Düsseldorfer Entscheidungsnummer: 3044
Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 1. September 2020, Az. 4a O 3/19
- I. Die Beklagten werden verurteilt,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,
einen Zahnkeil zur Verwendung im interproximalen Zwischenraum zwischen benachbarten Zähnen, der Folgendes umfasst:
einen verjüngten Abschnitt, der in einer Spitze endet, einen Handgriff, einen Körperabschnitt, der sich zwischen dem Handgriff an einem Ende und dem verjüngten Abschnitt am anderen Ende erstreckt, dadurch gekennzeichnet, dass der Körperabschnitt einen umgedrehten V- förmigen Querschnitt aufweist, wobei eine Biegung der Seiten der V- Form es dem Keil ermöglicht, sich an verschiedene Konturen des interproximalen Zwischenraums anzupassen, und wobei der Körperabschnitt von einer Seite aus gesehen ein gebogenes Profil aufweist, das zum Handgriff und dem verjüngten Abschnitt hin ansteigt und zu einem mittleren Abschnitt des Körperabschnitts hin nach unten gebogen ist, und worin der mittlerer Abschnitt des Körperabschnitts schmäler ist als zumindest ein Teil des Keils an jedem Ende des mittleren Abschnitts,
(Anspruch 1 des Klagepatents)
im Geltungsbereich des deutschen Teils des EP 1 815 XXX B1 anzubieten, in Verkehr zu bringen und/oder zu gebrauchen und/oder zu den genannten Zwecken einzuführen und/oder zu besitzen;
2. der Klägerin in einer geordneten Aufstellung schriftlich darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die unter Ziff. I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 16. Dezember 2011 begangen haben, und zwar unter Angabe
a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Lieferungsmengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,
b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nicht-gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernehmen und den Wirtschaftsprüfer ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter nichtgewerblicher Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist;
3. nur die Beklagte zu 2): die in ihrem unmittelbaren und/oder mittelbaren Besitz und/oder Eigentum befindlichen, vorstehend unter Ziff. I. 1. bezeichneten Erzeugnisse auf eigene Kosten zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von der Klägerin zu benennenden oder zu beauftragenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten zu 2) herauszugeben;
4. die vorstehend unter Ziff. I. 1. bezeichneten, seit dem 16. Dezember 2011 in Verkehr gebrachten und im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse gegenüber den gewerblichen Abnehmern aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagten oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf Verletzung des Klagepatents erkannt hat, aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagten zurückzugeben und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rücknahme zugesagt wird und endgültig zu entfernen, indem die Beklagten die erfolgreich zurückgerufenen Erzeugnisse wieder an sich nehmen oder die Vernichtung derselben beim jeweiligen Besitzer veranlassen. - II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die in Ziff. I.1. bezeichneten, seit dem 16. Dezember 2011 begangenen Handlungen entstanden ist und künftig entstehen wird.
III. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.
IV. Das Urteil ist insgesamt gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 500.000,00 EUR vorläufig vollstreckbar. Daneben sind die Ansprüche auf Unterlassung, Vernichtung und Rückruf (Ziff. I.1., I.3. und I.4. des Tenors) gemeinsam gesondert vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 375.000,00 EUR. Die Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung (Ziff. I.2. des Tenors) sind gesondert vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000,00 EUR. Die Kostengrundentscheidung ist gesondert vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags. - Tatbestand
- Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen behaupteter Patentverletzung auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Rückruf und Vernichtung (nur die Beklagte zu 2), sowie Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, Schadensersatz zu leisten, in Anspruch.
- Die Klägerin ist seit dem 29.07.2019 als Inhaberin des deutschen Teils des Europäischen Patents EP 1 815 XXX B1 (nachfolgend als Klagepatent bezeichnet) in das Register des Deutschen Patent- und Markenamts eingetragen. Die Klagepatentschrift wurde als Anlage K 5 zur Akte gereicht, eine Übersetzung der Klagepatentbeschreibung als Anlage K 7. Das in englischer Verfahrenssprache verfasste Klagepatent wurde am 07.02.2007 angemeldet, der Hinweis auf die Erteilung am 16.11.2011 veröffentlicht. Das Klagepatent steht in Kraft.
- Als ursprünglicher Inhaber war Herr A eingetragen.
