4c O 39/19 – Sanitäre Einsetzeinheit mit Vorsatzsieb

Düsseldorfer Entscheidungsnummer: 3041

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 18. Juni 2020, Az. 4c O 39/19I. Die Beklagte wird verurteilt,

  1. 1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlungen von bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an dem jeweiligen Geschäftsführer der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen,
  2. sanitäre Einsetzeinheiten zum Einsetzen in eine Auslaufarmatur mit einem im wesentlichen kegelförmigen Vorsatzsieb, dem in Durchströmrichtung ein Durchflussmengenregler und ein Strahlregler nachgeordnet sind, wobei das Vorsatzsieb mit dem Strahlregler-Gehäuse lösbar verbunden ist, dadurch gekennzeichnet, dass der Durchflussmengenregler ein dem Querschnittsprofil des Vorsatzsiebes derart im Wesentlichen formangepasstes Querschnittsprofil aufweist, dass der Durchflussmengenregler in dem Innenraum unterhalb des am Strahlregler-Gehäuse befestigten Vorsatzsiebes angeordnet ist, und derart, dass eine hundertprozentige geometrische Kompatibilität zwischen einer Einsetzeinheit mit bzw. ohne Durchflussmengenregler realisiert wird, und der Durchflussmengenregler einen zentralen Kernbereich aufweist, der von einem ringförmigen Drosselkörper umgeben ist, und zwischen dem Drosselkörper und der Auflaufschräge ein Steuerspalt gebildet ist, dessen Durchtrittsquerschnitt durch den sich unter der beim Durchströmen bildenden Druckdifferenz verformenden Drosselkörper veränderbar ist,
  3. im Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen;
  4. 2. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses vollständig Rechnung zu legen und Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie die unter Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 21.01.2006 begangen hat, und zwar unter Angabe
  5. a) der Herstellungsmengen und -zeiten und, wobei nachfolgende Angaben erst ab dem 29.10.2014 geschuldet sind, der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer sowie der Einkaufspreise,
  6. b) der einzelnen Lieferungen und Bestellungen, aufgeschlüsselt nach Liefer- und Bestellmengen, -zeiten und -preisen, den jeweiligen Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
  7. c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen,
    -zeiten und -preisen, der jeweiligen Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
  8. d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, und
  9. e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
  10. – wobei die Beklagte hinsichtlich der Angaben zu lit. a) mit Ausnahme der Herstellungszeiten Rechnungen und für den Fall, dass keine Rechnungen vorhanden sind, Lieferscheine vorzulegen hat,
  11. – wobei die Angaben zu lit. e) nur für die Zeit seit dem 29.11.2014 zu machen sind,
  12. – wobei die Angaben zu den Einkaufspreisen nur für die Zeit seit dem 30.04.2006 zu machen sind,
  13. – wobei es der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht-gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von ihr zu bezeichnenden, der Klägerin gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
  14. 3. die vorstehend unter Ziff. I.1 bezeichneten, seit dem 29.10.2014 in den Besitz Dritter gelangten und dort befindlichen oder noch in den Besitz Dritter gelangenden sanitären Einsetzeinheiten aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen gewerblichen Abnehmer, denen durch die Beklagte oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt worden ist oder noch eingeräumt wird, unter Hinweis darauf, dass das Gericht mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des EP 1 606 XXX B1 erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagte zum Zwecke der auf Kosten der Beklagten durchzuführenden Vernichtung herauszugeben, und ihnen für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe verbindlich zugesagt wird;
  15. 4. die im unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder im Eigentum der Beklagten befindlichen oder noch gelangenden, unter Ziff. I.1. bezeichneten sanitären Einsetzeinheiten an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der auf Kosten der Beklagten durchzuführenden Vernichtung herauszugeben.
  16. II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist,
  17. 1. der Klägerin für die vorstehend unter Ziff. I.1 bezeichneten in der Zeit vom 21.01.2006 bis zum 28.11.2014 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;
  18. 2. der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziff. I.1 bezeichneten, seit dem 29.11.2014 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

    III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

  19. IV. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 10 % und der Beklagten zu 90 % auferlegt.
  20. V. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 500.000,00 Euro und für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
  21. Tatbestand
  22. Die Klägerin verfolgt in dem hiesigen Rechtsstreit gegen die Beklagte Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung, Rückruf und Vernichtung sowie Feststellung der Verpflichtung zur Leistung von Entschädigung und Schadensersatz beruhend auf dem deutschen Teil des europäischen Patents EP 1 606 XXX B1 (Anlage rop 1; im Folgenden: Klagepatent).
    Die Klägerin ist eingetragene und alleinverfügungsberechtigte Inhaberin des Klagepatents, das eine sanitäre Einsetzeinheit betrifft. Das Klagepatent ist am 11.03.2004 unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 21.03.2003 (DE XXX) angemeldet worden. Die Offenlegung der Anmeldung erfolgte am 21.12.2005 und diejenige des Hinweises auf die Erteilung des Klagepatents am 29.10.2014. Das Klagepatent steht auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft, seitdem es vom Bundespatentgericht mit Urteil vom 14.02.2019 im Rahmen eines Nichtigkeitsverfahrens (Az.: 7 Ni 15/17 (EP)) eingeschränkt – in dem hier mit dem Hauptantrag geltend gemachten Umfang – aufrechterhalten worden ist (vgl. Anlagen rop 1a, 1b).
  23. Ursprünglich lautete der Klagepatenanspruch 1:
    „Sanitäre Einsetzeinheit (1) zum Einsetzen in eine Auslaufarmatur mit einem im wesentlichen kegelförmigen Vorsatzsieb (2), dem in Durchströmrichtung ein Durchflussmengenregler (3) und ein Strahlregler (4) nachgeordnet sind, wobei das Vorsatzsieb (2) mit dem Strahlregler-Gehäuse lösbar verbunden ist, dadurch gekennzeichnet, dass der Durchflussmengenregler (3) ein dem Querschnittsprofil des Vorsatzsiebes (2) derart im Wesentlichen formangepasstes Querschnittsprofil aufweist, dass der Durchflussmengenregler (3) in dem Innenraum (6) unterhalb des am Strahlregler-Gehäuse (5) befestigten Vorsatzsiebes (2) angeordnet ist, und derart, dass eine hundertprozentige geometrische Kompatibilität zwischen einer Einsetzeinheit mit bzw. ohne Durchflussmengenregler realisiert wird.“
  24. In der eingeschränkt aufrechterhaltenen Fassung lautet er nunmehr:
    „Sanitäre Einsetzeinheit (1) zum Einsetzen in eine Auslaufarmatur mit einem im wesentlichen kegelförmigen Vorsatzsieb (2), dem in Durchströmrichtung ein Durchflussmengenregler (3) und ein Strahlregler (4) nachgeordnet sind, wobei das Vorsatzsieb (2) mit dem Strahlregler-Gehäuse lösbar verbunden ist, dadurch gekennzeichnet, dass der Durchflussmengenregler (3) ein dem Querschnittsprofil des Vorsatzsiebes (2) derart im Wesentlichen formangepasstes Querschnittsprofil aufweist, dass der Durchflussmengenregler (3) in dem Innenraum (6) unterhalb des am Strahlregler-Gehäuse (5) befestigten Vorsatzsiebes (2) angeordnet ist, und derart, dass eine hundertprozentige geometrische Kompatibilität zwischen einer Einsetzeinheit mit bzw. ohne Durchflussmengenregler realisiert wird, und der Durchflussmengenregler einen zentralen Kernbereich aufweist, der von einem ringförmigen Drosselkörper umgeben ist, und zwischen dem Drosselkörper und der Auflaufschräge ein Steuerspalt gebildet ist, dessen Durchtrittsquerschnitt durch den sich unter der beim Durchströmen bildenden Druckdifferenz verformenden Drosselkörper veränderbar ist.“
  25. Wegen des Inhalts des „insbesondere“ geltend gemachten Anspruchs 2 wird auf die Klagepatentschrift verwiesen.
  26. Die nachfolgenden Figuren sind der Klagepatentschrift entnommen.
  27. Die Figur 1 zeigt einen teilweisen Schnitt in Seitenansicht einer erfindungsgemäßen Einsetzeinheit. Figur 2 offenbart eine Aufsicht auf den Durchflussmengenregler der erfindungsgemäßen Einsetzeinheit.
