes eines Kanalauswahlparameters von dem System und
    15.4 Mittel zum Speichern des Schwellenwertes des Kanalauswahlparameters und
    15.5 Mittel zum Vergleichen des Schwellenwertes des Kanalauswahlparameters mit einem momentanen Wert des Kanalauswahlparameters als Grundlage für die Kanalauswahl und
    16.1 Mittel für die Ausführung der Kanalauswahl anhand des Ergebnisses des Vergleichs.
    Daneben schlägt das Klagepatent mit dem von der Klägerin geltend gemachten Anspruch 1 ein Verfahren mit den folgenden Merkmalen vor:
    1.1 Verfahren zum Übertragen von Paketdaten auf der Aufwärtsstrecke von einer Mobilstation an ein System
    1.2 in der Weise, dass ein gemeinsamer Kanal (RACH) oder ein zweckgebundener Kanal (DCH) zum Senden eines Datenpakets ausgewählt wird und
    1.3 das Datenpaket unter Verwendung des ausgewählten Kanals gesendet wird,
    1.4 dass ein Schwellenwert eines Kanalauswahlparameters definiert wird,
    1.5 der Schwellenwert des Kanalauswahlparameters an die mobile Station gesendet wird,
    1.6 ein momentaner Wert des Kanalauswahlparameters mit dem Schwellenwert des Kanalauswahlparameters durch die Mobilstation verglichen wird
    1.7 und die Auswahl anhand des Vergleichs ausgeführt wird.
    Ein Vorteil der erfindungsgemäßen Lehre liege darin, dass die Entscheidung über den für die Paketdatenübertragung zu verwendenden Kanal abhängig von einem Kanalauswahlparameter getroffen werde, wobei die dazu erforderlichen Parameter zur Mobilstation gesendet werden. Dadurch werde die Signalisierungslast bei der Kapazitätszuweisung zwecks Paketdatenübertragung verringert und die zu Beginn der Datenübertragung stattfindende Verzögerung minimiert, Absatz [0024].
  41. III.
    Vorab bedürfen insbesondere die Merkmale 1.2, 1.3, 1.6 und 1.7 (siehe unten, Ziff. 1) sowie die Merkmale 15.1, 15.5 und 16.1 (siehe unten, Ziff. 2) der Auslegung.
  42. 1.
    Die erfindungsgemäße Lehre des Klagepatentanspruchs 1 sieht ein Verfahren zum Übertragen von Paketdaten im Uplink vor und umfasst eine Mobilstation und ein System, Merkmal 1.1.
    Der Verfahrensanspruch 1 des Klagepatents nimmt in den Merkmalen 1.2, 1.3 und 1.7 Bezug auf eine Kanalauswahl bzw. einen ausgewählten Kanal. Aus dem Wortlaut des Anspruchs ergibt sich, dass es für die Verwirklichung der erfindungsgemäßen Lehre nicht darauf ankommt, ob die in diesen Merkmalen genannte Kanalauswahl durch die Mobilstation oder das Zellularsystem vorgenommen wird (siehe unten, Ziff. a)). Diese Auslegung wird bestätigt durch die Beschreibung des Klagepatents (siehe unten, Ziff. b)) und den Vergleich mit dem Stand der Technik, von dem sich die erfindungsgemäße Lehre abgrenzt (siehe unten, Ziff. c)).
  43. a)
    Das im Klagepatentanspruch 1 beschriebene Verfahren zum Übertragen von Paketdaten auf der Aufwärtsstrecke von einer Mobilstation an ein System impliziert die folgende zeitliche Abfolge:
    Zu Beginn des Verfahrens wird ein Schwellenwert eines Kanalauswahlparameters definiert, Merkmal 1.4. Dieser Schwellenwert wird an die Mobilstation gesendet, Merkmal 1.5. Sodann vergleicht die Mobilstation einen momentanen Wert des Kanalauswahlparameters mit dem Schwellenwert des Kanalauswahlparameters, Merkmal 1.6. Anhand dieses Vergleichs wird eine Auswahl durchgeführt, Merkmal 1.7. Die Auswahl bezieht sich auf einen Kanal, der entweder ein gemeinsamer Kanal (RACH) oder ein zweckgebundener Kanal (DCH) sein kann, Merkmal 1.2. Unter Verwendung dieses ausgewählten Kanals wird das Datenpaket dann gesendet, Merkmal 1.3.
    Im Folgenden werden die Merkmale entsprechend dieser impliziten Reihenfolge näher erörtert:
  44. aa)
    Die Merkmale 1.4 und 1.5 fordern das Definieren eines Schwellenwerts eines Kanalauswahlparameters, der an die Mobilstation gesendet wird. Der Schwellenwert meint begrifflich einen Grenzwert.
    Merkmal 1.4 besagt zwar nicht ausdrücklich, dass das Definieren des Schwellenwerts innerhalb des Systems stattfindet, jedoch ergibt sich dies aus dem in Merkmal 1.5 beschriebenen Umstand, dass dieser Wert an die Mobilstation gesendet wird und damit zuvor im System vorgelegen haben muss.
    Der Anspruch lässt offen, ob es mehrere Schwellenwerte in Bezug auf verschiedene Kanalauswahlparameter geben kann. Ferner ist das Merkmal auch in Hinsicht auf den Parameter offen formuliert und lässt jede Art von Parameter zu. Die Beschreibung des Klagepatents nennt in diesem Zusammenhang beispielhaft unter anderem die Datenpaketgröße, die erforderliche Bitrate, die zulässige Übertragungsverzögerung oder die Kanallast, siehe Absatz [0025].
    Nach der englischen Originalfassung des Klagepatentanspruchs bezieht sich der in Merkmal 1.5 beschriebene und an die Mobilstation gesendete Schwellenwert explizit auf den genannten Schwellenwert des Kanalauswahlparameters (said threshold value) und ist damit explizit rückbezogen auf den in Merkmal 1.4 definierten Schwellenwert.
  45. bb)
    Merkmal 1.6 erfordert, dass die Mobilstation einen momentanen Wert des Kanalauswahlparameters mit einem Schwellenwert vergleicht.
    Auf der Grundlage dieses Vergleichs muss eine „Auswahl“ durchgeführt werden. Die in Merkmal 1.7 genannte Auswahl meint eine Kanalauswahl, wie aus den Merkmalen 1.2 und 1.3 deutlich wird, die wiederum Bezug auf einen „ausgewählten Kanal“ nehmen.
    Die Kanalauswahl muss einerseits von dem durch die Mobilstation vorgenommenen, in Merkmal 1.6 genannten Vergleich und andererseits von der endgültigen Kanalzuweisung abgegrenzt werden. Ersteres ergibt sich daraus, dass der Klagepatentanspruch sprachlich zwischen dem Vergleich und der Kanalauswahl unterscheidet. Das bedeutet, dass mit dem Vergleichsergebnis nicht zugleich die Kanalauswahlentscheidung getroffen wird. Vielmehr muss diese Entscheidung eigenständig getroffen werden. Dies macht auch die Klagepatentbeschreibung in den Absätzen [0040] ff. deutlich, in denen erläutert wird, dass – sofern die Mobilstation die Kanalauswahlentscheidung trifft – dies entweder durch die MAC- oder die RRC-Schicht geschieht. Fällt die Entscheidung zugunsten eines DCH aus, muss dieser noch vom Netzwerk angefordert werden, welches den Kanal dann zuweisen kann. Das macht deutlich, dass auch die Kanalzuweisung nicht mit der Kanalauswahlentscheidung gleichgesetzt werden kann. Bei der Kanalauswahl handelt es sich um einen Schritt, der sich zwischen den Vergleich und die gegebenenfalls erfolgende Kanalzuweisung einreiht.
    Der Begriff der Kanalauswahl meint insofern die autonome Entscheidung, auf welchem Kanal gesendet werden soll. Die Auswahl kann darin bestehen, entweder auf einem existierenden Kanal zu senden oder die Zuweisung eines anderen Kanals zu verlangen, wie dies etwa in Absatz [0050] beispielhaft beschrieben ist. Durch die Kanalauswahl steht der Mobilstation die Wahl zwischen zwei Varianten zur Verfügung, die jeweils eine unterschiedliche weitere Vorgehensweise bei der Datenübertragung nach sich ziehen. Dabei bietet das autonome Senden über den gemeinsamen Kanal den erfindungsgemäßen Vorteil, dass es keiner weiteren Kommunikation zwischen der Mobilstation und dem System bedarf und die Mobilstation mit dem Senden der Datenpakete beginnen kann.
    Merkmal 1.7 lässt jedoch offen, ob die Kanalauswahl seitens der Mobilstation oder des Netzwerks durchgeführt wird. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass das in Merkmal 1.6 genannte Vergleichen ausdrücklich der Mobilstation zugeordnet wird. Denn die darauf folgende und mit einem „und“ verbundene Auswahl erfährt keine Zuordnung zur Mobilstation oder zum System.
    Dass die Auswahl gedanklich von dem vorhergehenden Vergleich zu trennen ist, macht der Klagepatentanspruch bereits dadurch deutlich, dass die Kanalauswahl – anders als in der Merkmalsgliederung der Klägerin – nach einem gesonderten Spiegelstrich genannt und damit bereits sprachlich von dem Vergleich getrennt wird.
    Die den einzelnen Spiegelstrichen zugeordneten Verfahrensschritte werden dabei nicht immer ausdrücklich entweder dem System oder der Mobilstation zugeordnet. Eine Zuordnung ergibt sich entweder aus dem Zusammenhang oder kann – wie hier – offen bleiben, da eine Ausführung sowohl durch die Mobilstation als auch durch das System denkbar ist. In diesem Fall ist ein Treffen der Kanalauswahl durch das System für die Verwirklichung des Merkmals ausreichend.
  46. cc)
    Die Merkmale 1.2 und 1.3 greifen die Kanalauswahl wieder auf. Die anhand des Vergleichs getroffene Auswahl kann entweder zugunsten eines gemeinsamen Kanals (RACH) oder eines zweckgebundenen Kanals (DCH) ausfallen, wobei diese Aufzählung nicht abschließend ist. Gemäß Merkmal 1.3 wird das Datenpaket unter Verwendung des ausgewählten Kanals gesendet. Das Senden erfolgt durch die Mobilstation im Uplink, wie sich aus Merkmal 1.1 ergibt.
  47. b)
    Die anhand des Wortlauts vorgenommene Auslegung des Klagepatentanspruchs 1 lässt sich mit der Beschreibung des Klagepatents in Einklang bringen.
  48. aa)
    Die Patentbeschreibung erläutert zunächst die Struktur des UMTS-Systems in den Absätzen [0002] bis [0004] und in diesem Zusammenhang insbesondere die Nutzung verschiedener Transportkanäle, Absatz [0005] bis [0011], sowie das Mapping der logischen Kanäle auf diese Transportkanäle durch die MAC-Schicht, Absatz [0012]. Die Absätze [0013] bis [0015] beschreiben den Paketdatentransfer im Downlink und die Absätze [0016] bis [0020] den Paketdatentransfer im Uplink. Nach Erwähnung des Standes der Technik und der sich daraus ergebenden Aufgabe, Absatz [0021] bis [0023], beginnt mit den Absätzen [0024] ff. die Beschreibung der Erfindung und deren Vorteile.
    Absatz [0024] beschäftigt sich damit, über welchen Transportkanal die Kanalauswahlparameter an die Mobilstation gesendet werden können. Die Absätze [0025] ff. beschreiben die Kanalauswahlparameter näher und nennen in diesem Zusammenhang unter anderem die Größe des zu übertragenden Datenpakets sowie die Bitrate. Sofern Absatz [0026] in diesem Zusammenhang beschreibt, dass die Mobilstation die für die Kanalauswahl wesentlichen Parameter kenne, bedeutet dies nicht, dass die Mobilstation auch die Kanalauswahlentscheidung selbst treffen muss. Schließlich kann sie das Ergebnis des Vergleichs der momentanen Kanalauswahlparameter mit dem Schwellenwert dem Netzwerk mitteilen, damit dieses die Auswahl trifft.
    Erst beginnend mit den Absätzen [0030] bis [0034] werden jeweils unterschiedliche Aspekte der erfindungsgemäßen Lehre beschrieben. Dabei bleibt in den in den Absätzen [0030] bis [0032] beschriebenen Verfahren offen, ob die Kanalauswahl durch die Mobilstation oder das Zellularsystem vorgenommen wird.
    Sodann beschreibt Absatz [0033] ein Zellularsystem, das verschiedene Mittel umfasst, zu denen auch solche für die Ausführung der Kanalauswahl gehören. Zwar erfolgt keine ausdrückliche Zuordnung dieser Mittel zum System selbst, jedoch sind alle in diesem Absatz beschriebenen Mittel solche des Systems, sofern sie nicht ausdrücklich der Mobilstation zugeordnet werden. Zumindest aber lässt sich keine eindeutige Zuordnung der Mittel der Kanalauswahl zur Mobilstation herleiten.
  49. bb)
    Erst Absatz [0034] beschreibt explizit eine Mobilstation. In diesem Zusammenhang werden jedoch keine Mittel zur Ausführung der Kanalauswahl genannt. Vielmehr finden sich dort nur die Mittel zum Vergleichen des Schwellenwertes des Kanalauswahlparameters mit einem momentanen Wert des Kanalauswahlparameters als Grundlage für die Kanalauswahl. Insofern unterscheidet sich das Ausführungsbeispiel auch von dem zuvor in Absatz [0033] beschriebenen Zellularsystem. Aus dem Vergleich der Absätze [0033] und [0034] lässt sich insofern der Rückschluss ziehen, dass die Mobilstation keine Mittel zur Kanalauswahl aufweisen muss.
    Allein in dem in den Absätzen [0038] ff. beschriebenen und in Figur 6 schematisch dargestellten Verfahren trifft die Mobilstation die Kanalauswahlentscheidung. Beginnend mit den Absätzen [0042] ff. wird das innerhalb der Mobilstation ablaufende Verfahren beschrieben, nachdem diese die zuvor vom System definierten Kanalauswahlparameter bzw. die dazugehörigen Schwellenwerte empfangen hat. Dazu trifft die RLC- bzw. MAC-Schicht autonom die Entscheidung darüber, ob ein RACH oder ein DCH zum Senden von Paketdaten benutzt wird, Absatz [0042]. Bei dem Überschreiten einer bestimmten Datengröße fragt die MAC-Schicht bei der RRC-Schicht einen zweckgebundenen Kanal an. Die RRC-Schicht wiederum regelt dann die Anforderung von Übertragungskapazitäten über die Funkschnittstelle. Die darauf folgende Beschreibung der Figur 8 greift das zuvor beschriebene Verfahren auf und ordnet die Kanalauswahl der Mobilstation zu, Absatz [0050].
    Sofern die Beschreibung außerdem in Absatz [0048] vorsieht, dass die Kanalauswahl innerhalb der Mobilstation vorzugsweise durch die Steuereinheit getroffen werden soll, lässt dies keinen Rückschluss darauf zu, dass die Kanalauswahl ansonsten zwar durch eine andere Komponente vorgenommen werden kann, diese aber auch Teil der Mobilstation sein muss. Vielmehr handelt es sich lediglich um eine bevorzugte Ausführungsform. Andere Ausgestaltungen werden daher insgesamt nicht ausgeschlossen, unabhängig davon, ob sich die Komponenten innerhalb der Mobilstation oder innerhalb des Netzwerks befinden.
    Die in der Beschreibung angeführten Ausführungsbeispiele stellen den einzigen Anhaltspunkt innerhalb der Beschreibung für die Annahme dar, dass die Mobilstation die Entscheidung über die Kanalauswahl treffen kann. Dass die Beschreibung daneben nicht explizit ein Beispiel nennt, bei dem das Netzwerk die Kanalauswahlentscheidung trifft, rechtfertigt jedoch nicht die Annahme, dass dies nicht mehr unter den Gegenstand der erfindungsgemäßen Lehre fallen würde.
  50. c)
    Die vorgenommene Auslegung, nach welcher die in Anspruch 1 zum Ausdruck kommende erfindungsgemäße Lehre nicht zwingend eine von der Mobilstation vorzunehmende Kanalauswahl erfordert, untergräbt nicht den Vorteil, den die erfindungsgemäße Lehre gegenüber dem Stand der Technik bietet. Denn die klagepatentgemäße Lehre hebt sich auch ohne eine durch die Mobilstation vorgenommene Kanalauswahlentscheidung von dem in der Beschreibung genannten Stand der Technik ab.
  51. aa)
    Das Klagepatent verweist in Absatz [0022] auf die US-A-5,673,XXX und beschreibt in Absatz [0021] das Problem, dass das System bei der Paketdatenübertragung im Uplink keine Informationen über die zu sendenden Pakete besitze, auf die die Kanalauswahlentscheidung gestützt werden könne. Daher müsse die entsprechende Information zunächst zum System gesendet werden, woraufhin das System die Entscheidung über die Verwendung entweder eines gemeinsamen oder eines zweckgebundenen Kanals zur Mobilstation senden müsse. Dies verbrauche Kapazitäten und verlangsame die Übertragung der Paketdaten.
    Das aus dem Stand der Technik bekannte Verfahren sah vor, dass die Mobilstation – beispielsweise bei der Anfrage nach einem zweckgebundenen Kanal – unter anderem Informationen hinsichtlich der Datenpaketgröße oder der Datenübertragungsrate sendete, siehe Absatz [0019].
    Der Beschreibung lässt sich entnehmen, dass die im Stand der Technik auftretenden Probleme vielschichtig sind, letztendlich aber immer die Datenübertragungskapazitäten und die mit höherem Datenvolumen einhergehende langsamere Übertragung betreffen.
    Die Datenübertragungslast wird bei der erfindungsgemäßen Lehre bereits dadurch reduziert, dass die Mobilstation Mittel zum Vergleichen von bestimmten Parametern – wie bspw. der Paketdatengröße – aufweist und damit den Vergleich selbst vornehmen kann. Nach dem Stand der Technik sendete die Mobilstation einen Messbericht an das Netzwerk, welches den Vergleich dann vornehmen musste. Durch die erfindungsgemäße Lehre wird das Senden umfangreicher Daten im Uplink vermieden und es reicht aus, wenn die Mobilstation das Ergebnis des Vergleichs mitteilt.
    Hinzu kommt, dass die erfindungsgemäße Lehre selbst für den Fall, dass die Mobilstation autonom eine Auswahlentscheidung zu Gunsten des DCH trifft, vorsieht, dass dieser Kanal zuerst seitens des Systems zugewiesen werden muss. In dem Fall wäre also in jedem Fall ein weiterer Datenaustausch sowohl im Uplink (DCH-Anfrage) als auch im Downlink (DCH-Zuweisung) notwendig, so dass die Datenübertragungslast durch den Umstand, dass die Mobilstation den DCH selbst ausgewählt hat, gar nicht (weiter) reduziert werden würde.
  52. bb)
    Vor diesem Hintergrund geben die schematischen Darstellungen der Beklagten sowohl den Stand der Technik als auch die erfindungsgemäße Lehre verkürzt wieder.
    Der schematisch wiedergegebene Austausch von Informationen zwischen der Mobilstation und dem System nach dem Stand der Technik, wie die Beklagten ihn auf Seite 11 der Klageerwiderung vom 5. November 2018 zeigt, gibt zuoberst eine „Information über Pakete“ wieder und bringt damit nicht zum Ausdruck, dass die Mobilstation zunächst einen kompletten Messbericht (measurement report) an das System schicken muss.
    Auch das auf der nächsten Seite der Klageerwiderung gezeigte Schema gibt die erfindungsgemäße Lehre nur unvollständig wieder. Nach dem Schema trifft die Mobilstation selbst, nachdem sie vom System die Information über den Schwellenwert erhalten hat, die Kanalwahlentscheidung und sendet dann die Pakete auf dem ausgewählten Kanal. Das gibt die Patentbeschreibung aber nicht her. Figur 6 der Klagepatentbeschreibung zeigt, dass nach der Kanalauswahl – auch wenn diese durch die Mobilstation stattgefunden hat – für den Fall, dass ein zweckgebundener Kanal DCH ausgewählt wurde, dieser noch zugewiesen werden muss. Nur wenn die Entscheidung zugunsten des RACH ausfällt, kann die Mobilstation gemäß der Patentbeschreibung auch ohne Zuweisung auf diesem Kanal senden. Das bedeutet aber, dass auch nach der erfindungsgemäßen Lehre die Zuweisung eines dedizierten Kanals nicht entfällt. Diese Zuweisung geschieht immer durch das System, das die Ressourcen überwacht und zuteilt. Schließlich kann die Mobilstation sich nicht selbst die vom Netzwerk zur Verfügung gestellten Ressourcen zuteilen.
  53. d)
    An der Auslegung der Kammer vermögen die von den Beklagten angeführten Urteile des Landgerichts München vom 19. Dezember 2019 (Anlage B09) und des Court of Appeals (Anlage B03) ebenso wenig etwas zu ändern wie der qualifizierte Hinweis des Bundespatentgerichts vom 17. April 2020 (Anlage EIP B62E) bzw. das nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung vorgelegte Protokoll der Sitzung des Bundespatentgerichts vom 15. Juli 2020 (Anlage EIP B67).
    Das Landgericht München hat den ursprünglichen Klagepatentanspruch 15 in Zusammenhang mit dem abhängigen Anspruch 16 geprüft, der ausdrücklich vorsieht, dass die Mobilstation die Kanalauswahlentscheidung trifft. Die dazu ergangenen Ausführungen sind aus diesem Grund auf die hier erfolgende Auslegung des unabhängigen Klagepatentanspruchs 1 nicht übertragbar.
    Auch das von den Beklagten angeführte Urteil des US-amerikanischen Court of Appeals ist für die vorliegende Beurteilung irrelevant. Es ist nicht erkennbar, dass die dortige Rechtsprechung im Hinblick auf die Frage der Auslegung eines Verfahrensanspruchs und darin enthaltene Zweckangaben vergleichbar mit der hiesigen ist.
    Die Kammer verkennt nicht, dass das Bundespatentgericht die Kanalauswahlentscheidung bei der Mobilstation verortet. Die Kammer hat den Anspruch jedoch einer eingehenden Bewertung unter Zugrundelegung anerkannter Auslegungsgrundsätze unterzogen und verbleibt daher bei dem hier vorgenommenen Auslegungsergebnis.
  54. 2.
    Der unabhängige Vorrichtungsanspruch 15 sieht eine Mobilstation vor, die mit einem Zellenfunksystem verbunden ist und Mittel zum Senden von Paketdaten im Uplink unter Verwendung eines ausgewählten Kanals umfasst, Merkmal 1.1.
    Soweit der Vorrichtungsanspruch 15 in Merkmal 15.1 durch die Mittel zum Senden von Paketdaten unter Verwendung eines „ausgewählten“ Kanals und in Merkmal 15.5 durch die Mittel zum Vergleichen von Parametern „als Grundlage für die Kanalauswahl“ Bezug auf eine Kanalauswahl nimmt, bleibt auch insofern zunächst offen, ob diese Auswahl durch die Mobilstation oder das Zellularsystem getroffen wird. Jedoch legt sich Merkmal 16.1 dahingehend fest, dass es die Mobilstation sein muss, die die Mittel für die Ausführung der Kanalauswahl anhand des Ergebnisses des Vergleichs durchführt.
  55. a)
    Bei dem Klagepatentanspruch 15 handelt es sich um einen Vorrichtungsanspruch, der eine im Anspruch näher beschriebene Mobilstation zum Gegenstand hat. Diese Mobilstation zeichnet sich durch verschiedene Mittel (means) aus. Diese Mittel sind nicht anhand ihrer räumlich-körperlichen Ausgestaltung, sondern durch ihre Funktion zu bestimmen. Die Funktion dieser Mittel offenbart sich wiederum durch ihr Zusammenwirken im Rahmen eines Verfahrens, das eine zeitliche Reihenfolge des Einsatzes der Mittel impliziert.
    So kommen zunächst die in Merkmal 15.3 beschriebenen Mittel zum Empfangen eines Schwellenwerts eines Kanalauswahlparameters zum Einsatz. Dieser Schwellenwert wird vom Zellularsystem gesendet und von der Mobilstation empfangen. Dann setzt das in Merkmal 15.4 beschriebene Mittel zum Speichern ein, indem der zuvor empfangene Schwellenwert von der Mobilstation gespeichert wird. In einem weiteren Schritt vergleicht die Mobilstation einen momentanen Wert mit dem empfangenen und gespeicherten Schwellenwert durch die Mittel zum Vergleichen, Merkmal 15.5. Durch die Mittel für die Ausführung der Kanalauswahl wird dann anhand des Vergleichsergebnisses eine Auswahl zugunsten eines Kanals getroffen, Merkmal 16.1. Sodann kommen die Mittel zum Senden zum Einsatz, die Paketdaten auf dem ausgewählten Kanal – bei dem es sich entweder um einen gemeinsamen Kanal (RACH) oder um einen zweckgebundenen Kanal (DCH) handeln kann – an das System senden, Merkmal 15.1 und 15.2.
    Im Folgenden werden die Merkmale entsprechend dieser impliziten Reihenfolge näher erörtert:
  56. b)
    Der Klagepatentanspruch sieht „Mittel zum Empfangen“ vor, Merkmal 15.3. Das bedeutet, die Mobilstation muss dazu eingerichtet sein, im Downlink einen Schwellenwert eines Kanalauswahlparameters zu empfangen.
    Damit korrespondieren die in Merkmal 15.4 genannten Mittel zum Speichern, so dass die Mobilstation ferner dazu eingerichtet sein muss, den empfangenen Schwellenwert zu speichern.
  57. c)
    Daneben muss die Mobilstation „Mittel zum Vergleichen“ aufweisen, Merkmal 15.5. Die Mittel müssen dazu geeignet sein, den – im Downlink empfangenen und in der Mobilstation gespeicherten – Schwellenwert mit einem momentanen Wert des Kanalauswahlparameters zu vergleichen.
    Die in Merkmal 15.5 genannte Kanalauswahl nimmt für sich genommen noch keine Festlegung dahingehend vor, ob diese Auswahl durch die Mobilstation vorgenommen werden muss oder ob dies auch durch das System geschehen kann.
  58. d)
    Das Merkmal 16.1 sieht vor, dass die Mobilstation „Mittel für die Ausführung der Kanalauswahl anhand des Ergebnisses des Vergleichs“ aufweist. Dieses Merkmal greift die in Merkmal 15.5 genannte Kanalauswahl wieder auf und ordnet deren Ausführung der Mobilstation zu. Die von der Mobilstation zu treffende Auswahl besteht zwischen einem gemeinsamen Kanal (RACH) oder einem zweckgebundenen Kanal (DCH), siehe Merkmal 15.2.
    Die von der Mobilstation zu treffende Auswahlentscheidung ist dahingehend zu verstehen, dass die Mobilstation auf der Grundlage des von ihr vorgenommenen Vergleichs selbständig entscheidet, ob sie die zur Übertragung anstehenden Daten auf dem RACH oder dem DCH zu senden beabsichtigt. Die Auswahlentscheidung ist dabei jedoch von der letztendlich vorzunehmenden Kanalzuweisung zu unterscheiden.
    Diese Auslegung wird durch das in den Absätzen [0038] ff. erläuterte Ausführungsbeispiel bestätigt. So heißt es in Absatz [0042], dass die MAC-Schicht der Mobilstation eine autonome Entscheidung darüber fälle, ob ein gemeinsamer Kanal oder ein dedizierter Kanal für das Senden der Datenpakete benutzt werde. Entscheidet sich die MAC-Schicht auf der Grundlage des Vergleichs für den gemeinsamen Kanal, plant sie das Senden der Daten im RACH autonom, Absatz [0043]. Ist die Größe des Pakets größer als die maximal für den RACH erlaubte Größe, fordert die MAC-Schicht die entsprechenden Mittel in Form eines zweckgebundenen Kanals von der RRC-Schicht an, die wiederum die entsprechenden Kapazitäten anfordert, Absatz [0043], [0044].
    Wie oben unter Ziff. III. 1. a) bb) bereits näher erläutert, steht der Mobilstation durch die Möglichkeit, entweder das Senden der Datenpakete selbst vorzunehmen oder aber eine Kanalzuweisung beim Mobilfunksystem anzufragen, die Wahl zwischen zwei Varianten zur Verfügung, die jeweils eine unterschiedliche weitere Vorgehensweise bei der Datenübertragung nach sich ziehen.
  59. e)
    Die in Merkmal 1.1 genannten „Mittel zum Senden“ müssen dazu geeignet sein, Paketdaten im Uplink unter Verwendung eines ausgewählten Kanals zu senden. Nach Merkmal 1.2 kann es sich bei dem ausgewählten Kanal entweder um einen RACH oder einen DCH handeln.
  60. IV.
    Durch Angebot und Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform verletzen die Beklagten das Klagepatent hinsichtlich Anspruch 1 mittelbar. Sie bieten an und liefern ein Mittel (siehe unten, Ziff. 1), das objektiv geeignet ist, von der technischen Lehre des Klagepatents dem Wortsinn nach Gebrauch zu machen (siehe unten, Ziff. 2) und sich auf ein wesentliches Element der Erfindung bezieht, wobei die Beklagten wissen oder es aufgrund der Umstände offensichtlich ist, dass diese Mittel dazu geeignet und bestimmt sind, für die Benutzung mit der Erfindung verwendet zu werden (siehe unten, Ziff. 3), § 10 Abs. 1 PatG.
  61. 1.
    Die Beklagten sind passivlegitimiert.
  62. a)
    Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass die Beklagte zu 2) die angegriffene Ausführungsform in Deutschland anbietet und liefert im Sinne von § 10 Abs. 1 PatG.
  63. b)
    Die Klägerin hat daneben auch hinreichend dargelegt, dass die Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 3) die angegriffene Ausführungsform im Inland anbieten.