- Das Klagepatent betrifft einen bei der Legung von Zahnfüllungen in Zahnmatritzen verwendeten Zahnkeil. Die nachfolgend verkleinert eingeblendete Figur 5 des Klagepatents zeigt eine orthogonale Ansicht von der Seite des Zahnkeils eines Ausführungsbeispiels:
Der geltend gemachte Anspruch 1 des Klagepatents lautet in der maßgeblichen englischen Fassung: - A dental wedge, for use in the inter-proximal space between adjacent teeth, comprising a taper section (8) ending at a tip, a handle (2), a body section (1) extending between said handle at one end and said taper section at the other end, characterised in that said body section has an inverted V-shaped cross-section, flexing of the sides (16,16′) of the V-shape allowing the wedge to adapt to various contours of the inter-proximal space, and said body section, when viewed from a side, has a curved profile, rising to the handle and taper section, and curved downward toward a mid-portion of said body section, and wherein the mid-portion (9) of said body section is narrower than at least a portion of the wedge at each end of said mid-portion.
- In deutscher Übersetzung lautet er:
- Zahnkeil zur Verwendung im interproximalen Zwischenraum zwischen benachbarten Zähnen, der Folgendes umfasst: einen verjüngten Abschnitt (8), der in einer Spitze endet, einen Handgriff (2), einen Körperabschnitt (1), der sich zwischen dem Handgriff an einem Ende und dem verjüngten Abschnitt am anderen Ende erstreckt, dadurch gekennzeichnet, dass der Körperabschnitt einen umgedrehten V-förmigen Querschnitt aufweist, wobei eine Biegung der Seiten (16, 16′) der V-Form es dem Keil ermöglicht, sich an verschiedene Konturen des interproximalen Zwischenraums anzupassen, und wobei der Körperabschnitt von einer Seite aus gesehen ein gebogenes Profil aufweist, das zum Handgriff und dem verjüngten Abschnitt hin ansteigt und zu einem mittleren Abschnitt des Körperabschnitts hin nach unten gebogen ist, und worin der mittlere Abschnitt (9) des Körperabschnitts schmäler ist als zumindest ein Teil des Keils an jedem Ende des mittleren Abschnitts.
- Die Beklagte zu 1) stellt her und vertreibt Zahnversorgungslösungen. Bei der Beklagten zu 2) handelt es sich um ein Vertriebsunternehmen für Dentalprodukte in Deutschland. Die Beklagten vertreiben unter anderem Zahnkeile mit der Bezeichnung „B“ in verschiedenen Größen (nachfolgend als angegriffene Ausführungsform bezeichnet) in Deutschland.
- Die Klägerin behauptet, Herr A habe mit Vertrag vom 27.11.2013 das Klagepatent an die C übertragen und legt hierzu als Anlage K 6 die Kopie einer Vereinbarung in englischer Sprache und als Anlage K 24 eine deutsche Übersetzung vor. Zum Nachweis, dass es sich bei der Unterschrift unter die als Anlage K 6 vorgelegte Vereinbarung um die Unterschrift des Herrn A handele, legt die Klägerin als Anlage K 25 zum Unterschriftenvergleich einen Prioritätsbeleg aus dem Europäischen Anmeldeverfahren vor.
- Die Klägerin behauptet, bei der Änderung des Unternehmensnamens von „C“. in „D“ habe es sich um eine bloße Umfirmierung unter Erhalt der Rechtspersönlichkeit gehandelt. Zum Nachweis, dass es sich bei der Abtretungsempfängerin um die Klägerin handele, legt die Klägerin unter anderem als Anlagen K 26 und K 26a (deutsche Übersetzung) eine Kopie der Bestätigung des … des Staates E über die Umfirmierung der Klägerin von „C“ zu „D“ vom 29.02.2016 vor. In Anlage K 47 wird das betreffende Dokument in apostillierter Form vorlegelegt.
- Die Klägerin ist der Ansicht, dass jedenfalls durch die als Anlage K 36 im Original (deutsche Übersetzung Anlage K 36a) vorgelegte Vereinbarung des Herrn A mit der Klägerin vom 11./18.02.2020 die Aktivlegitimation der Klägerin hinreichend nachgewiesen sei.
- Die Klägerin ist der Auffassung, die angegriffene Ausführungsform mache von sämtlichen Merkmalen des Klagepatentanspruchs 1 unmittelbar und wortsinngemäß Gebrauch. Insbesondere weise der Körperabschnitt der angegriffenen Ausführungsform von einer Seite aus gesehen ein gebogenes Profil auf, welches zum Handgriff und dem verjüngten Abschnitt hin ansteige und zu einem mittleren Abschnitt des Körperabschnitts hin nach unten gebogen sei. Hierzu genüge es, wenn sich die Biegung lediglich über einen Teil der Kante und nicht vollständig bis zum Beginn des Haltegriffs/verjüngten Abschnitts erstrecke.