  28. Die Parteien sind auf dem Gebiet der Sanitärarmaturen tätig. Die Klägerin befasst sich mit der Entwicklung und Herstellung von Strahlreglern, die insbesondere in Sanitärarmaturen verwendet werden. Auch die Beklagte stellt Einsetzeinheiten für sanitäre Auslaufarmaturen her. Sie bewirbt ihre Produkte insbesondere in dem Katalog „A“, den die Klägerin auszugsweise als Anlage rop 4 zur Akte gereicht hat. Dieser zeigt eine sanitäre Einsetzeinheit mit der Bezeichnung „B“ mit C für Durchflussklasse „…“ mit der Bestellnummer XXX (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform). Die Beklagte hat zur Veranschaulichung des Innenaufbaus einer angegriffenen Ausführungsform die auf Seite 4 des Produktkatalogs abgebildete Grafik des Modells D in vergrößerter Ansicht als Anlage B1 zur Akte gereicht und mit Beschriftungen versehen, wie nachfolgend eingeblendet:
    Die Klägerin meint, die angegriffene Ausführungsform mache wortsinngemäßen Gebrauch von der Lehre des Klagepatents. Die angegriffene Ausführungsform würde insbesondere über eine Auflaufschräge im äußeren Randbereich des Durchflussmengenreglers verfügen. Für die Annahme einer erfindungsgemäßen Auflaufschräge sei nicht erforderlich, dass die schräge Fläche bis zum Steuerspalt ansteigend verlaufe. Vielmehr sei ausreichend, wenn sie in einem äußeren Bereich des Durchflussmengenreglers eine aufsteigende Form habe, dann aber zum Steuerspalt hin in eine ebene Ringzone übergehe.
    Für das Vorhandensein eines im Wesentlichen an die Form des Vorsatzsiebs angepassten Querschnittsprofils des Durchflussreglers komme es nach der Lehre des Klagepatents nur darauf an, dass dieser im Innenraum des Vorsatzsiebes angeordnet werden könne. Seinerseits müsse er nicht kegelförmig gestaltet sein.
    Hinsichtlich der Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform behauptet die Klägerin, dass kein Kontaktrand zwischen dem Durchflussregler und dem Vorsatzsieb vorhanden sei, weshalb eine Strömungsverbindung zwischen einem „Hohlraum“ und dem zentralen Raum unterhalb des Vorsatzsiebs bestehe. Dies hätten CT-Aufnahmen einer angegriffenen Ausführungsform gezeigt. Außerdem würden dies weitere Untersuchungen bestätigen, die mithilfe von in den freien Raum zwischen Vorsatzsieb und Auflaufschräge eingebrachter Lebensmittelfarbe durchgeführt worden seien. Die Farbe sei entlang der Auflaufschräge in Richtung des Steuerspalts geflossen (vgl. Anlagen rop 6a, 6b). Dies stehe ferner in Einklang mit dem Untersuchungsergebnis der aus den Anlagen rop 7a, 7b ersichtlichen Strömungsanalyse.
  29. Die Klägerin beantragt,
    I. die Beklagte zu verurteilen,
  30. 1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlungen von bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an dem jeweiligen Geschäftsführer der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen,
  31. sanitäre Einsetzeinheiten zum Einsetzen in eine Auslaufarmatur mit einem im Wesentlichen kegelförmigen Vorsatzsieb, dem in Durchströmrichtung ein Durchflussmengenregler und ein Strahlregler nachgeordnet sind, wobei das Vorsatzsieb mit dem Strahlregler-Gehäuse lösbar verbunden ist,
    im Geltungsbereich des Patentgesetzes herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen, oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen, bei denen der Durchflussmengenregler ein dem Querschnittsprofil des Vorsatzsiebes derart im Wesentlichen formangepasstes Querschnittsprofil aufweist, dass
    – der Durchflussmengenregler in dem Innenraum unterhalb des am Strahlregler-Gehäuse befestigten Vorsatzsiebes angeordnet ist, und derart, dass
    – eine hundertprozentige geometrische Kompatibilität zwischen einer Einsetzeinheit mit bzw. ohne Durchflussmengenregler realisiert wird,
    und der Durchflussmengenregler einen zentralen Kernbereich aufweist, der von einem ringförmigen Drosselkörper umgeben ist, und zwischen dem Drosselkörper und der Auflaufschräge ein Steuerspalt gebildet ist, dessen Durchtrittsquerschnitt durch den sich unter der beim Durchströmen bildenden Druckdifferenz verformenden Drosselkörper veränderbar ist;
  32. 2. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 21.12.2005 begangen hat, und zwar unter Angabe
    a) der Herstellungsmengen und -zeiten bzw. der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer sowie der Einkaufspreise
    b) der einzelnen Lieferungen und Bestellungen, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Liefer- und Bestellmengen, -zeiten und – preisen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,
    c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
    d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Herstellungs- und Verbreitungsauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
    e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
    – wobei die Beklagte hinsichtlich der Angaben zu lit. a) und b) die Rechnungen und für den Fall, dass keine Rechnungen vorhanden sind, die Angebotsschreiben und Lieferscheine, sowie Auftragsbelege zu solchen Aufträgen vorzulegen hat, bei denen es nicht zur Auslieferung der Erzeugnisse gekommen ist,
  33. – wobei die Angaben zu lit e) nur für die Zeit seit dem 29.11.2014 zu machen sind,
  34. – wobei die Angaben zu den Einkaufspreisen nur für die Zeit seit dem 30.04.2006 zu machen sind,
  35. – wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernimmt und ihn ermächtigt, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist;
    3. die vorstehend unter Ziffer I.1. bezeichneten, ab dem 29.10.2014 in den Besitz Dritter gelangten und dort befindlichen oder noch in den Besitz Dritter gelangenden sanitären Einsetzeinheiten aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen gewerblichen Abnehmer, denen durch die Beklagte oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt worden ist oder noch eingeräumt wird, unter Hinweis darauf, dass das Gericht mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des EP 1606 XXX B1 erkannt worden ist, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der auf Kosten der Beklagten durchzuführenden Vernichtung herauszugeben, und ihnen für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe verbindlich zugesagt wird, wobei die Beklagte der Klägerin den Rückruf durch Herausgabe der Rückrufschreiben jeweils in Kopie nachzuweisen hat;