    Anbieten ist jede im Inland begangene Handlung, die nach ihrem objektiven Erklärungswert darauf gerichtet ist, das Erzeugnis der Nachfrage wahrnehmbar zum Erwerb der Verfügungsgewalt bereitzustellen (BGH, GRUR 2006, 927 – Kunststoffbügel). Der Begriff ist rein wirtschaftlich zu verstehen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.02.2014, Az.: I-2 U 42/13; OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.03.2014, Az. I-15 U 19/14; OLG Karlsruhe, InstGE 11, 15 – SMD-Widerstand). Neben dem Angebot nach § 145 BGB sind insofern auch vorbereitende Handlungen umfasst, die das Zustandekommen eines späteren Geschäfts über einen unter dem Schutz des Patents stehenden Gegenstand ermöglichen oder befördern sollen. Dies kann in dessen Anbieten geschehen, dass Interessenten Gebote auf Überlassung abgeben können. Ein Mittel hierzu ist auch die bloße Bewerbung eines Produkts im Internet. Bereits diese Maßnahme ist bestimmt und geeignet, Interesse an dem beworbenen Gegenstand zu wecken und diesen betreffende Geschäftsabschlüsse zu ermöglichen (vgl. BGH, GRUR 2003, 1031 – Kupplung für optische Geräte; OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2007, XXX – Thermocycler; OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.03.2014, Az. I-15 U 19/14). Das Unterhalten einer solchen Internetseite mit der Ausstattung von Links, die im Hinblick auf die Produkte des Konzerns auf Seiten von Tochtergesellschaften verweisen, stellt eine unternehmensbezogene Information und zugleich Werbung dar (vgl. OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2007, XXX – Thermocycler). Es kommt nicht darauf an, ob der Anbietende mit seiner Offerte eigene Geschäftsabschlüsse forcieren will, oder ob das Angebot einem Dritten zugutekommen soll, für dessen Produkt mit dem Angebot eine zu befriedigende Nachfrage geschaffen wird (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.02.2014, Az. I-2 U 42/13). In dem einen wie in dem anderen Fall ist die Rechtsposition des Schutzrechtsinhabers in gleichem Maße beeinträchtigt, weil eine Nachfrage nach schutzrechtsverletzenden Gegenständen geweckt wird, die das Ausschließlichkeitsrecht aus dem Patent schmälert. Insofern entspricht es höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass zur Gewährleistung eines wirksamen Patentschutzes nur von Belang ist, ob mit der fraglichen Handlung für einen schutzrechtsverletzenden Gegenstand tatsächlich eine Nachfrage geschaffen wird, die zu befriedigen mit dem Angebot in Aussicht gestellt wird (BGH, GRUR 2006, 927 – Kunststoffbügel; OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.02.2014, Az. I-2 U 42/13; Urteil vom 11.06.2015, Az. I-2 U 64/14).
    Ausgehend von diesen Grundsätzen liegt in dem Betreiben der Internetseite www.A.com und www.B.com ein Angebot der Beklagten zu 1) im Sinne des § 10 PatG. Denn die Webseite verlinkt über die deutsche Version www.A.com/de die Seite consumer.A.com/de/phones, auf der die angegriffene Ausführungsform beworben wird. Für die deutsche Version der Webseite ist die Beklagte zu 2) laut Impressum verantwortlich.
    Ebenso verhält es sich mit der von der Beklagten zu 1) betriebenen Webseite www.B.com/global. Diese ist mit der deutschen Webseite www.B.com/de verlinkt, auf der die angegriffene Ausführungsform angeboten wird. Für die deutsche Version der Webseite wiederum ist die Beklagte zu 3) laut Impressum verantwortlich. Daneben verschickt sie E-Mails, in denen die angegriffene Ausführungsform unmittelbar zum Kauf angeboten wird.
    Die Beklagte zu 1) stellt durch das Verlinken der deutschsprachigen Webseiten dem Nachfrager die Endgeräte wahrnehmbar zum Erwerb zur Verfügung und spricht den deutschen Markt an. Über die Verlinkung gelangt der Nutzer zu den angegriffenen Mobiltelefonen, so dass die Beklagte zu 1) im Ergebnis ein inländisches Angebot zum Kauf der dargebotenen Produkte abgibt.
  64. 2.
    Bei der angegriffenen Ausführungsform handelt es sich um ein Mittel, das zur Anwendung des durch Anspruch 1 des Klagepatents geschützten Verfahrens objektiv geeignet ist. Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass die angegriffene Ausführungsform kompatibel mit dem UMTS-Standard ist, der die Lehre des Klagepatentanspruchs 1 implementiert. Im Einzelnen findet sich die erfindungsgemäße Lehre in der Spezifikation 3GPP TS 25.XXX in der Version V6.6.0 von Juni 2005, die die Funkbetriebsmittelsteuerung betrifft (Anlage EIP B4; im Folgenden: Standard).
  65. a)
    Die angegriffene Ausführungsform ist geeignet, die Merkmale des Verfahrensanspruchs 1 anzuwenden.
    Der Standard sieht vor, dass sich die Mobilstation in einem Zustand befinden kann, in welchem sie Paketdaten im Uplink übertragen kann, Merkmal 1.1 (siehe unten, Ziff. aa). Außerdem definiert und sendet das UTRAN an die Mobilstation einen Schwellenwert, Merkmale 1.4 und 1.5 (siehe unten, Ziff. bb).
  66. aa)
    Wenn die Mobilstation mit dem Netzwerk verbunden ist, kann sie sich in verschiedenen Zuständen befinden, zu denen die Zustände CELL_DCH, CELL_FACH, CELL_PCH und URA_PCH gehören.
    Im Zustand CELL_DCH ist der Mobilstation sowohl im Uplink als auch im Downlink ein dedizierter Kanal zugewiesen, siehe Standard, Abschnitt B.3.1, zweiter Spiegelstrich, S. 1120:
    B.3.1 CELL_DCH state
    The CELL_DCH state is characterised by
    […]
    – A dedicated physical channel is allocated to the UE in uplink and downlink.
  67. Im Zustand CELL_FACH ist der Mobilstation kein dedizierter Kanal zugewiesen. Im Downlink überwacht die Mobilstation in diesem Zustand den Vorwärts-Link-Zugriffskanal (Forward Link Access Channel – FACH) und im Uplink nutzt sie beispielsweise den RACH, den sie sich mit anderen Mobilstationen teilt, siehe Standard, Abschnitt B.3.2, erster und dritter Spiegelstrich, S. 1121:
    B.3.2 CELL_FACH state
    The CELL_FACH state is characterised by:
    – No dedicated physical channel is allocated to the UE.
    […]
    – The UE is assigned a default common or shared transport channel in the uplink (e.g. RACH) that it can use anytime according to the access procedure for that transport channel.
  68. In den Zuständen CELL-PCH und URA-PCH besteht keine Möglichkeit der Datenübertragung im Uplink, siehe Standard, Abschnitt B.3.3 und B.3.4, jeweils dritter Spiegelstrich, S. 1123, 1124:
    B.3.3 CELL_PCH state
    The CELL_PCH state is characterised by:
    […]
    – No uplink activity is possible.
  69. B.3.4 URA_PCH State
    The URA_PCH state is characterised by:
    […]
    – No uplink activity is possible.
  70. bb)
    Im Zustand CELL_DCH kann die Mobilstation vom UTRAN im Wege der Konfigurationsnachricht MEASUREMENT CONTROL einen als „Reporting Threshold“ bezeichneten Schwellenwert empfangen.
    Im Einzelnen enthält die Nachricht MEASUREMENT CONTROL das Informationselement „traffic volume measurement“, (siehe Standard, Abschnitt 10.2.17, S. 408), welches wiederum die „Traffic volume measurement reporting criteria“ enthält (siehe Standard, Abschnitt 10.3.7.68, S. 656), die letztlich den „reporting threshold“ enthalten (siehe Standard, Abschnitt 10.3.7.72, S. 658). Aus der Abkürzung MP (mandatory present) in der zweiten Spalte ergibt sich, dass der „reporting threshold“ bei dem Senden der Nachricht MEASUREMENT CONTROL zwingend enthalten sein muss.
    Der Standard sieht vor, dass die Mobilstation die Nachricht MEASUREMENT CONTROL empfängt und – sofern sie den Wert „setup“ enthält – die übersendeten Parameter in der Variablen MEASUREMENT_IDENTITY speichert, siehe Standard, Abschnitt 8.4.1.3, S. 214:
    8.4.1.3 Reception of MEASUREMENT CONTROL by the UE
    Upon reception of a MEASUREMENT CONTROL message the UE shall perform actions specified in subclause 8.6 unless otherwise specified below.
    The UE shall:
    1> read the IE „Measurement command“;
    1> if the IE „Measurement command“ has the value „setup“:
    2> store this measurement in the variable MEASUREMENT_IDENTITY according to the IE „measurement identity“, first releasing any previously stored measurement with that identity if that exists
    Daneben kann die Mobilstation den Schwellenwert auch über den Systeminformationsblock Typ 11 empfangen und diesen Wert speichern, siehe Standard, Abschnitt 8.1.16.11, 10.3.7.47, 10.3.7.73 und 10.3.7.72.
  71. b)
    Die Mobilstation vergleicht den Schwellenwert mit einem momentanen Kanalauswahlparameter, Merkmal 1.6 (siehe unten, Ziff. aa)) und der Standard sieht darüber hinaus vor, dass das Netzwerk auf der Grundlage dieses Vergleichs eine Kanalauswahl vornimmt, Merkmal 1.7 (siehe unten, Ziff. bb).
  72. aa)
    Der Standard sieht für verschiedene Fälle eine Zellenupdateprozedur vor. Eine solche Prozedur ist beispielsweise vorgesehen, wenn sich die Mobilstation im Zustand URA_PCH oder CELL_PCH befindet und die Anfrage erhält, Daten im Uplink zu senden, siehe Standard, Abschnitt 8.3.1.1, S. 155:
    8.3.1.1 General
    […]
    In addition, the cell update procedure also serves the following purposes:
    […]
    – when triggered in the URA_PCH or CELL_PCH state, to notify UTRAN of a transition to the CELL_FACH state due to the reception of UTRAN originated paging or due to a request to transmit uplink data
  73. Sie verwendet für die Zellenupdateprozedur dann den Grund „Datenübertragung im Uplink“ (cell update cause = uplink data transmission), siehe Standard, Abschnitt 8.3.1.2, S. 156:
    8.3.1.2 Initiation
    A UE shall initiate the cell update procedure in the following cases:
    1> Uplink data transmission:
    2> if the UE is in URA_PCH or CELL_PCH state; and
    2> if the UE has uplink RLC data PDU or uplink RLC control PDU on RB1 or upwards to transmit:
    3> perform cell update using the cause „uplink data transmission“.
  74. Im Rahmen der Zellenupdateprozedur sendet die Mobilstation die Nachricht CELL UPDATE an das System. Liegt der Grund für die Zellenupdateprozedur in der Datenübertragung im Uplink und hat die Mobilstation eine Messung des Verkehrsvolumens durchgeführt, setzt sie in Abhängigkeit vom Ergebnis dieser Messung das Informationselement „traffic volume indicator“ (TVI).
    Im Einzelnen ermittelt die Mobilstation für die Messung die Auslastung des Puffers für alle logischen Kanäle, die zusammengefasst als Transportkanal-Verkehrsvolumen (transport channel traffic volume, TCTV) bezeichnet werden, siehe Standard, Abschnitt 14.4.2, S. 1075. Die Mobilstation vergleicht das Transportkanal-Verkehrsvolumen TCTV mit dem Schwellenwert (reporting threshold). Ist das gemessene Volumen größer als der Schwellenwert, wird – bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen – das Informationselement TVI auf TRUE gesetzt. Ist das nicht der Fall, wird der Wert auf FALSE gesetzt, indem das TVI-Bit weggelassen wird, siehe Standard, Abschnitt 8.3.1.3, S. 159 f.:
    8.3.1.3 CELL UPDATE / URA UPDATE message contents to set
    In case of cell update procedure the UE shall transmit a CELL UPDATE message.
    In case of URA update procedure the UE shall transmit a URA UPDATE message.
    The UE shall set the IEs in the CELL UPDATE message as follows:
    1> set the IE „Cell update cause“ corresponding to the cause specified in subclause 8.3.1.2 that is valid when the CELL UPDATE message is submitted to lower layers for transmission;
    NOTE: During the time period starting from when a cell update procedure is initiated by the UE until when the procedure ends, additional CELL UPDATE messages may be transmitted by the UE with different causes.
    1> if the IE „Cell update cause“ is set to „uplink data transmission“ and if an event triggered traffic volume measurement has been configured:
    2> if the TCTV is larger than the threshold in the IE „Reporting threshold“ for a traffic volume measurement stored in the MEASUREMENT_IDENTITY variable and that traffic volume measurement has „measurement identity“ equal to 4, „Traffic volume event identity“ equal to „4a“, „Measurement validity“ equal to „all states“ or „all states except CELL_DCH“:
    4> set the IE „Traffic volume indicator“ to TRUE.
    3> else:
    4> set the IE „Traffic volume indicator“ to FALSE.
  75. Damit weist die Mobilstation standardgemäß Mittel zum Vergleichen des Schwellenwerts (reporting threshold) mit einem momentanen Wert des Kanalauswahlparameters (TCTV) auf. Aus Abschnitt 10.2.7 ergibt sich mit der Formulierung „this IE shall be set to TRUE when the criteria for event based traffic volume measurement reporting is fulfilled“, dass das TVI-Bit bei entsprechendem Ergebnis gesetzt werden muss.
  76. bb)
    Zwar beschreibt der Standard den internen, das Netzwerk betreffenden Vorgang der Kanalauswahl nicht unmittelbar, aber dies ergibt sich aus den Umständen.
  77. (1)
    Die Mobilstation sendet das Ergebnis ihres Vergleichs mittels Setzens oder Nicht-Setzens eines TVI-Bits im Rahmen der Nachricht CELL_UPDATE. Der Grund für das Senden der Nachricht liegt darin, dass sich die Mobilstation entweder im Zustand CELL_PCH oder URA_PCH befindet und Daten im Uplink zu senden beabsichtigt, so dass der Grund für die Nachricht CELL_UPDATE in der Datenübertragung im Uplink (uplink data transmission) liegt (siehe oben, Ziff. 2. b) aa)). Um Daten im Uplink senden zu können, muss die Mobilstation entweder einen gemeinsamen oder einen dedizierten Kanal seitens des Netzwerks zugewiesen bekommen. Da die Mobilstation dazu zwingend entweder in den RACH oder DCH wechseln muss, um Daten im Uplink senden zu können, muss auch das Netzwerk zwingend einen dieser beiden Kanäle auswählen. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, welchen Zweck das Senden bzw. Nicht-Senden des TVI-Bits erfüllt, wenn nicht, um als Grundlage für die Kanalauswahl zu dienen. Nur so kann das Netzwerk anhand des zu sendenden Datenvolumens entscheiden, welche Kanalzuweisung sinnvoll ist. Nicht erforderlich ist dabei, dass das Netzwerk die Entscheidung allein auf Grund des TVI-Bits trifft.
    Sofern der Standard dieses Bit als optional (OP) beschreibt, hängt dies damit zusammen, dass dieses Bit nicht zwingend gesetzt werden muss, sondern nur dann, wenn der Schwellenwert überschritten worden ist. Liegen aber die entsprechenden Voraussetzungen für eine Zellenupdateprozedur und eine Überschreitung des Schwellenwerts vor, ist das TVI-Bit zwingend auf TRUE zu setzen und zu senden.
  78. (2)
    Diese Annahme wird zudem bestätigt durch die von der Klägerin zur Akte gereichten Bedienungsanleitung zur Kanalauswahlfunktionalität der Funknetzsteuerungs-einheiten von J (Anlage EIP B45), in der vorgegeben wird, dass die Mobilstation in den CELL_DCH Zustand versetzt wird, wenn der Anlass der CELL_Update Nachricht „Aufwärtsdatenübertragung“ lautet und die Nachricht das Informationselement TVI enthält:
    UL-triggered Upswitch
    When triggered by data activity in UL, the connections that fulfill all of the following conditions are switched to CELL_DCH:
    • Cause Value in the RRC Cell Update message is set to Uplink Data Transmission.
    • The optional IE „Traffic Volume Indicator“ is present in the message.
    […]
  79. Entsprechendes ergibt sich aus dem Dokument „Flow Control RAN14.0 Feature Parameter Description“ (Anlage EIP B47), das die Funktionalität der von den Beklagten hergestellten Funknetzsteuerungseinheiten beschreibt. Darin heißt es, dass entsprechend konfigurierte Einheiten einen auf einer Verkehrsvolumenmessung basierenden „P2D“-Übergang, das heißt einen Übergang von PCH zu DCH, initiieren können. Dabei wird der Parameter zur Datenübertragung RNC_TVM_BASED_P2D_SWITCH-0 durch die Mobilstation gesetzt und das auf TRUE gesetzte TVI-IE von der Mobilstation an das Netzwerk mitgeteilt. Letzteres weist der Mobilstation dann dementsprechend den DCH zu:
    • TVM-based P2D Transition
    A UE with PS services in the CELL_PCH state initiates a P2D transition based on the Traffic Volume Measurement (TVM), when the following conditions are met:
    – The PROCESSSWITCH3 parameter is set to RNC_TVM_BASED_P2D_SWITCH-0.
    – The traffic volume from the CN is higher than the 4A threshold; or in the cell update message initiated by the UE, the value of the IE „traffic volume indicator“ is TRUE and the value of the IE „Cell update cause“ is „uplink data transmission“.
    […]
    Zudem hat die Klägerin einen Test-Report zur Akte gereicht (Anlage EIP B49), aus dem sich ergibt, dass bei entsprechenden Kanalressourcen des Netzwerks das von der Mobilstation gesendete TVI-Bit Einfluss auf die netzwerkseitige Kanalzuweisung hat.
  80. c)
    Die Merkmale 1.2 und 1.3 werden ebenfalls verwirklicht, weil der Mobilstation auf der Grundlage des Vergleichs ein Kanal zur Datenübertragung im Uplink zugewiesen wird, der entweder ein RACH oder ein DCH sein kann.
    Nachdem die Mobilstation die Nachricht CELL_UPDATE an das System geschickt hat, bestätigt dieses den Erhalt mit der Nachricht CELL UPDATE CONFIRM. Auf den Erhalt dieser Nachricht des Systems hin wechselt die Mobilstation in einen der in Abschnitt 8.6.3.3 näher beschriebenen Zustände, siehe Standard, Abschnitt 8.3.1.6, S. 163 ff. Abschnitt 8.6.3.3. erläutert, dass das Informationselement „RRC Indicator“ anzeigt, in welchen Zustand die Mobilstation wechseln soll:
    8.6.3.3 Generic state transition rules depending on received information elements
    The IE „RRC State Indicator“ indicates the state the UE shall enter.
  81. Dazu gehören die Zustände CELL_FACH, CELL_DCH, CELL_PCH oder URA_PCH, siehe Standard, Abschnitt 8.6.3.3, S. 268. Annex B des Standards erläutert diese verschiedenen Zustände und beschreibt, dass der Mobilstation im Zustand CELL_DCH ein zweckgebundener Kanal im Uplink zugewiesen ist, wohingegen der Mobilstation im Zustand CELL_FACH kein zweckgebundener Kanal, sondern ein gemeinsamer bzw. geteilter Kanal, wie beispielsweise der RACH, zugeordnet wird, siehe Standard, Annex B, Abschnitt B.3.1 und B.3.2, S. 1120 ff. (siehe oben, Ziff. 2. a) aa)).
  82. 3.
    Die angegriffene Ausführungsform stellt außerdem ein wesentliches Element der Erfindung nach § 10 Abs. 1 PatG dar und es war zumindest aufgrund der Umstände offensichtlich, dass diese Mittel dazu geeignet und bestimmt sind, für die Benutzung mit der Erfindung verwendet zu werden.
    Nach der Rechtsprechung des BGH in seiner Entscheidung „Flügelradzähler“ (BGH, GRUR 2004, 758, 761) bezieht sich ein Mittel auf ein Element der Erfindung, wenn es geeignet ist, mit einem solchen bei der Verwirklichung des geschützten Erfindungsgedankens funktional zusammenzuwirken. Wesentlich ist ein Element der Erfindung regelmäßig bereits dann, wenn es Bestandteil des Patentanspruchs ist.
    Im vorliegenden Fall bieten die Beklagten mit der angegriffenen Ausführungsform eine Mobilstation an, die ein wesentliches Erfindungselement des Verfahrensanspruchs 1 darstellt und für die Durchführung der erfindungsgemäßen Lehre offensichtlich geeignet und bestimmt ist.
  83. V.
    Die Beklagten verletzen jedoch nicht das Klagepatent hinsichtlich Anspruch 15 in Verbindung mit Anspruch 16, da die angegriffene Ausführungsform das Merkmal 16.1 nicht verwirklicht.
  84. 1.
    Die angegriffene Ausführungsform ist mit einem Zellularsystem verbunden und weist Mittel zum Empfangen und Speichern eines Schwellenwerts auf, Merkmal 15.3 und 15.4. In diesem Zusammenhang wird auf die obigen Ausführungen unter Ziff. IV. 2. a) bb) verwiesen. Ferner weist die angegriffene Ausführungsform die in Merkmal 15.5 vorgesehenen Mittel zum Vergleichen auf, siehe die obigen Ausführungen unter Ziff. IV. 2. b) aa).
    Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht auch die Merkmale 15.1 und 15.2. Unstreitig ist sie mit einem Zellularsystem verbunden und weist Mittel zum Senden von Paketdaten im Uplink auf. Sie ist außerdem dazu geeignet, zum Senden einen ausgewählten Kanal zu verwenden, der ein RACH oder ein DCH sein kann. Insofern wird auf die obigen Ausführungen unter Ziff. IV. 2. c) verwiesen. Damit kann die Mobilstation im Uplink Paketdaten auf einem ausgewählten Kanal, der unter anderem ein zweckgebundener oder ein gemeinsamer Kanal sein kann, senden.
  85. 2.
    Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht jedoch Merkmal 16.1 nicht. Das Merkmal sieht vor, dass die Mobilstation über die Mittel zum Vergleichen hinausgehend auch Mittel zur Ausführung der Kanalauswahl anhand des Ergebnisses des Vergleichs aufweist.
    Der Standard sieht vor, dass die Mobilstation eine Zellenupdateprozedur vornimmt, wenn sie sich im Zustand URA_PCH oder CELL_PCH befindet und Daten im Uplink senden will, siehe Standard, Abschnitt 8.3.1.1, S. 155 (siehe oben, Ziff. 2. b) aa)). Dann ist ein Wechsel in einen anderen Zustand und damit die Zuweisung eines RACH oder DCH zwingend notwendig. Mit anderen Worten ist die Entscheidung für einen Kanalwechsel bereits gefallen, wenn sich die Mobilstation im Zustand URA_PCH oder CELL_PCH befindet und eine Datenübertragung ansteht.
    In diesem Fall steht der Mobilstation nicht die Möglichkeit offen, eine eigene Kanalauswahlentscheidung zu treffen und sich autonom für das Senden auf dem RACH zu entscheiden. Denn nicht nur die Nutzung des DCH, sondern auch die des RACH wird ihr erst durch die Antwortnachricht des Systems, die den „RRC Indicator“ enthält, zugewiesen, siehe Standard, Abschnitt 8.6.3.3, S. 268 (siehe oben, Ziff. 2. c)). Die Entscheidung darüber, ob im Einzelnen der RACH oder DCH zugewiesen wird, trifft also allein das UTRAN.
    In dem Senden des TVI-Bits kann damit keine Kanalauswahlentscheidung im Sinne des Klagepatents gesehen werden, weil diesem keine über das Anzeigen der Über- oder Unterschreitung des Schwellenwerts hinausgehende Bedeutung zukommt.
  86. VI.
    Die Beklagten erheben den kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwand ohne Erfolg
    Die Kammer kann nicht feststellen, dass die Klägerin ihre marktbeherrschende Stellung (dazu unter Ziff. 1.) missbräuchlich ausnutzt (dazu unter Ziff. 2.).
  87. 1.
    Die Klägerin hat eine marktbeherrschende Stellung auf dem hier relevanten Markt UMTS-fähiger Mobiltelefone inne, der sich geografisch über das Gebiet des Europäischen Wirtschaftsraums erstreckt.
  88. a)
    „Marktbeherrschung“ meint in dem streitgegenständlichen Kontext die wirtschaftliche Macht, die es einem Unternehmen erlaubt, einen wirksamen Wettbewerb auf dem (zeitlich, räumlich und sachlich relevanten) Markt zu verhindern und sich seinen Wettbewerbern, Abnehmern und den Verbrauchern gegenüber in nennenswertem Umfang unabhängig zu verhalten (EuGH SIg. 78, 207 Rn. 65 f. – United Brands; EuGH Slg. 79, 461 Rn. 38 f. – Hoffmann-La Roche). Die notwendige exakte Abgrenzung des Marktes in sachlicher und räumlicher Hinsicht erfolgt mittels des sog. Bedarfsmarktkonzepts (OLG Düsseldorf, GRUR 2017, 1219, Rn. 127). Es sind diejenigen Wettbewerbskräfte zu eruieren, denen die betreffenden Unternehmen unterliegen (a.a.O.). Ferner werden diejenigen Unternehmen bestimmt, welche tatsächlich in der Lage sind, dem Verhalten der beteiligten Unternehmen Schranken zu setzen und einen Entzug von Wettbewerbsdruck verhindern. Es ist zu klären, welche Produkte bzw. Dienstleistungen aus der Sicht der Nachfrager funktionell gegeneinander austauschbar sind. Demselben sachlichen Markt wird zugeordnet, was aufgrund der jeweiligen Eigenschaften, Preise und Verwendungszwecke aus Sicht der Nachfrager nicht durch andere Produkte bzw. Dienstleistungen substituierbar ist. Zu berücksichtigen ist dabei ein Zusammentreffen mehrerer Faktoren (bspw. Marktanteil, Unternehmensstruktur, Wettbewerbssituation, Verhalten auf dem Markt; grds. jedoch nicht der Preis) (OLG Düsseldorf, a.a.O.).
    Im Zusammenhang mit den hier geltend gemachten Verbietungsrechten aus einem Patent ist die geschilderte Abgrenzung in Bezug auf den Lizenzvergabemarkt vorzunehmen (OLG Düsseldorf, ebd., Rn. 128; Kühnen, Hdb. d. Patentverletzung, 12. Auflage, 2020, Kap. E., Rn. 228): Anbieter ist der Patentinhaber, dem allein eine Lizenzvergabe an dem jeweiligen Patent möglich ist; Nachfrager ist der an der patentgeschützten Technik interessierte Anwender (OLG Düsseldorf a.a.O.; Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 229). Auf diesem Lizenzvergabemarkt muss der Patentinhaber eine beherrschende Stellung inne haben (Kühnen, a.a.O.).
    Mit der bloßen Inhaberschaft von Patenten alleine ist noch keine marktbeherrschende Stellung verbunden. Erhält der Patentinhaber allerdings aufgrund hinzutretender Umstände die Möglichkeit, mittels seiner Monopolstellung wirksamen Wettbewerb auf einem nachgelagerten Markt zu verhindern, so vermittelt ihm diese Wettbewerbsposition auf dem Markt für erfindungsgemäße Produkte eine marktbeherrschende Stellung auf dem vorgelagerten Lizenzvergabemarkt (EuGH, GRUR Int 1995, 490 – Magill TVG Guide; EuGH, WuW 2013, 427 – Astra Zeneca; BGH, NJW-RR 2010, 392 ff. – Reisestellenkarte; Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 229 a.E.). Ein solcher nachgeordneter Produktmarkt besteht für aufgrund des Patents lizenzpflichtige Waren/Dienstleistungen.
    Nicht jedes standardessentielle Patent begründet als solches eine Marktbeherrschung (OLG Düsseldorf, ebd., Rn. 129; Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 229). Eine solche ist jedoch ohne weiteres anzunehmen, wenn sich der Zugang zur Nutzung des fraglichen standardessentiellen Patents als regelrechte Marktzutrittsvoraussetzung darstellt (OLG Düsseldorf, a.a.O.; Kühnen, ebd., Kap. E, Rn. 232), was der Fall ist, wenn auf dem relevanten Markt überhaupt nur Produkte angeboten und nachgefragt werden, die den Standard durch Benutzung des SEP ausführen (OLG Düsseldorf, a.a.O.; Kühnen, a.a.O.). Entsprechendes gilt, wenn auf dem relevanten Markt zwar auch Produkte angeboten werden, die die Produktkonfiguration des SEP nicht aufweisen, jedoch ein wettbewerbsfähiges Angebot ohne Zugang zur Nutzung des streitigen SEP nicht möglich ist (Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 233).
    Aus dem zuvor Gesagten folgt umgekehrt, dass mangelnde Standardessentialität eines Patents der Annahme einer Marktbeherrschung nicht zwangsläufig entgegensteht. Eine Marktbeherrschung kann sich auch ohne Standardessentialität aus einer technischen oder wirtschaftlichen Überlegenheit der patentierten Erfindung ergeben (OLG Düsseldorf, a.a.O.).
    Der Beklagte trägt für die Marktbeherrschung nach den allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast (OLG Düsseldorf, ebd., Rn. 130; Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 236). Er ist insoweit gehalten, ganz konkrete Tatsachen vorzutragen, die eine gerichtliche Überprüfung, ob eine beherrschende Stellung auf dem räumlich und sachlich relevanten Markt gegeben ist oder nicht, erlauben (Kühnen, a.a.O.). Für das Bestreiten des Patentinhabers gilt im Anschluss dasselbe Maß an Substantiierung (Kühnen, a.a.O.).
  89. b)
    Bei Berücksichtigung des unter lit. a) dargelegten Maßstabs haben die Beklagten eine marktbeherrschende Stellung der Klägerin dargetan.
  90. aa)
    Das Klagepatent stellt sich als Marktzutrittsvoraussetzung für den hier relevanten nachgelagerten Produktmarkt für UMTS-fähige Mobiltelefone im Gebiet des Europäischen Wirtschaftsraums dar, weil dieses für die Umsetzung des UMTS-Standards essentiell ist (vgl. dazu unter Ziff. IV., 2. lit. a)).