- Sie ist der Ansicht, ein Verschulden der Beklagten liege trotz der Einschaltung eines Patentrechtlers im Vorfeld der Markteinführung der angegriffenen Ausführungsform vor. Die eigene Sachkunde der Beklagten zu 1) als Herstellerin von Dentalprodukten wiege schwerer als die Sachkunde des hinzugezogenen Experten. Die Beklagte zu 1) habe sich nicht auf dessen Gutachten verlassen dürfen, zumal dieser nicht einmal die konkrete angegriffene Ausführungsform analysiert habe. Die Beklagte zu 2) als ein auf Dentalprodukte spezialisiertes Unternehmen treffe ebenfalls eine besondere Prüfpflicht. Sie habe sich nicht auf das pauschale Urteil der Beklagten zu 1) verlassen dürfen.
- Die Klägerin hat ihre ursprünglichen Anträge auf gerichtlichen Hinweis mit Schriftsatz vom 12.08.2019 angepasst und beantragt nunmehr,
- wie erkannt.
- Die Beklagten beantragen,
- die Klage abzuweisen.
- Sie rügen die fehlende Aktivlegitimation der Klägerin. Die nunmehr vorgenommene Eintragung in das Patentregister entfalte auf Grund des langen Zeitablaufs keine Indizwirkung. Die Beklagten bestreiten mit Nichtwissen, dass die C die Abtretung aus dem Jahr 2013 formlos angenommen habe. Sie bestreiten, dass die Unterschrift tatsächlich von Herrn A stamme. Sie bestreiten weiter die Echtheit der als Anlage K 26 vorgelegten Dokumente des (…), da sie sich nicht in der Lage sahen, diese mittels des dort angegebenen Verifizierungslinks zu verifizieren. Gleiches gelte für den als Anlage K 27 vorgelegten Registerauszug. Die nunmehr erfolgte Abtretungserklärung aus dem Jahr 2020 könne von der Klägerin nicht herangezogen werden, da diese unter der Bedingung stehe, dass das Klagepatent nicht bereits im Jahr 2013 abgetreten worden sei.
- Sie sind der Auffassung, die angegriffene Ausführungsform verwirkliche nicht sämtliche Merkmale des Klagepatentanspruchs 1. Insbesondere fehle es an dem gebogenen Profil einer Seite. Hierzu sei es notwendig, dass sich die Biegung vom Haltegriff bis zum verjüngten Abschnitt hin erstrecke. Dies sei bei der angegriffenen Ausführungsform gerade nicht der Fall.
- Sollte eine Patentverletzung bejaht werden, so fehle es aber jedenfalls an einem Verschulden seitens der Beklagten. Die Beklagte zu 1) habe vor Inverkehrbringen der angegriffenen Ausführungsform ein Gutachten eines der erfahrensten Patentrechtler (…), eines Herrn Prof. K, vorgelegt als Anlage B 4, eingeholt. Zur Abfassung des Gutachtens seien dem Gutachter Aufnahmen eines Prototyps einer ursprünglich vorgesehenen Ausführungsform zur Verfügung gestellt worden. Auf Grundlage einer nachfolgenden Abwandlung des Prototyps habe der Gutachter ein weiteres, als Anlage B11 (deutsche Übersetzung B 12) vorgelegtes Gutachten erstellt. Daraufhin habe die Beklagte zu 1) den Prototyp nochmals abgewandelt und der Gutachter habe ihr mit E-Mail vom 24.11.2016, vorgelegte als Anlage B 13 (deutsche Übersetzung in Anlage B 14) mitgeteilt, dass eine Verletzung des Klagepatents nunmehr nicht mehr gegeben sei. Erst danach habe die Beklagte zu 1) eine Schablone entwickelt, um die angegriffene Ausführungsform produzieren zu können. Mit E-Mail vom 08.04.2017, vorgelegt als Anlage B 15 (deutsche Übersetzung B 16) habe die Beklagte zu 1) die finalen Zeichnungen des Technikers erhalten. Die finale Zeichnung zeige von der Seite aus ein gerades Profil der angegriffenen Ausführungsform und wird von den Beklagten als Anlage B 17 vorgelegt. Mithin sei die Entwicklung in enger Abstimmung mit einem Patentexperten erfolgt, auf dessen Urteil sich die Beklagte zu 1) habe verlassen dürfen.
- Die Kammer hat der Klägerin mit Beschluss vom 24.05.2019 aufgegeben, der Beklagten zu 2) Sicherheit wegen der Prozesskosten in Höhe von 75.000,00 EUR zu leisten.
- Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wir ergänzend Bezug genommen auf die wechselseitig zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Hauptverhandlung vom 30.07.2020 (Bl. 178 f. GA).