    hilfsweise: die vorstehend unter Ziffer I.1. bezeichneten, ab dem 29.10.2014 in den Besitz Dritter gelangten und dort befindlichen oder noch in den Besitz Dritter gelangenden sanitären Einsetzeinheiten aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen gewerblichen Abnehmer, denen durch die Beklagte oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt worden ist oder noch eingeräumt wird, unter Hinweis darauf, dass das Gericht mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des EP 1606 XXX Bl erkannt worden ist, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagte zum Zwecke der auf Kosten der Beklagten durchzuführenden Vernichtung herauszugeben, und ihnen für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe verbindlich zugesagt wird, und der Klägerin durch Vorlage eines Verzeichnisses, das nach den Namen und Anschriften der Empfänger der Rückrufschreiben geordnet ist, Auskunft zu erteilen über den Umfang der an die Beklagte zurückgegebenen Erzeugnisse, und zwar jeweils unter Angabe der Typenbezeichnungen und Stückzahlen und des Datums der Rückgabe;
    4. die im unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder im Eigentum der Beklagten befindlichen oder noch gelangenden, vorstehend unter Ziffer 11 bezeichneten sanitären Einsetzeinheiten an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der auf Kosten der Beklagten durchzuführenden Vernichtung herauszugeben und – soweit die Beklagte bereits eine Vernichtung der Erzeugnisse vorgenommen und/oder durch Dritte veranlasst hat – der Klägerin die Vernichtung der Erzeugnisse durch Vorlage eines Protokolls mit der Angabe der Typenbezeichnungen und Stückzahlen der vernichteten Erzeugnisse sowie Ort, Zeit und Art der Vernichtung nachzuweisen, wobei das Protokoll unter Angabe des Namens und der Anschrift von derjenigen Person unterzeichnet ist, die die Vernichtung durchgeführt hat;
    II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist,
  36. 1. der Klägerin für die vorstehend unter Ziffer I.1. bezeichneten, in der Zeit vom 21.12.2005 bis zum 28.11.2014 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen,
    2. der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziffer I.1. bezeichneten, seitdem 29.11.2014 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird;
  37. hilfsweise zu Ziff. I.1. die Beklagte zu verurteilen,
    sanitäre Einsetzeinheiten zum Einsetzen in eine Auslaufarmatur mit einem im Wesentlichen kegelförmigen Vorsatzsieb, dem in Durchströmrichtung ein Durchflussmengenregler und ein Strahlregler nachgeordnet sind, wobei
    das Vorsatzsieb mit dem Strahlregler-Gehäuse lösbar verbunden ist,
    im Geltungsbereich des Patentgesetzes herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen, oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen, bei denen der Durchflussmengenregler ein dem Querschnittsprofil des Vorsatzsiebes derart im Wesentlichen formangepasstes Querschnittsprofil aufweist, dass
    – der Durchflussmengenregler in dem Innenraum unterhalb des am Strahlregler-Gehäuse befestigten Vorsatzsiebes angeordnet ist,
    und derart, dass
    – eine hundertprozentige geometrische Kompatibilität zwischen einer Einsetzeinheit mit bzw. ohne Durchflussmengenregler realisiert wird,
    und der Durchflussmengenregler einen zentralen Kernbereich aufweist, der von einem ringförmigen Drosselkörper umgeben ist, und zwischen dem Drosselkörper und einer in einem äußeren Randbereich des Durchflussmengenreglers ausbildeten, radial nach innen aufsteigenden Auflaufschräge ein Steuerspalt gebildet ist, dessen Durchtrittsquerschnitt durch den sich unter der beim Durchströmen bildenden Druckdifferenz verformenden Drosselkörper veränderbar ist.
  38. Die Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.
  39. Sie ist der Auffassung, dass die angegriffene Ausführungsform die erfindungsgemäße Lehre nicht verwirklichen würde. Eine Auflaufschräge nach der Lehre des Klagepatents erfordere es, dass das Vorsatzsieb und diese Schräge voneinander beabstandet seien. Die radial äußere Begrenzung des Steuerspalts müsse von der Auflaufschräge, mithin einer Schrägfläche, gebildet werden. Lediglich ein horizontal verlaufender Bereich der Durchflussreglerscheibe könne die Begrenzung des Steuerspalts nicht vornehmen, selbst wenn im äußeren Randbereich Schrägflächen vorhanden seien. Hinzukomme, dass der Durchschnittsquerschnitt des Durchflussmengenreglers nicht im Sinne der erfindungsgemäßen Lehre formangepasst sei. Eine flache Platte erfülle die Anforderungen an eine solche Formvorgabe nicht.
    Insoweit behauptet die Beklagte zum inneren Aufbau der angegriffenen Ausführungsform, dass sie an ihrem Umfang oberseitig einen erhöhten Kontaktrand mit einer Kontaktkante habe, an welcher das Vorsatzsieb anliegen könne. Daraus resultiere eine linienförmige Berührung dieser beiden Vorrichtungsbestandteile. So werde durch die steil abgeschrägten Flächen im radial auswärtigen Bereich ein kleiner Hohlraum zwischen dieser Abschrägung und dem Sieb gebildet. Aufgrund der linienförmigen Berührung könne es dort zu stagnierendem Stauwasser sowie zu einer Ansammlung von im Wasser befindlicher Schmutzpartikel kommen. Wenngleich es auch zu einem Durchlass von Wasser vom Hohlraum in den zentralen Raum kommen könne, bestehe der Clou der angegriffenen Ausführungsform in der Gestaltung der Maschengröße im Verhältnis zum Größe des Steuerspalts zwischen Vorsatzsieb und Durchflussmengenregler. Insgesamt verwirkliche die angegriffene Ausführungsform lediglich die im Stand der Technik bereits bekannten Merkmale einer sanitären Einsetzeinrichtung, wie sie z.B. in der EP 0 733 XXX A1 (Anlage rop 2) offenbart würden.
  40. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zur Akte gereichten Schriftstücke nebst Anlagen Bezug genommen.
  41. Entscheidungsgründe
  42. A.
    Die zulässige Klage ist im tenorierten Umfang begründet.
  43. I.
    Das Klagepatent stellt sanitäre Einsetzeinrichtungen unter Schutz (Abs. [0001]). Derlei waren im Stand der Technik bereits vorbekannt. Sie werden regelmäßig in ein Auslaufmundstück an einer sanitären Auslaufarmatur eingesetzt. Durch den Gebrauch solcher Einsetzeinrichtungen wird ein homogener, weicher und nichtspritzender Wasserstrahl geformt, wie das Klagepatent in Abs. [0002] erläutert. Bekannt war, dass diese Einsetzeinheiten einen zuströmseitigen Durchflussmengenregler und einen abströmseitigen Strahlregler aufwiesen, was beim Einbau aufgrund der Einbaugröße zu Problemen führen konnte. Denn Einsetzeinheiten, nur mit einem Strahlregler ausgestattet, verfügten über eine geringere Einbauhöhe als Einsetzeinheiten mit zusätzlich einem Durchflussmengenregler (vgl. Abs. [0003]).
    Im folgenden Abschnitt [0004] würdigt das Klagepatent die EP 0 733 XXX A1 als vorbekannt, welche ebenfalls eine sanitäre Einsetzeinheit zum Gegenstand hat.
  44. Das Klagepatent kritisiert an dem vorbekannten Stand der Technik als nachteilig, dass es aufgrund der unterschiedlichen Höhe einer Einsetzeinheit, abhängig von den im Inneren angeordneten Elementen, zu Einbauproblemen kommt.