    Vor dem Hintergrund, dass auch Mobiltelefone des nachfolgenden 4G Standards, insbesondere LTE-fähige Mobiltelefone, entsprechend der Erwartungshaltung des Endkunden mit dem UMTS-Standard ausgestattet sind, ist es ohne das Klagepatent zudem auch nicht möglich, konkurrenzfähige LTE-fähige Mobiltelefone anzubieten. Denn die flächendeckende Nutzung mobiler Sprachtelefonie in Europa kann bisher nicht allein über die von dem LTE-Datennetzwerk zur Verfügung gestellte Voice-over-IP Funktion gewährleistet werden, es bedarf dazu vielmehr auch des UMTS-Netzes.
    Die so beschriebene Wettbewerbsposition vermittelt der Klägerin auch eine marktbeherrschende Stellung auf dem Lizenzvergabemarkt für die von dem Klagepatent bereitgestellte Technologie.
    Soweit die Klägerin bereits aus dem Vorliegen einer ETSI-FRAND Erklärung auf Umstände schließt, die einer marktbeherrschenden Stellung entgegenstehen, vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Der Klägerin ist darin zuzustimmen, dass die Erklärung den SEP-Inhaber zur Lizenzierung unter FRAND-Bedingungen verpflichtet – was im Ergebnis auch zu einer Beschränkung seiner Marktmacht führen soll. Jedoch geht mit der Existenz der Erklärung als solcher noch keine Beschränkung der Marktmacht einher, diese ist vielmehr davon abhängig, dass der SEP-Inhaber tatsächlich auch Lizenzen zu FRAND-Bedingungen gewährt, was in Verletzungsverfahren – wie diesem, in denen der kartellrechtliche Zwangslizenzeinwand erhoben wird – gerade zur Überprüfung steht.
  91. bb)
    Die nach Maßgabe der Ausführungen unter lit. aa) bestehende Marktbeherrschung hat die Klägerin auch nicht deshalb verloren, weil mittlerweile über den von Via Licensing verwalteten „Multi-Generation-Pool“ eine alternative Lizenzierungsmöglichkeit besteht. Die Klägerin ist weiterhin Inhaberin des Klagepatents, das ihr eine marktbeherrschende Stellung vermittelt. Eine alternative Lizenzierungsmöglichkeit kann der Annahme einer missbräuchlichen Ausnutzung der marktbeherrschenden Stellung entgegenstehen – dann nämlich, wenn von dem Lizenzpool ein FRAND-gemäßes Angebot ausgeht. Die alternative Lizenzierungsmöglichkeit beseitigt aber nicht die marktbeherrschende Stellung des Patentinhabers als solche.
  92. 2.
    Die Klägerin nutzt ihre nach Maßgabe der Ausführungen unter Ziff. 1. bestehende Marktmacht nicht missbräuchlich im Sinne von Art. 102 AEUV aus. Sie ist den sie nach Maßgabe der EuGH-Rechtsprechung treffenden FRAND-Obliegenheiten (dazu allgemein unter lit. a)) hinreichend nachgekommen (dazu unter lit. b), aa) und lit. cc) ), während die Beklagten schon nicht lizenzwillig sind (dazu unter lit. b), bb), und auch kein FRAND-gemäßes Gegenangebot unterbreitet haben (dazu unter lit. b), dd).
  93. a)
    Der EuGH hat dem Inhaber eines standardessentiellen Patents, der sich gegenüber einer Standardisierungsorganisation dazu verpflichtet hat, jedem Dritten eine Lizenz zu fairen, angemessenen und nicht diskriminierenden Bedingungen zu gewähren, in der Rechtssache A Technologies/ C, Az.: C-170/13 mit Urteil vom 16.07.2015 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 15.12.2015 (im Folgenden auch: das EuGH-Urteil oder die EuGH-Rechtsprechung) in Auslegung des Art. 102 AEUV Verpflichtungen auferlegt, die – sofern sie von diesem eingehalten werden – dazu führen, dass eine von diesem erhobene Klage auf Unterlassen oder Rückruf nicht als Missbrauch seiner marktbeherrschenden Stellung anzusehen ist (EuGH, GRUR 2015, 764, Rn. 55).
    Aus dem in Bezug genommenen EuGH-Urteil ergibt sich ein von Patentinhaber und Patentbenutzer zu befolgendes Regime von Pflichten/ Obliegenheiten, dessen einzelne Verfahrensschritte aufeinander aufbauen, so dass der Patentverletzer nur dann in der ihm obliegenden Art und Weise zu reagieren hat, wenn der Patentinhaber seinerseits zuvor die ihm oliegenden Pflichten erfüllt hat (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.01.2016, Az.: I-15 U 65/15, Rn. 23, zitiert nach juris; Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 364, 377).
    Dieses Regime sieht vor, dass der Patentinhaber den angeblichen Verletzer „vor Erhebung der Klage“ (bzw. „vor der gerichtlichen Geltendmachung“) unter Angabe des fraglichen SEP sowie der Art und Weise der Verletzung hinzuweisen hat (EuGH, GRUR 2015, 764, Rn. 62, 71). Hat der angebliche Patentverletzer daraufhin seine Lizenzbereitschaft zum Abschluss eines Lizenzvertrags unter FRAND-Bedingungen zum Ausdruck gebracht, hat der Patentinhaber – um sich nicht dem Vorwurf des Missbrauchs seiner marktbeherrschenden Stellung auszusetzen – ein konkretes schriftliches Lizenzangebot zu FRAND-Bedingungen zu unterbreiten (EuGH, ebd., Rn. 71). Aus diesem müssen insbesondere die Lizenzgebühr sowie die Art und Weise ihrer Berechnung hervorgehen (a.a.O.). Dem vermeintlichen Patentverletzer obliegt es sodann, auf dieses Angebot mit Sorgfalt, gemäß den in dem Bereich anerkannten geschäftlichen Gepflogenheiten und nach Treu und Glauben, zu reagieren (EuGH, ebd., Rn. 65, 71). Nimmt der vermeintliche Verletzer das Angebot nicht an, kann er sich auf die rechtsmissbräuchliche Geltendmachung einer Unterlassungs- oder Rückrufklage nur berufen, wenn er dem Inhaber des betreffenden SEP innerhalb einer kurzen Frist schriftlich ein konkretes Gegenangebot macht, das den FRAND-Bedingungen entspricht (EUGH, ebd., Rn. 66). Weiter hat der Patentbenutzer ab dem Zeitpunkt, zu dem sein Gegenangebot abgelehnt wurde, eine angemessene Sicherheit gemäß den in dem betreffenden Bereich anerkannten geschäftlichen Gepflogenheiten zu leisten (EuGH, ebd., Rn. 67).
    Die vom EuGH für die Geltendmachung des Unterlassungs- und Rückrufanspruchs aufgestellten kartellrechtlichen Einschränkungen gelten auch für den Vernichtungsanspruch (OLG Düsseldorf, ebd., Rn. 16, zitiert nach juris; Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 345). Da eine FRAND-Zusage des Rechtsvorgängers auch den Erwerber eines SEP – vorliegend mithin die Klägerin – bindet (OLG Düsseldorf, GRUR-RS 2019, 6087, Rn.117 – Improving Handovers; LG Mannheim, GRUR-RS 2018, Rn. 62; 31743; Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 308), gilt das von dem EuGH vorgesehene Prozedere zudem auch im Verhältnis des SEP-Erwerbers und des Verletzers.
  94. b)
    Auf die hinreichende Verletzungsanzeige der Klägerin (dazu unter lit. aa)), haben die Beklagten ihre grundsätzliche Lizenzbereitschaft zwar zunächst erklärt, jedoch kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagten auch gegenwärtig noch lizenzbereit sind (dazu unter lit. bb)). Unbeschadet dessen steht das Angebot der Klägerin auch mit den FRAND-Vorgaben des EuGH im Einklang (dazu unter lit. cc)).
  95. aa)
    Eine hinreichende Verletzungsanzeige der Klägerin an die Beklagten liegt mit der E-Mail vom 29.04.2014 (Anlagenkonvolut EIP B31; deutsche Übersetzung: Anlagenkonvolut EIP B31a) vor.
    Da bei der Verletzungsanzeige „das fragliche SEP zu bezeichnen und anzugeben ist, auf welche Weise es verletzt worden sein soll“ (EuGH, ebd., Rn. 61), sind zumindest die Angabe der Veröffentlichungsnummer des Klagepatents, die angegriffene Ausführungsform und die vorgeworfene Benutzungshandlung (im Sinne von §§ 9 f. PatG) gegenüber dem Verletzer erforderlich (OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.03.2017, Az.: I-15 U 66/15, Rn. 172 – Mobiles Kommunikationssystem, zitiert nach juris). Die Verletzungsanzeige verlangt aber keine detaillierten (technischen und/oder rechtlichen) Erläuterungen, der andere Teil muss nur in die Lage versetzt werden, den Verletzungsvorwurf zu prüfen (OLG Düsseldorf, a.a.O.; Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 365; weitergehend LG Mannheim, Urteil vom 29.01.2016 – 7 O 66/15 – Rn. 57). Die Verletzungsanzeige dient dazu, dem hinsichtlich des Schutzbereichseingriffs ggf. noch gutgläubigen Benutzer die Gelegenheit zu geben, um die Erteilung einer aufgrund der FRAND-Erklärung jedem Interessenten zugesagten Benutzungserlaubnis nachzufragen (Kühnen, a.a.O.). Die Pflicht zur Selbstanzeige ist jedoch kein Selbstzweck. Sie ist deshalb dort entbehrlich, wo sie sich als nutzlose Förmelei darstellt, weil aufgrund der Gesamtumstände mit Sicherheit davon ausgegangen werden kann, dass der Verletzungsbeklagte Kenntnis von der Benutzung des Klagepatents durch die angegriffene Ausführungsform hat und sein Berufen darauf, der Kläger habe ihm dies nicht angezeigt, als Rechtsmissbrauch erscheint (Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 367). An das Vorliegen eines solchen Tatbestandes sind jedoch hohe Anforderungen zu stellen (a.a.O.).
    Nach dieser Maßgabe stellt sich die Verletzungsanzeige der Klägerin als ausreichend dar. Sie enthält insbesondere auch einen Hinweis auf die Verletzung des hiesigen Klagepatents.
    Sofern die Beklagten der Auffassung sind, im Rahmen der Verletzungsanzeige hätte es weiter auch der Vorlage von „Claim Charts“ bedurft, besteht eine solche Pflicht im Zeitpunkt des Verletzungshinweises noch nicht (BGH, Urt. v. 05.05.2020, Az.: KZR 36/17, Rn. 85 – FRAND-Einwand, zitiert nach juris; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.11.2016, Az.: I-15 U 66/15, Rn. 5, zitiert nach juris; Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 365).
  96. bb)
    Aufgrund des Gesamtverhaltens der Beklagten steht fest, dass diese jedenfalls mittlerweile nicht mehr lizenzwillig sind.
    An die auf den Verletzungshinweis erforderliche Bitte zur Lizenzierung sind inhaltlich keine hohen Anforderungen zu stellen. Sie kann pauschal sowie formlos geschehen, das Verhalten des Patentbenutzers muss jedoch den eindeutigen Willen zur Lizenznahme erkennen lassen und die sich anschließenden Vertragsverhandlungen stetig begleiten (BGH, Urt. v. 05.05.2020, Az.: KZR 36/17, Rn. 83 – FRAND-Einwand, zitiert nach juris; OLG Düsseldorf, GRUR 2017, 1219, Rn. 161 – Mobiles Kommunikationssystem; Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 371). Von der Lizenzbereitschaftserklärung darf in der Folge nicht abgewichen werden, sie muss auch dann noch Bestand haben, wenn der Patentinhaber sein FRAND-Angebot abzugeben hat (OLG Düsseldorf, ebd., Rn. 195). Inhaltliche Ausführungen, derer es nicht bedarf, können sich dann als schädlich erweisen, wenn der Patentinhaber auf ihrer Grundlage annehmen muss, dass eine Bereitschaft zur Lizenznahme nur unter ganz bestimmten, nicht verhandelbaren Bedingungen besteht, die nicht FRAND sind und auf die sich der Schutzrechtsinhaber deshalb nicht einlassen muss (OLG Düsseldorf, ebd., Rn. 197 a. E). Jedoch sind an die Feststellung eines solchen Tatbestandes hohe Anforderungen zu stellen. Die Angabe zu begehrten Lizenzbedingungen entkräftet die Annahme der Lizenzbereitschaft nur dann, wenn sie nach dem objektiven Empfängerhorizont den sicheren Schluss zulässt, dass der Patentbenutzer in Wahrheit keine Lizenz nehmen möchte (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.11.2016, Az.: I-15 U 66/15, Rn. 9).
    Orientiert an diesem Maßstab kann zugunsten der Beklagten angenommen werden, dass sie zunächst lizenzbereit waren. Denn auf die Verletzungsanzeige der Klägerin kam es im September 2014 zum Austausch von Claim Charts (dazu unter lit. cc), (3), (d), (bb), (ccc), (iii), (α), (αα)) und fanden Treffen zur technischen Diskussion des Portfolios bis ins Frühjahr 2015 statt. Aufgrund des dann folgenden Verhaltens der Beklagten, wie es sich in seiner Gesamtheit nach dem objektiven Empfängerhorizont darstellt, ist jedoch davon auszugehen, dass diese nicht mehr lizenzwillig sind.
  97. (aaa)
    Erste Zweifel an der Lizenzwilligkeit der Beklagten ergeben sich im Zusammenhang mit einem den Beklagten von der Klägerin im Juni 2015 unterbreiteten „Lizenzvorschlag“ (Anlagekonvolut EIP B33; deutsche Übersetzung: Anlagenkonvolut B33a) sowie der Übersendung einer Gesamtpatentliste im September 2015 (Anlagenkonvolut B34; deutsche Übersetzung: Anlagenkonvolut B34a). Auf diese Inhalte teilten die Beklagten im Februar 2016 mit, dass eine Lizenz nicht genommen werden solle, solange Patentverletzungsverfahren in den USA gegen O und LG noch laufen,
    „Mit diesen unsicheren Faktoren [gemeint ist der zuvor in Bezug genommene Verfahrensstand in dem Rechtsstreit gegen O] im Hinterkopf, wäre es für A sehr ungerecht und diskriminierend, wenn A die Lizenzvereinbarungen zu diesem Zeitpunkt abschließt, während andere Handyhersteller wie O und LGE mit keiner Vereinbarung und keiner Lizenzgebührenzahlung enden.“ (E-Mail v. 06.02.2016, Anlage EIP B34; deutsche Übersetzung: Anlage EIP B34a).
  98. Auch, wenn ein grundsätzliches Interesse des Lizenzsuchers an einer Überprüfung des Rechtsbestands und der Standardessentialität der Portfoliopatente anzuerkennen ist, besteht kein schützenswertes Interesse daran, diese zur Bedingung für einen Vertragsschluss zu machen (BGH, Urt. v. 05.05.2020, Az.: KZR 36/17, Rn. 96 – FRAND-Einwand, zitiert nach juris; Kühnen, ebd. Kap. E., Rn. 380). Dies gilt vor allem auch deshalb, weil die Möglichkeit besteht, dass ein Lizenzvertrag ein etwaiges Ergebnis dieser Rechtsstreitigkeiten in Form eines Anpassungsmechanismus berücksichtigt. Eine Verschiebung der Lizenznahme als solcher auf einen Zeitpunkt nach (rechtskräftiger) Beendigung dieser Verfahren ist hingegen nicht gerechtfertigt.
    In letztgenanntem Sinne ist die Erklärung der Beklagten jedoch zu verstehen, daran ändern weder ihre ausdrückliche Erklärung, weiterhin lizenzbereit zu sein, noch die Tatsache, dass es auch im Anschluss an diese Erklärung zu einem weiteren Informationsaustausch zwischen Klägerin und Beklagten kam, etwas. Denn die Beklagten ließen – wozu sogleich (unter lit. (bbb) – (ddd)) ausgeführt wird – auch in der Folgezeit keine ernsthaften Bemühungen zum Abschluss eines Lizenzvertrags erkennen.
  99. (bbb)
    Auf Aufforderung der Klägerin,
    „[…], aber wenn A weiterhin bereit ist, eine Lizenz für das Core-Patentportfolio in Betracht zu ziehen, bitte ich Sie, uns ein Angebot zu unterbreiten, das Sie für gerecht und angemessen halten.“ (E-Mail der Klägerin vom 09.02.2016, Anlage EIP B35; deutsche Übersetzung: Anlage EIP B35a),
  100. nannten die Beklagten zwar einen Wert in Höhe von 0,0003%, der ihrer Meinung nach eine FRAND-gemäße Lizenzgebühr repräsentiert (E-Mail der Beklagten vom 16.02.2016, Anlagenkonvolut EIP B35; deutsche Übersetzung: Anlagenkonvolut B35a). Zur Erläuterung des vorgeschlagenen Lizenzsatzes verwiesen sie dabei auf ihren mit K bestehenden Lizenzvertrag, der für das K-Portfolio eine Lizenzgebühr von 0,034% vorsehe. Im Verhältnis zu dem K-Portfolio sei dasjenige der Klägerin mit einem weitaus geringeren Anteil von 0,2 (wenn für das K-Portfolio der Wert 1 angesetzt werde) zu bemessen. Bei der Anmeldung von 1869 Patentfamilien durch K und der Anmeldung von 84 Patentfamilien durch die Klägerin ergebe sich ein Lizenzgebührensatz von 0,0003% nach folgender Berechnung: 84/1869*0,034%*0,2 (vgl. das der E-Mail vom 16.02.2016 beigefügte Dokument, Anlagenkonvolut EIP B35; deutsche Übersetzung: Anlagenkonvolut EIP B35a, letzte Seite). Eine weitergehende Erläuterung dieses extrem niedrigen Wertes für eine Lizenzgebühr erfolgte auch auf Nachfrage der Klägerin nicht, insbesondere verhielten sich die Beklagten zu der Frage der Klägerin, inwiefern der K-Lizenzvertrag Kreuzvertragslizenzelemente vorsehe (vgl. E-Mail der Klägerin vom 14.03.2016, Anlagenkonvolut EIP B35; deutsche Übersetzung: Anlagenkonvolut EIP B35a) – was für die Einordnung der vorgeschlagenen Lizenzgebühr wichtig ist –, nicht.
    Soweit sich die Beklagten in diesem Zusammenhang auf eine zwischen ihnen und K bestehende Geheimhaltungsvereinbarung beriefen (vgl. E-Mail der Beklagten vom 16.03.2016, Anlagenkonvolut EIP B35; deutsche Übersetzung: Anlagenkonvolut EIP B35a), ist dies für die Kammer aus den folgenden Gründen nicht nachvollziehbar. Legt man den Vortrag der Beklagten eines mit K bestehenden Geheimhaltungsabkommens zugrunde, stellt sich die Frage, weshalb den Beklagten die Mitteilung über den nach dem Vertrag gezahlten Lizenzbetrag ohne weiteres möglich war. Das legt nahe, dass zumindest Teile des Lizenzvertrags – noch dazu besonders sensible – nicht von der Vertraulichkeitszusage der Beklagten erfasst waren. Warum hingegen für die Frage, ob Kreuzvertragslizenzelemente erfasst sind, etwas anderes gelten soll, ist nicht erkennbar. Die Beklagten haben sich auch dazu nicht verhalten, obwohl die Klägerin auf ihre Verwunderung im Hinblick darauf, dass der Lizenzgebührensatz mitgeteilt worden ist, die Beklagten sich aber im Übrigen auf eine Geheimhaltungsvereinbarung berufen, hingewiesen hat (vgl. E-Mail der Klägerin vom 16.03.2016, Anlagenkonvolut EIP B35; deutsche Übersetzung: Anlagenkonvolut EIP B35a). Aber selbst dann, wenn die Regelung über Kreuzvertragslizenzelemente einer etwaigen Geheimhaltungsvereinbarung der Beklagten mit K unterfiele, besteht in einem solchen Fall grundsätzlich die Möglichkeit, dem Lizenzgeber seinerseits den Abschluss eines Geheimhaltungsabkommens anzutragen, und diesen – bei entsprechender Vertraulichkeitszusage – auch ohne Verstoß gegen eine anderweitig abgegebene Geheimhaltungsverpflichtung in Kenntnis zu setzen. Zur Unterzeichnung eines solchen erklärte sich die Klägerin auch zu einem späteren Zeitpunkt der Kommunikation (dazu ausführlich unter lit. (ccc)) grundsätzlich bereit,
    „Wenn A sich dadurch wohler fühlt, würden wir gerne ein NDA eingehen, um As revidiertes Gegenangebot vor den Augen Dritter zu schützen, […].“(vgl. E-Mail der Klägerin vom 06.03.2017, Anlagenkonvolut EIP B37; deutsche Übersetzung: Anlagenkonvolut B37a).
  101. Unbeschadet dessen geht aus der soeben in Bezug genommenen Kommunikation aus dem Frühjahr 2017 aber auch hervor, dass die Beklagten ohnehin annahmen, dass die Korrespondenz über die Vertragsmodalitäten geheim verlaufen würde,
    „Dennoch hat A bei den bilateralen Verhandlungen stets die Vertraulichkeit beabsichtigt, insbesondere die vertraulichen Informationen von A.“ (vgl. E-Mail der Beklagten vom 02.03.2017, Anlagenkonvolut EIP B37; deutsche Übersetzung: Anlagenkonvolut EIP B37a),
  102. das heißt, auch die Information über den nach dem K-Vertrag gezahlten Lizenzgebührensatz und auch eine etwaige Mitteilung über Kreuzvertragslizenzelemente waren nach der Auffassung, der die Beklagten in dem Zeitpunkt, in dem sie einen Lizenzsatz von 0,0003 % vorschlugen, unterlagen, geheim zu halten. Die Tatsache, dass die Beklagten weitere Angaben zu dem von ihnen in Ansatz gebrachten Lizenzgebührensatz dennoch nicht machten, wertet die Kammer als Ausdruck ihrer Lizenzunwilligkeit.
  103. (ccc)
    Für eine Lizenzunwilligkeit der Beklagten spricht – in einer Gesamtschau mit den bereits dargelegten Gesichtspunkten – weiter, dass diese rund drei Jahre nach Beginn der Vertragsverhandlungen die Fortsetzung der Lizenzverhandlungen von dem Abschluss eines Geheimhaltungsabkommens abhängig machten,
    „Um die Lizenzverhandlungen voranzutreiben, sollte JJ meiner Meinung nach zustimmen, die Vertraulichkeit unserer Verhandlungen zu wahren, da sonst A daran hindert, sich vorwärts zu bewegen, einschließlich des Vorschlags eines aktualisierten Gegenangebots.“ (vgl. E-Mail der Beklagten vom 02.03.2017, Anlagenkonvolut EIP B37; deutsche Übersetzung: Anlagenkonvolut EIP B37a),
  104. „Sie [die Klägerin] sollten sich darüber im Klaren sein, dass Ihre Weigerung eine NDA abzuschließen, nicht nur ein Hindernis für unsere weiteren Verhandlungen darstellen würde, sondern auch der Frand-Verpflichtung zuwiderläuft, die Sie erfüllen müssen. […] A würde sicherlich im Einklang mit den Urteilen des EuGH zur FRAND-Frage handeln und wäre bereit ein weiteres Gegenangebot zu unterbreiten, aber A muss sich bis zur Ausführung eines NDAs zurückhalten.“ (vgl. E-Mail der Beklagten vom 05.03.2017; Anlagenkonvolut EIP B37; deutsche Übersetzung: Anlagenkonvolut EIP B37a; Fehler in Rechtschreibung und Grammatik wurden übernommen).
  105. Dabei geht aus dem in diesem Zusammenhang weiter vorgelegten E-Mail-Verkehr hervor, dass der Abschluss eines NDA bereits im Sommer 2013 von Seiten der Beklagten angestrengt und von der Klägerin unterstützt wurde. Weiter ergibt sich dann, dass die Beklagten – obwohl sie dies im Frühjahr 2017 zur Bedingung des Fortgangs der Lizenzierungsgespräche machten – im Jahre 2013 den Abschluss eines NDA nicht weiter verfolgten,
    „Einen überarbeiteten Entwurf der NDA haben wir am 19.August 2013 an A zurückgeschickt. Sie haben bemerkt, dass Sie die NDA überprüfen, aber wir haben nach diesem Datum nie wieder von Ihnen gehört.“ (vgl. E-Mail der Klägerin vom 02.03.2017, Anlagenkonvolut EIP B37; deutsche Übersetzung: Anlagenkonvolut EIP B37a),
  106. „Ich weiß nicht, warum die NDA jemals diskutiert, aber nicht endgültig abgeschlossen wurden.“ (E-Mail der Klägerin vom 02.03.2016, Anlagenkonvolut EIP B37; deutsche Übersetzung: Anlagenkonvolut EIP B37a: Fehler in Rechtschreibung und Grammatik wurden übernommen).
  107. Diese Umstände sprechen dafür, dass es den Beklagten nicht zuvorderst um den Abschluss eines Geheimhaltungsabkommens ging, sondern sie vor allem die Lizenzvertragsverhandlungen mit der Klägerin hinauszögern wollten.
  108. (ddd)
    Auch in der Folgezeit knüpften die Beklagten den Abschluss eines Lizenzvertrags in unzulässiger Weise an Bedingungen.
    Auf das hier streitgegenständliche Angebot der Klägerin aus Juli 2017 und im Zusammenhang mit einem Treffen der Parteien am 15.12.2017 unterbreiteten die Beklagten per E-Mail vom 21.12.2017 ein weiteres „Gegenangebot“, in welchem sie sich zur Zahlung einer Lizenzgebühr von 3 Millionen US $ für das US-amerikanische und das europäische Patentportfolio bereit erklärten (Anlage EIP B40; deutsche Übersetzung: Anlage B40a), und eine Bankgarantie in Höhe von EUR 1.340.000 leisteten. Das „Angebot“ sparte hingegen ein wesentliches Absatzgebiet der Beklagten, die Volksrepublik China, aus. Stattdessen machten sie eine Lizenznahme insoweit davon abhängig, dass zunächst zehn andere große chinesische Endgerätehersteller eine Lizenz bei der Klägerin nehmen,
    „Um Rechtsstreitigkeiten in China zu vermeiden und damit A seine wettbewerbsfähigen Preise in diesem sehr großen Markt aufrechterhalten kann, wird A alternativ eine Lizenz für das chinesische Patentportfolio von C nehmen, sobald C sein chinesisches Patentportfolio an mindestens zehn große chinesische Endgerätehersteller lizenziert hat.“ (vgl. E-Mail der Beklagten vom 21.12.2017; Anlagenkonvolut EIP B40; deutsche Übersetzung: Anlagenkonvolut EIP B40a; Hervorhebung diesseits).
  109. Vor dem Hintergrund dieses Verhaltens der Beklagten können auch die folgenden, im Rahmen des hiesigen Prozesses abgegebenen Erklärungen:
    „Die Beklagten haben mitgeteilt, eine Lizenz nehmen zu wollen, wenn es sich um wirksame SEPs handele. An dieser Lizenzwilligkeit der Beklagten hat sich indes nichts geändert, sie wird vorsorglich hier noch einmal bekräftigt.“ (Klageerwiderung vom 05.11.2018 , S. 28, 1. Abs., Bl. 196 GA),
  110. und:
    „Zusammenfassend: Die Beklagte ist natürlich lizenzwillig, wenn es sich um wirksame SEP handelt und die Lizenz FRAND ist. Dies hat sie immer betont und betont es hier erneut.“ (Quadruplik vom 02.03.2019 [gemeint ist wohl 2020], S. 24, Pkt. III., 2. Abs., Bl. 567 GA).
  111. nicht so verstanden werden, dass die Beklagten damit eine grundsätzliche Lizenzbereitschaft zum Ausdruck bringen wollen. Zwar ist auch dem lizenzwilligen Lizenzsucher zuzugestehen, dass er sich einen Angriff auf den Rechtsbestand/ die Standardessentialität vorbehält. Derart können die Erklärungen der Beklagten aber vor dem Hintergrund ihres hier dargestellten Verhaltens im Übrigen nicht verstanden werden (vgl. zu einer nur bedingten Bereitschaft zur Lizenznahme bereits unter lit. (aaa)).
  112. (eee)
    Nachdem die Lizenzwilligkeit der Beklagten nach Maßgabe der Ausführungen unter lit. (aaa) – lit. (ddd) entfallen ist, ist auch aufgrund des Gegenangebots vom 12.03.2020 nicht anzunehmen, dass eine Lizenzbereitschaft (nunmehr wieder) besteht. Das Gegenangebot weist weder eine hinreichende Regelungsdichte auf, noch begründen die Beklagten die von ihnen darin angesetzten – deutlich niedrigeren Lizenzgebühren – hinreichend. Auf die Ausführungen zum Gegenangebot unter lit. dd) wird insoweit Bezug genommen. Nach alledem fügt sich auch das Gegenangebot der Beklagten in ihr für eine fehlende Lizenzbereitschaft sprechendes Verhalten ein.
  113. cc)
    Unbeschadet dessen, dass die Klägerin aufgrund der Ausführungen unter lit. bb) schon zur Abgabe eines FRAND-gemäßen Angebotes gegenüber den lizenzunwilligen Beklagten nicht verpflichtet ist, stellt sich das von ihr im Juli 2017 unterbreitete, hier maßgebliche Angebot (zur Maßgeblichkeit unter Ziff. (1)), sowohl im Hinblick auf die eher „formellen“ Anforderungen (dazu unter Ziff. (2)), als hinsichtlich der inhaltlichen Vorgaben der EuGH-Rechtsprechung (dazu unter Ziff. (3)) als hinreichend dar.
  114. (1)
    Das vorliegend für die Beurteilung der FRAND-Gemäßheit maßgebliche Angebot ist dasjenige aus Juli 2017 (Anlage B38; deutsche Übersetzung: Anlage B38ab). Soweit die Klägerin in dem laufenden englischen Verfahren zur Feststellung einer FRAND-gemäßen Lizenzgebühr im April 2019 ein weiteres, im Hinblick auf die Lizenzgebührenhöhe abweichendes Angebot abgegeben hat, hat sie auf Vorhalt der Beklagten klargestellt, dass sie sich an das hier eingeführte Angebot aus Juli 2017 gebunden sieht.
    Soweit die Beklagten davon ausgehen, dass die Klägerin ihr Angebot aus Juli 2017 durch Unterbreiten eines neuen Angebots im März 2019 widerrufen hätten, weil das neue Angebot einen höheren Lizenzsatz vorsehe, kann dem neuen Angebot der Klägerin ein solcher Erklärungswert nicht, auch nicht konkludent, beigemessen werden.