- Entscheidungsgründe
- Die zulässige Klage ist begründet. Die Klägerin ist in Bezug auf sämtliche geltend gemachte Ansprüche aktivlegitimiert (hierzu unter I.). Bei der angegriffenen Ausführungsform handelt es sich um ein klagepatentgemäßes Erzeugnis nach § 9 S. 2 Nr. 1 PatG (hierzu unter II.). Da die Beklagten entgegen § 9 S. 2 Nr. 1 PatG die angegriffene Ausführungsform im Inland vertreiben, stehen der Klägerin gegen die Beklagten die geltend gemachten Ansprüche aus Art. 64 EPÜ i.V.m. §§ 139 Abs. 1, Abs. 2, 140a Abs. 1 Abs. 3, 140b PatG, §§ 242, 259 BGB zu (hierzu unter III.).
- I.
Die Klägerin ist aktivlegitimiert. - 1.
In Bezug auf den in die Zukunft gerichteten Unterlassungs-, Rückruf- und Vernichtungsanspruch folgt die Aktivlegitimation aus der nunmehr erfolgten Eintragung der Klägerin in das Patentregister (vgl. vgl. Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 12. Auflage 2020, Abschnitt D, Rn 105). - 2.
In Bezug auf den Schadenersatz-/Entschädigungsanspruch sowie den Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch ist allein die materielle Rechtslage entscheidend (BGH, GRUR 2013, 713 – Fräsverfahren). Der insoweit voll darlegungs- und beweisbelastete Kläger hat seine materielle Inhaberschaft darzulegen und zu beweisen, es gelten die üblichen Beweislastregeln. - a)
Unter Würdigung der von der Klägerin vorgelegten Beweismittel steht für die Kammer zur hinreichenden Überzeugung fest, dass der Klägerin sämtliche Rechte am Klagepatent mit Vereinbarung vom 27.11.2013 übertragen worden sind. - aa)
Durch Inaugenscheinnahme der als Anlage K 6 vorgelegten Vereinbarung im Original sowie durch Vergleich der Unterschrift mit derjenigen unter dem als Anlage K 25 vorgelegten Dokument aus dem Anmeldeverfahren vor dem EPA ist die Kammer davon überzeugt, dass die als Anlage K 6 vorgelegte Abtretungserklärung durch den vormaligen Patentinhaber, Herrn A unterzeichnet worden ist. - bb)
Ebenfalls mit hinreichender Sicherheit überzeugt ist die Kammer davon, dass die Klägerin Abtretungsempfängerin der vorgenannten Abtretungserklärung ist. Die Kammer ist nach Würdigung der von der Klägerin vorgelegten Beweismittel davon überzeugt, dass es sich bei der Änderung des Unternehmensnamens von „C“ in „D“ um eine bloße Umfirmierung unter Erhalt der Rechtspersönlichkeit gehandelt hat. - Dies folgt unmittelbar aus der als Anlage K 26 vorgelegten Bestätigung des … des Staates D, in welcher es heißt (deutsche Übersetzung, Anlage K 26a):
- (…)
- Die geänderte Neufassung der Gründungsurkunde wird hiermit geändert, aufgenommen und neu formuliert und lautet nun wie folgt:
- 1. Der Name der Gesellschaft lautet D
- Das Bestreiten der Echtheit der entsprechenden Urkunde durch die Beklagten greift nicht durch. Der Beweis der Echtheit ausländischer öffentlicher Urkunden, zu denen das betreffende Dokument des … gehört, richtet sich nach § 438 ZPO. Nach § 438 Abs. 2 ZPO wird zum Beweis der Echtheit einer solchen Urkunde grundsätzlich die Legalisation benötigt. Allerdings genügt nach dem Haager Legalisierungsbefreiungsabkommen von 1981, dem sowohl die USA als auch Deutschland beigetreten sind, die Apostille (Feskorn in Zöller, 33. Auflage 2020, § 438 Rn 4). Den Beweis der Echtheit hat die Klägerin durch Vorlage einer entsprechenden Apostille in Anlage K 47 erbracht.
- cc)
Die Annahme der Abtretungserklärung durch die Klägerin ist nach Überzeugung der Kammer erfolgt. Das Bestreiten mit Nichtwissen durch die Beklagten greift insoweit nicht durch. Eine solche Annahme der Übertragung kann nach dem hier maßgeblichen Recht des Staates D auch ohne Unterzeichnung der Abtretungserklärung durch die Zessionarin erfolgen. Dies ergibt sich aus der als Anlage K 44 vorgelegten Stellungnahme eines in (…) zugelassenen Rechtsanwalts, der die Beklagten nicht substantiiert entgegengetreten sind. - Eine konkludente Annahme ist bereits in der Geltendmachung der Rechte aus dem Klagepatent durch die Klägerin gegenüber den Beklagten zu sehen. Darüber hinaus liegt auch in der Unterzeichnung des weiteren Übertragungsvertrags aus dem Jahr 2020 (Anlage K 36) eine derartige konkludente Annahme.