  45. Zur Lösung dieser Aufgabe stellt das Klagepatent eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen bereit:
  46. Sanitäre Einsetzeinheit (1) zum Einsetzen in eine Auslaufarmatur

    1. mit einem im wesentlichen kegelförmigen Vorsatzsieb (2),

  47. 1.1 dem in Durchströmrichtung ein Durchflussmengenregler (3) und ein Strahlregler (4) nachgeordnet sind,
  48. 1.2 wobei das Vorsatzsieb (2) mit dem Strahlregler-Gehäuse lösbar verbunden ist,
  49. dadurch gekennzeichnet, dass
  50. 2. der Durchflussmengenregler (3) ein dem Querschnittsprofil des Vorsatzsiebes (2) derart im Wesentlichen formangepasstes Querschnittsprofil aufweist,
  51. 2.1 der Durchflussmengenregler (3) in dem Innenraum (6) unterhalb des am Strahlregler-Gehäuse (5) befestigten Vorsatzsiebes (2) angeordnet ist,
  52. 3. der Durchflussmengenregler einen zentralen Kernbereich aufweist, der von einem ringförmigen Drosselkörper umgeben ist,
  53. 4. und zwischen dem Drosselkörper und der Auflaufschräge ein Steuerspalt gebildet ist,
  54. 4.1 dessen Durchtrittsquerschnitt durch den sich unter der beim Durchströmen bildenden Druckdifferenz verformenden Drosselkörper veränderbar ist.
  55. II.
    Die Parteien streiten über das Verständnis des in der Merkmalsgruppe 2 behandelten Durchflussmengenreglers und dessen im Wesentlichen formangepassten Querschnittsprofils im Bezug zum Vorsatzsieb sowie außerdem über die in Merkmalsgruppe 4 beanspruchte Auflaufschräge. Da das Verständnis der übrigen Merkmale zu Recht nicht in Streit steht, erübrigen sich Ausführungen der Kammer insoweit.
  56. 1.
    Merkmal 2 beansprucht einen Durchflussmengenregler, der ein dem Querschnittsprofil des Vorsatzsiebes [derart] im Wesentlichen formangepasstes Querschnittsprofil aufweist.
    Unter einem dem Querschnittsprofil des Vorsatzsiebes im Wesentlichen formangepassten Querschnittsprofil versteht das Klagepatent, dass der Durchflussmengenregler so gestaltet ist, dass er sich vollständig in den vom Querschnittsprofil des Vorsatzsiebs gebildeten Innenraum einfügt.
  57. Das Klagepatent definiert nicht, was der Ausdruck des im Wesentlichen formangepassten Querschnittsprofils meint. Das vorstehende Verständnis ergibt sich aus der Auslegung der Klagepatentschrift einschließlich der Figuren sowie des Urteils des Bundespatentgerichts, aufgrund dessen der Wortlaut des ursprünglichen Anspruchs abgeändert worden ist.
  58. Aus dem Wortlaut des Merkmals 2 erhält der Fachmann bezüglich der Profilgestaltung des Durchflussmengenreglers den Hinweis, dass sie sich an dem Profil des Vorsatzsiebes orientieren muss. Dieses weist im Wesentlichen, wie Merkmal 1 zu entnehmen ist, eine Kegelform auf. Eine Kegelform ist indes für den Durchflussmengenregler nicht verlangt; es fehlt an entsprechend konkreten Vorgaben. Allein dem Begriff „formangepasst“ ist derlei Bedeutung nicht beizumessen, weil dies nur meint, dass die eine Form an eine andere angelehnt ist. Eine zwangsläufig gleichförmige Ausgestaltung folgt daraus nicht.
    Für den Fachmann ergibt sich aus der kegelförmigen Gestalt des Vorsatzsiebes, dass es, im Querschnitt betrachtet, einen Innenraum bildet. Dieser wird auch konkret in Merkmal 2.1 adressiert und hinsichtlich des Durchflussmengenreglers ferner beansprucht, dass dieser im Innenraum angeordnet ist. Dem ist folglich die gemeinsame Anordnung der Bestandteile einer sanitären Einsetzeinheit zu entnehmen. Für die Gestaltung des Durchflussmengenreglers bedeutet dies, dass sie nur passend sein muss, um die ihr zugewiesene Lage innerhalb des Innenraums des Vorsatzsiebes einnehmen zu können. Dies kann über eine kegelförmige Ausgestaltung realisiert werden, ist aber nicht auf diese begrenzt. Im Übrigen besagt Merkmal 1 selbst für das Vorsatzsieb nur eine „im Wesentlichen“ kegelförmige Ausgestaltung, weshalb auch für den Durchflussmengenregler in keinem Fall eine strenge Kegelform verlangt werden kann.
    Auch in Beschreibungsstellen der Klagepatentschrift finden sich keine Vorgaben, wonach die erfindungsgemäße Lehre für den Durchflussmengenregler eine konkrete Ausgestaltung vorsieht.
    In Abs. [0016] f. heißt es:
    „Unterhalb des im Wesentlichen kegelförmig ausgebildeten Vorsatzsiebes ist ein Innenraum gebildet, in dem der Durchflussmengenregler angeordnet ist.“
    und in Abs. [0017] ferner:
    „[…] derart dimensioniert, dass das Querschnittsprofil des Durchflussmengenreglers dem Querschnittsprofil des Vorsatzsiebes im wesentlichen formangepasst ist. Durch die Anordnung des Durchflussmengenreglers innerhalb des unterhalb des Vorsatzsiebs gebildeten Innenraums ergibt sich für die Einsetzeinheit […] eine reduzierte Bauhöhe.“
  59. Das Klagepatent liefert hier keinen Hinweis auf die konkrete räumlich-körperliche Ausgestaltung des Durchflussmengenreglers. Demgegenüber betont es die Lage des Durchflussmengenreglers im Innenraum des Vorsatzsiebes und stellt zugleich heraus, dass auf diese Weise eine geringere Bauhöhe, als sie bei vorbekannten sanitären Einsetzeinheiten vorhanden war, bereitgestellt werden kann.
    Unterstützung in dem Verständnis, dass die erfindungsgemäße Lehre vorwiegend die äußere Gestalt der Vorrichtung im Blick hatte und nicht auch diejenige sämtlicher Einzelteile, erfährt der Fachmann durch Merkmal 2.2, wonach eine hundertprozentige geometrische Kompatibilität einer Einsetzeinheit realisiert werden soll. Dafür genügt es aber, wenn sich der Durchflussmengenregler nahtlos in den Innenraum einfügen kann. Eine parallele kegelförmige Ausgestaltung ist dafür nicht erforderlich.
    Für dieses Verständnis findet der Fachmann in der Figur 1 der Klagepatentschrift Unterstützung. Denn diese zeigt einen Durchflussmengenregler mit der Bezugsziffer 3, der sich vollständig in dem vom Vorsatzsieb gebildeten Innenraum einfügt.
    Dieses aufgezeigte Verständnis steht schließlich auch mit der technischen Funktion der erfindungsgemäßen Lehre in Einklang und wird von dieser gestützt. Denn der Innenraum des Vorsatzsiebes soll funktional für die Einbindung des Durchflussmengenreglers in die sanitäre Einsetzeinheit genutzt werden, was zu einer vorteilhaften geringeren Bauhöhe der gesamten Einsetzeinheit führt.
  60. 2.
    Merkmal 4 des Klagepatentanspruchs sieht vor, dass zwischen dem Drosselkörper und der Auflaufschräge ein Steuerspalt gebildet ist.