    Den Beklagten ist zwar darin zuzustimmen, dass der Antrag eines neuen Angebots mit abweichendem Inhalt bei Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont grundsätzlich so zu verstehen ist, dass damit der Bindungswille an das ältere Angebot gelöst wird. Ein solches Verständnis lässt jedoch die besonderen Umstände des hiesigen Falles außer Betracht. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass sich die Klägerin im Rahmen des von ihr gegen die Beklagten und gegen Unternehmen des C-Konzerns eingeleiteten englischen Verfahrens zu einer Neubewertung ihres Portfolios veranlasst sah, weil C darin eine fehlerhafte Skalierung hinsichtlich der Multimode-Rate rügte (zur Multimode-Rate unter Ziff. (3), (d), (aa), (aaa)). Um diesem Einwand Rechnung zu tragen, passte die Klägerin ihr Angebot auf das Argument von C an, sie selbst hält jedoch an der Richtigkeit der von ihr vorgenommenen Berechnungen, die Gegenstand des Angebots aus Juli 2017 sind, fest.
  115. (2)
    Das Vertragsangebot der Klägerin erfüllt die eher „formellen“ Anforderungen der EuGH-Rechtsprechung.
  116. (a)
    Das Vertragsangebot muss nach den von dem EuGH aufgestellten Kriterien schriftlich verfasst sein und muss darüber hinaus insoweit konkret in dem Sinne sein, dass daraus die Lizenzgebühr und die einschlägigen Berechnungsparameter (maßgebliche Bezugsgröße, anzuwendender Lizenzsatz, ggf. Abstaffelung) sowie die Art und Weise der Berechnung hervorgehen (OLG Düsseldorf, GRUR 2017,1219, Rn. 169 – Mobiles Kommunikationssystem; Kühnen, ebd., Kap. E. Rn. 354). Die Punkte, die üblicherweise Regelungsgegenstand von Lizenzverträgen sind, müssen in das Angebot in Form von aussagekräftigen Bestimmungen aufgenommen sein (OLG Düsseldorf, a.a.O.; Kühnen, a.a.O.). Das Angebot hat weiter zu erläutern, aufgrund welcher Umstände die darin vorgeschlagenen Vergütungsparameter FRAND sind (OLG Düsseldorf, a.a.O.). Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass eine mathematisch genaue Herleitung einer FRAND-gemäßen Lizenzgebühr nicht zu erfolgen hat, vielmehr ist eine annäherungsweise Entscheidung, die auf Wertungen und Schätzungen beruht, vorzunehmen (Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 484). Vergleichbare Lizenzverträge können dabei ein gewichtiges Indiz für die Angemessenheit der angebotenen Lizenzbedingungen sein (LG Düsseldorf, a.a.O.; Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 258 a. E.).
    Mit der Angabe über die Art und Weise der Berechnung der Gebühren ist eine Erläuterung derjenigen Umstände gemeint, die die vertraglich nach Bezugsgröße und Lizenzsatz zu bezeichnenden Vergütungsfaktoren als diskriminierungs- und ausbeutungsfrei ausweisen (Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 358). Dazu gehört auch, dass der Patentinhaber, soweit er bereits Lizenzen vergeben hat, nachvollziehbar macht, dass er den Lizenzsuchenden entweder gleich oder weshalb er ihn in welcher Hinsicht ungleich behandelt (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.11.2016, Az.: I-15 U 66/15, Rn. 22, zitiert nach juris; OLG Karlsruhe, GRUR 2020, 166, Rn. 123 – Datenpaketverarbeitung; LG Düsseldorf, Urt. v. 13.07.2017, Az.: 4a O 154/15, Rn. 311 ff., zitiert nach juris; Teilurt. v. 31.03.2016, Az.: 4a O 73/14, Rn. 199, zitiert nach juris; Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 360).
  117. (b)
    Unter Berücksichtigung des unter lit. (a) Ausgeführten erweist sich das FRAND-Angebot der Klägerin weder deshalb als unter FRAND-Gesichtspunkten unzureichend, weil erforderlicher Vortrag zu Lizenzverträgen mit Dritten (dazu unter lit. (aa)), oder zur Angemessenheit der in Ansatz gebrachten Lizenzgebühren fehlt (dazu unter lit. (bb)), noch weil Angaben zu Gerichtsentscheidungen ausgeblieben sind (dazu unter lit. (cc)).
  118. (aa)
    Die Klägerin verhält sich im Rahmen ihres Vertragsangebots hinreichend zu zwischen ihr und Dritten bestehenden Lizenzverträgen (dazu unter lit. (aaa)), sowie zu solchen Vertragsbedingungen, die ihre Rechtsvorgängerin mit Dritten vereinbart hat (dazu unter lit. (bbb)).
  119. (aaa)
    Soweit Lizenzverträge zwischen der Klägerin und Dritten betroffen sind, handelt es sich bei diesen nicht um mit den Beklagten vergleichbare Lizenznehmer (dazu unter -Ziff. (i)). Jedenfalls hat aber die Klägerin auch dargetan, dass eine etwaige Ungleichbehandlung zu keiner Beeinträchtigung des Wettbewerbs führt (dazu unter Ziff. (ii)). Auch soweit die Beklagten geltend machen, es bestünden weitere Verträge der Klägerin mit H, I und J sowie mit II, ist die Klägerin ihren Erläuterungspflichten nachgekommen (dazu unter Ziff. (iii)). Die Erläuterungen erfolgen auch nicht verspätet (dazu unter Ziff. (v)). Eine über die Erklärungen der Klägerin hinausgehende Pflicht zur Vorlage von Lizenzverträgen besteht nicht (dazu unter Ziff. (iv)).
  120. (i)
    Den von der Klägerin mit Intel, F und der G. abgeschlossenen Lizenzverträgen fehlt es bereits an einer Vergleichbarkeit mit dem den Beklagten unterbreiteten Angebot.
    Sortiert der Lizenzgeber Vertragsverhältnisse aus der Menge der Vergleichsverträge aus, so ist das Kriterium, mit welchem er die Nichtvorlage begründet, sorgfältig daraufhin zu überprüfen, ob damit tatsächlich einem Vergleich nicht zugängliche Verträge aus der Referenzmenge herausgenommen werden, oder ob damit der Vergleichsmaßstab unsachgerecht eingeengt wird und sich der Lizenzgeber auf diese Weise einer grundsätzlich notwendigen Rechtfertigung für eine Ungleichbehandlung entzieht. Von der grundsätzlich bestehenden Vorlagepflicht können deshalb nur solche Verträge ausgenommen werden, bei denen die Unterschiede derart groß sind, dass sich von vornherein keine Argumente für eine Gleichbehandlung finden lassen (so wohl für Kreuzlizenzverträge OLG Düsseldorf, GRUR-RS 2019, 6078, Rn. 135 a. E. und Kühnen, edb., Kap. E., Rn. 314, Fn. 493). Das trifft auf solche Lizenzverhältnisse zu, deren Inhalt unter keinem Gesichtspunkt mit demjenigen des Vertragsangebots so auf einen Nenner gebracht werden kann, dass ein Vergleich möglich wird.
    So ist es vorliegend im Hinblick auf die Lizenzvertragsverhältnisse, die die Klägerin mit Intel, F und der G. abgeschlossen hat.
    Für den Vertrag der Klägerin mit Intel, der ein von dem hier streitgegenständlichen Portfolio abweichendes Schutzrechtsbündel von Implementierungspatenten betrifft, ist von einer fehlenden Vergleichbarkeit in diesem Sinne auszugehen. Auch die Beklagten bringen gegen eine fehlende Vergleichbarkeit insoweit nichts vor, sondern stellen den Vortrag der Klägerin zur fehlenden Vergleichbarkeit pauschal in Abrede.
    Die Klägerin hat als bisherige Lizenznehmer an dem streitgegenständlichen Portfolio F und die G. (letztere aus dem Jahre 2016), genannt, und vorgebracht, darin werde der Marktaustritt der näher bezeichneten Lizenznehmer berücksichtigt und lediglich noch ein limitierter Abverkauf geregelt.
    Insoweit vollzieht die Kammer nach, dass eine Vergleichbarkeit ausgeschlossen ist, weil die Klägerin in dem Bestreben, überhaupt eine Vergütung für die Benutzung ihrer geschützten Technik zu erhalten – im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit F befanden sich einige Geschäftsteile der Gesellschaft bereits in Auflösung –, und zur Vermeidung langwieriger Gerichtsverfahren, eine Lizenzgebühr akzeptiert hat, die den Wert ihres Portfolios nicht repräsentativ widerspiegelt. Die Klägerin hat auch klargestellt, dass ein Wiedereintritt von HH und der G. von der vertraglichen Vereinbarung nicht umfasst ist.
    Soweit die Beklagten in Abrede stellen, dass in den hier in Bezug genommenen Verträgen ein Marktaustritt geregelt worden ist, spricht dafür schon die Tatsache, dass die näher bezeichneten Unternehmen tatsächlich auf dem Mobilfunkmarkt nicht mehr in Erscheinung treten (dazu weiter auch unter Ziff. (ii)).
  121. (ii)
    Jedenfalls soweit die Vorlage der Verträge unter dem Gesichtspunkt der Ungleichbehandlung für erforderlich erachtet wird, kommt es auf die hier erörterte Frage der Vergleichbarkeit im Ergebnis auch nicht an. Denn selbst dann, wenn – bei Annahme der Vergleichbarkeit der Verträge – eine sachwidrige Ungleichbehandlung vorliegen sollte, fehlt es an einer Eignung zur Wettbewerbsbeeinträchtigung.
    Der Patentinhaber kann gegen den Vorwurf eines nicht FRAND-gemäßen Lizenzangebots dartun, dass die Diskriminierung nicht geeignet ist, den Lizenzsucher in seiner Wettbewerbsstellung auf dem Produktmarkt zu beeinträchtigen (EuGH, NZKart 2018, 225, Rn. 27 – MEO; Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 361). Insoweit genügt zunächst die Behauptung von Indizien, die die mangelnde wettbewerbliche Relevanz der Diskriminierung plausibel machen (Kühnen, a.a.O.). Es ist sodann an dem Lizenzsucher – im Rahmen einer ihn treffenden sekundären Darlegungslast – konkrete Umstände aufzuzeigen, die dennoch eine Eignung zur Wettbewerbsverzerrung belegen (Kühnen, a.a.O.).
    Vorliegend hat die Klägerin aufgezeigt, dass eine etwaige Diskriminierung die Beklagten in ihrer Wettbewerbsstellung auf dem Produktmarkt nicht beeinträchtigt.
    F und die G. stehen den Beklagten auf dem hier relevanten Mobilfunkmarkt nicht mehr als Wettbewerber gegenüber. Insbesondere ist – anders als die Beklagten vorgetragen haben – nicht ersichtlich, dass die G. noch umfangreich auf dem Mobilfunkmarkt tätig ist. Auf das Vorbringen der Klägerin, dass lediglich für den indischen Markt noch Geräte mit der Bezeichnung „G“ vertrieben werden, und der Vertrieb durch eine an der Lizenzvereinbarung unbeteiligte Tochtergesellschaft organisiert werde, haben die Beklagten, die sich als Marktteilnehmer ihrerseits zu dem Wettbewerberumfeld verhalten können, nichts mehr vorgebracht.
  122. (iii)
    Soweit die Beklagten vortragen, es bestünden weitere relevante Verträge zwischen der Klägerin und H sowie mit I und J und II, ist die Klägerin ihrer Erläuterungspflicht auch insoweit nachgekommen.
    Die Klägerin hat ausgeführt, dass es sich dabei um Verträge handele, die zwischen K und den näher bezeichneten Unternehmen bestehen. Eine Erläuterungspflicht zu dem Inhalt dieser Verträge bestimmt sich deshalb danach, ob die Klägerin zu Lizenzverträgen ihrer Rechtsvorgängerin vortragen muss (dazu unter lit. (bbb)).
    Soweit die Beklagten dennoch davon ausgehen, dass die Lizenzverträge mit den näher bezeichneten Lizenznehmern mit der Klägerin – und nicht mit K – abgeschlossen wurden, kann nicht festgestellt werden, dass die Klägerin ihrer Erläuterungspflicht nicht nachgekommen ist, weil sie falsche Angaben gemacht hat. Die Erläuterungspflicht legt dem Lizenzgeber auf, zu bestehenden Lizenzverträgen schlüssig vorzutragen. Berufen sich die Beklagten darauf, dass der Vortrag falsch ist, ist es an ihnen, dies darzutun und zu beweisen.
    Den Beklagten ist in diesem Zusammenhang zuzugestehen, dass der von ihnen in Bezug genommene Auszug aus dem Urteil des United States District Court for the Nothern District of California vom 10.05.2019,
    „At trial, John JJ, C’s CEO, testified that C licensed the US´151 as part of its patent portfolio to numerous third parties, including H, I, and J“ (Anlage B08, S. 8, Z. 14 ff.),
  123. sich liest, als sei der Vertragsschluss zwischen der Klägerin und den näher bezeichneten Lizenznehmern erfolgt. Nach dem von der Klägerin vorgelegten Transkript zur Vernehmung des Herrn JJ in dem US-amerikanischen Verfahren (Anlage EIP B54, S. 606 f.; deutsche Übersetzung: Anlage EIP B54a) stellt sich die Aussage des Herrn JJ jedoch – im Einklang mit der Behauptung der Klägerin in dem hiesigen Verfahren – derart dar, dass er sich bei der Äußerung über H, I und J zu den durch K abgeschlossenen Lizenzverträgen verhalten hat. Vor diesem Hintergrund stellt sich die von den Beklagten in Bezug genommene Aussage aus dem amerikanischen Urteil als verkürzt dar, und lässt die Annahme, dass die Klägerin weitergehende Lizenzverträge als die von ihr angegebenen abgeschlossen hat, nicht zu.
    Auch soweit die Beklagten vorbringen, es bestehe eine Lizenzvereinbarung zwischen der Klägerin und II, haben die Beklagten nicht dargetan, dass die Klägerin insoweit falsche Angaben gemacht hat
  124. (iv)
    Die vorherigen Ausführungen berücksichtigend bedarf es der Vorlage der in Rede stehenden Lizenzverträge weder unter dem Aspekt der Angemessenheit (zur Vorlagepflicht insoweit vgl. Landgericht Düsseldorf, 4a O 154/15, Urt. v. 13.07.2017, Rn. 312, zitiert nach juris; ebd., 4c O 72/17, Urt. v. 11.07.2018, Rn. 144, zitiert nach BeckRS 2018, 20333) noch, um den Beklagten eine Überprüfung der Diskriminierungsfreiheit zu ermöglichen.
    Hat der Patentinhaber substantiiert begründet, dass Verträge aus der Vergleichsmenge auszunehmen sind bzw. deren Inhalt aus anderen Gründen nicht entscheidungserheblich ist, ist er zur Vorlage der in Rede stehenden Verträge nicht verpflichtet. Die Vorlagepflicht dient dazu, dem Lizenzsucher, der im Hinblick auf den Inhalt entscheidungserheblicher Lizenzverträge typischerweise einem Informationsdefizit unterliegt, eine nähere Prüfung des Vertragsinhalts zu ermöglichen, um auf dieser Grundlage den Vorwurf einer sachwidrigen Ungleichbehandlung bzw. ausbeuterischer Vertragsbedingungen zu konkretisieren. Der Patentinhaber ist hingegen nicht zur Vorlage der Verträge verpflichtet, um den Lizenzsucher in die Lage zu versetzen, schlechthin alle Lizenzverträge auf ihren Inhalt zu überprüfen. Eine solche Betrachtungsweise führt im Ergebnis dazu, dass der Patentinhaber sämtliche, auch die für die kartellrechtliche Betrachtung unerheblichen, Lizenzverträge vorzulegen hat, und läuft darauf hinaus, dass der Patentinhaber den Beweis für den von ihm behaupteten Vertragsinhalt erbringen muss. Dies aber läuft der hier angenommenen Verteilung der Darlegungs- und Beweislast zuwider (dazu unter Ziff. (3), (a)). Auch ist nicht ersichtlich, dass eine solch umfassende Vorlagepflicht zur Kontrolle der Angaben des Vertragspartners praxisüblich ist.
  125. (v)
    Unschädlich ist schließlich auch, dass die Klägerin sich erst im Rahmen des laufenden Prozesses – und nicht bereits mit Abgabe des Angebots im Juli 2017 – zu mit Dritten bestehenden Lizenzverträgen verhalten hat. Das Vorbringen der Klägerin bewegt sich innerhalb der Grenzen des prozessualen Verspätungsrechts (LG Düsseldorf, Urt. v. 11.07.2018, Az.: 4c O 77/17, Rn. 123, zitiert nach BeckRS 2018, 25099; Kühnen, ebd, Kap. E., Rn. 407 ff.). Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagten auf diesen Vortrag nicht mehr rechtzeitig, mithin bis zur mündlichen Verhandlung, reagieren konnten (vgl. dazu LG Düsseldorf, Urt. v. 13.07.2017, Az.: 4a O 154/15, Rn. 300, zitiert nach juris; zur grundsätzlichen Nachholbarkeit auch: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.11.2016, Az.: I-15 U 66/15, R. 13, zitiert nach juris; GRUR-RS 2016, 2016, 9322, Rn. 22 ff.; OLG Karlsruhe, NZKArt 2016, 334 (336); a. A. LG Mannheim, GRUR-RS 2018, 31743, Rn. 70).
  126. (bbb)
    Die Klägerin verhält sich im Rahmen des laufenden Prozesses auch zu Lizenzverträgen, die ihre Rechtsvorgängerin mit Dritten abgeschlossen hat, hinreichend.
    Nach der oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung besteht die Bindung des Patenterwerbers an die FRAND-Zusage seines Rechtsvorgängers nicht nur „dem Grunde nach“, sondern darüber hinaus auch im Hinblick auf die Höhe und den Inhalt der Lizenzverträge (OLG Düsseldorf, GRUR-RS 2019, 6087, Rn.122 – Improving Handovers; ebd., Beschl. v. 17.11.2016, Az.: I-15 U 66/15, Rn. 24). Auch die durch den Rechtsvorgänger abgeschlossenen Lizenzverträge bestimmen vor diesem Hintergrund den für die Beurteilung der Diskriminierungsfreiheit maßgeblichen Vergleichsrahmen (a.a.O.). Daraus folgt, dass sich der Lizenzgeber bei seiner Offerte auch zu diesen Lizenzverträgen verhalten muss (OLG Düsseldorf, ebd., Rn. 125).
    Es kann dahinstehen, ob die Rechtsprechung auf Konstellationen wie die vorliegende anwendbar ist. Zum einen ist bereits zu berücksichtigen, dass die Beklagten einem umfassenden Informationsdefizit nicht unterliegen. Denn sie selbst waren in der Vergangenheit Lizenznehmer von K und haben der Klägerin auf dieser Grundlage im Rahmen der außergerichtlichen Lizenzverhandlungen einen Vorschlag für die Lizenzgebührenhöhe unterbreitet (dazu bereits unter lit. bb), (bbb)). Zum anderen hat sich die Klägerin zu den von K abgeschlossenen Lizenzen verhalten und ausgeführt, diese enthielten Kreuzlizenzelemente – was einer Vergleichbarkeit entgegensteht. Denn bei der Kreuzlizenzierung wird mindestens ein Teil der für die Lizenznahme zu erbringenden Gegenleistung statt durch eine in Geld bestimmte Lizenzvergütung durch die Einräumung einer Benutzungsgestattung für Lizenzrechte des Lizenznehmers erbracht. Da es sich bei der Rechteeinräumung und der Geldleistung um im Kern völlig andersartige Leistungen handelt, die auch zu Vergleichszwecken nicht überein gebracht werden können, taugen Lizenzverträge mit Kreuzvertragselement für Vertragsangebote an Lizenznehmer ohne Rücklizenzwert regelmäßig nicht (so auch OLG Düsseldorf, GRUR-RS 2019, 6087, Rn. 136 – Improving Handovers). Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass die von K abgeschlossenen Lizenzverträge, die allesamt vor dem Jahr 2011 abgeschlossen wurden, noch laufen. Vielmehr hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass die Verträge beendet sind. Diese entfalten mithin keine Auswirkungen mehr auf die Wettbewerbslage der Konkurrenten (OLG Düsseldorf, ebd., Rn. 123).
    Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beklagten behaupten, sie hätten „eine ganze Kette von Lizenzverträgen mit K, die bis heute reichen und früher beginnen als 2011“ abgeschlossen. Denn jedenfalls soweit das für die 2G-, 3G- und 4G-Technologie relevante K-Portfolio betroffen ist, tragen die Beklagten selbst vor, dass sie im Jahre 2017 einen neuen Vertrag mit K abgeschlossen haben. Danach ist nicht davon auszugehen, dass im Verhältnis zu den Beklagten noch relevante Verträge mit K aus einer Zeit vor dem Erwerb des streitgegenständlichen Portfolios durch die Klägerin laufen.
  127. (bb)
    Die Klägerin hat die Angemessenheit der von ihr unter Ziffer 4.2 des Vertragsentwurfs in Ansatz gebrachten Lizenzgebühren im Zusammenhang mit ihrem Angebot aus Juli 2017 (Anlage EIP B38; deutsche Übersetzung: Anlage EIP B38ab) hinreichend dargetan, indem sie aufgezeigt hat, dass und inwiefern sie ihre Berechnungen an diejenigen aus den E-Urteilen angelehnt hat (zu den Darlegungen der Klägerin im Einzelnen unter Ziff. (3), (d), (aa), (bbb)). Unschädlich ist in diesem Zusammenhang, dass das Angebotsschreiben der Klägerin vom 25.07.2017 (Anlage EIP B38; deutsche Übersetzung: Anlage EIP B38ab) selbst die Berechnungen nach dem E-Urteil 1 nicht aufzeigte, sondern insoweit auf das FSoC Bezug nahm, welches der Beklagten am selben Tag zugestellt wurde.
    Von der hinreichenden Erläuterung des Vertragsangebots ist die Frage zu trennen, ob die Begründung, die die Klägerin für die Angemessenheit der Lizenzgebühren anführt, diese im Ergebnis trägt (dazu unter Ziff. (3), lit. (d), (bb)).
  128. (cc)
    Die Klägerin ist ihrer Erläuterungspflicht zu maßgeblichen Gerichtsentscheidungen nachgekommen, indem sie zu Gerichtsentscheidungen, die sich mit abgeschlossenen Lizenzverträgen bzw. mit der Standardessentialität/ mit dem Rechtsbestand der Portfoliopatente befassen, vorgetragen hat. Es ist hingegen unschädlich, dass sie diese nicht vorgelegt hat.
    Neben den bereits geschlossenen Lizenzverträgen muss der SEP-Inhaber zum Nachweis der Art und Weise der Berechnung der geforderten Lizenzgebühren grundsätzlich etwaige Gerichtsentscheidungen vorlegen, die sich mit den abgeschlossenen Lizenzverträgen befassen (LG Düsseldorf, Urt. v. 11.07.2018, Az.: 4c O 72/17, Rn. 147, zitiert nach BeckRS 2018, 20333). Denn gerichtliche Entscheidungen oder Hinweise zur Angemessenheit der vorgeschlagenen Lizenzbedingungen sind jedenfalls als neutrale und sachverständige Stellungnahmen zu berücksichtigen (a.a.O.). Zumindest wenn keine oder eine nicht ausreichende Anzahl von Lizenzverträgen abgeschlossen worden ist, muss der SEP-Inhaber auch sonstige Entscheidungen zur Verletzung und zum Rechtsbestand des oder der zu lizenzierenden Schutzrechte vorlegen (a.a.O.).
    Die Klägerin hat mit E-Mail vom 12.12.2017 (Anlage EIP B39; deutsche Übersetzung: Anlage EIP B39a) Verfahren mitgeteilt, in denen Portfoliopatente als nicht standardessentiell/ nicht verletzend befunden wurden. Bestandteil der Mitteilung war auch das Ergebnis, welches die jeweiligen Gerichtsverfahren hatten. Die Beklagten zeigen mit ihrem Prozessvorbringen in dem Duplikschriftsatz vom 27.06.2019 (vgl. dort S. 70, Bl. 469 GA) schließlich auch, dass sie in Kenntnis des Ausgangs der Gerichtsverfahren sind.
    Der Vorlage dieser Entscheidungen durch die Klägerin bedurfte es darüber hinaus nicht. Der Lizenzsucher, der in Kenntnis über im Zusammenhang mit dem Vertragsangebot interessierende Gerichtsentscheidungen ist, verfügt regelmäßig über hinreichende Informationen, um auf dieser Grundlage zu entscheiden, ob er eine inhaltliche Auseinandersetzung mit diesen für geboten hält oder nicht. Strebt er eine solche an, steht er zunächst selbst in der Pflicht, sich diese zu verschaffen. Etwas anderes mag – wofür hier keine Anhaltspunkte bestehen – dann gelten, wenn diese nicht veröffentlicht oder durch die jeweiligen Gerichte nicht ausgegeben werden.
  129. (3)
    Es kann nicht festgestellt werden, dass das streitgegenständliche Angebot aus Juli 2017 den inhaltlichen Anforderungen an die FRAND-Gemäßheit zuwiderläuft.
  130. (a)
    Das Diskriminierungsverbot normiert für das marktbeherrschende Unternehmen eine Verpflichtung zur Gleichbehandlung, indem es Handelspartnern, die sich in gleicher Lage befinden, dieselben Preise und Geschäftsbedingungen einräumen muss (OLG Düsseldorf, GRUR 2017, 1219, Rn. 173 – Mobiles Kommunikationssystem). In das Gleichbehandlungsgebot sind dabei nur Sachverhalte, die auch vergleichbar sind, einzubeziehen, während auch marktbeherrschende Unternehmen auf unterschiedliche Marktbedingungen differenziert reagieren können (a.a.O.). Eine Ungleichbehandlung ist daher zulässig, wenn sie sachlich gerechtfertigt ist (a.a.O.). Der dem Inhaber eines gewerblichen Schutzrechts grundsätzlich zustehende weite Spielraum für eine sachliche Rechtfertigung ist eingeschränkt, wenn neben die marktbeherrschende Stellung weitere Umstände treten, aus denen sich ergibt, dass die Ungleichbehandlung die Freiheit des Wettbewerbs gefährdet (OLG Düsseldorf, ebd., Rn. 174). Diese können insbesondere darin bestehen, dass der Zugang zu einem nachgeordneten Produktmarkt von der Befolgung der patentgemäßen Lehre abhängig ist (BGH, GRUR 2004, 966 (968) – Standard-Spundfass) oder das Produkt erst bei Benutzung des Patents wettbewerbsfähig ist (OLG Düsseldorf, a.a.O.).
    Die Darlegungs- und Beweislast für eine Ungleichbehandlung (BGH, Urt. v. 05.05.2020, Az.: KZR 36/17, Rn. 76; OLG Düsseldorf, ebd., Rn. 177, Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 257, 335; kritisch, aber offen gelassen OLG Karlsruhe, GRUR 2020, 166, Rn. 124 – Datenpaketverarbeitung) liegt grundsätzlich bei dem Lizenzsucher. Jedoch ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass dieser regelmäßig keine nähere Kenntnis über die Lizenzierungspraxis des SEP-Inhabers, insbesondere über mit Dritten bestehende Lizenzverträge und deren Regelungsgehalt, besitzt. Dies rechtfertigt es, dem SEP-Inhaber, der naturgemäß in Kenntnis der Vertragsverhältnisse mit anderen Lizenznehmern ist, und dem nähere Angaben hierzu auch zumutbar sind, insoweit eine sekundäre Darlegungslast aufzuerlegen (OLG Düsseldorf, a.a.O.; Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 335). Die Angabe zu den Lizenznehmern hat in diesem Zusammenhang vollständig zu erfolgen, und darf nicht auf einige namhafte Unternehmen der Branche reduziert werden (Kühnen, a.a.O.). Der Vortrag hat auch Angaben dazu zu enthalten, welche – konkret zu benennenden – Unternehmen mit welcher Bedeutung auf dem relevanten Markt zu welchen konkreten Konditionen eine Lizenz genommen haben (OLG Düsseldorf, a.a.O.). Regelmäßig dürfte die Vorlage der Lizenzverträge erforderlich sein (Kühnen, a.a.O.). Relevant sind dabei jedoch nur solche Lizenzverhältnisse, die im Zeitpunkt der rechtlich gebotenen Lizenzofferte (schon und noch) in Kraft stehen (OLG Düsseldorf, GRUR-RS 2019, 6087, Rn. 123 – Improving Handovers; Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 494). Steht eine Ungleichbehandlung fest, so obliegt es dem Patentinhaber, etwaige die unterschiedliche Behandlung rechtfertigende Umstände darzulegen und ggf. zu beweisen (OLG Düsseldorf, a.a.O.; Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 335).
    Als „faire und angemessene“ Vertragsbedingungen sind solche zu verstehen, die dem Lizenzwilligen nicht unter Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung angeboten werden. Die Vertragsbedingungen müssen zumutbar und dürfen nicht ausbeuterisch sein (OLG Düsseldorf, Beschl. vom 17.11.2016, Az.: I-15 U 66/15, Rn. 15, zitiert nach juris; allgemein zur Gleichsetzung mit dem gesetzlichen Ausbeutungstatbestand nach Art. 102 AEUV auch: Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 329, 337). Ein Angebot des Lizenzgebers kann sich danach insbesondere dann als unfair/ unangemessen (im Sinne einer Ausbeutung nach Art. 102 AEUV) erweisen, wenn eine Lizenzgebühr verlangt wird, die den hypothetischen Preis, der sich bei wirksamem Wettbewerb auf dem beherrschten Markt gebildet hätte, erheblich überschreitet, es sei denn, es gibt eine wirtschaftliche Rechtfertigung für die Preisbildung (LG Düsseldorf, Teilurt. v. 31.03.2016, Az.: 4a O 73/14, Rn. 225, zitiert nach juris; Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 258). Es geht hingegen nicht um eine nach allen Seiten gerechte Vergütung für die Patentbenutzung (Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 486). Der Ausbeutungsvorwurf des Art. 102 AEUV sanktioniert nicht jede Überschreitung der objektiv interessengerechten Vergütung, sondern nur einen deutlichen Abstand, der es dem Lizenzsucher verwehrt, im nachgelagerten Produktmarkt wettbewerbsfähig zu bleiben (Kühnen, a.a.O.). Das Vertragsangebot hat sich des Weiteren auch im Hinblick auf die übrigen Vertragsbedingungen (lizenzpflichtige Schutzrechte, Lizenzgebiet usw.) als angemessen zu erweisen. Auch dabei kann eine beachtliche Zahl inhaltlich gleichlautender, bereits abgeschlossener Verträge – sofern diese nicht unter Missbrauch von Marktmacht zustande gekommen sind – ein Indiz für die Angemessenheit der Vertragsbedingungen sein (LG Düsseldorf, Urt. v. 09.11.2018, Az.: 4a O 17/17, Rn. 389, zitiert nach juris).