- b)
Aber selbst bei Verneinung einer solchen konkludenten Annahme ist die Klägerin jedenfalls durch den in Anlage K 36 vorgelegten Übertragungsvertrag mit dem vormaligen Patentinhaber, der im Original vorliegt und von dessen Echtheit sich die Kammer durch Inaugenscheinnahme überzeugt hat, materielle Inhaberin des Klagepatents geworden. Insoweit ist, da es sich bei den Parteien der Abtretungserklärung aus dem Jahr 2013 und dem Übertragungsvertrag aus dem Jahr 2020 um identische Rechtspersönlichkeiten handelt, eine Wahlfeststellung zu treffen. Entweder ist das Klagepatent bereits im Jahr 2013, jedenfalls aber im Jahr 2020 auf die Klägerin übertragen worden. - II.
Die angegriffene Ausführungsform ist ein klagepatentgemäßes Erzeugnis nach § 9 S. 2 Nr. 1 PatG. - 1.
Das Klagepatent betrifft einen bei der Legung von Zahnfüllungen in Zahnmatritzen verwendeten Zahnkeil. - Zur Legung von Kompositfüllungen verwenden Zahnmediziner Matrizen. Eine Matrize ist eine Vorrichtung, die um den Zahn gelegt wird und, bis der Kompositkunststoff ausgehärtet ist, als Formhilfe dient. Matrizen werden im Allgemeinen aus Kunststoff oder rostfreiem Stahl gefertigt und sind entweder Ring- oder Teilmatrizen. Teilmatrizen können nur in einem proximalen Bereich des Zahns gelegt werden, während die Bänder von Ringmatrizen um den gesamten Umfang des Zahns gelegt werden können. Die Matrizen werden mit Keilen und/oder Klemmen in ihrer Position fixiert.
- Nach dem Klagepatent sind Keile des Stands der Technik im Allgemeinen aus Holz oder Kunststoff gefertigt und werden zwischen die Matrize und den benachbarten Zahn eingeschoben. Keile werden verwendet, um die Matrize gegen den zu befüllenden Zahn zu pressen und den zu befüllenden Zahn und den benachbarten Zahn temporär voneinander zu trennen.
- Das Klagepatent nennt als Stand der Technik die Druckschrift USXXXXX. Diese beschreibt einen aus dem Stand der Technik bekannten massiven Zahnkeil.
- Ferner nennt das Klagepatent die Druckschrift US200X/XXX als Stand der Technik. Diese beschreibt einen Zahnkeil mit einem gestreckten Körper mit einem im Allgemeinen dreieckig geformten Querschnitt.
- An den Keilen aus dem Stand der Technik kritisiert das Klagepatent, dass diese nicht biegsam oder angemessen geformt seien und häufig Punktionen des weichen Gewebes verursachen. Sie seien damit traumatisch. Häufig sind Lokalanästhetika erforderlich.
- Hiervon ausgehend stellt sich das Klagpatent die technische Aufgabe, einen Keil zum Festhalten von Zahnmatrizen bereitzustellen, der eine Verbesserung der Systeme und Vorrichtungen des Stands der Technik darstellt oder der der Branche zumindest eine nützliche Alternative bereitstellt.
- Zur Lösung schlägt das Klagepatent einen Zahnkeil nach Anspruch 1 vor, der sich in die folgenden Merkmale gliedern lässt:
- Zahnkeil zur Verwendung im interproximalen Zwischenraum zwischen benachbarten Zähnen, der Folgendes umfasst:
1. einen verjüngten Abschnitt (8), der in einer Spitze endet,
2. einen Handgriff (2),
3. einen Körperabschnitt (1), der sich zwischen dem Handgriff an einem Ende und dem verjüngten Abschnitt am anderen Ende erstreckt,
dadurch gekennzeichnet,
4. dass der Körperabschnitt aufweist:
a) einen umgedrehten V-förmigen Querschnitt, wobei
b) eine Biegung der Seiten (16, 16′) der V-Form es dem Keil ermöglicht, sich an verschiedene Konturen des interproximalen Zwischenraums anzupassen, und wobei
c) der Körperabschnitt von einer Seite aus gesehen ein gebogenes Profil,
aa) das zum Handgriff und dem verjüngten Abschnitt hin ansteigt und
bb) zu einem mittleren Abschnitt des Körperabschnitts hin nach unten gebogen ist, und worin
5. der mittlere Abschnitt (9) des Körperabschnitts schmäler ist als zumindest ein Teil des Keils an jedem Ende des mittleren Abschnitts. - 2.
Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht sämtliche Merkmale des Klagepatentanspruchs 1 unmittelbar und wortsinngemäß. - a)
Bei der angegriffenen Ausführungsform handelt es sich nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien zu Recht um einen Zahnkeil, der einen verjüngten Abschnitt, der in einer Spitze endet, einen Haltegriff sowie einen Körperabschnitt umfasst, der sich zwischen dem Haltegriff an einem Ende und dem verjüngten Abschnitt am anderen Ende erstreckt. Dieser Körperabschnitt weist einen umgedrehten V-förmigen Querschnitt auf, wobei eine Biegung der Seiten der V-Form es dem Keil ermöglicht, sich an verschiedene Konturen des interproximalen Zwischenraums anzupassen, so dass die angegriffene Ausführungsform die Merkmale 1 bis 3 sowie die Merkmale 4 a) und 4 b) verwirklicht. - b)
Merkmalsgruppe 4 c), wonach - der Körperabschnitt von einer Seite aus gesehen ein gebogenes Profil aufweist,
aa) das zum Handgriff und dem verjüngten Abschnitt hin ansteigt und
bb) zu einem mittleren Abschnitt des Körperabschnitts hin nach unten gebogen ist. - ist ebenfalls verwirklicht.
- aa)
der Körperabschnitt weist von der Seite aus gesehen ein gebogenes Profil auf, wenn er derart gebogen ist, dass er jedenfalls über einen Teil der Längserstreckung zum Haltegriff und zum verjüngten Abschnitt hin ansteigt. Eine Biegung, die erst am Haltegriff bzw. verjüngten Abschnitt endet, ist hingegen nicht notwendig zur Merkmalsverwirklichung. - (1)
Der Wortlaut des Anspruchs ist insoweit offen formuliert. Der maßgebliche englische Wortlaut verwendet die Formulierung „to the“, die sowohl als reine Richtungsangabe als auch als konkrete Angabe des Endpunkts der Biegung verstanden werden kann. - (2)
Der Anspruchssystematik lässt sich entgegen der Auffassung der Beklagten keine Einschränkung entnehmen. Merkmal 4 c) bb) wird durch die oben genannte Auslegung von Merkmal 4 c) aa) nicht sinnentleert und umgekehrt. - Zum einen schließt allein die Tatsache, dass ein Anspruchsmerkmal bei einem bestimmten Verständnis für den Fachmann bloß eine technische Selbstverständlichkeit zum Ausdruck bringen würde, dieses Verständnis nicht aus (BGH, GRUR 2010, 602 – Gelenkanordnung; OLG Düsseldorf, Urteil vom 25.02.2016 – I-15 U 136/14 – Rn. 120 bei Juris).
- Darüber hinaus handelt es sich bei Merkmal 4 c) bb) auch unter vorgenannter Auslegung nicht um eine technische Selbstverständlichkeit. Denn erst Merkmal 4 c) bb) gibt dem Fachmann die Anweisung, eine Ausführungsform derart auszugestalten, dass sich der tiefste Bereich der Biegung im „mittleren Abschnitt des Körperabschnitts“ befindet und nicht z.B. direkt am Haltegriff. Zum anderen wird dem Fachmann die klagepatentgemäße Ausgestaltung durch die Beschreibung der Biegung aus zwei unterschiedlichen Perspektiven in den beiden Merkmalen verdeutlicht.
- (3)
Aus der Beschreibung und den Zeichnungen des Klagepatents ergibt sich nicht, dass der Anspruchswortlaut zwingend auf Ausführungsformen, bei welchen sich die Biegung genau bis zum Haltegriff bzw. dem verjüngten Abschnitt erstreckt, einzuschränken ist. - Bei der in der Mehrzahl der Figuren des Klagepatents gezeigten bananenförmigen Ausgestaltung der Biegung handelt es sich um bloße Ausführungsbeispiele, die den Schutzbereich grundsätzlich nicht einschränken (vgl. BGH, GRUR 2008, 779 – Mehrgangnabe).
- Vielmehr erkennt der Fachmann aus den in den Figuren 13 und 18 vorgenommenen Schnitten B-B und D-D der dort gezeigten Ausführungsbeispiele, dass maßgeblich für die Biegung nicht die Strecke vom Beginn des Haltegriffs bis zum Beginn der verjüngten Spitze ist, sondern vielmehr ein Bereich im mittleren Abschnitt des Körperabschnitts. Die Schnittpunkte B-B, C-C und D-D sind gewählt worden um, wie in den Abschnitten [0036] ff. des Klagepatents beschrieben, das Ausmaß der Biegung des Profils zu berechnen. Insbesondere die Schnittpunkte B-B, die bei beiden Figuren mit deutlichem Abstand zum Beginn des Haltegriffs positioniert sind, verdeutlichen dem Fachmann, dass es nicht maßgeblich darauf ankommt, dass die Biegung bis zum Beginn des Haltegriffs verläuft. Insoweit bleibt die konkrete Ausgestaltung dem Fachmann überlassen.