    Bei einer Auflaufschräge nach der Lehre des Klagepatents handelt es sich um ein unterhalb des Vorsatzsiebes und radial vom Drosselkörper beabstandetes Element, das, indem es abgeschrägte Flächen aufweist, über das Vorsatzsieb im Randbereich des Durchflussmengenreglers auf es auftreffendes Wasser in Richtung des zentralen Kernbereichs zum Steuerspalt transportiert. Dabei berührt es (nach oben hin) das Vorsatzsieb nicht bzw. bei angeordneten Nuten allenfalls partiell; es bleiben jedenfalls Zuströmkanäle zum Steuerspalt frei, damit der Wasserdurchfluss nicht behindert wird.
  61. Die Klagepatentschrift sieht auch für den Begriff der „Auflaufschräge“ keine Definition vor.
    Rein philologisch besagt der Begriff der Auflaufschräge nur, dass es eine schräg verlaufende Fläche gibt, auf welche eine Flüssigkeit aufläuft. Wie dieser Vorrichtungsbestandteil auszugestalten ist, ist aus diesem wörtlichen Bedeutungsgehalt nicht abzuleiten.
    Hinsichtlich der räumlich-körperlichen Ausgestaltung sind weitere konkrete Vorgaben indes auch weder dem Anspruchswortlaut noch der Klagepatentbeschreibung für die Auflaufschräge zu entnehmen. Merkmal 4 stellt insoweit nur einen Zusammenhang zwischen dem Drosselkörper und der Auflaufschräge her, als dass zwischen diesen beiden Vorrichtungselementen ein Steuerspalt gebildet ist. Der Steuerspalt stellt dabei die Verbindung des Innenraums unterhalb des Vorsatzsiebes mit dem unter dem Durchflussmengenregler liegenden Strahlregler dar. Durch das Vorsatzsieb fließendes Wasser muss den Steuerspalt passieren, um schließlich aus der sanitären Einsetzeinheit austreten zu können. Dies erschließt sich für den Fachmann auch vor dem Hintergrund, dass der Durchflussmengenregler, schon seiner rein philologischen Bedeutung nach, den Wasserfluss steuern und kontrollieren soll. Dies ist aber nur möglich, wenn sämtliches in den Innenraum eintreffendes Wasser über diesen Steuerspalt abgegeben wird. Sofern daher Wasser nicht durch das Vorsatzsieb von oben unmittelbar in den Steuerspalt gelangt, ist es die Auflauffläche, die das Wasser aus den Randbereichen des Durchflussmengenreglers in Richtung des Steuerspalts leitet (vgl. Abs. [0009]). Durch welche räumlich-körperliche Form der Auflaufschräge dies im Einzelnen zu bewerkstelligen ist, ergibt sich daraus nicht. Einen solchen Rückschluss lässt allein die Formulierung „gebildet zwischen“ im Anspruchswortlaut nicht zu; sie besagt nicht, dass eine Schrägfläche bis in den Steuerspalt führen muss. Vielmehr lokalisiert sie nur den Steuerspalt innerhalb des Durchflussmengenreglers bzw. im Innenraum unter dem Vorsatzsieb.
    Bekräftigt in diesem Verständnis wird der Fachmann durch Abs. [0008] der Beschreibung.
    Es heißt:
    „[…] Um einen ausreichenden Wasserzustrom auch bei partiell zugesetztem Vorsatzsieb im Zentralbereich sicherzustellen, ist es vorteilhaft, wenn der Durchflussmengenregler in einem äußeren, insbesondere ringförmigen Randbereich eine radial nach innen aufsteigende Auflaufschräge aufweist, die zu einem Steuerspalt oder dergleichen mit dem Strahlregler in Durchgangsverbindung stehenden Durchströmöffnung führt […]“.
  62. Aus der in dieser Beschreibungsstelle gewählten Formulierung „die [Auflaufschräge] führt zu einem Steuerspalt“ ist ebenso wenig zu entnehmen, dass der Steuerspalt von den beiden Bauteilen Drosselkörper und Auflaufschräge im Sinne einer Schrägfläche zu bilden ist. Vielmehr kommt auch in der zitierten Passage zum Ausdruck, dass entscheidend für die Auflaufschräge ist, dass sie Wasser in Richtung des Steuerspalts führt.
    Ferner offenbart Abs. [0008] eine vorteilhafte Ausgestaltung, aus welcher sich Hinweise auf die Form der Auflaufschräge ableiten lassen. Der ringförmige Randbereich des Durchflussmengenreglers weist eine radial nach innen aufsteigende Auflaufschräge auf. Daraus entnimmt der Fachmann, in welche Richtung die Schrägfläche verlaufen soll und wo sie angeordnet sein soll, nämlich im Randbereich. Dieselbe Beschreibung wird in Abs. [0015] wiederholt. Der äußere Randbereich ist dabei von dem zentralen Kernbereich abzugrenzen, und umfasst alles, was radial nach außen von diesem bzw. von dem ihm umgebenden Drosselkörper beabstandet ist. Der Fachmann entnimmt der Klagepatentschrift dagegen außer dem Verlauf der Schräge nach radial innen ansteigend, keine anderen Hinweise, wonach das die Auflaufschräge bildende Element durchgängig schräg ausgebildet sein muss und nicht in eine ebene Fläche in Richtung auf den Zentralbereich übergehen darf.
    Mithin verlangt das Klagepatent nur, dass in diesem vom zentralen Kernbereich entfernten Randbereich eine Auflaufschräge mit der beschriebenen Verlaufsrichtung vorhanden ist, die in der Lage ist, in diesem Bereich einströmendes Wasser zum Steuerspalt zu transportieren.
    Hinsichtlich der weiteren Ausgestaltung ist Abs. [0008] außerdem zu entnehmen, dass Vorsatzsieb und Auflaufschräge voneinander beabstandet sein sollen. Als weitere Ausgestaltungsmöglichkeit führt Abs. [0010] lediglich an, dass die zur Definierung des Wasserzustroms zweckmäßigerweise angeordneten Nuten (vgl. Abs. [0009]) nahe oder bei der Innenseite des Vorsatzsiebes enden können und so zugleich als Auflageelemente für dieses dienen können. In diesem Zusammenhang betont die Klagepatentbeschreibung aber auch, dass in jedem Fall Zuströmkanäle vorhanden sein müssen und es sich daher allenfalls um Stege handeln soll, auf denen das Vorsatzsieb aufliegen könnte. Zu Ausmaß und insbesondere Höhe der Stege bzw. des Abstands als solchem, sofern keine Nuten angeordnet werden, macht das Klagepatent keine Angaben.
    Gestützt wird dieses Verständnis von Abs. [0018], der ebenfalls die Ausgestaltung der Auflaufschräge mit Nuten zur Bildung einzelner Zuströmkanäle betrifft. Insbesondere betont die Klagepatentbeschreibung hier, dass die Auflaufschräge gerade dazu dienen soll, bei Verstopfungen des Vorsatzsiebs im Zentralbereich einen ausreichenden Wasserstrom vom Außenbereich in den Steuerspalt sicherzustellen.