    Auch die (primäre) Darlegungslast sowie die Beweislast dafür, dass unter dem Gesichtspunkt „fair und angemessen“ eine Ausbeutung vorliegt, ist bei dem Lizenzsucher zu verorten.
    Grundsätzlich, das heißt jenseits von Sachverhalten, bei denen ein SEP mit FRAND-Erklärung vorliegt, besteht Einigkeit darüber, dass nach den allgemeinen Grundsätzen derjenige, der sich auf die Unangemessenheit beruft, diese darlegen und ggf. beweisen muss (LG Düsseldorf, Urt. v. 30.11.2006, Az.: 4b O 58/05, Rn. 140 – Videosignal-Codierung I, zitiert nach juris; Kühnen, ebd. Kap. H., Rn. 260). Für Fälle wie den vorliegenden (SEP mit FRAND-Erklärung) ergibt sich aus der Tatsache, dass sich der Patentinhaber dazu verpflichtet hat, ein Angebot abzugeben, dass inhaltlich „FRAND“ ist, nichts anderes.
    In der Entscheidung Mobiles Kommunikationssystem begründet das OLG Düsseldorf die von ihm angenommene Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Zusammenhang mit dem Tatbestand der Diskriminierung unter Bezugnahme auf Art. 2 Kartellverfahrensordnung (VO [EG] Nr. 1/2003 des Rates v. 16.12.2002 zur Durchführung der in den Art. 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln). Danach obliegt die Beweislast für eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 Abs. 1 oder Art. 82 des EWG-Vertrags (entspricht Art. AEUV Artikel 101, AEUV Artikel 102 AEUV) in allen einzelstaatlichen und gemeinschaftlichen Verfahren der Partei, die diesen Vorwurf erhebt. Da der Patentinhaber mit der Abgabe der FRAND-Erklärung lediglich den gesetzlichen Anforderungen des Art. 102c AEUV (Diskriminierungsfreiheit) nachkomme, dem Lizenzsucher aber keine im Vergleich dazu bessere Position einräumen wolle, ändere sich an der grundsätzlichen Verteilung der Darlegungs- und Beweislast nichts (OLG Düsseldorf, GRUR 2017, 1219, Rn. 177 – Mobiles Kommunikationssystem). In den dortigen Entscheidungsgründen folgen sodann Ausführungen zur sekundären Darlegungslast, wie hier bereits dargestellt. Dieser Begründungsansatz lässt sich auf einen Ausbeutungsmissbrauch im Sinne von Art. 102a AEUV übertragen (für die Übertragbarkeit insoweit als jedenfalls der Patentinhaber mit der FRAND-Erklärung, auch im Hinblick auf die Pflicht „fair & reasonable“ zu lizenzieren, keine über Art. 102 AEUV hinausgehenden Pflichten eingehen wollte: Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 319, 337, allerdings ohne Ausführungen zur Auswirkung auf die Frage der Darlegungs- und Beweislast; anders und mit Bezugnahme auf eine möglicherweise angezeigte Umkehr der primären Darlegungslast und der Beweislast allerdings für die Beurteilung einer Diskriminierung und einer Ausbeutung: OLG Karlsruhe, GRUR 2020, 166, Rn.124 – Datenpaketverarbeitung). Gründe, weshalb im Hinblick auf die Darlegungs- und Beweislast eine Differenzierung zwischen dem Gebot diskriminierungsfrei zu lizenzieren und dem Gebot eines „fairen und angemessenen“ (= ausbeutungsfreie) Angebots vorzunehmen ist, sind nicht ersichtlich. Ein Anknüpfungspunkt für eine differenzierende Betrachtung könnte sich grundsätzlich aus dem Wortlaut „fair and reasonable“ ergeben, der anders als der Wortlaut „nicht diskriminierend“ gerade nicht den Wortlaut des Art. 102 AEUV wiedergibt, so dass nicht nur eine ausbeutungsfreie, sondern darüber hinaus auch eine gerechte Lizenzierung versprochen wird (m. w. Nachw. Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 319). Dieses Wortlautargument erweist sich jedoch vor dem Hintergrund als nicht ausschlaggebend, als dass es keine Entsprechung im objektiven Erklärungsgehalt des Zusagenden findet (ausführlicher Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 320 f.). Ausgehend von dem soeben Ausgeführten verbleibt es auch im Hinblick auf den Ausbeutungstatbestand grundsätzlich bei der Darlegungs- und Beweislast auf Seiten des Lizenzsuchers (LG Düsseldorf, Urt. v. 09.11.2018, Az.: 4a O 16/17, zitiert nach BeckRS 2018, 2019, Rn. 219; ebd., Urt. v. 21.12.2018, Az.: 4c O 3/17, zitiert nach BeckRS 2018, 42127, Rn. 216).
    Jedoch sprechen auch in diesem Zusammenhang Gründe dafür, dem Patentinhaber eine sekundäre Darlegungslast aufzuerlegen, soweit bei diesem nähere Erkenntnisse über den jeweiligen streitgegenständlichen Sachverhalt zu erwarten sind. Den Prozessgegner der primär darlegungsbelasteten Partei trifft in der Regel eine sekundäre Darlegungslast, wenn die primär darlegungsbelastete Partei keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Umstände und auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachverhaltsaufklärung hat, während dem Prozessgegner nähere Angaben dazu ohne weiteres möglich und zumutbar sind (BGH, GRUR 2012, Rn. 23 – Vorschaubilder II).
    Das trifft auf Sachverhaltskonstellationen wie die vorliegende, bei denen der kartellrechtliche Zwangslizenzeinwand im Zusammenhang mit einem SEP, für das eine FRAND-Erklärung vorliegt, erhoben wird, zu.
    Die Klägerin ist zur Abgabe eines Angebots verpflichtet, welches inhaltlich FRAND-Bedingungen entspricht. Als „Urheber“ des Angebots kann sie Ausführungen dazu machen, welche wirtschaftlichen und rechtlichen Erwägungen sie zur Aufnahme der jeweiligen Regelungen und insbesondere der Festsetzung der Lizenzgebühren in Art und Höhe bewogen haben, und mit welchen Erwägungen diese im Sinne des Missbrauchstatbestandes des Art. 102 AEUV angemessen sind (Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 519). Der Vortrag muss für den Gegner nachvollziehbar und einlassungsfähig sein (a.a.O.). Auf dieser Grundlage ist es dem Lizenzsucher sodann möglich, seinerseits gegen die Angemessenheit sprechende Gesichtspunkte – gleichermaßen substantiiert – vorzutragen, und diese ggf. zu beweisen. Dabei ist in die Bewertung darüber, wie die Darlegungslast konkret zu verteilen ist, insbesondere einzustellen, wenn der Lizenzsucher aufgrund eigener langjähriger Marktpräsenz, ggf. sogar als Lizenzgeber, einen Überblick über die wettbewerblichen Verhältnisse hat. Das gilt im Zusammenhang mit der Angemessenheitsprüfung mehr noch als bei Diskriminierungssachverhalten. Denn während der Maßstab für eine Ungleichbehandlung sich aus der Lizenzierungspraxis des Lizenzgebers entwickelt, sind die in die Angemessenheitsprüfung einfließenden Erwägungen in höherem Maße objektivierbar und somit für den Lizenzsucher ermittelbar.
  131. (b)
    Eine Lizenzvertragspraxis, an welche der Lizenzgeber im Sinne des Diskriminierungsverbots gebunden ist, besteht nicht (dazu ausführlich unter Ziff. (2), (b), (aa)). Die Klägerin trägt weiter vor, dass sie die hier streitgegenständlichen Lizenzbedingungen auch anderen potenziellen Lizenznehmern anbiete.
    Soweit die Beklagten eine Diskriminierung auch darin erblicken, dass die Klägerin LG – anders als den Beklagten – im März 2020 kein neues Angebot mit einer verdoppelten Lizenzgebühr gemacht hat, folgt daraus keine nachteilige Ungleichbehandlung der Beklagten. Denn die Klägerin hat deutlich gemacht, dass auch den Beklagten weiter das im Juli 2017 unterbreitete Angebot zur Annahme zur Verfügung steht (dazu unter Ziff. (1)).
  132. (c)
    Auch eine Diskriminierung durch selektive Rechtsdurchsetzung liegt nicht vor.
    Eine Ungleichbehandlung liegt tatbestandlich nicht nur dann vor, wenn der marktbeherrschende Patentinhaber einzelnen Lizenzsuchern vertragliche Vorzugskonditionen einräumt, die er anderen verweigert, sondern gleichermaßen dann, wenn er seine Verbietungsrechte aus dem Patent selektiv durchsetzt, indem er gegen einzelne Wettbewerber vorgeht, um sie in den Lizenzvertrag zu zwingen, andere Wettbewerber hingegen bei der Benutzung des Schutzrechts gewähren lässt (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.11.2016, Az.: I-15 U 66/15, Rn. 41, zitiert nach juris; LG Düsseldorf, Urt. v. 30.11.2006, Az.: 4b O 508/05, Rn. 170 – Videosignal-Codierung I, zitiert nach juris). In ihrer faktischen Auswirkung bedeutet eine solche Strategie nichts anderes, als dass einem Teil der Wettbewerber unentgeltlich, einem anderen Teil der Wettbewerber hingegen nur entgeltliche Lizenzen eingeräumt werden (LG Düsseldorf, a.a.O.).
    Bei der Entscheidung, ob ein Lizenzsucher gerichtlich in Anspruch zu nehmen ist, ist der Klägerin jedoch ein gewisser Entscheidungsspielraum zuzubilligen, und ihr eine differenzierte gerichtliche Geltendmachung schon wegen des damit verbundenen Kostenrisikos zuzugestehen (LG Düsseldorf, Urt. v. 11.07.2018, Az.: 4c O 72/17, Rn. 155, zitiert nach BeckRS 2018, 20333; ebd., Urt. v. 9.11.2018, Az.: 4a O 17/17, Rn. 385, zitiert nach juris; Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 256). Das gilt jedenfalls dann, wenn sich auf einem Markt – wie dem vorliegenden – eine große Anzahl von Marktteilnehmern bewegt. Allein die Beklagten nennen insoweit eine Anzahl von acht Herstellern, bei denen es sich lediglich um die bedeutendsten Marktteilnehmer handelt. Insoweit ist weiter zu berücksichtigen, dass die Beklagten nicht die einzigen von der Klägerin in Anspruch genommenen Unternehmen sind. Vielmehr geht sie aus dem streitgegenständlichen Portfolio jedenfalls auch gegen den C-Konzern (Verfahren laufen vor der hiesigen Kammer mit den folgenden Aktenzeichen: 4b O 31/18, 4b O 6/19 und 4b O 7/19) sowie LG (vor dem Landgericht München I) vor. Dass die Beklagten die Existenz dieser Verfahren erheblich bestreiten, ist nicht erkennbar. Sie bestreiten zwar „den Vortrag der Klägerin zur angeblichen umfassenden Rechtsdurchsetzung mit Nichtwissen“, dies ist jedoch prozessual unbehelflich. Die Beklagten, die für eine Ungleichbehandlung die primäre Darlegungslast tragen, können dem – insoweit substantiierten Vortrag der Klägerin – nicht schlicht mit Nichtwissen entgegentreten. Die Klägerin trägt weiter vor, in den USA und Großbritannien seien Verfahren gegen O anhängig. Soweit die Beklagten dagegen pauschal vorbringen, Verfahren gegen O seien nicht anhängig, kann dies nicht nachvollzogen werden, weil sie an anderer Stelle selbst angeben, in den USA seien Gerichtsverfahren gegen O durch die Klägerin angestrengt worden (vgl. Klageerwiderung v. 05.11.2018, S. 33, unter lit. c), 1. Spiegelstrich, Bl. 201 GA und Duplikschriftsatz vom 27.06.2019, S. 70, Bl. 469 GA, Tabelle).
    Unschädlich ist weiter, wenn die Klägerin gegenüber solchen Marktteilnehmern, die sie gerichtlich noch nicht in Anspruch genommen hat, das FRAND-Procedere noch nicht eingeleitet hat. Dem Patentinhaber ist zuzugestehen, mit einer außergerichtlichen Aufforderung zur Lizenznahme von Wettbewerbern des gerichtlich in Anspruch genommenen Lizenzsuchers zuzuwarten, bis das Verletzungsurteil erstritten ist (Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 256; a. A. LG Düsseldorf, Urt. v. 11.07.2018, Az.: 4c O 72/17, Rn. 157, zitiert nach BeckRS 2018, 20333). Da anzunehmen ist, dass der jeweilige Marktteilnehmer – wie vorliegend auch die hiesige Beklagte – der Klägerin im Rahmen von Vertragsverhandlungen die laufenden Gerichtsverfahren entgegenhält, steht zu befürchten, dass die gegen diese Marktteilnehmer angestrengten Verhandlungen gerade auch drohen, in ein gerichtliches Verfahren überführt werden zu müssen. Dies kann der Klägerin aber gerade – wie ausgeführt – nicht abverlangt werden.
  133. (d)
    Der an den Inhalt des E-Urteils 1 angelehnte Vortrag der Klägerin zur Angemessenheit der von ihr in Ansatz gebrachten Lizenzgebühren (dazu unter lit. (aa)) ist – gemessen an der unter lit. (a) beschriebenen Verteilung der Darlegungslast – hinreichend, ohne dass die Beklagten dem ihrerseits hinreichend entgegentreten sind (dazu insgesamt unter lit. (bb)).
  134. (aa)
    Der von der Klägerin zur Begründung der Angemessenheit ihrer vorgeschlagenen Lizenzgebühren herangezogene Inhalt der E-Urteile (dazu unter lit. (aaa)) und die Übertragung der darin verwendeten Methodik (dazu unter lit. (bbb)) stellen sich wie folgt dar:
  135. (aaa)
    Zum Vorgehen des britischen Gerichts in dem E-Urteil 1:
  136. (i)
    Methodischer Ausgangspunkt für die Ermittlung der Lizenzgebühr durch das britische Gericht ist das Vergleichsmarktkonzept (Rn. 170 f. und Rn. 179 E-Urteil 1; Randnummern ohne Bezeichnung sind im Folgenden solche des E-Urteils 1), das grundsätzlich auch die Zustimmung deutscher Gerichte findet (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.11.2016, Az.: I-15 U 65/15, Rn.40, zitiert nach juris). Die Ermittlung der Lizenzgebühren orientiert sich danach – wenn vergleichsfähige Lizenzverträge des Lizenzgebers über das in Streit befangene Portfolio noch nicht bestehen – an Verträgen, die im Hinblick auf andere Schutzrechtsbestände abgeschlossene worden und die mit dem in Rede stehenden Portfolio in Qualität und Umfang (OLG Düsseldorf, a.a.O.) sowie in seiner technischen Funktion und Wichtigkeit für das Produkt (Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 492) vergleichbar sind. Die in diesen Verträgen fixierten Bedingungen geben einen Anhaltspunkt dafür, was in der jeweiligen Branche üblich ist, und können einen Rückschluss auch auf die Angemessenheit zulassen (LG Düsseldorf, Urt. v. 09.11.2018, Az.: 4a O 63/17, Rn. 296, zitiert nach juris; Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 491). Dabei ist offensichtlich, dass bereits die Entscheidung darüber, welche Verträge als Referenz dienen können, ein wertendes Element enthält. Weiter ist eine gewisse Zurückhaltung bei Anwendung des Vergleichsmarktkonzepts dann geboten, wenn auch die zum Vergleich herangezogenen Lizenzverträge für den Standard wesentliche Schutzrechte lizenzieren. Denn naturgemäß kann der Lizenzgeber in diesen Fällen in größerem Umfang als der Lizenzsucher auf die Vertragskonditionen Einfluss nehmen, was eine so verhandelte Lizenz als direkten Orientierungsfaktor disqualifizieren kann (Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 493; Kurtz/ Staub, GRUR 2018, 136).
  137. (ii)
    Die Rechenschritte und die Ermittlung der Berechnungsparameter nach dem E-Urteil 1 stellen sich wie folgt dar:
  138. Ermittlung „Benchmark rate“
    Die von dem britischen Gericht zur Berechnung der für das G Portfolio FRAND-gemäßen Lizenzgebühr herangezogene Formel lautet (Rn. 180):
    E x R = [BR] (UP),
    wobei „E“ die Lizenzrate für das Vergleichsportfolio (in dem UP-Verfahren: „J“) darstellt und sich „R“ als die verhältnismäßige Größe des streitgegenständlichen Portfolios (in dem UP-Verfahren: „E“) in Bezug auf das Portfolio des Referenzlizenzgebers (in dem UP-Verfahren: „J“) wie folgt darstellt (Rn. 181):
    SEP (UP)/SEP (J) = R.
    Die ermittelten „Benchmark Royalty Rates“ ([BR]) lassen sich der Tabelle in Randnummer 478 entnehmen.
  139. Ermittlung der Lizenzrate „E“
    Auf der Grundlage von Vergleichslizenzverträgen ermittelt KK den Wert „E“ („Benchmarkrate“; deutsche Übersetzung: „Vergleichs-/Maßstabsrate“), der einen Durchschnittswert der in den Vergleichslizenzverträgen gewährten Lizenzen ziffernmäßig erfasst (Rn. 382, Rn. 464 ff.). Das britische Gericht schließt bei der Ermittlung der Vergleichsrate zunächst die zwischen E und Dritten (V und P) bestehenden Lizenzvereinbarungen als taugliche Referenzverträge vor dem Hintergrund aus, dass G lediglich zwei Lizenzverträge abgeschlossen hatte, deren Lizenzraten weit auseinanderlagen (Rn. 179, 383 ff., die konkreten Lizenzgebühren sind den zitierten Urteilspassagen nicht zu entnehmen). Es befindet stattdessen eine Auswahl der zwischen dem Rechtsvorgänger von E, J, und Dritten abgeschlossenen Verträgen als tauglichen Referenzmaßstab (Rn. 180, Rn. 410 ff., auch hier sind die meisten konkreten Lizenzbedingungen neutralisiert.), wobei es aus den insgesamt neun bestehenden Vereinbarungen sechs als Vergleichsgrundlage selektiert (Rn. 461 ff.).
    Auf welche konkrete Art und Weise die Bestimmung von „E“ sich dann vollzieht, bleibt weitgehend unklar, wobei davon auszugehen ist, dass dies jedenfalls teilweise mit Hilfe des sog. Auspackens („unpacking“) vonstattengeht (Rn. 185, 197, 464 ff., relevante Passagen sind neutralisiert; zu diesem Verständnis auch: Haedicke, GRUR Int. 2017, 661 (666)). Es hat zum Ziel, die Lizenzgebühr für das gesamte Portfolio im Hinblick auf Umstände wie Kreuzlizenzen etc. anzupassen (Rn. 190; auch: Haedicke, a.a.O.) und versucht die technischen Beiträge einer Partei zum Standardisierungsprozess zu berücksichtigen (Rn.185). Die Ergebnisse für „E“ sind den Randnummern 464 ff. zu entnehmen.
  140. Ermittlung von „R“ als verhältnismäßige Größe des „G“-Portfolios
    KK geht bei der Ermittlung von „R“ davon aus, dass sich der Wert von eine bestimmte Technologie betreffende SEPs zweier Patentinhaber im Verhältnis zueinander in irgendeiner Form durch eine Patentzählmethode („patent counting approach“) bestimmen lässt, und grenzte sich damit insbesondere von Ansätzen ab, die versuchen, die technische Bedeutung einzelner Patente für den Standard zu bemessen (Rn. 182 ff.).
    Die Anzahl der für den jeweiligen Standard maßgeblichen Patente von E (SEP (UP)) war zwischen den Parteien im Wesentlichen unstreitig (Rn. 204 ff.), wobei als die maßgeblichen Patente diejenigen definiert wurden, die für die Umsetzung des Standards zwingend sind (Rn.186: „Relevant SEPs“). Der Ermittlung der in diesem Sinne maßgeblichen Patente von J (SEP (J)) lagen hingegen aufwändige und komplexe Bewertungen zu Grunde, die insbesondere auch dem Umstand geschuldet waren, dass die Parteien des britischen Verfahrens unterschiedliche Methoden zur Patentzählung anwandten (E nutzte den sog. „Modified Numeric Proportionality Approach“ [MNPA], Rn. 199, 211 und 274 ff.; A die sog. „A Patent Analysis“ [HPA], Rn. 199, 211 und 286 ff.), die zu stark divergierenden Ergebnissen führten (Rn. 214 ff.). In diesem Zusammenhang legt das Gericht offen, dass es die sich abweichenden Ergebnisse im Rahmen einer Ermessensbetätigung einander annähert (Rn. 374, 379). Die so ermittelten Ergebnisse für SEP (J) sind der Tabelle unter Randnummer 379 (in der Spalte „Adjusted J patents“) zu entnehmen.
    Eine weitere Wertung des Gerichts im Zusammenhang mit der Feststellung eines Wertes für „R“ wird in der sog. Multimodus-Anpassung offenbar. Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass in Geräten oftmals mehrere der Standards (2G-, 3G-, 4G-Standard) zur Umsetzung gelangen (Rn. 220).
  141. Überprüfung des Ergebnisses nach dem Top-Down-Approach
    KK überprüft das von ihm errechnete Ergebnis [BR] anhand des sog. „Top-Down-Approach“, bei welchem die angemessene gesamte Lizenzlast für einen bestimmten Mobilfunkstandard – von KK mit „T“ bezeichnet (Rn. 178) – bestimmt und sodann auf den einzelnen Anbieter und das einzelne Endgerät heruntergebrochen wird (vgl. zu dieser Erklärung auch Haedicke, GRUR Int. 2017, 661 (667)). Die FRAND-Rate [BR] stellt einen Anteil an der Gesamtgebührenbelastung dar, der demjenigen Anteil entspricht, den der Patentinhaber an dem Gesamtpatentbestand des jeweiligen Portfolios hat (Rn. 178). Dabei errechnet KK die Gesamtbelastung „T“ anhand der von ihm ermittelten Benchmarkrate für E sowie Es Anteil „S“ (in Prozent) an dem gesamten Portfolio des jeweiligen Standards (Rn. 478 ff.),
    SEP (UP)/SEP (Gesamtportfolio) = S (UP)
    und
    [BR]/S x 100 = T,
    und gleicht den sich so für „T“ ergebenden Wert mit den von den Parteien vorgetragenen Gesamtlizenzbelastungen ab (Rn. 476 ff.).
    Bei der Ermittlung von „S“ stellen sich die bereits im Zusammenhang mit der Bestimmung von „R“ aufgezeigten Probleme, weil auch bei der Gesamtmenge der für den jeweiligen Standard relevanten Patente die unterschiedlichen Patentzählmethoden der Parteien relevant werden (Rn. 209 f.) und zu stark divergierenden Ergebnissen führen (Rn. 204 a. E.). Die Ergebnisse für „S“ auf der Grundlage der von KK angenommenen SEPs (gesamt) sind der Tabelle unter Randnummer 378 (insbesondere der Spalte „Adjusted denominator“ für die Gesamtmenge relevanter Patente und der Spalte „S“ für den Wert S) zu entnehmen.
  142. (bbb)
    Die Klägerin überträgt die (unter lit. (aaa)) dargestellten Inhalte des E-Urteils 1 auf die Ermittlung der Lizenzgebühren für ihr Portfolio wie folgt:
  143. (i)
    Die Klägerin ermittelt zunächst die aus ihrer Sicht tatsächlich standardessentiellen Patentfamilien ihres Portfolios (im Ergebnis: 5 (GSM), 14 (UMTS) und 9 (LTE) Patentfamilien).
    Ausgehend von der in dem E-Urteil 1 angenommenen Gesamtpatentzahl, derer es zur Umsetzung der jeweiligen Standards bedarf (Rn. 377: 2G: 154; 3G: 479 und 4G: 800) und bei Anwendung der in dem E-Urteil 1 angewandten Gewichtung der unterschiedlichen Standards (Rn. 220: 2G/3G: 33/67 und 2G/3G/4G: 10:20:70) gelangt die Klägerin zu den folgenden Werten für „S“ im Hinblick auf ihr Portfolio:
    .
    Die Klägerin setzt sodann die für ihren Anteil ermittelten Werte in ein Verhältnis mit den für E in dem E-Urteil 1 für „S“ (für Multimode-Geräte) angenommenen Werte (Rn. 378), und erhält so einen Skalierungsfaktor („Scaling Factor“),
    .
    Diesen Skalierungsfaktor wendet die Klägerin dann auf die in dem E-Urteil 1 für E ermittelte Benchmarkrate [BR] (Rn. 478) an,
    .
    Die so erhaltenen Werte stellen in dem Vertragsangebot der Klägerin die Lizenzgebühren für sog. „Major Markets“ („C MM Offer Rate“) dar.
  144. (ii)
    Entsprechend dem Vorgehen in dem E-Urteil 1 wählt die Klägerin als Ausgangspunkt für eine Lizenzgebühr für den chinesischen Markt eine Rate, die 50 % unterhalb der für „Major Markets“ angesetzten Rate liegt (Rn. 583). Dabei floss in die Bemessung der für den chinesischen Markt maßgeblichen Gebühr durch das britische Gericht weiter ein, dass das Portfolio von E in China im Vergleich zu anderen Staaten, die für die Bemessung der Gebühr für „Major Markets“ eine Rolle spielten, deutlich geringer war (Rn. 584 ff.). Ausgehend von diesen Erwägungen reduzierte die Klägerin – entsprechend dem für ihr Portfolio angenommenen Bestand an relevanten Patentfamilien in China – die für China geltenden Lizenzgebühren wie folgt:
    .
    Ebenfalls in Entsprechung zu dem Vorgehen des britischen Gerichts (Rn. 589) legt die Klägerin die für China ermittelten Raten auch als Lizenzgebühr für die anderen Märkte, bei denen es sich nicht um „Major Markets“ handelt (= „Other Markets“), zugrunde.
  145. (iii)
    Nach alledem ist im Ergebnis festzuhalten, dass die Klägerin nicht schlicht die von einem Gericht festgesetzten Gebühren ansetzt. Vielmehr übernimmt sie die zur Ermittlung einer Lizenzgebühr von einem Gericht angewandte Methodik (Vergleichsmarktkonzept und Rechenformel) und – mehr noch – die Tatsachengrundlage (Berechnungsparameter), die zur Berechnung der Lizenzgebühren herangezogen worden ist. Als solche Berechnungsparameter stellen sich insbesondere die anhand der Vergleichslizenzverträge („J“) ermittelte Vergleichslizenzrate „E“ dar, die Gesamtanzahl der für die Umsetzung der 2G-, 3G- bzw. 4G-Standards wesentlichen Patente sowie die Gewichtung der Technologien bei sog. „Multimode“-Geräten und die Größe der Portfolios von E sowie von J dar. Schließlich hat die Klägerin darüber hinaus auch von dem britischen Verfahren losgelöste Tatsachen eingebracht, nämlich die Anzahl ihrer (nach ihrer Auffassung nach) standardwesentlichen Patentfamilien.
  146. (bb)
    Aus der Tatsache, dass die Klägerin sich bei der Festsetzung ihrer Gebühren an dem britischen Urteil orientiert, erwächst keine Indizwirkung für deren Angemessenheit (dazu unter lit. (aaa)). Gleichwohl sind ihre Ausführungen für die Bestimmung der Angemessenheit der Lizenzgebührenhöhe grundsätzlich beachtlich (dazu unter lit. (bbb)), und – in Ermangelung substantiierten Gegenvortrags – vorliegend auch hinreichend (dazu unter lit. (ccc)).
  147. (aaa)
    Die Anwendung der Berechnungsmethode und -parameter nach dem E-Urteil 1 für die Ermittlung von Lizenzgebühren ist – anders als die Klägerin meint – nicht mit einer Indizwirkung für die FRAND-Gemäßheit dieser Gebühren verbunden, wie sie etwa vertraglich ausgehandelten bzw. branchenüblichen Regelungen zukommt.
    Gerichtlich festgesetzte Lizenzgebühren können grundsätzlich nicht als Ausdruck des freien Kräftespiels des Wettbewerbs gewertet werden. Auch wenn die Überlegungen des jeweiligen Gerichts davon geleitet sind, was vernünftige, auf dem Markt tätige Unternehmen vereinbart hätten, können die von ihm ermittelten Lizenzgebühren nicht mit den sich auf einem Markt mit funktionierendem Wettbewerb ergebenden Lizenzbedingungen gleichgesetzt werden. In der kartellrechtlichen Rechtsprechung ist deshalb auch anerkannt, dass Lizenzkonditionen, zu denen sich der Lizenzgeber aufgrund Gesetzes oder eines Urteils verpflichtet gesehen hat, diesen nicht im Hinblick auf eine für die Ungleichbehandlung maßgebliche Lizenzierungspraxis binden (BGH, GRUR 2004, 351 (352) – Depotkosmetik im Internet; OLG Düsseldorf, NZKart 2014, 35 (36) – Frankiermaschine; OLG Düsseldorf, GRUR-RS 2019, 6087, Rn. 245 – Improving Handovers).
    Auch für den vorliegenden Fall ergibt sich aus den E-Urteilen im Hinblick auf eine Indizwirkung nichts anderes.