- Etwas anderes folgt schließlich nicht aus der Vorteilsangabe in Abschnitt [0048] der Klagepatentschrift. Hier heißt es:
- Die Krümmung des Keilkörpers 1 versetzt den Zahnarzt in die Lage, den Keil in den interproximalen Zwischenraum einzuführen, ohne die gingivale Papille auf der anderen Seite zu durchstechen.
- Bei der gingivalen Papille handelt es sich um den zipfelförmigen Fortsatz des Zahnfleischs, der den Zahnzwischenraum verschließt.
- Grundsätzlich kann der Schutzbereich eines europäischen Patents zwar nicht auf Ausführungsformen erstreckt werden, die Ersatzmittel verwenden, die völlig oder bis zu einem praktisch nicht mehr erheblichen Umfang auf den mit dem Patent erstrebten Erfolg verzichten (BGH, GRUR 1999, 909 – Spannschraube).
- Hier erkennt der Fachmann allerdings unter Berücksichtigung von Figur 11 des Klagepatents, dass der erfindungsgemäße Vorteil primär dadurch erreicht wird, dass in diesem Ausführungsbeispiel die verjüngte Spitze ebenfalls nach oben gebogen ist. Es ist für die Kammer aus der Klagepatentschrift nicht ersichtlich noch durch die Beklagten – auch nach Hinweis in der mündlichen Verhandlung – substantiiert vorgetragen, dass ein Zahnkeil, bei welchem sich die Biegung nicht über den Körperabschnitt in seiner gesamten Länge erstreckt, den klagepatentgemäßen Erfolg nicht oder jedenfalls nicht im relevanten Umfang erreichen kann.
- (4)
Eine von Beklagtenseite geforderte „deutliche Biegung“ ist nach dem Klagepatent nicht erforderlich. Nach Unteranspruch 12 des Klagepatents beträgt die Tiefe der Biegung zwischen 0,6 mm und 1,1 mm. Angesichts dessen, dass es sich um einen Unteranspruch handelt, sind vom Hauptanspruch noch geringere Tiefen der Biegung umfasst, also auch solche, die mit dem bloßen Auge kaum zu erkennen sind. - bb)
Unter Berücksichtigung der vorgenannten Auslegung verwirklicht die angegriffene Ausführungsform die gesamte Merkmalsgruppe 4 c). - Sowohl aus der von der Klägerin in der Anlage K 31 vorgelegten Abbildung eines 3D-Scans einer angegriffenen Ausführungformen als auch aus den von den Beklagten im Anlagenkonvolut B 9 vorgelegten Abbildungen 2 und 3, die nachfolgend in der Reihenfolge B 9 – Abbildung 2, B 9 – Abbildung 3, K 31, eingeblendet sind, ist eine Einbuchtung an der Kante der angegriffenen Ausführungsform im mittleren Bereich des Körperabschnitts erkennbar.
- Die entsprechende Einbuchtung findet sich ebenfalls an der durch die Klägerin überreichten angegriffenen Ausführungsform. Sie ist zwar mit bloßem Auge kaum sichtbar, was aber unter Beachtung der vorgenannten Auslegung unerheblich ist.
- c)
Die Beklagten stellen die Verwirklichung von Merkmal 5 zu Recht nicht in Abrede, so dass es insoweit keiner weiteren Erörterung bedarf. - III.
Die Beklagten verletzen das Klagepatent durch Anbieten und Inverkehrbringen der angegriffenen Ausführungsform im Inland. - Aufgrund der festgestellten Patentverletzung ergeben sich die zuerkannten Rechtsfolgen:
- 1.
Der Unterlassungsanspruch beruht auf Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 1 PatG, da die Benutzung des Erfindungsgegenstandes im Inland ohne Berechtigung erfolgt. Die Verwirklichung einer Benutzungshandlung verursacht grundsätzlich Wiederholungsgefahr für alle in § 9 PatG, hier § 9 S. 2 Nr.13, geschützten Handlungen (Voß/Kühnen in Schulte, PatG, 9. Aufl. 2014, § 139 Rn. 50). -
2.