    Unteranspruch 2 stärkt den Fachmann in dem Verständnis, dass das Vorsatzsieb und die Auflaufschräge nicht aneinander anliegen dürfen, sondern grundsätzlich einen Abstand haben müssen. Denn explizit heißt es dort, dass „[…] die Auflaufschräge und das Vorsatzsieb voneinander beabstandet sind“. Der Hintergrund für diese Beabstandung wird gleichfalls in diesem Unteranspruch angegeben und so beschrieben, dass die Auflaufschräge zu einem Steuerspalt oder dergleichen mit dem Strahlregler in Durchgangsverbindung stehenden Durchströmöffnung führt. Eine derart ausgeformte Auflaufschräge, bei der ringsum ein bündiger Kontakt zum Vorsatzsieb besteht, sodass im äußersten Randbereich des Durchflussmengenreglers ein abgedichteter Raum entsteht, in den zwar Wasser vom Vorsatzsieb aus kommend eintreten und in Richtung des Strahlreglers abgegeben werden kann, aber von diesem nicht mehr nach innen aufsteigend in den Steuerspalt fließen kann, ist nicht erfindungsgemäß nach der Lehre des Klagepatents.
    Unterstützung für dieses Verständnis der Auflaufschräge findet der Fachmann auch in Figur 1 der Klagepatentschrift. Denn auch dort ist unter Berücksichtigung nicht nur der Auflaufschräge sondern einschließlich der optionalen Nuten zu erkennen, dass in Richtung auf den Steuerspalt eine ebene Fläche entsteht. Jedenfalls handelt es sich auch bei der Darstellung der Figur 1, einschließlich der sie betreffenden Beschreibungspassagen, nur um eine mögliche Ausgestaltungsform einer erfindungsgemäßen Erfindung. Denn Abs. [0013] formuliert insoweit ausdrücklich, dass nachstehend ein Ausführungsbeispiel näher beschrieben wird.
    Das erläuterte Verständnis erschließt sich ferner unter technisch-funktionalen Gesichtspunkten der erfindungsgemäßen Lehre. Danach ist entscheidend, dass einströmendes Wasser durch den Steuerspalt weitergeleitet wird. Das gilt auch für dasjenige Wasser, das im äußersten Randbereich des Durchflussmengenreglers in den Innenraum unterhalb des Vorsatzsiebs eintrifft. Dafür ist technisch-funktional zu gewährleisten, dass die innerhalb des Innenraums angeordneten Vorrichtungsbestandteile derart ausgestaltet sind, dass der Wasserfluss von den äußeren Randbereichen hin zum Steuerspalt ungehindert möglich ist. Dies ist über schräg ausgebildete Flächen in diesem äußersten Randbereich zu bewerkstelligen. Wie steil und über welche Länge hinweg die Schrägflächen vorgesehen werden, ist dem Belieben des Fachmanns überlassen. Entscheidend ist in technischer Hinsicht, dass die Fläche jedenfalls so ausgestaltet ist, dass unmittelbar ab den Randbereichen der Transport des Wassers in Richtung des zentralen Kernbereichs einsetzt.
    Bekräftigt in diesem Verständnis wird der Fachmann schließlich auch aus den Entscheidungsgründen des Urteils des Bundespatentgerichts. Dort wird ausgeführt, dass eine Auflaufschräge alle Formen von schräg gestellten Flächen im Bereich des Durchflussmengenreglers einschließt, sofern sie geeignet sind, mit dem Drosselkörper einen Steuerspalt zu bilden.
  63. III.
    Die Kammer kann eine Verwirklichung des Klagepatentanspruchs durch die angegriffene Ausführungsform feststellen, wobei der grundlegende Aufbau der angegriffenen Ausführungsform als solcher zwischen den Parteien unstreitig ist.
  64. 1.
    Die Kammer kann feststellen, dass die angegriffene Ausführungsform Gebrauch von Merkmal 2 macht und einen im Wesentlichen formangepassten Durchflussmengenregler aufweist. Das ergibt sich aus dem Umstand, dass der – von der Beklagten auch als Durchflussreglerscheibe bezeichnete – Durchflussmengenregler vollständig im Innenraum des Vorsatzsiebes angeordnet ist. Seine mehr horizontale, denn kegelförmige Ausgestaltung steht der Merkmalsverwirklichung nicht entgegen. Vielmehr gewährleistet sie gerade, dass bei Einsatz des Durchflussmengenreglers in eine sanitäre Einsetzeinheit deren Bauhöhe nach außen unverändert bleibt.
  65. 2.
    Zur Überzeugung der Kammer steht auch fest, dass die angegriffene Ausführungsform Merkmal 4 verwirklicht, da sie über eine Auflaufschräge verfügt, welche in den Randbereichen des Durchflussmengenreglers auftreffendes Wasser radial nach innen in Richtung des Steuerspalts leitet. Ein linienförmiger Kontaktrand, der in den äußeren Randbereichen zur Bildung von Hohlkehlen führen und dem Wasserdurchfluss entgegenstehen könnte, liegt demgegenüber nicht vor.
    Die Klägerin trifft nach den allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen die Darlegungs- und nötigenfalls Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatbestandsvoraussetzungen; es ist daher erforderlich, dass sie substantiiert aufzeigt, worin sie die Verletzung des Klagepatents durch die angegriffene Ausführungsform sieht. Diesen Anforderungen genügt das klägerische Vorbringen hier, weil die Beklagte ihrerseits mit Blick auf das Wechselspiel von Vortrag und Gegenvortrag nicht erheblich und entsprechend fundiert auf den Vortrag der Klägerin eingegangen ist.
    Ausgehend von dem unstreitigen Aufbau der angegriffenen Ausführungsform hat die Klägerin mithilfe von Untersuchungen nachvollziehbar aufgezeigt, wie der Strömungsverlauf und Wasserdurchfluss in der angegriffenen Ausführungsform stattfinden. So hat eine CT-Aufnahme der angegriffenen Ausführungsform einen sichtbaren Abstand zwischen dem Vorsatzsieb und der Auflaufschräge offenbart. Besonders anschaulich ist dies, weil die Klägerin die einzelnen Bestandteile sowie den Innenraum im Vorsatzsieb selbst in verschiedenen Farben dargestellt hat.
    Die gegen diese Aufnahme geäußerte Kritik der Beklagten ist unerheblich und verfängt nicht. Soweit sie gegen die Scan-Aufnahmen einwendet, dass diese als nicht authentisch zurückgewiesen würden und es sich vielmehr bei der als Anlage B1 vorgelegten Schnittdarstellung um eine authentische Abbildung der angegriffenen Ausführungsform handele, ist dies nicht geeignet, das Ergebnis der klägerischen Untersuchungen zu schmälern. So ist nämlich bezüglich der CT-Scans sowohl unstreitig, dass jeweils eine Einsetzeinheit der Beklagten zugrunde lag, als auch dass die Untersuchungen selbst ordnungsgemäß durchgeführt worden sind. Die Bezugnahme der Beklagten auf die Anlage B1 ist demgegenüber ihrerseits untauglich, weil sie schon nur auf einer Katalogabbildung beruht. Dies gilt aber auch für den Fall, dass es sich bei der Anlage B1 tatsächlich um einen Auszug einer digitalen technischen Zeichnung handeln sollte. Denn diese Grafik ist insgesamt verpixelt, sodass abgebildete Linien „dicker“ erscheinen können, als sie wirklich sind, und so keinen eindeutigen Eindruck der inneren Konstruktion vermitteln können.