    So geht die Methodik des britischen Gerichts (in Person des Richters KK) zwar auf die Annahme einer bestehenden vergleichsfähigen Vertragspraxis zurück (dazu unter lit. (aa), (aaa)), die von diesem Ausgangspunkt aus ermittelten Ergebnisse sind aber – wie aufgezeigt – von Wertungsgesichtspunkten durchzogen. Soweit die Klägerin vorträgt, „das Gericht habe in dem Verfahren dazu aufgefordert, einen Lizenzvertrag gemeinsam zu entwerfen“, „in der Formulierung habe bereits große Übereinstimmung“ bestanden, und man könne im Zusammenhang mit dem britischen Verfahren „eher von Verhandlungen sprechen, bei denen der High Court zwei gegenseitige Positionen auf einen gemeinsamen Nenner gebracht habe, als von einer einseitigen abstrakten Festsetzung“, rechtfertigt auch dies die Annahme einer Indizwirkung nicht. Denn weder den in den E-Urteilen schriftlich niedergelegten Entscheidungsgründen, noch dem Tatsachenvortrag der Klägerin im Übrigen kann entnommen werden, dass sich die Parteien des britischen Verfahrens auf die Klauseln des dem E-Urteil 2 beigefügten Mustervertrags (Rn. 2 E-Urteil 2, dort als „Settled Licence“ bezeichnet und Rn. 806, Pkt. (20) E-Urteil 1) vergleichbar freier Lizenzverhandlungen geeinigt haben. Jedenfalls bei den in dem Mustervertrag aufgeführten Lizenzgebühren handelt es sich zudem um solche, die das Gericht ermittelt hat (Rn. 2 E-Urteil 2).
    Unbeschadet dessen, könnte auch eine etwaige Einigkeit der Prozessparteien im Hinblick auf einzelne Klauseln des Mustervertrags – selbst dann, wenn sie anzunehmen sein sollte – nicht völlig losgelöst davon betrachtet werden, dass diese vor dem Hintergrund eines laufenden Prozesses erzielt wurde.
    Es ist schließlich auch weder vorgetragen noch erkennbar, dass – was für die Branchenüblichkeit der angewandten Methode sprechen würde – andere Lizenzvertragsparteien im Nachgang der E-Urteile auf eben den darin offenbarten Berechnungsweg zurückgegriffen, und dabei insbesondere auch die vom Gericht ermittelten Berechnungsparameter zugrunde gelegt haben. Insoweit ist auch beachtlich, dass die Klägerin selbst noch in dem Schreiben vom 25.07.2017 (Anlagenkonvolut EIP B38; Anlage EIP B38ab), welches dem hier streitgegenständlichen Angebot beigefügt war, ausführt:
    „Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass unsere Mandantin diese Verfahrensweise [gemeint ist diejenige zur Bestimmung der FRAND-Gebühr aus dem E-Urteil 1] im Hinblick auf die Bestimmung des Lizenzsatzes für China nicht als notwendigerweise korrekt erachtet und sich, wie in der Klageschrift zu FRAND dargestellt, ihren eigenen Standpunkt hierzu vorbehält.“ (Anlage EIP B38ab, 1. Seite, letzter Abs.)
  148. (bbb)
    Auch wenn eine Indizwirkung für die Angemessenheit gerichtlich festgesetzter Lizenzgebühren nicht angenommen werden kann, stellen diese dennoch einen bei der Frage der Angemessenheit der von dem SEP-Inhaber vorgeschlagenen Lizenzgebühren zu beachtenden Aspekt dar (dazu unter Ziff. (i)). Dieser ist in ein ausgewogenes Verhältnis zu den Anforderungen an die Vortragslast der Parteien zu bringen (dazu unter Ziff. (ii)).
  149. (i)
    Es ist anerkannt, dass gerichtlich festgesetzte Lizenzgebühren einen tauglichen Anhaltspunkt für eine FRAND-Lizenz bieten, wenn bei ihrem Zustandekommen in angemessener Weise der gesamte für die Einhaltung des Ausbeutungs- und Diskriminierungsverbots relevante Streitstoff berücksichtigt worden ist (Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 342, wobei sich die dortigen Ausführungen wohl vor allem auf gerichtlich herbeigeführte Konditionen beziehen, die bereits das streitgegenständliche Portfolio des klagenden Lizenzgebers betreffen).
    Des Weiteren sind Entscheidungen anderer europäischer Jurisdiktionen auch stets als sachverständige Stellungnahmen relevant (BGH, GRUR 2010, 950, Rn. 12 ff. – Walzenformgebungsmaschine, hier außerhalb eines FRAND-Sachverhalts im Zusammenhang mit der Entscheidung des EPA zur Frage des erfinderischen Schritts). Die hier bereits in Bezug genommene Rechtsprechung, wonach den FRAND-Lizenzgeber in gewissem Umfang eine Mitteilungspflicht über gerichtliche Entscheidungen obliegt (dazu unter Ziff. (2), (b), (cc)), findet ihre Rechtfertigung gerade in dieser Grundannahme. Auch die Beklagten des hiesigen Verfahrens berufen sich im Übrigen auf diese Rechtsprechung, woraus die Kammer nur den Schluss ziehen kann, dass sie eine grundsätzliche Bedeutung von Gerichtsentscheidungen über die beteiligten Parteien hinaus jedenfalls für FRAND-Sachverhalte nicht grundsätzlich in Frage stellen.
    Zudem kann der Rückgriff auf bereits getroffene gerichtliche Entscheidungen, auch dann wenn sie „lediglich“ zu einem vergleichbaren Portfolio des streitgegenständlichen Standards ergangen sind, einen im Interesse der Justitiabilität (zur Berücksichtigungsfähigkeit dieses Kriteriums vgl. auch Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 459) brauchbaren Ansatz bieten. Denn die im Hinblick auf die Angemessenheit von Lizenzgebühren auftretenden Fragestellungen können in vielerlei Hinsicht Überschneidungen ergeben, in deren Zusammenhang zudem aufwendiger Tatsachenvortrag ggf. sogar das Einholen ökonomischen und/ oder technischen Sachverstands erforderlich werden kann (z. B. Gesamtanzahl der für den Standard tatsächlich essentiellen Patente, eine sich für den jeweiligen Standard ergebende Gesamtgebührenbelastung usw.). Darüber hinaus ist ein Interesse des Lizenzgebers an einer durch eine gerichtliche Entscheidung rechtlich „abgesicherten“ (FRAND-) Lizenzhöhe grundsätzlich anerkennenswert. Insoweit ist im Hinblick auf die Klägerin des hiesigen Verfahrens insbesondere zu beachten, dass sie eine Bestimmung FRAND-gemäßer Lizenzgebühren vor einem britischen Gericht anstrebt, mithin ein gesteigertes Bedürfnis hat, ihre Lizenzhöhe an der UK-Rechtsprechung auszurichten.
  150. (ii)
    Trotz der grundsätzlichen Berücksichtigungsfähigkeit gerichtlicher Entscheidungen, wie unter Ziff. (i) beschrieben, ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass – im Interesse materieller Gerechtigkeit (auch zu diesem Kriterium vgl. Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 459) – die von dem Lizenzgeber übernommenen Kriterien auf wirtschaftliche, auf den streitgegenständlichen Sachverhalt passende Faktoren (Tatsachen) rückführbar sein müssen, denn diese beschreiben den Wert des Portfolios, für das Lizenzgebühren zu entrichten sind. Eben diese müssen deshalb auch Gegenstand der Vertragsverhandlungen bzw. etwaiger rechtlicher Auseinandersetzungen sein. Diese Anforderung besteht weiter auch deshalb, weil das Gericht die für die Bestimmung der FRAND-Gemäßheit einer festgesetzten Lizenzgebühr erforderlichen Schätzungen und Wertungen (für eine Schätzung auf Grundlage von § 287 Abs. 2 ZPO: OLG Düsseldorf, GRUR-RS 2016, 21067, Rn. 16; mit Verweis auf § 315 BGB (allerdings im Ergebnis offengelassen): OLG Karlsruhe, GRUR-RS 2016, 10660, Rn. 28; ohne gesetzliche Anbindung: OLG Karlsruhe, GRUR-RS 2016, 17467, Rn. 34 und Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 484; mit Verweis auf Rechtsgedanken des § 315 BGB jedenfalls bei vorlagenfreier Ermittlung der FRAND-Gebühr: Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 518) selbst vornehmen können muss (so auch OLG Düsseldorf, GRUR-RS 2019, 6087, Rn. 245 a. E. – Improving Handovers).
  151. (ccc)
    Ausgehend von dem unter lit. (bbb) entwickelten Maßstab bietet das Klägervorbringen hinreichende Anhaltspunkte für die Angemessenheit der vorgeschlagenen Lizenzgebühren. Weitergehenden Vortrags bedurfte es nicht, nachdem die Beklagten dem Vorbringen der Klägerin in wesentlichen Aspekten nicht in erforderlichem Maße entgegengetreten sind.
  152. (i)
    Da der Patentinhaber zunächst in der Pflicht steht, ein Angebot zu FRAND-Bedingungen zu unterbreiten, obliegt es zunächst auch ihm, den Wert seines Portfolios zu bestimmen (vgl. zu möglichen Kriterien in diesem Zusammenhang beispielhaft Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 519). Darin liegt der Ansatzpunkt, um dem Patentinhaber auch für den Vorwurf des Ausbeutungsmissbrauchs eine sekundäre Darlegungslast (in gewissem Umfang) aufzuerlegen (dazu unter lit. (a)). Jedenfalls dann, wenn dem Lizenzgeber in diesem Zusammenhang eine Orientierung an von ihm bereits abgeschlossenen Lizenzverträgen nicht möglich ist, und auch im Übrigen keine von anderen Lizenzgebern ggf. auch über andere Portfolien abgeschlossene Lizenzverträge, die für einen Vergleich geeignet erscheinen, zur Verfügung stehen, ist dem Lizenzgeber der Rückgriff auf andere Bezugspunkte für die Bemessung der Lizenzgebührenhöhe zuzugestehen. Die sekundäre Darlegungslast verlangt dann lediglich von ihm, eben diese Bezugspunkte offenzulegen. Hat der klagende Patentinhaber dies getan, ist er seiner sekundären Darlegungslast nachgekommen. Meint der beklagte Lizenznehmer, die sich daraus ergebenden Lizenzgebühren seien unangemessen, so hat er dies seinerseits darzulegen. Es ist hingegen nicht ersichtlich, dass auf Seiten des Lizenzgebers nach umfassender Offenlegung seines Vorgehens noch ein Wissensvorsprung besteht, der es rechtfertigt, diesem eine weitergehende sekundäre Darlegungslast aufzuerlegen. Das gilt umso mehr, als der angemessene Preis für eine Lizenz regelmäßig nicht objektiv feststeht, sondern nur als Ergebnis ausgehandelter Marktprozesse erfassbar ist (BGH, Urt. v. 05.05.2020, Az.: KZR 36/17, Rn. 81 – FRAND-Einwand, zitiert nach juris).
    Diese Erwägungen treffen vorliegend auf die Klägerin zu.
    Es wurde bereits dazu ausgeführt, dass sich die von der Klägerin abgeschlossenen Lizenzverträge mit Intel, F und der G. für einen Vergleich nicht eignen (dazu unter Ziff. (2), (b), (aa), (aaa)). Gleiches gilt im Hinblick auf die Verträge, die die Rechtsvorgängerin der Klägerin, K, mit anderen Lizenznehmern zu einem früheren Zeitpunkt und über ein größeres Portfolio, dessen Bestandteil die Patente des hier streitgegenständlichen Portfolios waren, abgeschlossen hat (dazu unter Ziff. (2), (b), (aa), (bbb)). Aus der in diesem Zusammenhang zitierten oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung (OLG Düsseldorf, GRUR-RS 2019, 6087 – Improving Handovers) kann auch nicht hergeleitet werden, dass der Lizenzgeber, der das Portfolio von seinem Rechtsvorgänger erworben hat, auch insoweit an dessen Lizenzierungspraxis gebunden ist, als er – jenseits eines für die Diskriminierung relevanten Sachverhalts – dessen Erwägungen zur Angemessenheit der Lizenzgebühr übernehmen muss. Die in Bezug genommene Rechtsprechung verhält sich vielmehr dazu, dass die Lizenzverträge des Rechtsvorgängers den Lizenzierungsrahmen abstecken, an welchem die Diskriminierung zu überprüfen ist (OLG Düsseldorf, ebd., Rn. 122).
    Soweit die Beklagten meinen, der zwischen ihnen und K im Jahre 2017 abgeschlossene Lizenzvertrag sei für einen Vergleich geeignet, wird dazu nachfolgend unter Ziff. (ii), (β) ausgeführt.
    Die Klägerin kann schließlich auch nicht darauf verwiesen werden, sie habe – außerhalb des von ihr in Bezug genommenen Urteils liegende – wirtschaftliche Erwägungen zur Bemessung ihres Portfolios selbst vornehmen und diese offenlegen können. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass zwischen den Parteien unstreitig ist, dass die Klägerin frühere Angebote machte, die auf Grundlage ihrer eigenen wirtschaftlichen Überlegungen zu ihrem Portfolio ergangen sind. Ein Lizenzvertrag mit den Beklagten kam jedoch nicht zustande.
  153. (ii)
    Das E-Urteil 1 bietet hinreichende Anknüpfungspunkte, die die daran orientierte Bemessung der Lizenzgebühren in dem hier vorliegenden Fall angemessen erscheinen lassen.
    Die Kammer verkennt in diesem Zusammenhang nicht, dass die Bezugnahme der Klägerin auf das E-Urteil 1 eine Übernahme gerichtlicher Wertungen mit sich bringt, die nicht in jeder Hinsicht auf eine wirtschaftliche Tatsachengrundlage in dem unter lit. (bbb), (ii) beschriebenen Sinne rückführbar sind. Dies betrifft insbesondere die unter lit. (aa), (bbb), (iii)) zusammengefassten Berechnungsparameter (J-Lizenzverträge als Vergleichsmaßstab, die Ermittlung der Lizenzrate „E“ aus diesen Lizenzverträgen,, die Anzahl der SEPs von G und J sowie die Gesamtanzahl aller für die Umsetzung eines Standards erforderlichen Patente). Es greift jedoch aus Sicht der Kammer zu kurz, den Vortrag der Klägerin allein deshalb als unzureichend oder gar unangemessen (im Sinne einer Ausbeutung) zurückzuweisen. Denn dies würde unberücksichtigt lassen, dass sich ein europäisches Gericht, welches an Art. 102 AEUV ebenso gebunden ist wie die erkennende Kammer, bereits mit erheblichem Aufwand der Ermittlung einer Lizenzgebühr zugewendet hat, und das Urteil die dabei tragenden wirtschaftlichen Erwägungen jedenfalls in hinreichendem Umfang auch erkennen lässt. Auf dieser Grundlage ist das britische Gericht zu einer seiner Auffassung nach für die Berechnung FRAND-gemäßer Lizenzgebühren geeigneten Methode gelangt. Von Lizenzgebühren, die nach dieser Methode ermittelt worden sind, kann nicht ohne weiteres – mithin ohne entsprechende, von den Beklagten vorzubringende Argumente, die die so ermittelten Gebühren als unangemessen erscheinen lassen, – angenommen werden, dass diese – mögen sie auch eine gewisse Höhe haben – ausbeuterisch sind. Das gilt umso mehr, als das Vorgehen des britischen Gerichts letztlich auf einen Wertmaßstab zurückgeht, der an die tatsächlichen Marktverhältnisse angebunden ist. Die sich daraus für den vorliegenden Fall ergebende Verteilung prozessrechtlicher Vortragslasten läuft zur Überzeugung der Kammer auch gleich mit dem Verhalten, welches von vernünftigen, lizenzwilligen Vertragsparteien zu erwarten ist.
  154. Im Einzelnen:
  155. (α)
    Der Berücksichtigung des E-Urteils bei der Gebührenfestsetzung liegt die Annahme der Klägerin zugrunde, dass das E Portfolio ein tauglicher Vergleichsmaßstab für die Bemessung der Lizenzgebühren ist – was grundsätzlich voraussetzt, dass die Portfolien in Umfang und Qualität miteinander vergleichbar sind (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.11.2016, Az.: I-15 I 66/15, Rn. 40, zitiert nach juris; Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 492).
    Dies begegnet im Ausgangspunkt keinen Bedenken.
    Sowohl der Schutzrechtsbestand von E als auch der des hier streitgegenständlichen Wireless Handset Portfolios betreffen die 2G-, 3G- und 4G-Technologie. Weiter trägt die Klägerin vor, dass die Schutzrechtsbestände in ihrer Größe vergleichbar seien. Gegen diesen Vortrag wenden sich die Beklagten nicht substanziell. Dagegen steht auch nicht der von der Klägerin ermittelte Skalierungsfaktor, der zwar anzeigt, dass die Portfolien im Hinblick auf die (von der Klägerin für ihr Portfolio angenommenen) tatsächlich standardessentiellen Patente nicht identisch sind, was aber eine Vergleichbarkeit nicht ausschließt. Ausreichend ist auch eine – wie hier – im Wesentlichen bestehende Vergleichbarkeit. Zur Frage der Qualität des klägerischen Portfolios wird nachfolgend unter Ziffer (iii) näher ausgeführt.
    Soweit der Vortrag der Klägerin im Hinblick auf den Vergleichsmaßstab eine weitergehende Dimension hat, nämlich die Ermittlung der Lizenzrate „E“ anhand der J-Vergleichslizenzverträge, lässt sich der Urteilsbegründung entnehmen, dass in die Bemessung der Vergleichslizenzrate „E“ jedenfalls Lizenzverträge eingeflossen sind, die J mit dem Konzern der Beklagten abgeschlossen hat (Rn. 462), woraus zum einen ableitbar ist, dass die Beklagten als Vertragspartner von J selbst jedenfalls insoweit in Kenntnis über den Vertragsinhalt der von KK als Vergleich herangezogenen Verträge sind, weshalb sie sich schon deshalb zu deren Inhalt und der Frage, ob aus dem herangezogenen Vergleichsmaßstab eine ausbeuterische Unangemessenheit erwächst (etwa, weil diese Kreuzvertragslizenzelemente enthalten), sogar in größerem Umfang als die Klägerin äußern können. Mehr als das waren die Beklagten auch Partei des UP-Verfahrens, so dass bei ihnen insgesamt weitergehende Kenntnisse als bei der Klägerin zu erwarten sind. Zum anderen entkräften die konkreten, zum Vergleich herangezogenen J-Verträge (soweit nach dem E-Urteil 1, Rn. 462 erkennbar: P, C, RIM und Yulong) den Einwand der Beklagten, dass bei dem Durchschnittswert „E“ niedrigere Lizenzgebühren, die sich aus Lizenzverträgen zwischen J und kleineren Unternehmen ergeben, unberücksichtigt geblieben seien. Denn die Unternehmensgröße, die für die Beklagten relevant ist, hat jedenfalls Berücksichtigung gefunden. Des Weiteren lässt sich der Urteilsbegründung entnehmen, dass beispielsweise ein Vergleichsvertrag mit „O“ als einem gewichtigen Marktteilnehmer aus der Menge der Vergleichsverträge ausgenommen worden ist (Rn. 456 und Rn. 462). Es ist beklagtenseits auch nicht dargetan, dass sie im Vergleich zu den übrigen Lizenznehmern von J eine so geringe Marktmacht haben, dass eine Orientierung an mit diesen Unternehmen ausgehandelten Lizenzgebühren, aus ihrer, der Beklagten, Sicht schon deshalb unangemessen ist.
  156. (β)
    Die Beklagten haben auch nicht aufgezeigt, dass mit ihrem Lizenzvertrag mit K aus dem Jahre 2017 ein geeigneter Vergleichsmaßstab vorliegt, der noch dazu die Unangemessenheit der von der Klägerin vorgeschlagenen Lizenzgebühren nach sich zieht.
    Die Kammer verkennt nicht, dass die Schutzrechte des streitgegenständlichen Portfolios Bestandteil des K-Portfolios waren, was für eine grundsätzliche Vergleichbarkeit der beiden Portfolien jedenfalls in gewissem Umfang sprechen kann. Jedoch datiert der von den Beklagten in Bezug genommene Lizenzvertrag aus dem Jahre 2017, waren mithin die streitgegenständlichen Patente jedenfalls in dem Zeitpunkt des Abschlusses des von den Beklagten angeführten Referenzvertrags nicht mehr Teil des K-Portfolios. Zudem hat die Klägerin Anhaltspunkte dafür aufgezeigt, dass die darin festgesetzte Lizenzgebühr auch Kreuzvertragslizenzelemente enthalten. Die Klägerin macht insoweit den Inhalt eines öffentlichen Berichts (abrufbar unter http:www.X.com) geltend, in dem es heißt:
    „Die Kreuzlizenzvereinbarung gewährt A Zugang zu Ks umfangreichem Patentportfolio für Standards wie GSM und WCDMA, die weltweit angenommen wurde, wobei K den Zugang zu As Patenten erhält, inklusive der, die für Chinas eigenes 3G standardessentiell sind.“
  157. Auch haben die Beklagten nicht substantiiert dazu ausgeführt, inwiefern sich nach dem von ihnen herangezogenen Vergleichslizenzvertrag – anders als nach dem Vorgehen der Klägerin – eine angemessene Lizenzgebühr ergibt. Die Kammer verkennt nicht, dass die Beklagten davon ausgehen, dass der für das K-Portfolio angemessene Betrag sich auf einen Wert von EUR 0,54 beläuft, und sie auf dieser Grundlage die für das Portfolio der Klägerin in den „Key Offer Terms“ vom 12.03.2020 vorgeschlagenen Gebühren „herunterrechnen“. Das von ihnen vorgelegte Gutachten des Privatgutachters Prof. Dr. Henkel lässt einen Wert von EUR 0,54 jedoch nicht als unmittelbares Ergebnis aus dem Lizenzvertrag von K erkennen. Vielmehr wird der Betrag darin als ein Angebot der Beklagten an K (das Gutachten steht in einem Zusammenhang mit einem vor dem Landgericht München I anhängigen Rechtsstreit K Technologies Oy gegen Daimler AG, Az.: 21 O 3891/19) ausgewiesen, ohne dass erkennbar ist, dass über einen solchen eine Einigung erzielt worden ist. Der Gutachter weist diesen Betrag als FRAND-gemäß für das K-Portfolio aus, wobei unklar bleibt, inwiefern dieser auf den bestehenden Vertrag zwischen K und den Beklagten rückführbar ist (Anlage PBP02, S. 6, unter Ziff. 2.3, Einleitung und letzter Stichpunkt sowie S. 13, oben). Auch die Art und Weise der Berechnung, mittels derer die Beklagten von einem Wert von EUR 0,54 zu den der Klägerin vorgeschlagenen Gebühren gelangen, wird nicht vollständig offengelegt.
    Die Beklagten haben sich im Hinblick auf den nach den vorherigen Ausführungen unzureichenden Vortrag auch nicht hinreichend auf schützenswerte Geheimhaltungsinteressen berufen.
    Zwar bedarf der Geheimnisschutz des Lizenzsuchers regelmäßig keiner besonderen Rechtfertigung, weil dieser sich – anders als der Patentinhaber – nicht durch eine Zusage dazu verpflichtet hat, Lizenzen zu fairen und diskriminierungsfreien Bedingungen anzubieten (zu den Geheimhaltungsinteressen des Patentinhabers in diesem Zusammenhang: OLG Düsseldorf, GRUR-RS 2018, 7036, Rn. 18; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.11.2016, Az.: I-15 I 66/15, Rn. 25, zitiert nach juris; Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 501). Dies entbindet den Lizenzsucher gleichwohl nicht davon, seine Geheimhaltungsinteressen substantiiert darzutun, indem er den Inhalt der angeblichen Vertraulichkeitsklausel im Einzelnen, das heißt mit dem genauen Wortlaut und unter Darlegung sämtlicher auslegungsrelevanter Umstände, vorträgt (mit Bezug zu dem Patentinhaber: OLG Düsseldorf, a.a.O.; so wohl auch LG Mannheim, Urt. v. 04.09.2019, Az.: 7 O 115/15, S. 40, unveröffentlicht, wonach jedenfalls ein pauschaler Verweis nicht ausreichend sein dürfte), und Angaben dazu macht, dass eine Offenlegung unter keinem Gesichtspunkt bzw. unter welchen bestimmten Voraussetzungen möglich ist.
    An einem solchen Vortrag der Beklagten fehlt es vorliegend. In diesem Zusammenhang fällt auf, dass sie noch im Hinblick auf den früheren Lizenzvertrag mit K im Rahmen außergerichtlicher Lizenzverhandlungen mit der Klägerin Angaben zu der mit K vereinbarten Lizenzhöhe machen konnten (dazu bereits unter lit. bb), (bbb)).
    Weiter ist auch nicht erkennbar, dass die Beklagten Bemühungen unternommen haben, um der Klägerin – trotz eines etwaigen schützenswerten Geheimhaltungsinteresses – den auf Grundlage des K-Vertrags angenommenen Lizenzgebührensatz zu erläutern.
    Sofern schützenswerte Geheimhaltungsinteressen bestehen, finden diese im Rahmen eines Verletzungsprozesses, der den kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwand zum Gegenstand hat, grundsätzlich in der Weise Berücksichtigung, dass demjenigen, demgegenüber ein Geschäftsgeheimnis im gerichtlichen Verfahren offenzulegen ist, abverlangt wird, sich im Rahmen einer strafbewehrten Vertraulichkeitsvereinbarung zur Verschwiegenheit zu verpflichten (OLG Düsseldorf, GRUR-RS 2019, 6087, Rn. 127 – Improving Handovers; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.12.2016, Az.: I-2 U 31/16, Rn. 5, zitiert nach BeckRS 2016, 114380; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.11.2016, Az.: I-15 U 66/15, Rn. 25, zitiert nach juris; LG Düsseldrf, Urt. v. 13.072017, Az.: 4a O 154/15, Rn. 320, zitiert nach juris; Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 512).
    Die Beklagten haben vorliegend nicht versucht, ein Geheimhaltungsabkommen mit der Klägerin abzuschließen, die sich gegen ein solches – ausgehend von den außergerichtlichen Lizenzverhandlungen (dazu unter lit. bb), (bbb) und lit. (bb), (ccc)) – nicht grundsätzlich zu sperren scheint. Auch dem Gutachter konnte der mit K abgeschlossene Lizenzvertrag offensichtlich nach Unterzeichnung einer Geheimhaltungsverpflichtung vorgelegt werden (Anlage PBP02, S. 5, unter Ziff. 2.2, 2. Stichpunkt, Klammerzusatz und S. 6, unter Ziff. 2.3, 2. Stichpunkt).
    Nach alledem besteht kein Raum für die von den Beklagten angeregte Vorlageanordnung nach § 142 ZPO.
    Die hier vorgenommene Würdigung steht schließlich auch nicht in einem Widerspruch zu der oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung, wonach sich der Patentinhaber selbst Kenntnisse über die Lizenzierungspraxis seines Rechtsvorgängers beschaffen muss (dazu unter Ziff. (2), (b), (aa), (bbb)). Denn der hier diskutierte Lizenzvertrag stammt – wie bereits ausgeführt – aus dem Jahre 2017, mithin aus einer Zeit nach Übertragung des streitgegenständlichen Portfolios auf die Klägerin. Jedenfalls über solche Rechtsverhältnisse muss der Erwerber nicht in Kenntnis sein.
  158. (γ)
    Die Beklagten greifen die übrigen Berechnungsparameter, die die Klägerin aus dem E-Urteil 1 übernommen hat (dazu unter lit. (aa), (bbb), (iii)), im Übrigen nicht an. Soweit sich – was der pauschale Verweis schon nicht erkennen lässt – ein Angriff „mittelbar“ aus dem Verweis auf das Urteil des Nanjing Intermediate People’s Court in China vom 16.09.2019 (Anlage PBP01; deutsche Übersetzung: Anlage PBP01.de) ergeben sollte, vermag die Kammer dem bereits deshalb nicht zu folgen, weil dort in die Bemessung der Lizenzgebühr (allein für den chinesischen Markt) eine gerichtliche Wertung im Hinblick auf die Standardessentialität von Klagepatenten eingeflossen ist, ohne dass die Beklagten dazu in dem hier vorliegenden Fall hinreichend vortragen (dazu unter Ziff. (iii), (β)).
  159. δ)
    Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass das Vorgehen des englischen Gerichts mittels Anwendung des Vergleichsmarktkonzepts dadurch eine Kontrolle erfahren hat, dass es anhand des sog. „Top-Down-Approachs“ überprüft worden ist (dazu unter lit. (aa), (aaa), (ii)). Auch gegen die im Zusammenhang mit dem „Top-Down-Approach“ relevanten Parameter bringen die Beklagten keinen substantiierten Gegenvortrag vor.
  160. (iii)
    Soweit die Beklagten die Qualität des Portfolios der Klägerin mit dem Einwand angreifen, dass die Klägerin die Standardessentialität der von ihr in die Berechnung der Gebührenhöhe einbezogenen Patente bzw. Patentfamilien (diese liegen insbesondere der Ermittlung des Wertes „S“ für die Klägerin zugrunde, dazu unter lit. (aa), (aaa), (ii)), nicht aufgezeigt habe (dazu unter lit. (β)), und diese teilweise nicht rechtsbeständig seien (dazu unter lit. (α)), greifen diese Einwände nicht durch. Gleiches gilt im Hinblick auf den Einwand, eine Unangemessenheit würde sich daraus ergeben, dass mittlerweile abgelaufene Patente bei der Gebührenfestsetzung berücksichtigt worden sind (dazu unter lit. (γ)).