Die Klägerin hat gegen die Beklagten dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz, der aus Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 2 PatG folgt. - a)
Als Fachunternehmen hätten die Beklagten die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. - aa)
Die Beklagte zu 1) kann sich durch die Einholung patentrechtlichen Rats vor Markteinführung der angegriffenen Ausführungsform nicht exkulpieren. - Es mag zwar Fälle geben, in welchen die Auskunft eines mit besonderer Fachkenntnis ausgestatteten Patentanwalts den Verletzer deckt (BGH, GRUR 1974, 290 – maschenfreier Strumpf). Allerdings gilt dies nicht unbedingt. Selbst eine günstige Stellungnahme eines Gutachters braucht nicht notwendig ein Verschulden des Verletzers auszuschließen, vor allem nicht bei eigener Sachkunde; jedenfalls erspart sie ihm keineswegs eine sorgfältige eigene Prüfung der Sachlage; will er sich gleichwohl durch Einholung von Gutachten gegen den Vorwurf eines schuldhaften Verhaltens sichern, so obliegt es ihm, den mit dem Streitstand befassten Gerichten diese Gutachten auch zur Nachprüfung vorzulegen, ob sie tatsächlich eine überzeugende und nachprüfbare Begründung eines wirklichen Sachkenners enthalten (BGH GRUR 59, 478 – Laux-Kupplung). Bejaht wird daher ein Verschulden unter anderem bei unvollständiger Unterrichtung des beauftragten Patentanwalts (RGZ 125, 391). So liegt der Fall auch hier. In der jüngsten vorgelegten E-Mail des Privatgutachters vom 24.11.2016 (deutsche Übersetzung Anlage B 14) heißt es (Unterstreichungen hinzugefügt):
- (…)
- Hieraus ist ersichtlich, dass dem Gutachter gerade kein Modell der nunmehr tatsächlich vertriebenen angegriffenen Ausführungsform zur Begutachtung vorgelegt wurde, sondern lediglich eine technische Zeichnung, die einen Zahnkeil zeigt, der im mittleren Teil keine Vertiefung aufweist. Der Gutachter hat sich somit mit der konkreten angegriffenen Ausführungsform, welche eine Vertiefung im Profil aufweist, nicht auseinandergesetzt.
- bb)
Für die Verschuldensfrage unerheblich ist der Umstand, dass die nach dem Vortrag der Beklagten für die Produktion des Zahnkeils angefertigte Zeichnung, vorgelegt als Anlage B 17, ein planes Profil des Körperabschnitts ohne Biegung aufweist. Selbst unter Berücksichtigung ihres Vortrags im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 13.08.20520, wonach es sich nur um zufällige und nur bei einzelnen angegriffenen Ausführungsformen durch Materialverformungen auftretende Einbuchtungen handele, gesteht die Beklagte zu 1) damit zu, klagepatentgemäße angegriffene Ausführungsformen hergestellt und auf den Markt gebracht zu haben. Ein mit der erforderlichen Sorgfalt im Geschäftsverkehr handelndes Unternehmen in der Rolle der Beklagten zu 1) hätte die klagepatentgemäßen Ausgestaltungen im Rahmen der Qualitätskontrolle entdeckt bzw. entdecken müssen. - b)
Dies lässt sich auf die Beklagte zu 2) übertragen, bei welcher es sich ebenfalls um ein Fachunternehmen handelt. - c)
Da überdies durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten die Entstehung eines Schadens hinreichend wahrscheinlich ist, der durch die Klägerin aber noch nicht beziffert werden kann, weil sie den Umfang der rechtsverletzenden Benutzungshandlungen ohne ihr Verschulden nicht im Einzelnen kennt, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an der Feststellung der Schadensersatzverpflichtung anzuerkennen, § 256 ZPO. - 3.
Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, ihren Schadensersatzanspruch zu beziffern, steht ihr gegen die Beklagten ein Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung im zuerkannten Umfang zu. Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsformen ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus Art. 64 EPÜ i.V.m. § 140b Abs. 1 PatG, der Umfang der Auskunftspflicht aus Art. 64 EPÜ i.V.m. § 140b Abs. 3 PatG. Die weitergehende Rechnungslegungspflicht folgt aus Art. 64 EPÜ i.V.m. §§ 242, 259 BGB. Die Klägerin ist auf die Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt; die Beklagten werden durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. - 4.
Die Klägerin kann die Beklagten aus Art. 64 EPÜ i.V.m. § 140a Abs. 1, 3 PatG auf Rückruf sowie Vernichtung (hier nur die Beklagte zu 2)) patentverletzender Erzeugnisse in Anspruch nehmen. - 5.
Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 13.08.2020 gab weder Anlass zu einer abweichenden Entscheidung noch zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 ZPO. - IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 269 Abs. 3, 100 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO. Auf Antrag der Klägerin waren Teilsicherheiten im tenorierten Umfang festzusetzen.