    Ferner ist der Vortrag der Klägerin zum festgestellten Abstand zwischen dem Vorsatzsieb und dem Durchflussmengenregler, wonach das Spaltmaß an der engsten Stelle 0,2 mm betrage und dies für den Durchfluss von in der Ringzone auflaufenden Wasser völlig ausreichend sei, von der Beklagten unbeanstandet geblieben. Das lässt den Schluss zu, dass, selbst wenn diese Durchflussmöglichkeit auch nur aufgrund eines mangelnden Dichtungsrings zwischen Ringkante und Vorsatzsieb besteht, jedenfalls ein hinreichender Durchfluss von Wasser von der Auflaufschräge in den Steuerspalt gewährleistet ist. Denn das Klagepatent erfordert weder ein Mindestmaß einer Beabstandung noch eine Fließgeschwindigkeit vom äußeren Rand zum Steuerspalt. Gegenteiliges hätte im Tatsächlichen im Übrigen von der Beklagten näher vorgetragen werden müssen.
    Auch die im Termin zur mündlichen Verhandlung vom Gericht in Augenschein genommenen Modelle der angegriffenen Ausführungsform wiesen einen Abstand zwischen Vorsatzsieb und Durchflussmengenregler auf. Dieser war, wovon sich die Kammer überzeugen konnte, mit bloßem Auge erkennbar. Dies gilt sowohl mit Blick auf den seitens der Klägerin angefertigten Querschnitt durch eine angegriffene Ausführungsform als auch für denjenigen der Beklagtenseite. Dass der dort ersichtliche Spalt kleiner gewesen sein mag als in dem klägerischen Modell ist unschädlich, weil es lediglich auf das grundsätzliche Vorhandensein eines solchen Abstandes überhaupt ankommt.
    Ferner hat die Klägerin die Farbversuche auf plausible Weise erläutert. Dies bezieht sich sowohl auf den Versuchsaufbau als auch auf die Versuchsdurchführung mit durchgeführter Strömungsanalyse. Aus den als Anlage rop 6a zur Akte gereichten Lichtbildern ist zu erkennen, dass die in den Randbereichen aufgetragene rote Farbe weniger wird. Die Klägerin erklärt diesen Farbverlust damit, dass in die Randbereich vom Vorsatzsieb aus eindringendes Wasser in Richtung des Steuerspalts transportiert wird und dort abfließen kann. Dass dies möglich ist, bestätigt die Beklagte selbst mehrmals; schon in dem die Duplik ergänzenden Schriftsatz vom 30.04.2020 erläutert sie, dass keine Dichtung am Hohlkehlenraum vorgesehen sei. Dieses Vorbringen wiederholt sie im Termin zur mündlichen Verhandlung und bekräftigt, dass Wasser von den radial äußeren Randbereichen des Durchflussmengenreglers zum Steuerspalt fließen kann. Dabei ist unerheblich, wie groß der in den ihrem Aufbau nach unbestrittenen Untersuchungen der Klägerin festgestellte Strömungsdruck in den Randbereichen ist bzw. ob er im Mittelbereich größer ist. Denn ein bestimmtes Druckverhältnis wird von der Lehre des Klagepatents nicht vorgegeben. Entscheidend ist allein, dass es zu einem Wasseraustausch von Hohlkehle und Mittelbereich kommt und Wasser aus dem äußersten Randbereich in den Steuerspalt geleitet werden kann, was die Beklagte – wie gezeigt – zugestanden hat.
    Der Umstand, dass das Vorsatzsieb überhaupt auf der streitgegenständlichen Fläche (partiell) aufliegen könnte, um gegen Einformen geschützt zu werden und eine Stabilität zu verbessern, spricht dabei nicht gegen eine Anspruchsverwirklichung, da auch die Lehre des Klagepatents zulässt, dass das Vorsatzsieb auf Nuten, verlaufend entlang der Auflaufschräge zum Liegen/Abstützen kommt.
    Schließlich folgt aus dem Vortrag der Beklagten zur jeweiligen Maschengröße bzw. zum Abstand im Bereich des Kontaktrandes zwischen Vorsatzsieb und Durchflussreglerscheibe kein stichhaltiges Nichtverletzungsargument. Die Beklagte verweist dazu wieder nur auf die stark vergrößerte und zudem verpixelte Abbildung der Anlage B 1, die keine Zahlwerte nennt, anhand derer die tatsächlichen Maße von Maschen und Abstand verifiziert und zueinander in Verhältnis gesetzt werden könnten.
  66. IV.
    Es ergeben sich die folgenden Rechtsfolgen:
  67. 1.
    Die Beklagte muss gem. Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 PatG die Verletzungshandlungen unterlassen.
  68. 2.
    Der geltend gemachte Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung resultiert aus Art. 64 EPÜ, §§ 140b Abs. 3 PatG, 242, 259 BGB, wobei der Rechnungslegungsanspruch nicht schon ab dem Tag der Offenlegung der Patentanmeldung (21.12.2005) zugesprochen werden konnte, sondern erst nach Ablauf der einmonatigen Karenzzeit.
  69. Die bezüglich der in Antrag I.2. lit. a) und b) enthaltenen Angaben begehrte Belegvorlage ist unbegründet. Sie ist nicht vom Anspruchsinhalt der §§ 242, 259 BGB umfasst. Bei Ansprüchen auf Auskunft und Rechnungslegung, die auf § 242 BGB gestützt sind, bestimmt sich nicht nur das Bestehen, sondern auch der Inhalt des Anspruchs nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (BGH, GRUR 2017, 890 – Sektionaltor II –, Rn. 67, juris; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 12. Aufl., Kap. D, Rn. 646 m.w.N.). Etwas anderes, mit der Folge, dass die Belegvorlage als angemessen zu erachten ist, gilt ausnahmsweise nur dann, wenn die Belegvorlage in der betreffenden Branche der Üblichkeit entspricht (vgl. BGH, GRUR 2017, 890 – Sektionaltor II; Schulte, Patentgesetz, 10. Aufl., § 139, Rn. 160). Maßgeblich ist insoweit nicht, dass der Auskunftspflichtige bei Ausübung seiner Benutzungshandlungen Belege (Rechnungen/Lieferscheine) verwendet, sondern allein, ob eine Belegvorlage im Verhältnis zum Rechnungslegungsgläubiger und der insoweit entfalteten Geschäftstätigkeit (Gestattung einer Patentbenutzung) den Usancen entspricht (Kühnen, a.a.O., Kap. D, Rn. 646). Derlei ist vorliegend nicht ersichtlich. Daher verbleibt es dabei, dass die Belegvorlage nur für die von der eigentlichen Anspruchsgrundlage zu trennende Frage relevant wird, ob der Schuldner den Rechnungslegungsanspruch erfüllt hat – was der Fall bei einer vollständigen, nachprüfbaren und geordneten Zusammenstellung ist. Die Einbeziehung der Belegvorlage schon in den gegenständlichen Anspruch würde zudem die Grenze zu dem dem Erkenntnisverfahren nachgelagerten Zwangsvollstreckungsverfahren verwischen. Denn erst im Rahmen des späteren Vollstreckungsverfahrens ist es am Schuldner, sich von dem Vorwurf der nur unvollständigen Erfüllung i.S.d. § 362 BGB zu befreien, indem er entsprechende Nachweise erbringt, und dazu etwa die an den Gläubiger übermittelten Belege überreicht. Schließlich würde dem Beklagten mit der Belegvorlage eine bestimmte Form vorgegeben, wie er den ihm obliegenden Nachweis zu erbringen hat, obwohl ihm dafür grundsätzlich alle nach der ZPO zulässigen Beweismittel zustehen.