  161. (α)
    Der Rechtsbestand der Portfoliopatente, die in die Bemessung der Lizenzgebühr eingeflossen sind, ist grundsätzlich kein Prüfungsgegenstand, aufgrund des behördlichen Erteilungsaktes wird er vielmehr vermutet (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.11.2016, Az.: I-15 U 65/15, Rn. 31, zitiert nach juris; Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 477). Anders ist dies jedoch zu bewerten, wenn eine erstinstanzliche, das Schutzrecht vernichtende Rechtsbestandsentscheidung vorliegt. Da eine streitige Einspruchs- oder Nichtigkeitsentscheidung kein geringeres Gewicht hat als der einseitige behördliche Erteilungsakt, kommt es auch nicht darauf an, ob die Entscheidung rechtskräftig ist (Kühnen, a.a.O.). Insoweit ist jedoch zu beachten, dass nicht schon die Vernichtung jedes, bei der Gebührenbemessung berücksichtigten Patents zur Unangemessenheit im Sinne des Ausbeutungstatbestandes führt (zu diesem Maßstab vgl. auch Kühnen, Kap. E., Rn. 477, der insoweit von „spürbaren Schwankungen“ spricht). Das gilt vorliegend umso mehr, als sich die Klägerin an den (von ihr als solche erachteten) standardessentiellen Patentfamilien orientiert und mit diesen gerechnet hat. Dass es zur vollständigen Vernichtung einer insoweit beachtlichen Patentfamilie gekommen ist, tragen auch die Beklagten nicht vor.
    Ungeachtet dessen ist aber auch nicht ersichtlich, dass es im Übrigen zu einer Vernichtung von Patenten in einem Umfang gekommen ist, der die von der Klägerin ermittelte Lizenzgebühr unangemessen erscheinen lässt. Insoweit ist vorliegend auch zu berücksichtigen, dass der Vertragsentwurf der Klägerin unter Ziffer 4.3 i. V. m. den Ziffern 1.25 und 1.26 einen Anpassungsmechanismus vorsieht, der einem sich minimierenden Schutzrechtsbestand durch eine Reduzierung der Gebühren Rechnung trägt (dazu unter lit. (e)).
    Die Unangemessenheit der Lizenzgebühr aufgrund darin berücksichtigter, nicht rechtsbeständiger Schutzrechte steht zur Darlegungslast der Beklagten, nachdem davon auszugehen ist, dass die Klägerin – wie in Lizenzverhandlungen üblich – mehr als 20 Claim Charts über solche Patente vorgelegt hat, die zu den ihrer Meinung nach standardwesentlichen Patentfamilien gehören (dazu unter lit. (αα)). Dies berücksichtigend haben die Beklagten nicht aufgezeigt, dass die von der Klägerin als standardwesentlich erachteten Patente nicht rechtsbeständig sind (dazu unter lit. (ββ)).
  162. (αα)
    Die Beklagten haben im Rahmen der Lizenzverhandlungen in ausreichendem Umfang Claim Charts im Hinblick auf diejenigen Patente erhalten, die die Klägerin zur Berechnung der Lizenzgebühren herangezogen hat. Soweit die Beklagten dies in Abrede stellen, tun sie dies in einer gem. § 138 Abs. 3 ZPO prozessrechtlich unerheblichen Art und Weise.
    Die Beklagten haben – wie sich aus ihrer E-Mail vom 18.09.2014 (Anlagenkonvolut EIP B32; deutsche Übersetzung: Anlagenkonvolut EIP B32a) ergibt – bereits zu Beginn der Lizenzverhandlungen zehn Claim Charts, die das streitgegenständliche Portfolio betreffen, erhalten.
    In der näher bezeichneten E-Mail heißt es:
    „Wir haben erfolgreich 10 Claim Charts erhalten. Danke.“
  163. In der Betreffzeile der E-Mail sind zwar die – hier nicht gegenständlichen – Portfolien der Klägerin mit den Bezeichnungen „PoE“ und „E911“ genannt, im Hinblick auf welche die Parteien ebenfalls in Verhandlungen standen. Aus den vorherigen E-Mails ergibt sich jedoch, dass unter dem näher bezeichneten Betreff auch Inhalte des hier streitgegenständlichen Portfolios erörtert worden sind. So heißt es in einer E-Mail der Beklagten vom 17.09.2014 (Anlagenkonvolut EIP B32; deutsche Übersetzung: Anlagenkonvolut EIP B32a; Hervorhebung diesseits):
    „Wir haben diese FTP-Seite nach unserem Treffen mehrmals überprüft, aber wir haben keine JJ-Claim-Charts gefunden, […]. Wenn es Ihnen nichts ausmacht, können Sie sie mir per E-Mail schicken.“
  164. Die Bezeichnung „JJ“ lässt eine sprachliche Nähe zu den Portfolien „PoE“ und „E911“ nicht erkennen, wohl aber zu dem hier streitgegenständlichen Portfolio, das als „C Wireless Handset Patentportfolio“ bezeichnet wird. Ausgehend davon, dass die Beklagten am 17.09.2014 die Übersendung von Claim Charts für das hier streitgegenständliche Portfolio anmahnten, wenn auch unter der Betreffzeile „PoE und E911“, und sie sodann am 18.09.2014 den Erhalt von Claim Charts bestätigten, ist die Kammer – nach Würdigung des Parteivortrags analog § 286 Abs. 1 ZPO – davon überzeugt, dass die Beklagten bereits im September 2014 Claim-Charts im Hinblick auf das streitgegenständliche Portfolio erhielten.
    Auf Anforderung der Beklagten (vgl. E-Mail der Beklagten vom 21.12.2017, Anlagenkonvolut EIP B40; deutsche Übersetzung: Anlagenkonvolut EIP B40a) übersandte die Klägerin am 31.01.2018 weitere 13 Claim Charts im Hinblick auf solche Patente, die die Klägerin bei der Berechnung ihrer Vergütung im Rahmen des hier streitgegenständlichen Vertragsangebots als standardessentiell in Ansatz brachte (dazu auch unter lit. (aa), (bbb), (i)). Soweit die Beklagten in diesem Zusammenhang pauschal ausführen:
    „Auch durch einen Onlinezugang wurden lediglich 10 Claim Charts von anderen Schutzrechten vorgelegt, jedoch keine aussagekräftigen Claim Charts über das zu lizenzierende Portfolio.“ (Duplikschriftsatz vom 27.06.2019, S. 58, Pkt. II., Ziff. 1., Bl. 457 GA),
  165. stellt sich dieses Bestreiten als zweifelhaft, mithin prozessual unbeachtlich, dar. Zum einen bleibt völlig offen, im Hinblick auf welche anderen Portfolien der Klägerin es im Jahre 2018 zum Austausch von Claim Charts gekommen sein soll. Zum anderen fügt sich dieses Vorbringen der Beklagten auch in die übrige vorgelegte E-Mail Korrespondenz nicht ein. Denn in einer E-Mail vom 21.12.2017 nehmen die Beklagten auf ein Treffen Bezug, welches – unstreitig – zum Zwecke der Vertragsverhandlungen über das streitgegenständliche Portfolio erfolgte. In der E-Mail heißt es:
    „Und wir würden es sehr schätzen, wenn Sie uns alle diese Claim-Charts Ihrer WAHREN SEPs schicken können, […].“ (Anlagenkonvolut EIP B40; deutsche Übersetzung: Anlagenkonvolut EIP B40a).
  166. In einer E-Mail vom 05.02.2018 schreiben die Beklagten:
    „Ich bestätige hiermit, dass ich Ihr untenstehendes Schreiben erhalten habe und dass ich 10 LTE-Claim-Charts und 3 2G/3G-Claim-Charts über einen Weblink zum Herunterladen erhalten habe.“ (Anlagenkonvolut EIP B40; deutsche Übersetzung: Anlagenkonvolut EIP B40a).
  167. Der dargestellte Kommunikationsverlauf steht auch dem Prozessvorbringen der Beklagten in ihrem Klageerwiderungsschriftsatz vom 05.11.2018 (S. 28, 2. Abs., Bl. 196 GA), wonach eine Liste [gemeint sind Claim Charts] noch immer nicht vorgelegt worden sei, entgegen.
  168. Die Klägerin hat schließlich in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass es sich bei den Patenten, die Gegenstand der Claim Charts sind, auch um solche handelt, die Patentfamilien entstammen, die ihrer Lizenzgebührenberechnung zugrunde liegen. Dafür spricht zudem auch die hier in Bezug genommene E-Mail Korrespondenz aus Januar/ Februar 2018, in welcher die Rede von den „WAHREN SEPs“ ist (vgl. E-Mail der Beklagten vom 21.12.2017, Anlagenkonvolut EIP B40; deutsche Übersetzung: Anlagenkonvolut EIP B40a). Welche Patentfamilien dies konkret erfasst, konnten die Beklagten auch der ihnen mit E-Mail der Klägerin vom 12.12.2017 (Anlagenkonvolut EIP B39; deutsche Übersetzung: Anlagenkonvolut EIP B39a) zur Verfügung gestellten Liste „Relevanter Patentfamilien“ entnehmen.
  169. (ββ)
    Die darlegungsbelasteten Beklagten haben nicht aufgezeigt, dass es den von der Klägerin als standardwesentlich erachteten Patenten in einem Umfang an der Rechtsbeständigkeit fehlt, der die Annahme der Unangemessenheit der vorgeschlagenen Lizenzgebühren rechtfertigt.
  170. Soweit zwischen den Parteien unstreitig ist, dass acht chinesische Patente für nicht rechtsbeständig erklärt worden sind, ist zu berücksichtigen, dass nach der vorgeschlagenen Gebührenregelung nach Ziffer 4.2 für den chinesischen Markt ohnehin eine unterhalb der anhand der als standardwesentlich erachteten Patente errechnete Gebühr anfällt (dazu unter lit. (aa), (bbb), (ii)). Inwieweit aus der (erstinstanzlichen) Vernichtung der acht chinesischen Patente dennoch eine Unangemessenheit erwächst, ist nicht dargetan. Das gilt insbesondere auch deshalb, weil nach dem ebenfalls unstreitigen Vortrag selbst nach Abzug der vernichteten Patente noch sieben Patente für den chinesischen Markt rechtsbeständig bleiben (zu dem Einwand der Beklagten, dass sechs dieser Patente nicht standardwesentlich seien, nachfolgend unter lit. (β)).
  171. Im Hinblick auf weitere Rechtsbestandsverfahren fehlt es bereits an Vortrag der Beklagten hinsichtlich welcher, von der Klägerin bei der Berechnung berücksichtigter Patente eine erstinstanzliche Nichtigkeitsentscheidung überhaupt vorliegt.
  172. Die von den Beklagten zur Akte gereichte Auflistung (Duplikschriftsatz v. 27.06.2019, S. 70, Bl. 469 GA) gibt keine Information über die Entscheidungen, die eine Vernichtung der Portfoliopatente zur Folge hatten. Denn die Tabelle lässt eine Differenzierung zwischen solchen Entscheidungen, die zu einer Vernichtung von Portfoliopatenten geführt haben, und solchen, in denen die Patente für nicht standardessentiell erachtet worden sind, nicht erkennen.
  173. Selbst wenn sämtliche Entscheidungen den Rechtsbestand betreffen, bedürfte es zudem weiteren Vortrags dazu, dass daraus eine Unangemessenheit der berechneten Gebühren im Sinne einer Ausbeutung folgt. Der bloße Verweis auf Verfahren, die den Rechtsbestand betreffen, ersetzt diesen Vortrag nicht.
  174. (β)
  175. Im Hinblick auf die Standardessentialität der von der Klägerin bei der Gebührenfestsetzung berücksichtigten Patente ist zu beachten, dass gerichtliche Entscheidungen im Hinblick auf diese eine bindende Wirkung vergleichbar mit derjenigen von Rechtsbestandsentscheidungen nicht entfalten können, obgleich diese – sofern sie vorliegen – als sachverständige Stellungnahmen bei der Beurteilung der Standardessentialität durch das erkennende Gericht zu berücksichtigen sind. Ausgehend davon, dass die Klägerin im Rahmen der außergerichtlichen Lizenzverhandlungen umfangreich Claim Charts zu den in Streit stehenden Patenten vorgelegt hat (dazu bereits vorhergehend zum Rechtsbestand der Patente unter lit. (α)), erfordert der Einwand fehlender Standardessentialität der Patente vorliegend substantiiertes Vorbringen der Beklagten dazu, welche (bei der Gebührenfestsetzung berücksichtigte) Patente, aufgrund welcher Aspekte konkrete Stellen des Standards nicht umsetzen. Der danach erforderliche Vortrag kann durch den bloßen Verweis auf Entscheidungen anderer Gerichte nicht ersetzt werden.
  176. Schließlich gehört – worauf es jedoch vorliegend aufgrund des zuvor Ausgeführten nicht mehr ankommt – zu dem Einwand fehlender Standardessentialität der Portfoliopatente auch das Vorbringen, dass der Lizenzsucher von denjenigen Lizenzschutzrechten, die durch den Standard nicht gestützt werden, keinen Gebrauch macht (LG Düsseldorf, Urt. v. 30.11.2006, Az.: 4b O 508/05, Rn. 136 – Videosignal-Codierung I, zitiert nach juris). Auch daran fehlt es vorliegend.
  177. (γ)
    Die Beklagten haben weiter nicht aufgezeigt, welche Schutzrechte abgelaufen sind, und inwiefern daraus eine Unangemessenheit der Gebührenberechnung der Klägerin resultiert. Auch insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Vertragsentwurf mit Ziffer 4.3 einen grundsätzlich hinreichenden Anpassungsmechanismus enthält (dazu unter lit. (e)).
  178. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass das Klagepatent des hiesigen Verfahrens mittlerweile abgelaufen ist. Denn aus dem Ablauf eines Schutzrechts folgt gerade nicht reflexartig die Unangemessenheit der ermittelten Lizenzgebühr.
  179. (e)
    Auch der in Ziffer 4.3 vorgesehene Anpassungsmechanismus erweist sich nicht als unangemessen.
    Ein Angebot zu fairen und angemessenen Konditionen setzt voraus, dass ein Anpassungsmechanismus für den Fall vorhanden ist, in dem sich der Schutzrechtsbestand verändert. Ein solcher besteht regelmäßig in einer eine Korrektur der zu zahlenden Lizenzgebühren ermöglichenden Anpassungsklausel (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.11.2016, Az.: I-15 U 66/15, Rn. 32, Rn. 43, zitiert nach juris). Zwingend ist eine solche Klausel indes nicht. Insoweit ist das vertragliche Konstrukt in seiner Gesamtheit, und nicht nur einzelne Klauseln gesondert zu betrachten (Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. XXX). Dem Umstand eines sich ändernden Schutzrechtsbestandes kann beispielsweise auch dadurch Rechnung getragen werden, dass der angebotene Lizenzvertrag auf einen kurzen Zeitraum befristet ist, und die Höhe der Lizenzgebühr auf die gesamte Vertragsdauer betrachtet deshalb FRAND-gemäß ist, weil sie den Ablauf von Patenten während der Vertragslaufzeit angemessen berücksichtigt (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.11.2016, Az.: I-15 U 66/15, Rn. 32, Rn. 43, zitiert nach juris; LG Düsseldorf, Urt. v. 09.11.2018, 4a O 17/17, Rn. 511 ff., zitiert nach juris).
    Ein in diesem Sinne hinreichender Anpassungsmechanismus liegt hier vor (dazu unter lit. (bb)). Da dieser eng mit der Vertragsgebietseinteilung nach den Ziffern 1.25 und 1.26, gegen die sich die Beklagten im Grundsatz nicht wenden, zusammenhängt, wird zunächst dazu ausgeführt (unter lit. (aa)).
  180. (aa)
    Die Aufteilung des Vertragsgebiets in „Major Markets“ (Ziff 1.25) und „Other Markets“ (Ziff. 1.26),
    „1.25 „Wichtiger Markt“ bezeichnet in Bezug auf 2G- oder 3G-Standards ein Land, in dem es zwei (2) oder mehr lizenzierte Patente gibt (ausgenommen China), und in Bezug auf 4G ein Land, in dem es drei (3) oder mehr lizenzierte Patente gibt (ausgenommen China). […].
  181. 1.26 „Sonstige Märkte“ sind alle Länder, die nicht als wichtiger Markt gelten, mit Ausnahme von China. […].“,
  182. in Abhängigkeit zur Anzahl der auf dem jeweiligen Markt bestehenden Schutzrechte steht in einem Zusammenhang mit der Lizenzgebührenhöhe (dazu bereits unter lit. (d), (aa), (bbb), (i)). Die Gebührenstruktur nach Ziffer 4.2 in Abhängigkeit von der Einordnung des Vertriebsgebiets als „Major-“ oder „Other Market“ stellt sich tabellarisch zusammengefasst wie folgt dar:
  183. Damit wird – was grundsätzlich als Differenzierungskriterium taugt – die Anzahl der in einem Land bestehenden Schutzrechte in einen Zusammenhang mit der Höhe der zu zahlenden Lizenzgebühren gebracht (vgl. zu diesem Zusammenhang auch: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.11.2016, Az.: I-15 U 66/15, Rn. 42, zitiert nach juris; Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 491). Der chinesische Markt wird dabei – unabhängig von der Anzahl der dort bestehenden Schutzrechte – im Hinblick auf die zu entrichtenden Gebühren wie ein „Other Market“ behandelt.
    Die Einteilung des Weltmarktes in „Major Markets“ und „Other Markets“ nach dem E-Urteil stellt sich für das Portfolio der Klägerin – orientiert an der von ihr vorgelegten Auflistung der geografischen Verteilung der tatsächlich standardessentiellen Patentfamilien aus dem Replikschriftsatz vom 18.03.2019 (dort S. 56 , Bl. 283 GA) – wie folgt dar:
  184. .
  185. Die Klägerin hat im Zusammenhang mit dieser Auflistung klargestellt, dass sie die Vertragsgebietseinteilung – entgegen der anderslautenden Regelung in Ziffer 1.25 und Ziffer 1.26 und entgegen KK (Rn. 587), die an den gesamten Portfoliobestand anknüpfen, – allein anhand der von ihr als tatsächlich essentiell eingestuften Patentfamilien vornimmt. Dieses Vorbringen steht auch im Einklang mit der Tabelle, die Ziffer 1.25 des Vertragsentwurfs zu entnehmen ist, und die die „Major Markets“ des Vertragsgebiets für die einzelnen Technologien festlegt. Die sich daraus für die einzelnen Technologien ergebende Anzahl von „Major Markets“ stimmt mit derjenigen überein, die sich der in dem hiesigen Verfahren schriftsätzlich vorgelegten, hier in Bezug genommenen Auflistung jeweils entnehmen lässt.
    Eine solche Unterteilung des Vertragsgebiets relativiert das Vorgehen, wonach die Berechnung der Gebührenhöhe zunächst unabhängig von dem Schutzrechtsbestand auf einem nationalen Markt, allein anhand der Existenz aller (als standardwesentlich) erachteter Patentfamilien erfolgt, was zu der ggf. unangemessenen Konsequenz führen kann, dass auch im Hinblick auf einen nationalen Markt, auf dem nur wenige Schutzrechte bestehen, eine relativ hohe Lizenzgebühr zu entrichten ist. Eine gewisse Pauschalisierung anhand von Schwellenwerten, bei dessen Erreichen stets eine höhere Lizenzgebühr zu entrichten ist, ist dabei im Rahmen einer Portfoliolizenz hinzunehmen (zu einer Pauschalisierung allgemein vgl. auch Kühnen, ebd., Kap. E, Rn. 491, der von „deutlich unterschiedlichen Schutzrechtsbeständen“ spricht). Denn darin findet der Gedanke einen Ausdruck, dass es dem Lizenznehmer an einem Portfolio mit für die Umsetzung eines Standards wesentlichen Patenten in erster Linie auf die Umsetzung der Technik ankommt, und weniger um die Anzahl der für diese Umsetzung erforderlichen Schutzrechte geht, obgleich die Anzahl der Schutzrechte – wie ausgeführt – nicht gänzlich außer Betracht bleiben kann.
  186. (bb)
    Der Vertragsvorschlag der Klägerin sieht nach Ziffer 4.3,
    „Die Anpassung der Liste wichtiger Märkte aus Ziffer 1.25 hat jährlich zu erfolgen. Jedes lizenzierte Patent in einem Land, das von einem zuständigen Gericht für ungültig oder nicht wesentlich befunden wird, würde in diesem Land nicht mehr als lizenziertes Patent gelten. Darüber hinaus sind, wenn in einem Land zusätzliche lizenzierte Patente hinzugefügt werden, entsprechende Anpassungen vorzunehmen.“,
  187. einen Anpassungsmechanismus derart vor, dass bei Unterschreitung der für die Einordnungen eines Marktes als „Major Market“ angesetzten Mindestanzahl von Schutzrechten der jeweilige Markt zum „Other Market“ umdefiniert wird, mit der Folge, dass die nach Ziffer 4.2 für „Other Markets“ vorgesehenen geringeren Lizenzgebühren zu zahlen sind.
    Gesichtspunkte, die die Unangemessenheit dieses Mechanismus begründen, haben die Beklagten nicht aufgezeigt.
  188. (aaa)
    Die zitierte Klausel ist grundsätzlich geeignet, eine im Sinne des Kartellrechts angemessene Anpassung zu bewirken. Zwar kann die Grenze für die Heraufstufung eines Marktes von einem „Other Market“ zu einem „Major Market“ – zugunsten des Lizenzgebers – im Vergleich zu derjenigen einer Herabstufung von einem „Major Market“ in einen „Other Market“ – zugunsten des Lizenznehmers – verhältnismäßig schneller erreicht sein. Denn während eine Heraufstufung in einen „Major Market“ bei 3G-Standard relevanten Patenten bereits dann erfolgt, wenn zwei Patente auf dem jeweiligen Markt Wirkung entfalten und für den 4G-Standard, wenn drei Patente existieren, kann eine Herabstufung aufgrund des angesetzten Schwellenwertes ggf. erst nach einer Vernichtung bzw. einem Auslaufen einer Vielzahl von Patenten erreicht werden. Dieser Mechanismus korrespondiert jedoch mit der Tatsache, dass der Lizenzgeber, nachdem er die Heraufsetzung eines Marktes als „Major Market“ erreicht hat, keine höheren Lizenzen bei Anwachsen seines Portfoliobestandes auf eben diesem „Major Market“ mehr beanspruchen kann. Im Verhältnis zum Lizenznehmer greift mithin eine höhere Wahrscheinlichkeit, in einen „Major Market“ hochgestuft zu werden, dafür hat er jedoch im Anschluss die Sicherheit, bei Hinzukommen weiterer Patente nicht noch höhere Lizenzgebühren entrichten zu müssen. Im Gegenzug hat der Lizenzgeber eine geringere Wahrscheinlichkeit, dass eine Herabstufung eines „Major-“ in einen „Other Market“ erfolgt, profitiert aber von einer Zunahme seiner Schutzrechte auf dem „Major Market“ auch nicht direkt (Er profitiert mittelbar dadurch, dass er die Anzahl der Schutzrechte, die vernichtet werden müssen, um eine Rückstufung in die Kategorie „Other Market“ zu erzielen, erhöht wird.). Diese Risikoverteilung rechtfertigt es, dass eine Anpassung innerhalb der Kategorien „Other Market“ und „Major Market“ nicht mehr erfolgt.
    Insoweit spricht auch eine Pauschalisierung dahingehend, dass nicht der Bestand jedes einzelnen Schutzrechts des Portfolios Auswirkungen auf die Lizenzhöhe hat, nicht per se gegen die Angemessenheit. Auch darin kommt vielmehr zum Tragen, dass sich der Wert des Lizenzsuchers an der Portfoliolizenz zuvorderst in der Nutzung des Standards widerspiegelt, und weniger in der Benutzungserlaubnis für jedes einzelne Portfoliopatent.
    Schließlich ist in die kartellrechtliche Beurteilung der Klausel auch einzustellen, dass der Lizenzvertrag gemäß der Ziffern 6.1 und 1.18 ab Vertragsunterzeichnung (vgl. zu dem in Ziffer 1.18 genannten „Stichtag“ die Präambel) noch eine Laufzeit von fünf Jahren hat, so dass umfangreichen Verschiebungen im Schutzrechtsbestand auch im Rahmen des Abschlusses einer Anschlussvereinbarung Rechnung getragen werden kann. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass die Gesamtlaufzeit des Vertrages nach den Ziffern 6.1, 1.18 und 1.4 einen längeren Zeitraum erfasst, weil er auch vergangene Benutzungshandlungen lizenziert und bereits am 1.09.2011 beginnt. Diese vergangenen Benutzungshandlungen unterstehen demselben Gebührenregime wie zukünftige Handlungen. Jedoch beziehen sich die Berechnungen der Lizenzgebühren der Klägerin auf das Jahr 2017, Schutzrechte, die in diesem Zeitpunkt – aus welchen Gründen auch immer – nicht mehr existent waren, sind mithin in die Gebührenberechnungen der Klägerin auch nicht mehr eingeflossen.
    Soweit eine Anpassung für den chinesischen Markt nach Ziffer 4.3 nicht vorgesehen ist, ist ein solcher unter Angemessenheitsgesichtspunkten auch nicht zwingend. Denn für den chinesischen Markt fallen ohnehin stets geringere Lizenzgebühren an. Inwieweit der chinesische Markt darüber hinaus eines eigenen Anpassungsmechanismus bedarf, führen die Beklagten nicht aus.
  189. (bbb)
    Ausgehend von der grundsätzlichen Eignung der Klausel zur Anpassung (wie unter lit. (aaa) dargestellt) kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagten bei Berücksichtigung der konkreten geografischen Verteilung der für die Lizenzgebührenbemessung maßgeblichen Patentfamilien unangemessen benachteiligt werden.
    Den Beklagten ist darin zuzustimmen, dass es der Angemessenheit des beschriebenen Ausgleichssystems entgegenstehen kann, wenn eine Herabstufung faktisch von vornherein gar nicht oder selten in Betracht kommt, weil nämlich die Anzahl der auf dem überwiegenden Teil der „Major Markets“ gehaltenen Schutzrechte den Schwellenwert für die Einordnung als „Major Market“ erheblich übersteigt.
    Ausgehend von der bereits unter lit. (aa) betrachteten geografischen Verteilung der tatsächlich standardessentiellen Patentfamilien der Klägerin bewegt sich ein Großteil der für die 3G-Technologie als „Major Market“ eingestuften Patentfamilien in der Nähe des Schwellenwertes (32 Märkte liegen danach bei einem Schwellenwert von 2 – 4. Das entspricht einem Anteil von ca. 86%. Der chinesische Markt wird in die Betrachtung nicht einbezogen), auch von den „Major Markets“ der 4G-Technologie liegen 4 Märkte (Das entspricht einem Anteil von ca. 44 %, der chinesische Markt wird in die Betrachtung nicht einbezogen) bei einem Schwellenwert von 3 oder 4, d.h. für diese ist eine Herabstufung realistisch.
    Etwas anderes würde dann gelten, wenn die einzelnen, auf dem jeweiligen nationalen Markt bestehenden Patentfamilien in großem Umfang aus mehr als einem Patent bestehen würden. Denn dann würden die in der Auflistung der Klägerin genannten Zahlen eine Einschätzung darüber, wie viele Schutzrechte von einem Lizenzsucher für eine Herabstufung in einen „Other Market“ anzunehmen wäre, nicht ermöglichen. Das haben die Beklagten jedoch weder vorgetragen, noch ist dies auf Grundlage der Auflistung der standardwesentlichen Patentfamilien mit ihren einzelnen Schutzrechten anzunehmen.
    Die mit Anlagenkonvolut EIP B39 (deutsche Übersetzung: Anlagenkonvolut EIP B39a) vorgelegte Tabelle lässt für die 3G-Technologie lediglich vier Staaten erkennen, in denen eine Patentfamilie nicht durch ein Patent, sondern durch zwei Schutzrechte repräsentiert wird (Patentfamilie 3: zwei Schutzrechte für Frankreich; Patentfamilie 4: zwei Schutzrechte für Japan; Patentfamilie 6: zwei Schutzrechte für Frankreich und Patentfamilie 11: zwei Schutzrechte für die USA). Gleiches gilt für die Patentfamilien der 4G-Technologie (Patentfamilie 5: zwei für Japan; Patentfamilien 6: zwei Patente für die USA; Patentfamilie 8: zwei Patente für die USA und Patentfamilie 9: zwei Patente für Südkorea; China wird in die Betrachtung nicht einbezogen).
    Soweit nach der an Patentfamilien orientierten Auflistung eine Herabstufung für andere Märkte (insbesondere USA, Deutschland, Japan, Frankreich, Großbritannien; China wird in die Betrachtung nicht einbezogen.) nicht zu erwarten ist, ist dies hinzunehmen. Dies ist Ausdruck der Pauschalisierung, die sich aus der FRAND-gemäßen Einteilung des Vertragsgebiets in „Major-“ und „Other-Markets“ ergibt, und die im Rahmen einer Portfoliolizenz hinzunehmen ist (dazu unter lit. (aa)).
  190. (ccc)
    Soweit die Beklagten einwenden, der vorgesehene Anpassungsmechanismus greife faktisch nie zu ihren Gunsten, weil ein Zuwachs des Portfolios der Klägerin nicht zu erwarten sei, so mag dies im Hinblick auf das Hinzukommen neuer (im Sinne von neu entwickelter) Schutzrechte für die von dem Portfolio abgedeckten Technologien zutreffend sein. Das schließt aber nicht aus, dass sich die standardwesentlichen Patente der Klägerin dadurch erhöhen, dass sie zusätzliche Schutzrechte erwirbt. Die Beklagten selbst haben im Rahmen ihrer „Key Offer Terms“ vom 12.03.2020 (Anlage EIP B63; deutsche Übersetzung: Anlage EIP B63a, „Schlüsselangebotsbedingungen“, S. 2, Pkt. D., letzter Abs.) angeboten, der Klägerin Patente abzutreten, um „Wertlücken“ zwischen ihrem und dem Angebot der Klägerin zu schließen.
    Auch schließt die aus dem Vertragsangebot der Klägerin ersichtliche Bestimmung des Vertragsgegenstandes – anders als die Beklagten meinen – nicht aus, dass neu erworbene Schutzrechte von der Lizenzierung umfasst sind.
    „Lizenzierte Patente“ sind nach Ziffer 1.11 solche, die der Lizenzgeber oder eine seiner Tochtergesellschaften besitzt bzw. solche, an denen diese Lizenzen erteilen können, und im Hinblick auf die der Inhaber erklärt oder anderweitig annimmt, dass (näher bezeichnete) Benutzungshandlungen im Hinblick auf einen bestimmten „Standard“ implementierende Geräte oder Verfahren nicht vorgenommen werden können, ohne diese Patente zu verletzen. Es werden sodann die aus dem Anhang B ersichtlichen Patente, die an die H Corporation abgetreten wurden, ausgenommen. Als „Standard“ wiederum werden in Ziffer 1.17 die im Hinblick auf den 2G-, 3G- und/oder 4G-Telekommunikationsstandard (wie in Ziffer 1.22 – 1.24 definiert) vereinbarten Protokolle einbezogen.