  70. Soweit die Klägerin auch Bestellungen in den Rechnungslegungsantrag einbezogen hat, besteht darauf kein Anspruch gem. §§ 242, 259 BGB. Denn die Klägerin erhält hinreichende Informationen für den Fall, dass sich die Bestellungen in Lieferungen realisiert haben, indem die Beklagte über die Lieferungen und Liefermengen Rechnung legen muss. Wenn es dagegen bei Bestellungen verblieben ist, ohne dass es anschließend zu einer wirksamen Auftragserteilung gekommen ist, ist auch nicht ersichtlich, worin ein Interesse der Klägerin an derlei Auskünften liegen soll, weil aus diesen Vorgängen kein Gewinn zugunsten der Beklagten entstanden ist.
  71. Entsprechendes gilt für die Vorlage von Belegen zu Aufträgen, bei denen es nicht zu einer Auslieferung der angegriffenen Ausführungsform gekommen ist. Auch darauf hat die Klägerin keinen Anspruch. Die Klägerin erhält Angaben über etwaige Angebote im Wege der Rechnungslegung und kann auf dieser Grundlage hinreichend prüfen, ob ihr neben den patentrechtlichen auch wettbewerbsrechtliche Ansprüche wie etwa Ersatz von entstandenem Marktverwirrungsschaden gegen die Beklagte zustehen könnten. Dass die Klägerin dafür auf die Vorlage von derlei Belegen angewiesen ist, ist nicht ersichtlich.
  72. 3.
    Der geltend gemachte Vernichtungsanspruch folgt aus § 140a Abs. 1 PatG i.V.m. Art. 64 EPÜ, da neben einer begangenen Verletzung auch erforderlich ist, dass die Verletzer, also hier die Beklagten, Besitz und/oder Eigentum an patentverletzenden Vorrichtungen haben.
  73. Die Klägerin hat in diesem Zusammenhang jedoch keinen Anspruch auf die Vorlage eines Protokolls über die Vernichtung der Erzeugnisse. Es fehlt schon an einer entsprechenden Anspruchsgrundlage. Unmittelbar aus § 140a Abs. 1 folgt ein solcher Anspruch mangels ausdrücklicher Regelung nicht. Die Vorlage von Protokollen die durchgeführte Vernichtung betreffend ist nicht originärer Gegenstand des Anspruchs auf Vernichtung. Dieser besteht nämlich lediglich darin, dass tatsächlich die angegriffenen Gegenstände in einer zur Gebrauchsuntauglichkeit führenden Weise zerstört werden (Kühnen, a.a.O., Kap. D, Rn. 684). Insoweit überlässt es der Anspruch dem Beklagten, wie die Zerstörung durchgeführt wird; genauso hat der Gesetzgeber davon abgesehen, andere Modalitäten, wie etwa einen Nachweis über die Vernichtung, zum Anspruchsgegenstand zu machen.
  74. Auch § 242 BGB ist keine taugliche Anspruchsgrundlage. Es mag anerkannt sein, ausnahmsweise auf § 242 BGB zurückzugreifen, um zugunsten eines Klägers eine Anspruchsgrundlage zu schaffen, wenn er andernfalls schutzlos gestellt wäre. Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Über § 140a PatG wird das Interesse des Klägers als Patentinhaber hinreichend geschützt, dass (bereits existierende) patentverletzende Gegenstände endgültig aus dem Markt genommen und auch keiner erneuten Markteinführung mehr zugeführt werden können. Im Falle einer Verurteilung des Beklagten zur Vernichtung ist der Kläger sodann über das Zwangsvollstreckungsverfahren abgesichert, um seinen Einwand vorzubringen, dass der Beklagte dem Urteilsausspruch nicht oder jedenfalls nicht vollständig Folge geleistet habe. In diesem Zuge obliegt es dem Beklagten, die seinerseits ergriffenen Maßnahmen darzulegen und nachzuweisen, um sich zu entlasten und so die Erfüllung seiner Verpflichtung darzutun. Die Mitteilung über die vollzogene Vernichtung selbst zum Anspruchsgegenstand zu machen, würde deshalb die Grenzen zum Erfüllungseinwand (§ 362 BGB) verwischen und wie schon zuvor erläutert, auch Aspekte des grundsätzlich separaten und vor allem nachgelagerten Zwangsvollstreckungsverfahren grundlos in das Erkenntnisverfahren einbeziehen. Insoweit zeigen die für den Auskunftsanspruch gem. § 140b PatG anerkannte und die für den Fall der Branchenüblichkeit beim Rechnungslegungsanspruch anerkannte Belegvorlage außerdem, dass sie dem Gesetzgeber bzw. der Rechtsprechung bekannt ist, aber nur ausnahmsweise und für bestimmte Fälle zum Anspruchsinhalt gehört.
  75. 4.
    Der Rückrufanspruch wie mit dem Hauptantrag beantragt, ist unbegründet. Der hilfsweise gestellte Rückrufanspruch ist teilweise – nämlich im tenorierten Umfang – begründet. Er ergibt sich aus § 140a Abs. 3 PatG i.V.m. Art. 64 EPÜ. Es bestehen auch keine Bedenken daran, dass der Rückruf unter Angabe des Grundes – dieses Urteils – erfolgen muss (vgl. Kühnen, a.a.O., Kap. D, Rn. 644 f.). Indes bestand im Zusammenhang mit dem Rückrufanspruch kein Anlass, zugunsten der Klägerin einen Gerichtsvollziehervorbehalt auszusprechen. Dieser kommt allenfalls mit Blick auf den Vernichtungsanspruch in Betracht (vgl. Kühnen, a.a.O., Kap. D., Rn. 691). Hinsichtlich der begehrten Herausgabe der Rückrufschreiben in Kopie gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend und hinsichtlich der als Teil des Rückrufanspruchs auch begehrten Auskunft über den Umfang der an die Beklagte zurückgegebenen Erzeugnisse wird vollständig auf obige Ausführungen (unter Ziff. 3) verwiesen.
  76. 5.
    Für den auf Schadensersatz gerichteten Feststellungsanspruch hat die Klägerin das gem. § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Denn mangels näherer Kenntnis über den Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen ist es der Klägerin erst nach Erteilung der Auskunft möglich, diesen Anspruch der Höhe nach zu beziffern. Bis dahin besteht jedenfalls ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Haftung dem Grunde nach (vgl. Kühnen, a.a.O., Kap. D, Rn. 417). Dem Grunde nach folgt der Anspruch auf Schadensersatz aus § 139 Abs. 2 PatG i.V.m. Art. 64 EPÜ.
  77. Die Klägerin hat ferner Anspruch auf eine angemessene Entschädigung, Art. II § 1 IntPatÜG. Der Anspruch besteht indes nicht, wie beantragt, schon ab dem Tag der Veröffentlichung der Patentanmeldung, was hier der 21.12.2005 gewesen wäre, sondern erst ab dem 21.01.2006. Denn erst nach dem Ablauf der einmonatigen Karenzzeit kann das erforderliche Verschulden im Sinne eines Kennenmüssens bejaht werden (vgl. Kühnen, a.a.O., Kap. D, Rn. 438).
  78. B.
    Die Ausführungen im nichtnachgelassenen Schriftsatz der Beklagten vom 02.06.2020 vermochten an vorstehendem Ergebnis nichts zu ändern.
  79. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 709 ZPO.
    Streitwert: 500.000,- Euro

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