    Der Vertragsgegenstand ist danach nicht bestimmt, das heißt im Hinblick auf konkrete Schutzrechte, beschrieben. Vielmehr ist er derart gefasst, dass die lizenzierten Rechte anhand der Vorgabe der Klausel bestimmbar sind. Gegenstand des Vertrags sind mithin auch etwaige, nach Vertragsschluss erworbene Schutzrechte.
  191. (ddd)
    Auch ist nicht ersichtlich, dass die Beklagten durch den vorgesehenen Anpassungsmechanismus Gefahr laufen, für einen nationalen Markt Lizenzen zu zahlen, auf dem gar kein für die Bemessung der Lizenzgebührenhöhe maßgebliches Schutzrecht mehr Bestand hat.
    Orientiert an der geografischen Verteilung der als standardessentiell zugrunde gelegten Patente ist – für den Fall, dass die Klägerin die von ihr aufgelisteten Märkte auch nach der vollständigen Vernichtung bzw. dem Ablauf ihrer Schutzrechte berücksichtigt – eine solche Befürchtung allenfalls für die folgenden Staaten gerechtfertigt: die Philippinen, Brasilien, Kanada und Malaysia. Denn auf diesen Märkten besteht die geringste Zahl von Schutzrechten. Die Beklagten tragen jedoch vorliegend weder vor, dass Schutzrechte in diesen Staaten angegriffen worden sind oder demnächst ablaufen, noch behaupten sie, dass es sich bei den genannten Staaten um wesentliche ihrer Vertriebsgebiete handelt. Weiter ist im Hinblick auf eine unangemessene Benachteiligung der Beklagten insoweit zu beachten, dass sie – unabhängig davon, wo sie ihre Produkte veräußern – jedenfalls insoweit lizenzierungspflichtige Handlungen vornehmen, als Herstellungsort ihrer Mobiltelefone die Volksrepublik China ist (zu dieser Wertung im Hinblick auf „FRAND“ vgl. auch LG Düsseldorf, Teilurt. v. 31.03.2016, Az.: 4a O 73/14, Rn. 254, zitiert nach juris; Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 268).
  192. (cc)
    Die vorgeschlagene Anpassungsklausel erweist sich auch nicht deshalb als unangemessen, weil der darin vorgesehene Mechanismus eine Abschaltung des UMTS-Netzes unberücksichtigt lässt.
    Zwar mag – sofern bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses absehbar ist, dass das Portfolio in erheblichem Umfang an Wert verlieren wird – eine Anpassungsklausel auch im Hinblick auf eben diesen Sachverhalt erforderlich sein. Jedoch haben die Beklagten das Vorliegen eines solchen nicht substantiiert dargetan.
    Auf das Bestreiten der Klägerin, dass der größte deutsche Telefonbetreiber, N, eine Abschaltung gerade nicht plane, wiederholen die Beklagten lediglich ihr Vorbringen, dass entsprechende Pläne jedenfalls bei der N und M vorliegen würden. Im Übrigen bleibt ihr Vortrag zu Plänen in anderen Ländern äußerst vage, in dem sie vortragen „dies geschehe auch in China und in vielen anderen Ländern“. Dass auf dieser Grundlage ein erheblicher Wertverlust, insbesondere ein solcher, der die Beklagten betrifft, deren Hauptvertriebsgebiet China ist, resultiert, ist nicht erkennbar.
  193. (f)
    Im Hinblick auf eine Angemessenheit des Vertragsangebots ist schließlich auch unbedenklich, dass das Angebot der Klägerin den von ihr angestrengten Rechtsstreit vor einem chinesischen Gericht, mit welchem sie die Festsetzung von Lizenzgebühren als FRAND-gemäß begehrt, nicht berücksichtigt.
    Die Beklagten machen geltend, ein Lizenzangebot der Klägerin müsse berücksichtigen, dass vor einem chinesischen Gericht eine Klage auf Festsetzung einer üblichen und angemessenen Lizenzgebühr anhängig ist.
    Dem kann nicht gefolgt werden.
    Eine formelle Bindungswirkung an gerichtliche Entscheidungen aus anderen Jurisdiktionen, die der Höhe nach bestimmte Lizenzgebühren als FRAND-gemäß festlegen, besteht nicht ohne weiteres. Das gilt sowohl für den Fall, in dem das jeweilige nationale Gericht über die FRAND-Gemäßheit der Lizenzgebühren allein für das Hoheitsgebiet eben dieses nationalen Gerichts entscheidet, als auch (erst Recht) für den Fall, in dem sich das nationale Gericht dazu verhält, welche Lizenzgebühren in einer anderen Jurisdiktion als FRAND-gemäß zu erachten sind.
    Auch ist es dem erkennenden Gericht vorliegend nicht verwehrt, über die FRAND-Gemäßheit von für andere Jurisdiktionen festgelegte Gebühren im Rahmen einer weltweiten Portfoliolizenz zu entscheiden. Denn dies berührt die Entscheidungshoheit anderer nationaler Gerichte nicht, da der kartellrechtliche Zwangslizenzeinwand in Ansprüche eingebunden ist, die an eine Verletzung des deutschen Teils eines europäischen Schutzrechts anknüpfen.
    Darüber hinaus ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagten eines Schutzes durch den von ihnen eingeforderten Anpassungsmechanismus bedürfen. Denn sobald eine rechtskräftige Entscheidung eines nationalen Gerichts über die FRAND-Gemäßheit von Lizenzgebühren vorhanden ist, ist die Klägerin insoweit an diese gebunden. Folgt sie dieser nicht, läuft sie Gefahr, ihre aus dem Patent erwachsenden Rechte – für das Hoheitsgebiet dieser Jurisdiktion – nicht durchsetzen zu können. Denkbar ist – in Abhängigkeit zu den konkreten Rechtsordnungen und der dortigen Ausgestaltung der Verfahren – weiter auch, dass Vollstreckungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, die der Entscheidung Wirkung verleihen.
    Unter welchem kartellrechtlich relevanten Aspekt eine Anpassung für gerichtlich festgesetzte Lizenzgebühren ihrer, der Beklagten, Meinung nach im Übrigen erforderlich sein soll, führen sie auch nicht näher aus.
  194. dd)
    Ein FRAND-gemäßes Gegenangebot der Beklagten liegt mit den am 12.03.2020 übersandten „Key Offer Terms“ (Anlage EIP B63; deutsche Übersetzung: Anlage EIP B63a) nicht vor.
    Den „Key Offer Terms“ der Beklagten fehlt bereits eine hinreichende Regelungsdichte, um als FRAND-gemäßes Gegenangebot verstanden werden zu können, des Weiteren erläutern die Beklagten dieses auch nicht hinreichend.
    Die inhaltlichen Anforderungen an das Gegenangebot des Lizenzsuchers decken sich mit denjenigen an das Angebot des Patentinhabers, wonach die Vertragsofferte insbesondere eine ausreichende Regelungsdichte aufweisen muss (Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 356). Zu denjenigen Punkten, zu denen der Lizenzsucher – bzw. hier der Patentinhaber – nach den Gepflogenheiten der betroffenen Branche eine Regelung erwarten darf, hat sich das Vertragsangebot zu verhalten (OLG Düsseldorf, GRUR 2017, 1219, Rn. 169 – Mobiles Kommunikationssystem; Kühnen, a.a.O.). Auch die Erläuterungspflichten, die den Lizenzsucher im Zusammenhang mit seinem Gegenangebot treffen, verlaufen spiegelbildlich zu denjenigen, die für den Patentinhaber hinsichtlich seines Angebots bestehen (Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 377; vgl. zu den Erläuterungspflichten des Lizenzgebers unter lit. cc), (2), (a)).
    Diese eher „formellen“ Anforderungen erfüllen die „Key Offer Terms“ der Beklagten nicht.
    Im Hinblick auf die erforderliche Regelungsdichte fehlt es bereits an einer Anpassungsklausel, welche – was die Beklagten vorliegend im Zusammenhang mit dem Angebot der Klägerin auch geltend machen (dazu unter lit. cc), (3), (e)) – üblicherweise ein wesentlicher Bestandteil eines FRAND-Angebots ist.
    Die Beklagten haben zudem das von ihnen abgegebene Gegenangebot ohne erkennbare schützenswerte Geheimhaltungsinteressen nicht hinreichend begründet. Insoweit gelten die Ausführungen dazu, inwiefern sich aus dem K-Lizenzvertrag der Beklagten ein angemessenerer Vergleichsmaßstab ergibt (dazu unter lit. cc), (3), (d), (bb), (ccc), (ii), (β)), entsprechend.
    Schließlich ist auch nicht vorgetragen, dass die Beklagten eine Sicherheit hinterlegt haben, die die nach ihrem Gegenangebot aus März 2020 zu entrichtenden Gebühren abdeckt.
  195. VII.
    Ausgehend von der Verletzung des Klagepatentanspruchs 1 hat die Klägerin gegen die Beklagten Ansprüche auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung, Auskunft und Rechnungslegung
  196. 1.
    Die Klägerin hat gegen die Beklagten dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz aus Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 1 und 2 PatG in tenoriertem Umfang.
    Das für die Zulässigkeit des Feststellungsantrags gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass die Klägerin derzeit nicht in der Lage ist, den konkreten Schaden zu beziffern und ohne eine rechtskräftige Feststellung der Schadensersatzpflicht die Verjährung von Schadensersatzansprüchen droht.
    Die Beklagten sind zum Schadensersatz verpflichtet, weil sie die Patentverletzung schuldhaft begingen. Als Fachunternehmen hätten sie die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Es ist auch nicht unwahrscheinlich, dass der Klägerin durch die Schutzrechtsverletzung ein Schaden entstanden ist.
  197. 2.
    Der Klägerin steht gegen die Beklagten auch ein Anspruch auf Rechnungslegung und Auskunft in tenoriertem Umfang zu. Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsform ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus § 140b Abs. 1 PatG, der Umfang der Auskunftspflicht aus § 140b Abs. 3 PatG. Die weitergehende Auskunftspflicht und die Verpflichtung zur Rechnungslegung folgen aus §§ 242, XXX BGB, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern. Die Klägerin ist auf die tenorierten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagten werden durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.
  198. C.
    Der hilfsweise Antrag der Beklagten, den Rechtsstreit auszusetzen, bis das Bundespatentgericht über die anhängigen Nichtigkeitsklagen entschieden hat, wird aufgrund des zwischenzeitlich ergangenen Urteils des Bundespatentgerichts dahingehend ausgelegt, dass der Rechtsstreit ausgesetzt werden soll, bis eine rechtskräftige Entscheidung vorliegt.
    Eine Aussetzung des Rechtsstreits nach § 148 ZPO ist vorliegend nicht geboten. Das Bundespatentgericht hat nach Schluss der mündlichen Verhandlung über die Nichtigkeitsklage entschieden. Es hat das Klagepatent mit Urteil vom 15. Juli 2020 in der hier geltend gemachten beschränkten Fassung aufrechterhalten und das zusätzliche Merkmal des Unteranspruchs 16 in den Unteranspruch 15 aufgenommen. Der Wortlaut des Klagepatentanspruchs 1 ist nicht eingeschränkt worden.
    Es liegen keine besonderen Umstände, wie nachweisbar unrichtige Annahmen oder eine nicht mehr vertretbare Argumentation, vor. Sofern die Kammer im hiesigen Verfahren das Merkmal 1.7 anders auslegt als das Bundespatentgericht, stellt diese Abweichung keinen Grund für durchgreifende Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Bundespatentgerichts dar.
  199. I.
    Dem Klagepatent mangelt es nicht an der Ausführbarkeit.
    In der Nennung von Parametern zur Kanalauswahl in unter anderem Anspruch 1 stellt keine mangelnde Offenbarung dar, aufgrund derer der Fachmann die Erfindung nicht ausführen kann. Denn sowohl aus den Ansprüchen als auch der Beschreibung mitsamt der Figuren ergeben sich ausführbare Beispiele. So nennt beispielsweise Anspruch 7 die Größe des zu übertragenden Pakets als Beispiel für einen Kanalauswahlparameter (siehe auch den qualifizierten Hinweis des Bundespatentgerichts, Anlage EIP B 62E, S.8).
    Es mangelt auch nicht an der Ausführbarkeit für den Fachmann, weil aus dem Stand der Technik nur bekannt war, dass das Netzwerk die Kanalauswahlentscheidung trifft und die erfindungsgemäße Lehre hingegen eine Kanalauswahlentscheidung durch die Mobilstation vorsieht. Denn ein entsprechendes Ausführungsbeispiel wird in Absatz [0043] erläutert (Anlage EIP B 62E, S.9).
  200. II.
    Eine unzulässige Erweiterung im Hinblick auf den Klagepatentanspruch 1 liegt nicht vor, da der Anspruch wortgleich zu dem ursprünglich offenbarten Anspruch ist. Auch das Bundespatentgericht hat sich dahingehend nicht geäußert (Anlage EIP B 62E).
    Auch in der Änderung des Anspruchs 1 dahingehend, dass statt Mitteln zum Empfangen eines Kanalauswahlparameterwertes nunmehr Mittel zum Empfangen eines Schwellenwerts eines Kanalauswahlparameters von dem System an die Mobilstation übertragen werden, ist keine unzulässige Erweiterung zu sehen. Denn das Senden eines Schwellenwerts (threshold value) ergibt sich bereits aus dem ursprünglich offenbarten Anspruch 11 (Anlage EIP B 62E, S.9).
  201. III.
    Die klagepatentgemäße Lehre des Verfahrensanspruchs 1 wird durch die von den Beklagten eingeführte Entgegenhaltung ETSI TS 125 XXX V3.1.0 (2000-01) (im Folgenden NK1) nicht neuheitsschädlich vorweggenommen (siehe unten, Ziff. 1).
    Auch die weiteren Entgegenhaltungen KK (im Folgenden: NK2) und der LL (im Folgenden: NK3) nehmen den Gegenstand der erfindungsgemäßen Lehre des Verfahrensanspruchs 1 nicht neuheitsschädlich vorweg (siehe unten, Ziff. 2).
    Auch die in dem parallelen Verfahren mit dem Aktenzeichen 4b O 6/19 eingeführten Entgegenhaltungen „A proposal for an RLC/MAC Protocol“ von MM et al. (im Folgenden: NK 8; siehe unten, Ziff. 3) und die Druckschrift US 5 673 XXX A (im Folgenden: NK 7; siehe unten, Ziff. 4) nehmen den Gegenstand des Klagepatents nicht neuheitsschädlich vorweg. Auch ist nicht erkennbar, dass die erfindungsgemäße Lehre nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht (siehe unten, Ziff. 5).
  202. 1.
    Die Entgegenhaltung NK1 ist von Januar 2000 und wurde damit nach der vom Klagepatent durch die FI 990XXX in Anspruch genommene Priorität vom 23. Februar 1999 veröffentlicht.
  203. a)
    Dieses Prioritätsdatum wird jedoch nicht wirksam in Anspruch genommen. Denn die FI 990XXX offenbart nicht, dass eine Kanalauswahlentscheidung auch vom Zellularsystem getroffen werden kann. Zwar wird in der FI 990XXX darauf hingewiesen, dass es bei der Datenübertragung im Uplink ein Problem sei, wenn das System keine Informationen über Datenpakete habe, um über eine Kanalauswahl zu entscheiden. Das ist aber nicht gleichbedeutend damit, dass die Kanalauswahl im Zellularsystem stattfindet, siehe dazu auch den qualifizierten Hinweis des Bundespatentgerichts vom 17. April 2020 (Anlage EIP B 62E).
    Da es mangels wirksamer Inanspruchnahme der finnischen Priorität nunmehr auf das Datum der Anmeldung und damit auf den 22. Februar 2000 ankommt, ist die Entgegenhaltung NK1 bei der Neuheitsprüfung – auf Grund der hier vorgenommenen Auslegung anders als nach der Auffassung des Bundespatentgerichts auch im Hinblick auf den Klagepatentanspruch 1 – zu berücksichtigen.
  204. b)
    Die Druckschrift NK1 nimmt das Merkmal 7 des Verfahrensanspruchs 1 nicht neuheitsschädlich vorweg.
    Die Entgegenhaltung NK1 stellt den gleichen Standard dar, auf dem der Verletzungsvorwurf basiert, jedoch in der früheren Version 3.1.0.
    Die NK1 offenbart zwar, dass das System die Nachricht MEASUREMENT CONTROL an die Mobilstation sendet, die im Abschnitt 10.1.12 der NK1 näher beschrieben wird. Sie enthält das Informationslement „Traffic volume measurement reporting criteria“, das wiederum im Abschnitt 10.2.7.40 näher definiert wird und einen „Upper Threshold“ enthält. Dieser „Upper Threshold“ stellt einen vom System definierten Schwellenwert dar, der an die Mobilstation gesendet und von dieser mit einem momentanen Parameter verglichen wird.
    Die NK1 beschreibt dann in Abschnitt 14.4.2.1 das Berichtsereignis 4A. Demzufolge überwacht die Mobilstation den RLC Pufferstand. Wenn dieser Pufferstand einen Schwellenwert überschreitet, löst dies einen von der Mobilstation an das System zu sendenden Messbericht aus, siehe NK1, Abschnitt 14.4.2.1, S. 270.
    Der Pufferstand stellt einen momentanen Wert eines Kanalauswahlparameters dar, der mit einem Schwellenwert verglichen wird. Es ist davon auszugehen, dass es sich bei dem Schwellenwert um denjenigen handelt, der im Rahmen der Nachricht MEASUREMENT REPORT vom System an die Mobilstation gesendet wurde.
    Jedoch wird die Kanalauswahl durch das System nicht anhand dieses Vergleichs ausgeführt. In Abschnitt 9.3.2.5 der NK1, S. 102, wird ausgeführt, dass die Mobilstation (user equipment, UE), um Daten im Uplink zu übertragen, das überwachte Datenvolumen an das Netzwerk berichtet, damit dieses die Zuweisung von Ressourcen neu bewerten kann. Ein Auswahlverfahren bestimme dann, ob die Daten auf einem gemeinsamen Transportkanal übertragen werden sollen, oder ob in den Zustand CELL_DCH gewechselt werden solle. Diese Auswahl sei dynamisch und hänge beispielsweise von Verkehrsparametern ab.
    Dieser Abschnitt erläutert damit, dass, sofern die Mobilstation eine Datenübertragung im Uplink beabsichtigt, das Netzwerk die Kanalauswahl anhand der von der Mobilstation berichteten Parameter, wie beispielsweise den Pufferstatus, trifft.
    Damit wird die vom Netzwerk getroffene Kanalauswahlentscheidung jedoch nicht anhand des Vergleichs ausgeführt, sondern auf der Grundlage des von der Mobilstation übermittelten Messreports. Der von der Mobilstation vorgenommene Vergleich führt zwar dazu, dass überhaupt erst ein Messreport an das Netzwerk übermittelt wird, der dann als Grundlage für eine Kanalauswahl dienen kann. Jedoch ist der Vergleich dem Senden des Messreports vorgeschaltet und damit keine Grundlage für die von dem Netzwerk zu treffende Entscheidung hinsichtlich eines bestimmten Kanals. Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Vergleich nicht die alleinige Grundlage für die Kanalauswahl darstellen muss, muss er zumindest ein Bewertungskriterium darstellen. Das ist hier aber gerade nicht der Fall, da das Netzwerk bei seiner Kanalwahlentscheidung allein das Ergebnis des Messreports miteinbezieht, nicht aber das Überschreiten eines Schwellenwerts zur Grundlage der Entscheidung macht.
  205. 2.
    Die weiteren, von den Beklagten angeführten Druckschriften nehmen nicht alle Merkmale des Verfahrensanspruchs 1 neuheitsschädlich vorweg, da es an einer eindeutigen und unmittelbaren Offenbarung des Merkmals 1.6 fehlt.
  206. a)
    Die Beklagten fassen die beiden Druckschriften „KK“ (im Folgenden: NK2) und den „LL“ (im Folgenden: NK3) als eine Einheit zusammen.
    Bei den beiden Entgegenhaltungen NK2 und NK3 handelt es sich um Entwürfe von Standardspezifikationen, die im Zuge der gemeinschaftlichen Entwicklung eines Mobilfunksystems der dritten Generation in die gemeinsame Entwicklung der UMTS-Spezifikation eingeflossen sind.
    Die NK2 beschreibt in diesem Zusammenhang die MAC-Schicht und die NK3 die RRC-Schicht.
  207. b)
    Weder die NK2 noch die NK3 aus dem parallelen Verfahren mit dem Aktenzeichen 4b O 6/19 offenbaren, dass die Mobilstation einen Vergleich zwischen einem Schwellenwert und einem momentanen Wert eines Kanalauswahlparameters durchführt.
    Zwar offenbart die NK3 in Abschnitt 8.5, S. 16 f., dass die Mobilstation eine Nachricht MEASUREMENT CONTROL vom Netz erhalten kann, die eine gewisse Anzahl von Parametern, wie beispielsweise Grenzwerten (threshold levels), enthält. Ferner beschreibt die NK2 in Abschnitt 6.4.2, S. 18, dass die RRC-Schicht auf der Basis von Datenvolumenmessungen entscheidet, ob ein Kanalwechsel durchgeführt wird. Jedoch lässt sich weder der NK2, noch der NK3 unmittelbar entnehmen, dass zu diesem Zweck ein Vergleich zwischen dem Schwellenwert und einem momentanen Wert durchgeführt wird. Sofern die Beklagten vortragen, dass sich dies zwingend ergebe, ist dies den Entgegenhaltungen nicht unmittelbar und eindeutig zu entnehmen.
  208. 3.
    Die Entgegenhaltung „A proposal for an RLC/MAC Protocol“ von MM et al. (aus dem parallelen Verfahren mit dem Aktenzeichen 4b O 6/19; im Folgenden: NK 8) nimmt die in den Klagepatentansprüchen offenbarte erfindungsgemäße Lehre nicht neuheitsschädlich vorweg.
    Die NK 8 beschäftigt sich mit einem Vorschlag für ein RLC/MAC-Protokoll und deren Konzipierung derart, dass mehrere Dienste unterstützt werden, ohne dass eine Übertragung mit mehreren Spreizcodes erforderlich ist.
    Die NK 8 offenbart das Senden von Daten im Uplink auf einem DCH (siehe NK 8, S. 108, li. Sp., letzter Abs.) und auf dem RACH (NK 8, S. 109, re. Sp., 2. Abs.). Die NK 8 offenbart ferner einen Schwellenwert in Form einer bestimmten Übertragungsrate (transmission format, TF; siehe NK 8, S. 108, re. Sp. Mitte), die vom Netzwerk an die Mobilstation übermittelt wird (NK 8, S. 110, li. Sp., Mitte).
    Die NK 8 offenbart auch, dass die MAC-Schicht in dem Sprach- oder Datenübertragungsdienst einen Schwellenwert in Abhängigkeit von dem Schwellenwert des jeweils anderen Dienstes zuweist (NK 8, S. 111, li. Sp., unten).
    Die NK 8 offenbart jedoch nicht die Merkmale 1.5 und 1.6 bzw. 15.3, 15.4 und 15.5, da der Vergleich eines Kanalauswahlparameters mit dem Schwellenwert nicht eindeutig beschrieben wird (siehe auch den qualifizierten Hinweis des Bundespatentgerichts, Anlage EIP B 62E, S.12).
  209. 4.
    Die Druckschrift US 5 673 XXX A (aus dem parallelen Verfahren mit dem Aktenzeichen 4b O 6/19; im Folgenden: NK 7) nimmt den Gegenstand der erfindungsgemäßen Lehre ebenfalls nicht neuheitsschädlich vorweg.
    Es handelt sich bei der NK 7 um eine Druckschrift, die bereits im Prüfungsverfahren vor dem Europäischen Patentamt berücksichtigt wurde (dort als D1). Wie oben bereits beschrieben, befasst sich die Entgegenhaltung mit einem digitalen Kommunikationssystem mit einer Vorwärts- und Rückwärtsstrecke zur Datenpaketübertragung (siehe oben, Ziff. II).
    Die NK 7 offenbart zwar das Senden von Datenpaketen im Uplink über einen DCH oder einen RACH. Sie zeigt aber weder, dass der Mobilstation ein Schwellenwert zugesandt wird, noch, dass die Mobilstation einen Vergleich eines Kanalauswahlparameters mit einem Schwellenwert durchführt. Die Beklagten verweisen in diesem Zusammenhang auf Sp. 27, Z. 6-13 der NK 8, in der es heißt:
    „Mobile stations can request assignment to a CDMA Traffic Channel by sending a CDMA Origination Message instead of a Paging/Packet Channel Request when initiating packet data service. Mobile stations can also establish their own criteria for making the transition between Traffic Channel and Packet/Paging Channels, so long as the resulting procedures do not conflict with the base station’s procedures.“
    Die Beklagten aus dem Parallelverfahren entnehmen dieser Textstelle, dass die Mobilstation nicht nur dazu eingerichtet sein müsse, selbst Schwellendaten festlegen zu können, sondern sich diese auch von der Basisstation zusenden lassen könne. Das offenbart die NK 8 an dieser Stellte jedoch nicht eindeutig und unmittelbar (siehe auch den qualifizierten Hinweis des Bundespatentgerichts, Anlage EIP B 62E, S.11).
    5.
    Es ist zudem nicht erkennbar, dass die erfindungsgemäße Lehre nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht.
    Soweit die Beklagten aus dem Parallelverfahren meinen, dass der Gegenstand des Klagepatents bei Verbindung der NK 7 mit der im Erteilungsverfahren nicht berücksichtigten Masterarbeit mit dem Titel „NN“ (aus dem parallelen Verfahren mit dem Aktenzeichen 4b O 6/19; im Folgenden: NK 9) nahe gelegen habe, sind diese Entgegenhaltungen zwar wegen der nicht wirksam in Anspruch genommenen Priorität zu berücksichtigen. Jedoch konnten die Beklagten nicht aufzeigen, aus welchem Grund der einschlägige Fachmann die Lehre der beiden Druckschriften miteinander verbunden hätte. Die NK 9 beschäftigt sich schon nicht mit der Datenübertragung im Uplink, sondern im Downlink. Zudem erwähnt sie nicht, dass ein Schwellenwert durch das Netzwerk definiert und an die Mobilstation gesendet wird.
  210. D.
    Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91a, 92 Abs. 1 ZPO.
    Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache von den Parteien teilweise übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, war über die Kosten gemäß § 91a ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden.
    Die Klägerin hat den Rechtsstreit im Hinblick auf den von ihr geltend gemachten Unterlassungsanspruch und den Rückrufanspruch in der Hauptsache für erledigt erklärt, weil die Schutzfrist des Klagepatents am 22. Februar 2020 ablief.
    Ohne das erledigende Ereignis wären die Beklagten voraussichtlich im gleichen Umfang unterlegen gewesen wie in dem Rechtsstreit im Übrigen. Zwar hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 18.06.2020 den Klageantrag dahingehend geändert, dass der zuvor in Form eines „insbesondere wenn“-Antrags geltend gemachte Klagepatentanspruch 16 Gegenstand des Hauptanspruchs geworden ist und dieser Antrag insgesamt abzuweisen war. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Klägerin auf den durch die Kammer erfolgten Hinweis eine entsprechende Einschränkung ihrer Anträge auch hinsichtlich des erledigten Teils vorgenommen hätte, so dass sie in dieser Hinsicht im gleichen Umfang unterlegen wäre.
  211. E.
    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
    Die Sicherheitsleistung wird auf 750.000,00 EUR festgesetzt.
    Die Sicherheitsleistung dient dem Interesse des Vollstreckungsschuldners und soll ihm ein Zugriffsobjekt für den Ersatz derjenigen Nachteile bereitstellen, die er bei einer etwaigen Zwangsvollstreckung des Urteils erleidet, welche sich im Nachhinein als unberechtigt erweist. Dabei ist neben den Anwaltskosten des Klägers und den Gerichtskosten ein möglicher Schadensersatzanspruch des Schuldners nach § 717 Abs. 2 ZPO zu berücksichtigen (Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 12. Aufl. 2020, Kap. H, Rn. 9). Die Vollstreckungsschäden – und damit die Sicherheitsleistung – entsprechen in der Regel dem festgesetzten Streitwert und sind typischerweise nicht höher (Kühnen, aaO, Rn. 12).
    Vorliegend wurde der Streitwert von der Klägerin mit 2.400.000,00 EUR beziffert. Soweit die Beklagten Anhaltspunkte dafür haben, dass eine in Höhe des Streitwerts festgesetzte Sicherheit den Vollstreckungsschaden nicht vollständig abdeckt, hätte es ihnen oblegen, die betreffenden Umstände darzulegen (Kühnen, aaO, Rn. 12).
    Hier haben die Beklagten vorgetragen, dass sie in den letzten Jahren mit ihren Mobiltelefonen einen Umsatz von mehreren hundert Millionen Euro erzielt hätten und dieser allein für die Jahre 2017 und 2018 mit etwa 700.000.000,00 EUR zu beziffern sei. Sie fordern daher eine Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000.000,00 EUR für den Auskunftsanspruch. Die für den Unterlassungsanspruch und den Rückrufanspruch verlangte Sicherheitsleistung hat außer Betracht zu bleiben, weil die Klägerin diesen Antrag wegen Ablauf des Klagepatents für erledigt erklärt hat.
    Die Beklagten haben jedoch über die pauschale Nennung ihrer Umsatzzahlen hinaus nicht konkret dargelegt, welcher Schaden ihnen im Einzelnen droht. Dies gilt vor allem im Hinblick darauf, dass die Ansprüche jeweils nur noch für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum geltend gemacht werden. Mangels konkreter Grundlage für die Berechnung der Sicherheitsleistung wird diese entsprechend der üblichen Praxis in Höhe eines Teils des Streitwerts festgesetzt. Hinsichtlich der einzig noch verbleibenden vollstreckbaren Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung ist ein höherer materieller Schaden auch nicht ersichtlich.

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